Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 01. Sept. 2016 - 5 UF 17/16
Tenor
I
Der am 09.12.2015 verkündete Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Bochum wird von Amts wegen in der Beschlussformel zum Versorgungsausgleich dahin berichtigt, dass die Nummer des für die Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund bestehenden Versicherungskontos ## ####### R ### lautet (Beschlussformel zu b, 1. und 4. Absatz).
II
Auf die Beschwerde der H AG wird der am 09.12.2015 verkündete Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Bochum im Ausspruch zum Versorgungsausgleich wegen der bei der Beschwerdeführerin bestehenden Anrechte abgeändert.
Ein Ausgleich des Anrechts der Antragstellerin bei der H AG (Vers. Nr. #-##.###.###-#) findet nicht statt.
Ein Ausgleich des Anrechts der Antragstellerin bei der H AG (Vers. Nr. #-##.###.###-#) findet nicht statt.
Ein Ausgleich des Anrechts des Antragsgegners bei der H AG (Vers. Nr. #-##.###.###-#) findet nicht statt.
Die Gerichtskosten der Rechtsmittelinstanz tragen die beteiligten Eheleute je zur Hälfte. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.000,00 € festgesetzt.
1
Gründe
3I
4Durch die angefochtene Entscheidung hat das Familiengericht die am ##.##.1994 geschlossene Ehe geschieden und den Versorgungsausgleich für die Ehezeit vom ##.##.1994 bis 31.05.2014 in der Weise durchgeführt, dass es bezogen auf den 31.05.2014
5durch interne Teilung die in der gesetzlichen Rentenversicherung bestehenden Anrechte zugunsten des Antragsgegners i.H.v. 12,3161 Entgeltpunkten und zugunsten der Antragstellerin i.H.v. 10,2970 Entgeltpunkten unddurch interne Teilung ein bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder für die Antragstellerin bestehendes Anrecht zugunsten des Antragsgegners i.H.v. 22,43 Versorgungspunkten ausgeglichen hat.
6Die bei der Beschwerdeführerin bestehenden Anrechte hat das Familiengericht zulasten des Anrechts der Antragstellerin (Vers.Nr. #-##.###.###-#) im Wege der internen Teilung zugunsten des Antragsgegners i.H.v. 474,57 € ausgeglichen undim Übrigen angeordnet, dass ein Ausgleich der Anrechteder Antragstellerin aus den Verträgen #-##.###.###-#, #-##.###.###-# sowie #-##.###.###-# und des Antragsgegners aus dem Vertrag #-##.###.###-#nicht stattfindet.
7Wegen der weiteren Einzelheiten und der Begründung wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.
8Gegen die Entscheidung zum Versorgungsausgleich wendet sich die Beschwerdeführerin, soweit das bei ihr bestehende Anrecht aus dem Vertrag #-##.###.###-# ausgeglichen wurde. Sie macht geltend, dass dieses Anrecht gem. § 18 II VersAusglG nicht auszugleichen sei. Eine Bagatellprüfung habe das Familiengericht nicht vorgenommen. Die Teilung mit einem Ausgleichswert von 474,57 € würde einen unangemessen hohen Verwaltungsaufwand erfordern.
9Der Antragsgegner verteidigt den Versorgungsausgleich. Das Familiengericht habe eine Bagatellprüfung nach § 18 I VersAusglG vorgenommen und dabei berücksichtigt, dass die Antragstellerin über insgesamt vier einzelne Rentenversicherungen bei der Beschwerdeführerin verfüge, die sämtlich unter die Bagatellgrenze fielen. Dies sei unbillig, so dass das Familiengericht zumindest die Versicherung der Antragstellerin mit der Nr. #-##.###.###-# ausgeglichen habe.
10II
111.Die Berichtigung wegen offensichtlicher Unrichtigkeit erfolgt von Amts wegen gem. § 42 I FamFG nachdem die Deutsche Rentenversicherung Bund im Beschwerdeverfahren auf diesen Schreibfehler hingewiesen hat, ohne einen Berichtigungsantrag zu stellen. Solange die Sache vor dem Rechtsmittelgericht anhängig ist, kann auch dieses den angefochtenen Beschluss berichtigen (Keidel/Meyer-Holz, FamFG, 18. Aufl., § 42 Rz. 31).
122.Die zulässige Beschwerde ist im Ergebnis begründet.
13a)In der Ehezeit vom ##.##.#### bis 31.05.2014 haben die beteiligten Ehegatten bei der Beschwerdeführerin folgende Anrechte erworben:
14aa) Anrechte der Antragstellerin
15(1) Die Antragstellerin hat aus dem Vertrag #-##.###.###-# ein Anrecht mit einem Ehezeitanteil von 6.438,05 € erlangt. Der Versorgungsträger hat gem. § 5 III VersAusglG vorgeschlagen, den Ausgleichswert mit 3.122,46 € zu bestimmen.
16(2) Die Antragstellerin hat aus dem Vertrag #-##.###.###-# ein Anrecht mit einem Ehezeitanteil von 999,13 € erlangt. Der Versorgungsträger hat gem. § 5 III VersAusglG vorgeschlagen, den Ausgleichswert mit 474,57 € zu bestimmen.
17(3) Die erstinstanzlich in den Versorgungsausgleich einbezogenen Anrechte aus den Verträgen mit den Versicherungsnummern #-##.###.###-# und #-##.###.###-# stellen keine Altersversorgung der Antragstellerin i.S.d. § 2 VersAusglG dar.
18Es handelt sich - wie der Versorgungsträger in der Beschwerdeinstanz mit Schreiben vom 27.04.2016 und 08.06.2016 klargestellt hat - bei diesen Verträgen um sogenannte "Kinderrentenversicherungen", bei denen die Antragstellerin Versicherungsnehmerin ist. Versicherte Personen und Leistungsempfänger im Erlebensfall sind die Kinder G (geb. ##.##.1998) und D (geb. ##.##.2004).
19Die Behandlung derartiger Verträge im Versorgungsausgleich ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung nicht einheitlich. Nach Auffassung des OLG Zweibrücken (Beschluss vom 04.02.2011 - 2 UF 82/10 - juris) sind sie grundsätzlich im Versorgungsausgleich nicht zu berücksichtigen, während sie nach anderer Ansicht regelmäßig dem Versorgungsausgleich unterfallen, wenn den Kindern kein unwiderrufliches Bezugsrecht eingeräumt wurde (Brandenburgischen OLG, Beschluss vom 11.03.2015 - 9 UF 27/15 - juris; OLG Hamm, Beschluss vom 01.09.2015 – 9 UF 224/14 –, Rn. 7, juris).
20In vorliegender Sache ist entscheidend, dass der Beginn für die private Rente auf einen Zeitpunkt nach Vollendung des 65. Lebensjahres des jeweils versicherten Kindes vereinbart wurde; in dem Vertrag ##.###.###-# auf den 01.10.2069 und in dem Vertrag #-##.###.###-# auf den 01.10.2063. Damit können diese Anrechte - unabhängig davon, ob das Bezugsrecht der Kinder widerruflich oder unwiderruflich ist - nicht gem. § 2 II Nr. 2 VersAusglG der Absicherung der Antragstellerin (als Versicherungsnehmerin) im Alter dienen. Denn hierfür wäre erforderlich, dass die vertraglich vereinbarte Rentenleistung im Anschluss an die Beendigung des aktiven Berufslebens gewährt wird und das bisherige Erwerbseinkommen ersetzen soll (J. Norpoth in: Erman BGB, Kommentar, 14. Aufl., § 2 VersAusglG, Rn. 8). Bei Beginn der Rentenleistungen wäre die am ##.##.1966 geborene Antragstellerin 103 bzw. 97 Jahre alt.
21Das Bezugsrecht der Antragstellerin für den Todesfall, in Form einer Beitragsrückerstattung und die Möglichkeit, die Verträge zu kündigen, um die Rückkaufswerte zu realisieren, stellen keine Altersversorgung der Antragstellerin i.S.d. § 2 VersAusglG dar, weil diese Rechte nicht auf die Erlangung einer Rente gerichtet sind (§ 2 II Nr. 3 VersAusglG).
22bb) Anrecht des Antragsgegners
23Der Antragsgegner hat aus dem Vertrag #-##.###.###-# ein Anrecht mit einem Ehezeitanteil von 808,15 € erlangt. Der Versorgungsträger hat gem. § 5 III VersAusglG vorgeschlagen, den Ausgleichswert mit 379,08 € zu bestimmen.
24b)Die von den Eheleuten bei der Beschwerdeführerin erworbenen Anrechte sind sämtlich fondsgebundene Rentenversicherungen als Altersvorsorgeverträge i.S.d. AltZertG und damit gleichartig i.S.d. § 18 I VersAusglG (vgl. Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Beschluss vom 06. Juni 2012 – 6 UF 47/12 –, Rn. 10, juris), so dass sie einer Prüfung nach § 18 I VersAusglG zu unterziehen sind, die einer Einzelprüfung nach § 18 II VersAusglG vorgeht (BGH, Beschluss vom 07. August 2013 – XII ZB 211/13 –, Rn. 4, juris; J. Norpoth in: Erman BGB, Kommentar, § 18 VersAusglG, Rn. 6).
25Die Differenz ihrer Kapitalwerte beträgt 3.217,95 € und überschreitet somit nicht den Grenzwert des § 18 III VersAusglG von 3.318,00 €. Die Anrechte werden deshalb gem. § 18 I VersAusglG vom Versorgungsausgleich ausgeschlossen.
26Gründe, diese Anrechte gleichwohl auszugleichen, sind nicht ersichtlich und werden von den Beteiligten auch nicht in erheblicher Weise geltend gemacht.
273.Die Kostenentscheidung folgt aus § 150 I, III FamFG, die Festsetzung des Gegenstandswertes aus § 50 I 2 FamGKG.
28Rechtsbehelfsbelehrung:
29Ein Rechtsmittel ist gegen diese Entscheidung nicht eröffnet.
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(1) Anrechte im Sinne dieses Gesetzes sind im In- oder Ausland bestehende Anwartschaften auf Versorgungen und Ansprüche auf laufende Versorgungen, insbesondere aus der gesetzlichen Rentenversicherung, aus anderen Regelsicherungssystemen wie der Beamtenversorgung oder der berufsständischen Versorgung, aus der betrieblichen Altersversorgung oder aus der privaten Alters- und Invaliditätsvorsorge.
(2) Ein Anrecht ist auszugleichen, sofern es
- 1.
durch Arbeit oder Vermögen geschaffen oder aufrechterhalten worden ist, - 2.
der Absicherung im Alter oder bei Invalidität, insbesondere wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, Berufsunfähigkeit oder Dienstunfähigkeit, dient und - 3.
auf eine Rente gerichtet ist; ein Anrecht im Sinne des Betriebsrentengesetzes oder des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes ist unabhängig von der Leistungsform auszugleichen.
(3) Eine Anwartschaft im Sinne dieses Gesetzes liegt auch vor, wenn am Ende der Ehezeit eine für das Anrecht maßgebliche Wartezeit, Mindestbeschäftigungszeit, Mindestversicherungszeit oder ähnliche zeitliche Voraussetzung noch nicht erfüllt ist.
(4) Ein güterrechtlicher Ausgleich für Anrechte im Sinne dieses Gesetzes findet nicht statt.
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragstellerin vom 11.11.2014 und die Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 1) vom 13.11.2014 wird der am 29.10.2014 erlassene Scheidungsverbundbeschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Essen in seinem Ausspruch zum Versorgungsausgleich abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Antragstellerin bei der A (Vers.Nr. ###01) zugunsten des Antragsgegners ein Anrecht in Höhe von 3,0818 Entgeltpunkten auf das vorhandene Konto ###02 bei der A,bezogen auf den 30.06.2009, übertragen.
Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei der A (Vers.Nr. ###02) zugunsten der Antragstellerin ein Anrecht in Höhe von 8,6848 Entgeltpunkten auf das vorhandene Konto ###01 bei der A,bezogen auf den 30.06.2009, übertragen.
Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei der B (Vers.Nr. ###03) zugunsten der Antragstellerin ein Anrecht in Höhe von 4.452,98 Euro, bezogen auf den 30.06.2009, übertragen.
Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei der D (Vers.Nr. ###10) zugunsten der Antragstellerin ein Anrecht in Höhe von 6.309,01 Euro, bezogen auf den 30.06.2009, übertragen.
Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei der D (Vers.Nr. ###09) zugunsten der Antragstellerin ein Anrecht in Höhe von 548,88 Euro, bezogen auf den 30.06.2009, übertragen.
Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei der C (Vers.Nr. ###04) zugunsten der Antragstellerin ein Anrecht in Höhe von 4.866,41 Euro, bezogen auf den 30.06.2009, übertragen.
Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei der C (Vers.Nr. ###05) zugunsten der Antragstellerin ein Anrecht in Höhe von 5.487,81 Euro, bezogen auf den 30.06.2009, übertragen.
Im Wege der externen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei der C (Vers.Nr. ###07) zu Gunsten der Antragstellerin ein Anrecht i.H.v. 822,05 Euro bei der E (Vers.Nr. ###11) zum Rentenversicherungsvertrag Nr. ###13, bezogen auf den 30.06.2009, begründet. Die C wird verpflichtet, diesen Betrag nebst Zinsen i.H.v. 2,25 % ab dem 01.07.2009 bis zum Zeitpunkt der Rechtskraft der Entscheidung zum Versorgungsausgleich an die E auf den Rentenversicherungsvertrag Nr. ###13 zu zahlen.
Im Wege der externen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei der C (Vers.Nr. ###08) zu Gunsten der Antragstellerin ein Anrecht i.H.v. 822,03 Euro bei der E (Vers.Nr. ###11) zum Rentenversicherungsvertrag Nr. ###13, bezogen auf den 30.06.2009, begründet. Die C wird verpflichtet, diesen Betrag nebst Zinsen i.H.v. 2,25 % ab dem 01.07.2009 bis zum Zeitpunkt der Rechtskraft der Entscheidung zum Versorgungsausgleich an die E auf den Rentenversicherungsvertrag Nr. ###13 zu zahlen.
Im Wege der externen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei der C (Vers.Nr.###06) zu Gunsten der Antragstellerin ein Anrecht i.H.v. 588,04 Euro bei der E (Vers.Nr. ###11) zum Rentenversicherungsvertrag Nr. ###13, bezogen auf den 30.06.2009, begründet. Die C wird verpflichtet, diesen Betrag nebst Zinsen i.H.v. 2,25 % ab dem 01.07.2009 bis zum Zeitpunkt der Rechtskraft der Entscheidung zum Versorgungsausgleich an die E auf den Rentenversicherungsvertrag Nr. ###13 zu zahlen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden unter den früheren Eheleuten gegeneinander aufgehoben. Davon ausgenommen sind die außergerichtlichen Kosten der beteiligten Versorgungsträger, die diese selbst tragen.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 10.200,00 € festgesetzt.
1
Gründe:
2I.
3Das Amtsgericht – Familiengericht – Essen hat durch den teilweise angefochtenen Beschluss die Ehe der beteiligten Eheleute geschieden und den Versorgungsausgleich durchgeführt. Dabei hat es zunächst Anwartschaften der Antragstellerin und des Antragsgegners in der gesetzlichen Rentenversicherung ausgeglichen. Ferner hat es diverse Anrechte des Antragsgegners auf betriebliche und private Altersversorgung bei der B, der C und der D in die Versorgungsausgleichsentscheidung einbezogen und zugunsten der Antragstellerin ausgeglichen. Ausgenommen von diesem Ausgleich hat es drei weitere Anrechte bei der C (Vers.Nr. ###07, ###08 und ###06) sowie ein Anrecht bei der D (Vers.Nr. ###09). Hinsichtlich der Versorgungen bei der C mit den Vers.Nr. ###07 und ###08 handele es sich bereits nicht um Anrechte des Antragsgegners, da bezugsberechtigt die gemeinsamen Kinder Julia und Florian der beteiligten Eheleute seien. Dessen ungeachtet seien beide Anrechte – ebenso wie die unter den Vers.Nr. ###06 (C) und Vers.Nr. ###09 (D) bestehenden Anwartschaften – jedenfalls wegen Geringfügigkeit nach § 18 Abs. 2 VersAusglG vom Versorgungsausgleich auszunehmen. Denn der maßgebliche Grenzwert des § 18 Abs. 3 VersAusglG werde nicht erreicht.
4Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Beschwerde.
5Zu Unrecht habe das Amtsgericht insgesamt vier Anrechte auf Altersversorgung vom Versorgungsausgleich ausgenommen. Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts stünden alle vier Anwartschaften dem Antragsgegner zu; auch wenn bei zwei Lebensversicherungen je ein Kind als versicherte Person genannt werde, sei doch stets der Antragsgegner Versicherungsnehmer und damit verfügungsbefugt.
6Darüber hinaus könne eine Ausgleichspflicht auch nicht wegen Geringfügigkeit verneint werden. Zwar sei zutreffend, dass bei isolierter Betrachtung jedes der vier Anrechte die Geringfügigkeitsschwelle des § 18 Abs. 2 VersAusglG nicht überschreite. Eine derartige isolierte Betrachtungsweise sei aber vorliegend unter Beachtung des Halbteilungsgrundsatzes nicht gerechtfertigt. Denn das Anrecht bei der D mit der Vers.Nr. ###09 bilde ebenso wie das Anrecht bei der C mit der Vers.Nr. ###06 nur einen Baustein einer einheitlichen betrieblichen Altersversorgung des Antragsgegners und müsse daher gemeinsam mit den anderen, die Gesamtversorgungszusage ausmachenden Anrechten betrachtet und bewertet werden. Entsprechendes gelte hinsichtlich der Anrechte auf private Altersvorsorge. Auch insoweit könne die Aufsplittung auf möglichst viele Versicherungsverträge nicht dazu führen, einzelne Anrechte vom Ausgleich auszunehmen. Dies gelte umso mehr, als die Antragstellerin, deren eigene Anwartschaften lediglich aus Kindererziehungszeiten gespeist würden, darauf angewiesen sei, im Wege der Halbteilung an den in der Ehezeit erworbenen Anrechten des Antragsgegners zu partizipieren.
7Neben der Antragstellerin wendet sich auch die A gegen die Versorgungsausgleichsentscheidung des Amtsgerichts. Sie moniert, dass die erstinstanzliche Entscheidung durchgängig von einem Ehezeitende am 30.11.2010 ausgehe, während sämtliche Auskünfte auf der Grundlage eines Ehezeitendes am 30.06.2009 erteilt worden seien.
8II.
9Die gemäß §§ 58 ff FamFG zulässigen Beschwerden sind begründet und führen zu der aus dem Tenor ersichtlichen Abänderung.
10(1) Soweit das Amtsgericht von einer Einbeziehung und einem Ausgleich der beiden Lebensversicherungen bei der C mit den Vers.Nr. ###07 und ###08 abgesehen hat, da es sich um Versicherungen der beiden Kinder der früheren Eheleute und nicht des Antragsgegners selbst handele, ist dem entsprechend den Beschwerdeangriffen der Antragstellerin nicht zu folgen. Denn gemäß den vorliegenden Auskünften der C vom 02.12.2010 ist Versicherungsnehmer beider Rentenversicherungen – ungeachtet dessen, dass als versicherte Person iSd § 150 VVG die Tochter bzw. der Sohn aufgeführt werden – der Antragsgegner selbst. Dafür, dass für die versicherten Personen ein unwiderrufliches Bezugsrecht gemäß § 159 VVG begründet wurde, ergibt sich aus den vorliegenden Unterlagen nichts. Nur ein derartiges unwiderrufliches Bezugsrecht würde den Kindern aber eine unentziehbare Anwartschaft auf die Versicherungsleistung verschaffen und dafür sorgen, dass die Anrechte aus den Versicherungen nicht dem Versorgungsausgleich unterfallen. Die bloße widerrufliche, d.h. jederzeit einseitig vom Versicherungsnehmer aufhebbare Bezugsberechtigung belässt das Anrecht hingegen (zunächst) beim Versicherungsnehmer (Staudinger/Eckhard Rehme (2004), § 1587a BGB Rn. 401 m.w.N.).
11Sind danach beide Anrechte auf eine private Altersversorgung als Anrechte des Antragsgegners in die Ausgleichsentscheidung einzubeziehen, so sind sie – obwohl es sich isoliert betrachtet, jeweils um geringfügige Anrechte iSd § 18 Abs. 2 VersAusglG handelt, da der maßgebliche Grenzbetrag iSd § 18 Abs. 3 VersAusglG nicht überschritten wird (120 % der Bezugsgröße als Kapitalwert belaufen sich unter Berücksichtigung des § 18 Abs. 1 SGB VI für das Ehezeitende am 30.06.2009 auf 3.024,00 €) – auch auszugleichen. Die Antragstellerin verweist insoweit zutreffend darauf, dass der Halbteilungsgrundsatz bei der Kumulierung einer Mehrzahl von Anrechten mit für sich gesehen geringen Ausgleichswerten einen Ausgleich auch dieser Anrechte gebieten kann, wenn einerseits für die betroffenen Versorgungsträger kein unverhältnismäßig hoher Verwaltungsaufwand entsteht und andererseits die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Eheleute dafür sprechen, dem Ausgleichsberechtigten auch Bagatellbeträge zuzuweisen (vgl. BGH, FamRZ 2012, 610 ff; OLG Hamm, FamRZ 2014, 131 f; OLG Frankfurt, FamRZ 2015, 505 ff).
12Vorliegend ist der auf Seiten des Versorgungsträgers entstehende Verwaltungsaufwand zu vernachlässigen, denn die C verlangt entsprechend § 14 Abs. 2 Nr. 2 VersAusglG bzgl. beider Anrechte, da der Grenzwert des § 17 VersAusglG nicht überschritten ist, die externe Teilung.
13Zudem spricht für einen Ausgleich, dass die Antragstellerin als ausgleichsberechtigter Ehegatte ein Interesse auch an der Erlangung geringfügiger Anrechte hat und auf zusätzliche Renten angewiesen ist. Denn sie selbst verfügt nach der eingeholten Auskunft der A nur über ein Anrecht von 8,7567 Entgeltpunkten, was einer monatlichen Rente von gerade einmal 227,80 Euro entspricht.
14(2) Ähnlich verhält es sich, soweit die Antragstellerin moniert, dass die beiden Anrechte des Antragsgegners bei der C (Vers.Nr. ###06) und bei der D (Vers.Nr. ###09) vom Amtsgericht wegen Geringfügigkeit vom Versorgungsausgleich ausgenommen worden sind. Denn auch insoweit ist zwar zutreffend, dass die Ausgleichswerte beider Anrechte des Antragsgegners auf eine betriebliche Altersversorgung – es handelt sich jeweils um Direktversicherungen – jeweils nur geringfügig iSd § 18 Abs. 2 i.V.m. § 18 Abs. 3 VersAusglG sind. Da sie letztlich aber nur als Bausteine einer einheitlichen betrieblichen Versorgungszusage des Arbeitsgebers anzusehen sind, unterfallen sie – zusammen mit der Versicherung Nr. ###10 bei der D mit einem Ausgleichwert von 6.309,01 € - dem gesetzlichen Versorgungsausgleich.
15(3) Die Antragstellerin hat in der Zwischenzeit ihr Wahlrecht nach § 15 Abs. 1 VersAusglG i.V.m. § 222 Abs. 1, Abs. 2 FamFG wirksam ausgeübt. Auf entsprechenden Hinweis des Senats hat sie im Rahmen des Beschwerdeverfahrens ein Bestätigungsschreiben der F 23.06.2015 vorgelegt, wonach diese bereit ist, die im Wege der externen Teilung freiwerdenden Kapitalbeträge aus den Anrechten des Antragsgegners als Einmalbetrag an- und zugunsten der Antragstellerin in einen Riesterrentenvertrag aufzunehmen. Aufgrund der Zertifizierung dieses Vertrags nach dem AltZertG bestehen keine Bedenken, dass es sich um eine angemessene Versorgung iSd § 15 Abs. 2 VersAusglG handelt.
16(4) Nach der Rechtsprechung des BGH (vgl. NJW 2011, 3358 ff) sind die zu zahlenden Ausgleichswerte ab Ende der Ehezeit bis zur Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich in Höhe des Rechnungszinses der auszugleichenden Versorgung zu verzinsen. Der insoweit maßgebliche Rechnungszins beträgt nach den Auskünften der C vom 07.07. und 17.07.2015 jeweils 2,25 %.
17(5) Auf die Beschwerde der A war schließlich das im angefochtenen Beschluss benannte Ehezeitende - das Amtsgericht geht durchgängig vom 30.11.2010 aus - zu korrigieren. Denn ausweislich der in der Akte befindlichen Zustellungsurkunde (Bl. 11 d.A.) erfolgte die Zustellung des Scheidungsantrags am 17.07.2009, so dass die Ehezeit gemäß § 3 VersAusglG am 30.06.2009 endete. Da dieses Datum auch sämtliche beteiligten Versorgungsträger ihren Auskünften über die bei ihnen jeweils bestehenden Anwartschaften zugrunde gelegt haben, bestand kein Anlass, neue Auskünfte einzuholen, sondern es war lediglich das falsche Datum zu berichtigen.
18(6) Die Kostenentscheidung folgt aus § 150 Abs. 1 und Abs. 3 FamFG; die Festsetzung des Verfahrenswertes beruht auf den §§ 40 Abs. 1 S. 1, 50 Abs. 1 S. 1 FamGKG.
(1) Anrechte im Sinne dieses Gesetzes sind im In- oder Ausland bestehende Anwartschaften auf Versorgungen und Ansprüche auf laufende Versorgungen, insbesondere aus der gesetzlichen Rentenversicherung, aus anderen Regelsicherungssystemen wie der Beamtenversorgung oder der berufsständischen Versorgung, aus der betrieblichen Altersversorgung oder aus der privaten Alters- und Invaliditätsvorsorge.
(2) Ein Anrecht ist auszugleichen, sofern es
- 1.
durch Arbeit oder Vermögen geschaffen oder aufrechterhalten worden ist, - 2.
der Absicherung im Alter oder bei Invalidität, insbesondere wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, Berufsunfähigkeit oder Dienstunfähigkeit, dient und - 3.
auf eine Rente gerichtet ist; ein Anrecht im Sinne des Betriebsrentengesetzes oder des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes ist unabhängig von der Leistungsform auszugleichen.
(3) Eine Anwartschaft im Sinne dieses Gesetzes liegt auch vor, wenn am Ende der Ehezeit eine für das Anrecht maßgebliche Wartezeit, Mindestbeschäftigungszeit, Mindestversicherungszeit oder ähnliche zeitliche Voraussetzung noch nicht erfüllt ist.
(4) Ein güterrechtlicher Ausgleich für Anrechte im Sinne dieses Gesetzes findet nicht statt.
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin und die Anschlussbeschwerde des Antragstellers wird der am 24. Januar 2012 verkündete Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – in St. Wendel - 6b F 144/10 S – wie folgt in Ziffer II, 6) des Beschlusstenors teilweise abgeändert und um die Ziffer II, 7) ergänzt:
II, 6) Im Wege der internen Teilung wird, bezogen auf den 31. Oktober 2010, zulasten des Anrechts der Antragsgegnerin bei der Lebensversicherungs-AG, Versicherungsnummer:, aus einer fondsgebundenen Riester-Rente zu Gunsten des Antragstellers nach Maßgabe der Teilungsordnung der Lebensversicherungs-AG für den Neubestand (01.10) ein Anrecht in Höhe von 1.119,72 EUR übertragen.
II, 7) Im Wege der internen Teilung wird, bezogen auf den 31. Oktober 2010, zulasten des Anrechts des Antragstellers bei der Lebensversicherungs-AG, Versicherungsnummer: aus einer fondsgebundenen Riester-Rente zu Gunsten der Antragsgegnerin nach Maßgabe der Teilungsordnung der Lebensversicherungs-AG für den Neubestand (01.10) ein Anrecht in Höhe von 4.905,88 EUR übertragen.
2. Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erhoben. Die außergerichtlichen Kosten der zweiten Instanz werden gegeneinander aufgehoben. Hinsichtlich der Kosten des ersten Rechtszugs bleibt es bei der erstinstanzlichen Entscheidung.
3. Beschwerdewert: 1.925 EUR.
Gründe
I.
II.
(1) Das Familiengericht soll beiderseitige Anrechte gleicher Art nicht ausgleichen, wenn die Differenz ihrer Ausgleichswerte gering ist.
(2) Einzelne Anrechte mit einem geringen Ausgleichswert soll das Familiengericht nicht ausgleichen.
(3) Ein Wertunterschied nach Absatz 1 oder ein Ausgleichswert nach Absatz 2 ist gering, wenn er am Ende der Ehezeit bei einem Rentenbetrag als maßgeblicher Bezugsgröße höchstens 1 Prozent, in allen anderen Fällen als Kapitalwert höchstens 120 Prozent der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch beträgt.