Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Urteil, 01. Feb. 2006 - 5 U 306/05 - 31

bei uns veröffentlicht am01.02.2006

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 17.5.2005 - 14 O 169/04 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger, ein französischer Staatsangehöriger, der in Berlin einen Weinhandel betreibt und der der deutschen Sprache mächtig ist, unterhielt für seinen Chevrolet Blazer mit dem amtlichen Kennzeichen ... bei der Beklagten eine Fahrzeugvollversicherung. Im August 2003 meldete er der Beklagten die - behauptete - Entwendung seines PKW zwischen dem 16.8. und dem 18.8.2003 zunächst telefonisch und dann mit einer Schadenmeldung vom 19.8.2003, auf der er die Frage „Wann haben Sie das Fahrzeug gekauft?“ mit „01.03.2002“ und die sich anschließende Frage nach dem Kaufpreis mit 39.000 EUR angab. Den Kilometerstand am Schadenstag bezifferte er auf 22.000. Die in einem beigefügten Formular enthaltenen Fragen, von welchen Personen das Fahrzeug benutzt worden und ob das Fahrzeug in letzter Zeit verliehen worden sei sowie nach reparierten und nicht reparierten Vorschäden beantwortete er mit einem Querstrich. Die Beklagte, der wegen des Kaufpreises Bedenken gegen die Angaben des Klägers gekommen waren, bat mit Schreiben vom 29.8.2003 um Vorlage von Rechnungen. Daraufhin übersandte der Kläger ihr eine Reparaturrechnung vom 12.3.2003, aus der sich ein Kilometerstand von 21.000 ergab; der Kläger erläuterte, er sei in den letzten Monaten ca. 8.000 km gefahren, die Laufleistung betrage folglich 28.000 km. Mit einem weiteren Schreiben vom 29.9.2003 wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass eine Überprüfung der eingereichten Schlüssel ergeben habe, dass mindestens ein Nachschlüssel gefertigt worden sei. Daraufhin gab der Kläger seiner Überraschung über diese Feststellung Ausdruck und unterrichtete die Beklagte, er selbst habe nie einen Nachschlüssel anfertigen lassen, den Schlüssel aber gelegentlich für Werkstattaufenthalte und seinen Angestellten ausgehändigt, der Wagen sei als Lieferfahrzeug ständig genutzt worden.

Nachdem die Beklagte auf Grund einer Recherche entdeckt hatte, dass der PKW im Jahr 2002 einen Schaden am hinteren Stoßfänger - die Reparaturkosten hätten rund 630 EUR ausgemacht - gehabt, bei einer Inspektion Ende Juli 2003 bereits einen Kilometerstand von 31.502 km aufgewiesen hatte und im übrigen vom Kläger für 28.680 EUR erworben worden war, berief sie sich auf Leistungsfreiheit wegen Verletzung von Aufklärungsobliegenheiten. Das Landgericht Saarbrücken hat die Klage auf Zahlung einer Kaskoentschädigung durch Urteil vom 17.5.2005 - 14 O 169/04 - zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung.

Der Kläger trägt vor, die Frage nach dem Kaufpreis habe er - deutsch sei eben nicht seine Muttersprache - als Frage nach dem Listenpreis verstanden und so richtig beantwortet. Den Kilometerstand habe er nicht vorsätzlich falsch angegeben; er habe sich an ihn vielmehr nicht mehr erinnern können, was schon daraus folge, dass er zu jeder Gelegenheit andere Angaben gemacht habe. Im übrigen sei er sich der Bedeutung des Kaufpreises für die Schätzung des Wertes des PKW nicht bewusst gewesen, was sich schon daraus ergebe, dass er der Polizei gegenüber einen Fahrzeugwert von 15.000 EUR genannt habe. Die Frage nach den Benutzern des PKW habe er als Frage nach Personen verstanden, die einen eigenen Entscheidungs- und Handlungsspielraum über den Wagen gehabt hätten. Der ständige Gebrauch durch Dritte im Rahmen der gewerblichen Tätigkeit des Klägers sei für ihn nicht erfasst gewesen. Den vergleichsweise geringfügigen Schaden am hinteren Stoßfänger habe er als nicht erfragt betrachtet. „Kleinere Blessuren“ würden in Frankreich nicht als Vorschäden verstanden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 17. Mai 2005 zu dem Geschäftszeichen 14.O.169/04 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 22.000,-- EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06. Januar 2004 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

II.

Die Berufung ist nicht begründet. Die Beklagte ist gemäß § 6 Abs. 3 VVG i.V.m. § 7 I (2) S. 3, V (4) AKB leistungsfrei, weil der Kläger seine Obliegenheit, alles zu tun, was zur Aufklärung des Tatbestandes und zur Minderung des Schadens dienlich sein kann, verletzt und nicht, wie § 6 Abs. 3 VVG verlangt, nachzuweisen vermocht hat, dass er nicht vorsätzlich gehandelt hat.

a.

Ob das daraus folgt, dass der Kläger den im April 2002 entstandenen Schaden am hinteren Stoßfänger nicht angegeben hat - im Hinblick auf die geringe Höhe der Reparaturkosten handelte es sich, wie auch die Lichtbilder in dem zum Schaden erstellten Gutachten zeigen, um eine vergleichsweise geringfügige Beschädigung des Wagens, deren Ausmaß nicht von vornherein ausschließt, dass der nach seiner Herkunft andere Wertschätzungen von Kraftfahrzeugen gewohnte Kläger sie nicht als bedeutsam und anzugeben in Erinnerung behalten hat - kann dahinstehen.

Denn der Kläger hat jedenfalls wahrheitswidrige Angaben zu den Benutzern, dem Kilometerstand und dem Kaufpreis des angeblich entwendeten Kraftfahrzeugs gemacht.

Die Verneinung - so ist der Querstrich zu verstehen - der Frage des der Schadenmeldung beigefügten Katalogs - „Von welchen Personen wurde Ihr Fahrzeug benutzt? - ist eindeutig falsch.

Die Frage kann auch von Personen, die Deutsch nicht als Muttersprache beherrschen, des Deutschen aber so mächtig sind wie der in Berlin gewerblich tätige Kläger, nicht missverstanden werden. Die Annahme, die Beklagte wolle nur Personen in Erfahrung bringen, die über einen eigenständigen Entscheidungs- und Beurteilungsspielraum über das Kraftfahrzeug verfügten, kann nur als nachträgliche und mehr als fern liegende Interpretation betrachtet werden. Der Wortlaut der Frage ist klar. Die nachfolgende Frage nach Entleihern des PKW macht deutlich, dass die vorausgehende gerade nicht nur Personen mit eigener Dispositionsbefugnis in Erfahrung bringen wollte. Jedem verständigen Versicherungsnehmer ist im übrigen bewusst, dass es der Zweck der Frage gerade nach einer behaupteten Entwendung eines Kraftfahrzeugs ist, Personen festzustellen, die nähere Auskünfte über den Verbleib der entwendeten Sache oder den Umgang mit Kraftfahrzeugschlüsseln geben könnten.

Dass er die Laufleistung des Wagens - mehrfach - objektiv falsch angegeben hat, bestreitet der Kläger nicht.

Ähnliches wie für den Benutzerkreis gilt für die falsche Angabe des Kaufpreises. Nicht nur der Wortlaut sondern gerade der unmittelbare Zusammenhang mit der Frage nach dem Datum des Kaufes macht deutlich, dass nur der gezahlte Kaufpreis gemeint sein kann, nicht aber ein wie auch immer festzustellender „Listenpreis“. Zwar wird für besondere Fälle - in denen eine Neuwertentschädigung versprochen ist - erörtert, ob nicht die Angabe des Listenpreises als Kaufpreis das Informationsinteresse des Versicherers hinreichend befriedigt (OLG Köln VersR 1981, 669). Im übrigen aber gilt, dass der von dem Listenpreis verschiedene Kaufpreis gerade dann für die Schätzung der Höhe der zu leistenden Entschädigung von besonderem Interesse ist, wenn es sich um ein auf dem Markt seltener erhältliches Kraftfahrzeug handelt, dessen Inaugenscheinnahme auf Grund einer behaupteten Entwendung nicht möglich ist (BGH, Urt. v. 19.5.1976 - IV ZR 83/75 - VersR 1976, 849). Das ist auch für den Kläger ohne weiteres erkennbar gewesen.

b.

Der Kläger hat die auf Grund des objektiven Vorliegens einer Obliegenheitsverletzung bestehende Vermutung vorsätzlichen Verhaltens (§ 6 Abs. 3 VVG) nicht widerlegt. Sein Hinweis auf Unfertigkeiten im Sprachverständnis überzeugen nicht. Selbst wenn seine Interpretationen der Fragen nicht von ihm selbst stammen, sondern auf anwaltlicher Hilfe beruhen sollten - wäre dies anders, würden sie für eine hochdifferenzierte Fähigkeit zur Nutzung von Verständnisspielräumen deutscher Begriffe zeugen - ändert dies an der Entscheidung nichts. Die Fragen nach Kaufpreis, Kilometerstand und Benutzerkreis sind einfach formuliert, klar verständlich und für einen gewerblich tätigen und der deutschen Sprache im Wesentlichen mächtigen Versicherungsnehmer ohne weiteres einsichtig.

c.

Die Beklagte ist nicht gehindert, sich auf Leistungsfreiheit zu berufen, weil der Kläger seine Angaben berichtigt hätte. Zwar konnte die Beklagte aus den Antworten auf ihre Nachfragen entnehmen, dass der Kläger sie mehrfach falsch unterrichtet hatte. Abgesehen davon, dass der Kläger den wahren Sachverhalt nicht, wie es Voraussetzung für eine Versagung von Leistungsfreiheit wäre (BGH, Urt. v. 5.12.2001 - IV ZR 225/00 -) uneingeschränkt offenbart hat - er selbst hat weder den wahren Kaufpreis genannt noch den richtigen Kilometerstand - sind seine Antworten nicht freiwillig erfolgt.

d.

Leistungsfreiheit nach § 6 Abs. 3 VVG tritt allerdings bei vorsätzlichen folgenlosen Obliegenheiten nur ein, wenn sie „relevant“ für den Versicherer sind. Ob diese Einschränkung überhaupt eingreift, weil der Kläger nicht, wie ihm obliegt, dargelegt hat, dass sein Verschweigen des richtigen Kaufpreises und des richtigen Kilometerstandes für die Beklagte folgenlos geblieben ist, kann dahinstehen. Denn zum einen liegt auf der Hand, dass das Verschweigen des wahren Kaufpreises, der richtigen Laufleistung und des vollständigen Benutzerkreises generell geeignet ist, die berechtigten Informationsinteressen eines Versicherers zu gefährden. Den Kläger trifft ein erhebliches Verschulden. Von einem Fehlverhalten, das auch einem ordentlichen Versicherungsnehmer leicht unterlaufen kann und für das ein einsichtiger Versicherer Verständnis aufbringen muss, kann keine Rede sein, wenn ein Versicherungsnehmer ohne jeden nachvollziehbaren Grund Fragen von zentraler Bedeutung für die Feststellung des Versicherungsfalls und die Höhe der Entschädigung falsch beantwortet. Die Abweichungen der Antworten des Klägers von der Wirklichkeit sind von Gewicht. So hat er einen um mehr als 10.000 EUR übersetzten Kaufpreis genannt und der Beklagten verschwiegen, dass er den PKW als Lagerfahrzeug zu einem Sonderpreis erworben hatte. Die Laufleistung hat er zunächst um mehr als 1/3 zu niedrig angesetzt und nicht einmal auf Nachfrage zutreffend korrigiert. Auch ist unverständlich, wenn er schlicht verneint hat, dass der PKW von niemandem anderen außer ihm benutzt worden ist. Das sind Verstöße gegen die Loyalitätspflicht des Versicherungsnehmers, die von solchem Gewicht sind, dass ein geringes Verschulden - das der Kläger nachzuweisen hätte - nicht angenommen werden kann.

Der Kläger ist in der Schadenmeldung für Fahrzeugentwendungen zutreffend über die Rechtsfolgen vorsätzlicher folgenloser Obliegenheitsverletzungen unterrichtet worden. Die Beklagte ist damit leistungsfrei.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen der Zulassung nicht vorliegen.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 6 Beratung des Versicherungsnehmers


(1) Der Versicherer hat den Versicherungsnehmer, soweit nach der Schwierigkeit, die angebotene Versicherung zu beurteilen, oder der Person des Versicherungsnehmers und dessen Situation hierfür Anlass besteht, nach seinen Wünschen und Bedürfnissen zu

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Bundesgerichtshof Urteil, 05. Dez. 2001 - IV ZR 225/00

bei uns veröffentlicht am 05.12.2001

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 225/00 Verkündet am: 5. Dezember 2001 Heinekamp, Justizobersekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein ___________

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(1) Der Versicherer hat den Versicherungsnehmer, soweit nach der Schwierigkeit, die angebotene Versicherung zu beurteilen, oder der Person des Versicherungsnehmers und dessen Situation hierfür Anlass besteht, nach seinen Wünschen und Bedürfnissen zu befragen und, auch unter Berücksichtigung eines angemessenen Verhältnisses zwischen Beratungsaufwand und der vom Versicherungsnehmer zu zahlenden Prämien, zu beraten sowie die Gründe für jeden zu einer bestimmten Versicherung erteilten Rat anzugeben. Er hat dies unter Berücksichtigung der Komplexität des angebotenen Versicherungsvertrags zu dokumentieren.

(2) Für die Übermittlung des erteilten Rats und der Gründe hierfür gilt § 6a.

(3) Der Versicherungsnehmer kann auf die Beratung und Dokumentation nach den Absätzen 1 und 2 durch eine gesonderte schriftliche Erklärung verzichten, in der er vom Versicherer ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass sich ein Verzicht nachteilig auf seine Möglichkeit auswirken kann, gegen den Versicherer einen Schadensersatzanspruch nach Absatz 5 geltend zu machen. Handelt es sich um einen Vertrag im Fernabsatz im Sinn des § 312c des Bürgerlichen Gesetzbuchs, kann der Versicherungsnehmer in Textform verzichten.

(4) Die Verpflichtung nach Absatz 1 Satz 1 besteht auch nach Vertragsschluss während der Dauer des Versicherungsverhältnisses, soweit für den Versicherer ein Anlass für eine Nachfrage und Beratung des Versicherungsnehmers erkennbar ist; Absatz 3 Satz 2 gilt entsprechend. Der Versicherungsnehmer kann im Einzelfall auf eine Beratung durch schriftliche Erklärung verzichten.

(5) Verletzt der Versicherer eine Verpflichtung nach Absatz 1, 2 oder 4, ist er dem Versicherungsnehmer zum Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verpflichtet. Dies gilt nicht, wenn der Versicherer die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(6) Die Absätze 1 bis 5 sind auf Versicherungsverträge über ein Großrisiko im Sinn des § 210 Absatz 2 nicht anzuwenden, ferner dann nicht, wenn der Vertrag mit dem Versicherungsnehmer von einem Versicherungsmakler vermittelt wird.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 225/00 Verkündet am:
5. Dezember 2001
Heinekamp,
Justizobersekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
_____________________
VVG § 6 Abs. 3; AVB f. Kraftfahrvers. (AKB) § 7 I (2) Satz 3, V (4)
Hat der Versicherungsnehmer seine Aufklärungsobliegenheit durch vorsätzlich falsche
Angaben verletzt, kann der Versicherer sich nach Treu und Glauben gleichwohl
nicht auf Leistungsfreiheit berufen, sofern der Versicherungsnehmer den wahren
Sachverhalt freiwillig vollständig und unmißverständlich offenbart und nichts verschleiert
oder zurückhält und dem Versicherer durch die falschen Angaben noch
kein Nachteil entstanden ist.
BGH, Urteil vom 5. Dezember 2001 - IV ZR 225/00 - OLG Brandenburg
LG Neuruppin
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, den Richter Seiffert, die Richterin Ambrosius, den
Richter Wendt und die Richterin Dr. Kessal-Wulf auf die mündliche Verhandlung
vom 5. Dezember 2001

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 14. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 12. Juli 2000 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Neuruppin vom 15. April 1999 wird in vollem Umfang zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger, ein Gebrauchtwagenhändler, verlangt von der Beklagten als Kaskoversicherer Ersatz des Wiederbeschaffungswerts in

Höhe von 54.200 DM brutto für einen als gestohlen gemeldeten PKW Opel Senator.
Der Kläger hatte das erstmals im Januar 1992 zugelassene Fahrzeug im Februar 1997 von einem Leasingunternehmen für 8.100 DM erworben. Aus der ihm nach dem Kauf übergebenen DATSchätzungsurkunde vom 2. September 1996 geht hervor, daß der Wagen stark verwahrlost und teilweise beschädigt war und der abgelesene Kilometerstand 177.236 km betrug. Nach seiner Darstellung hat der Kläger das Fahrzeug mit einem Aufwand von 54.546,05 DM reparieren und in einen einwandfreien Zustand versetzen lassen. Am 12. September 1997 verkaufte er es zu einem Preis von 59.000 DM. Es sollte am 25. September 1997 ausgeliefert werden. Im Kaufvertrag sind als Gesamtfahrleistung 177.000 km und als Stand des Kilometerzählers circa 85.000 km eingetragen.
Am 19. September 1997 zeigte der Kläger bei der Polizei an, das Fahrzeug sei in der Nacht vom 18. zum 19. September 1997 vom verschlossenen Betriebsgelände gestohlen worden. In der Schadensanzeige vom selben Tage an die Beklagte gab der Kläger auf die Frage nach der Gesamtkilometerleistung "ca. 85.000" an. Die Frage, ob es vorher bereits Schäden am Fahrzeug gegeben habe, verneinte er.
Die Beklagte lehnte die Zahlung ab. Der Diebstahl sei vorgetäuscht , außerdem sei sie wegen falscher Angaben zur Laufleistung und zu Vorschäden von der Verpflichtung zur Leistung frei. Der Kläger meint, die Beklagte könne sich auf Leistungsfreiheit wegen Verletzung der Auf-

klärungsobliegenheit jedenfalls deshalb nicht berufen, weil er seine Angaben nachträglich berichtigt habe.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat ihr unter Abzug der Mehrwertsteuer in Höhe von 47.091,30 DM nebst Zinsen stattgegeben und die Berufung des Klägers im übrigen zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die vollständige Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe:


Die Revision der Beklagten führt zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Die Beklagte ist nach § 7 I (2) Satz 3, V (4) AKB i.V. mit § 6 Abs. 3 VVG von der Verpflichtung zur Leistung frei, weil dem Kläger eine vorsätzliche Verletzung seiner Aufklärungsobliegenheit anzulasten ist.
1. Der Kläger hat die Aufklärungsobliegenheit objektiv dadurch verletzt, daû er in der Schadensanzeige vom 19. September 1997 falsche Angaben zur Gesamtkilometerleistung und zu den Vorschäden gemacht hat.

a) Hinsichtlich der Laufleistung geht auch das Berufungsgericht davon aus, daû der objektive Tatbestand erfüllt ist. In der Schadensanzeige ist unmiûverständlich nach der Gesamtkilometerleistung und nicht nach dem Stand des Kilometerzählers gefragt. Der Kläger wuûte unstrei-

tig, daû die wirkliche Laufleistung bei 177.236 km und damit mehr als doppelt so hoch lag wie die angegebenen circa 85.000 km.

b) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts hat der Kläger seine Aufklärungsobliegenheit objektiv auch dadurch verletzt, daû er die Frage nach Vorschäden verneint hat. Die Frage ist nicht miûverständlich , sondern eindeutig. Sie bezieht sich auf Schäden jeglicher Art, von denen das Fahrzeug in der Vergangenheit betroffen war, ob repariert oder nicht, ob Unfallschaden oder sonstiger Schaden. Der Sinn einer solchen Frage ist dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer klar. Sie zielt darauf ab zu erfahren, welche Schäden vorher, also vor dem angezeigten Versicherungsfall an dem Fahrzeug aufgetreten waren. Denn frühere Schäden können, wie allgemein bekannt ist, den Marktwert eines Fahrzeugs auch dann beeinflussen, wenn sie repariert sind. Der Kläger wuûte, daû der Wagen beim Kauf im Februar 1997 erhebliche Schäden aufgewiesen und sich insgesamt in einem desolaten Zustand befunden hatte. Angesichts der behaupteten kostenaufwendigen Reparaturen und der Kenntnis der DAT-Schätzungsurkunde liegt dies auf der Hand. In der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht hat er seine Kenntnis vom Schadensumfang ausdrücklich bestätigt.
2. a) Liegt der objektive Tatbestand einer Obliegenheitsverletzung vor, wird der Vorsatz nach § 6 Abs. 3 Satz 1 VVG gesetzlich vermutet. Demgemäû muû der Versicherungsnehmer beweisen, daû die Verletzung weder auf Vorsatz noch auf grober Fahrlässigkeit beruht (Senatsurteile vom 21. April 1993 - IV ZR 34/92 - VersR 1993, 828 unter 2 c, insoweit in BGHZ 122, 250 nicht abgedruckt, und vom 13. April 1983 - IVa ZR

163/81 - VersR 1983, 674 unter V). Demgegenüber hat das Berufungsgericht der Beklagten die Beweislast auferlegt. Denn es hat zu Unrecht darauf abgestellt, die Beklagte habe nicht nachgewiesen, daû der Kläger in Täuschungsabsicht bewuût falsche Angaben gemacht habe, um zu Unrecht einen höheren Entschädigungsanspruch durchzusetzen.

b) Der Kläger hat die Vorsatzvermutung - bezogen auf die Schadensanzeige ohne Berücksichtigung seiner nachträglichen Angaben gegenüber der Beklagten - schon nach seinem eigenen Vorbringen nicht widerlegt.
aa) Zur falschen Laufleistung hat der Kläger bei seiner Anhörung vor dem Landgericht gesagt, er habe diese aus dem Gedächtnis heraus angegeben. Schriftsätzlich hat er dazu vorgetragen, er habe die Frage nach der Gesamtkilometerleistung so verstehen können, daû es sich dabei um die Tachoangabe handele. Beides entlastet ihn nicht. Eine Woche vorher hat er beim Ausfüllen des Kaufvertrages noch sehr klar zwischen der Gesamtfahrleistung (177.000 km) und dem Stand des Kilometerzählers (ca. 85.000 km) unterschieden. Daû ihm die hohe Gesamtlaufleistung beim Ausfüllen der Schadensanzeige nicht mehr bewuût gewesen sei, hat der Kläger nicht behauptet, es könnte ihm auch nicht abgenommen werden. Das als gestohlen gemeldete Fahrzeug war damals das einzige dieser Art in seinem Bestand. Er hat auch nicht vorgetragen , die Frage nach der Gesamtkilometerleistung tatsächlich so verstanden zu haben, daû sie sich auf den Stand des Kilometerzählers beziehe.

bb) Zu den Vorschäden hat der Kläger bei seiner Anhörung vor dem Landgericht gesagt, er habe die Frage verneint, weil das Fahrzeug im Zeitpunkt des Verkaufs nach der ganz aufwendigen Restaurierung keinerlei Schäden gehabt habe. Er hat aber nicht behauptet, die Frage so verstanden zu haben, daû sie sich nur auf im Zeitpunkt des Diebstahls noch vorhandene Schäden beziehe. Ein solches Verständnis wäre insbesondere bei einem Gebrauchtwagenhändler und gelernten Autokonstrukteur sehr fernliegend.
3. Auch die Grundsätze der Relevanzrechtsprechung des Senats stehen der Leistungsfreiheit nicht entgegen. Falsche Angaben zur Laufleistung und zu Vorschäden sind generell geeignet, die berechtigten Interessen des Versicherers in ernster Weise zu gefährden (vgl. zu Vorschäden Senatsurteil vom 7. Dezember 1983 - IVa ZR 231/81 - VersR 1984, 228 f.). Sie können dazu führen, daû eine den Wert des Fahrzeugs übersteigende Entschädigung gezahlt wird. Bei einer so erheblichen Abweichung zwischen den Angaben des Versicherungsnehmers und der Wirklichkeit wie im vorliegenden Fall liegt auch ein erhebliches Verschulden auf der Hand.
Das erhebliche Verschulden, für dessen Fehlen der Versicherungsnehmer beweispflichtig ist (Senatsurteil vom 7. Dezember 1983 aaO), ist durch das Verhalten des Versicherungsagenten R. bei der Entgegennahme der Schadensanzeige nicht ausgeräumt. Dieser hatte dem Kläger gesagt, die Beklagte werde von ihm noch weitere Unterlagen abfordern und es werde noch einen weiteren Fragebogen geben. Selbst wenn dieser Hinweis vor dem Ausfüllen der Schadensanzeige gemacht

worden wäre, konnte der Kläger ihn redlicherweise nur dahin verstehen, daû unterbliebene Antworten nachgeholt und unvollständige ergänzt werden können und von ihm voraussichtlich weitere Auskünfte und Unterlagen angefordert werden. Keinesfalls konnte er einen solchen Hinweis als Freibrief dafür ansehen, in der Schadensanzeige zunächst einmal eklatant falsche Angaben machen zu dürfen. Der Kläger hat auch nicht behauptet, den Hinweis des Agenten so verstanden zu haben.
4. Das Verhalten des Klägers nach Einreichen der Schadensanzeige , das das Berufungsgericht als Berichtigung seiner falschen Angaben angesehen hat, hindert die Beklagte nicht, sich auf Leistungsfreiheit zu berufen.

a) aa) Die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen Leistungsfreiheit wegen vorsätzlicher Verletzung der Aufklärungsobliegenheit durch nachträgliches Verhalten des Versicherungsnehmers wegfällt, wird in Rechtsprechung und Literatur nicht einheitlich und nicht immer klar beantwortet (vgl. dazu Römer in Römer/Langheid, VVG § 6 Rdn. 16, BK/Schwintowski, § 6 VVG Rdn. 43, Stiefel/Hofmann, Kraftfahrtversicherung 17. Aufl. § 7 AKB Rdn. 40, Rixecker, ZfS 2000, 395, jeweils m.w.N.). Diese Frage, die Anlaû für die Zulassung der Revision durch das Berufungsgericht war, läût sich nicht generell, sondern nur anhand der jeweiligen Fallgestaltung beantworten. Dabei wird unter anderem zu unterscheiden sein zwischen dem Nachholen fehlender Angaben zu gestellten Fragen, der Ergänzung unvollständiger Angaben, dem Nachreichen von Unterlagen und der Berichtigung falscher Angaben. Für die Berichtigung falscher Angaben, um die es hier geht, gilt folgendes:

bb) Falsche Angaben erfüllen schon den objektiven Tatbestand dann nicht, wenn sie so schnell berichtigt werden, daû die korrigierte Information dem Versicherer bereits in dem Zeitpunkt vorliegt, in dem er sich erstmals mit dem Vorgang befaût (vgl. dazu BGH, Urteil vom 30. November 1967 - II ZR 13/65 - VersR 1968, 137 unter II; OLG Hamm VersR 2000, 577 unter 1).
cc) Die Berichtigung falscher Angaben kann auch geeignet sein, die Vorsatzvermutung zu widerlegen. Das kommt dann in Betracht, wenn das Gesamtverhalten des Versicherungsnehmers nach Überzeugung des Tatrichters darauf schlieûen läût, daû die Falschangabe auf einem Ir rtum beruht (vgl. OLG Hamm VersR 1985, 535 f.).
dd) Ist auch die Vorsatzvermutung nicht widerlegt, kann sich der Versicherer gleichwohl nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) auf Leistungsfreiheit nicht berufen, wenn der Zweck der Aufklärungsobliegenheit durch die Berichtigung der falschen Angaben letztlich doch erreicht ist. Die Bestimmungen über die Aufklärungsobliegenheiten tragen dem Gedanken Rechnung, daû der Versicherer, um sachgemäûe Entschlüsse fassen zu können, sich darauf verlassen muû, daû der Versicherungsnehmer von sich aus richtige und lückenlose Angaben über den Versicherungsfall macht und daû der drohende Verlust seines Anspruchs geeignet ist, ihn zu wahrheitsgemäûen und vollständigen Angaben anzuhalten (vgl. BGH, Urteil vom 24. Juni 1981 - IVa ZR 133/80 - VersR 1982, 182 f.; Römer, aaO § 6 Rdn. 38). Diesem Zweck der Aufklärungsobliegenheit entspricht es nicht, wenn es dem Versicherungsnehmer von

vornherein abgeschnitten wäre, die Sanktion der Leistungsfreiheit durch eine Korrektur seiner Angaben zu vermeiden. Das wirtschaftliche Interesse des Versicherers an richtigen Angaben besteht fort, solange ihm durch die falschen Angaben noch kein Nachteil, etwa durch Verlust von Aufklärungsmöglichkeiten, entstanden und ihm die Unrichtigkeit noch nicht aufgefallen ist. Der Versicherungsnehmer, der die Vermögensinteressen des Versicherers durch falsche Angaben bereits gefährdet hat, kann dem drohenden Anspruchsverlust aber nur dann entgehen, wenn er dem Versicherer den wahren Sachverhalt aus eigenem Antrieb vollständig und unmiûverständlich offenbart und nichts verschleiert oder zurückhält. Daû dies geschehen ist, hat er darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen (vgl. BGH, Urteil vom 8. Februar 1984 - IVa ZR 203/81 - VersR 1984, 453 unter I 4). Kann nicht ausgeschlossen werden, daû die falschen Angaben bereits zu einem Nachteil für den Versicherer geführt haben oder nicht freiwillig berichtigt worden sind, bleibt es bei der Leistungsfreiheit (vgl. das vorstehend zitierte Senatsurteil sowie die Senatsurteile vom 28. Mai 1975 - IV ZR 112/73 - VersR 1975, 752 unter III und vom 12. Mai 1993 - IV ZR 120/92 - VersR 1993, 1351 unter II 3 b).

b) Bei Anwendung dieser Grundsätze steht das nachträgliche Verhalten des Klägers der Leistungsfreiheit der Beklagten nicht entgegen.
aa) Der Kläger hat die falschen Angaben in der Schadensanzeige erst berichtigt, nachdem die Beklagte mit der Bearbeitung des Falles begonnen und ihm mit Schreiben vom 1. Oktober 1997 einen Fragebogen zur Beantwortung übersandt und ihn mit Schreiben vom 21. Oktober 1997 an die Erledigung erinnert hatte. Deshalb bleibt es dabei, daû mit

den falschen Angaben in der Schadensanzeige der objektive Tatbestand der Obliegenheitsverletzung erfüllt war.
bb) Auch die Vorsatzvermutung ist nicht widerlegt. In dem ersten Schreiben des Klägers vom 22. Oktober 1997 und dem beigefügten ausgefüllten Fragebogen sowie den weiteren Schreiben an die Beklagte ist nichts dafür angeführt, was auch nur andeutungsweise dafür spricht, daû die falschen Angaben in der Schadensanzeige auf einem Irrtum beruhen. Der Kläger hat nicht einmal erwähnt, daû diese Angaben falsch sind.
cc) Der Kläger hat den wahren Sachverhalt auch nicht aus eigenem Antrieb vollständig und unmiûverständlich offenbart. Die gegenteilige Annahme des Berufungsgerichts beruht darauf, wie die Revision mit Recht rügt, daû es wesentlichen Prozeûstoff und Beweisantritte der Beklagten übergangen und im übrigen auch die Beweislast nicht richtig gesehen hat.
Der Kläger hat im Fragebogen vom 22. Oktober 1997 wiederum falsche, zumindest miûverständliche und unvollständige Angaben gemacht. Bei Frage 17 "Hatte das Fahrzeug Vor-/Unfallschäden" hat er eingetragen "nicht bekannt siehe DAT". Wie bereits ausgeführt, waren dem Kläger die früheren Schäden sehr wohl bekannt. Der Hinweis "siehe DAT" hätte nur dann einen Informationswert gehabt, wenn die Schätzungsurkunde vom 2. September 1996 beigefügt gewesen wäre. Das hat der Kläger selbst nicht behauptet. In seinem Schreiben vom 22. Oktober 1997 ist diese Urkunde nicht genannt. Aus seinem Schreiben vom 1. Dezember 1997 ergibt sich vielmehr, daû er sie der Beklagten erst zu

diesem Zeitpunkt übersandt hat. So hat es das Berufungsgericht auch festgestellt. Schon deshalb bleibt es bei der Leistungsfreiheit.
Im übrigen hatte die Beklagte unter Beweisantritt vorgetragen, dem Schreiben des Klägers vom 22. Oktober 1997 und dem Fragebogen seien keinerlei Belege beigefügt gewesen. Sie habe die Belege deshalb mit Schreiben vom 28. Oktober sowie vom 12. und 21. November 1997 erneut angefordert und erst mit dem Schreiben vom 1. Dezember 1997 erhalten. Wenn das zutrifft, kann keine Rede davon sein, daû der Kläger die Unterlagen, mit denen sich die falschen Angaben in der Schadensanzeige widerlegen lassen, der Beklagten freiwillig übersandt hat. Das Berufungsgericht hätte demgemäû auch von seinem Standpunkt zur Beweislast aus den von der Beklagten angebotenen Zeugenbeweis erheben müssen. Da aber der Kläger die Beweislast trägt und keinen Beweis angetreten hat, waren der Entscheidung die Behauptungen der Beklagten zugrunde zu legen.
Terno Seiffert Ambrosius
Wendt Dr. Kessal-Wulf

(1) Der Versicherer hat den Versicherungsnehmer, soweit nach der Schwierigkeit, die angebotene Versicherung zu beurteilen, oder der Person des Versicherungsnehmers und dessen Situation hierfür Anlass besteht, nach seinen Wünschen und Bedürfnissen zu befragen und, auch unter Berücksichtigung eines angemessenen Verhältnisses zwischen Beratungsaufwand und der vom Versicherungsnehmer zu zahlenden Prämien, zu beraten sowie die Gründe für jeden zu einer bestimmten Versicherung erteilten Rat anzugeben. Er hat dies unter Berücksichtigung der Komplexität des angebotenen Versicherungsvertrags zu dokumentieren.

(2) Für die Übermittlung des erteilten Rats und der Gründe hierfür gilt § 6a.

(3) Der Versicherungsnehmer kann auf die Beratung und Dokumentation nach den Absätzen 1 und 2 durch eine gesonderte schriftliche Erklärung verzichten, in der er vom Versicherer ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass sich ein Verzicht nachteilig auf seine Möglichkeit auswirken kann, gegen den Versicherer einen Schadensersatzanspruch nach Absatz 5 geltend zu machen. Handelt es sich um einen Vertrag im Fernabsatz im Sinn des § 312c des Bürgerlichen Gesetzbuchs, kann der Versicherungsnehmer in Textform verzichten.

(4) Die Verpflichtung nach Absatz 1 Satz 1 besteht auch nach Vertragsschluss während der Dauer des Versicherungsverhältnisses, soweit für den Versicherer ein Anlass für eine Nachfrage und Beratung des Versicherungsnehmers erkennbar ist; Absatz 3 Satz 2 gilt entsprechend. Der Versicherungsnehmer kann im Einzelfall auf eine Beratung durch schriftliche Erklärung verzichten.

(5) Verletzt der Versicherer eine Verpflichtung nach Absatz 1, 2 oder 4, ist er dem Versicherungsnehmer zum Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verpflichtet. Dies gilt nicht, wenn der Versicherer die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(6) Die Absätze 1 bis 5 sind auf Versicherungsverträge über ein Großrisiko im Sinn des § 210 Absatz 2 nicht anzuwenden, ferner dann nicht, wenn der Vertrag mit dem Versicherungsnehmer von einem Versicherungsmakler vermittelt wird.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.