Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Beschluss, 17. Juli 2017 - 7 W 19/17
Gericht
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Beklagten zu 1) vom 23.06.2017 gegen den Beschluss des Einzelrichters der 9. Zivilkammer des Landgerichts Lübeck vom 19.06.2017 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte zu 1) trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert für die Festsetzung der außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu 1.500 € festgesetzt.
Gründe
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Die sofortige Beschwerde der Beklagten zu 1) ist gemäß §§ 269 Abs. 5, 567 ff. ZPO zulässig. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.
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Zu Recht hat das Landgericht den prozessualen Kostenerstattungsantrag der Beklagten zu 1) gemäß § 269 Abs. 4 Satz 1 ZPO vom 22.03.2017 wegen fehlender Verfügungsbefugnis zurückgewiesen.
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Zum einen fehlt es für den Antrag vom 22.3.2017 bereits an dem Nachweis einer Prozessvollmacht im Sinne von § 80 ZPO. Die Klägerin hat wegen der bereits am 06.10.2016 erfolgten Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Beklagten zu 1) (vgl. Beschluss Amtsgericht Lübeck, Az.: x, Insolvenzverwalterin: Rechtsanwältin D; Anlage B5, Bl. 82 d. A.) mit Schriftsatz vom 13.03.2017 die Klage zurückgenommen (Bl. 60 d. A.). Zum Zeitpunkt des Kostenantrags am 22.03.2017 war der Beklagtenvertreter unstreitig nicht bevollmächtigt, denn die nachgereichte Prozessvollmacht datiert vom 02.05.2017 (Anlage B4, Bl. 81 d. A.).
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Dabei verkennt der Senat nicht, dass die Beklagte zu 1) durch die Insolvenzeröffnung ihre Partei- und Prozessfähigkeit (§§ 50, 51 ZPO) nicht verloren hat. Sie war mithin berechtigt, einen anwaltlichen Vertreter mit der Wahrnehmung ihrer Interessen zu bevollmächtigten. Wegen der insoweit aufgrund anwaltlicher Geschäftsbesorgung angefallenen Kosten - soweit nach der erfolgten Klagrücknahme vom 13.3.2017 überhaupt welche angefallen sind - mag sich der Prozessbevollmächtigte der Beklagten zu 1) jedoch an seine Mandantin halten.
- 5
Der Prozessbevollmächtigte der Beklagte zu 1) hat seine Bevollmächtigung auch nicht nach AHB/AKB nachgewiesen. Der Haftpflichtversicherer hat im Rahmen seiner Prozessführungsverpflichtung gemäß §§ 100, 101 Abs. 1 VVG dem Versicherungsnehmer einen Rechtsanwalt zu stellen, dem nach AHB/AKB auf Verlangen Vollmacht zu erteilen ist (Zöller-Vollkommer, ZPO, 31. Aufl. § 80 Rn. 5 mit Hinweis auf BGH NJW-RR 2010, 1725 TZ 12). Eine entsprechende Bevollmächtigung des Haftpflichtversicherers ist jedoch nicht nachvollziehbar dargelegt.
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Für den prozessualen Kostenerstattungsanspruch nach § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO ist allein der Insolvenzverwalter der Beklagten zu 1) antragsbefugt. Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht nämlich die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über prozessuale Ansprüche des Schuldners unabhängig davon auf den Insolvenzverwalter über, ob dieser in den Rechtsstreit eintritt oder nicht (BGH, Urteil vom 16.01.1997, ZIP 1997, 473). Der Schuldner als Partei eines Rechtsstreits ist deshalb über den prozessualen Kostenerstattungsanspruch auch nicht mehr verfügungsbefugt, da ihm nur noch die Rechte eines Schuldners nach Insolvenzeröffnung verbleiben. Bei dem prozessualen Kostenerstattungsanspruch aus § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO handelt es sich wegen der erst nach Insolvenzeröffnung bewirkten Klagezustellung um „Neuerwerb“ im Sinne von § 35 Abs. 1, 2. alt. InsO (vgl. BGH, Beschluss vom 11.12.2008, WM 2009, 332-334, Juris, Rn. 17 m. w. N.). Weil der prozessuale Kostenerstattungsanspruch als Neuerwerb zur Insolvenzmasse gehört, kann der Anspruch und damit auch der entsprechende Kostenantrag gemäß § 80 Abs. 1 InsO nur von dem Insolvenzverwalter geltend gemacht werden (BGH, a. a. O., zitiert in Juris, Rn. 15). Mithin ist die Beklagte zu 1) - und damit auch ihr Prozessbevollmächtigter - nicht zur Geltendmachung des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs berechtigt.
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(1) Die Klage kann ohne Einwilligung des Beklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden.
(2) Die Zurücknahme der Klage und, soweit sie zur Wirksamkeit der Zurücknahme erforderlich ist, auch die Einwilligung des Beklagten sind dem Gericht gegenüber zu erklären. Die Zurücknahme der Klage erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes. Der Schriftsatz ist dem Beklagten zuzustellen, wenn seine Einwilligung zur Wirksamkeit der Zurücknahme der Klage erforderlich ist. Widerspricht der Beklagte der Zurücknahme der Klage nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes, so gilt seine Einwilligung als erteilt, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.
(3) Wird die Klage zurückgenommen, so ist der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen; ein bereits ergangenes, noch nicht rechtskräftiges Urteil wird wirkungslos, ohne dass es seiner ausdrücklichen Aufhebung bedarf. Der Kläger ist verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, soweit nicht bereits rechtskräftig über sie erkannt ist oder sie dem Beklagten aus einem anderen Grund aufzuerlegen sind. Ist der Anlass zur Einreichung der Klage vor Rechtshängigkeit weggefallen und wird die Klage daraufhin zurückgenommen, so bestimmt sich die Kostentragungspflicht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen; dies gilt auch, wenn die Klage nicht zugestellt wurde.
(4) Das Gericht entscheidet auf Antrag über die nach Absatz 3 eintretenden Wirkungen durch Beschluss. Ist einem Beklagten Prozesskostenhilfe bewilligt worden, hat das Gericht über die Kosten von Amts wegen zu entscheiden.
(5) Gegen den Beschluss findet die sofortige Beschwerde statt, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag übersteigt. Die Beschwerde ist unzulässig, wenn gegen die Entscheidung über den Festsetzungsantrag (§ 104) ein Rechtsmittel nicht mehr zulässig ist.
(6) Wird die Klage von neuem angestellt, so kann der Beklagte die Einlassung verweigern, bis die Kosten erstattet sind.
Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen.
(1) Die Fähigkeit einer Partei, vor Gericht zu stehen, die Vertretung nicht prozessfähiger Parteien durch andere Personen (gesetzliche Vertreter) und die Notwendigkeit einer besonderen Ermächtigung zur Prozessführung bestimmt sich nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts, soweit nicht die nachfolgenden Paragraphen abweichende Vorschriften enthalten.
(2) Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters steht dem Verschulden der Partei gleich.
(3) Hat eine nicht prozessfähige Partei, die eine volljährige natürliche Person ist, wirksam eine andere natürliche Person schriftlich mit ihrer gerichtlichen Vertretung bevollmächtigt, so steht diese Person einem gesetzlichen Vertreter gleich, wenn die Bevollmächtigung geeignet ist, gemäß § 1814 Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs die Erforderlichkeit einer Betreuung entfallen zu lassen.
Bei der Haftpflichtversicherung ist der Versicherer verpflichtet, den Versicherungsnehmer von Ansprüchen freizustellen, die von einem Dritten auf Grund der Verantwortlichkeit des Versicherungsnehmers für eine während der Versicherungszeit eintretende Tatsache geltend gemacht werden, und unbegründete Ansprüche abzuwehren.
(1) Die Versicherung umfasst auch die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten, die durch die Abwehr der von einem Dritten geltend gemachten Ansprüche entstehen, soweit die Aufwendung der Kosten den Umständen nach geboten ist. Die Versicherung umfasst ferner die auf Weisung des Versicherers aufgewendeten Kosten der Verteidigung in einem Strafverfahren, das wegen einer Tat eingeleitet wurde, welche die Verantwortlichkeit des Versicherungsnehmers gegenüber einem Dritten zur Folge haben könnte. Der Versicherer hat die Kosten auf Verlangen des Versicherungsnehmers vorzuschießen.
(2) Ist eine Versicherungssumme bestimmt, hat der Versicherer die Kosten eines auf seine Veranlassung geführten Rechtsstreits und die Kosten der Verteidigung nach Absatz 1 Satz 2 auch insoweit zu ersetzen, als sie zusammen mit den Aufwendungen des Versicherers zur Freistellung des Versicherungsnehmers die Versicherungssumme übersteigen. Dies gilt auch für Zinsen, die der Versicherungsnehmer infolge einer vom Versicherer veranlassten Verzögerung der Befriedigung des Dritten diesem schuldet.
(3) Ist dem Versicherungsnehmer nachgelassen, die Vollstreckung einer gerichtlichen Entscheidung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abzuwenden, hat der Versicherer die Sicherheitsleistung oder Hinterlegung zu bewirken. Diese Verpflichtung besteht nur bis zum Betrag der Versicherungssumme; ist der Versicherer nach Absatz 2 über diesen Betrag hinaus verpflichtet, tritt der Versicherungssumme der Mehrbetrag hinzu. Der Versicherer ist von der Verpflichtung nach Satz 1 frei, wenn er den Anspruch des Dritten dem Versicherungsnehmer gegenüber als begründet anerkennt.
(1) Die Klage kann ohne Einwilligung des Beklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden.
(2) Die Zurücknahme der Klage und, soweit sie zur Wirksamkeit der Zurücknahme erforderlich ist, auch die Einwilligung des Beklagten sind dem Gericht gegenüber zu erklären. Die Zurücknahme der Klage erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes. Der Schriftsatz ist dem Beklagten zuzustellen, wenn seine Einwilligung zur Wirksamkeit der Zurücknahme der Klage erforderlich ist. Widerspricht der Beklagte der Zurücknahme der Klage nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes, so gilt seine Einwilligung als erteilt, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.
(3) Wird die Klage zurückgenommen, so ist der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen; ein bereits ergangenes, noch nicht rechtskräftiges Urteil wird wirkungslos, ohne dass es seiner ausdrücklichen Aufhebung bedarf. Der Kläger ist verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, soweit nicht bereits rechtskräftig über sie erkannt ist oder sie dem Beklagten aus einem anderen Grund aufzuerlegen sind. Ist der Anlass zur Einreichung der Klage vor Rechtshängigkeit weggefallen und wird die Klage daraufhin zurückgenommen, so bestimmt sich die Kostentragungspflicht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen; dies gilt auch, wenn die Klage nicht zugestellt wurde.
(4) Das Gericht entscheidet auf Antrag über die nach Absatz 3 eintretenden Wirkungen durch Beschluss. Ist einem Beklagten Prozesskostenhilfe bewilligt worden, hat das Gericht über die Kosten von Amts wegen zu entscheiden.
(5) Gegen den Beschluss findet die sofortige Beschwerde statt, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag übersteigt. Die Beschwerde ist unzulässig, wenn gegen die Entscheidung über den Festsetzungsantrag (§ 104) ein Rechtsmittel nicht mehr zulässig ist.
(6) Wird die Klage von neuem angestellt, so kann der Beklagte die Einlassung verweigern, bis die Kosten erstattet sind.
(1) Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über.
(2) Ein gegen den Schuldner bestehendes Veräußerungsverbot, das nur den Schutz bestimmter Personen bezweckt (§§ 135, 136 des Bürgerlichen Gesetzbuchs), hat im Verfahren keine Wirkung. Die Vorschriften über die Wirkungen einer Pfändung oder einer Beschlagnahme im Wege der Zwangsvollstreckung bleiben unberührt.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.