Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Beschluss, 21. Aug. 2018 - 10 WF 122/18
Gericht
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Kindesmutter wird der Ordnungsgeldbeschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - S. vom 25. Juni 2018 (Az.) abgeändert:
Gegenüber der Kindesmutter wird wegen der Zuwiderhandlung gegen die vor dem Amtsgericht - Familiengericht - S. am 28. November 2017 geschlossene gerichtlich gebilligte Vereinbarung ein Ordnungsgeld in Höhe von 150 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, ersatzweise für je 50 € ein Tag Ordnungshaft angeordnet.
Die Kindesmutter hat die Kosten des Ordnungsgeldverfahrens nach einem Verfahrenswert in Höhe von 150 € zu tragen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden zwischen den Kindeseltern gegeneinander aufgehoben.
3. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 250 € festgesetzt.
Gründe
- 1
Die nach § 87 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4 FamFG statthafte und im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde der Kindesmutter hat lediglich insoweit Erfolg, als das vom Familiengericht verhängte Ordnungsgeld herabzusetzen ist. Im Übrigen hat sie keinen Erfolg.
1.
- 2
Die formellen Voraussetzungen für die Verhängung von Ordnungsgeld - ein vollstreckbarer Umgangstitel, der Hinweis auf die Folgen der Zuwiderhandlung und die Zustellung des Titels - liegen vor.
- 3
Die nach § 89 Abs. 1 FamFG vorausgesetzte Zuwiderhandlungen gegen einen Vollstreckungstitel zur Regelung des Umgangs liegen vor, nachdem die Kindesmutter unstreitig dem Kindesvater das Kind R. am Wochenende der 6. Kalenderwoche 2018 nicht zum Zwecke des Umgangs herausgegeben hat.
2.
- 4
Das Familiengericht hat im Ergebnis zu Recht ein fehlendes Vertretenmüssen der Kindesmutter im Sinne des § 89 Abs. 4 S. 2 FamFG verneint.
- 5
Nach § 89 Abs. 4 Satz 1 FamFG unterbleibt die Festsetzung eines Ordnungsmittels nur, wenn der Verpflichtete Gründe vorträgt, aus denen sich ergibt, dass er die Zuwiderhandlung nicht zu vertreten hat. Dabei hat er die Umstände, die den Grund für das Scheitern der Umgangskontakt darstellen, im Einzelnen darzulegen (vgl. BGH FamRZ 2015, 2147 Rn. 27). Gelingt es dem Verpflichteten nicht, detailliert zu erläutern, warum er an der Befolgung der gerichtlichen Anordnung gehindert war, kommen ein Absehen von der Festsetzung des Ordnungsmittels oder dessen nachträgliche Aufhebung nicht in Betracht.
- 6
Im Hinblick auf die hier relevante Erkrankung des Kindes R. genügt der bloße Hinweis der Kindesmutter auf eine fiebrige Erkältung des Kindes nicht. Unabhängig von einer Regelung in einer Vereinbarung oder einer gerichtlichen Umgangsregelung ist zur Darlegung des fehlenden Verschuldens die Vorlage eines aussagekräftigen ärztlichen Attests zu verlangen. Dieses muss nicht nur die Diagnose und die voraussichtliche Dauer der Erkrankung nennen, sondern auch zur Transportfähigkeit des Kindes Stellung nehmen. Denn Kind und Umgangsberechtigter sollen während der Zeit des Umgangs "Alltag leben". Dazu gehört auch, dass der Umgangsberechtigte das Kind auch dann betreut und pflegt, wenn es erkrankt ist (Burschel, NZFam 2015, 623, 624). Nur mit diesen erhöhten Darlegungsanforderungen des Umgangsverpflichteten kann der mit Einführung des § 89 FamFG beabsichtigten effektiveren Gestaltung des Vollstreckungsverfahren in Umgangsverfahren hinreichend Rechnung getragen werden.
- 7
Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe hat die Kindesmutter nicht hinreichend glaubhaft gemacht, dass sie die Nichtherausgabe des Kindes zum Zwecke des Umgangs nicht zu vertreten hat.
- 8
Zwar hat sie dargelegt, dass das Kind erkrankt war. Nicht ausreichend sind Ihre Darlegungen dahingehend, dass das Kind so schwer erkrankt war, dass ein Transport zum Kindesvater der Gesundheit des Kindes erheblich abträglich gewesen wäre.
- 9
Dagegen spricht insbesondere der Umstand, dass die Kindesmutter das Kind in der Zeit der Erkrankung in den Haushalt der Großmutter transportiert hat.
3.
- 10
Nach Auffassung des Senats, ist das vom Familiengericht verhängte Ordnungsgeld in Höhe von 250 € unter Berücksichtigung des Grad des Verschuldens der Kindesmutter und der sonstigen Umstände übersetzt.
- 11
Hierbei hat der Senat zugunsten der Kindesmutter berücksichtigt, dass das Kind tatsächlich erkrankt war und es für den Senat nachvollziehbar ist, dass sie sich in dieser Situation berechtigt fühlte, keinen Umgang zuzulassen. Auch im Übrigen sind die wirtschaftlichen Verhältnisse der Kindesmutter als eher unterdurchschnittlich zu bezeichnen, mithin die Verhängung eines Ordnungsgeldes in Höhe von 150 € unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls als angemessen erscheint.
4.
- 12
Die Kostenentscheidung folgt für die 1. Instanz aus § 92 Abs. 2 FamFG und für das Beschwerdeverfahren aus § 87 Abs. 5, 81 Abs. 1 Satz 1 1. Alternative FamFG. Die Festsetzung des Verfahrenswertes für das Beschwerdeverfahren folgt aus § 42 Abs. 2 FamGKG.
moreResultsText
Annotations
(1) Das Gericht wird in Verfahren, die von Amts wegen eingeleitet werden können, von Amts wegen tätig und bestimmt die im Fall der Zuwiderhandlung vorzunehmenden Vollstreckungsmaßnahmen. Der Berechtigte kann die Vornahme von Vollstreckungshandlungen beantragen; entspricht das Gericht dem Antrag nicht, entscheidet es durch Beschluss.
(2) Die Vollstreckung darf nur beginnen, wenn der Beschluss bereits zugestellt ist oder gleichzeitig zugestellt wird.
(3) Der Gerichtsvollzieher ist befugt, ein Auskunfts- und Unterstützungsersuchen nach § 757a der Zivilprozessordnung zu stellen. § 758 Abs. 1 und 2 sowie die §§ 759 bis 763 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.
(4) Ein Beschluss, der im Vollstreckungsverfahren ergeht, ist mit der sofortigen Beschwerde in entsprechender Anwendung der §§ 567 bis 572 der Zivilprozessordnung anfechtbar.
(5) Für die Kostenentscheidung gelten die §§ 80 bis 82 und 84 entsprechend.
(1) Bei der Zuwiderhandlung gegen einen Vollstreckungstitel zur Herausgabe von Personen und zur Regelung des Umgangs kann das Gericht gegenüber dem Verpflichteten Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft anordnen. Verspricht die Anordnung eines Ordnungsgelds keinen Erfolg, kann das Gericht Ordnungshaft anordnen. Die Anordnungen ergehen durch Beschluss.
(2) Der Beschluss, der die Herausgabe der Person oder die Regelung des Umgangs anordnet, hat auf die Folgen einer Zuwiderhandlung gegen den Vollstreckungstitel hinzuweisen.
(3) Das einzelne Ordnungsgeld darf den Betrag von 25 000 Euro nicht übersteigen. Für den Vollzug der Haft gelten § 802g Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2, die §§ 802h und 802j Abs. 1 der Zivilprozessordnung entsprechend.
(4) Die Festsetzung eines Ordnungsmittels unterbleibt, wenn der Verpflichtete Gründe vorträgt, aus denen sich ergibt, dass er die Zuwiderhandlung nicht zu vertreten hat. Werden Gründe, aus denen sich das fehlende Vertretenmüssen ergibt, nachträglich vorgetragen, wird die Festsetzung aufgehoben.
(1) Vor der Festsetzung von Ordnungsmitteln ist der Verpflichtete zu hören. Dies gilt auch für die Anordnung von unmittelbarem Zwang, es sei denn, dass hierdurch die Vollstreckung vereitelt oder wesentlich erschwert würde.
(2) Dem Verpflichteten sind mit der Festsetzung von Ordnungsmitteln oder der Anordnung von unmittelbarem Zwang die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
(3) Die vorherige Durchführung eines Verfahrens nach § 165 ist nicht Voraussetzung für die Festsetzung von Ordnungsmitteln oder die Anordnung von unmittelbarem Zwang. Die Durchführung eines solchen Verfahrens steht der Festsetzung von Ordnungsmitteln oder der Anordnung von unmittelbarem Zwang nicht entgegen.
(1) Soweit in einer vermögensrechtlichen Angelegenheit der Verfahrenswert sich aus den Vorschriften dieses Gesetzes nicht ergibt und auch sonst nicht feststeht, ist er nach billigem Ermessen zu bestimmen.
(2) Soweit in einer nichtvermögensrechtlichen Angelegenheit der Verfahrenswert sich aus den Vorschriften dieses Gesetzes nicht ergibt, ist er unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Beteiligten, nach billigem Ermessen zu bestimmen, jedoch nicht über 500 000 Euro.
(3) Bestehen in den Fällen der Absätze 1 und 2 keine genügenden Anhaltspunkte, ist von einem Wert von 5 000 Euro auszugehen.