Oberlandesgericht Rostock Beschluss, 23. Apr. 2018 - 17 Verg 1/18
Gericht
Tenor
1. Der Beschluss der Vergabekammer Mecklenburg-Vorpommern vom 20.12.2017 - 1 VK 5/17 - ist mit Ausnahme der Nichterhebung von Kosten bei der Antragsgegnerin wirkungslos.
2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens sowie die im Verfahren vor der Vergabekammer und im Beschwerdeverfahren notwendigen Aufwendungen der Antragstellerin. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes war im Verfahren vor der Vergabekammer notwendig.
3. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 59.500,- € festgesetzt.
Gründe
- 1
Die Kosten- und Auslagenentscheidung beruht für das Verfahren vor der Vergabekammer auf § 182 Abs. 4 S. 3 GWB und für das Beschwerdeverfahren auf §§ 175 Abs. 2, 78 S. 1 u. 2 GWB.
- 2
Nachdem die Parteien den Vergabenachprüfungsantrag übereinstimmend für erledigt erklärt haben und ein Fortsetzungsfeststellungsantrag gem. § 168 Abs. 2 S. 2 GWB nicht gestellt worden ist, ist über die Kosten beider Rechtszüge nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu entscheiden; gleichzeitig ist die Wirkungslosigkeit des noch nicht rechtskräftigen Beschlusses der Vergabekammer vom 20.12.2017 (deklaratorisch) festzustellen.
- 3
Allein die Aufhebung des Vergabeverfahrens durch die Antragsgegnerin am 03.01.2018 und die damit verbundene Herbeiführung des erledigenden Ereignisses führt nicht zur Kostentragungspflicht der Antragsgegnerin, weil nicht feststellbar ist, dass Grund für die Aufhebung des Vergabeverfahrens statt des angeführten nachträglichen Wegfalls der Beschaffungsabsicht tatsächlich die Einsicht in die gerügten Vergaberechtsverstöße gewesen ist.
- 4
Die Antragsgegnerin hat nach billigem Ermessen die Kosten beider Rechtszüge zu tragen, da der Nachprüfungsantrag vom 12.09.2017 ohne die übereinstimmenden Erledigungserklärungen erfolgreich und die zulässige sofortige Beschwerde gegen den Beschluss der Vergabekammer vom 20.12.2017 unbegründet gewesen wäre.
- 5
Die Vergabekammer hat die gem. § 160 Abs. 2 GWB erforderliche Antragsbefugnis der Antragstellerin - unter Berücksichtigung des Gebotes effektiven Rechtsschutzes (vgl. BVerfG, B. v. 27.7.2004 - 2 BvR 2248/03) - zutreffend bejaht. Da die Antragstellerin im Vergabeverfahren kein Angebot abgegeben hat, oblag es ihr darzulegen, dass sie gerade durch den gerügten Vergaberechtsverstoß daran gehindert worden ist, ein ernstzunehmendes Angebot abzugeben, und dass sie sich bei ordnungsgemäßer Vergabe um den Auftrag beworben hätte. Dieser Darlegungslast hat die Antragstellerin, die die ausgeschriebenen Dienstleistungen bis zum 30.09.2017 ausgeführt hat, genügt: Sie hat in Übereinstimmung mit ihren vorprozessualen Rügen schlüssig dargelegt, dass sie ein eigenes Angebot abgeben und hierbei den AWO Kreisverband Schwerin-Parchim als Unterauftragnehmer einbinden wollte, hieran sei sie aufgrund des von der Antragsgegnerin vorgegebenen Selbstausführungsgebotes gehindert gewesen. Selbst wenn die Vergabebedingungen dahingehend auszulegen sind, dass die Vergabe unwesentlicher Auftragsteile an Unterauftragnehmer erlaubt ist, so hat die Antragstellerin auch dies als Vergaberechtsverstoß gerügt und musste sich nicht der Gefahr aussetzen, dass die beabsichtigte Unterauftragsvergabe nach Abgabe eines Angebotes nicht mehr als unwesentlich gebilligt wird. Das Interesse der Antragstellerin am Auftrag ist nicht dadurch (selbst-)widerlegt worden, dass die Bietergemeinschaft C./AWO, an der die Antragstellerin beteiligt ist, ihrerseits am 21.09.2017 ein Angebot eingereicht hat. Die Antragstellerin hat zwar erklärt, dass sie nicht sowohl allein als auch als Mitglied einer Bietergemeinschaft anbieten wolle (derartige Parallelangebote wären voraussichtlich auch gem. § 124 Abs. 1 Nr. 4 GWB auszuschließen). Mit dem Angebot der Bietergemeinschaft C./AWO hat sich die Antragstellerin indes nicht abschließend für ein Angebot dieser Bietergemeinschaft entschieden und die vorrangig beabsichtigte Abgabe eines eigenen Angebotes fallengelassen. Denn die Antragstellerin hat gleichzeitig nachvollziehbar dargelegt, dass die Bietergemeinschaft C./AWO im Falle der Zurückversetzung des Vergabeverfahrens in die Angebotsphase ihr Angebot zurücknehmen werde, um der Antragstellerin das bevorzugte eigene Angebot unter Einbeziehung von Unterauftragnehmern zu ermöglichen. Bei wertender Betrachtung ist die Einreichung des an sich nicht favorisierten Angebotes der Bietergemeinschaft als Folge des gerügten Vergaberechtsverstoßes anzusehen, so dass es treuwidrig erscheint, wenn der Antragstellerin hieraus Nachteile erwachsen sollen. Vielmehr wäre - entsprechend den Ausführungen der Vergabekammer - der zur Angebotsabgabe gleichsam herausgeforderten Bietergemeinschaft als Maßnahme zur Beseitigung des Vergaberechtsverstoßes zu ermöglichen, das (Not-)Angebot vom 21.09.2017 zurückzuziehen. Dass der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin im Schriftsatz vom 16.10.2017 zunächst irrtümlich davon ausgegangen ist, die Antragstellerin selbst habe am 21.09.2017 ein Angebot abgegeben, ändert am maßgeblichen Sachverhalt nichts.
- 6
Die Antragstellerin ist hinsichtlich des Selbstausführungsgebotes auch ihrer Rügeobliegenheit gem. § 160 Abs. 3 Nr. 1 GWB nachgekommen. Mit der Rüge vom 23.08.2018 hat die Antragstellerin eine uneingeschränkte Zulassung von Nachunternehmern, d.h. auch für wesentliche Teile des Auftrags, gefordert. Die Antragsgegnerin hat dem nicht durch Abänderung der Vergabebedingungen abgeholfen, sondern der Antragstellerin mit Schreiben vom 20.09.2017 nur informatorisch ihre Auslegung der Vergabeunterlagen mitgeteilt, wonach die Untervergabe unwesentlicher Teile des Auftrags erlaubt sei. Im Falle einer etwaigen Teilabhilfe muss ohnehin nicht erneut gerügt werden.
- 7
Die Vergabekammer hat dem somit zulässigen Nachprüfungsantrag vom 12.09.2017 mit zutreffender Begründung überwiegend stattgegeben.
- 8
Die Vergabebedingungen sind hinsichtlich des Selbstausführungsgebotes schon unklar und intransparent. Nr. 1 der Leistungsbeschreibung verbietet jegliche Übertragung der Leistungen auf Dritte, hieran hält die Rügebeantwortung der Antragsgegnerin vom 29.08.2017 ausdrücklich fest. Nach § 9 des Vertragsentwurfes ist hingegen nur die Übertragung wesentlicher Teile verboten, ohne dass transparent erläutert wird, was insoweit wesentlich und was unwesentlich sein soll. Mit dem nur an die Antragstellerin gerichteten Schreiben vom 20.09.2017 konnten die Vergabebedingungen nicht wirksam gegenüber allen Bietern abgeändert werden. Das Selbstausführungsgebot und ein damit verbundenes Verbot der Einbindung von Unterauftragnehmern sind angesichts der Regelungen in § 36 VgV (Art. 71 RL 2014/24/EU) ohnehin unzulässig. Wenn der öffentliche Auftraggeber schon nicht vorschreiben darf, dass der künftige Auftragnehmer einen bestimmten Prozentsatz der Arbeiten selbst ausführen muss (EuGH, Urt. vom 14.07.2016 - C-406/14: 25 %), dann darf er die Selbstausführung selbstverständlich auch nicht für wesentliche Teile vorschreiben. Die Voraussetzungen eines ausnahmsweise erlaubten Selbstausführungsgebotes für bestimmte kritische Aufgaben gem. § 47 Abs. 5 VgV liegen hier nicht vor.
- 9
Die Vergabekammer hat zu Recht beanstandet, dass das Bewertungssystem zumindest hinsichtlich der Zuschlagskriterien B 2, B 4 und B 5 intransparent ist (§§ 97 Abs. 1, 127 Abs. 3 - 5 GWB). Nach der Bieterinformation vom 20.09.2017 sollten bei den Zuschlagskriterien B 2 bis B 7 alle ganzzahligen Punkte von 0 bis 10 vergeben werden können. Nach dem Beurteilungsschema vom 30.08.2017 sind indes nur 0, 5 oder 10 Punkte erläutert, eine transparente Differenzierungsmöglichkeit für die Vergabe von 1, 2, 3, 4, 6, 7, 8 oder 9 Punkten fehlt. Bei Zuschlagskriterium B 5 ist ferner zu beanstanden, dass die Punktevergabe für eine einjährige Kooperationserfahrung, die zwischen 5 Punkten für eine mehr als einjährige und 0 Punkten für eine weniger als einjährige Kooperationserfahrung liegt, im Bewertungsschema nicht erläutert wird. Darüber hinaus führt die nicht mögliche Vergabe der Zwischenstufen von 1, 2, 3, 4, 6, 7, 8 oder 9 Punkten dazu, dass bereits äußerst geringfügige Unterschiede in der Qualifikation oder Erfahrung des mit der Ausführung betrauten Personals zu erheblichen Wertungsdifferenzen führen können, zumal die ermittelten Punkte von 0, 5 oder 10 noch mit einem Gewichtungsfaktor von 10 bis 50 multipliziert werden sollten, bevor sie durch den Stundenlohn geteilt werden (z.B. Kriterium B 2: nur eine Person weniger kann zum Fall von 10 auf 5 bzw. von 5 auf 0 Punkte führen; Kriterium B 5: Kooperationserfahrung von einem Tag weniger kann zum Fall von 10 auf 5 bzw. von 5 auf 0 Punkte führen). Dies verzerrt möglicherweise die Ermittlung des Preis-Leistungs-Verhältnisses und ermöglicht nicht den Zuschlag auf das wirtschaftlichste Angebot.
- 10
Die Vergabekammer hat schließlich auch zu Recht beanstandet, dass bei den Kriterien B 5, B 6 und B 7 entgegen §§ 58 Abs. 2 Nr. 2, 65 Abs. 5 VgV Eignungskriterien zu Zuschlagskriterien erhoben wurden. Als Zuschlagskriterien sind insoweit nur die Organisation, Qualifikation und Erfahrung des mit der Ausführung betrauten Personals zulässig. Die Antragsgegnerin hat der Rüge der Antragstellerin insoweit bis zuletzt nicht abgeholfen, selbst wenn sie entgegen dem Protokoll in der Verhandlung vor der Vergabekammer am 11.12.2017 erklärt hat, die Kriterien B 5, B 6 und B 7 fallenzulassen. Durch mündliche Erklärung gegenüber einem Bieter können die Zuschlagskriterien nicht verbindlich gegenüber allen Bietern abgeändert werden.
- 11
Im Falle übereinstimmender Erledigungserklärungen ist es ohnehin unerheblich, wann tatsächlich Erledigung eingetreten ist. Die Antragsgegnerin hätte folglich auch dann die Kosten des Nachprüfungsverfahrens zu tragen, wenn Erledigung hinsichtlich der Kriterien B 5, B 6 und B 7 schon durch Abhilfe am 11.12.2017 und nicht erst durch die Aufhebung des Vergabeverfahrens am 03.01.2018 eingetreten wäre. Gleiches gilt im Übrigen, wenn die bei Rechtshängigkeit des Nachprüfungsantrages unzweifelhaft vorliegende Antragsbefugnis der Antragstellerin schon am 21.09.2017 durch Einreichung des Angebotes der Bietergemeinschaft C./AWO weggefallen wäre, da der Nachprüfungsantrag jedenfalls zuvor zulässig und begründet war.
- 12
Die Feststellung der Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes im Verfahren vor der Vergabekammer beruht auf § 80 Abs. 2 VwVfG M-V.
- 13
Der Streitwert ist gem. § 50 Abs. 2 GKG auf 5 % der Bruttoauftragssumme festzusetzen. Bei einer gem. § 3 VgV geschätzten Nettoauftragssumme von 1 Mio. € ergibt sich eine Bruttoauftragssumme von 1,19 Mio. €, 5 % hiervon betragen 59.500 €.
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(1) Für Amtshandlungen der Vergabekammern werden Kosten (Gebühren und Auslagen) zur Deckung des Verwaltungsaufwandes erhoben. Das Verwaltungskostengesetz vom 23. Juni 1970 (BGBl. I S. 821) in der am 14. August 2013 geltenden Fassung ist anzuwenden.
(2) Die Gebühr beträgt mindestens 2 500 Euro; dieser Betrag kann aus Gründen der Billigkeit bis auf ein Zehntel ermäßigt werden. Die Gebühr soll den Betrag von 50 000 Euro nicht überschreiten; sie kann im Einzelfall, wenn der Aufwand oder die wirtschaftliche Bedeutung außergewöhnlich hoch ist, bis zu einem Betrag von 100 000 Euro erhöht werden.
(3) Soweit ein Beteiligter im Verfahren unterliegt, hat er die Kosten zu tragen. Mehrere Kostenschuldner haften als Gesamtschuldner. Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden. Hat sich der Antrag vor Entscheidung der Vergabekammer durch Rücknahme oder anderweitig erledigt, ist die Hälfte der Gebühr zu entrichten. Die Entscheidung, wer die Kosten zu tragen hat, erfolgt nach billigem Ermessen. Aus Gründen der Billigkeit kann von der Erhebung von Gebühren ganz oder teilweise abgesehen werden.
(4) Soweit ein Beteiligter im Nachprüfungsverfahren unterliegt, hat er die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen des Antragsgegners zu tragen. Die Aufwendungen der Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, soweit sie die Vergabekammer aus Billigkeit der unterlegenen Partei auferlegt. Hat sich der Antrag durch Rücknahme oder anderweitig erledigt, erfolgt die Entscheidung, wer die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen anderer Beteiligter zu tragen hat, nach billigem Ermessen; in Bezug auf die Erstattung der Aufwendungen der Beigeladenen gilt im Übrigen Satz 2 entsprechend. § 80 Absatz 1, 2 und 3 Satz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes und die entsprechenden Vorschriften der Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder gelten entsprechend. Ein gesondertes Kostenfestsetzungsverfahren findet nicht statt.
(1) Die Vergabekammer entscheidet, ob der Antragsteller in seinen Rechten verletzt ist und trifft die geeigneten Maßnahmen, um eine Rechtsverletzung zu beseitigen und eine Schädigung der betroffenen Interessen zu verhindern. Sie ist an die Anträge nicht gebunden und kann auch unabhängig davon auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens einwirken.
(2) Ein wirksam erteilter Zuschlag kann nicht aufgehoben werden. Hat sich das Nachprüfungsverfahren durch Erteilung des Zuschlags, durch Aufhebung oder durch Einstellung des Vergabeverfahrens oder in sonstiger Weise erledigt, stellt die Vergabekammer auf Antrag eines Beteiligten fest, ob eine Rechtsverletzung vorgelegen hat. § 167 Absatz 1 gilt in diesem Fall nicht.
(3) Die Entscheidung der Vergabekammer ergeht durch Verwaltungsakt. Die Vollstreckung richtet sich, auch gegen einen Hoheitsträger, nach den Verwaltungsvollstreckungsgesetzen des Bundes und der Länder. Die Höhe des Zwangsgeldes beträgt mindestens 1 000 Euro und höchstens 10 Millionen Euro. § 61 Absatz 1 und 2 gilt entsprechend.
(1) Die Vergabekammer leitet ein Nachprüfungsverfahren nur auf Antrag ein.
(2) Antragsbefugt ist jedes Unternehmen, das ein Interesse an dem öffentlichen Auftrag oder der Konzession hat und eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Absatz 6 durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht. Dabei ist darzulegen, dass dem Unternehmen durch die behauptete Verletzung der Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.
(3) Der Antrag ist unzulässig, soweit
- 1.
der Antragsteller den geltend gemachten Verstoß gegen Vergabevorschriften vor Einreichen des Nachprüfungsantrags erkannt und gegenüber dem Auftraggeber nicht innerhalb einer Frist von zehn Kalendertagen gerügt hat; der Ablauf der Frist nach § 134 Absatz 2 bleibt unberührt, - 2.
Verstöße gegen Vergabevorschriften, die aufgrund der Bekanntmachung erkennbar sind, nicht spätestens bis zum Ablauf der in der Bekanntmachung benannten Frist zur Bewerbung oder zur Angebotsabgabe gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden, - 3.
Verstöße gegen Vergabevorschriften, die erst in den Vergabeunterlagen erkennbar sind, nicht spätestens bis zum Ablauf der Frist zur Bewerbung oder zur Angebotsabgabe gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden, - 4.
mehr als 15 Kalendertage nach Eingang der Mitteilung des Auftraggebers, einer Rüge nicht abhelfen zu wollen, vergangen sind.
(1) Öffentliche Auftraggeber können unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ein Unternehmen zu jedem Zeitpunkt des Vergabeverfahrens von der Teilnahme an einem Vergabeverfahren ausschließen, wenn
- 1.
das Unternehmen bei der Ausführung öffentlicher Aufträge nachweislich gegen geltende umwelt-, sozial- oder arbeitsrechtliche Verpflichtungen verstoßen hat, - 2.
das Unternehmen zahlungsunfähig ist, über das Vermögen des Unternehmens ein Insolvenzverfahren oder ein vergleichbares Verfahren beantragt oder eröffnet worden ist, die Eröffnung eines solchen Verfahrens mangels Masse abgelehnt worden ist, sich das Unternehmen im Verfahren der Liquidation befindet oder seine Tätigkeit eingestellt hat, - 3.
das Unternehmen im Rahmen der beruflichen Tätigkeit nachweislich eine schwere Verfehlung begangen hat, durch die die Integrität des Unternehmens infrage gestellt wird; § 123 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden, - 4.
der öffentliche Auftraggeber über hinreichende Anhaltspunkte dafür verfügt, dass das Unternehmen mit anderen Unternehmen Vereinbarungen getroffen oder Verhaltensweisen aufeinander abgestimmt hat, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken, - 5.
ein Interessenkonflikt bei der Durchführung des Vergabeverfahrens besteht, der die Unparteilichkeit und Unabhängigkeit einer für den öffentlichen Auftraggeber tätigen Person bei der Durchführung des Vergabeverfahrens beeinträchtigen könnte und der durch andere, weniger einschneidende Maßnahmen nicht wirksam beseitigt werden kann, - 6.
eine Wettbewerbsverzerrung daraus resultiert, dass das Unternehmen bereits in die Vorbereitung des Vergabeverfahrens einbezogen war, und diese Wettbewerbsverzerrung nicht durch andere, weniger einschneidende Maßnahmen beseitigt werden kann, - 7.
das Unternehmen eine wesentliche Anforderung bei der Ausführung eines früheren öffentlichen Auftrags oder Konzessionsvertrags erheblich oder fortdauernd mangelhaft erfüllt hat und dies zu einer vorzeitigen Beendigung, zu Schadensersatz oder zu einer vergleichbaren Rechtsfolge geführt hat, - 8.
das Unternehmen in Bezug auf Ausschlussgründe oder Eignungskriterien eine schwerwiegende Täuschung begangen oder Auskünfte zurückgehalten hat oder nicht in der Lage ist, die erforderlichen Nachweise zu übermitteln, oder - 9.
das Unternehmen - a)
versucht hat, die Entscheidungsfindung des öffentlichen Auftraggebers in unzulässiger Weise zu beeinflussen, - b)
versucht hat, vertrauliche Informationen zu erhalten, durch die es unzulässige Vorteile beim Vergabeverfahren erlangen könnte, oder - c)
fahrlässig oder vorsätzlich irreführende Informationen übermittelt hat, die die Vergabeentscheidung des öffentlichen Auftraggebers erheblich beeinflussen könnten, oder versucht hat, solche Informationen zu übermitteln.
(2) § 21 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes, § 98c des Aufenthaltsgesetzes, § 19 des Mindestlohngesetzes, § 21 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes und § 22 des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes vom 16. Juli 2021 (BGBl. I S. 2959) bleiben unberührt.
(1) Die Vergabekammer leitet ein Nachprüfungsverfahren nur auf Antrag ein.
(2) Antragsbefugt ist jedes Unternehmen, das ein Interesse an dem öffentlichen Auftrag oder der Konzession hat und eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Absatz 6 durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht. Dabei ist darzulegen, dass dem Unternehmen durch die behauptete Verletzung der Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.
(3) Der Antrag ist unzulässig, soweit
- 1.
der Antragsteller den geltend gemachten Verstoß gegen Vergabevorschriften vor Einreichen des Nachprüfungsantrags erkannt und gegenüber dem Auftraggeber nicht innerhalb einer Frist von zehn Kalendertagen gerügt hat; der Ablauf der Frist nach § 134 Absatz 2 bleibt unberührt, - 2.
Verstöße gegen Vergabevorschriften, die aufgrund der Bekanntmachung erkennbar sind, nicht spätestens bis zum Ablauf der in der Bekanntmachung benannten Frist zur Bewerbung oder zur Angebotsabgabe gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden, - 3.
Verstöße gegen Vergabevorschriften, die erst in den Vergabeunterlagen erkennbar sind, nicht spätestens bis zum Ablauf der Frist zur Bewerbung oder zur Angebotsabgabe gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden, - 4.
mehr als 15 Kalendertage nach Eingang der Mitteilung des Auftraggebers, einer Rüge nicht abhelfen zu wollen, vergangen sind.
(1) Der öffentliche Auftraggeber kann Unternehmen in der Auftragsbekanntmachung oder den Vergabeunterlagen auffordern, bei Angebotsabgabe die Teile des Auftrags, die sie im Wege der Unterauftragsvergabe an Dritte zu vergeben beabsichtigen, sowie, falls zumutbar, die vorgesehenen Unterauftragnehmer zu benennen. Vor Zuschlagserteilung kann der öffentliche Auftraggeber von den Bietern, deren Angebote in die engere Wahl kommen, verlangen, die Unterauftragnehmer zu benennen und nachzuweisen, dass ihnen die erforderlichen Mittel dieser Unterauftragnehmer zur Verfügung stehen. Wenn ein Bewerber oder Bieter die Vergabe eines Teils des Auftrags an einen Dritten im Wege der Unterauftragsvergabe beabsichtigt und sich zugleich im Hinblick auf seine Leistungsfähigkeit gemäß den §§ 45 und 46 auf die Kapazitäten dieses Dritten beruft, ist auch § 47 anzuwenden.
(2) Die Haftung des Hauptauftragnehmers gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber bleibt von Absatz 1 unberührt.
(3) Bei der Vergabe von Dienstleistungsaufträgen, die in einer Einrichtung des öffentlichen Auftraggebers unter dessen direkter Aufsicht zu erbringen sind, schreibt der öffentliche Auftraggeber in den Vertragsbedingungen vor, dass der Auftragnehmer spätestens bei Beginn der Auftragsausführung die Namen, die Kontaktdaten und die gesetzlichen Vertreter seiner Unterauftragnehmer mitteilt und dass jede im Rahmen der Auftragsausführung eintretende Änderung auf der Ebene der Unterauftragnehmer mitzuteilen ist. Der öffentliche Auftraggeber kann die Mitteilungspflichten nach Satz 1 auch als Vertragsbedingungen bei der Vergabe anderer Dienstleistungsaufträge oder bei der Vergabe von Lieferaufträgen vorsehen. Des Weiteren können die Mitteilungspflichten auch auf Lieferanten, die an Dienstleistungsaufträgen beteiligt sind, sowie auf weitere Stufen in der Kette der Unterauftragnehmer ausgeweitet werden.
(4) Für Unterauftragnehmer aller Stufen gilt § 128 Absatz 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen.
(5) Der öffentliche Auftraggeber überprüft vor der Erteilung des Zuschlags, ob Gründe für den Ausschluss des Unterauftragnehmers vorliegen. Bei Vorliegen zwingender Ausschlussgründe verlangt der öffentliche Auftraggeber die Ersetzung des Unterauftragnehmers. Bei Vorliegen fakultativer Ausschlussgründe kann der öffentliche Auftraggeber verlangen, dass dieser ersetzt wird. Der öffentliche Auftraggeber kann dem Bewerber oder Bieter dafür eine Frist setzen.
(1) Ein Bewerber oder Bieter kann für einen bestimmten öffentlichen Auftrag im Hinblick auf die erforderliche wirtschaftliche und finanzielle sowie die technische und berufliche Leistungsfähigkeit die Kapazitäten anderer Unternehmen in Anspruch nehmen, wenn er nachweist, dass ihm die für den Auftrag erforderlichen Mittel tatsächlich zur Verfügung stehen werden, indem er beispielsweise eine entsprechende Verpflichtungserklärung dieser Unternehmen vorlegt. Diese Möglichkeit besteht unabhängig von der Rechtsnatur der zwischen dem Bewerber oder Bieter und den anderen Unternehmen bestehenden Verbindungen. Ein Bewerber oder Bieter kann jedoch im Hinblick auf Nachweise für die erforderliche berufliche Leistungsfähigkeit wie Ausbildungs- und Befähigungsnachweise nach § 46 Absatz 3 Nummer 6 oder die einschlägige berufliche Erfahrung die Kapazitäten anderer Unternehmen nur dann in Anspruch nehmen, wenn diese die Leistung erbringen, für die diese Kapazitäten benötigt werden.
(2) Der öffentliche Auftraggeber überprüft im Rahmen der Eignungsprüfung, ob die Unternehmen, deren Kapazitäten der Bewerber oder Bieter für die Erfüllung bestimmter Eignungskriterien in Anspruch nehmen will, die entsprechenden Eignungskriterien erfüllen und ob Ausschlussgründe vorliegen. Legt der Bewerber oder Bieter eine Einheitliche Europäische Eigenerklärung nach § 50 vor, so muss diese auch die Angaben enthalten, die für die Überprüfung nach Satz 1 erforderlich sind. Der öffentliche Auftraggeber schreibt vor, dass der Bewerber oder Bieter ein Unternehmen, das das entsprechende Eignungskriterium nicht erfüllt oder bei dem zwingende Ausschlussgründe nach § 123 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen vorliegen, ersetzen muss. Er kann vorschreiben, dass der Bewerber oder Bieter auch ein Unternehmen, bei dem fakultative Ausschlussgründe nach § 124 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen vorliegen, ersetzen muss. Der öffentliche Auftraggeber kann dem Bewerber oder Bieter dafür eine Frist setzen.
(3) Nimmt ein Bewerber oder Bieter die Kapazitäten eines anderen Unternehmens im Hinblick auf die erforderliche wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit in Anspruch, so kann der öffentliche Auftraggeber eine gemeinsame Haftung des Bewerbers oder Bieters und des anderen Unternehmens für die Auftragsausführung entsprechend dem Umfang der Eignungsleihe verlangen.
(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten auch für Bewerber- oder Bietergemeinschaften.
(5) Der öffentliche Auftraggeber kann vorschreiben, dass bestimmte kritische Aufgaben bei Dienstleistungsaufträgen oder kritische Verlege- oder Installationsarbeiten im Zusammenhang mit einem Lieferauftrag direkt vom Bieter selbst oder im Fall einer Bietergemeinschaft von einem Teilnehmer der Bietergemeinschaft ausgeführt werden müssen.
(1) Öffentliche Aufträge und Konzessionen werden im Wettbewerb und im Wege transparenter Verfahren vergeben. Dabei werden die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und der Verhältnismäßigkeit gewahrt.
(2) Die Teilnehmer an einem Vergabeverfahren sind gleich zu behandeln, es sei denn, eine Ungleichbehandlung ist aufgrund dieses Gesetzes ausdrücklich geboten oder gestattet.
(3) Bei der Vergabe werden Aspekte der Qualität und der Innovation sowie soziale und umweltbezogene Aspekte nach Maßgabe dieses Teils berücksichtigt.
(4) Mittelständische Interessen sind bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vornehmlich zu berücksichtigen. Leistungen sind in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben. Mehrere Teil- oder Fachlose dürfen zusammen vergeben werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Wird ein Unternehmen, das nicht öffentlicher Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber ist, mit der Wahrnehmung oder Durchführung einer öffentlichen Aufgabe betraut, verpflichtet der öffentliche Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber das Unternehmen, sofern es Unteraufträge vergibt, nach den Sätzen 1 bis 3 zu verfahren.
(5) Für das Senden, Empfangen, Weiterleiten und Speichern von Daten in einem Vergabeverfahren verwenden Auftraggeber und Unternehmen grundsätzlich elektronische Mittel nach Maßgabe der aufgrund des § 113 erlassenen Verordnungen.
(6) Unternehmen haben Anspruch darauf, dass die Bestimmungen über das Vergabeverfahren eingehalten werden.
(1) Der Zuschlag wird nach Maßgabe des § 127 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen auf das wirtschaftlichste Angebot erteilt.
(2) Die Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots erfolgt auf der Grundlage des besten Preis-Leistungs-Verhältnisses. Neben dem Preis oder den Kosten können auch qualitative, umweltbezogene oder soziale Zuschlagskriterien berücksichtigt werden, insbesondere:
- 1.
die Qualität, einschließlich des technischen Werts, Ästhetik, Zweckmäßigkeit, Zugänglichkeit der Leistung insbesondere für Menschen mit Behinderungen, ihrer Übereinstimmung mit Anforderungen des „Designs für Alle“, soziale, umweltbezogene und innovative Eigenschaften sowie Vertriebs- und Handelsbedingungen, - 2.
die Organisation, Qualifikation und Erfahrung des mit der Ausführung des Auftrags betrauten Personals, wenn die Qualität des eingesetzten Personals erheblichen Einfluss auf das Niveau der Auftragsausführung haben kann, oder - 3.
die Verfügbarkeit von Kundendienst und technischer Hilfe sowie Lieferbedingungen wie Liefertermin, Lieferverfahren sowie Liefer- oder Ausführungsfristen.
(3) Der öffentliche Auftraggeber gibt in der Auftragsbekanntmachung oder den Vergabeunterlagen an, wie er die einzelnen Zuschlagskriterien gewichtet, um das wirtschaftlichste Angebot zu ermitteln. Diese Gewichtung kann auch mittels einer Spanne angegeben werden, deren Bandbreite angemessen sein muss. Ist die Gewichtung aus objektiven Gründen nicht möglich, so gibt der öffentliche Auftraggeber die Zuschlagskriterien in absteigender Rangfolge an.
(4) Für den Beleg, ob und inwieweit die angebotene Leistung den geforderten Zuschlagskriterien entspricht, gelten die §§ 33 und 34 entsprechend.
(5) An der Entscheidung über den Zuschlag sollen in der Regel mindestens zwei Vertreter des öffentlichen Auftraggebers mitwirken.
(1) Soweit der Widerspruch erfolgreich ist, hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Dies gilt auch, wenn der Widerspruch nur deshalb keinen Erfolg hat, weil die Verletzung einer Verfahrens- oder Formvorschrift nach § 45 unbeachtlich ist. Soweit der Widerspruch erfolglos geblieben ist, hat derjenige, der den Widerspruch eingelegt hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Behörde, die den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, zu erstatten; dies gilt nicht, wenn der Widerspruch gegen einen Verwaltungsakt eingelegt wird, der im Rahmen
- 1.
eines bestehenden oder früheren öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses oder - 2.
einer bestehenden oder früheren gesetzlichen Dienstpflicht oder einer Tätigkeit, die an Stelle der gesetzlichen Dienstpflicht geleistet werden kann,
(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten im Vorverfahren sind erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war.
(3) Die Behörde, die die Kostenentscheidung getroffen hat, setzt auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Aufwendungen fest; hat ein Ausschuss oder Beirat (§ 73 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung) die Kostenentscheidung getroffen, so obliegt die Kostenfestsetzung der Behörde, bei der der Ausschuss oder Beirat gebildet ist. Die Kostenentscheidung bestimmt auch, ob die Zuziehung eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten notwendig war.
(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten auch für Vorverfahren bei Maßnahmen des Richterdienstrechts.
(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:
- 1.
über Beschwerden gegen Verfügungen der Kartellbehörden und über Rechtsbeschwerden (§§ 73 und 77 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen), - 2.
über Beschwerden gegen Entscheidungen der Regulierungsbehörde und über Rechtsbeschwerden (§§ 75 und 86 des Energiewirtschaftsgesetzes oder § 35 Absatz 3 und 4 des Kohlendioxid-Speicherungsgesetzes), - 3.
über Beschwerden gegen Verfügungen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (§ 48 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes und § 113 Absatz 1 des Wertpapierhandelsgesetzes), - 4.
über Beschwerden gegen Entscheidungen der zuständigen Behörde und über Rechtsbeschwerden (§§ 13 und 24 des EU-Verbraucherschutzdurchführungsgesetzes) und - 5.
über Beschwerden gegen Entscheidungen der Registerbehörde (§ 11 des Wettbewerbsregistergesetzes).
(2) Im Verfahren über die Beschwerde gegen die Entscheidung der Vergabekammer (§ 171 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen) einschließlich des Verfahrens über den Antrag nach § 169 Absatz 2 Satz 5 und 6, Absatz 4 Satz 2, § 173 Absatz 1 Satz 3 und nach § 176 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen beträgt der Streitwert 5 Prozent der Bruttoauftragssumme.
(1) Bei der Schätzung des Auftragswerts ist vom voraussichtlichen Gesamtwert der vorgesehenen Leistung ohne Umsatzsteuer auszugehen. Zudem sind etwaige Optionen oder Vertragsverlängerungen zu berücksichtigen. Sieht der öffentliche Auftraggeber Prämien oder Zahlungen an den Bewerber oder Bieter vor, sind auch diese zu berücksichtigen.
(2) Die Wahl der Methode zur Berechnung des geschätzten Auftragswerts darf nicht in der Absicht erfolgen, die Anwendung der Bestimmungen des Teils 4 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen oder dieser Verordnung zu umgehen. Eine Auftragsvergabe darf nicht so unterteilt werden, dass sie nicht in den Anwendungsbereich der Bestimmungen des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen oder dieser Verordnung fällt, es sei denn, es liegen objektive Gründe dafür vor, etwa wenn eine eigenständige Organisationseinheit selbstständig für ihre Auftragsvergabe oder bestimmte Kategorien der Auftragsvergabe zuständig ist.
(3) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Schätzung des Auftragswerts ist der Tag, an dem die Auftragsbekanntmachung abgesendet wird oder das Vergabeverfahren auf sonstige Weise eingeleitet wird.
(4) Der Wert einer Rahmenvereinbarung oder eines dynamischen Beschaffungssystems wird auf der Grundlage des geschätzten Gesamtwertes aller Einzelaufträge berechnet, die während der gesamten Laufzeit einer Rahmenvereinbarung oder eines dynamischen Beschaffungssystems geplant sind.
(5) Der zu berücksichtigende Wert im Falle einer Innovationspartnerschaft entspricht dem geschätzten Gesamtwert der Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten, die während sämtlicher Phasen der geplanten Partnerschaft stattfinden sollen, sowie der Bau-, Liefer- oder Dienstleistungen, die zu entwickeln und am Ende der geplanten Partnerschaft zu beschaffen sind.
(6) Bei der Schätzung des Auftragswerts von Bauleistungen ist neben dem Auftragswert der Bauaufträge der geschätzte Gesamtwert aller Liefer- und Dienstleistungen zu berücksichtigen, die für die Ausführung der Bauleistungen erforderlich sind und vom öffentlichen Auftraggeber zur Verfügung gestellt werden. Die Möglichkeit des öffentlichen Auftraggebers, Aufträge für die Planung und die Ausführung von Bauleistungen entweder getrennt oder gemeinsam zu vergeben, bleibt unberührt.
(7) Kann das beabsichtigte Bauvorhaben oder die vorgesehene Erbringung einer Dienstleistung zu einem Auftrag führen, der in mehreren Losen vergeben wird, ist der geschätzte Gesamtwert aller Lose zugrunde zu legen. Erreicht oder überschreitet der geschätzte Gesamtwert den maßgeblichen Schwellenwert, gilt diese Verordnung für die Vergabe jedes Loses.
(8) Kann ein Vorhaben zum Zweck des Erwerbs gleichartiger Lieferungen zu einem Auftrag führen, der in mehreren Losen vergeben wird, ist der geschätzte Gesamtwert aller Lose zugrunde zu legen.
(9) Der öffentliche Auftraggeber kann bei der Vergabe einzelner Lose von Absatz 7 Satz 3 sowie Absatz 8 abweichen, wenn der geschätzte Nettowert des betreffenden Loses bei Liefer- und Dienstleistungen unter 80 000 Euro und bei Bauleistungen unter 1 Million Euro liegt und die Summe der Nettowerte dieser Lose 20 Prozent des Gesamtwertes aller Lose nicht übersteigt.
(10) Bei regelmäßig wiederkehrenden Aufträgen oder Daueraufträgen über Liefer- oder Dienstleistungen sowie bei Liefer- oder Dienstleistungsaufträgen, die innerhalb eines bestimmten Zeitraums verlängert werden sollen, ist der Auftragswert zu schätzen
- 1.
auf der Grundlage des tatsächlichen Gesamtwerts entsprechender aufeinanderfolgender Aufträge aus dem vorangegangenen Haushaltsjahr oder Geschäftsjahr; dabei sind voraussichtliche Änderungen bei Mengen oder Kosten möglichst zu berücksichtigen, die während der zwölf Monate zu erwarten sind, die auf den ursprünglichen Auftrag folgen, oder - 2.
auf der Grundlage des geschätzten Gesamtwerts aufeinanderfolgender Aufträge, die während der auf die erste Lieferung folgenden zwölf Monate oder während des auf die erste Lieferung folgenden Haushaltsjahres oder Geschäftsjahres, wenn dieses länger als zwölf Monate ist, vergeben werden.
(11) Bei Aufträgen über Liefer- oder Dienstleistungen, für die kein Gesamtpreis angegeben wird, ist Berechnungsgrundlage für den geschätzten Auftragswert
- 1.
bei zeitlich begrenzten Aufträgen mit einer Laufzeit von bis zu 48 Monaten der Gesamtwert für die Laufzeit dieser Aufträge, und - 2.
bei Aufträgen mit unbestimmter Laufzeit oder mit einer Laufzeit von mehr als 48 Monaten der 48-fache Monatswert.
(12) Bei einem Planungswettbewerb nach § 69, der zu einem Dienstleistungsauftrag führen soll, ist der Wert des Dienstleistungsauftrags zu schätzen zuzüglich etwaiger Preisgelder und Zahlungen an die Teilnehmer. Bei allen übrigen Planungswettbewerben entspricht der Auftragswert der Summe der Preisgelder und Zahlungen an die Teilnehmer einschließlich des Werts des Dienstleistungsauftrags, der vergeben werden könnte, soweit der öffentliche Auftraggeber diese Vergabe in der Wettbewerbsbekanntmachung des Planungswettbewerbs nicht ausschließt.