Oberlandesgericht Naumburg Beschluss, 28. Dez. 2012 - 5 Wx 9/12

bei uns veröffentlicht am28.12.2012

Tenor

Auf die Beschwerde der Beteiligten wird der Beschluß des Amtsgerichts Stendal vom 29. August 2012 aufgehoben.

Die Anmeldung vom 26. Juni 2012 in der Fassung vom 12. Juli 2012 ist auch insoweit zu vollziehen, daß zur Vertretungsbefugnis der Beteiligten als Liquidatorin in das Handelsregister eingetragen wird:

"vertritt die Gesellschaft stets allein".

Gründe

A.

1

Die betroffene Gesellschaft wurde am 22. Oktober 2008 mit einem Stammkapital von 25.000 Euro gegründet und am 23. Januar 2009 in das Handelsregister eingetragen. In § 5 ihrer Satzung heißt es, daß sie einen oder mehrere Geschäftsführer habe. Sofern nur ein Geschäftsführer bestellt sei, vertrete er die Gesellschaft allein. Andernfalls werde die Gesellschaft durch zwei Geschäftsführer oder durch einen Geschäftsführer gemeinsam mit einem Prokuristen vertreten. Ferner regelt § 12 Nr. 2 der Satzung, daß im Falle der Auflösung der Gesellschaft die Liquidatoren von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit werden können.

2

Zuletzt war die Beteiligte alleinige Geschäftführerin der Gesellschaft.

3

Am 26. Juni 2012 beschloß die Gesellschafterversammlung die sofortige Auflösung der Gesellschaft, die Abberufung der Beteiligten als Geschäftsführerin und deren Bestellung zur stets einzelvertretungsberechtigten und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiten Liquidatorin. Ferner wurde eine "abstrakte Vertretungsregelung" beschlossen. Sie lautet:

4

"Ist nur ein Liquidator bestellt, vertritt er die Gesellschaft allein.

5

Sind mehrere Liquidatoren bestellt, wird die Gesellschaft durch zwei Liquidatoren gemeinschaftlich oder durch einen Liquidator in Gemeinschaft mit einem Prokuristen vertreten.

6

Durch Gesellschafterbeschluß kann allen oder einzelnen Liquidatoren Einzelvertretungsbefugnis und/oder Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB erteilt werden."

7

Eine notarielle Beurkundung der Beschlüsse fand nicht statt.

8

Mit einer durch ihren Verfahrensbevollmächtigten öffentlich beglaubigten Erklärung vom selben Tage meldete die Beteiligte die Auflösung der Gesellschaft, ihre Abberufung als Geschäftsführerin und ihre Bestellung zur stets einzelvertretungsberechtigten und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiten Liquidatorin bei dem Handelsregister an, wobei die Anmeldung hinsichtlich der Vertretungsregelung zunächst nicht dem Gesellschafterbeschluß entsprach, später insoweit aber durch eine weitere öffentlich beglaubigte Erklärung vom 12. Juli 2012 berichtigt wurde.

9

Das Registergericht hat die Anmeldung am 29. August 2012 unter Vollziehung im Übrigen insoweit zurückgewiesen, als es um die Bezeichnung der Beteiligten als stets einzelvertretungsberechtigt geht. Zur Begründung ist ausgeführt, daß der Beteiligten keine Einzelvertretungsbefugnis erteilt werden könne, weil die Satzung der Gesellschaft das nicht vorsehe.

10

Gegen diesen, ihr am 31. August 2012 zugestellten Beschluß hat die Beteiligte zu einem nicht aus den Akten ersichtlichen, jedoch vor dem 12. September 2012 liegenden Zeitpunkt Beschwerde eingelegt.

11

Das Registergericht hat es am 19. September 2012 abgelehnt, der Beschwerde abzuhelfen und die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

B.

12

Die Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluß des Registergerichts vom 29. August 2012 ist zulässig (§§ 10 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3, 38 Abs. 1, 58 Abs. 1, 59 Abs. 1 und 2, 63 Abs. 1 und 3, 64 Abs. 1 und 2, 374 Nr. 1, 378 Abs. 2, 382 Abs. 3 FamFG, 67 Abs. 1 GmbHG) und begründet.

13

Die Anmeldung ist durch die dazu berufene Liquidatorin (§ 67 Abs. 1 GmbHG) in der nach den §§ 12 Abs. 1 und 2 HGB, 39 a BeurkG, 67 Abs. 2 und 3 GmbHG gebotenen Form erfolgt und betrifft mit der Vertretungsregelung eine eintragungsfähige Tatsache.

14

Im Rahmen der eingeschränkten registergerichtlichen Prüfung der materiellen Richtigkeit der angemeldeten Tatsache (Keidel-Heinemann, FamFG, 17. Aufl., § 374 Rn. 56 ff. m. w. Nachw.) sind keine Bedenken gegen die Wirksamkeit der angemeldeten Einzelvertretungsmacht der Beteiligten erkennbar. Die Gesellschafterversammlung der betroffenen Gesellschaft war weder durch Satzungsregelungen, noch durch gesetzliche Bestimmungen gehindert, die Beteiligte zur stets, also auch im Falle der Bestellung mehrerer Liquidatoren, einzelvertretungsberechtigten Liquidatorin zu berufen.

15

Daß die Satzung der betroffenen Gesellschaft eine derartige, vom Grundsatz der Gesamtvertretung abweichende Vertretungsregelung für die Geschäftsführer nicht vorsieht (§ 35 Abs. 2 Satz 1 GmbHG), ist für den Gesellschafterbeschluß über die Vertretungsbefugnis der Liquidatoren ohne Belang. Die Satzungsbestimmungen über die Vertretungsbefugnis der Geschäftsführer erstrecken sich nicht auf die Liquidatoren, sondern enden mit der Auflösung der Gesellschaft (BGH NJW-RR 2009, 333; OLG Hamm GmbHR 2011, 432; OLG Frankfurt GmbHR 2012, 394). Dies folgt aus § 68 Abs. 1 GmbHG, der für die Liquidatoren eine eigenständige Vertretungsregelung vorsieht. Diese kann ohne Rücksicht auf die Satzungsregelungen über die Vertretung der Gesellschaft durch die Geschäftsführer mittels eines einfachen Gesellschafterbeschlusses herbeigeführt werden. Lediglich soweit die Satzung Bestimmungen für die Vertretung der Liquidatoren enthält, ist die Gesellschafterversammlung daran gebunden. In der Satzung der betroffenen Gesellschafter ist hierzu indes nur geregelt, daß die Liquidatoren von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit werden können. Zur Frage der Einzel- oder Gesamtvertretung findet sich hingegen nichts.


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Referenzen - Gesetze

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Handelsgesetzbuch - HGB | § 12 Anmeldungen zur Eintragung und Einreichungen


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Ein Vertreter kann, soweit nicht ein anderes ihm gestattet ist, im Namen des Vertretenen mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten ein Rechtsgeschäft nicht vornehmen, es sei denn, dass das Rechtsgeschäft ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht.

(1) Soweit eine Vertretung durch Rechtsanwälte nicht geboten ist, können die Beteiligten das Verfahren selbst betreiben.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte, soweit eine Vertretung durch Rechtsanwälte nicht geboten ist, vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen;
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und die Beteiligten, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht;
3.
Notare.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Verfahrenshandlungen, die ein nicht vertretungsbefugter Bevollmächtigter bis zu seiner Zurückweisung vorgenommen hat, und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Verfahren über die Ausschließung und Ablehnung von Gerichtspersonen und im Verfahren über die Verfahrenskostenhilfe, durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Für die Beiordnung eines Notanwaltes gelten die §§ 78b und 78c der Zivilprozessordnung entsprechend.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören.

(1) Die ersten Liquidatoren sowie ihre Vertretungsbefugnis sind durch die Geschäftsführer, jeder Wechsel der Liquidatoren und jede Änderung ihrer Vertretungsbefugnis sind durch die Liquidatoren zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden.

(2) Der Anmeldung sind die Urkunden über die Bestellung der Liquidatoren oder über die Änderung in den Personen derselben in Urschrift oder öffentlich beglaubigter Abschrift beizufügen.

(3) In der Anmeldung haben die Liquidatoren zu versichern, daß keine Umstände vorliegen, die ihrer Bestellung nach § 66 Abs. 4 in Verbindung mit § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 und 3 sowie Satz 3 und 4 entgegenstehen, und daß sie über ihre unbeschränkte Auskunftspflicht gegenüber dem Gericht belehrt worden sind. § 8 Abs. 3 Satz 2 ist anzuwenden.

(4) Die Eintragung der gerichtlichen Ernennung oder Abberufung der Liquidatoren geschieht von Amts wegen.

(5) (weggefallen)

(1) Anmeldungen zur Eintragung in das Handelsregister sind elektronisch in öffentlich beglaubigter Form einzureichen. Die öffentliche Beglaubigung mittels Videokommunikation gemäß § 40a des Beurkundungsgesetzes ist zulässig. Die gleiche Form ist für eine Vollmacht zur Anmeldung erforderlich. Anstelle der Vollmacht kann die Bescheinigung eines Notars nach § 21 Absatz 3 der Bundesnotarordnung eingereicht werden. Rechtsnachfolger eines Beteiligten haben die Rechtsnachfolge soweit tunlich durch öffentliche Urkunden nachzuweisen.

(2) Dokumente sind elektronisch in einem maschinenlesbaren und durchsuchbaren Datenformat einzureichen. Ist eine Urschrift oder eine einfache Abschrift einzureichen oder ist für das Dokument die Schriftform bestimmt, genügt die Übermittlung einer elektronischen Aufzeichnung; ist ein notariell beurkundetes Dokument oder eine öffentlich beglaubigte Abschrift einzureichen, so ist ein mit einem einfachen elektronischen Zeugnis (§ 39a des Beurkundungsgesetzes) versehenes Dokument zu übermitteln.

(1) Die Gesellschaft wird durch die Geschäftsführer gerichtlich und außergerichtlich vertreten. Hat eine Gesellschaft keinen Geschäftsführer (Führungslosigkeit), wird die Gesellschaft für den Fall, dass ihr gegenüber Willenserklärungen abgegeben oder Schriftstücke zugestellt werden, durch die Gesellschafter vertreten.

(2) Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, sind sie alle nur gemeinschaftlich zur Vertretung der Gesellschaft befugt, es sei denn, dass der Gesellschaftsvertrag etwas anderes bestimmt. Ist der Gesellschaft gegenüber eine Willenserklärung abzugeben, genügt die Abgabe gegenüber einem Vertreter der Gesellschaft nach Absatz 1. An die Vertreter der Gesellschaft nach Absatz 1 können unter der im Handelsregister eingetragenen Geschäftsanschrift Willenserklärungen abgegeben und Schriftstücke für die Gesellschaft zugestellt werden. Unabhängig hiervon können die Abgabe und die Zustellung auch unter der eingetragenen Anschrift der empfangsberechtigten Person nach § 10 Abs. 2 Satz 2 erfolgen.

(3) Befinden sich alle Geschäftsanteile der Gesellschaft in der Hand eines Gesellschafters oder daneben in der Hand der Gesellschaft und ist er zugleich deren alleiniger Geschäftsführer, so ist auf seine Rechtsgeschäfte mit der Gesellschaft § 181 des Bürgerlichen Gesetzbuchs anzuwenden. Rechtsgeschäfte zwischen ihm und der von ihm vertretenen Gesellschaft sind, auch wenn er nicht alleiniger Geschäftsführer ist, unverzüglich nach ihrer Vornahme in eine Niederschrift aufzunehmen.

(1) Die Liquidatoren haben in der bei ihrer Bestellung bestimmten Form ihre Willenserklärungen kundzugeben und für die Gesellschaft zu zeichnen. Ist nichts darüber bestimmt, so muß die Erklärung und Zeichnung durch sämtliche Liquidatoren erfolgen.

(2) Die Zeichnungen geschehen in der Weise, daß die Liquidatoren der bisherigen, nunmehr als Liquidationsfirma zu bezeichnenden Firma ihre Namensunterschrift beifügen.

Ein Vertreter kann, soweit nicht ein anderes ihm gestattet ist, im Namen des Vertretenen mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten ein Rechtsgeschäft nicht vornehmen, es sei denn, dass das Rechtsgeschäft ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht.