Oberlandesgericht München Urteil, 07. Mai 2015 - 5 OLG 13 Ss 137/15

bei uns veröffentlicht am07.05.2015

Gericht

Oberlandesgericht München

Tenor

I. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts München I vom 29. Oktober 2014 samt den ihm zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.

II. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten des Revisionsverfahrens an eine andere Strafkammer des Landgerichts München I zurückverwiesen.

Gründe

I.

1. Das Berufungsgericht hat zum Sachverhalt folgende Feststellungen getroffen (UA S. 7/8):

„Am Mittag des 29.09.2011 in der Zeit zwischen 12.00 Uhr und 13.30 Uhr fand eine Vorbesprechung der nachmittäglichen Demonstration am Marienplatz/München in der Gaststätte "Augustiner am Dante" statt, zu der der Vorstand der Bürgerbewegung "PAX Europa" eingeladen hatte. Dabei fungierte als Verantwortlicher der Angeklagte xx, der auch die Räumlichkeiten, einen Nebenraum der Gaststätte, reserviert hatte. Die Angeklagten xx und xx nahmen an dieser Besprechung teil.

Sinn dieses Treffens war, die inhaltlichen Schwerpunkte der Kundgebung abzustimmen und die dort einzusetzenden Kundgebungsmittel, wie Plakate, zu besprechen und auch auszuwählen. Ziel der Kundgebung am Marienplatz war es auch - entgegen dem gemäßigt klingenden Motto der Demonstration - den Islam als eine menschenverachtende Ideologie darzustellen, die zur Verwirklichung ihrer Ziele auch nicht vor einem Zusammenwirken mit einer Hilfestellung für die Nationalsozialisten zurückgeschreckt sei. Bei der Versammlung im Augustiner wurden die in Frage kommenden Plakate nebeneinander aufgestellt. Hierbei stand das Himmler-Plakat direkt neben einem großen Plakat, welches in der Art des Buttons von "Atomkraft? Nein danke" den Aufdruck trug "Islamisierung? Nein danke". Daneben stand ein Plakat, das die Aufmachung der Antiaidskampagne benützte und deren Schriftzug "Gib Aids keine Chance" ummünzt in "Gib Islam keine Chance". Es entstand in der Gaststätte eine Diskussion darüber, ob es zulässig sei, das Himmler-Plakat zu zeigen oder ob dies gegen das Verbot, Kennzeichen von verfassungswidrigen Organisationen zu zeigen, verstieß. Es wurde beschlossen, alle drei Plakate auf der Demonstration zu zeigen.

Entsprechend kamen alle drei Plakate auf der darauf folgenden Demonstration am Marienplatz zum Einsatz. Es wurden zunächst die Plakate "Gib Islam keine Chance" sowie "Islamisierung?Nein danke"hochgehalten. Anschließend erhob der Angeklagte xx das Himmler-Plakat in die Höhe, so dass dies von anderen Personen, die zufällig am Marienplatz zu der Zeit entlang gingen, wahrgenommen werden konnte. Die Polizei schritt daraufhin ein und untersagte, dass dieses Plakat gezeigt wird. Der Angeklagte xx legte daraufhin das Plakat mit der Bildseite nach unten auf den Boden. Das Plakat war nur zusammen mit den anderen Plakaten und nur ca. 1-2 Minuten zu sehen gewesen. Der Marienplatz war zu diesem Zeitpunkt normal belebt, die Anzahl der Personen, die dieses Plakat sehen konnten, war nicht abzuschätzen.

Der Angeklagte xx, der die Versammlung auf dem Marienplatz angemeldet hatte und vor Ort auch als Versammlungsleiter fungierte, war auch bei der Vorbesprechung der Demonstration im "Augustiner am Dante" anwesend gewesen. Er wusste, dass das Plakat von Himmler zum Einsatz kommen sollte.

Das verwendete Himmler-Plakat (ähnlich dem Bl.. 49/50 der Akten) zeigt Himmler auf einem Stuhl sitzend. Er ist bis zu den Oberschenkeln zu sehen. Er trägt auf dem Bild die im Strafbefehl geschilderte Uniform. Jedoch waren die nationalistischen Symbole auf der Uniform aufgrund der schlechten Druckqualität nicht zu erkennen. Lediglich bei entsprechenden Vorkenntnissen konnte aufgrund der Platzierung verschieden grauer Flecke auf der Uniform gesagt werden, dass sich dort dieses oder jenes Symbol befinden muss.“

2. Das Amtsgericht München hatte die Angeklagten mit Urteil vom 13. Mai 2013 auf der Grundlage dieses Sachverhaltes vom Vorwurf des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen freigesprochen. Es ist davon ausgegangen, dass eine Strafbarkeit nach § 86a StGB deshalb entfällt, weil die Verwendung des Plakates erkennbar im Zusammenhang mit islamkritischen Äußerungen stehe und deshalb vom Grundrecht der Meinungsfreiheit gedeckt sei.

Das Landgericht München I hat die hiergegen gerichtete Berufung der Staatsanwaltschaft durch das angefochtene Urteil vom 29.Oktober 2014 verworfen. Es hat ausgeführt, dass im „Zeigen des Bildnisses von Himmler in NS-Uniform“ zwar ein Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen zu sehen sei, weil Himmler hier als Symbol für das NS-Regime gezeigt werde, und dies auch öffentlich geschehen sei. Eine teleologische Reduktion führe jedoch dazu, dass der Straftatbestand des § 86a StGB nicht erfüllt sei, weil das Plakat nur im Kontext mit dem Protest gegen Islamismus zu sehen sei, so dass eine offenkundige Distanzierung vom NS-Regime vorliege.

3. Mit ihrer Revision rügt die Staatsanwaltschaft die Verletzung materiellen Rechts und macht geltend, dass das Landgericht § 86a StGB nicht richtig angewandt habe. Sie führt im Wesentlichen aus, dass es sich bei dieser Vorschrift um ein abstraktes Gefährdungsdelikt handele, so dass eine auch für Dritte vor Ort erkennbare zweifelsfreie und offenkundige Gegnerschaft zu den von Himmler verbreiteten Ideologien hätte vorliegen müssen, um zu einer teleologischen Reduktion zu gelangen. Dies sei nicht der Fall gewesen, so dass der Tatbestand des § 86a StGB erfüllt sei.

II.

Die gemäß §§ 333, 337 Abs. 1, 341 Abs. 1, 344, 345 StPO zulässige Revision der Staatsanwaltschaft erweist sich als begründet. Sie rügt mit Recht, dass der Freispruch der Angeklagten rechtsfehlerhaft ist, weil die Verwirklichung des Tatbestandes des § 86a Abs. 1 Nr. 1 StGB auf der Grundlage der Feststellungen des Landgerichts jedenfalls nicht ausgeschlossen werden kann.

1. Die Prüfung des Revisionsgerichts auf die Sachrüge erstreckt sich insbesondere auf die Gesetzesanwendung, ob also das Recht auf den festgestellten Sachverhalt richtig angewendet worden und Auslegung und Subsumtion der angewendeten Rechtsnorm frei von Rechtsfehlern sind (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 337 Rdn. 33).

2. Die bisherigen Feststellungen der Kammer tragen aus Rechtsgründen den Freispruch der Angeklagten vom Vorwurf des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen nicht.

a) Das Landgericht ist zwar im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass der Tatbestand des § 86a Abs. 1 Nr. 1 StGB durch das Handeln der Angeklagten grundsätzlich verwirklicht worden ist (UA S. 15/16). Der näheren Erörterung bedarf allerdings in diesem Zusammenhang nach Auffassung des Senates die Frage, ob allein in der öffentlichen Zurschaustellung eines Plakates von Heinrich Himmler die Verwendung eines Kennzeichens einer nach § 86 Abs. 1 StGB verbotenen Vereinigung zu sehen ist, was das Landgericht ohne weitergehende Begründung bejaht hat (UA S. 15).

aa) In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist geklärt, dass ein Kopfbild Adolf Hitlers ein Kennzeichen i. S. d. § 86a Abs. 1 Nr. 1 StGB darstellt, weil die Organisation des damaligen NS-Staates derart zentral auf den „Führer Adolf Hitler“ zugeschnitten war, dass seine Person als solche den Nationalsozialismus repräsentiert (BGH, MDR 1965, 923; OLG München, 4. Strafsenat, Urteil vom 07.08.2006, 4 St RR 142/06, NStZ 2007, 97ff.).

Hingegen reicht die Verwendung eines Kopfbildes von Rudolf Heß ohne Hinzutreten weiterer Kennzeichen nicht aus (OLG Rostock, NStZ 2002, 320f.; Steinmetz in Münchener Kommentar zum StGB, 2. Aufl., § 86a Rdn. 10 m. w. N.), weil dessen Bild weder von der NSDAP noch einer sonstigen Organisation im Dritten Reich als Symbol benutzt wurde und er mindestens seit 1941 auch tatsächlich nur eine untergeordnete Rolle spielte, so dass er nicht als „Sinnbild“ für die NSDAP und alle ihre Organisationen gelten kann.

bb) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze stellt das verwendete Brustbild Heinrich Himmlers in Uniform nach Auffassung des Senates ein Verwenden von Kennzeichen einer verbotenen Vereinigung i. S. d. § 86 a Abs. 1 Nr. 1 StGB dar.

(1) Heinrich Himmler war seit 23. August 1934 als Reichsleiter der Schutzstaffel der NSDAP (SS) alleinige Spitze der SS und nur noch Hitler persönlich verantwortlich. Seit 17. Juni 1936 war Himmler zudem Chef der Deutschen Polizei und seit 25. August 1943 auch Reichsinnenminister. Ihm unterstand damit der gesamte Polizeiapparat einschließlich Geheimer Staatspolizei (Gestapo) sowie der Inlandsgeheimdienst (SD) und mit der Waffen-SS auch Teile der Armee. Mit Hilfe dieser Organisationen etablierte Himmler ein System der Überwachung und des Terrors, mit dem die Menschen im Einflussbereich des NS-Regimes eingeschüchtert und kontrolliert sowie politische Gegner verfolgt und ggf. liquidiert wurden. Seine Machtposition wurde nur von der Hitlers übertroffen (zitiert nach Brockhaus Enzyklopädie).

(2) Es bedarf vorliegend keiner Entscheidung, ob Himmler aufgrund dieser Machtfülle ähnlich wie Hitler und anders als Heß bereits als Symbolfigur für die NSDAP und die nationalsozialistische Herrschaft insgesamt gelten muss (zweifelnd wohl Bartels/Kollorz, NStZ 2002, 297, 298). Denn Himmler symbolisiert jedenfalls in der vorliegenden Darstellung in der Uniform des Reichführers SS die SS, die er seit 1934 allein geführt und zum alles beherrschenden Macht- und Terrorinstrument ausgebaut hatte. Die SS gehört zu den durch das Kontrollratsgesetz Nr. 2 vom 10. Oktober 1945 aufgelösten und verbotenen Organisationen und unterfällt damit § 86 Abs. 1 Nr. 4 StGB (vgl. Fischer, StGB, 62. Aufl., § 86 Rdn. 9).

b) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht hingegen angenommen, dass eine teleologische Reduktion des § 86 a StGB vorliegend zur Verneinung der Strafbarkeit führe (UA S. 16/17).

aa) Nach ständiger obergerichtlicher Rechtsprechung (vgl. insbesondere Urteile des BGH vom 18.10.1972, 3 StR 1/71, BGHSt 25, 30ff., und vom 01.10.2008, 3 StR 164/08, BGHSt 52, 364ff. sowie zusammenfassend Fischer aaO § 86a Rdn. 18) erfüllt jedes irgendwie geartete Gebrauchmachen von nationalsozialistischen Kennzeichen das Tatbestandsmerkmal des Verwendens, wobei es nicht darauf ankommt, ob die festgestellte Verwendung einen für den Nationalsozialismus werbenden Charakter aufweist. Da es sich bei § 86a StGB um ein abstraktes Gefährdungsdelikt handelt, entfällt eine Bestrafung nach dieser Vorschrift nicht schon deshalb, weil eine mit der Verwendung verbundene konkrete Gefährdung des politischen Friedens oder die nahe liegende Möglichkeit einer solchen Gefährdung nicht nachgewiesen werden kann. Um eine Überdehnung des Tatbestands des § 86a StGB zu vermeiden, sind jedoch solche Kennzeichenverwendungen vom Tatbestand ausgenommen, die dem Schutzzweck der Vorschrift ersichtlich nicht zuwiderlaufen. Als Schutzzweck der Strafvorschrift ist dabei im Einzelnen nicht nur die Abwehr einer Wiederbelebung der verbotenen Organisation oder der von ihr verfolgten verfassungsfeindlichen Bestrebungen, auf die das Kennzeichen symbolhaft hinweist, zu verstehen. Die Vorschrift dient auch der Wahrung des politischen Friedens dadurch, dass jeglicher Anschein einer solchen Wiederbelebung sowie der Eindruck bei in- und ausländischen Beobachtern des politischen Geschehens in der Bundesrepublik Deutschland vermieden wird, in ihr gäbe es eine rechtsstaatswidrige innenpolitische Entwicklung, die dadurch gekennzeichnet ist, dass verfassungsfeindliche Bestrebungen der durch das Kennzeichen angezeigten Richtung geduldet würden. Auch ein solcher Eindruck und die sich daran knüpfenden Reaktionen können den politischen Frieden empfindlich stören. § 86a StGB will auch verhindern, dass die Verwendung von Kennzeichen verbotener verfassungsfeindlicher Organisationen - ungeachtet der damit verbundenen Absicht - sich wieder derart einbürgern, dass das Ziel, solche Kennzeichen aus dem Bild des politischen Lebens in der Bundesrepublik grundsätzlich zu verbannen, nicht erreicht wird, mit der Folge, dass sie schließlich auch wieder von den Verfechtern der politischen Ziele, für die das Kennzeichen steht, gefahrlos gebraucht werden können.

Eine Restriktion des Tatbestandes ist deshalb nur dann vorzunehmen, wenn das Kennzeichen in einer Weise dargestellt wird, die offenkundig zum Zweck der Kritik an der Vereinigung oder der dahinter stehenden Ideologie erfolgt, wenn die Verwendung erkennbar verzerrt, also etwa parodistisch verwendet wird, oder sonst dem Schutzzweck des § 86a StGB erkennbar nicht zuwiderläuft. Für diese Wertung sind die gesamten Umstände der Tat zu berücksichtigen. Ergibt dies, dass der Schutzzweck der Norm eindeutig nicht berührt wird, ist das Verhalten straflos; sind die äußeren Umstände dagegen nicht eindeutig, ist der objektive Tatbestand der Norm erfüllt (vgl. Urteil des BGH vom 01.10.2008 aaO, zitiert nach juris, Rdn. 28f.).

bb) Hieraus folgt für den gegenständlichen Fall, dass der objektive Tatbestand erfüllt ist, wie die Revision der Staatsanwaltschaft zutreffend geltend macht. Weder aus den nach den Feststellungen des Landgerichts (s. o. I.1) beiden zusätzlich gezeigten Plakaten noch aus der Aufschrift „Der Islam ist unserer Weltanschauung sehr ähnlich“ ergibt sich nach Auffassung des Senats eindeutig eine Distanzierung oder gar Gegnerschaft zu den Zielen der nationalsozialistischen Ideologie.

Allein die Tatsache, dass sich die Demonstration als Ganzes ersichtlich in erster Linie gegen den Islam richtete, reicht hierfür nicht aus. Die Aufschrift in Verbindung mit dem Bild Himmlers soll offensichtlich durch den damit hergestellten Ideologievergleich beim Betrachter eine „Dämonisierung“ (und damit eine Ablehnung) des Islam bewirken. Eine Distanzierung von den (gänzlich anderen) Aussagen und Zielen der nationalsozialistischen Ideologie ergibt sich daraus hingegen keinesfalls zwingend. Angesichts des Schutzzwecks des § 86a StGB, insbesondere die Verwendung von nationalsozialistischen Kennzeichen aus dem politischen Leben zu verbannen, kommt eine Tatbestandseinschränkung somit auf der Grundlage des hier festgestellten Sachverhalts nicht in Betracht.

III.

1. Das angefochtene Urteil war daher einschließlich der zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben (§ 353 StPO). Eine Verurteilung der Angeklagten und Zurückverweisung nur zur Festsetzung der Rechtsfolgen (vgl. dazu Meyer-Goßner/Schmitt aaO § 354 Rdn. 23) kam jedenfalls deshalb nicht in Betracht, weil nach den im Urteil wiedergegebenen Einlassungen der Angeklagten (UA S.9-11) die Erörterung der Voraussetzungen eines Verbotsirrtums nach § 17 StGB und von dessen Vermeidbarkeit naheliegen. Hierzu hat das Landgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - keine näheren Feststellungen getroffen (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 03.04.2008, 3 StR 394/07, zitiert nach juris, dort Rdn. 33ff., und BayObLGSt 1988, 139ff.). Dies wird es nunmehr nachzuholen haben.

2. Die Sache war nach § 354 Abs. 2 Satz 1 StPO zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Strafkammer des Landgerichts München I zurückzuverweisen.

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Strafprozeßordnung - StPO | § 354 Eigene Entscheidung in der Sache; Zurückverweisung


(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erört

Strafprozeßordnung - StPO | § 353 Aufhebung des Urteils und der Feststellungen


(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. (2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren

Strafprozeßordnung - StPO | § 337 Revisionsgründe


(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das Urteil auf einer Verletzung des Gesetzes beruhe. (2) Das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

Strafgesetzbuch - StGB | § 17 Verbotsirrtum


Fehlt dem Täter bei Begehung der Tat die Einsicht, Unrecht zu tun, so handelt er ohne Schuld, wenn er diesen Irrtum nicht vermeiden konnte. Konnte der Täter den Irrtum vermeiden, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Strafgesetzbuch - StGB | § 86a Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen


(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer 1. im Inland Kennzeichen einer der in § 86 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 oder Absatz 2 bezeichneten Parteien oder Vereinigungen verbreitet oder öffentlich, in einer Versammlung

Strafgesetzbuch - StGB | § 86 Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger und terroristischer Organisationen


(1) Wer Propagandamittel 1. einer vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärten Partei oder einer Partei oder Vereinigung, von der unanfechtbar festgestellt ist, daß sie Ersatzorganisation einer solchen Partei ist,2. einer Vereinigung,

Strafprozeßordnung - StPO | § 333 Zulässigkeit


Gegen die Urteile der Strafkammern und der Schwurgerichte sowie gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Urteile der Oberlandesgerichte ist Revision zulässig.

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(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

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2.
einen Inhalt (§ 11 Absatz 3), der ein derartiges Kennzeichen darstellt oder enthält, zur Verbreitung oder Verwendung im Inland oder Ausland in der in Nummer 1 bezeichneten Art und Weise herstellt, vorrätig hält, einführt oder ausführt.

(2) Kennzeichen im Sinne des Absatzes 1 sind namentlich Fahnen, Abzeichen, Uniformstücke, Parolen und Grußformen. Den in Satz 1 genannten Kennzeichen stehen solche gleich, die ihnen zum Verwechseln ähnlich sind.

(3) § 86 Abs. 4 und 5 gilt entsprechend.

Gegen die Urteile der Strafkammern und der Schwurgerichte sowie gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Urteile der Oberlandesgerichte ist Revision zulässig.

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das Urteil auf einer Verletzung des Gesetzes beruhe.

(2) Das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

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im Inland Kennzeichen einer der in § 86 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 oder Absatz 2 bezeichneten Parteien oder Vereinigungen verbreitet oder öffentlich, in einer Versammlung oder in einem von ihm verbreiteten Inhalt (§ 11 Absatz 3) verwendet oder
2.
einen Inhalt (§ 11 Absatz 3), der ein derartiges Kennzeichen darstellt oder enthält, zur Verbreitung oder Verwendung im Inland oder Ausland in der in Nummer 1 bezeichneten Art und Weise herstellt, vorrätig hält, einführt oder ausführt.

(2) Kennzeichen im Sinne des Absatzes 1 sind namentlich Fahnen, Abzeichen, Uniformstücke, Parolen und Grußformen. Den in Satz 1 genannten Kennzeichen stehen solche gleich, die ihnen zum Verwechseln ähnlich sind.

(3) § 86 Abs. 4 und 5 gilt entsprechend.

(1) Wer Propagandamittel

1.
einer vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärten Partei oder einer Partei oder Vereinigung, von der unanfechtbar festgestellt ist, daß sie Ersatzorganisation einer solchen Partei ist,
2.
einer Vereinigung, die unanfechtbar verboten ist, weil sie sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richtet, oder von der unanfechtbar festgestellt ist, daß sie Ersatzorganisation einer solchen verbotenen Vereinigung ist,
3.
einer Regierung, Vereinigung oder Einrichtung außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes, die für die Zwecke einer der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Parteien oder Vereinigungen tätig ist, oder
4.
die nach ihrem Inhalt dazu bestimmt sind, Bestrebungen einer ehemaligen nationalsozialistischen Organisation fortzusetzen,
im Inland verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht oder zur Verbreitung im Inland oder Ausland herstellt, vorrätig hält, einführt oder ausführt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer Propagandamittel einer Organisation, die im Anhang der Durchführungsverordnung (EU) 2021/138 des Rates vom 5. Februar 2021 zur Durchführung des Artikels 2 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 2580/2001 über spezifische, gegen bestimmte Personen und Organisationen gerichtete restriktive Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus und zur Aufhebung der Durchführungsverordnung (EU) 2020/1128 (ABl. L 43 vom 8.2.2021, S. 1) als juristische Person, Vereinigung oder Körperschaft aufgeführt ist, im Inland verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht oder zur Verbreitung im Inland oder Ausland herstellt, vorrätig hält, einführt oder ausführt.

(3) Propagandamittel im Sinne des Absatzes 1 ist nur ein solcher Inhalt (§ 11 Absatz 3), der gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung gerichtet ist. Propagandamittel im Sinne des Absatzes 2 ist nur ein solcher Inhalt (§ 11 Absatz 3), der gegen den Bestand oder die Sicherheit eines Staates oder einer internationalen Organisation oder gegen die Verfassungsgrundsätze der Bundesrepublik Deutschland gerichtet ist.

(4) Die Absätze 1 und 2 gelten nicht, wenn die Handlung der staatsbürgerlichen Aufklärung, der Abwehr verfassungswidriger Bestrebungen, der Kunst oder der Wissenschaft, der Forschung oder der Lehre, der Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens oder der Geschichte oder ähnlichen Zwecken dient.

(5) Ist die Schuld gering, so kann das Gericht von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
im Inland Kennzeichen einer der in § 86 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 oder Absatz 2 bezeichneten Parteien oder Vereinigungen verbreitet oder öffentlich, in einer Versammlung oder in einem von ihm verbreiteten Inhalt (§ 11 Absatz 3) verwendet oder
2.
einen Inhalt (§ 11 Absatz 3), der ein derartiges Kennzeichen darstellt oder enthält, zur Verbreitung oder Verwendung im Inland oder Ausland in der in Nummer 1 bezeichneten Art und Weise herstellt, vorrätig hält, einführt oder ausführt.

(2) Kennzeichen im Sinne des Absatzes 1 sind namentlich Fahnen, Abzeichen, Uniformstücke, Parolen und Grußformen. Den in Satz 1 genannten Kennzeichen stehen solche gleich, die ihnen zum Verwechseln ähnlich sind.

(3) § 86 Abs. 4 und 5 gilt entsprechend.

(1) Wer Propagandamittel

1.
einer vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärten Partei oder einer Partei oder Vereinigung, von der unanfechtbar festgestellt ist, daß sie Ersatzorganisation einer solchen Partei ist,
2.
einer Vereinigung, die unanfechtbar verboten ist, weil sie sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richtet, oder von der unanfechtbar festgestellt ist, daß sie Ersatzorganisation einer solchen verbotenen Vereinigung ist,
3.
einer Regierung, Vereinigung oder Einrichtung außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes, die für die Zwecke einer der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Parteien oder Vereinigungen tätig ist, oder
4.
die nach ihrem Inhalt dazu bestimmt sind, Bestrebungen einer ehemaligen nationalsozialistischen Organisation fortzusetzen,
im Inland verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht oder zur Verbreitung im Inland oder Ausland herstellt, vorrätig hält, einführt oder ausführt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer Propagandamittel einer Organisation, die im Anhang der Durchführungsverordnung (EU) 2021/138 des Rates vom 5. Februar 2021 zur Durchführung des Artikels 2 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 2580/2001 über spezifische, gegen bestimmte Personen und Organisationen gerichtete restriktive Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus und zur Aufhebung der Durchführungsverordnung (EU) 2020/1128 (ABl. L 43 vom 8.2.2021, S. 1) als juristische Person, Vereinigung oder Körperschaft aufgeführt ist, im Inland verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht oder zur Verbreitung im Inland oder Ausland herstellt, vorrätig hält, einführt oder ausführt.

(3) Propagandamittel im Sinne des Absatzes 1 ist nur ein solcher Inhalt (§ 11 Absatz 3), der gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung gerichtet ist. Propagandamittel im Sinne des Absatzes 2 ist nur ein solcher Inhalt (§ 11 Absatz 3), der gegen den Bestand oder die Sicherheit eines Staates oder einer internationalen Organisation oder gegen die Verfassungsgrundsätze der Bundesrepublik Deutschland gerichtet ist.

(4) Die Absätze 1 und 2 gelten nicht, wenn die Handlung der staatsbürgerlichen Aufklärung, der Abwehr verfassungswidriger Bestrebungen, der Kunst oder der Wissenschaft, der Forschung oder der Lehre, der Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens oder der Geschichte oder ähnlichen Zwecken dient.

(5) Ist die Schuld gering, so kann das Gericht von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 164/08
vom
1. Oktober 2008
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
StGB § 86 a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 2, § 86 Abs. 1 Nr. 2
Der objektive Tatbestand des § 86 a Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 86 Abs. 1 Nr. 2
StGB ist grundsätzlich erfüllt, wenn das von der verbotenen Volkssozialistischen
Bewegung Deutschlands/Partei der Arbeit (VSBD/PdA) als Symbol benutzte
stilisierte Keltenkreuz oder diesem zum Verwechseln ähnliche Kennzeichen
(§ 86 a Abs. 2 Satz 2 StGB) öffentlich verwendet werden. Eines zusätzlichen
Hinweises auf die Organisation bedarf es nicht. Ein tatbestandliches Handeln
scheidet aber dann aus, wenn sich aus den Gesamtumständen der Verwendung
des Kennzeichens eindeutig ergibt, dass diese dem Schutzzweck des
§ 86 a Abs. 1 Nr. 1 StGB nicht zuwider läuft.
BGH, Beschluss vom 1. Oktober 2008 - 3 StR 164/08 - OLG Nürnberg
in der Strafsache
gegen
wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen
hier: Vorlegungsbeschluss des 2. Strafsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg
vom 18. März 2008
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 1. Oktober 2008 beschlossen:
Der objektive Tatbestand des § 86 a Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 86 Abs. 1 Nr. 2 StGB ist grundsätzlich erfüllt, wenn das von der verbotenen Volkssozialistischen Bewegung Deutschlands/Partei der Arbeit (VSBD/PdA) als Symbol benutzte stilisierte Keltenkreuz oder diesem zum Verwechseln ähnliche Kennzeichen (§ 86 a Abs. 2 Satz 2 StGB) öffentlich verwendet werden. Eines zusätzlichen Hinweises auf die Organisation bedarf es nicht. Ein tatbestandliches Handeln scheidet aber dann aus, wenn sich aus den Gesamtumständen der Verwendung des Kennzeichens eindeutig ergibt, dass diese dem Schutzzweck des § 86 a Abs. 1 Nr. 1 StGB nicht zuwider läuft.

Gründe:

1
Die Vorlegungssache betrifft die Frage, ob der objektive Tatbestand des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen gemäß § 86 a i. V. m. § 86 Abs. 1 Nr. 2 StGB auch dann erfüllt ist, wenn das stilisierte Keltenkreuz oder ein diesem zum Verwechseln ähnliches Kennzeichen isoliert, d. h. ohne konkreten Hinweis auf dessen Zuordnung zu der unanfechtbar verbotenen Organisation "Volkssozialistische Bewegung Deutschlands - Partei der Arbeit" (im Folgenden: VSBD/PdA), öffentlich verwendet wird.

I.

2
1. Das Amtsgericht Straubing hatte den Angeklagten vom Vorwurf des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (§ 86 a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 i. V. m. § 86 Abs. 1 Nr. 2 StGB) in zwei Fällen freigesprochen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Staatsanwaltschaft hat das Land- gericht Regensburg verworfen. Zu der Tat, die zur Vorlegung der Sache an den Senat geführt hat, hat das Landgericht folgende Feststellungen getroffen:
3
Der Angeklagte, der einen Versandhandel mit Devotionalien der rechten Szene betreibt, hielt sich am Vormittag des 19. April 2006 zunächst auf einem öffentlichen Platz in Straubing auf, um die Aufmerksamkeit der Passanten auf das von ihm getragene grüne T-Shirt zu lenken, auf dessen Brustseite ein in gelber Farbe gehaltenes, etwa kopfgroßes stilisiertes so genanntes Keltenkreuz - ein gleichschenkliges Balkenkreuz um dessen Schnittpunkt ein Ring gelegt ist - abgebildet war. Nach einiger Zeit begab er sich zu einer Polizeidienststelle und erstattete Selbstanzeige zur Klärung, ob er sich durch das öffentliche Tragen dieses T-Shirts strafbar gemacht hat.
4
Nach den weiteren Feststellungen des Landgerichts wurde das Keltenkreuz ausschließlich in stilisierter Form von der im Jahr 1971 gegründeten und durch Verfügung des Bundesministers des Inneren vom 14. Januar 1982 i. V. m. der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. Mai 1986 gemäß § 3 Vereinsgesetz unanfechtbar verbotenen verfassungsfeindlichen VSBD/PdA als Emblem verwendet. Das Keltenkreuz hatte für die Vereinigung, die sich insbesondere zu Hitler und zur NSDAP bekannte, die demokratische Staatsform verächtlich machte, die Rassenlehre propagierte und eine entsprechende "Revolution" anstrebte, eine hohe progammatische und symbolische Bedeutung. Es war für die VSBD/PdA ein Zeichen des Kampfes gegen einen vermeintlichen Angriff auf die "nordische Rasseneinheit" und gegen eine vermeintliche politische Fremdbestimmung. Die verbotene Vereinigung hatte das stilisierte Keltenkreuz in starker Anlehnung an die Symbole der NSDAP in unterschiedlicher Weise als Emblem verwendet: - in einem auf einer Spitze stehenden Rhombus mit aufsitzendem Adler mit und ohne Unterschrift "VSBD", - als Fahne, die das Keltenkreuz in weißem Kreis auf rotem Grund zeigte, - in einem roten bzw. schwarzen Quadrat (inverse Darstellung) und - als selbstständiges Symbol in schwarzer Darstellung ohne schriftliche oder bildliche Zusätze.
5
Das Landgericht hat eine Strafbarkeit des Angeklagten aus Rechtsgründen verneint. Das auf dem T-Shirt aufgedruckte Emblem sei wegen seiner Farbgebung (gelb auf grünem Grund) mit keinem der von der VSBD/PdA verwendeten Kennzeichen identisch. Es sei diesen auch nicht zum Verwechseln ähnlich im Sinne des § 86 a Abs. 2 Satz 2 StGB, weil ein Bezug zu der verbotenen Organisation nicht hergestellt sei. Ein solcher Hinweis sei jedoch erforderlich , da das Keltenkreuz seit dem 8. Jahrhundert vor allem in Irland und Schottland als christliches Symbol Verwendung finde und überdies auch nach dem Verbot der VSBD/PdA in mehreren europäischen Ländern von - nicht verbotenen - rechten Gruppierungen, unter anderem der Skinhead-Szene in Deutschland , allgemein als ein Zeichen einer nationalistischen und rassistischen internationalen Bewegung benutzt werde. Ob dem Angeklagten, was dieser bestritten hat, die Verwendung des stilisierten Keltenkreuzes durch die verbotene VSBD/PdA bekannt war, könne daher offen bleiben.
6
2. Gegen das Berufungsurteil hat die Staatsanwaltschaft Revision eingelegt und die Verletzung sachlichen Rechts gerügt.
7
Das Oberlandesgericht Nürnberg hält die Revision der Staatsanwaltschaft für begründet, soweit der Angeklagte in dem oben dargestellten Fall freigesprochen worden ist. Es möchte das angefochtene Urteil insoweit aufheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer zur Klärung der subjektiven Tatseite zurückverweisen. In objektiver Hinsicht erachtet das Oberlandesgericht den Tatbestand des § 86 a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 86 Abs. 1 Nr. 2 StGB als erfüllt. Es ist der Ansicht, das Landgericht habe an die Auslegung des Tatbestandsmerkmals "zum Verwechseln ähnlich" zu hohe Anforderungen gestellt. Das auf dem T-Shirt des Angeklagten abgebildete Keltenkreuz sei vielmehr wegen der wesentlich übereinstimmenden Stilisierungselemente trotz der anderen Farbgebung dem auch isoliert verwendeten Originalkennzeichen der VSBD/PdA zum Verwechseln ähnlich. Eines zusätzlichen Hinweises auf die verbotene Organisation oder eines sonstigen Umstandes, der auf diese Vereinigung hindeute, bedürfe es entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht. Denn bereits durch das öffentliche Zurschaustellen des stilisierten Keltenkreuzes, das von der verbotenen Organisation als rassistisch-politisches Kampfzeichen verstanden worden sei, seien die Schutzzwecke des § 86 a StGB tangiert, insbesondere eine Wiederbelebung der verbotenen Vereinigung sowie der von ihr verfolgten verfassungsfeindlichen Bestrebungen zu besorgen. Auf den Bekanntheitsgrad der verbotenen Organisation in der Bevölkerung komme es dabei nicht an.
8
An der beabsichtigten Entscheidung sieht sich das Oberlandesgericht durch die Beschlüsse des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 30. Juli 1998 (5St RR 87/98), des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 20. März 1997 (NStZ-RR 1998, 10) und des Oberlandesgerichts Bamberg vom 18. September 2007 (2 Ss 43/07) gehindert. Die Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts und des Oberlandesgerichts Karlsruhe betreffen die Verwendung des stilisierten Keltenkreuzes. Beide Gerichte vertreten wegen der Mehr- deutigkeit des Symbols die Rechtsauffassung, das isolierte Verwenden eines Keltenkreuzes ohne konkreten Hinweis auf die verbotene Organisation VSBD/PdA erfülle nicht den objektiven Tatbestand des § 86 a StGB, wobei das Bayerische Oberste Landesgericht im Fall des Tragens des Kennzeichens auf der Oberbekleidung das Tatbestandsmerkmal "zum Verwechseln ähnlich" für nicht gegeben erachtet, während das Oberlandesgericht Karlsruhe beim Tragen eines kleinen unscheinbaren Ringes, auf dem das isolierte Keltenkreuz abgebildet war, "jedenfalls" ein "öffentliches Verwenden" des Kennzeichens der verbotenen Organisation verneint hat. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Bamberg befasst sich hingegen mit dem Verwenden einer auch von Unterorganisationen der NSDAP als Emblem benutzten Lebensrune. Das Oberlandesgericht Bamberg hat den äußeren Tatbestand des § 86 a StGB in jenem Fall ebenfalls wegen Fehlens eines Hinweises auf eine nationalsozialistische Organisation abgelehnt.
9
Das Oberlandesgericht Nürnberg hat die Sache dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung folgender Rechtsfrage vorgelegt: "Ist der objektive Tatbestand des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen gemäß § 86 a Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 86 Abs. 1 Nr. 2 StGB auch dann erfüllt, wenn das stilisierte Keltenkreuz und/oder diesem zum Verwechseln ähnliche Kennzeichen (§ 86 a Abs. 2 Satz 2 StGB) der verbotenen 'Volkssozialistischen Bewegung Deutschlands - Partei der Arbeit (VSBD/PdA)' isoliert, nämlich ohne konkreten tatsächlichen Hinweis auf die verbotene Organisation und/oder ohne Vorliegen von sonstigen auf die verbotene Organisation hindeutenden Umständen öffentlich verwendet werden?"
10
3. Der Generalbundesanwalt hat beantragt die Vorlegungsfrage zu bejahen und wie folgt zu beschließen: "Der objektive Tatbestand des § 86 a Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 86 Abs. 1 Nr. 2 StGB ist erfüllt, wenn das von der verbotenen Volkssozialistischen Bewegung Deutschlands/Partei der Arbeit (VSBD/PdA) als Symbol benutzte stilisierte Keltenkreuz oder diesem zum Verwechseln ähnliche Kennzeichen (§ 86 a Abs. 2 Satz 2 StGB) öffentlich verwendet werden. Eines zusätzlichen Hinweises auf die verbotene Organisation bedarf es nicht."

II.

11
Die Vorlegungsvoraussetzungen nach § 121 Abs. 2 GVG sind erfüllt.
12
1. Ob eine die Vorlegungspflicht begründende Divergenz zwischen der Rechtsauffassung des Oberlandesgerichts Nürnberg und den angeführten, andere Fallgestaltungen betreffenden Entscheidungen des Oberlandesgerichts Karlsruhe und des Oberlandesgerichts Bamberg besteht, kann dahinstehen. Denn jedenfalls stimmt der dem Beschluss des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 30. Juli 1998 zugrunde liegende Sachverhalt mit dem hier zu beurteilenden in den maßgeblichen Punkten überein. Die von diesem Gericht zu den objektiven Tatbestandsvoraussetzungen des § 86 a StGB geäußerte Rechtsansicht war auch mit entscheidungserheblich. Das vorlegende Oberlandesgericht Nürnberg kann deshalb über die Revision der Staatsanwaltschaft nicht entscheiden , ohne von den tragenden Erwägungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts abzuweichen.
13
2. Der Vorlagepflicht nach § 121 Abs. 2 GVG steht nicht entgegen, dass dieses Gericht durch das Gesetz zur Auflösung des Bayerischen Obersten Landesgerichts und der Staatsanwaltschaft dieses Gerichts vom 25. Oktober 2004 (BayObLGAuflG; BayGVBl 2004, S. 400 ff.) mit Wirkung zum 30. Juni 2006, aufgelöst worden ist. Sie entfällt auch nicht deshalb, weil das vorlegende Gericht eines der Nachfolgegerichte des Bayerischen Obersten Landesgerichts ist.
14
a) Der Senat schließt sich der in der Literatur mehrheitlich vertretenen Auffassung an, dass eine Divergenzvorlage grundsätzlich auch dann zu erfolgen hat, wenn ein Oberlandesgericht beabsichtigt, von einer nach dem 1. April 1950 ergangenen Entscheidung eines aufgelösten, gleich geordneten Gerichts abzuweichen (vgl. Eb. Schmidt, Lehrkommentar zur StPO und zum GVG III § 121 Rdn. 23; derselbe in MDR 1958, 815, 816; Franke in Löwe/Rosenberg, StPO 25. Aufl. § 121 GVG Rdn. 44; Kissel, GVG 5. Aufl. § 121 Rdn. 10; Hannich in KK 6. Aufl. § 121 GVG Rdn. 17; Frister in SK-StPO 50. Lfg. § 121 GVG Rdn. 18; Katholnigg, GVG 3. Aufl. § 121 Rdn. 14; Meyer-Goßner, StPO 51. Aufl. § 121 Rdn. 6; aA Nüse JR 1956, 437). Der dem § 121 Abs. 2 GVG zugrunde liegende Gedanke, im Bereich des Strafrechts voneinander abweichende höchstrichterliche Rechtsprechung zu vermeiden, um die Rechtsanwendung voraussehbar zu machen und damit Rechtssicherheit und Rechtseinheitlichkeit zu gewährleisten, gilt in diesen Fällen gleichermaßen. Denn durch die Auflösung eines Oberlandesgerichts verlieren dessen Judikate weder ihre Geltung noch ihre Bedeutung für die Rechtsanwendung, so dass sich ohne Klärung im Vorlageverfahren - zumindest temporär - widersprechende höchstrichterliche Entscheidungen gegenüberstünden und sich den unteren Gerichten zur Auslegung des Rechts anböten.
15
b) Das Vorlageverfahren ist auch nicht deshalb entbehrlich, weil das vorlegende Oberlandesgericht Nürnberg ein Nachfolgegericht des aufgelösten Gerichts ist, von dem es abzuweichen beabsichtigt. Die früher beim Bayerischen Obersten Landesgericht konzentrierten Aufgaben in strafrechtlichen Revisionsverfahren wurden allen drei Bayerischen Oberlandesgerichten im Rahmen der jeweiligen örtlichen Zuständigkeit übertragen (§ 2 Nr. 3 BayObLGAuflG; BayLTDrucks. 15/1061 S. 12). Diese Gerichte sind deshalb gleichberechtigt in die Kontinuität der Rechtsprechung des Bayerischen Obersten Landesgerichts eingetreten. Mithin kommt die beabsichtigte Abweichung des Oberlandesgerichts Nürnberg einer Abweichung von der Rechtsprechung der beiden anderen Nachfolgegerichte des Bayerischen Obersten Landesgerichts gleich und bedarf auch aus diesem Grund zur Klärung der Divergenz des Vorlageverfahrens nach § 121 Abs. 2 GVG (vgl. Hanack, Der Ausgleich divergierender Entscheidungen in der oberen Gerichtsbarkeit, 1962, S. 299 ff., 308, s. auch BayLTDrucks. 15/1061 S. 12). Ob es sich anders verhielte, wenn ein Oberlandesgericht von einer Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts abzuweichen gedenkt, dessen Nachfolge es allein übernommen hat, bedarf hier keiner Entscheidung (bejahend Franke aaO; Katholnigg aaO).

III.

16
Die Vorlagefrage ist zu bejahen. Jedoch bedarf die hierdurch eröffnete grundsätzliche Anwendbarkeit des § 86 a StGB wegen der mit dem Symbol des Keltenkreuzes verbundenen Besonderheiten einer anderweitigen tatbestandlichen Einschränkung.
17
1. Das Bayerische Oberste Landesgericht vertritt in Übereinstimmung mit der Literatur die Auffassung, das öffentliche Verwenden eines (isolierten) stilisierten Keltenkreuzes erfülle wegen seiner Mehrdeutigkeit und mit Blick auf den geringen Bekanntheitsgrad der VSBD/PdA nur dann die Voraussetzungen des objektiven Tatbestandes des § 86 a StGB, wenn aufgrund eines konkreten Hinweises ein Bezug zu der verbotenen Organisation hergestellt werde. Fehle ein solcher Hinweis, unterfalle das Symbol bereits nicht dem Kennzeichenbegriff des § 86 a Abs. 1 und 2 StGB (vgl. Laufhütte/Kuschel in LK 12. Aufl. § 86 a Rdn. 7; Steinmetz in MünchKomm-StGB § 86 a Rdn. 10; Paeffgen in NK-StGB 2. Aufl. § 86 a Rdn. 11; Fischer, StGB 55. Aufl. § 86 a Rdn. 6; wohl auch Stree/Sternberg-Lieben in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. § 86 a Rdn. 4, allerdings bei den Erläuterungen zu § 86 a Abs. 2 Satz 2 StGB).
18
Für eine derart generalisierende, über den Einzelfall hinausgehende Einschränkung des äußeren Tatbestandes des § 86 a StGB bietet jedoch weder der Wortlaut der Vorschrift Anhaltspunkte noch entspräche sie dem Schutzzweck der Norm. Sie stünde überdies nicht mit den von der Rechtsprechung bisher entwickelten Grundsätzen zur Restriktion dieses Tatbestands in Einklang (vgl. BGHSt 25, 30, 34; 51, 244; BVerfG NJW 2006, 3052 f.).
19
Der Kennzeichenbegriff ist für sich genommen einer einschränkenden Auslegung nicht zugänglich. Kennzeichen, wie sie beispielhaft in § 86 a Abs. 2 StGB aufgezählt sind, sind sicht- oder hörbare Symbole, deren sich die in § 86 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 StGB aufgeführten Organisationen bedienen oder bedient haben, um propagandistisch auf ihre politischen Ziele und die Zusammengehörigkeit ihrer Anhängerschaft hinzuweisen (Rudolphi in SK-StGB 53. Lfg. § 86 a Rdn. 2). Zur Begründung der Kennzeicheneigenschaft ist deshalb allein erforderlich , dass sich die Vereinigung ein bestimmtes Symbol durch einen Autorisierungsakt - sei es durch formale Widmung, sei es durch schlichte Übung - zu eigen gemacht hat, so dass dieses Symbol zumindest auch als Zeichen der verbotenen Organisation erscheint (vgl. BGH NJW 1999, 435, 436).
20
Ist dies der Fall, so ist darüber hinaus eine Unverwechselbarkeit des Symbols nicht erforderlich. Dass das Kennzeichen auch unverfängliche Verwendung in anderem Zusammenhang findet und von der Organisation lediglich übernommen wurde, ist für den Kennzeichenbegriff nicht von Bedeutung. Von solchen außerhalb des Symbols liegenden tatsächlichen Umständen kann die Feststellung, ob es sich bei ihm um das Kennzeichen einer verbotenen Organisation handelt, ohne nachteilige Folgen für die Rechtssicherheit und Bestimmtheit des Tatbestands nicht abhängig gemacht werden (vgl. BGH NJW 1999, 435, 436). Ob ausnahmsweise etwas anderes gilt, wenn sich die verbotene Vereinigung ein rein staatliches Hoheitssymbol oder ein Symbol einer Weltreligion in unveränderter Form als Kennzeichen zu eigen macht, braucht der Senat nicht zu entscheiden (bejahend: Steinmetz aaO Rdn. 11; Fischer aaO Rdn. 4; vgl. VGH Mannheim NVwZ 2006, 935; Stegbauer NStZ 2008, 73, 76 f.; offen gelassen in BGHSt 28, 394, 395). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor.
21
Da das stilisierte Keltenkreuz als Symbol jedenfalls auch für die verbotene VSBD/PdA steht, unterfällt es somit ohne jede Einschränkung dem Kennzeichenbegriff des § 86 a StGB. Dem steht nicht entgegen, dass das Keltenkreuz - wenn auch weitgehend gerade nicht in stilisierter Weise, sondern in vielfältigen künstlerischen Gestaltungsformen - auch unabhängig von einem Bezug zu dieser Organisation namentlich zu kultisch-religiösen Zwecken, in kulturhistorischen Zusammenhängen oder auch als reiner Schmuck dargestellt sowie gebraucht wurde und wird. Aus der Senatsentscheidung BGH NStZ 1996, 81 ergibt sich nichts anderes. Denn im dortigen Fall war das Keltenkreuz in der Form eines realistischen Grab- oder Gedenksteins und gerade nicht in der stilisierten Weise dargestellt, wie sie die VSBD/PdA verwendet hatte; ob das derart stilisierte Keltenkreuz die Voraussetzungen des § 86 a Abs. 1 Nr. 1 StGB erfüllt, hat der Senat in diesem Urteil ausdrücklich offen gelassen.
22
2. Dem Umstand, dass - von Fällen der Sozialadäquanz abgesehen (§ 86 a Abs. 3 i.V.m. § 86 Abs. 3 StGB) - bei wortgetreuer Auslegung des § 86 a StGB damit jedweder Gebrauch eines solchen Kennzeichens - mithin aufgrund seiner Mehrdeutigkeit auch jede unverfängliche Verwendung des stilisierten Keltenkreuzes - dem objektiven Tatbestand unterfiele, muss mit Blick auf die Grundrechte namentlich der Meinungs- und Bekenntnisfreiheit durch eine anderweitig restriktive Auslegung der Vorschrift Rechnung getragen werden.
23
a) Das kann aber nicht in der Weise geschehen, dass eine tatbestandsmäßige Verwendung des Kennzeichens nur dann bejaht wird, wenn dieses durch einen mit ihm verbundenen Hinweis oder durch die Umstände seines Gebrauchs in einen konkreten Bezug zu der verbotenen Organisation gestellt wird. Eine derartige Tatbestandseinschränkung wäre mit dem weit gespannten Schutzzweck des § 86 a StGB nicht vereinbar.
24
aa) Die Vorschrift richtet sich zunächst gegen eine Wiederbelebung verfassungswidriger Organisationen und der von ihnen verfolgten verfassungsfeindlichen Bestrebungen, auf die das Kennzeichen symbolhaft hinweist. Es soll bereits jeder Anschein vermieden werden, in der Bundesrepublik Deutschland gebe es eine rechtsstaatswidrige politische Entwicklung in dem Sinne, dass verfassungsfeindliche Bestrebungen in der durch das Kennzeichen symbolisierten Richtung geduldet würden (vgl. BGHSt 25, 30, 33; 31, 383, 387; 51, 244, 246). Die öffentliche Verwendung des Kennzeichens einer verfassungswidrigen Organisation begründet deshalb grundsätzlich die Gefahr einer solchen Wiederbelebung , weil in ihr ein werbendes Bekenntnis zu der Organisation und deren verfassungsfeindlichen Zielen zu sehen ist.
25
Dagegen lässt sich nicht mit Erfolg einwenden, dass das Keltenkreuz wegen seiner vielfältigen Verwendung als kulturhistorisches und religiöses Symbol in der Öffentlichkeit nicht als Erkennungszeichen der weithin unbekannten VSBD/PdA wahrgenommen werde, mithin die Gefahr einer propagandistischen Wirkung für die verbotene Organisation allenfalls gering sei (vgl. Stegbauer JR 2002, 182, 185). Eine solche Sichtweise lässt schon außer Betracht, dass das Keltenkreuz als kulturhistorisches oder religiöses Symbol regelmäßig in unterschiedlichen künstlerischen Gestaltungs- und Darstellungsformen verwendet , dagegen kaum in der stilisierten Weise gebraucht wird, die die VSBD/PdA benutzt hat. Im Übrigen ist der Senat einer an den Bekanntheitsgrad der Organisation bzw. der ihr zuzuordnenden Kennzeichen anknüpfenden Argumentation bereits in seinem Beschluss vom 31. Juli 2002 nicht gefolgt (BGHSt 47, 354), nicht zuletzt mit Blick darauf, dass es sich bei § 86 a StGB um ein abstraktes Gefährdungsdelikt handelt und eine wie auch immer geartete konkrete Gefährdung des politischen Friedens zur Verwirklichung des Tatbestandes nicht erforderlich ist (BGHSt aaO S. 359).
26
bb) Die vom Bayerischen Obersten Landesgericht und in der Literatur vertretene Auffassung würde jedoch vor allem nicht dem Zweck des § 86 a StGB gerecht, die von der Verwendung des Kennzeichens einer verfassungswidrigen Organisation ausgehende gruppeninterne Wirkung zu unterbinden. Neben der werbenden Wirkung nach außen erfüllen Kennzeichen eine wichtige gruppeninterne Funktion als sichtbares Symbol geteilter Überzeugungen. Ihre Verwendung erlaubt es Gleichgesinnten, einander zu erkennen und sich als eine von den "anderen" abgrenzbare Gruppe zu definieren (BGHSt 47, 354, 359; Hörnle NStZ 2002, 113, 114). Der Gefahr einer gruppeninternen Verwendung des Kennzeichens und einer damit einhergehenden Verfestigung der Bindungen von Gleichgesinnten kann durch eine Auslegung des § 86 a Abs. 1 Nr. 1 StGB, die die Verwendung des von der VSBD/PdA gebrauchten stilisierten Keltenkreuzes nur dann unter den Tatbestand subsumiert, wenn ein auch für außenstehende Dritte erkennbarer Bezug des Symbols zu dieser Organisation hergestellt wird, nicht wirksam entgegengetreten werden. Vielmehr liegt es nahe, dass sich gerade Anhänger der verbotenen Organisation die nach Auffassung des Bayerischen Obersten Landesgerichts und der Literatur bestehende Möglichkeit, das Kennzeichen auch straflos gebrauchen zu können, für ihre Zwecke zu Nutze machen würden und sich auf diese Weise das verbotene Kennzeichen im politischen Leben der Bundesrepublik Deutschland wieder als Symbol der VSBD/PdA Organisation etablieren könnte.
27
b) Für eine einschränkende Auslegung des Tatbestands des § 86 a StGB ist deshalb ein anderer Lösungsansatz zu wählen.
28
Nach mittlerweile gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erfordert die weite Fassung des § 86 a StGB eine Restriktion des Tatbestands in der Weise, dass solche Handlungen, die dem Schutzzweck der Norm eindeutig nicht zuwiderlaufen oder sogar in seinem Sinne wirken, nicht dem objektiven Tatbestand unterfallen (vgl. BGHSt 25, 30, 32 ff.; 25, 133, 136 f.; 51, 244, 246 ff.). Dies ist bislang für Fälle anerkannt, in denen das Kennzeichen in einer Weise dargestellt wird, die offenkundig gerade zum Zweck der Kritik an der verbotenen Vereinigung oder der ihr zugrunde liegenden Ideologie eingesetzt wird (vgl. BGHSt 25, 30, 34; 51, 244) oder erkennbar verzerrt, etwa parodistisch verwendet wird (vgl. BGHSt 25, 133, 136 f.). Mit dieser Rechtsprechung wird einerseits dem Anliegen, verbotene Kennzeichen grundsätzlich aus dem Bild des politischen Lebens zu verbannen, andererseits den hohen Anforderungen, die das Grundrecht der freien Meinungsäußerung an die Beurteilung solcher kritischen Sachverhalte stellt, Rechnung getragen (vgl. BVerfG NJW 2006, 3052). Sie ist für den hier in Rede stehenden Fall fortzuentwickeln.
29
Allerdings kann hier für die Prüfung, ob die Verwendung des stilisierten Keltenkreuzes dem Schutzzweck des § 86 a StGB eindeutig nicht zuwiderläuft, nicht auf die Darstellung des Symbols selbst zurückgegriffen werden; denn dieses lässt bei isoliertem Gebrauch gerade nicht erkennen, ob es als Kennzeichen der verbotenen Organisation oder - trotz der Stilisierung - zu völlig anderen , etwa religiösen oder rein dekorativen Zwecken verwendet wird. Ebensowenig lässt sich der Darstellung eine offenkundige Gegnerschaft zu der VSBD/PdA entnehmen. Anzuknüpfen ist vielmehr an die Fälle, in denen ein (offensichtlich ) "verbotenes" Kennzeichen in einem mehrdeutigen Zusammenhang gebraucht wird. Hierzu hat der Senat bereits entschieden, dass für die Beantwortung der Frage, ob die konkrete Kennzeichenverwendung dem Schutzzweck des § 86 a StGB erkennbar nicht zuwiderläuft, die gesamten Umstände der Tat zu berücksichtigen sind (BGHSt 25, 30, 34: "Hitler-Gruß" bei Polizeikontrolle). Nichts anderes kann gelten, wenn die potentielle Mehrdeutigkeit des Geschehens schon aus dem Kennzeichen selbst entspringt. Daher kann den Anforderungen , die die Grundrechte der Meinungs- und Bekenntnisfreiheit, aber auch der allgemeinen Handlungsfreiheit an eine verfassungskonforme Auslegung des Tatbestands stellen, hier nur in der Weise Rechnung getragen werden, dass der mit dem Gebrauch des Kennzeichens verbundene Aussagegehalt anhand aller maßgeblichen Umstände des Falles ermittelt wird. Ergibt dies, dass der Schutzzweck der Norm in seinen oben dargestellten Ausprägungen eindeutig nicht berührt wird, so fehlt es an einem tatbestandlichen Verwenden des Kennzeichens , da dieses nicht als solches der VSBD/PdA zur Schau gestellt wird. Sind die äußeren Umstände dagegen nicht eindeutig, so ist der objektive Tatbestand der Norm erfüllt; es bedarf dann aber besonders sorgfältiger Prüfung, ob sich der Täter bewusst war, das Kennzeichen einer verbotenen Organisation zu verwenden und daher auch die subjektive Tatseite gegeben ist. RiBGHvonLienenisterkrankt unddahergehindertzuunterschreiben. Becker Miebach Becker Sost-Scheible Schäfer

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
im Inland Kennzeichen einer der in § 86 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 oder Absatz 2 bezeichneten Parteien oder Vereinigungen verbreitet oder öffentlich, in einer Versammlung oder in einem von ihm verbreiteten Inhalt (§ 11 Absatz 3) verwendet oder
2.
einen Inhalt (§ 11 Absatz 3), der ein derartiges Kennzeichen darstellt oder enthält, zur Verbreitung oder Verwendung im Inland oder Ausland in der in Nummer 1 bezeichneten Art und Weise herstellt, vorrätig hält, einführt oder ausführt.

(2) Kennzeichen im Sinne des Absatzes 1 sind namentlich Fahnen, Abzeichen, Uniformstücke, Parolen und Grußformen. Den in Satz 1 genannten Kennzeichen stehen solche gleich, die ihnen zum Verwechseln ähnlich sind.

(3) § 86 Abs. 4 und 5 gilt entsprechend.

(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren das Urteil aufgehoben wird.

Fehlt dem Täter bei Begehung der Tat die Einsicht, Unrecht zu tun, so handelt er ohne Schuld, wenn er diesen Irrtum nicht vermeiden konnte. Konnte der Täter den Irrtum vermeiden, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 394/07
vom
3. April 2008
in der Strafsache
gegen
wegen Volksverhetzung u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
21. Februar 2008 in der Sitzung am 3. April 2008, an denen teilgenommen haben
:
Richter am Bundesgerichtshof
Becker
als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Miebach,
von Lienen,
Hubert,
Dr. Schäfer
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
- in der Verhandlung vom 21. Februar 2008 -
als Verteidiger,
Justizamtsinspektor in der Verhandlung vom 21. Februar 2008,
Justizangestellte in der Sitzung vom 3. April 2008
als Urkundsbeamte der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Dresden vom 7. März 2007 in den Fällen II. 3., 4., 6., 7. und 8. der Urteilsgründe mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
I. Nach den Feststellungen des Landgerichts machte sich der Angeklagte , der seit seinem 14. Lebensjahr in politisch rechtsgerichteten Organisationen und Parteien aktiv und seit dem Jahre 1998 Mitglied des Bundesvorstands der NPD ist, im Jahre 1993 mit dem Handel von CDs unter dem Namen "P. Liste" selbstständig. Seit dem Jahre 1996 bestritt er seinen Lebensunterhalt ausschließlich mit dieser Tätigkeit. Im Januar 1998 brachte er sein Unternehmen in die der NPD nahestehende "D. Verlags Gesellschaft mbH" ein. Dort war er zunächst als Produktionsleiter angestellt und für alle Artikel verantwortlich, die der Verlag vertrieb; seit dem Jahre 2004 ist er einer von zwei Geschäftsführern. Der Angeklagte hatte bei der Auswahl der CDs freie Hand und trug die Verantwortung für die rechtliche Seite der Produktionen. Dabei war ihm klar, dass sich die von dem Verlag unter seiner Leitung vertriebenen Liedtexte teilweise am Rande der Legalität bewegten. Anlässlich einer Durchsuchung der Räumlichkeiten der "D. Verlags Gesellschaft mbH" im März 2003 wurden insgesamt 250 verschiedene CDs sichergestellt; ihr Inhalt wurde in der Folgezeit überprüft.
2
Hinsichtlich acht dieser CDs hat die Staatsanwaltschaft Anklage erhoben. Sie hat dem Angeklagten vorgeworfen, er habe sich der Volksverhetzung in fünf Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Gewaltdarstellung, des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, der Beschimpfung von Bekenntnissen, Religionsgesellschaften und Weltanschauungsvereinigungen sowie des Verbreitens von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen schuldig gemacht.
3
Das Landgericht hat den Angeklagten freigesprochen. Es hat dies damit begründet, dass teilweise schon die Voraussetzungen des objektiven Tatbestands der jeweils in Betracht kommenden Strafvorschriften nicht gegeben seien ; teilweise hat es angenommen, der Angeklagte habe nicht vorsätzlich gehandelt bzw. sich in einem unvermeidbaren Verbotsirrtum befunden.
4
Hiergegen richtet sich die mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts begründete Revision der Staatsanwaltschaft. Das vom Generalbundesanwalt - mit Ausnahme des Falles II. 5. der Urteilsgründe - vertretene Rechtsmittel hat einen Teilerfolg.
5
II. Die Revision ist nicht begründet, soweit sie sich gegen den Freispruch des Angeklagten in den Fällen II. 1., 2. und 5. der Urteilsgründe wendet.
6
1. Im Fall II. 1. der Urteilsgründe hat das Landgericht ohne Rechtsfehler den objektiven Tatbestand der Volksverhetzung (§ 130 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a und d StGB) verneint; denn der Text des Liedes "Geh uns aus dem Weg" auf der CD "Eiserne Jugend" der Gruppe "Foierstoss" wendet sich nicht gegen ein Angriffsobjekt im Sinne der genannten Vorschrift.
7
Die Norm setzt voraus, dass sich der Inhalt einer Schrift, der nach § 11 Abs. 3 StGB CDs gleich stehen, gegen einen Teil der Bevölkerung oder gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihr Volkstum bestimmte Gruppe richtet. Unter einem - im vorliegenden Fall allein in Betracht kommenden - Teil der Bevölkerung ist eine von der übrigen Bevölkerung auf Grund gemeinsamer äußerer oder innerer Merkmale politischer, nationaler, ethnischer, rassischer, religiöser, weltanschaulicher, sozialer, wirtschaftlicher, beruflicher oder sonstiger Art unterscheidbare Gruppe von Personen zu verstehen, die zahlenmäßig von einiger Erheblichkeit und somit individuell nicht mehr unterscheidbar sind (vgl. Fischer, StGB 55. Aufl. § 130 Rdn. 4). Dass es sich bei den mit den Bezeichnungen "Linke und Antifa-Brut" sowie "Rote Flut" angesprochenen Personenkreisen nicht um abgrenzbare Bevölkerungsgruppen in diesem Sinne handelt , hat das Landgericht mit revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Interpretation des Liedtextes dargelegt.
8
a) Die Auslegung des Inhalts einer Schrift im Sinne des § 130 Abs. 2 Nr. 1 StGB hat sich wegen des Charakters der Vorschrift als Verbreitungsdelikt an seinem objektiven Sinngehalt, Zweck und Erklärungswert zu orientieren, wie sie von einem verständigen, unvoreingenommenen Durchschnittsleser oder -hörer aufgefasst werden. Ob die Schrift die inhaltlichen Anforderungen des objektiven Tatbestands erfüllt, muss sich demnach in erster Linie aus ihr selbst ergeben. Umstände, die in der Schrift selbst keinen Niederschlag gefunden haben, bleiben grundsätzlich außer Betracht. Insbesondere subjektive Zielsetzungen, Mo- tive, Absichten, Vorstellungen oder Neigungen des Täters müssen zumindest "zwischen den Zeilen" erkennbar sein (vgl. Miebach/Schäfer in MünchKomm StGB § 130 Rdn. 57). Lässt eine Äußerung mehrere Deutungen zu, von denen nur eine strafbar ist, so darf die zur Bestrafung führende Interpretation nur zugrunde gelegt werden, wenn die anderen Deutungsmöglichkeiten, insbesondere solche, die mit der Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG) vereinbar wären, mit überzeugenden Gründen ausgeschlossen werden können (vgl. BVerfG NJW 1994, 2943).
9
b) Bei einer diesen Maßstäben entsprechenden Auslegung des Inhalts der CD ergibt sich, dass kein ausreichend eingrenzbarer Bevölkerungsteil angegriffen wird.
10
Zwar kann grundsätzlich auch eine politische Gruppierung taugliches Ziel eines Angriffs im Sinne des § 130 Abs. 2 StGB sein (vgl. von Bubnoff in LK 11. Aufl. § 130 Rdn. 9). Bei nicht näher spezifizierten Sammelbegriffen wie "Rote" oder "Linke" ist der bezeichnete Personenkreis jedoch so groß und unüberschaubar und umfasst derart zahlreiche, sich teilweise deutlich unterscheidende politische Richtungen und Einstellungen, dass seine Abgrenzung auf Grund bestimmter Merkmale von der Gesamtbevölkerung nicht möglich ist (vgl. BGHR StGB § 130 Nr. 1 Bevölkerungsteil 1).
11
Ähnliches gilt im Ergebnis für die Bezeichnung "Antifa-Brut". Der Begriff "Antifa" bezeichnet nach allgemeinem Verständnis je nach Zusammenhang linke , linksradikale und/oder autonome Gruppierungen oder Organisationen, die sich das Ziel gesetzt haben, Nationalismus oder Rassismus zu bekämpfen. Dabei handelt es sich allerdings nicht um ein auch nur annähernd homogenes Gebilde. Vielmehr ist die Ablehnung von Faschismus, Rassismus und Nationalismus häufig nur der kleinste gemeinsame Nenner, der zwischen den unter- schiedlichen Gruppierungen konsensfähig ist. Treffen sich indes ansonsten politisch -ideologisch ganz unterschiedlich geprägte Personengruppen lediglich in einem gemeinsamen Ziel, so reicht allein dies grundsätzlich nicht aus, um sie als abgrenzbaren Teil der Bevölkerung im Sinne des § 130 Abs. 1 und 2 StGB ansehen zu können; denn die Personenmehrheit ist in diesen Fällen nicht in einem Maße durch gemeinsame individuelle Merkmale geprägt, das sie nach außen als Einheit erscheinen lässt und eine hinreichend sichere Unterscheidung von der übrigen Bevölkerung ermöglicht.
12
Die besonderen Umstände des vorliegenden Falles führen nicht zu einem abweichenden Ergebnis; denn auch dem Kontext, etwa dem Inhalt der übrigen Lieder der CD, sind bei sachgerechter Interpretation keine Gesichtspunkte zu entnehmen, die zu einer hinreichenden Eingrenzbarkeit des angegriffenen Personenkreises führen könnten.
13
2. Auch im Fall II. 2. der Urteilsgründe ist der Freispruch des Angeklagten vom Vorwurf der Volksverhetzung (§ 130 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a und d StGB) in Tateinheit mit Gewaltdarstellung (§ 131 Abs. 1 Nr. 1 und 4 StGB) bezüglich der Texte der Lieder auf der CD "Spirit of 88/White Power Skinheads" der Band "Spreegeschwader" im Ergebnis nicht zu beanstanden.
14
a) Hinsichtlich des Liedes "Ignoranten" liegen - entgegen der Ansicht des Landgerichts, das zur Begründung des Freispruchs auf einen Tatbestandsbzw. unvermeidbaren Verbotsirrtum des Angeklagten abgestellt hat - bereits die Voraussetzungen des objektiven Tatbestands der Norm nicht vor; denn es fehlt an der in allen Alternativen der Vorschrift vorausgesetzten besonderen Intensität des Angriffs.
15
aa) Mit dem Text des genannten Liedes wird zunächst nicht zum Hass gegen einen Teil der Bevölkerung oder eine im Gesetz näher bezeichnete Gruppe von Personen aufgestachelt. Hierunter ist ein Verhalten zu verstehen, das auf die Gefühle oder den Intellekt eines anderen einwirkt und objektiv geeignet sowie subjektiv bestimmt ist, eine emotional gesteigerte, über die bloße Ablehnung oder Verachtung hinausgehende, feindselige Haltung gegen den betreffenden Bevölkerungsteil oder die betreffende Gruppe zu erzeugen oder zu verstärken (vgl. BGHSt 40, 97, 102; 46, 212, 217). Der Liedtext enthält zwar abfällige Äußerungen über Türken, Albaner und Russen, denen vor allem die Beherrschung der Schulen und die Begehung bestimmter Arten von Straftaten vorgeworfen wird. Wenn auch Hetze, die sich gegen Ausländer richtet, bei entsprechendem Gewicht regelmäßig tatbestandsrelevant sein kann (vgl. Miebach /Schäfer, aaO § 130 Rdn. 32), so ist hier jedoch die erforderliche besonders intensive Form der Einwirkung (vgl. BGHSt 21, 371, 372) auch unter Beachtung des zu berücksichtigenden Kontextes nicht gegeben.
16
bb) Daneben wird auch nicht zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen gegen die genannten Angriffsobjekte aufgefordert. Dies setzt ein über das bloße Befürworten hinausgehendes, ausdrückliches oder konkludentes Einwirken auf andere mit dem Ziel voraus, in ihnen den Entschluss zu diskriminierenden Handlungen hervorzurufen, die den elementaren Geboten der Menschlichkeit widersprechen (vgl. Lenckner/Sternberg-Lieben in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. § 130 Rdn. 5 b; von Bubnoff, aaO § 130 Rdn. 19). Hierunter fallen etwa Gewalttätigkeiten im Sinne des § 125 StGB, Freiheitsberaubungen, gewaltsame Vertreibungen, Pogrome, die Veranstaltung von Hetzjagden gegen Ausländer und sonstige im Widerspruch zu elementaren Geboten der Menschlichkeit stehende Behandlungen aller Art (vgl. Miebach/Schäfer, aaO § 130 Rdn. 35). Ein derartiger Appellcharakter ist dem Text des genannten Liedes nicht zu entnehmen.
17
cc) Schließlich wird auch nicht die Menschenwürde anderer dadurch angegriffen , dass eines der genannten Angriffsobjekte beschimpft, böswillig verächtlich gemacht oder verleumdet wird. Beschimpfen ist eine nach Inhalt oder Form besonders verletzende Äußerung der Missachtung (vgl. BGHSt 46, 212, 216). Unter Verächtlichmachen ist jede auch bloß wertende Äußerung zu verstehen , durch die jemand als der Achtung der Staatsbürger unwert oder unwürdig hingestellt wird (vgl. BGHSt 3, 346, 348). Verleumden erfordert das wider besseres Wissen aufgestellte oder verbreitete Behaupten einer Tatsache, die geeignet ist, die betroffene Gruppe in ihrer Geltung und in ihrem Ansehen herabzuwürdigen (vgl. Fischer, aaO § 130 Rdn. 11). Ein Angriff gegen die Menschenwürde anderer, der sich durch eine dieser Handlungen ergeben muss, setzt voraus, dass sich die feindselige Handlung nicht nur gegen einzelne Persönlichkeitsrechte wie etwa die Ehre richtet, sondern den Menschen im Kern seiner Persönlichkeit trifft, indem er unter Missachtung des Gleichheitssatzes als minderwertig dargestellt und ihm das Lebensrecht in der Gemeinschaft bestritten wird (vgl. BVerfG NJW 2001, 61, 63). Ein noch weiter gehender Angriff etwa auf das biologische Lebensrecht an sich ist nicht erforderlich (vgl. BayObLG NStZ 1994, 588, 589). Auch insoweit kommen grundsätzlich entsprechend intensive ausländerfeindliche Parolen in Betracht (vgl. die Beispiele bei Miebach/Schäfer, aaO § 130 Rdn. 44 m. w. N.).
18
Derart besonders qualifizierte Beeinträchtigungen, die durch ein gesteigertes Maß an Gehässigkeit und Rohheit gekennzeichnet sein müssen, und durch die die Angehörigen des betreffenden Bevölkerungsteils oder der betreffenden Gruppe in ihren grundlegenden Lebensrechten als gleichwertige Persönlichkeiten in der Gemeinschaft verletzt werden und der unverzichtbare Bereich ihres Persönlichkeitskerns sozial abgewertet wird (vgl. BGHSt 36, 83, 90), liegen hier indes nicht vor. Der Gehalt des Textes zielt vielmehr in erster Linie auf das Anprangern eines von den Interpreten postulierten Unverständnisses gegenüber dem vermeintlich legitimen Anliegen ausländerfeindlicher Bevölkerungskreise und eine - wenn auch durchaus massive - Kundgabe der Missbilligung bestimmter behaupteter Zustände.
19
b) Bezüglich des Liedes "Mörder in der Nacht" hat das Landgericht die Verwirklichung des objektiven Tatbestands von § 131 StGB ohne Rechtsfehler verneint, da dem Text keine eindeutig gewaltverherrlichende Aussage zu entnehmen ist.
20
3. Der Freispruch des Angeklagten im Fall II. 5. der Urteilsgründe vom Vorwurf der Beschimpfung von Bekenntnissen, Religionsgesellschaften und Weltanschauungsvereinigungen (§ 166 Abs. 1 und 2 StGB) ist ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden.
21
Das Landgericht hat den objektiven Tatbestand des § 166 StGB rechtsfehlerfrei mit der Begründung verneint, es fehle an einer ausreichenden Tathandlung , weil dem Angeklagten nicht nachzuweisen gewesen sei, dass er die CD "Der Untermensch" der Gruppe "Camulos" - deren Texte in mehreren Liedern allerdings die inhaltlichen Voraussetzungen des § 166 StGB erfüllen - tatsächlich verbreitet, das heißt, sie ihrer Substanz nach einem größeren Personenkreis zugänglich gemacht (vgl. BGH NJW 1999, 1979, 1980 zu § 184 StGB m. w. N.) habe. Das Landgericht hat lediglich festgestellt, dass im Lager des Verlags eine CD aufbewahrt wurde. Das bloße Vorrätighalten einer Schrift ist gemäß § 166 StGB indes ebenso wenig mit Strafe bedroht wie der Versuch des Verbreitens (§ 166 Abs. 1 und 2, § 23 Abs. 2, § 12 Abs. 1 und 2 StGB).
22
Soweit das Landgericht im Übrigen in Bezug auf eine mögliche Strafbarkeit wegen Volksverhetzung den Vorsatz des Angeklagten nicht festzustellen vermocht hat, begegnet dies aus den vom Generalbundesanwalt in seiner An- tragsschrift zutreffend dargelegten Gründen keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
23
III. Demgegenüber hält das Urteil sachlichrechtlicher Prüfung in den Fällen II. 3., 4., 6., 7. und 8. der Urteilsgründe nicht stand.
24
1. Bei dem Freispruch des Angeklagten im Fall II. 3. der Urteilsgründe vom Vorwurf der Volksverhetzung (§ 130 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a und d StGB) im Zusammenhang mit dem Text des Liedes "Rote raus" auf der CD "Herz des Reiches" der Gruppe "Panzerfaust" hat das Landgericht weder den objektiven noch den subjektiven Tatbestand der Vorschrift mit einer rechtlich tragfähigen Begründung ausgeschlossen.
25
a) Entgegen der Meinung der Strafkammer wird mit dem in dem Lied verwendeten Ausdruck "Kommunisten" ein Teil der Bevölkerung im Sinne des Tatbestandes der Volksverhetzung gemäß § 130 Abs. 1 und 2 StGB bezeichnet. Im Gegensatz zu der "Antifa"-Bewegung, in der weltanschaulich unterschiedlich geprägte Gruppierungen lediglich durch ein gemeinsames Ziel vereint sind, verbindet Kommunisten - bei durchaus unterschiedlicher Ausrichtung in Einzelfragen - eine gemeinsame weltanschauliche, politisch-ideologische Grundüberzeugung. Diese gibt der Personenmehrheit ein insgesamt gemeinschaftliches Gepräge, das sie - trotz im Randbereich vorhandener Berührungspunkte und Überschneidungen mit sonstigen, insbesondere politisch linksgerichteten Gruppierungen - in ausreichender Weise von der übrigen Bevölkerung unterscheidbar macht.
26
b) Der Text des Liedes enthält einen Angriff gegen die Menschenwürde anderer, der darin liegt, dass die Kommunisten als Teil der Bevölkerung böswillig verächtlich gemacht werden. In ihm heißt es auszugsweise: "Blöder als die Polizei erlaubt/ Dreckiger als das dreckigste Schwein/ Du stinkst mehr als ein Hundehaufen/ Dein Gehirn ist erbsenklein/ Du bist ein Kommunist und deine Ideen gehören auf den Mist/ Nie wieder werdet ihr unser Volk zerspalten/ Unser Heimat vergewaltigen". Der Refrain lautet: "Rote raus, Rote raus, Rote raus/ Das ist unsre Heimat, hier sind wir zu haus/ Rote raus, Rote raus, Rote raus/ Ihr lächerlichen Kasper, wir lachen euch bloß aus". Bei sachgerechter Auslegung werden hierdurch in eindeutiger Weise Kommunisten nicht nur in einzelnen Persönlichkeitsrechten wie ihrer Ehre getroffen, sondern darüber hinausgehend in besonders gehässiger und roher Weise sozial abgewertet und im Kern ihrer Persönlichkeit verletzt.
27
c) Soweit das Landgericht ausgeführt hat, eine Strafbarkeit des Angeklagten scheide daneben jedenfalls aus subjektiven Gründen aus, da ihm "als Laien" kein Vorsatz nachgewiesen werden könne, wenn selbst die Strafkammer den Text für rechtlich noch vertretbar erachte, hat es die Voraussetzungen vorsätzlichen Handelns verkannt.
28
aa) Das Landgericht hätte, wollte es den Vorsatz des Angeklagten verneinen , aufgrund der Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen darlegen müssen, was der Angeklagte im Einzelnen nicht in sein Wissen und Wollen aufgenommen hat. Da im Rahmen des § 130 StGB bedingter Vorsatz ausreicht, kommt es darauf an, ob der Täter das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen der Norm als möglich und nicht ganz fernliegend erkennt und damit in der Weise einverstanden ist, dass er die Tatbestandsverwirklichung billigend in Kauf nimmt (vgl. Fischer, aaO § 15 Rdn. 9 ff.).
29
bb) Dem Landgericht oblag es deshalb, unter Anlegung dieser Maßstäbe zu prüfen, ob der Angeklagte zumindest bedingt vorsätzlich davon ausging, dass in dem betreffenden Lied Kommunisten als Teil der Bevölkerung böswillig verächtlich gemacht werden. Hierfür reichte allein der Hinweis darauf nicht aus, dass die Strafkammer selbst die Verwirklichung des objektiven Tatbestands der Norm verneint hat. Vielmehr musste sie die maßgebende Vorstellung des Täters zum Zeitpunkt der Begehung der Tat feststellen und würdigen. Dabei war darauf Bedacht zu nehmen, dass der Vorsatz auf der Wissensseite als intellektuelles Element erfordert, dass der Täter sich zurzeit der Handlung des Vorliegens aller Umstände des äußeren Tatbestands bewusst ist.
30
Namentlich bei normativ geprägten Tatbestandsmerkmalen braucht der Täter im Übrigen nicht die aus den Gesetzesbegriffen folgende rechtliche Wertung nachzuvollziehen; insofern genügt die Parallelwertung in der Laiensphäre, die voraussetzt, dass der Täter die Tatsachen kennt, die dem normativen Begriff zugrunde liegen, und auf der Grundlage dieses Wissens den sozialen Sinngehalt des Tatbestandsmerkmals richtig begreift (vgl. Lackner/Kühl, StGB 26. Aufl. § 15 Rdn. 9, 14).
31
2. Im Fall II. 4. der Urteilsgründe hat das Landgericht zum Vorwurf des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (§ 86 a Abs. 1 Nr. 2 StGB) festgestellt, dass der Angeklagte in den Räumen der "D. Verlags Gesellschaft mbH" zu Verkaufszwecken die CD "Stimme des Volkes 26.03.1999" lagerte. Diese enthielt die Aufnahme einer aus Liedern und Textbeiträgen bestehenden Sendung von "Radio Germania", einem politisch rechtsgerichteten Sender. In zwei Liedern wird unter Anknüpfung an den Sprachgebrauch des Dritten Reiches die Parole der Hitlerjugend "Blut und Ehre" gebraucht. Dem Angeklagten war im Jahre 1999 in einem Gespräch von dem Verantwortlichen des Senders mitgeteilt worden, dass alle Sendungen anwaltlich begutachtet und für unbedenklich gehalten worden seien. Daneben wird von dem Sprecher zu Beginn der Sendung darauf hingewiesen, dass die Sendung "wie immer auch dieses Mal von unseren Rechtsanwälten als strafrecht- lich nicht relevant und ohne Verstöße gegen die Jugendschutzordnung gewertet worden" sei.
32
a) Die Strafkammer hat im Ergebnis rechtsfehlerfrei angenommen, dass der objektive Tatbestand des § 86 a Abs. 1 Nr. 2 StGB erfüllt ist; denn der Angeklagte hielt mit der beschriebenen CD einen Gegenstand zum Zwecke der Verbreitung vorrätig, der ein Kennzeichen einer nationalsozialistischen Organisation im Sinne von § 86 a Abs. 2 Satz 1, § 86 Abs. 1 Nr. 4 StGB enthielt.
33
b) Zur Begründung des Freispruchs hat das Landgericht darauf abgestellt , dem Angeklagten könne nicht nachgewiesen werden, er habe gewusst, dass die Verwendung des Begriffspaares "Blut und Ehre" zweifelsfrei auf die Parole der Hitlerjugend hinweise; es fehle somit an der subjektiven Tatseite. Gehe man stattdessen von einem Verbotsirrtum aus, sei dieser unvermeidbar gewesen. Diese Ausführungen begegnen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
34
aa) Zwar können Fehlvorstellungen oder -bewertungen über normative Tatbestandsmerkmale je nach dem Stand der (Un-)Kenntnis des Täters zu einem den Vorsatz und damit die Strafbarkeit ausschließenden Tatbestandsirrtum (§§ 15, 16 StGB) oder zu einem vermeidbaren oder unvermeidbaren Verbotsirrtum (§ 17 StGB) führen, wobei die sachgerechte Einordnung derartiger Irrtümer unter Rückgriff auf wertende Kriterien und differenzierte Betrachtungen vorzunehmen ist (vgl. BGH NStZ 2006, 214, 217). Insoweit kann das Vertrauen des Täters in juristische Auskünfte sowohl im Rahmen des Tatbestandsvorsatzes Bedeutung erlangen als auch sich im Bereich der Schuld auf die Strafbarkeit auswirken (vgl. Kirch-Heim/Samson, wistra 2008, 81). Durch die vom Landgericht getroffenen Feststellungen wird indes weder tragfähig belegt, dass der An- geklagte ohne Vorsatz handelte, noch dass ihm bei Begehung der Tat die Einsicht fehlte, Unrecht zu tun.
35
bb) Weder die pauschale Auskunft des für den Radiosender Verantwortlichen über eine anwaltliche Begutachtung noch der ebenso substanzlose Hinweis des Sprechers zu Beginn der Sendung enthält einen irgendwie näher fassbaren konkreten Hinweis auf eine Strafnorm oder gar ein bestimmtes Tatbestandsmerkmal. Die Feststellungen lassen deshalb nicht erkennen, wieso der Angeklagte allein aufgrund dieser Auskünfte nicht zumindest im Sinne bedingten Vorsatzes wusste und wollte, dass in den betreffenden Liedern mit der Losung "Blut und Ehre" die Parole der Hitlerjugend wiedergegeben wurde. Dies gilt erst recht vor dem Hintergrund, dass der Angeklagte aufgrund seines politischen Werdegangs und seiner über viele Jahre ausgeübten beruflichen Tätigkeit mit dem Vokabular politisch rechtsgerichteter Kreise in hohem Maße vertraut war.
36
cc) Auch ein Verbotsirrtum des Angeklagten ist nicht ausreichend belegt. Wenn der Täter einen in seiner Bedeutung zutreffend erkannten Umstand rechtlich unrichtig subsumiert, kann seine Fehlvorstellung zwar als sog. Subsumtionsirrtum im Rahmen der Schuld Bedeutung gewinnen (vgl. Lackner/Kühl, aaO § 15 Rdn. 14). Hierzu lassen die Urteilsgründe jedoch jegliche näheren Ausführungen vermissen. Der - rechtsfehlerhaften - Annahme eines Tatbestandsirrtums wird vielmehr ohne nähere Begründung diejenige eines Verbotsirrtums "nachgeschoben". Da der Täter bereits dann ausreichende Unrechtseinsicht hat, wenn er bei Begehung der Tat mit der Möglichkeit rechnet, Unrecht zu tun, und dies billigend in Kauf nimmt (vgl. BGHSt 4, 1, 4; 27, 196, 202; BGH NStZ 1996, 236, 237; 338), hier dem Angeklagten aber bewusst war, dass er sich in einem rechtlichen Grenzbereich bewegte, liegt es zumindest nicht nahe, dass er aufgrund der pauschalen Hinweise über das Unrecht seines Tuns irrte.
37
dd) Rechtsfehlerhaft hat das Landgericht weiter angenommen, ein etwaiger Verbotsirrtum sei unvermeidbar gewesen; hierfür bilden die getroffenen Feststellungen keine ausreichende Grundlage.
38
Die Unvermeidbarkeit eines Verbotsirrtums setzt voraus, dass der Täter alle seine geistigen Erkenntniskräfte eingesetzt und etwa aufkommende Zweifel durch Nachdenken oder erforderlichenfalls durch Einholung verlässlichen und sachkundigen Rechtsrats beseitigt hat (vgl. BGHSt 21, 18, 20). Dabei müssen sowohl die Auskunftsperson als auch die Auskunft aus der Sicht des Täters verlässlich sein; die Auskunft selbst muss zudem einen unrechtsverneinenden Inhalt haben. Eine Auskunft ist in diesem Sinne nur dann verlässlich, wenn sie objektiv, sorgfältig, verantwortungsbewusst und insbesondere nach pflichtgemäßer Prüfung der Sach- und Rechtslage erteilt worden ist (vgl. Vogel in LK 12. Aufl. § 17 Rdn. 78, 85). Bei der Auskunftsperson ist dies der Fall, wenn sie die Gewähr für eine diesen Anforderungen entsprechende Auskunftserteilung bietet (vgl. BGHSt 40, 257, 264).
39
Hinzu kommt, dass der Täter nicht vorschnell auf die Richtigkeit eines ihm günstigen Standpunkts vertrauen und seine Augen nicht vor gegenteiligen Ansichten und Entscheidungen verschließen darf. Maßgebend sind die jeweils konkreten Umstände, insbesondere seine Verhältnisse und Persönlichkeit; daher sind zum Beispiel sein Bildungsstand, seine Erfahrung und seine berufliche Stellung zu berücksichtigen (vgl. Fischer, aaO § 17 Rdn. 8).
40
Das Vertrauen auf eingeholten rechtsanwaltlichen Rat vermag somit nicht in jedem Fall einen unvermeidbaren Verbotsirrtum des Täters zu begründen. Wendet sich dieser an einen auf dem betreffenden Rechtsgebiet versierten Anwalt, so hat er damit zwar vielfach das zunächst Gebotene getan (vgl. BGHR StGB § 17 Vermeidbarkeit 3). Jedoch ist weiter erforderlich, dass der Täter auf die Richtigkeit der Auskunft nach den für ihn erkennbaren Umständen vertrauen darf. Dies ist nicht der Fall, wenn die Unerlaubtheit des Tuns für ihn bei auch nur mäßiger Anspannung von Verstand und Gewissen leicht erkennbar ist oder er nicht mehr als eine Hoffnung haben kann, das ihm bekannte Strafgesetz greife hier noch nicht ein. Daher darf der Täter sich auf die Auffassung eines Rechtsanwalts etwa nicht allein deswegen verlassen, weil sie seinem Vorhaben günstig ist (vgl. BGH, Beschl. vom 12. Juni 1985 - 3 StR 82/85). Eher zur Absicherung als zur Klärung bestellte Gefälligkeitsgutachten scheiden als Grundlage unvermeidbarer Verbotsirrtümer aus (vgl. Fischer, aaO § 17 Rdn. 9 a). Auskünfte , die erkennbar vordergründig und mangelhaft sind oder nach dem Willen des Anfragenden lediglich eine "Feigenblattfunktion" (vgl. Cramer/Sternberg-Lieben in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. § 17 Rdn. 18) erfüllen sollen, können den Täter ebenfalls nicht entlasten (vgl. BGH NStZ 2000, 307, 309). Insbesondere bei komplexen Sachverhalten und erkennbar schwierigen Rechtsfragen ist regelmäßig ein detailliertes, schriftliches Gutachten erforderlich, um einen unvermeidbaren Verbotsirrtum zu begründen (vgl. Kirch-Heim/Samson, aaO 81, 85).
41
Vor diesem Hintergrund genügen die getroffenen Feststellungen nicht ansatzweise, um die Unvermeidbarkeit eines etwaigen Verbotsirrtums zu belegen. Dem Angeklagten oblag bereits aufgrund seiner langjährigen beruflichen Tätigkeit als der für das Verlagsprogramm verantwortlichen Person eine besondere Erkundigungs- und Prüfungspflicht, an die strenge Anforderungen zu stellen sind (vgl. BGHSt 37, 55, 66). Dies gilt erst recht im Hinblick auf die sonstigen besonderen Umstände des vorliegenden Falles. So war dem selbst mit den einschlägigen Rechtsfragen vertrauten Angeklagten bewusst, dass er sich in einem rechtlichen Grenzbereich bewegte und die Gefahr der Erfüllung von Straftatbeständen aufgrund des Inhalts der von der "D. Verlags Gesellschaft mbH" angebotenen und vertriebenen CDs nahe lag.
42
Der Angeklagte durfte sich somit allein auf die pauschale mündliche Auskunft eines Dritten über eine anwaltliche Begutachtung ebenso wenig verlassen wie auf die Aussage des Sprechers zu Beginn der Sendung. Beide Hinweise boten keinerlei Gewähr für eine hinreichende inhaltliche Verlässlichkeit; denn sie ließen weder einen Schluss auf den Umfang noch auf die Sorgfältigkeit der rechtlichen Überprüfung zu. Die Auskunft hätte sich zudem inhaltlich darauf richten müssen, dass das beabsichtigte Handeln kein Unrecht ist (vgl. Vogel, aaO § 17 Rdn. 19). Hinsichtlich der Aussage durch den Verantwortlichen des Senders verhalten sich die Urteilsgründe indes noch nicht einmal dazu, ob sich die anwaltliche Begutachtung auf alle oder nur auf einzelne nach dem Strafgesetzbuch in Betracht kommenden Strafvorschriften bezog und auch etwa die einschlägigen Normen des Jugendschutzgesetzes (vgl. §§ 15, 27 JuSchG) umfasste.
43
3. Der Freispruch des Angeklagten im Fall II. 6. der Urteilsgründe vom Vorwurf der Volksverhetzung (§ 130 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a und d StGB) bezüglich des Liedes "Stinkendes Leben" auf der CD "Das rechte Wort" der Gruppe "Patriot 19/8 & Sleipnir" kann ebenfalls keinen Bestand haben.
44
a) Die in dem Lied angesprochene Gruppe der "Punker" stellt einen Teil der Bevölkerung im Sinne der genannten Vorschrift dar (vgl. Lenckner/Sternberg-Lieben, aaO § 130 Rdn. 4; Miebach/Schäfer, aaO § 130 Rdn. 25). Punker sind aufgrund einer etwa in ihrem Lebensstil und äußeren Erscheinungsbild zu Tage tretenden weltanschaulichen Überzeugung, die trotz unterschiedlicher Präferenzen im Einzelnen nach außen genügende Gemeinsamkeiten erkennen lässt, als Personenmehrheit von der übrigen Bevölkerung in ausreichendem Maße abgrenzbar.
45
b) Entgegen der Auffassung der Strafkammer wird in dem genannten Lied die Menschenwürde der Punker dadurch angegriffen, dass sie beschimpft und böswillig verächtlich gemacht werden. Mit dem Text der Kehrreime "Du bist ein Punk, du bist so krank/ bist so abnorm und nie in Form/ benimmst dich wie das letzte Schwein/ Gefällt es dir, Abschaum zu sein?" und "Die Zeit ist reif für Deutschlands Segen/ Die Zukunft liegt in unserer Hand/ Wir werden sie von den Straßen fegen/ Und frei und sauber sei das Land" sowie weiteren ähnlichen Passagen wird die Missachtung von Punkern in besonders gravierender Form zum Ausdruck gebracht; diese werden im Kern ihrer Persönlichkeit getroffen und verletzt. Soweit die Strafkammer in diesem Zusammenhang gemeint hat, nur eine Beeinträchtigung der Ehre feststellen zu können, und zur Begründung ausgeführt hat, die Bezeichnung "Schwein" sei im heutigen Sprachgebrauch üblich und werde teilweise auch in populären Liedern wie "Männer sind Schweine" der Gruppe "Die Ärzte" gebraucht, hat sie in besonderer Weise die sich bei verständiger Würdigung aufdrängende Bedeutung des hier relevanten Textes verkannt. In diesem geht es im Gegensatz zu dem von der Strafkammer als Vergleich bemühten Lied nicht um eine satirische Überspitzung bestimmter menschlicher Verhaltensweisen und Eigenschaften; vielmehr wird in eindeutiger Weise das Recht von Punkern auf Anerkennung als Persönlichkeiten in der Gemeinschaft besonders gehässig und roh verletzt und der unverzichtbare Bereich ihres Persönlichkeitskerns sozial abgewertet.
46
c) Mit dem Inhalt des letzten Kehrreims wird daneben auch zu Gewaltund Willkürmaßnahmen gegen Punker aufgefordert, da zumindest konkludent auf andere mit dem Ziel eingewirkt wird, in ihnen den Entschluss zu Gewalttätigkeiten und ähnlichen Handlungen hervorzurufen. Diesem appellativen Charakter des Textes steht nicht entgegen, dass vordergründig die Formulierung "Wir werden sie von der Straße fegen" benutzt wird. Bei sachgerechter Bewertung ergibt sich, dass die Zielrichtung der Aussage nicht dahin geht, eigene Handlungen oder Absichten der Interpreten darzustellen; vielmehr ist die eigentliche Intention erkennbar darauf gerichtet, andere zu animieren, Gewalt- oder Willkürmaßnahmen zu verüben bzw. sich solchen anzuschließen.
47
d) Soweit die Strafkammer daneben unter Hinweis auf eine Unbedenklichkeitserklärung des Rechtsanwalts N. , deren näherer Inhalt in den Feststellungen nicht mitgeteilt wird, den Vorsatz des Angeklagten verneint hat, hält dies aus den dargelegten Gründen rechtlicher Prüfung nicht stand. Der Schluss des Landgerichts von dieser nicht näher spezifizierten Auskunft darauf, dass der Angeklagte sich in einer Fehlvorstellung über bestimmte Merkmale des gesetzlichen Tatbestands befand, entbehrt auch hier einer tragfähigen Grundlage.
48
e) Aus denselben Gründen ist die den Ausführungen über einen Tatbestandsirrtum ohne weitere Begründung folgende Annahme eines Verbotsirrtums rechtsfehlerhaft. Die Strafkammer hat auch in diesem Fall nicht dargelegt, über welches normative Tatbestandsmerkmal sich der Angeklagte in einer Weise im Irrtum befunden haben soll, die seine Unrechtseinsicht ausschloss.
49
f) Schließlich reichen die Ausführungen des Landgerichts nicht aus, um die Unvermeidbarkeit eines etwaigen Verbotsirrtums zu begründen. Allein das Vertrauen in eine inhaltlich nicht näher konkretisierte anwaltliche Auskunft kann bei sachgerechter Bewertung der sonstigen Umstände des vorliegenden Falles bei Anwendung der dargelegten Maßstäbe nicht zu der Annahme führen, der Angeklagte habe seine eventuelle Fehlvorstellung nicht durch die genügende Anspannung seines Gewissens vermeiden können.
50
4. Der Freispruch im Fall II. 7. der Urteilsgründe vom Vorwurf der Volksverhetzung (§ 130 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a und d StGB) im Zusammenhang mit dem Text des Liedes "Bunthaarige Schweine" auf der CD "Totgesagte leben länger" der Gruppe "Doitsche Patrioten" begegnet ebenfalls durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
51
a) Der Text des Liedes richtet sich wie im Fall zuvor bei verständiger Auslegung gegen Punker und damit gegen einen genügend abgrenzbaren Teil der Bevölkerung. Dem steht nicht entgegen, dass die Punker hier nicht ausdrücklich als solche bezeichnet sind; denn eine derartige namentliche Benennung ist jedenfalls dann entbehrlich, wenn sich aus dem Inhalt der Schrift ausreichend deutlich ergibt, welcher bestimmte Bevölkerungsteil Ziel des Angriffs ist. Dies ist hier der Fall. In dem Text des Liedes werden mehrere typische Äußerlichkeiten und Verhaltensweisen genannt, die Punkern zuzuordnen sind und deren Erscheinungsbild bestimmen. Dies lässt den zweifelsfreien Schluss darauf zu, dass hier die betreffende Personenmehrheit als Angriffsobjekt umschrieben ist.
52
b) Mit Formulierungen wie "Hallo du kleines Arschgesicht/ Ich find dich einfach widerlich/ Wie oft willst du denn noch erwachen/ Bestell dir lieber gleich nen Sarg", "Bunthaarige Schweine/ Dreckig eklig und verkeimt/ Ziehst du hier nicht gleich Leine/ Nutz ich die Gunst der Zeit" oder "Vielleicht hast du es nicht ganz geschnallt/ Verpiss dich bevor es knallt" wird sowohl die Menschenwürde der Punker dadurch angegriffen, dass sie böswillig verächtlich gemacht werden, als auch zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen gegen sie aufgefordert.
53
c) Soweit die Strafkammer den Vorsatz des Angeklagten verneint hat, weil er gewusst habe, dass zu der CD ein Gutachten der Rechtsanwältin P. existiere, das zu dem Ergebnis gekommen sei, die Texte seien strafrechtlich unbedenklich, hält dies aus den bereits ausgeführten Gründen rechtlicher Überprüfung nicht stand. Auch in diesem Fall wird der Inhalt des Gutachtens in den Urteilsgründen nicht mitgeteilt; danach kannte der Angeklagte nur dessen pauschales Ergebnis. Somit wird die Folgerung der Strafkammer, er habe sich über einzelne Tatbestandsmerkmale im Irrtum befunden, von den Feststellungen nicht getragen.
54
d) Entsprechendes gilt für die Annahme eines unvermeidbaren Verbotsirrtums. Dessen Voraussetzungen sind den Feststellungen nicht zu entnehmen. Auch insoweit gelten die obigen Ausführungen entsprechend. Darüber hinaus wäre hier in die rechtliche Bewertung die Kenntnis des Angeklagten davon einzubeziehen gewesen, dass in zumindest einem früheren Fall (Fall II. 2. der Urteilsgründe ) trotz eines Gutachtens von Rechtsanwältin P. , welches zu dem Ergebnis gekommen war, die auf der CD befindlichen und von ihr geprüften Texte seien erlaubt, die CD im Nachhinein bezüglich dreier Lieder durch die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften indiziert wurde, was zu einer Neuauflage führte, in der die beanstandeten Lieder durch andere ersetzt wurden. Der Angeklagte hatte somit begründeten Anlass, an der Verlässlichkeit der Auskunft zu zweifeln und durfte auch aus diesem Grunde nicht ohne Weiteres auf das pauschale Ergebnis der entsprechenden Begutachtung vertrauen.
55
5. Soweit die Strafkammer im Fall II. 8. der Urteilsgründe den Angeklagten vom Vorwurf des Verbreitens von Propagandamaterial verfassungswidriger Organisationen (§ 86 Abs. 1 Nr. 4 StGB) freigesprochen hat, hält das Urteil revisionsrechtlicher Prüfung schließlich ebenfalls nicht stand.
56
a) Das Landgericht hat zunächst den objektiven Tatbestand der Vorschrift mit rechtsfehlerfreien Erwägungen bejaht. Dabei hat es zutreffend ausgeführt , den Texten der Lieder "Doitschland" und "Unter dem Krakenkreuz" sei bei einer Auslegung aus verständiger Sicht zu entnehmen, dass der Ausdruck "Krakenkreuz" als Synonym für "Hakenkreuz" gebraucht und damit eindeutig an nationalsozialistische Zielsetzungen angeknüpft werde.
57
b) Das Landgericht hat jedoch die - bereits als solche nicht nahe liegende - Einlassung des Angeklagten, der angegeben hat, er habe die CD als "reine Spaß-CD" bewertet, mit der ein besonderer Typ Skinheads satirisch habe dargestellt werden sollen, für nicht widerlegt angesehen und deshalb den Vorsatz des Angeklagten verneint. Die dem zugrunde liegende Beweiswürdigung zur subjektiven Tatseite geht von einem unzutreffenden Verständnis der Liedtexte aus und erweist sich als lücken- und damit sachlichrechtlich fehlerhaft.
58
aa) Die Interpretation des Textes der einzelnen Lieder durch das Landgericht begegnet durchgreifenden Bedenken, soweit es verschiedene Passagen als geeignet angesehen hat, Zweifel aufkommen zu lassen, ob mit den Liedtexten politische Ziele verfolgt werden sollten. Hierfür hat es etwa die Textstelle "Doitschland ich lieb dich so/ das ist keine Banane und keine Schokolade/ ich vermisse meine Heimat und das finde ich sehr schade" benannt. Insoweit hätte sich die Strafkammer jedenfalls mit der nahe liegenden Möglichkeit auseinandersetzen müssen, dass die Begriffe "Banane" und "Schokolade" in der rechtsextremen Szene als Synonyme für Menschen mit dunkler Hautfarbe und südländischer Herkunft gebraucht werden. In diesem Zusammenhang wäre zu würdigen gewesen, dass der Angeklagte mit der politisch rechtsgerichteten Terminologie in besonderer Weise vertraut war, was nahe legt, dass ihm der Gehalt der dargestellten Textpassage in Form einer rassistischen Ausrichtung der Texte ohne Weiteres klar war.
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bb) Das Landgericht hat sich daneben nicht erkennbar damit auseinandergesetzt , dass - für den Angeklagten nach den Umständen ebenfalls augen- fällig - durch das Propagieren des "Marschierens unter dem Krakenkreuz" zur Machtübernahme als Entsprechung zum Marschieren der vormaligen NSDAP unter dem Hakenkreuz mit dem Ziel der Machtergreifung in besonderer Weise an die nationalsozialistische Terminologie und Ideologie angeknüpft wird. Den Urteilsgründen ist kein Anhaltspunkt dafür zu entnehmen, dass der Angeklagte den objektiven Bedeutungsgehalt dieser eindeutigen Passage nicht erkannte und damit nicht einverstanden war. Becker Miebach von Lienen Hubert Schäfer

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.