Oberlandesgericht München Endurteil, 22. Nov. 2018 - 32 U 1376/18
Tenor
1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Ingolstadt vom 26.03.2018, Az. 32 O 627/16, wird zurückgewiesen.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags abwenden, sofern nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Gründe
I.
„§ 3 Mietbeginn, Mietdauer
(1) Das Mietverhältnis beginnt mit Praxiseröffnung am 01.09.2004, spätestens am 01.10.2004 und endet am 31.08.2014 bzw. am 30.09.2014. …
(2) Die Parteien beabsichtigen eine Verlängerung des vorliegenden Vertrages jeweils um weitere 5 Jahre (Option für vier mal fünf Jahre). Sofern der Mieter eine Verlängerung des Vertrages wünscht, ist dies dem Vermieter schriftlich mindestens 6 Monate vor Ablauf der Mietzeit mitzuteilen. Die Einzelheiten bzgl. der verlängerten Mietzeit, z.B. Änderung oder Anpassung bestehender Vertragsmodalitäten, insbesondere zur Mietzinshöhe nach dem Index des statistischen Bundesamtes, werden in einem Nachtrag zum vorliegenden Mietvertrag geregelt. …“
Die Klage wird unter entsprechender Abänderung des Urteils des Landgerichts Ingolstadt vom 26.03.2018, zugestellt am 28.03.2018, Az. 32 O 627/16, abgewiesen.
Die Berufung des Beklagten und Berufungsklägers wird zurückgewiesen.
II.
III.
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(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil
- 1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen, - 2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Mit Vertrag vom 30. Oktober 2006 mietete die Klägerin von der Beklagten Gewerberäume zum Betrieb eines "Wellness- und Seminarhauses" auf die Dauer von zwei Jahren.
- 2
- Mit Schreiben vom 4. April 2007 kündigte die Klägerin den Mietvertrag außerordentlich zum 30. April 2007 mit der Begründung, die Beklagte habe seit Beginn des Mietverhältnisses durch verschiedene Handlungen, vor allem durch herabsetzende Äußerungen, versucht, die Ausübung ihres Gewerbebetriebes zu stören.
- 3
- Mit ihrer Klage beansprucht die Klägerin den Ersatz von kündigungsbedingten Kosten und Aufwendungen sowie die Freigabe der Kaution. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hatte keinen Erfolg.
- 4
- Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre bisherigen Anträge weiter.
Entscheidungsgründe:
- 5
- Die vom Senat zugelassene Revision der Klägerin führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Oberlandesgericht.
I.
- 6
- Das Oberlandesgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt , ein Grund zur außerordentlichen Kündigung sei nicht gegeben. Die von der Klägerin behaupteten Verstöße der Beklagten seien weder für sich genommen noch in einer Gesamtschau geeignet, bei Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum vereinbarten Ende für die Klägerin als unzumutbar erscheinen zu lassen. Im Übrigen fehle es für eine wirksame außerordentliche Kündigung bezüglich einzelner Verstöße an der gemäß § 543 Abs. 3 Satz 1 BGB erforderlichen Abmahnung. Eine solche sei auch nicht gemäß § 543 Abs. 3 Satz 2 BGB entbehrlich gewesen.
II.
- 7
- Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
- 8
- 1. Nach § 543 Abs. 1 Satz 1 BGB kann jede Partei das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann (§ 543 Abs. 1 Satz 2 BGB).
- 9
- Die Beantwortung der Frage, ob eine Unzumutbarkeit in diesem Sinne vorliegt, ist das Ergebnis einer wertenden Betrachtung; diese obliegt in erster Linie dem Tatrichter und kann vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden, ob der Tatrichter die maßgebenden Tatsachen vollständig und fehlerfrei festgestellt und gewürdigt hat oder ob er die allgemein anerkannten Maßstäbe berücksichtigt und richtig angewandt hat. Das Revisionsgericht kann regelmäßig nur überprüfen, ob das Berufungsgericht Rechtsbegriffe verkannt hat oder ob dem Tatrichter von der Revision gerügte Verfahrensverstöße unterlaufen sind, er etwa wesentliche Tatumstände übersehen oder nicht vollständig gewürdigt oder Erfahrungssätze verletzt hat (Senatsurteil vom 21. März 2007 - XII ZR 36/05 - NJW-RR 2007, 886 Rn. 16).
- 10
- 2. Der Prüfung anhand dieses Maßstabs hält das Berufungsurteil nicht stand. Das Oberlandesgericht hat zu hohe Anforderungen an das Vorliegen eines wichtigen Grundes gestellt und damit den Maßstab für die Unzumutbarkeit der Vertragsfortsetzung überspannt.
- 11
- a) Für eine Mietvertragspartei kann ein Recht zur fristlosen Kündigung gemäß § 543 Abs. 1 BGB bestehen, wenn infolge des Verhaltens des anderen Vertragsteils die Durchführung des Vertrages wegen der Zerstörung der das Schuldverhältnis tragenden Vertrauensgrundlage derart gefährdet ist, dass dem Kündigenden unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses auch bei Anlegung eines strengen Maßstabes nicht mehr zugemutet werden kann (Senatsurteile vom 23. Januar 2002 - XII ZR 5/00 - NJW-RR 2002, 946 und vom 10. April 2002 - XII ZR 37/00 - NJW-RR 2002, 947, 948; Wolf/Eckert/Ball Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingsrechts 10. Aufl. Rn. 1030; Blank in Schmidt-Futterer Mietrecht 9. Aufl. § 543 BGB Rn. 163). Über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung nach § 543 Abs. 1 BGB ist auf Grund einer umfassenden Interessenabwägung zu entscheiden (Blank in Blank/Börstinghaus, Miete 3. Aufl. § 543 BGB Rn. 6; Grapentin in Bub/Treier Handbuch der Geschäftsund Wohnraummiete 3. Aufl. IV Rn. 190 mwN). Hierfür sind die Interessen des Kündigenden an der Vertragsbeendigung und die Interessen der anderen Vertragspartei an der Fortdauer des Mietverhältnisses zu ermitteln und zu bewerten (Blank in Schmidt-Futterer aaO § 543 BGB Rn. 159; Emmerich in Emmerich /Sonnenschein Miete 9. Aufl. § 543 BGB Rn. 4). Frühere Vertragsverletzungen des Kündigungsgegners können berücksichtigt werden, selbst wenn diese für sich genommen eine Kündigung nicht rechtfertigen würden (Grapentin in Bub/Treier aaO IV Rn. 190 mwN; Müller in Müller/Walther Miet- und Pachtrecht (Stand 2010) C § 543 BGB Rn. 5).
- 12
- b) Die von der Klägerin vorgetragenen und unter Beweis gestellten Vorfälle lassen auf eine nachhaltige Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses zwischen den Parteien schließen und sind daher zumindest in ihrer Gesamtheit geeignet, eine außerordentliche Kündigung gemäß § 543 Abs. 1 BGB zu begründen.
- 13
- Nach dem Vortrag der Klägerin hat die Gesellschafterin der Beklagten die Klägerin nicht nur gegenüber Dritten beleidigt, sondern auch versucht, durch missfällige Äußerungen und Verdächtigungen den Geschäftsbetrieb der Klägerin zu diffamieren. Die von der Klägerin bereits erstinstanzlich vorgetragenen und in der Berufung wiederholten Behauptungen zu Äußerungen der Gesellschafterin der Beklagten, wonach die Klägerin in den Geschäftsräumen „ein schlüpfriges Geschäft mit Sexspielchen“ oder "ein verdecktes Puff" betreibe, sind ebenso wie die behauptete Äußerung, die Klägerin betreibe eine Sekte, geeignet, den Geschäftsbetrieb der Klägerin massiv zu beeinträchtigen. Sollte sich dieser Sachvortrag der Klägerin in einer Beweisaufnahme bestätigen, hätte die Beklagte, die sich das Verhalten ihrer Gesellschafterin zurechnen lassen müsste (§ 31 BGB), ihre mietvertraglichen Pflichten in erheblichem Umfang verletzt. Denn im Rahmen der allgemeinen vertraglichen Treuepflicht (§ 242 BGB) sind Vertragsparteien verpflichtet, alles zu unterlassen, was das Interesse des Vertragspartners an der Durchführung des Vertrages beeinträchtigen könnte, und alles zu tun, was notwendig ist, um die Erfüllung der vertraglich übernommenen Verpflichtung sicherzustellen (Senatsurteil vom 28. April 1982 - IVa ZR 8/81 - NJW 1983, 998, 999 mwN). Diese vertragliche Nebenpflicht wird verletzt, wenn eine Vertragspartei ohne anerkennenswertes Interesse Behauptungen in der Öffentlichkeit verbreitet, die geeignet sind, das Ansehen des Vertragspartners erheblich zu beeinträchtigen (vgl. Blank in Schmidt-Futterer aaO § 543 BGB Rn. 182).
- 14
- Sollten sich daher die Behauptungen der Klägerin in einer Beweisaufnahme bestätigen, hätte ein ausreichender Grund zur außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses vorgelegen.
- 15
- c) Soweit das Oberlandesgericht den entsprechenden Vortrag der Klägerin für nicht hinreichend schlüssig gehalten und daher von der Erhebung der angebotenen Beweise abgesehen hat, rügt die Klägerin zu Recht eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG).
- 16
- aa) Ein Sachvortrag ist dann schlüssig, wenn Tatsachen vorgetragen werden, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, das geltend gemachte Recht als entstanden erscheinen zu lassen. Die Angabe näherer Einzelheiten, die den Zeitpunkt und den Vorgang bestimmter Ereignisse betreffen, ist nicht erforderlich, soweit diese Einzelheiten für die Rechtsfolgen nicht von Bedeutung sind. Die Ablehnung eines für eine beweiserhebliche Tatsache angetretenen Zeugenbeweises ist darüber hinaus nur dann zulässig, wenn die unter Beweis gestellten Tatsachen so ungenau bezeichnet sind, dass ihre Erheblichkeit nicht beurteilt werden kann, oder wenn sie zwar in das Gewand einer bestimmt aufgestellten Behauptung gekleidet, aber aufs Geratewohl gemacht, gleichsam "ins Blaue hinein" aufgestellt, mit anderen Worten, aus der Luft gegriffen sind und sich deshalb als Rechtsmissbrauch darstellen (Senatsbeschluss vom 1. Juni 2005 - XII ZR 275/02 - NJW 2005, 2710, 2711).
- 17
- bb) Gegen diese Grundsätze hat das Oberlandesgericht in mehreren Punkten verstoßen.
- 18
- (1) Bereits in der Klageschrift hat die Klägerin ausreichend schlüssig vorgetragen, dass sich die Gesellschafterin der Beklagten im Dezember 2006 gegenüber einer Verkäuferin eines benachbarten Geschäfts dahingehend geäußert habe, dass sie die Klägerin bis Sommer 2007 "aus dem Laden heraus habe" und die Klägerin ein "schlüpfriges Geschäft mit Sexspielchen" betreibe. Zum Beweis dieser Behauptung hat die Klägerin die Verkäuferin namentlich und mit ladungsfähiger Anschrift als Zeugin benannt.
- 19
- (2) In einem weiteren erstinstanzlichen Schriftsatz hat die Klägerin ergänzenden Sachvortrag dazu gehalten, dass die Geschäftsführerin der Beklagten in der Öffentlichkeit verbreite, die Klägerin würde in ihren Geschäftsräumen einer Sektentätigkeit nachgehen bzw. ein "verdecktes Puff" betreiben. Zum Beweis hierfür hat sie Zeugen angeboten, die eigene Wahrnehmungen zu den von ihr behaupteten Äußerungen der Geschäftsführerin der Beklagten gemacht haben sollen.
- 20
- cc) Damit hat die Klägerin ihrer Darlegungslast genügt, so dass bereits das Landgericht die angebotenen Beweise hätte erheben müssen. Da die erstinstanzlich getroffenen Feststellungen somit unvollständig waren, hätte das Oberlandesgericht die notwendigen Tatsachenfeststellungen nachholen müssen (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Außerdem hätte das Oberlandesgericht bei seiner Entscheidung auch nicht unberücksichtigt lassen dürfen, dass die Beklagte noch nach Schluss der mündlichen Verhandlung in erster Instanz in einem vom Landgericht nachgelassenen Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vortragen ließ, die Klägerin betreibe "in rotem Lackleder rauchend vor ihrem Laden Werbung für ihr Haus", ohne diese Behauptung näher zu konkretisieren oder unter Beweis zu stellen. Auch diese Äußerung, die sachlich in dem Schriftsatz nicht notwendig gewesen wäre und daher von dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten nur nebenbei erwähnt wurde, lässt Rückschlüsse auf das zerstörte Vertrauensverhältnis zwischen den Mietvertragsparteien zu.
- 21
- 3. Schließlich ist entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts die von der Klägerin erklärte außerordentliche Kündigung auch nicht bereits deshalb unwirksam, weil es an einer vorherigen Abmahnung fehlt. Kommt - wie im vorliegenden Fall - eine außerordentliche Kündigung wegen der Zerstörung der das Schuldverhältnis tragenden Vertrauensgrundlage in Betracht, bedarf die Kündigung keiner vorherigen Abmahnung. Zwar ist diese nach § 543 Abs. 3 http://www.juris.de/jportal/portal/t/1nvk/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=4&numberofresults=64&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE066202301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1nvk/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=4&numberofresults=64&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE066202301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1nvk/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=4&numberofresults=64&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE066302301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 9 - Satz 1 BGB grundsätzlich Voraussetzung, falls das Mietverhältnis wegen der Verletzung einer Pflicht aus dem Mietvertrag außerordentlich gekündigt werden soll. Bei einer Zerrüttungskündigung ist eine Abmahnung jedoch ausnahmsweise entbehrlich, weil die Vertrauensgrundlage auch durch eine Abmahnung nicht wiederhergestellt werden könnte (OLG Celle ZMR 2009, 192, 196; OLG Bremen GuT 2008, 37, 38; Wolf/Eckert/Ball aaO Rn. 1030; Schmidt-Futterer aaO § 543 BGB Rn. 164; Grapentin in Bub/Treier aaO IV Rn. 190 mwN).
III.
- 22
- Das angefochtene Urteil kann daher mit der gegebenen Begründung keinen Bestand haben. Auf die Revision der Klägerin ist es aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Der Senat kann nicht abschließend entscheiden, weil es weiterer tatsächlicher Feststellungen bedarf und das Oberlandesgericht den unter Beweis gestellten Behauptungen der Klägerin wird nachgehen müssen. Sollten sich bei der durchzuführenden Beweisaufnahme die Behauptungen der Klägerin als wahr erweisen, wird das Oberlandesgericht im Rahmen der nach § 543 Abs. 1 Satz 2 BGB vorzunehmenden Abwägung auch zu berücksichtigen haben, dass die Beklagte bereits kurz nach Beginn des Mietverhältnisses der Klägerin wiederholt mit einer außerordentlichen Kündigung gedroht und damit zum Ausdruck gebracht hat, selbst kein Interesse daran zu haben, dass das Mietverhältnis bis zum Ablauf der vereinbarten Frist fortdauert. Dafür spricht auch die von der Klägerin behauptete und unter Beweis gestellte Äußerung der Gesellschafterin der Beklagten , sie werde die Klägerin "bis Sommer 2007 aus dem Laden heraus haben". Hahne Dose Klinkhammer Schilling Günter
LG München II, Entscheidung vom 26.02.2008 - 1 O 5657/07 -
OLG München, Entscheidung vom 30.10.2008 - 8 U 2621/08 -
BUNDESGERICHTSHOF
AG Brake
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 2. November 2016 durch den Vorsitzenden Richter Dose und die Richter Dr. Klinkhammer, Schilling, Dr. Nedden-Boeger und Dr. Botur
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Parteien streiten um Forderungen aus einem Mietvertrag über Geschäftsräume.
- 2
- Im Mai 2012 mietete der Kläger - ein Betreuungsverein - von der Beklagten einen Büroraum im Erdgeschoss eines Gebäudes, das sich in deren Miteigentum befand. Die vereinbarte monatliche Bruttomiete einschließlich Umsatz- steuer und Nebenkostenpauschale betrug 416,50 €.
- 3
- Im Rahmen einer bauordnungsrechtlichen Prüfung stellte die Stadt B. an dem Gebäude verschiedene Mängel im Brandschutz fest. Insbesondere war bei der Anbringung des Wärmedämmverbundsystems an der Außenfassade bauordnungswidrig brennbares Material (Polystyrol) verwendet worden. Mit Schreiben vom 24. April 2013 setzte die Stadt B. den Kläger von den Brandschutzmängeln und davon in Kenntnis, dass sie den Gebäudeeigentümern zur Behebung der Mängel am Wärmedämmverbundsystem eine Frist bis zum 31. Mai 2013 gesetzt habe, nach deren fruchtlosen Ablauf eine Untersagung der Nutzung des gesamten Gebäudes beabsichtigt sei. Mit Bescheid vom 7. Juni 2013 sprach die Stadt B. gegenüber dem Kläger wegen der nicht brandschutzgerechten Dämmung der Außenfassade und der Nichtbeseitigung dieses Mangels durch die Gebäudeeigentümer eine Nutzungsuntersagung für die Mieträume aus. Zugleich wurde die sofortige Vollziehung angeordnet und angekündigt, die Nutzungsuntersagung durch Versiegelung durchzusetzen, wenn das Gebäude und die darin befindlichen Räume ab dem 1. August 2013 weiterhin benutzt würden.
- 4
- Nachdem der Kläger am 11. Juni 2013 ein fernmündliches Angebot der Beklagten zum Bezug von Ersatzräumen abgelehnt hatte, kündigte er durch Anwaltsschreiben vom 12. Juni 2013 das Mietverhältnis "fristlos zum 30. Juni 2013" und zog am 28. Juni 2013 in von ihm angemietete neue Büroräume um. Seit Juni 2013 leistete der Kläger keine Mietzahlungen an die Beklagte mehr.
- 5
- Mit seiner Klage hat der Kläger Schadenersatz für verschiedene Umzugskosten (Möbeltransport, Abbau und Neuinstallation der EDV-Anlage, Rei- nigungskosten) in Höhe von 2.375 € verlangt. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat widerklagend rückständige Miete für die Monate Juni und Juli 2013 in Höhe von 833 € geltend gemacht. Das Amtsgericht hat der Klage in Höhe von 1.675 € nebst Zinsen und der Widerklage in Höhe von 83,30 € nebst Zinsen stattgegeben; im Übrigen hat das Amtsgericht die wechselseitigen Zahlungsanträge abgewiesen. Mit ihrer dagegen gerichteten Berufung hat die Beklagte weiterhin auf eine vollständige Abweisung der Klage angetragen und mit der Widerklage (nur) noch die restliche Miete für den Monat Juni 2013 begehrt. Das Landgericht hat die angefochtene Entscheidung auf das Rechtsmittel geringfügig abgeändert. Es hat den von der Beklagten an den Kläger zu zahlen- den Betrag auf 1.580 € nebst Zinsen herabgesetzt und der Beklagten auf die Widerklage weitere 13,86 €, mithin insgesamt 97,16 € nebst Zinsen zugesprochen.
- 6
- Mit ihrer vom Landgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr zweitinstanzliches Begehren weiter.
Entscheidungsgründe:
- 7
- Die Revision ist nur teilweise begründet, nämlich soweit das Berufungsgericht hinsichtlich der Widerklage zum Nachteil der Beklagten entschieden hat. Insoweit ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
I.
- 8
- Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung das Folgende ausgeführt: Dem Kläger stehe ein Ersatz seines durch den Umzug entstandenen Schadens nach § 536 a BGB zu. Die Beklagte hafte als Vermieterin verschuldensunabhängig für die bereits bei Vertragsschluss vorhandenen Mängel der Mietsache. Um einen solchen Mangel handele es sich bei den Beanstandungen an der Dämmung der Außenfassade, die zwar bei Vertragsschluss noch nicht bekannt gewesen seien, schon damals aber zwingenden Anlass zu einem behördlichen Einschreiten gegeben hätten. Zwar sei der Beklagten zuzugeben , dass ihre Haftung für anfängliche Mängel nach § 6 Abs. 2 des Mietvertrages wirksam ausgeschlossen gewesen sei. Ihr diesbezüglicher Einwand sei aber als verspätet zurückzuweisen, weil die Beklagte ihn nicht bereits mit der Berufungsbegründungsschrift, sondern erst in einem nicht nachgelassenen Schriftsatz nach der letzten mündlichen Verhandlung vorgebracht habe. Die im Zusammenhang mit dem Umzug des Klägers erforderlichen Kosten seien im Rahmen des § 536 a BGB erstattungsfähig. Zu ersetzen seien daher die Kosten für die Herrichtung der neuen Wohnung, für die De- und Neuinstallation der EDV-Anlage, für das Einpacken der Umzugsgüter in Kartons sowie für die Reinigung der alten und neuen Räumlichkeiten. Soweit das Amtsgericht den Anspruch in der erkannten Höhe von 1.675 € nach der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme für begründet erachtet habe, beruhten seine diesbezüglichen Feststellungen auf einer umfassenden und abwägenden Würdigung. Das Amtsgericht habe hinsichtlich der Rechnung für die Arbeiten an der EDVAnlage lediglich übersehen, dass der Kläger zum Vorsteuerabzug berechtigt und deshalb die Umsatzsteuer in Höhe von 95 € als Schadensposition nicht zu berücksichtigen sei. Die Beklagte könne sich nicht auf ein rechtmäßiges Alternativverhalten berufen, weil es insoweit an einem gleichartigen Kausalverlauf fehle. Zwar solle der Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens einem Anspruch auf Schadenersatz entgegenstehen, wenn beide Mietparteien zur außerordentlichen Kündigung berechtigt gewesen seien. Hier habe die Beklagte vorgetragen, dass sie den Mietvertrag aufgrund der Nutzungsuntersagung vom 7. Juni 2013 ordentlich gekündigt hätte, was nach § 580 Abs. 2 BGB frühestens mit Wirkung zum 31. Dezember 2013 hätte erfolgen können. Damit unterscheide sich dieser Kausalverlauf von der sofort wirkenden Kündigung des Klägers im Juni 2013. Ohnehin sei die bloße Möglichkeit der rechtmäßigen Herbeiführung des Schadens im Falle alternativen Verhaltens nicht ausreichend. Voraussetzung sei vielmehr, dass derselbe Erfolg effektiv herbeigeführt worden wäre. Dass die Beklagte die Kündigung des Mietverhältnisses ihrerseits tatsächlich auch ausgesprochen hätte, habe sie erstmalig - ohne Beweisantritt - in der Berufungsbegründungsschrift und damit verspätet vorgetragen. Ein Mitverschulden des Klägers sei nicht anzunehmen, weil sich dieser nicht auf den Vorschlag der Beklagten zum Bezug von Ersatzräumen habe einlassen müssen. Die Widerklage sei nur in einem geringen Umfang begründet. Der Kläger schulde lediglich die Miete für den Zeitraum vom 1. Juni 2013 bis zum 7. Juni 2013, weil die Gebrauchstauglichkeit der Räumlichkeiten mit der Nutzungsuntersagung vom 7. Juni 2013 vollständig aufgehoben sei. Aufgrund der sofortigen Vollziehbarkeit der Nutzungsuntersagung komme es nicht darauf an, ob eine tatsächliche Nutzung über den 7. Juni 2013 hinaus erfolgt sei.
II.
- 9
- Dies hält rechtlicher Überprüfung nicht in allen Punkten stand.
- 10
- 1. Ohne Erfolg wendet sich die Revision allerdings gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass dem Kläger ein Schadenersatzanspruch gegen die Beklagte wegen der Erstattung der durch den Umzug entstanden Kosten in Hö- he von 1.580 € zusteht.
- 11
- a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Mietvertragspartei, die durch eine von ihr zu vertretende Vertragsverletzung die andere Partei zu einer wirksamen außerordentlichen Kündigung des Mietvertrages veranlasst hat, dieser Partei zum Ersatz des hierdurch verursachten Schadens (sog. Kündigungs- oder Kündigungsfolgeschaden) verpflichtet (vgl. Senatsurteil vom 15. März 2000 - XII ZR 81/97 - NJW 2000, 2342 f.; BGH Urteile vom 13. Juni 2007 - VIII ZR 281/06 - NJW 2007, 2474 Rn. 9 und vom 4. April 1984 - VIII ZR 313/82 - NJW 1984, 2687). Grundlage für einen auf Ersatz des Kündigungsfolgeschadens gerichteten Schadenersatzanspruch des Mieters ist entweder § 280 Abs. 1 BGB oder - wie im vorliegenden Fall - § 536 a Abs. 1 BGB, wenn die außerordentliche Kündigung wegen eines Umstands erfolgt, der zugleich einen Mangel der Mietsache im Sinne des § 536 BGB begründet (vgl. Senatsurteil vom 31. Oktober 2012 - XII ZR 126/11 - NJW 2013, 223 Rn. 35; Staudinger/Emmerich BGB [2014] § 543 Rn. 103). Der Anspruch setzt die Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung voraus, weil er gerade denjenigen Schaden erfasst, welcher infolge der vorzeitigen Beendigung des Mietverhältnisses entstanden ist (Alberts in Ghassemi-Tabar/Guhling/Weitemeyer Gewerberaummiete § 543 BGB Rn. 86). Wird das Mietverhältnis demgegenüber nicht gekündigt oder ist eine von dem Mieter ausgesprochene Kündigung etwa aus formellen Gründen unwirksam, können die mit der Anmietung von Ersatzräumen und der damit einhergehenden Freigabe der bisherigen Mieträume verbundenen Vermögensschäden des Mieters nach § 536 a Abs. 1 BGB auch als Mangelschaden erstattungsfähig sein. Das ist dann der Fall, wenn der Mieter bestehende Mängel der Mietsache berechtigterweise zum Anlass nimmt, wegen einer nicht mehr vorhandenen Tauglichkeit der Mieträume zum vertragsgemä- ßen Gebrauch den Umständen nach angemessene neue Räume anzumieten (BGH Urteil vom 3. Juli 2013 - VIII ZR 191/12 - NJW 2013, 2660 Rn. 9 f.).
- 12
- b) Im Streitfall sind die Voraussetzungen für einen auf Ersatz des Kündigungsfolgeschadens gerichteten Schadenersatzanspruch gegeben.
- 13
- aa) Die getroffenen Feststellungen tragen die Annahme, dass der klagende Verein - wovon ersichtlich auch das Berufungsgericht ausgeht - dazu berechtigt war, das Mietverhältnis mit der Beklagten am 12. Juni 2013 aus wichtigem Grund außerordentlich zu kündigen.
- 14
- (1) Nach § 543 Abs. 1 BGB kann jede Vertragspartei das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. Ein wichtiger Grund liegt nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB unter anderem dann vor, wenn dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache ganz oder zum Teil nicht rechtzeitig gewährt oder wieder entzogen wird; letzteres kommt auch beim Auftreten eines Mangels in Betracht, der dem vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache entgegensteht (vgl. Senatsurteile vom 20. November 2013 - XII ZR 77/12 - NZM 2014, 165 Rn. 18 und vom 24. Oktober 2007 - XII ZR 24/06 - ZMR 2008, 274, 275).
- 15
- (a) Dabei braucht im vorliegenden Fall nicht im Einzelnen erörtert zu werden, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen objektbezogene Mängel beim Brandschutz - unabhängig von einem Einschreiten der Ordnungsbehörde - schon deshalb einen Mangel darstellen, weil die Sicherheit der Nutzer des Gebäudes durch sie gefährdet ist. Denn außer reinen Beschaffenheitsfehlern der Mietsache können jedenfalls auch behördliche Beschränkungen und Gebrauchshindernisse die Tauglichkeit der Mietsache zu dem vertragsgemäßen Gebrauch in einer Weise aufheben oder mindern, dass sie einen Mangel im Sinne von § 536 BGB begründen. Letztere stellen nach der Recht- sprechung des Bundesgerichtshofs freilich nur dann einen Mangel dar, wenn sie auf der konkreten Beschaffenheit der Mietsache beruhen und nicht in den persönlichen oder betrieblichen Umständen des Mieters ihre Ursache haben. Außerdem muss der Mieter durch die öffentlich-rechtlichen Beschränkungen und Gebrauchshindernisse in seinem vertragsgemäßen Gebrauch auch tatsächlich eingeschränkt werden (vgl. Senatsurteil vom 20. November 2013 - XII ZR 77/12 - NZM 2014, 165 Rn. 20; BGH Urteil vom 16. September 2009 - VIII ZR 275/08 - NJW 2009, 3421 Rn. 6). Diese Voraussetzung ist regelmäßig nur dann erfüllt, wenn die zuständige Behörde die Nutzung des Mietobjekts durch ein rechtswirksames und unanfechtbares Verbot bereits untersagt hat; allerdings kann ein möglicher Sachmangel im Einzelfall auch darin gesehen werden, dass eine langwährende Unsicherheit über die Zulässigkeit der behördlichen Nutzungsuntersagung die begründete Besorgnis bewirkt, das Grundstück nicht zum vertragsgemäßen Gebrauch nutzen zu können (vgl. Senatsurteil vom 20. November 2013 - XII ZR 77/12 - NZM 2014, 165 Rn. 20).
- 16
- (b) Nach den getroffenen Feststellungen hat die Stadt B. dem Kläger die Nutzung der Mieträume durch einen sofort vollziehbaren Bescheid vom 7. Juni 2013 untersagt. Damit konnte das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler davon ausgehen, dass das behördliche Einschreiten den Kläger in seinem vertragsgemäßen Gebrauch beeinträchtigen würde. Der an sich zutreffende Hinweis der Revision darauf, dass der Bescheid der Stadt B. vom 7. Juni 2013 im Zeitpunkt der Kündigungserklärung am 12. Juni 2013 noch nicht bestandskräftig war und die aufschiebende Wirkung eines dagegen gerichteten Widerspruchs durch einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO hätte wiederhergestellt werden können, vermag im Streitfall nicht zu verfangen. Zwar entspricht es der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass es dem Mieter grundsätzlich zugemutet werden kann, behördliche Anordnungen betreffend den Gebrauch der Mietsache auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen (vgl. Senatsurteil vom 20. November 2013 - XII ZR 77/12 - NZM 2014, 165 Rn. 20; BGH Urteil vom 20. Januar 1971 - VIII ZR 167/69 - WM 1971, 531, 532). Auf das Risiko eines verwaltungsgerichtlichen Rechtsstreits mit ungewissem Ausgang muss sich der Mieter aber jedenfalls dann nicht einlassen, wenn die Behörde bereits eine sofortige Untersagung der Nutzung der Mietsache verfügt hat und der Gegenstand der ordnungsbehördlichen Beanstandungen - wie hier die nicht brandschutzgerechte Ausführung der Fassadendämmung - außerhalb des Einwirkungsbereichs des Mieters liegt (vgl. Schmidt-Futterer/Eisenschmid Mietrecht 12. Aufl. § 543 BGB Rn. 96; Staudinger/Emmerich BGB [2014] § 536 Rn. 23; vgl. auch LG Mönchengladbach MDR 1992, 871).
- 17
- (2) Auch ist es für die Frage nach der Wirksamkeit der Kündigung unbehelflich , dass die Stadt B. in ihrem Bescheid die Anwendung unmittelbaren Zwangs (in Form einer Versiegelung der Mieträume) zur Durchsetzung der Nutzungsuntersagungsverfügung erst für den 1. August 2013 androhte. Denn das auf § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB gestützte Kündigungsrecht des Mieters besteht bereits dann, wenn im Zeitpunkt der Kündigungserklärung sicher feststeht, dass dem Mieter der Mietgebrauch nicht gewährt (vgl. Bub/Treier/Grapentin Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete 4. Aufl. Kap IV Rn. 320; BeckOGK/Mehle BGB [Stand: Juni 2016] § 543 Rn. 80) oder wieder entzogen wird (vgl. auch Senatsurteil vom 31. Oktober 2012 - XII ZR 126/11 - NJW 2013, 223 Rn. 30 f.). Der Kläger brauchte daher mit seiner Kündigungserklärung nicht auf den Termin zuzuwarten, zu dem die Ordnungsbehörde die Ergreifung von Zwangsmitteln zur Durchsetzung der Nutzungsuntersagung angekündigt hatte.
- 18
- (3) Das Kündigungsrecht ist auch nicht nach § 543 Abs. 3 Satz 1 BGB ausgeschlossen. Einer Fristsetzung oder Abmahnung bedarf es nach § 543 Abs. 3 Satz 2 BGB nicht, wenn eine Fristsetzung oder Abmahnung offensichtlich keinen Erfolg verspricht (§ 543 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BGB) oder die sofortige Kündigung aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen gerechtfertigt ist (§ 543 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BGB). Jedenfalls unter den letztgenannten Voraussetzungen ist nach den getroffenen Feststellungen eine sofortige Kündigung gerechtfertigt. Die Gebäudeeigentümer hatten eine ihnen von der Bauordnungsbehörde bis zum 31. Mai 2013 gesetzte Frist zur Herstellung eines brandschutzgerechten Zustands der Außenfassade verstreichen lassen , wodurch sich der klagende Verein als Mieter kurz darauf mit einer sofort vollziehbaren Nutzungsuntersagungsverfügung konfrontiert sah. Die Beklagte behauptet selbst nicht, dass eine brandschutzgerechte Sanierung der Außenfassade zu erwarten gewesen wäre, bevor die Bauordnungsbehörde am 1. August 2013 die von ihr angekündigte Versiegelung der Mieträume vorgenommen hätte. Vielmehr beruft sie sich ausdrücklich darauf, dass die Ausfertigung eines nicht brennbaren Wärmeverbundsystems "unmöglich" gewesen sei, weil ein in Vermögensverfall geratener Miteigentümer des Gebäudes den auf ihn entfallenden Anteil an den mit rund 120.000 € bezifferten Sanierungskosten nicht habe aufbringen können.
- 19
- bb) Wird der Mieter deshalb zu einer außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund herausgefordert, weil ihm der Vermieter den vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache aufgrund eines anfänglichen Mangels nicht gewährt oder wieder entzogen hat, haftet der Vermieter im Wege einer verschuldensunabhängigen Garantiehaftung (§ 536 a Abs. 1, 1. Alt. BGB) nach allgemeiner Ansicht auch für den kündigungsbedingten Schaden des Mieters (vgl. SchmidtFutterer /Blank Mietrecht 12. Aufl. § 543 BGB Rn. 114; Alberts in GhassemiTabar /Guhling/Weitemeyer Gewerberaummiete § 543 BGB Rn. 86; Pietz/Oprée in Lindner-Figura/Oprée/Stellmann Geschäftsraummiete 3. Aufl. Kap. 16 Rn. 323). Soweit behördliche Beschränkungen den vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache beeinträchtigen, setzt ein auf eine öffentlich-rechtliche Gebrauchsbeschränkung gestützter anfänglicher Mangel im Sinne von § 536 a Abs. 1, 1. Alt. BGB mindestens voraus, dass schon im Zeitpunkt der Gebrauchsüberlassung mit einem späteren behördlichen Einschreiten während der vereinbarten Vertragszeit zu rechnen ist und die Behörde aufgrund der einschlägigen Vorschriften nicht nur dazu berechtigt, sondern dazu verpflichtet ist, die vertraglich vorgesehene Nutzung der Mietsache zu untersagen (vgl. BGHZ 68, 294, 297 = NJW 1977, 1285, 1286). Davon ist - mit dem Berufungsgericht - unter den hier obwaltenden Umständen auszugehen, weil die im Zeitpunkt der Gebrauchsüberlassung vorhandene Dämmung der Außenfassade mit brennbaren Werkstoffen von Anfang an gegen bauordnungsrechtliche Brandschutzbestimmungen verstoßen hat. Auch die Revision erinnert gegen diese Beurteilung nichts.
- 20
- Soweit das Berufungsgericht den Einwand der Beklagten, ihre Garantiehaftung für anfängliche Mängel sei gemäß § 6 Abs. 2 des Formularmietvertrages in rechtlich zulässiger Weise (vgl. dazu Senatsurteile vom 3. Juli 2002 - XII ZR 327/00 - NJW 2002, 3232, 3233 und vom 27. Januar 1993 - XII ZR 141/91 - NJW-RR 1993, 519, 520) ausgeschlossen gewesen, als verspätet zurückgewiesen hat, fehlt es - worauf die Revisionserwiderung des Klägers zu Recht hinweist - an einer diesbezüglichen Verfahrensrüge.
- 21
- cc) Hat der Mieter das Mietverhältnis nach einem vertragswidrigen Verhalten des Vermieters wirksam gekündigt, umfasst der ihm zu ersetzende Kündigungsfolgeschaden auch die notwendigen Umzugskosten (vgl. bereits BGH Urteil vom 6. Februar 1974 - VIII ZR 239/72 - MDR 1974, 838). Dies wird von der Revision auch nicht grundsätzlich in Zweifel gezogen. Die Angriffe, die sie im Zusammenhang mit der Schadenszurechnung gegen die Berufungsentscheidung führt, greifen indessen nicht durch.
- 22
- (1) Ohne Erfolg macht die Revision geltend, dass die Umzugskosten des Klägers auch dann angefallen wären, wenn die Beklagte sämtliche von der Stadt B. monierten Brandschutzmängel bis zum 31. Mai 2013 beseitigt hätte. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Kläger die Kündigung des Mietverhältnisses deshalb ausgesprochen, weil die Bauordnungsbehörde ihm gegenüber wegen der Beanstandungen zum Brandschutz eine sofort vollziehbare Nutzungsuntersagung verfügt hatte. Wenn das Berufungsgericht aus den von der Revision angeführten Umständen (Einholung von Angeboten für Umzugsdienstleistungen im Mai 2013, Äußerungen einer Mitarbeiterin des Beklagten in einem Telefongespräch am 11. Juni 2013) ersichtlich nicht den Schluss ziehen wollte, dass der Kläger das Mietverhältnis in jedem Fall und somit auch unabhängig von einer rechtzeitigen Beseitigung der Brandschutzmängel an der Außenfassade gekündigt hätte, hält sich dies im Rahmen einer revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden tatrichterlichen Würdigung.
- 23
- (2) Ebenfalls nicht gefolgt werden kann der Auffassung der Revision, dass eine schadensrechtliche Berücksichtigung von Umzugskosten unter dem Gesichtspunkt eines rechtmäßigen Alternativverhaltens deshalb nicht in Betracht komme, weil die Beklagte das Mietverhältnis ihrerseits hätte kündigen können.
- 24
- (a) Allerdings kann die Berufung des Schädigers auf ein rechtmäßiges Alternativverhalten, d.h. der Einwand, der Schaden wäre auch bei einer ebenfalls möglichen, rechtmäßigen Verhaltensweise entstanden, nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für die Zurechnung eines Schadenserfolgs beachtlich sein. Die Erheblichkeit des Einwands richtet sich nach dem Schutzzweck der jeweils verletzten Norm (vgl. BGHZ 96, 157, 173 = NJW 1986, 576, 579 und BGHZ 120, 281, 286 = NJW 1993, 520, 521; BGH Urteile vom 19. Juli 2016 - VI ZR 75/15 - VersR 2016, 1191 Rn. 7 und vom 9. März 2012 - V ZR 156/11 - NJW 2012, 2022 Rn. 17). Voraussetzung ist zudem, dass derselbe Erfolg effektiv herbeigeführt worden wäre; die bloße Möglichkeit, ihn rechtmäßig herbeiführen zu können, reicht nicht aus (BGHZ 120, 281, 287 = NJW 1993, 520, 522; BGH Urteil vom 9. März 2012 - V ZR 156/11 - NJW 2012, 2022 Rn. 17; vgl. bereits BGH Urteil vom 30. April 1959 - III ZR 4/58 - NJW 1959, 1316, 1317).
- 25
- (b) Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Wäre die Außenfassade des Mietobjekts nicht bauordnungswidrig mit brennbaren Materialien ausgeführt worden bzw. hätte die Beklagte die genannten Mängel rechtzeitig vor der Nutzungsuntersagung durch die Stadt B. beseitigt, wäre das Mietverhältnis nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht gekündigt worden und der mit den Umzugskosten verbundene Vermögenschaden beim Kläger nicht eingetreten. Der Einwand der Beklagten, sie hätte das Mietverhältnis nach der behördlichen Nutzungsuntersagung ihrerseits ordentlich oder - wie sie erstmals in der Revisionsinstanz für sich reklamiert - außerordentlich gekündigt, ist mit Blick auf den Schutzzweck der §§ 536 Abs. 1, 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB nicht erheblich.
- 26
- (aa) Diese Vorschriften bezwecken es gerade, den Mieter dagegen zu sichern, dass der Vermieter die Fortsetzung des Mietverhältnisses durch mangelbedingte Nichtgewährung oder Entziehung des vertragsgemäßen Gebrauchs für den Mieter unzumutbar macht. Greift der Mieter deshalb berechtigt zur Kündigung , büßt er sein vertragliches Recht zum Gebrauch der Mietsache ein, so dass der Vermieter dann verpflichtet ist, dem Mieter den Schaden zu ersetzen, den er durch diesen Rechtsverlust erleidet (vgl. BGH Urteil vom 6. Februar 1974 - VIII ZR 239/72 - MDR 1974, 838). Andererseits geht der Schutzzweck der §§ 536 Abs. 1, 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB freilich nicht dahin, dem Mieter den vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache unabhängig von sonstigen möglichen Beendigungsgründen für das Mietverhältnis dauerhaft zu gewährleisten. Damit steht es in Einklang, dass der Mieter einen kündigungsbedingten Schadenersatz wegen des entgangenen Gebrauchs der Mietsache nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur für den Zeitraum verlangen kann, in dem der Vermieter auch gegen seinen Willen am Mietvertrag festgehalten werden konnte (vgl. Senatsurteil vom 17. März 2004 - XII ZR 254/00 - GuT 2004, 120, 121; BGH Urteil vom 12. Januar 1972 - VIII ZR 26/71 - WM 1972, 335, 337). Insbesondere die Ansprüche des Mieters auf Erstattung der Mietdifferenz wegen der Mehrkosten der kündigungsbedingt angemieteten Ersatzwohnung sind daher auf den Zeitraum bis zum Ablauf der vereinbarten Vertragsdauer oder bis zur Wirksamkeit der ersten möglichen Kündigung durch den Vermieter beschränkt (vgl. bereits BGH Urteil vom 15. Juni 1964 - VIII ZR 255/62 - WM 1964, 831, 833).
- 27
- (bb) Soweit es um einmalige Aufwendungen für die Beschaffung von Ersatzräumen , die Herrichtung dieser Räume und den Umzug geht, wird für deren Erstattungsfähigkeit maßgeblich darauf abzustellen sein, ob diese Kosten durch eine in absehbarer Zeit bevorstehende Vertragsbeendigung unabhängig von den zur Mieterkündigung führenden Umständen ohnehin entstanden wären (vgl. auch BGH Urteil vom 6. Februar 1974 - VIII ZR 239/72 - MDR 1974, 838; Grapentin in Bub/Treier Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete 4. Aufl. Rn. 309). Kann demgegenüber - wie hier - nicht festgestellt werden, dass das Mietverhältnis ohne die zur außerordentlichen Kündigung des Mieters führende und vom Vermieter zu vertretende mangelbedingte Gebrauchsentziehung überhaupt beendet worden wäre, schließt der Schutzzweck der §§ 536 Abs. 1, 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB den auf rechtmäßiges Alternativverhalten gestützten Einwand des Vermieters aus, dass er das Mietverhältnis seinerseits gekündigt hätte, weil er infolge des Scheiterns der Mangelbeseitigungsversuche dem Mieter den vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache nicht mehr habe gewähren können.
- 28
- c) Auch die Feststellungen des Berufungsgerichts zur Höhe der erstattungsfähigen Umzugskosten sind aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
- 29
- Soweit das Berufungsgericht dem Kläger Reinigungskosten in Höhe von 280 € zugesprochen hat, konnte es sich gemäß § 529 Abs. 1 ZPO verfahrens- fehlerfrei auf die Feststellungen des Amtsgerichts stützen. Die Revision legt keine genügenden Anhaltspunkte dar, die nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO für das Berufungsgericht Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der amtsgerichtlichen Feststellungen begründet und deshalb eine erneute Feststellung geboten hätten. Die von dem Amtsgericht vernommene Zeugin T. hat in ihrer Vernehmung bekundet, dass die Reinigungsarbeiten in den alten und neuen Räumlichkeiten in einer von ihr im Einzelnen geschilderten Weise durchgeführt worden seien und die von ihr gestellte Rechnung vom 1. August 2013 von dem Kläger bezahlt worden sei. Soweit die Revision Zweifel an der Richtigkeit der auf diese Aussage gestützten amtsgerichtlichen Feststellungen auf den Umstand stützen will, dass die von der Zeugin T. in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Kopie der ersichtlich mit einem Textverarbeitungsprogramm erstellten Rechnung ein anderes Datum (1. August 2013) trägt als die von dem Kläger mit Schriftsatz vom 17. April 2014 eingerichtete Ausfertigung der gleichen Rechnung (4. April 2014), vermag sie damit keinen revisionsrechtlich relevanten Verfahrensfehler des Berufungsgerichts aufzuzeigen. Auch wenn die Zeugin T. in ihrer erstinstanzlichen Vernehmung auf Vorhalt die unterschiedliche Datierung der beiden in der Akte befindlichen Rechnungsexemplare nicht zu erläutern vermochte, konnte es hierfür zwanglos nachvollziehbare Erklärungen - etwa die automatische Aktualisierung von Datumsfeldern beim nachträglichen Ausdruck eines mit einem Textverarbeitungsprogramm erzeugten Dokuments - geben, so dass das Berufungsgericht seiner Entscheidung in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise gemäß § 529 Abs. 1 ZPO die amtsgerichtlichen Feststellungen bezüglich der Ausführung und der Bezahlung der Reinigungsarbeiten zugrunde legen konnte.
- 30
- 2. Von Rechtsfehlern beeinflusst ist demgegenüber die Annahme des Berufungsgerichts, dass der Beklagten der im Wege der Widerklage verfolgte Anspruch auf Zahlung der Miete für die Zeit vom 8. Juni 2013 bis zum 30. Juni 2013 nicht zustehe, weil die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch in diesem Zeitraum wegen der sofortigen Vollziehbarkeit der Nutzungsuntersagungsverfügung der Stadt B. vom 7. Juni 2013 vollständig aufgehoben worden sei.
- 31
- a) Mit Recht macht die Revision zunächst geltend, dass - vom Rechtsstandpunkt des Berufungsgerichts aus - auf den Zeitpunkt abzustellen gewesen wäre, an dem die vom 7. Juni 2013 verfügte Nutzungsuntersagung gegenüber dem klagenden Verein wirksam geworden ist. Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird; ein schriftlicher Verwaltungsakt, der - wie hier - im Inland durch die Post übermittelt wird, gilt am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben (§ 1 NVwVfG iVm §§ 43 Abs. 1 Satz 1, 41 Abs. 2 Satz 1 VwVfG). Insoweit fehlt es an Feststellungen durch das Berufungsgericht; selbst bei unterstellter Aufgabe zur Post am 7. Juni 2013 konnte die Nutzungsuntersagung gegenüber der Beklagten frühestens am 10. Juni 2013 wirksam werden.
- 32
- b) Im Übrigen ist noch nicht ohne weiteres von einer Beeinträchtigung oder Entziehung des vertragsgemäßen Gebrauchs auszugehen, solange die Behörde trotz eines Verstoßes gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften die formell ordnungswidrige Nutzung der Mietsache durch den Mieter duldet (vgl. Hübner/Griesbach/Fuerst in Lindner-Figura/Oprée/Stellmann Geschäftsraum- miete 3. Aufl. Kap. 14 Rn. 274; Ghassemi-Tabar in Ghassemi-Tabar/Guhling/ Weitemeyer Gewerberaummiete § 536 BGB Rn. 181).
- 33
- Von einer zumindest faktischen Duldung der Nutzung durch die zuständige Behörde wird auch dann auszugehen sein, wenn sie zwar die Nutzung der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch bereits untersagt hat, vorläufig aber auf die Anwendung von Zwang zur Durchsetzung der Ordnungsverfügung verzichtet, um dem von der Nutzungsuntersagung betroffenen Mieter ausreichend Zeit für die Suche nach Ersatzräumen zu geben. In diesem Fall kann der "Makel" der von der Ordnungsbehörde formell untersagten Weiternutzung der Mietsache deren Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch im Zeitraum bis zum endgültigen Auszug des Mieters möglicherweise einschränken, aber nicht vollständig aufheben (vgl. auch LG Potsdam WuM 2015, 350, 352 ff.).
- 34
- Die angefochtene Entscheidung erweist sich hinsichtlich der Widerklage entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung auch nicht deshalb als richtig , weil die Beschaffenheit der Mieträume in tatsächlicher Hinsicht so weitreichend von brandschutzrechtlichen Vorschriften abweiche, dass schon deshalb eine vollständige Befreiung von der Mietzahlungspflicht ohne weiteres gerechtfertigt sei. Selbst wenn aufgrund von schwerwiegenden Mängeln beim objektbezogenen Brandschutz die konkrete Besorgnis besteht, dass im Falle eines in Zukunft eintretenden Brandes das Gesundheitsrisiko für die Nutzer der Mieträume erheblich erhöht ist, wird dieser Umstand regelmäßig nicht die Beurteilung rechtfertigen, dass die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache vollständig aufgehoben ist (vgl. auch KG Berlin KGR 2004, 97, 100; OLG Brandenburg Urteil vom 14. April 2015 - 6 U 77/12 - juris Rn. 86 ff.).
- 35
- c) Das Berufungsgericht wird nach der Zurückverweisung der Sache in tatrichterlicher Verantwortung auch darüber zu befinden haben, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang eine geschuldete Miete im noch streitgegen- ständlichen Zeitraum (Juni 2013) wegen der tatsächlichen und nicht brandschutzgerechten Beschaffenheit der Mietsache oder deshalb gemindert ist, weil dem Kläger die formell untersagte Weiternutzung der Mieträume nur wegen eines befristeten Verzichts auf ordnungsbehördliche Zwangsmittel ermöglicht worden ist. Dose Klinkhammer Schilling Nedden-Boeger Botur
AG Brake, Entscheidung vom 09.10.2014 - 3 C 54/14 -
LG Oldenburg, Entscheidung vom 24.11.2015 - 16 S 531/14 -
Tenor
I. Der Klageanspruch wird dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt.
II. Die Entscheidung über die Kosten und die vorläufige Vollstreckbarkeit bleibt der Endentscheidung vorbehalten.
Beschluss
Der Streitwert wird vorläufig auf 418.513,10 € festgesetzt.
Tatbestand
„§ 3 Mietbeginn, Mietdauer
(1) Das Mietverhältnis beginnt mit Praxiseröffnung am 01.09.2004, spätestens am 01.10.2004 und endet am 31.08.2014 bzw. am 30.09.2014 [...]
(2) Die Parteien beabsichtigen eine Verlängerung des vorliegenden Vertrages jeweils um 5 Jahre (Option für 4 × 5 Jahre). Sofern der Mieter eine Verlängerung des Vertrages um weitere 5 Jahre wünscht, ist dies dem Vermieter schriftlich mindestens 6 Monate vor Ablauf der Mietzeit mitzuteilen. Die Einzelheiten bezüglich der verlängerten Mietzeit, z.B. Änderung oder Anpassung bestehender Vertragsmodalitäten, insbesondere zur Mietzinshöhe nach dem Index des statistischen Bundesamtes, werden in einem Nachtrag zum vorliegenden Mietvertrag geregelt [...].“
„„1. Es wird festgestellt, dass das Mietverhältnis zwischen den Parteien über die Geschäftsräume K. Straße 50, I., diese bestehend aus Praxisräumen im Erdgeschoss rechts inkl. 2 WC, 1 Röntgenraum und 1 oberirdischen Kfz.-Stellplatz, durch die Kündigung des Beklagten vom 28.02.14 nicht beendet worden ist.
2. Es wird festgestellt, dass sich das Mietverhältnis zwischen den Parteien über die Geschäftsräume K. Straße 50, I., diese bestehend aus Praxisräumen im Erdgeschoss rechts inkl. 2 WC, 1 Röntgenraum und 1 oberirdischen Kfz.-Stellplatz, durch Ausübung der Option verlängert hat.
3. Es wird festgestellt, dass das Mietverhältnis zwischen den Parteien über die Geschäftsräume K. Straße 50, I., diese bestehend aus Praxisräumen im Erdgeschoss rechts inkl. 2 WC, 1 Röntgenraum und 1 oberirdischen Kfz.-Stellplatz, durch die Schriftsatzkündigung des Beklagten vom 08.08.2014, zugestellt am 15.08.2014, nicht beendet worden ist. [...]“
-
1.an die Klägerin 416.381,51 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.03.2016 zu bezahlen,
-
2.an die Klägerin weitere 2.131,59 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen, sowie
-
3.an die Klägerin vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 4.623,33 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.03.2016 zu bezahlen.
die Klage abzuweisen.
Gründe
I.
II.
III.
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
(1) Hat die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt, oder entsteht während der Mietzeit ein solcher Mangel, so ist der Mieter für die Zeit, in der die Tauglichkeit aufgehoben ist, von der Entrichtung der Miete befreit. Für die Zeit, während der die Tauglichkeit gemindert ist, hat er nur eine angemessen herabgesetzte Miete zu entrichten. Eine unerhebliche Minderung der Tauglichkeit bleibt außer Betracht.
(1a) Für die Dauer von drei Monaten bleibt eine Minderung der Tauglichkeit außer Betracht, soweit diese auf Grund einer Maßnahme eintritt, die einer energetischen Modernisierung nach § 555b Nummer 1 dient.
(2) Absatz 1 Satz 1 und 2 gilt auch, wenn eine zugesicherte Eigenschaft fehlt oder später wegfällt.
(3) Wird dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache durch das Recht eines Dritten ganz oder zum Teil entzogen, so gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.
(4) Bei einem Mietverhältnis über Wohnraum ist eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung unwirksam.
BUNDESGERICHTSHOF
AG Brake
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 2. November 2016 durch den Vorsitzenden Richter Dose und die Richter Dr. Klinkhammer, Schilling, Dr. Nedden-Boeger und Dr. Botur
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Parteien streiten um Forderungen aus einem Mietvertrag über Geschäftsräume.
- 2
- Im Mai 2012 mietete der Kläger - ein Betreuungsverein - von der Beklagten einen Büroraum im Erdgeschoss eines Gebäudes, das sich in deren Miteigentum befand. Die vereinbarte monatliche Bruttomiete einschließlich Umsatz- steuer und Nebenkostenpauschale betrug 416,50 €.
- 3
- Im Rahmen einer bauordnungsrechtlichen Prüfung stellte die Stadt B. an dem Gebäude verschiedene Mängel im Brandschutz fest. Insbesondere war bei der Anbringung des Wärmedämmverbundsystems an der Außenfassade bauordnungswidrig brennbares Material (Polystyrol) verwendet worden. Mit Schreiben vom 24. April 2013 setzte die Stadt B. den Kläger von den Brandschutzmängeln und davon in Kenntnis, dass sie den Gebäudeeigentümern zur Behebung der Mängel am Wärmedämmverbundsystem eine Frist bis zum 31. Mai 2013 gesetzt habe, nach deren fruchtlosen Ablauf eine Untersagung der Nutzung des gesamten Gebäudes beabsichtigt sei. Mit Bescheid vom 7. Juni 2013 sprach die Stadt B. gegenüber dem Kläger wegen der nicht brandschutzgerechten Dämmung der Außenfassade und der Nichtbeseitigung dieses Mangels durch die Gebäudeeigentümer eine Nutzungsuntersagung für die Mieträume aus. Zugleich wurde die sofortige Vollziehung angeordnet und angekündigt, die Nutzungsuntersagung durch Versiegelung durchzusetzen, wenn das Gebäude und die darin befindlichen Räume ab dem 1. August 2013 weiterhin benutzt würden.
- 4
- Nachdem der Kläger am 11. Juni 2013 ein fernmündliches Angebot der Beklagten zum Bezug von Ersatzräumen abgelehnt hatte, kündigte er durch Anwaltsschreiben vom 12. Juni 2013 das Mietverhältnis "fristlos zum 30. Juni 2013" und zog am 28. Juni 2013 in von ihm angemietete neue Büroräume um. Seit Juni 2013 leistete der Kläger keine Mietzahlungen an die Beklagte mehr.
- 5
- Mit seiner Klage hat der Kläger Schadenersatz für verschiedene Umzugskosten (Möbeltransport, Abbau und Neuinstallation der EDV-Anlage, Rei- nigungskosten) in Höhe von 2.375 € verlangt. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat widerklagend rückständige Miete für die Monate Juni und Juli 2013 in Höhe von 833 € geltend gemacht. Das Amtsgericht hat der Klage in Höhe von 1.675 € nebst Zinsen und der Widerklage in Höhe von 83,30 € nebst Zinsen stattgegeben; im Übrigen hat das Amtsgericht die wechselseitigen Zahlungsanträge abgewiesen. Mit ihrer dagegen gerichteten Berufung hat die Beklagte weiterhin auf eine vollständige Abweisung der Klage angetragen und mit der Widerklage (nur) noch die restliche Miete für den Monat Juni 2013 begehrt. Das Landgericht hat die angefochtene Entscheidung auf das Rechtsmittel geringfügig abgeändert. Es hat den von der Beklagten an den Kläger zu zahlen- den Betrag auf 1.580 € nebst Zinsen herabgesetzt und der Beklagten auf die Widerklage weitere 13,86 €, mithin insgesamt 97,16 € nebst Zinsen zugesprochen.
- 6
- Mit ihrer vom Landgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr zweitinstanzliches Begehren weiter.
Entscheidungsgründe:
- 7
- Die Revision ist nur teilweise begründet, nämlich soweit das Berufungsgericht hinsichtlich der Widerklage zum Nachteil der Beklagten entschieden hat. Insoweit ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
I.
- 8
- Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung das Folgende ausgeführt: Dem Kläger stehe ein Ersatz seines durch den Umzug entstandenen Schadens nach § 536 a BGB zu. Die Beklagte hafte als Vermieterin verschuldensunabhängig für die bereits bei Vertragsschluss vorhandenen Mängel der Mietsache. Um einen solchen Mangel handele es sich bei den Beanstandungen an der Dämmung der Außenfassade, die zwar bei Vertragsschluss noch nicht bekannt gewesen seien, schon damals aber zwingenden Anlass zu einem behördlichen Einschreiten gegeben hätten. Zwar sei der Beklagten zuzugeben , dass ihre Haftung für anfängliche Mängel nach § 6 Abs. 2 des Mietvertrages wirksam ausgeschlossen gewesen sei. Ihr diesbezüglicher Einwand sei aber als verspätet zurückzuweisen, weil die Beklagte ihn nicht bereits mit der Berufungsbegründungsschrift, sondern erst in einem nicht nachgelassenen Schriftsatz nach der letzten mündlichen Verhandlung vorgebracht habe. Die im Zusammenhang mit dem Umzug des Klägers erforderlichen Kosten seien im Rahmen des § 536 a BGB erstattungsfähig. Zu ersetzen seien daher die Kosten für die Herrichtung der neuen Wohnung, für die De- und Neuinstallation der EDV-Anlage, für das Einpacken der Umzugsgüter in Kartons sowie für die Reinigung der alten und neuen Räumlichkeiten. Soweit das Amtsgericht den Anspruch in der erkannten Höhe von 1.675 € nach der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme für begründet erachtet habe, beruhten seine diesbezüglichen Feststellungen auf einer umfassenden und abwägenden Würdigung. Das Amtsgericht habe hinsichtlich der Rechnung für die Arbeiten an der EDVAnlage lediglich übersehen, dass der Kläger zum Vorsteuerabzug berechtigt und deshalb die Umsatzsteuer in Höhe von 95 € als Schadensposition nicht zu berücksichtigen sei. Die Beklagte könne sich nicht auf ein rechtmäßiges Alternativverhalten berufen, weil es insoweit an einem gleichartigen Kausalverlauf fehle. Zwar solle der Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens einem Anspruch auf Schadenersatz entgegenstehen, wenn beide Mietparteien zur außerordentlichen Kündigung berechtigt gewesen seien. Hier habe die Beklagte vorgetragen, dass sie den Mietvertrag aufgrund der Nutzungsuntersagung vom 7. Juni 2013 ordentlich gekündigt hätte, was nach § 580 Abs. 2 BGB frühestens mit Wirkung zum 31. Dezember 2013 hätte erfolgen können. Damit unterscheide sich dieser Kausalverlauf von der sofort wirkenden Kündigung des Klägers im Juni 2013. Ohnehin sei die bloße Möglichkeit der rechtmäßigen Herbeiführung des Schadens im Falle alternativen Verhaltens nicht ausreichend. Voraussetzung sei vielmehr, dass derselbe Erfolg effektiv herbeigeführt worden wäre. Dass die Beklagte die Kündigung des Mietverhältnisses ihrerseits tatsächlich auch ausgesprochen hätte, habe sie erstmalig - ohne Beweisantritt - in der Berufungsbegründungsschrift und damit verspätet vorgetragen. Ein Mitverschulden des Klägers sei nicht anzunehmen, weil sich dieser nicht auf den Vorschlag der Beklagten zum Bezug von Ersatzräumen habe einlassen müssen. Die Widerklage sei nur in einem geringen Umfang begründet. Der Kläger schulde lediglich die Miete für den Zeitraum vom 1. Juni 2013 bis zum 7. Juni 2013, weil die Gebrauchstauglichkeit der Räumlichkeiten mit der Nutzungsuntersagung vom 7. Juni 2013 vollständig aufgehoben sei. Aufgrund der sofortigen Vollziehbarkeit der Nutzungsuntersagung komme es nicht darauf an, ob eine tatsächliche Nutzung über den 7. Juni 2013 hinaus erfolgt sei.
II.
- 9
- Dies hält rechtlicher Überprüfung nicht in allen Punkten stand.
- 10
- 1. Ohne Erfolg wendet sich die Revision allerdings gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass dem Kläger ein Schadenersatzanspruch gegen die Beklagte wegen der Erstattung der durch den Umzug entstanden Kosten in Hö- he von 1.580 € zusteht.
- 11
- a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Mietvertragspartei, die durch eine von ihr zu vertretende Vertragsverletzung die andere Partei zu einer wirksamen außerordentlichen Kündigung des Mietvertrages veranlasst hat, dieser Partei zum Ersatz des hierdurch verursachten Schadens (sog. Kündigungs- oder Kündigungsfolgeschaden) verpflichtet (vgl. Senatsurteil vom 15. März 2000 - XII ZR 81/97 - NJW 2000, 2342 f.; BGH Urteile vom 13. Juni 2007 - VIII ZR 281/06 - NJW 2007, 2474 Rn. 9 und vom 4. April 1984 - VIII ZR 313/82 - NJW 1984, 2687). Grundlage für einen auf Ersatz des Kündigungsfolgeschadens gerichteten Schadenersatzanspruch des Mieters ist entweder § 280 Abs. 1 BGB oder - wie im vorliegenden Fall - § 536 a Abs. 1 BGB, wenn die außerordentliche Kündigung wegen eines Umstands erfolgt, der zugleich einen Mangel der Mietsache im Sinne des § 536 BGB begründet (vgl. Senatsurteil vom 31. Oktober 2012 - XII ZR 126/11 - NJW 2013, 223 Rn. 35; Staudinger/Emmerich BGB [2014] § 543 Rn. 103). Der Anspruch setzt die Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung voraus, weil er gerade denjenigen Schaden erfasst, welcher infolge der vorzeitigen Beendigung des Mietverhältnisses entstanden ist (Alberts in Ghassemi-Tabar/Guhling/Weitemeyer Gewerberaummiete § 543 BGB Rn. 86). Wird das Mietverhältnis demgegenüber nicht gekündigt oder ist eine von dem Mieter ausgesprochene Kündigung etwa aus formellen Gründen unwirksam, können die mit der Anmietung von Ersatzräumen und der damit einhergehenden Freigabe der bisherigen Mieträume verbundenen Vermögensschäden des Mieters nach § 536 a Abs. 1 BGB auch als Mangelschaden erstattungsfähig sein. Das ist dann der Fall, wenn der Mieter bestehende Mängel der Mietsache berechtigterweise zum Anlass nimmt, wegen einer nicht mehr vorhandenen Tauglichkeit der Mieträume zum vertragsgemä- ßen Gebrauch den Umständen nach angemessene neue Räume anzumieten (BGH Urteil vom 3. Juli 2013 - VIII ZR 191/12 - NJW 2013, 2660 Rn. 9 f.).
- 12
- b) Im Streitfall sind die Voraussetzungen für einen auf Ersatz des Kündigungsfolgeschadens gerichteten Schadenersatzanspruch gegeben.
- 13
- aa) Die getroffenen Feststellungen tragen die Annahme, dass der klagende Verein - wovon ersichtlich auch das Berufungsgericht ausgeht - dazu berechtigt war, das Mietverhältnis mit der Beklagten am 12. Juni 2013 aus wichtigem Grund außerordentlich zu kündigen.
- 14
- (1) Nach § 543 Abs. 1 BGB kann jede Vertragspartei das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. Ein wichtiger Grund liegt nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB unter anderem dann vor, wenn dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache ganz oder zum Teil nicht rechtzeitig gewährt oder wieder entzogen wird; letzteres kommt auch beim Auftreten eines Mangels in Betracht, der dem vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache entgegensteht (vgl. Senatsurteile vom 20. November 2013 - XII ZR 77/12 - NZM 2014, 165 Rn. 18 und vom 24. Oktober 2007 - XII ZR 24/06 - ZMR 2008, 274, 275).
- 15
- (a) Dabei braucht im vorliegenden Fall nicht im Einzelnen erörtert zu werden, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen objektbezogene Mängel beim Brandschutz - unabhängig von einem Einschreiten der Ordnungsbehörde - schon deshalb einen Mangel darstellen, weil die Sicherheit der Nutzer des Gebäudes durch sie gefährdet ist. Denn außer reinen Beschaffenheitsfehlern der Mietsache können jedenfalls auch behördliche Beschränkungen und Gebrauchshindernisse die Tauglichkeit der Mietsache zu dem vertragsgemäßen Gebrauch in einer Weise aufheben oder mindern, dass sie einen Mangel im Sinne von § 536 BGB begründen. Letztere stellen nach der Recht- sprechung des Bundesgerichtshofs freilich nur dann einen Mangel dar, wenn sie auf der konkreten Beschaffenheit der Mietsache beruhen und nicht in den persönlichen oder betrieblichen Umständen des Mieters ihre Ursache haben. Außerdem muss der Mieter durch die öffentlich-rechtlichen Beschränkungen und Gebrauchshindernisse in seinem vertragsgemäßen Gebrauch auch tatsächlich eingeschränkt werden (vgl. Senatsurteil vom 20. November 2013 - XII ZR 77/12 - NZM 2014, 165 Rn. 20; BGH Urteil vom 16. September 2009 - VIII ZR 275/08 - NJW 2009, 3421 Rn. 6). Diese Voraussetzung ist regelmäßig nur dann erfüllt, wenn die zuständige Behörde die Nutzung des Mietobjekts durch ein rechtswirksames und unanfechtbares Verbot bereits untersagt hat; allerdings kann ein möglicher Sachmangel im Einzelfall auch darin gesehen werden, dass eine langwährende Unsicherheit über die Zulässigkeit der behördlichen Nutzungsuntersagung die begründete Besorgnis bewirkt, das Grundstück nicht zum vertragsgemäßen Gebrauch nutzen zu können (vgl. Senatsurteil vom 20. November 2013 - XII ZR 77/12 - NZM 2014, 165 Rn. 20).
- 16
- (b) Nach den getroffenen Feststellungen hat die Stadt B. dem Kläger die Nutzung der Mieträume durch einen sofort vollziehbaren Bescheid vom 7. Juni 2013 untersagt. Damit konnte das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler davon ausgehen, dass das behördliche Einschreiten den Kläger in seinem vertragsgemäßen Gebrauch beeinträchtigen würde. Der an sich zutreffende Hinweis der Revision darauf, dass der Bescheid der Stadt B. vom 7. Juni 2013 im Zeitpunkt der Kündigungserklärung am 12. Juni 2013 noch nicht bestandskräftig war und die aufschiebende Wirkung eines dagegen gerichteten Widerspruchs durch einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO hätte wiederhergestellt werden können, vermag im Streitfall nicht zu verfangen. Zwar entspricht es der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass es dem Mieter grundsätzlich zugemutet werden kann, behördliche Anordnungen betreffend den Gebrauch der Mietsache auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen (vgl. Senatsurteil vom 20. November 2013 - XII ZR 77/12 - NZM 2014, 165 Rn. 20; BGH Urteil vom 20. Januar 1971 - VIII ZR 167/69 - WM 1971, 531, 532). Auf das Risiko eines verwaltungsgerichtlichen Rechtsstreits mit ungewissem Ausgang muss sich der Mieter aber jedenfalls dann nicht einlassen, wenn die Behörde bereits eine sofortige Untersagung der Nutzung der Mietsache verfügt hat und der Gegenstand der ordnungsbehördlichen Beanstandungen - wie hier die nicht brandschutzgerechte Ausführung der Fassadendämmung - außerhalb des Einwirkungsbereichs des Mieters liegt (vgl. Schmidt-Futterer/Eisenschmid Mietrecht 12. Aufl. § 543 BGB Rn. 96; Staudinger/Emmerich BGB [2014] § 536 Rn. 23; vgl. auch LG Mönchengladbach MDR 1992, 871).
- 17
- (2) Auch ist es für die Frage nach der Wirksamkeit der Kündigung unbehelflich , dass die Stadt B. in ihrem Bescheid die Anwendung unmittelbaren Zwangs (in Form einer Versiegelung der Mieträume) zur Durchsetzung der Nutzungsuntersagungsverfügung erst für den 1. August 2013 androhte. Denn das auf § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB gestützte Kündigungsrecht des Mieters besteht bereits dann, wenn im Zeitpunkt der Kündigungserklärung sicher feststeht, dass dem Mieter der Mietgebrauch nicht gewährt (vgl. Bub/Treier/Grapentin Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete 4. Aufl. Kap IV Rn. 320; BeckOGK/Mehle BGB [Stand: Juni 2016] § 543 Rn. 80) oder wieder entzogen wird (vgl. auch Senatsurteil vom 31. Oktober 2012 - XII ZR 126/11 - NJW 2013, 223 Rn. 30 f.). Der Kläger brauchte daher mit seiner Kündigungserklärung nicht auf den Termin zuzuwarten, zu dem die Ordnungsbehörde die Ergreifung von Zwangsmitteln zur Durchsetzung der Nutzungsuntersagung angekündigt hatte.
- 18
- (3) Das Kündigungsrecht ist auch nicht nach § 543 Abs. 3 Satz 1 BGB ausgeschlossen. Einer Fristsetzung oder Abmahnung bedarf es nach § 543 Abs. 3 Satz 2 BGB nicht, wenn eine Fristsetzung oder Abmahnung offensichtlich keinen Erfolg verspricht (§ 543 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BGB) oder die sofortige Kündigung aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen gerechtfertigt ist (§ 543 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BGB). Jedenfalls unter den letztgenannten Voraussetzungen ist nach den getroffenen Feststellungen eine sofortige Kündigung gerechtfertigt. Die Gebäudeeigentümer hatten eine ihnen von der Bauordnungsbehörde bis zum 31. Mai 2013 gesetzte Frist zur Herstellung eines brandschutzgerechten Zustands der Außenfassade verstreichen lassen , wodurch sich der klagende Verein als Mieter kurz darauf mit einer sofort vollziehbaren Nutzungsuntersagungsverfügung konfrontiert sah. Die Beklagte behauptet selbst nicht, dass eine brandschutzgerechte Sanierung der Außenfassade zu erwarten gewesen wäre, bevor die Bauordnungsbehörde am 1. August 2013 die von ihr angekündigte Versiegelung der Mieträume vorgenommen hätte. Vielmehr beruft sie sich ausdrücklich darauf, dass die Ausfertigung eines nicht brennbaren Wärmeverbundsystems "unmöglich" gewesen sei, weil ein in Vermögensverfall geratener Miteigentümer des Gebäudes den auf ihn entfallenden Anteil an den mit rund 120.000 € bezifferten Sanierungskosten nicht habe aufbringen können.
- 19
- bb) Wird der Mieter deshalb zu einer außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund herausgefordert, weil ihm der Vermieter den vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache aufgrund eines anfänglichen Mangels nicht gewährt oder wieder entzogen hat, haftet der Vermieter im Wege einer verschuldensunabhängigen Garantiehaftung (§ 536 a Abs. 1, 1. Alt. BGB) nach allgemeiner Ansicht auch für den kündigungsbedingten Schaden des Mieters (vgl. SchmidtFutterer /Blank Mietrecht 12. Aufl. § 543 BGB Rn. 114; Alberts in GhassemiTabar /Guhling/Weitemeyer Gewerberaummiete § 543 BGB Rn. 86; Pietz/Oprée in Lindner-Figura/Oprée/Stellmann Geschäftsraummiete 3. Aufl. Kap. 16 Rn. 323). Soweit behördliche Beschränkungen den vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache beeinträchtigen, setzt ein auf eine öffentlich-rechtliche Gebrauchsbeschränkung gestützter anfänglicher Mangel im Sinne von § 536 a Abs. 1, 1. Alt. BGB mindestens voraus, dass schon im Zeitpunkt der Gebrauchsüberlassung mit einem späteren behördlichen Einschreiten während der vereinbarten Vertragszeit zu rechnen ist und die Behörde aufgrund der einschlägigen Vorschriften nicht nur dazu berechtigt, sondern dazu verpflichtet ist, die vertraglich vorgesehene Nutzung der Mietsache zu untersagen (vgl. BGHZ 68, 294, 297 = NJW 1977, 1285, 1286). Davon ist - mit dem Berufungsgericht - unter den hier obwaltenden Umständen auszugehen, weil die im Zeitpunkt der Gebrauchsüberlassung vorhandene Dämmung der Außenfassade mit brennbaren Werkstoffen von Anfang an gegen bauordnungsrechtliche Brandschutzbestimmungen verstoßen hat. Auch die Revision erinnert gegen diese Beurteilung nichts.
- 20
- Soweit das Berufungsgericht den Einwand der Beklagten, ihre Garantiehaftung für anfängliche Mängel sei gemäß § 6 Abs. 2 des Formularmietvertrages in rechtlich zulässiger Weise (vgl. dazu Senatsurteile vom 3. Juli 2002 - XII ZR 327/00 - NJW 2002, 3232, 3233 und vom 27. Januar 1993 - XII ZR 141/91 - NJW-RR 1993, 519, 520) ausgeschlossen gewesen, als verspätet zurückgewiesen hat, fehlt es - worauf die Revisionserwiderung des Klägers zu Recht hinweist - an einer diesbezüglichen Verfahrensrüge.
- 21
- cc) Hat der Mieter das Mietverhältnis nach einem vertragswidrigen Verhalten des Vermieters wirksam gekündigt, umfasst der ihm zu ersetzende Kündigungsfolgeschaden auch die notwendigen Umzugskosten (vgl. bereits BGH Urteil vom 6. Februar 1974 - VIII ZR 239/72 - MDR 1974, 838). Dies wird von der Revision auch nicht grundsätzlich in Zweifel gezogen. Die Angriffe, die sie im Zusammenhang mit der Schadenszurechnung gegen die Berufungsentscheidung führt, greifen indessen nicht durch.
- 22
- (1) Ohne Erfolg macht die Revision geltend, dass die Umzugskosten des Klägers auch dann angefallen wären, wenn die Beklagte sämtliche von der Stadt B. monierten Brandschutzmängel bis zum 31. Mai 2013 beseitigt hätte. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Kläger die Kündigung des Mietverhältnisses deshalb ausgesprochen, weil die Bauordnungsbehörde ihm gegenüber wegen der Beanstandungen zum Brandschutz eine sofort vollziehbare Nutzungsuntersagung verfügt hatte. Wenn das Berufungsgericht aus den von der Revision angeführten Umständen (Einholung von Angeboten für Umzugsdienstleistungen im Mai 2013, Äußerungen einer Mitarbeiterin des Beklagten in einem Telefongespräch am 11. Juni 2013) ersichtlich nicht den Schluss ziehen wollte, dass der Kläger das Mietverhältnis in jedem Fall und somit auch unabhängig von einer rechtzeitigen Beseitigung der Brandschutzmängel an der Außenfassade gekündigt hätte, hält sich dies im Rahmen einer revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden tatrichterlichen Würdigung.
- 23
- (2) Ebenfalls nicht gefolgt werden kann der Auffassung der Revision, dass eine schadensrechtliche Berücksichtigung von Umzugskosten unter dem Gesichtspunkt eines rechtmäßigen Alternativverhaltens deshalb nicht in Betracht komme, weil die Beklagte das Mietverhältnis ihrerseits hätte kündigen können.
- 24
- (a) Allerdings kann die Berufung des Schädigers auf ein rechtmäßiges Alternativverhalten, d.h. der Einwand, der Schaden wäre auch bei einer ebenfalls möglichen, rechtmäßigen Verhaltensweise entstanden, nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für die Zurechnung eines Schadenserfolgs beachtlich sein. Die Erheblichkeit des Einwands richtet sich nach dem Schutzzweck der jeweils verletzten Norm (vgl. BGHZ 96, 157, 173 = NJW 1986, 576, 579 und BGHZ 120, 281, 286 = NJW 1993, 520, 521; BGH Urteile vom 19. Juli 2016 - VI ZR 75/15 - VersR 2016, 1191 Rn. 7 und vom 9. März 2012 - V ZR 156/11 - NJW 2012, 2022 Rn. 17). Voraussetzung ist zudem, dass derselbe Erfolg effektiv herbeigeführt worden wäre; die bloße Möglichkeit, ihn rechtmäßig herbeiführen zu können, reicht nicht aus (BGHZ 120, 281, 287 = NJW 1993, 520, 522; BGH Urteil vom 9. März 2012 - V ZR 156/11 - NJW 2012, 2022 Rn. 17; vgl. bereits BGH Urteil vom 30. April 1959 - III ZR 4/58 - NJW 1959, 1316, 1317).
- 25
- (b) Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Wäre die Außenfassade des Mietobjekts nicht bauordnungswidrig mit brennbaren Materialien ausgeführt worden bzw. hätte die Beklagte die genannten Mängel rechtzeitig vor der Nutzungsuntersagung durch die Stadt B. beseitigt, wäre das Mietverhältnis nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht gekündigt worden und der mit den Umzugskosten verbundene Vermögenschaden beim Kläger nicht eingetreten. Der Einwand der Beklagten, sie hätte das Mietverhältnis nach der behördlichen Nutzungsuntersagung ihrerseits ordentlich oder - wie sie erstmals in der Revisionsinstanz für sich reklamiert - außerordentlich gekündigt, ist mit Blick auf den Schutzzweck der §§ 536 Abs. 1, 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB nicht erheblich.
- 26
- (aa) Diese Vorschriften bezwecken es gerade, den Mieter dagegen zu sichern, dass der Vermieter die Fortsetzung des Mietverhältnisses durch mangelbedingte Nichtgewährung oder Entziehung des vertragsgemäßen Gebrauchs für den Mieter unzumutbar macht. Greift der Mieter deshalb berechtigt zur Kündigung , büßt er sein vertragliches Recht zum Gebrauch der Mietsache ein, so dass der Vermieter dann verpflichtet ist, dem Mieter den Schaden zu ersetzen, den er durch diesen Rechtsverlust erleidet (vgl. BGH Urteil vom 6. Februar 1974 - VIII ZR 239/72 - MDR 1974, 838). Andererseits geht der Schutzzweck der §§ 536 Abs. 1, 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB freilich nicht dahin, dem Mieter den vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache unabhängig von sonstigen möglichen Beendigungsgründen für das Mietverhältnis dauerhaft zu gewährleisten. Damit steht es in Einklang, dass der Mieter einen kündigungsbedingten Schadenersatz wegen des entgangenen Gebrauchs der Mietsache nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur für den Zeitraum verlangen kann, in dem der Vermieter auch gegen seinen Willen am Mietvertrag festgehalten werden konnte (vgl. Senatsurteil vom 17. März 2004 - XII ZR 254/00 - GuT 2004, 120, 121; BGH Urteil vom 12. Januar 1972 - VIII ZR 26/71 - WM 1972, 335, 337). Insbesondere die Ansprüche des Mieters auf Erstattung der Mietdifferenz wegen der Mehrkosten der kündigungsbedingt angemieteten Ersatzwohnung sind daher auf den Zeitraum bis zum Ablauf der vereinbarten Vertragsdauer oder bis zur Wirksamkeit der ersten möglichen Kündigung durch den Vermieter beschränkt (vgl. bereits BGH Urteil vom 15. Juni 1964 - VIII ZR 255/62 - WM 1964, 831, 833).
- 27
- (bb) Soweit es um einmalige Aufwendungen für die Beschaffung von Ersatzräumen , die Herrichtung dieser Räume und den Umzug geht, wird für deren Erstattungsfähigkeit maßgeblich darauf abzustellen sein, ob diese Kosten durch eine in absehbarer Zeit bevorstehende Vertragsbeendigung unabhängig von den zur Mieterkündigung führenden Umständen ohnehin entstanden wären (vgl. auch BGH Urteil vom 6. Februar 1974 - VIII ZR 239/72 - MDR 1974, 838; Grapentin in Bub/Treier Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete 4. Aufl. Rn. 309). Kann demgegenüber - wie hier - nicht festgestellt werden, dass das Mietverhältnis ohne die zur außerordentlichen Kündigung des Mieters führende und vom Vermieter zu vertretende mangelbedingte Gebrauchsentziehung überhaupt beendet worden wäre, schließt der Schutzzweck der §§ 536 Abs. 1, 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB den auf rechtmäßiges Alternativverhalten gestützten Einwand des Vermieters aus, dass er das Mietverhältnis seinerseits gekündigt hätte, weil er infolge des Scheiterns der Mangelbeseitigungsversuche dem Mieter den vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache nicht mehr habe gewähren können.
- 28
- c) Auch die Feststellungen des Berufungsgerichts zur Höhe der erstattungsfähigen Umzugskosten sind aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
- 29
- Soweit das Berufungsgericht dem Kläger Reinigungskosten in Höhe von 280 € zugesprochen hat, konnte es sich gemäß § 529 Abs. 1 ZPO verfahrens- fehlerfrei auf die Feststellungen des Amtsgerichts stützen. Die Revision legt keine genügenden Anhaltspunkte dar, die nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO für das Berufungsgericht Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der amtsgerichtlichen Feststellungen begründet und deshalb eine erneute Feststellung geboten hätten. Die von dem Amtsgericht vernommene Zeugin T. hat in ihrer Vernehmung bekundet, dass die Reinigungsarbeiten in den alten und neuen Räumlichkeiten in einer von ihr im Einzelnen geschilderten Weise durchgeführt worden seien und die von ihr gestellte Rechnung vom 1. August 2013 von dem Kläger bezahlt worden sei. Soweit die Revision Zweifel an der Richtigkeit der auf diese Aussage gestützten amtsgerichtlichen Feststellungen auf den Umstand stützen will, dass die von der Zeugin T. in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Kopie der ersichtlich mit einem Textverarbeitungsprogramm erstellten Rechnung ein anderes Datum (1. August 2013) trägt als die von dem Kläger mit Schriftsatz vom 17. April 2014 eingerichtete Ausfertigung der gleichen Rechnung (4. April 2014), vermag sie damit keinen revisionsrechtlich relevanten Verfahrensfehler des Berufungsgerichts aufzuzeigen. Auch wenn die Zeugin T. in ihrer erstinstanzlichen Vernehmung auf Vorhalt die unterschiedliche Datierung der beiden in der Akte befindlichen Rechnungsexemplare nicht zu erläutern vermochte, konnte es hierfür zwanglos nachvollziehbare Erklärungen - etwa die automatische Aktualisierung von Datumsfeldern beim nachträglichen Ausdruck eines mit einem Textverarbeitungsprogramm erzeugten Dokuments - geben, so dass das Berufungsgericht seiner Entscheidung in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise gemäß § 529 Abs. 1 ZPO die amtsgerichtlichen Feststellungen bezüglich der Ausführung und der Bezahlung der Reinigungsarbeiten zugrunde legen konnte.
- 30
- 2. Von Rechtsfehlern beeinflusst ist demgegenüber die Annahme des Berufungsgerichts, dass der Beklagten der im Wege der Widerklage verfolgte Anspruch auf Zahlung der Miete für die Zeit vom 8. Juni 2013 bis zum 30. Juni 2013 nicht zustehe, weil die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch in diesem Zeitraum wegen der sofortigen Vollziehbarkeit der Nutzungsuntersagungsverfügung der Stadt B. vom 7. Juni 2013 vollständig aufgehoben worden sei.
- 31
- a) Mit Recht macht die Revision zunächst geltend, dass - vom Rechtsstandpunkt des Berufungsgerichts aus - auf den Zeitpunkt abzustellen gewesen wäre, an dem die vom 7. Juni 2013 verfügte Nutzungsuntersagung gegenüber dem klagenden Verein wirksam geworden ist. Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird; ein schriftlicher Verwaltungsakt, der - wie hier - im Inland durch die Post übermittelt wird, gilt am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben (§ 1 NVwVfG iVm §§ 43 Abs. 1 Satz 1, 41 Abs. 2 Satz 1 VwVfG). Insoweit fehlt es an Feststellungen durch das Berufungsgericht; selbst bei unterstellter Aufgabe zur Post am 7. Juni 2013 konnte die Nutzungsuntersagung gegenüber der Beklagten frühestens am 10. Juni 2013 wirksam werden.
- 32
- b) Im Übrigen ist noch nicht ohne weiteres von einer Beeinträchtigung oder Entziehung des vertragsgemäßen Gebrauchs auszugehen, solange die Behörde trotz eines Verstoßes gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften die formell ordnungswidrige Nutzung der Mietsache durch den Mieter duldet (vgl. Hübner/Griesbach/Fuerst in Lindner-Figura/Oprée/Stellmann Geschäftsraum- miete 3. Aufl. Kap. 14 Rn. 274; Ghassemi-Tabar in Ghassemi-Tabar/Guhling/ Weitemeyer Gewerberaummiete § 536 BGB Rn. 181).
- 33
- Von einer zumindest faktischen Duldung der Nutzung durch die zuständige Behörde wird auch dann auszugehen sein, wenn sie zwar die Nutzung der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch bereits untersagt hat, vorläufig aber auf die Anwendung von Zwang zur Durchsetzung der Ordnungsverfügung verzichtet, um dem von der Nutzungsuntersagung betroffenen Mieter ausreichend Zeit für die Suche nach Ersatzräumen zu geben. In diesem Fall kann der "Makel" der von der Ordnungsbehörde formell untersagten Weiternutzung der Mietsache deren Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch im Zeitraum bis zum endgültigen Auszug des Mieters möglicherweise einschränken, aber nicht vollständig aufheben (vgl. auch LG Potsdam WuM 2015, 350, 352 ff.).
- 34
- Die angefochtene Entscheidung erweist sich hinsichtlich der Widerklage entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung auch nicht deshalb als richtig , weil die Beschaffenheit der Mieträume in tatsächlicher Hinsicht so weitreichend von brandschutzrechtlichen Vorschriften abweiche, dass schon deshalb eine vollständige Befreiung von der Mietzahlungspflicht ohne weiteres gerechtfertigt sei. Selbst wenn aufgrund von schwerwiegenden Mängeln beim objektbezogenen Brandschutz die konkrete Besorgnis besteht, dass im Falle eines in Zukunft eintretenden Brandes das Gesundheitsrisiko für die Nutzer der Mieträume erheblich erhöht ist, wird dieser Umstand regelmäßig nicht die Beurteilung rechtfertigen, dass die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache vollständig aufgehoben ist (vgl. auch KG Berlin KGR 2004, 97, 100; OLG Brandenburg Urteil vom 14. April 2015 - 6 U 77/12 - juris Rn. 86 ff.).
- 35
- c) Das Berufungsgericht wird nach der Zurückverweisung der Sache in tatrichterlicher Verantwortung auch darüber zu befinden haben, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang eine geschuldete Miete im noch streitgegen- ständlichen Zeitraum (Juni 2013) wegen der tatsächlichen und nicht brandschutzgerechten Beschaffenheit der Mietsache oder deshalb gemindert ist, weil dem Kläger die formell untersagte Weiternutzung der Mieträume nur wegen eines befristeten Verzichts auf ordnungsbehördliche Zwangsmittel ermöglicht worden ist. Dose Klinkhammer Schilling Nedden-Boeger Botur
AG Brake, Entscheidung vom 09.10.2014 - 3 C 54/14 -
LG Oldenburg, Entscheidung vom 24.11.2015 - 16 S 531/14 -
(1) Jede Vertragspartei kann das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
(2) Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn
- 1.
dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache ganz oder zum Teil nicht rechtzeitig gewährt oder wieder entzogen wird, - 2.
der Mieter die Rechte des Vermieters dadurch in erheblichem Maße verletzt, dass er die Mietsache durch Vernachlässigung der ihm obliegenden Sorgfalt erheblich gefährdet oder sie unbefugt einem Dritten überlässt oder - 3.
der Mieter - a)
für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug ist oder - b)
in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrages in Verzug ist, der die Miete für zwei Monate erreicht.
(3) Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Mietvertrag, so ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten angemessenen Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. Dies gilt nicht, wenn
- 1.
eine Frist oder Abmahnung offensichtlich keinen Erfolg verspricht, - 2.
die sofortige Kündigung aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen gerechtfertigt ist oder - 3.
der Mieter mit der Entrichtung der Miete im Sinne des Absatzes 2 Nr. 3 in Verzug ist.
(4) Auf das dem Mieter nach Absatz 2 Nr. 1 zustehende Kündigungsrecht sind die §§ 536b und 536d entsprechend anzuwenden. Ist streitig, ob der Vermieter den Gebrauch der Mietsache rechtzeitig gewährt oder die Abhilfe vor Ablauf der hierzu bestimmten Frist bewirkt hat, so trifft ihn die Beweislast.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Mit Vertrag vom 30. Oktober 2006 mietete die Klägerin von der Beklagten Gewerberäume zum Betrieb eines "Wellness- und Seminarhauses" auf die Dauer von zwei Jahren.
- 2
- Mit Schreiben vom 4. April 2007 kündigte die Klägerin den Mietvertrag außerordentlich zum 30. April 2007 mit der Begründung, die Beklagte habe seit Beginn des Mietverhältnisses durch verschiedene Handlungen, vor allem durch herabsetzende Äußerungen, versucht, die Ausübung ihres Gewerbebetriebes zu stören.
- 3
- Mit ihrer Klage beansprucht die Klägerin den Ersatz von kündigungsbedingten Kosten und Aufwendungen sowie die Freigabe der Kaution. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hatte keinen Erfolg.
- 4
- Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre bisherigen Anträge weiter.
Entscheidungsgründe:
- 5
- Die vom Senat zugelassene Revision der Klägerin führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Oberlandesgericht.
I.
- 6
- Das Oberlandesgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt , ein Grund zur außerordentlichen Kündigung sei nicht gegeben. Die von der Klägerin behaupteten Verstöße der Beklagten seien weder für sich genommen noch in einer Gesamtschau geeignet, bei Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum vereinbarten Ende für die Klägerin als unzumutbar erscheinen zu lassen. Im Übrigen fehle es für eine wirksame außerordentliche Kündigung bezüglich einzelner Verstöße an der gemäß § 543 Abs. 3 Satz 1 BGB erforderlichen Abmahnung. Eine solche sei auch nicht gemäß § 543 Abs. 3 Satz 2 BGB entbehrlich gewesen.
II.
- 7
- Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
- 8
- 1. Nach § 543 Abs. 1 Satz 1 BGB kann jede Partei das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann (§ 543 Abs. 1 Satz 2 BGB).
- 9
- Die Beantwortung der Frage, ob eine Unzumutbarkeit in diesem Sinne vorliegt, ist das Ergebnis einer wertenden Betrachtung; diese obliegt in erster Linie dem Tatrichter und kann vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden, ob der Tatrichter die maßgebenden Tatsachen vollständig und fehlerfrei festgestellt und gewürdigt hat oder ob er die allgemein anerkannten Maßstäbe berücksichtigt und richtig angewandt hat. Das Revisionsgericht kann regelmäßig nur überprüfen, ob das Berufungsgericht Rechtsbegriffe verkannt hat oder ob dem Tatrichter von der Revision gerügte Verfahrensverstöße unterlaufen sind, er etwa wesentliche Tatumstände übersehen oder nicht vollständig gewürdigt oder Erfahrungssätze verletzt hat (Senatsurteil vom 21. März 2007 - XII ZR 36/05 - NJW-RR 2007, 886 Rn. 16).
- 10
- 2. Der Prüfung anhand dieses Maßstabs hält das Berufungsurteil nicht stand. Das Oberlandesgericht hat zu hohe Anforderungen an das Vorliegen eines wichtigen Grundes gestellt und damit den Maßstab für die Unzumutbarkeit der Vertragsfortsetzung überspannt.
- 11
- a) Für eine Mietvertragspartei kann ein Recht zur fristlosen Kündigung gemäß § 543 Abs. 1 BGB bestehen, wenn infolge des Verhaltens des anderen Vertragsteils die Durchführung des Vertrages wegen der Zerstörung der das Schuldverhältnis tragenden Vertrauensgrundlage derart gefährdet ist, dass dem Kündigenden unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses auch bei Anlegung eines strengen Maßstabes nicht mehr zugemutet werden kann (Senatsurteile vom 23. Januar 2002 - XII ZR 5/00 - NJW-RR 2002, 946 und vom 10. April 2002 - XII ZR 37/00 - NJW-RR 2002, 947, 948; Wolf/Eckert/Ball Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingsrechts 10. Aufl. Rn. 1030; Blank in Schmidt-Futterer Mietrecht 9. Aufl. § 543 BGB Rn. 163). Über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung nach § 543 Abs. 1 BGB ist auf Grund einer umfassenden Interessenabwägung zu entscheiden (Blank in Blank/Börstinghaus, Miete 3. Aufl. § 543 BGB Rn. 6; Grapentin in Bub/Treier Handbuch der Geschäftsund Wohnraummiete 3. Aufl. IV Rn. 190 mwN). Hierfür sind die Interessen des Kündigenden an der Vertragsbeendigung und die Interessen der anderen Vertragspartei an der Fortdauer des Mietverhältnisses zu ermitteln und zu bewerten (Blank in Schmidt-Futterer aaO § 543 BGB Rn. 159; Emmerich in Emmerich /Sonnenschein Miete 9. Aufl. § 543 BGB Rn. 4). Frühere Vertragsverletzungen des Kündigungsgegners können berücksichtigt werden, selbst wenn diese für sich genommen eine Kündigung nicht rechtfertigen würden (Grapentin in Bub/Treier aaO IV Rn. 190 mwN; Müller in Müller/Walther Miet- und Pachtrecht (Stand 2010) C § 543 BGB Rn. 5).
- 12
- b) Die von der Klägerin vorgetragenen und unter Beweis gestellten Vorfälle lassen auf eine nachhaltige Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses zwischen den Parteien schließen und sind daher zumindest in ihrer Gesamtheit geeignet, eine außerordentliche Kündigung gemäß § 543 Abs. 1 BGB zu begründen.
- 13
- Nach dem Vortrag der Klägerin hat die Gesellschafterin der Beklagten die Klägerin nicht nur gegenüber Dritten beleidigt, sondern auch versucht, durch missfällige Äußerungen und Verdächtigungen den Geschäftsbetrieb der Klägerin zu diffamieren. Die von der Klägerin bereits erstinstanzlich vorgetragenen und in der Berufung wiederholten Behauptungen zu Äußerungen der Gesellschafterin der Beklagten, wonach die Klägerin in den Geschäftsräumen „ein schlüpfriges Geschäft mit Sexspielchen“ oder "ein verdecktes Puff" betreibe, sind ebenso wie die behauptete Äußerung, die Klägerin betreibe eine Sekte, geeignet, den Geschäftsbetrieb der Klägerin massiv zu beeinträchtigen. Sollte sich dieser Sachvortrag der Klägerin in einer Beweisaufnahme bestätigen, hätte die Beklagte, die sich das Verhalten ihrer Gesellschafterin zurechnen lassen müsste (§ 31 BGB), ihre mietvertraglichen Pflichten in erheblichem Umfang verletzt. Denn im Rahmen der allgemeinen vertraglichen Treuepflicht (§ 242 BGB) sind Vertragsparteien verpflichtet, alles zu unterlassen, was das Interesse des Vertragspartners an der Durchführung des Vertrages beeinträchtigen könnte, und alles zu tun, was notwendig ist, um die Erfüllung der vertraglich übernommenen Verpflichtung sicherzustellen (Senatsurteil vom 28. April 1982 - IVa ZR 8/81 - NJW 1983, 998, 999 mwN). Diese vertragliche Nebenpflicht wird verletzt, wenn eine Vertragspartei ohne anerkennenswertes Interesse Behauptungen in der Öffentlichkeit verbreitet, die geeignet sind, das Ansehen des Vertragspartners erheblich zu beeinträchtigen (vgl. Blank in Schmidt-Futterer aaO § 543 BGB Rn. 182).
- 14
- Sollten sich daher die Behauptungen der Klägerin in einer Beweisaufnahme bestätigen, hätte ein ausreichender Grund zur außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses vorgelegen.
- 15
- c) Soweit das Oberlandesgericht den entsprechenden Vortrag der Klägerin für nicht hinreichend schlüssig gehalten und daher von der Erhebung der angebotenen Beweise abgesehen hat, rügt die Klägerin zu Recht eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG).
- 16
- aa) Ein Sachvortrag ist dann schlüssig, wenn Tatsachen vorgetragen werden, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, das geltend gemachte Recht als entstanden erscheinen zu lassen. Die Angabe näherer Einzelheiten, die den Zeitpunkt und den Vorgang bestimmter Ereignisse betreffen, ist nicht erforderlich, soweit diese Einzelheiten für die Rechtsfolgen nicht von Bedeutung sind. Die Ablehnung eines für eine beweiserhebliche Tatsache angetretenen Zeugenbeweises ist darüber hinaus nur dann zulässig, wenn die unter Beweis gestellten Tatsachen so ungenau bezeichnet sind, dass ihre Erheblichkeit nicht beurteilt werden kann, oder wenn sie zwar in das Gewand einer bestimmt aufgestellten Behauptung gekleidet, aber aufs Geratewohl gemacht, gleichsam "ins Blaue hinein" aufgestellt, mit anderen Worten, aus der Luft gegriffen sind und sich deshalb als Rechtsmissbrauch darstellen (Senatsbeschluss vom 1. Juni 2005 - XII ZR 275/02 - NJW 2005, 2710, 2711).
- 17
- bb) Gegen diese Grundsätze hat das Oberlandesgericht in mehreren Punkten verstoßen.
- 18
- (1) Bereits in der Klageschrift hat die Klägerin ausreichend schlüssig vorgetragen, dass sich die Gesellschafterin der Beklagten im Dezember 2006 gegenüber einer Verkäuferin eines benachbarten Geschäfts dahingehend geäußert habe, dass sie die Klägerin bis Sommer 2007 "aus dem Laden heraus habe" und die Klägerin ein "schlüpfriges Geschäft mit Sexspielchen" betreibe. Zum Beweis dieser Behauptung hat die Klägerin die Verkäuferin namentlich und mit ladungsfähiger Anschrift als Zeugin benannt.
- 19
- (2) In einem weiteren erstinstanzlichen Schriftsatz hat die Klägerin ergänzenden Sachvortrag dazu gehalten, dass die Geschäftsführerin der Beklagten in der Öffentlichkeit verbreite, die Klägerin würde in ihren Geschäftsräumen einer Sektentätigkeit nachgehen bzw. ein "verdecktes Puff" betreiben. Zum Beweis hierfür hat sie Zeugen angeboten, die eigene Wahrnehmungen zu den von ihr behaupteten Äußerungen der Geschäftsführerin der Beklagten gemacht haben sollen.
- 20
- cc) Damit hat die Klägerin ihrer Darlegungslast genügt, so dass bereits das Landgericht die angebotenen Beweise hätte erheben müssen. Da die erstinstanzlich getroffenen Feststellungen somit unvollständig waren, hätte das Oberlandesgericht die notwendigen Tatsachenfeststellungen nachholen müssen (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Außerdem hätte das Oberlandesgericht bei seiner Entscheidung auch nicht unberücksichtigt lassen dürfen, dass die Beklagte noch nach Schluss der mündlichen Verhandlung in erster Instanz in einem vom Landgericht nachgelassenen Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vortragen ließ, die Klägerin betreibe "in rotem Lackleder rauchend vor ihrem Laden Werbung für ihr Haus", ohne diese Behauptung näher zu konkretisieren oder unter Beweis zu stellen. Auch diese Äußerung, die sachlich in dem Schriftsatz nicht notwendig gewesen wäre und daher von dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten nur nebenbei erwähnt wurde, lässt Rückschlüsse auf das zerstörte Vertrauensverhältnis zwischen den Mietvertragsparteien zu.
- 21
- 3. Schließlich ist entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts die von der Klägerin erklärte außerordentliche Kündigung auch nicht bereits deshalb unwirksam, weil es an einer vorherigen Abmahnung fehlt. Kommt - wie im vorliegenden Fall - eine außerordentliche Kündigung wegen der Zerstörung der das Schuldverhältnis tragenden Vertrauensgrundlage in Betracht, bedarf die Kündigung keiner vorherigen Abmahnung. Zwar ist diese nach § 543 Abs. 3 http://www.juris.de/jportal/portal/t/1nvk/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=4&numberofresults=64&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE066202301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1nvk/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=4&numberofresults=64&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE066202301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1nvk/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=4&numberofresults=64&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE066302301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 9 - Satz 1 BGB grundsätzlich Voraussetzung, falls das Mietverhältnis wegen der Verletzung einer Pflicht aus dem Mietvertrag außerordentlich gekündigt werden soll. Bei einer Zerrüttungskündigung ist eine Abmahnung jedoch ausnahmsweise entbehrlich, weil die Vertrauensgrundlage auch durch eine Abmahnung nicht wiederhergestellt werden könnte (OLG Celle ZMR 2009, 192, 196; OLG Bremen GuT 2008, 37, 38; Wolf/Eckert/Ball aaO Rn. 1030; Schmidt-Futterer aaO § 543 BGB Rn. 164; Grapentin in Bub/Treier aaO IV Rn. 190 mwN).
III.
- 22
- Das angefochtene Urteil kann daher mit der gegebenen Begründung keinen Bestand haben. Auf die Revision der Klägerin ist es aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Der Senat kann nicht abschließend entscheiden, weil es weiterer tatsächlicher Feststellungen bedarf und das Oberlandesgericht den unter Beweis gestellten Behauptungen der Klägerin wird nachgehen müssen. Sollten sich bei der durchzuführenden Beweisaufnahme die Behauptungen der Klägerin als wahr erweisen, wird das Oberlandesgericht im Rahmen der nach § 543 Abs. 1 Satz 2 BGB vorzunehmenden Abwägung auch zu berücksichtigen haben, dass die Beklagte bereits kurz nach Beginn des Mietverhältnisses der Klägerin wiederholt mit einer außerordentlichen Kündigung gedroht und damit zum Ausdruck gebracht hat, selbst kein Interesse daran zu haben, dass das Mietverhältnis bis zum Ablauf der vereinbarten Frist fortdauert. Dafür spricht auch die von der Klägerin behauptete und unter Beweis gestellte Äußerung der Gesellschafterin der Beklagten , sie werde die Klägerin "bis Sommer 2007 aus dem Laden heraus haben". Hahne Dose Klinkhammer Schilling Günter
LG München II, Entscheidung vom 26.02.2008 - 1 O 5657/07 -
OLG München, Entscheidung vom 30.10.2008 - 8 U 2621/08 -
(1) Jede Vertragspartei kann das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
(2) Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn
- 1.
dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache ganz oder zum Teil nicht rechtzeitig gewährt oder wieder entzogen wird, - 2.
der Mieter die Rechte des Vermieters dadurch in erheblichem Maße verletzt, dass er die Mietsache durch Vernachlässigung der ihm obliegenden Sorgfalt erheblich gefährdet oder sie unbefugt einem Dritten überlässt oder - 3.
der Mieter - a)
für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug ist oder - b)
in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrages in Verzug ist, der die Miete für zwei Monate erreicht.
(3) Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Mietvertrag, so ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten angemessenen Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. Dies gilt nicht, wenn
- 1.
eine Frist oder Abmahnung offensichtlich keinen Erfolg verspricht, - 2.
die sofortige Kündigung aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen gerechtfertigt ist oder - 3.
der Mieter mit der Entrichtung der Miete im Sinne des Absatzes 2 Nr. 3 in Verzug ist.
(4) Auf das dem Mieter nach Absatz 2 Nr. 1 zustehende Kündigungsrecht sind die §§ 536b und 536d entsprechend anzuwenden. Ist streitig, ob der Vermieter den Gebrauch der Mietsache rechtzeitig gewährt oder die Abhilfe vor Ablauf der hierzu bestimmten Frist bewirkt hat, so trifft ihn die Beweislast.
(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:
- 1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.
(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.
(1) Jede Vertragspartei kann das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
(2) Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn
- 1.
dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache ganz oder zum Teil nicht rechtzeitig gewährt oder wieder entzogen wird, - 2.
der Mieter die Rechte des Vermieters dadurch in erheblichem Maße verletzt, dass er die Mietsache durch Vernachlässigung der ihm obliegenden Sorgfalt erheblich gefährdet oder sie unbefugt einem Dritten überlässt oder - 3.
der Mieter - a)
für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug ist oder - b)
in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrages in Verzug ist, der die Miete für zwei Monate erreicht.
(3) Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Mietvertrag, so ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten angemessenen Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. Dies gilt nicht, wenn
- 1.
eine Frist oder Abmahnung offensichtlich keinen Erfolg verspricht, - 2.
die sofortige Kündigung aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen gerechtfertigt ist oder - 3.
der Mieter mit der Entrichtung der Miete im Sinne des Absatzes 2 Nr. 3 in Verzug ist.
(4) Auf das dem Mieter nach Absatz 2 Nr. 1 zustehende Kündigungsrecht sind die §§ 536b und 536d entsprechend anzuwenden. Ist streitig, ob der Vermieter den Gebrauch der Mietsache rechtzeitig gewährt oder die Abhilfe vor Ablauf der hierzu bestimmten Frist bewirkt hat, so trifft ihn die Beweislast.
(1) Hat die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt, oder entsteht während der Mietzeit ein solcher Mangel, so ist der Mieter für die Zeit, in der die Tauglichkeit aufgehoben ist, von der Entrichtung der Miete befreit. Für die Zeit, während der die Tauglichkeit gemindert ist, hat er nur eine angemessen herabgesetzte Miete zu entrichten. Eine unerhebliche Minderung der Tauglichkeit bleibt außer Betracht.
(1a) Für die Dauer von drei Monaten bleibt eine Minderung der Tauglichkeit außer Betracht, soweit diese auf Grund einer Maßnahme eintritt, die einer energetischen Modernisierung nach § 555b Nummer 1 dient.
(2) Absatz 1 Satz 1 und 2 gilt auch, wenn eine zugesicherte Eigenschaft fehlt oder später wegfällt.
(3) Wird dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache durch das Recht eines Dritten ganz oder zum Teil entzogen, so gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.
(4) Bei einem Mietverhältnis über Wohnraum ist eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung unwirksam.
Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin, eine Ä rztin, nimmt die Beklagten aus einem Mietverhältnis über Praxisräume auf Schadensersatz in Anspruch.Anfang Januar 1991 schloß die Klägerin mit der G. - und G. mbH C. einen Mietvertrag über Räumlichkeiten in der H. straße in C. , um dort eine Arztpraxis einzurichten. Da sich die Räume in schlechtem baulichem Zustand befanden, waren zur Einrichtung der Praxis erhebliche Bau- und Renovierungsmaßnahmen erforderlich , die von der Klägerin übernommen wurden. Der Mietvertrag sah eine feste Laufzeit von 10 Jahren vom 1. Januar 1991 an s owie eine dreimalige Verlängerungsoption von jeweils fünf Jahren für die Klägerin vor. Weiter wurde vereinbart, daß bis zum 31. Dezember 1994 ein um 50 % gekürzter Grundmietzins von 624,88 DM zuzüglich Nebenkosten zu zahlen war. Im Jahre 1994 erwarben die Beklagten das Grundstück als Miteigentümer zu je 1/2. Im April 1994 kündigten sie bei einer Mieterversammlung an, daß Sanierungsmaßnahmen beabsichtigt seien. Mit Schreiben vom 7. November 1994 erklärte der Beklagte zu 1 gegenüber der Klägerin die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses wegen Zahlungsverzugs. Die Klägerin, die den Mietzins auf ein ihr durch den Beklagten zu 1 angegebenes Konto des Beklagten zu 2 gezahlt hatte, widersprach der Kündigung. In einer Mieterversammlung vom 28. November 1994 kündigten die Beklagten den Beginn erster Baumaßnahmen für den folgenden Tag an. Am 29./30. November 1994 wurden Öffnungen in die in dem Haus befindlichen Kamine geschlagen. Danach konnten die Wohnungen sowie die Arztpraxis nicht mehr beheizt werden. Durch Ordnungsverfügung der Stadt C. v om 30. November 1994 wurden unter Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit sämtliche Wohneinheiten für unbewohnbar erklärt und ebenso wie die Arztpraxis bis zur Herstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes baurechtlich gesperrt. Gleichzeitig wurde den Beklagten aufgegeben, unter anderem bezüglich der Schornsteinanlagen und der zerstörten Gasleitung bestimmte Arbeiten bis zum 14. Dezember 1994 vorzuneh-
men. Da die Beklagten den Anordnungen nicht nachkamen, wurden die geforderten Maßnahmen durch die Stadt C. im Wege der Ersatzvornahme ausgeführt. Nach dem 29. November 1994 bemühte sich die Klägerin mit Erfolg, anderweitig Praxisräume anzumieten. Mit Schreiben vom 15. Dezember 1994 erklärte sie gegenüber den Beklagten die Kündigung des mit diesen bestehenden Mietverhältnisses. Mit der erhobenen Klage verlangt die Klägerin von den Beklagten als Gesamtschuldnern Schadensersatz wegen der Zerstörung und Beschädigung medizinischer Geräte, wegen infolge der Beendigung des Mietverhältnisses nutzlos gewordener Aufwendungen für die Herrichtung der Räume in der H. straße, wegen Verdienstausfalls infolge der Praxisschließung in der Zeit vom 29. November 1994 bis zum 1. Januar 1995 sowie wegen verschiedener bei der Einrichtung der neuen Praxisräume entstandener Kosten und wegen der Mietmehrkosten. Sie hat behauptet, durch die beim Einschlagen der Kamine verursachte Luftdruckwelle sei Ruß in ihren Laborraum eingedrungen und habe die dort befindlichen medizinischen Geräte teilweise beschädigt und teilweise verschmutzt. Den Betrieb der Praxis in den infolge der durchgeführten Arbeiten unbenutzbar gewordenen Räumen habe sie mit dem 29. November 1994 einstellen müssen und ihrer beruflichen Tätigkeit nur noch in eingeschränktem Umfang, etwa durch telefonische Beratungen und Hausbesuche , nachkommen können. Die Beklagten haben demgegenüber unter anderem geltend gemacht, daß die Klägerin schon deshalb keinen Schadensersatz verlangen könne, weil sie die Mieträume nach dem Zugang des Kündigungsschreibens vom 7. November 1994 unberechtigt genutzt habe; die Kündigung sei wegen nicht
beglichener Nebenkosten berechtigt gewesen. Das Öffnen der Kamine sei zur Beseitigung einer akuten Explosionsgefahr erforderlich gewesen. Das Landgericht hat der Klage, mit der zuletzt Zahlung in Höhe von 198.013,62 DM zuzüglich Zinsen begehrt worden ist, in Höhe von 9.002,67 DM zuzüglich Zinsen stattgegeben. Auf die Berufung der Klägerin, mit der sie insgesamt Schadensersatz in Höhe von 176.655,16 DM zuzüglich Zinsen verlangt hat, hat das Oberlandesgericht die Beklagten unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels verurteilt, 155.838,73 DM nebst 4 % Zinsen aus 138.758,67 DM seit dem 10. Juli 1995 und aus weiteren 17.080,06 DM seit dem 12. November 1996 zu zahlen. Dagegen richtet sich die Revision der Beklagten , mit der sie die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erstreben , durch das die der Klägerin wegen der Verschmutzung und Beschädigung medizinischer Geräte vom Oberlandesgericht in Höhe von 6.333,76 DM zuerkannte und von ihnen nicht angegriffene Schadensersatzforderung abgedeckt sei.
Entscheidungsgründe:
Das Rechtsmittel ist in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang begründet. 1. Das Berufungsgericht hat den Anspruch der Klägerin auf Erstattung des ihr durch die Schließung der Praxis in der H. straße in dem Teilzeitraum vom 29. November 1994 bis zum Zugang der außerordentlichen Kündigung vom 15. Dezember 1994 entstandenen Verdienstausfalls, den die Par-teien für den Gesamtzeitraum zuletzt übereinstimmend mit 7.500 DM beziffert haben, nach § 538 Abs. 1 2. Alt. BGB für begründet gehalten. Es ist davon ausgegangen, daß sich die gemieteten Räume nicht in einem gebrauchstauglichen Zustand befunden hätten. Zum Verschulden der Beklagten hat das Berufungsgericht im Zusammenhang mit der Beschädigung medizinischer Geräte ausgeführt: Es könne dahinstehen, ob das Einschlagen der Kamine notwendig gewesen sei, um eine bestehende Explosionsgefahr zu beseitigen. Die Beklagten bzw. die von ihnen beauftragten Handwerker, für deren Verschulden sie gemäß § 278 BGB einstehen müßten, hätten die Arbeiten jedenfalls so ausführen müssen, daß Schäden an den von den Mietern eingebrachten Sachen verhindert worden wären. Zu diesem Zweck hätten sie entweder selbst Schutzvorkehrungen treffen oder zumindest die Klägerin so rechtzeitig informieren müssen, daß diese die medizinischen Geräte habe entfernen oder abdecken können. In diesem Unterlassen hat das Berufungsgericht ersichtlich auch das für einen Schadensersatzanspruch nach § 538 Abs. 1 2. Alt. BGB erforderliche Verschulden der Beklagten gesehen. Die Revision rügt demgegenüber: Nachdem offengelassen worden sei, ob das Einschlagen der Kamine zur Gefahrenabwehr erforderlich gewesen sei, müsse für die Revisionsinstanz von dieser Notwendigkeit ausgegangen werden. Dann beruhe die hierdurch unstreitig eingetretene Gebrauchsuntauglichkeit jedoch nicht auf einem Verschulden der Beklagten. Damit kann die Revision nicht durchdringen. Es kann dahinstehen, ob der Auffassung des Berufungsgerichts zu folgen ist, bei Einhaltung der Vorsichtsmaßnahmen wäre die Praxis infolge der Öffnung der Kamine nicht unbenutzbar geworden. Das erscheint schon deshalb fraglich, weil die Schließung der Praxis nicht nur auf die Ruß- und Stau-
bablagerungen, sondern auch darauf zurückzuführen ist, daß die Ordnungsbehörde die Räume wegen der Unbenutzbarkeit des Hauses, des Zustandes der Kamine und der Gasleitung gesperrt hatte. Feststellungen zu einem Verschulden der Beklagten waren indessen entbehrlich. Da die Arbeiten an den Kaminen von den Vermietern veranlaßt worden waren und das angeblich eingeströmte Gas, das durch das Öffnen entweichen sollte, jedenfalls nicht aus dem Bereich der Klägerin stammte, ist davon auszugehen, daß die Ursache für die Gebrauchsstörung aus der Sphäre der Beklagten herrührte. Deshalb oblag es ihnen darzulegen, daß sie die aus der Störung folgende Unbenutzbarkeit der Mietsache nicht zu vertreten haben (Kraemer in Bub/Treier Handbuch der Geschäfts - und Wohnraummiete 3. Aufl. Kap. III B Rdn. 1385 a; Baumgärtel, Handbuch der Beweislast im Privatrecht 2. Aufl. § 538 BGB Rdn. 3). Die Darstellung der Beklagten, das Durchtrennen der Gasleitung und das Öffnen der Kamine habe eine Explosionsgefahr verhindern sollen, erscheint wenig überzeugend. Darauf kommt es aber nicht an. Die Beklagten hätten vortragen müssen , das angeblich notwendige Öffnen der Kamine habe zwangsläufig die Unbenutzbarkeit des Hauses zur Folge gehabt. Daß das Berufungsgericht entsprechenden , die Beklagten entlastenden Vortrag übergangen hätte, rügt die Revision indessen nicht. Gegen eine Zwangsläufigkeit in diesem Sinne spricht im übrigen die kurzfristige Wiederherstellung der Kamine und Gasleitung durch die Stadt C. im Wege der Ersatzvornahme. 2. Einen Schadensersatzanspruch der Klägerin wegen der Vermögensnachteile , die ihr infolge ihrer Kündigung entstanden seien, hat das Berufungsgericht dem Grunde nach bejaht, weil die Klägerin wegen der Vertragsverstöße der Beklagten gemäß § 554 a BGB zur fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigt gewesen sei.
Die Revision wendet sich nicht gegen die Auffassung der Vorinstanz, daß eine Vertragspartei, die die andere Partei durch eine Vertragsverletzung veranlaßt, das Mietverhältnis fristlos zu kündigen, dem Kündigenden zum Ersatz des durch die Kündigung entstandenen Schaden verpflichtet ist. Das entspricht auch der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 6. Februar 1974 - VIII ZR 239/72 - WM 1974, 345, 346; BGHZ 95, 39, 44). Die Revision meint, die Klägerin sei zur fristlosen Kündigung nicht berechtigt gewesen. Dem Berufungsgericht könne nicht darin gefolgt werden, daß bereits durch die unberechtigte Kündigung wegen Zahlungsverzugs vom 7. November 1994 das Vertrauen der Klägerin in eine störungsfreie Durchführung des Mietverhältnisses erschüttert gewesen sei, denn die Beklagten hätten , nachdem sie auf den ihnen unterlaufenen Fehler hingewiesen worden seien , sogleich eine Überprüfung der Zahlungen zugesagt. Diesem Einwand ist der Erfolg zu versagen. Die Beklagten haben sich noch im vorliegenden Rechtsstreit auf die Wirksamkeit ihrer Kündigung berufen und diese mit angeblich rückständigen, allerdings nicht im einzelnen bezifferten Nebenkosten begründet. Die weitere Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe den Beklagten zu Unrecht die Unbenutzbarkeit der Praxisräume angelastet, erweist sich gleichermaßen als unbegründet. Den Beklagten oblag es auch im Rahmen des § 554 a BGB, sich hinsichtlich der Frage des Verschuldens zu entlasten (Grapentin in Bub/Treier aaO Kap. IV Rdn. 193, 103). Das haben sie nicht getan. Den weiteren Ausführungen des Berufungsgerichts, die Beklagten hätten sich nicht einmal durch die Ordnungsverfügung veranlaßt gesehen, umgehend Maßnahmen zur Wiederherstellung der Nutzbarkeit des Gebäudes zu ergreifen, hält die Revision entgegen: Das Berufungsgericht habe übersehen,
daß den Beklagten aufgrund der von der Klägerin bzw. deren Mitmietern erwirkten einstweiligen Verfügung jegliche Baumaßnahmen untersagt worden seien. Die Beklagten hätten sich deshalb in einem Pflichtenwiderstreit befunden. Auch das stellt die Ausführungen des Berufungsgerichts nicht in Frage. Feststellungen zu dem konkreten Inhalt der einstweiligen Verfügung sind in den Vorinstanzen nicht getroffen worden. Die Revision rügt nicht, daß insoweit Sachvortrag der Beklagten übergangen worden sei. Dann kann aber nicht davon ausgegangen werden, daß die Untätigkeit der Beklagten durch die einstweilige Verfügung entschuldigt werden könnte. Nach dem Vorbringen der Klägerin ist die einstweilige Verfügung erst am 16. Dezember 1994, mithin nach Ablauf der in der Ordnungsverfügung gesetzten Frist, erlassen worden und stand daher der bis zum 14. Dezember 1994 geforderten Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes nicht entgegen. Das Berufungsgericht hat danach zu Recht angenommen, daß die Beklagten ihre Verpflichtungen aus dem Mietvertrag schuldhaft verletzt haben. Gegen die in erster Linie in tatrichterlicher Verantwortung liegende Würdigung, diese Umstände hätten eine Fortsetzung des Mietverhältnisses unzumutbar gemacht und deshalb zur fristlosen Kündigung berechtigt, bestehen revisionsrechtlich keine Bedenken. Der geltend gemachte Anspruch auf Ersatz des Kündigungsfolgeschadens ist deshalb dem Grunde nach zu Recht bejaht worden. 3. a) Zur Höhe des durch die Kündigung eingetretenen Schadens hat das Berufungsgericht ausgeführt: Die Klägerin könne außer dem auf die Zeit nach dem Zugang der Kündigung entfallenden restlichen Verdienstausfall auch zeitanteiligen Ersatz für den nutzlos gewordenen Aufwand zur Renovierung der
alten Praxis verlangen (105.567,21 DM). Zu ihren Gunsten sei davon auszugehen , daß sie ihre Aufwendungen wieder erwirtschaftet hätte, wenn der Mietvertrag , wie bei seinem Abschluß erwartet, durchgeführt worden wäre. Die Kosten für die Einrichtung der neuen Praxis (Montage der Theke sowie weitere Montagekosten und Trinkgelder) könne die Klägerin dagegen nicht erstattet verlangen. Sie müsse sich insofern entgegenhalten lassen, daß sie die Kosten für die Herrichtung der Praxis zumindest einmal selbst tragen müsse. Zu ersetzen seien allerdings die Kosten der Installation des Computers in der neuen Praxis (255,88 DM), die erst wegen der Notwendigkeit des Umzugs angefallen seien, während die Kosten der Erstinstallation zum Service gehört hätten. Entsprechendes gelte hinsichtlich der für den Entwurf und die Drucksetzung neuer Karten angesetzten Kosten (115 DM); derartige Aufwendungen seien in dem für die erste Praxis geltend gemachten Betrag nicht enthalten. Zu erstatten seien weiterhin die zum Abschluß des neuen Mietvertrages aufgewandten Maklerkosten (9.250 DM) sowie die Kosten der zu stellenden Mietbürgschaft (150 DM), da auch insofern keine nutzlosen Aufwendungen für die erste Praxis geltend gemacht worden seien. Darüber hinaus könne die Klägerin auch den im Jahre 1995 angefallenen höheren Mietzins für die neuen Praxisräume ersetzt verlangen (26.666,88 DM), bei dessen Berechnung sie von der jeweils zu zahlenden Kaltmiete unter Abzug der jeweiligen auf ihre Untermieter entfallenden Anteile ausgegangen sei. Eine Vorteilsausgleichung sei wegen der geringfügig größeren neuen Praxis nicht veranlaßt. Hierdurch werde nicht notwendig eine Verbesserung begründet. Diese Ausführungen halten nicht in allen Punkten der rechtlichen Nachprüfung stand.
b) Ob und inwieweit ein nach den §§ 249 ff. BGB zu ersetzender Vermögensschaden vorliegt, beurteilt sich nach einem Vergleich der infolge des haftungsbegründenden Ereignisses eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen, die ohne jenes Ereignis eingetreten wäre. Diese sogenannte Differenzhypothese umfaßt zugleich das Erfordernis der Kausalität zwischen dem haftungsbegründenden Ereignis und einer dadurch eingetretenen Vermögensminderung. Nur eine Vermögensminderung, die durch das haftungsbegründende Ereignis verursacht worden ist, das heißt ohne dieses nicht eingetreten wäre, ist als ersatzfähiger Schaden anzuerkennen. Die Frage, ob Aufwendungen einen Schaden darstellen, läßt sich daher nicht generell, sondern nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Haftungsgrundlage beurteilen. Handelt es sich - wie auch im vorliegenden Fall - um die Nichterfüllung eines Vertrages, so liegt der Schaden in der Differenz zwischen der vorhandenen Vermögenslage und derjenigen , die bei weiterer ordnungsgemäßer Erfüllung eingetreten wäre. Dementsprechend geht der Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung dahin, den Geschädigten vermögensmäßig so zu stellen, wie er bei ordnungsgemäßer Erfüllung des Vertrages gestanden hätte, das heißt nicht schlechter, aber auch nicht besser (BGHZ 86, 128, 130; 99, 182, 196 f.; - GSZ - 98, 212, 217). Die schadensrechtliche Problematik von Aufwendungen, die im Hinblick auf einen abgeschlossenen Vertrag gemacht und durch dessen Nichterfüllung nutzlos werden, besteht darin, daß sie auch bei vertragstreuem Verhalten des Schuldners entstanden wären (BGHZ 71, 234, 238; 99 aaO 197). Dennoch hat der Bundesgerichtshof solche nutzlos gewordenen Aufwendungen als erstattungsfähig angesehen mit der Begründung, es bestehe im allgemeinen eine (widerlegbare) Rentabilitätsvermutung, die dahin gehe, daß der enttäuschte Vertragspartner seine Aufwendungen durch Vorteile aus der vereinbarten Gegenleistung wieder erwirtschaftet hätte (vgl. RGZ 127, 245, 248; BGH - Urteile
vom 28. Mai 1975 - VIII ZR 70/74 - WM 1975, 897, 899 und vom 22. Juni 1977 - VIII ZR 240/75 - WM 1977, 1089, 1090; Senatsurteil BGHZ 123, 96, 99; BGHZ 71 aaO 238 f.). Auch insoweit handelt es sich indessen um eine schlichte Anwendung der Differenzhypothese auf der Grundlage der der Darlegungs - und Beweiserleichterung dienenden, jedoch nicht zu einer Erweiterung des Schadensbegriffs führenden Rentabilitätsvermutung (BGHZ 71 aaO 239; BGH Urteil vom 23. April 1991 - X ZR 77/89 - NJW 1991, 2707, 2708). Der Nichterfüllungsschaden liegt in diesen Fällen - genau genommen - nicht in den Aufwendungen als solchen, sondern in dem Verlust der im Falle der Vertragserfüllung bestehenden Kompensationsmöglichkeit (BGHZ 99 aaO 197 f.).
c) Hiernach begegnet es durchgreifenden rechtlichen Bedenken, daß das Berufungsgericht der Klägerin zeitanteiligen Schadensersatz für die nutzlos gewordenen Aufwendungen zur Renovierung der alten Praxis zuerkannt hat, für diejenigen in die neue Praxis dagegen teilweise nicht. Die Kosten für die Einrichtung der neuen Praxis wären ohne das schädigende Ereignis nicht entstanden und sind deshalb grundsätzlich uneingeschränkt zu ersetzen. Damit ist die Klägerin aber so gestellt, als hätte sie ihre früheren Investitionen weiter nutzen können. Ihr Schaden besteht deshalb nicht darin, daß sie Aufwendungen , die sie bei weiterer Vertragserfüllung ebenfalls gehabt hätte, nicht wieder erwirtschaften kann, sondern in dem Aufwand, der zur Wiedererlangung dieser Möglichkeit entstanden ist. Das sind allein die Aufwendungen, die für die Anmietung und Einrichtung der neuen Praxis an einem vergleichbaren Standort erforderlich waren. Könnte die Klägerin dagegen die Kosten der ersten Praxis sowie die ihr vom Berufungsgericht teilweise zuerkannten Mehrkosten der neuen Praxis ersetzt verlangen, würde sie sich - ausgehend von dem insgesamt geltend gemachten Schaden - besser stehen als bei ordnungsgemäßer Erfül-
lung des Vertrages. Denn in diesem Fall hätte sie die in Höhe von 105.567,21 DM zuerkannten Aufwendungen tragen müssen.
d) Soweit das Berufungsgericht der Klägerin restlichen Verdienstausfall für die Zeit nach der Kündigung, die Kosten für die Installation des Computers in der neuen Praxis sowie diejenigen für die Anfertigung neuer Karten und die zu stellende Mietbürgschaft zuerkannt hat, ist dies revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Auch die Revision erhebt insoweit keine Einwendungen.
e) Sie greift jedoch die vom Berufungsgericht angenommene Erstattungsfähigkeit der zur Anmietung der neuen Praxisräume angefallenen Maklerkosten an und meint, die Klägerin habe geeignete Räume auch ohne Einschaltung eines Maklers finden können, indem sie anhand der Vermietungsangebote in der örtlichen Tageszeitung selbst neue Räume gesucht hätte. Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Die Klägerin hatte, wie das Berufungsgericht im Zusammenhang mit der Erstattungsfähigkeit der Mietdifferenz zutreffend ausgeführt hat, ein berechtigtes Interesse, möglichst kurzfristig Räume in der Nähe des Standorts der ersten Praxis anzumieten. Als Ä rztin, die während der Schließung der Praxis noch Hausbesuche und telefonische Beratungen vornahm, brauchte sie ihre Zeit und damit ihre Verdienstmöglichkeiten auch unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht nicht durch die zeitaufwendige Durchsicht von Zeitungsanzeigen und die Bewerbungen hierauf einzusetzen.
f) Hinsichtlich der für das Jahr 1995 zuerkannten Mietdifferenz ist das Berufungsgericht ersichtlich der Berechnung der Klägerin gefolgt, die gestützt auf die Vereinbarung im Mietvertrag, bis zum 31. Dezember 1994 sei im Hinblick auf den schlechten Zustand des Mietobjekts eine um 50 % gekürzte
Grundmiete von monatlich 624,88 DM zu zahlen, für die Zeit ab 1. Januar 1995 den für die Altpraxis zu entrichtenden Kaltmietzins in Höhe des doppelten Betrages , nämlich mit 1.249,76 DM (abzüglich des auf den Untermieter entfallenden Anteils), angesetzt hat. Gegen dieses Verständnis der mietvertraglichen Regelung erhebt die Revision keine Einwendungen; sie rügt insbesondere nicht, daß das Berufungsgericht hinsichtlich der Höhe des ab 1. Januar 1995 zu zahlenden Mietzinses eine gebotene Sachaufklärung unterlassen habe. Ausgehend von den getroffenen Feststellungen liegt es dann aber nahe, den Vertrag so zu verstehen, daß die bis zum 31. Dezember 1994 gewährte Mietzinsreduzierung ein Entgegenkommen für den Renovierungsaufwand der Klägerin darstellt und ab 1. Januar 1995 der volle Mietzins zu entrichten ist. Revisionsrechtlichen Bedenken begegnet diese Auslegung des Berufungsgerichts deshalb nicht. Soweit die Revision der Erstattungsfähigkeit der Mietdifferenz entgegenhält , die Klägerin, die sich den geringen Mietzins in den früheren Räumen mit ihren dortigen Investitionen erkauft habe, würde ihre Aufwendungen im Ergebnis doppelt erstattet bekommen, wenn ihr diese neben der Mietdifferenz ersetzt würden, ist darauf zu verweisen, daß die Klägerin Schadensersatz wegen nutzlos gewordener Aufwendungen nicht verlangen kann (siehe unter 2 c). Daß die neue Praxis der Klägerin geringfügig größer ist als die frühere, stellt nach Auffassung des Berufungsgerichts keinen nennenswerten Vorteil dar. Diese Beurteilung liegt im Rahmen tatrichterlichen Ermessens und ist von der Revision hinzunehmen. 4. Danach ist der Klägerin in Höhe von 50.271,52 DM (7.500 DM + 255,88 DM + 115 DM + 150 DM + 9.250 DM + 26.666,88 DM + nicht angegrif-
fener Schadensersatz für medizinische Geräte 6.333,76 DM) zu Recht Schadensersatz zuerkannt worden. Wegen des weitergehenden Anspruchs ist die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 565 Abs. 1 ZPO). Hinsichtlich der von der Klägerin geltend gemachten, grundsätzlich als erstattungsfähig anzusehenden Aufwendungen für die zweite Praxis, die das Berufungsgericht teilweise nicht zuerkannt hat, sind tatrichterliche Feststellungen bisher nicht getroffen worden. Im übrigen wird die Klägerin aufgrund der Zurückverweisung der Sache Gelegenheit haben, wegen der Aufwendungen in die frühere Praxis zu einem möglichen Bereicherungsanspruch ergänzend vorzutragen, der sich dann ergeben kann, wenn ein Vertragsverhältnis vorzeitig endet, so daß der Vermieter
früher als vereinbart in den Genuß der in die Mietsache gemachten Verwendungen gelangt. Dem Umfang nach bemißt sich die Bereicherung in einem solchen Fall nicht nach den Kosten der getätigten Verwendungen oder der dadurch geschaffenen objektiven Wertsteigerung des Bauwerks, sondern nach den Vorteilen, die der Vermieter aus dem erhöhten objektiven Ertragswert der Mietsache tatsächlich erzielen kann oder hätte erzielen können (vgl. hierzu Senatsurteil vom 16. September 1998 - XII ZR 136/96 - ZMR 1999, 93, 94 m.N.). Hahne Krohn Gerber Sprick Weber-Monecke
(1) Hat die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt, oder entsteht während der Mietzeit ein solcher Mangel, so ist der Mieter für die Zeit, in der die Tauglichkeit aufgehoben ist, von der Entrichtung der Miete befreit. Für die Zeit, während der die Tauglichkeit gemindert ist, hat er nur eine angemessen herabgesetzte Miete zu entrichten. Eine unerhebliche Minderung der Tauglichkeit bleibt außer Betracht.
(1a) Für die Dauer von drei Monaten bleibt eine Minderung der Tauglichkeit außer Betracht, soweit diese auf Grund einer Maßnahme eintritt, die einer energetischen Modernisierung nach § 555b Nummer 1 dient.
(2) Absatz 1 Satz 1 und 2 gilt auch, wenn eine zugesicherte Eigenschaft fehlt oder später wegfällt.
(3) Wird dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache durch das Recht eines Dritten ganz oder zum Teil entzogen, so gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.
(4) Bei einem Mietverhältnis über Wohnraum ist eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung unwirksam.
BUNDESGERICHTSHOF
AG Brake
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 2. November 2016 durch den Vorsitzenden Richter Dose und die Richter Dr. Klinkhammer, Schilling, Dr. Nedden-Boeger und Dr. Botur
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Parteien streiten um Forderungen aus einem Mietvertrag über Geschäftsräume.
- 2
- Im Mai 2012 mietete der Kläger - ein Betreuungsverein - von der Beklagten einen Büroraum im Erdgeschoss eines Gebäudes, das sich in deren Miteigentum befand. Die vereinbarte monatliche Bruttomiete einschließlich Umsatz- steuer und Nebenkostenpauschale betrug 416,50 €.
- 3
- Im Rahmen einer bauordnungsrechtlichen Prüfung stellte die Stadt B. an dem Gebäude verschiedene Mängel im Brandschutz fest. Insbesondere war bei der Anbringung des Wärmedämmverbundsystems an der Außenfassade bauordnungswidrig brennbares Material (Polystyrol) verwendet worden. Mit Schreiben vom 24. April 2013 setzte die Stadt B. den Kläger von den Brandschutzmängeln und davon in Kenntnis, dass sie den Gebäudeeigentümern zur Behebung der Mängel am Wärmedämmverbundsystem eine Frist bis zum 31. Mai 2013 gesetzt habe, nach deren fruchtlosen Ablauf eine Untersagung der Nutzung des gesamten Gebäudes beabsichtigt sei. Mit Bescheid vom 7. Juni 2013 sprach die Stadt B. gegenüber dem Kläger wegen der nicht brandschutzgerechten Dämmung der Außenfassade und der Nichtbeseitigung dieses Mangels durch die Gebäudeeigentümer eine Nutzungsuntersagung für die Mieträume aus. Zugleich wurde die sofortige Vollziehung angeordnet und angekündigt, die Nutzungsuntersagung durch Versiegelung durchzusetzen, wenn das Gebäude und die darin befindlichen Räume ab dem 1. August 2013 weiterhin benutzt würden.
- 4
- Nachdem der Kläger am 11. Juni 2013 ein fernmündliches Angebot der Beklagten zum Bezug von Ersatzräumen abgelehnt hatte, kündigte er durch Anwaltsschreiben vom 12. Juni 2013 das Mietverhältnis "fristlos zum 30. Juni 2013" und zog am 28. Juni 2013 in von ihm angemietete neue Büroräume um. Seit Juni 2013 leistete der Kläger keine Mietzahlungen an die Beklagte mehr.
- 5
- Mit seiner Klage hat der Kläger Schadenersatz für verschiedene Umzugskosten (Möbeltransport, Abbau und Neuinstallation der EDV-Anlage, Rei- nigungskosten) in Höhe von 2.375 € verlangt. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat widerklagend rückständige Miete für die Monate Juni und Juli 2013 in Höhe von 833 € geltend gemacht. Das Amtsgericht hat der Klage in Höhe von 1.675 € nebst Zinsen und der Widerklage in Höhe von 83,30 € nebst Zinsen stattgegeben; im Übrigen hat das Amtsgericht die wechselseitigen Zahlungsanträge abgewiesen. Mit ihrer dagegen gerichteten Berufung hat die Beklagte weiterhin auf eine vollständige Abweisung der Klage angetragen und mit der Widerklage (nur) noch die restliche Miete für den Monat Juni 2013 begehrt. Das Landgericht hat die angefochtene Entscheidung auf das Rechtsmittel geringfügig abgeändert. Es hat den von der Beklagten an den Kläger zu zahlen- den Betrag auf 1.580 € nebst Zinsen herabgesetzt und der Beklagten auf die Widerklage weitere 13,86 €, mithin insgesamt 97,16 € nebst Zinsen zugesprochen.
- 6
- Mit ihrer vom Landgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr zweitinstanzliches Begehren weiter.
Entscheidungsgründe:
- 7
- Die Revision ist nur teilweise begründet, nämlich soweit das Berufungsgericht hinsichtlich der Widerklage zum Nachteil der Beklagten entschieden hat. Insoweit ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
I.
- 8
- Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung das Folgende ausgeführt: Dem Kläger stehe ein Ersatz seines durch den Umzug entstandenen Schadens nach § 536 a BGB zu. Die Beklagte hafte als Vermieterin verschuldensunabhängig für die bereits bei Vertragsschluss vorhandenen Mängel der Mietsache. Um einen solchen Mangel handele es sich bei den Beanstandungen an der Dämmung der Außenfassade, die zwar bei Vertragsschluss noch nicht bekannt gewesen seien, schon damals aber zwingenden Anlass zu einem behördlichen Einschreiten gegeben hätten. Zwar sei der Beklagten zuzugeben , dass ihre Haftung für anfängliche Mängel nach § 6 Abs. 2 des Mietvertrages wirksam ausgeschlossen gewesen sei. Ihr diesbezüglicher Einwand sei aber als verspätet zurückzuweisen, weil die Beklagte ihn nicht bereits mit der Berufungsbegründungsschrift, sondern erst in einem nicht nachgelassenen Schriftsatz nach der letzten mündlichen Verhandlung vorgebracht habe. Die im Zusammenhang mit dem Umzug des Klägers erforderlichen Kosten seien im Rahmen des § 536 a BGB erstattungsfähig. Zu ersetzen seien daher die Kosten für die Herrichtung der neuen Wohnung, für die De- und Neuinstallation der EDV-Anlage, für das Einpacken der Umzugsgüter in Kartons sowie für die Reinigung der alten und neuen Räumlichkeiten. Soweit das Amtsgericht den Anspruch in der erkannten Höhe von 1.675 € nach der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme für begründet erachtet habe, beruhten seine diesbezüglichen Feststellungen auf einer umfassenden und abwägenden Würdigung. Das Amtsgericht habe hinsichtlich der Rechnung für die Arbeiten an der EDVAnlage lediglich übersehen, dass der Kläger zum Vorsteuerabzug berechtigt und deshalb die Umsatzsteuer in Höhe von 95 € als Schadensposition nicht zu berücksichtigen sei. Die Beklagte könne sich nicht auf ein rechtmäßiges Alternativverhalten berufen, weil es insoweit an einem gleichartigen Kausalverlauf fehle. Zwar solle der Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens einem Anspruch auf Schadenersatz entgegenstehen, wenn beide Mietparteien zur außerordentlichen Kündigung berechtigt gewesen seien. Hier habe die Beklagte vorgetragen, dass sie den Mietvertrag aufgrund der Nutzungsuntersagung vom 7. Juni 2013 ordentlich gekündigt hätte, was nach § 580 Abs. 2 BGB frühestens mit Wirkung zum 31. Dezember 2013 hätte erfolgen können. Damit unterscheide sich dieser Kausalverlauf von der sofort wirkenden Kündigung des Klägers im Juni 2013. Ohnehin sei die bloße Möglichkeit der rechtmäßigen Herbeiführung des Schadens im Falle alternativen Verhaltens nicht ausreichend. Voraussetzung sei vielmehr, dass derselbe Erfolg effektiv herbeigeführt worden wäre. Dass die Beklagte die Kündigung des Mietverhältnisses ihrerseits tatsächlich auch ausgesprochen hätte, habe sie erstmalig - ohne Beweisantritt - in der Berufungsbegründungsschrift und damit verspätet vorgetragen. Ein Mitverschulden des Klägers sei nicht anzunehmen, weil sich dieser nicht auf den Vorschlag der Beklagten zum Bezug von Ersatzräumen habe einlassen müssen. Die Widerklage sei nur in einem geringen Umfang begründet. Der Kläger schulde lediglich die Miete für den Zeitraum vom 1. Juni 2013 bis zum 7. Juni 2013, weil die Gebrauchstauglichkeit der Räumlichkeiten mit der Nutzungsuntersagung vom 7. Juni 2013 vollständig aufgehoben sei. Aufgrund der sofortigen Vollziehbarkeit der Nutzungsuntersagung komme es nicht darauf an, ob eine tatsächliche Nutzung über den 7. Juni 2013 hinaus erfolgt sei.
II.
- 9
- Dies hält rechtlicher Überprüfung nicht in allen Punkten stand.
- 10
- 1. Ohne Erfolg wendet sich die Revision allerdings gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass dem Kläger ein Schadenersatzanspruch gegen die Beklagte wegen der Erstattung der durch den Umzug entstanden Kosten in Hö- he von 1.580 € zusteht.
- 11
- a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Mietvertragspartei, die durch eine von ihr zu vertretende Vertragsverletzung die andere Partei zu einer wirksamen außerordentlichen Kündigung des Mietvertrages veranlasst hat, dieser Partei zum Ersatz des hierdurch verursachten Schadens (sog. Kündigungs- oder Kündigungsfolgeschaden) verpflichtet (vgl. Senatsurteil vom 15. März 2000 - XII ZR 81/97 - NJW 2000, 2342 f.; BGH Urteile vom 13. Juni 2007 - VIII ZR 281/06 - NJW 2007, 2474 Rn. 9 und vom 4. April 1984 - VIII ZR 313/82 - NJW 1984, 2687). Grundlage für einen auf Ersatz des Kündigungsfolgeschadens gerichteten Schadenersatzanspruch des Mieters ist entweder § 280 Abs. 1 BGB oder - wie im vorliegenden Fall - § 536 a Abs. 1 BGB, wenn die außerordentliche Kündigung wegen eines Umstands erfolgt, der zugleich einen Mangel der Mietsache im Sinne des § 536 BGB begründet (vgl. Senatsurteil vom 31. Oktober 2012 - XII ZR 126/11 - NJW 2013, 223 Rn. 35; Staudinger/Emmerich BGB [2014] § 543 Rn. 103). Der Anspruch setzt die Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung voraus, weil er gerade denjenigen Schaden erfasst, welcher infolge der vorzeitigen Beendigung des Mietverhältnisses entstanden ist (Alberts in Ghassemi-Tabar/Guhling/Weitemeyer Gewerberaummiete § 543 BGB Rn. 86). Wird das Mietverhältnis demgegenüber nicht gekündigt oder ist eine von dem Mieter ausgesprochene Kündigung etwa aus formellen Gründen unwirksam, können die mit der Anmietung von Ersatzräumen und der damit einhergehenden Freigabe der bisherigen Mieträume verbundenen Vermögensschäden des Mieters nach § 536 a Abs. 1 BGB auch als Mangelschaden erstattungsfähig sein. Das ist dann der Fall, wenn der Mieter bestehende Mängel der Mietsache berechtigterweise zum Anlass nimmt, wegen einer nicht mehr vorhandenen Tauglichkeit der Mieträume zum vertragsgemä- ßen Gebrauch den Umständen nach angemessene neue Räume anzumieten (BGH Urteil vom 3. Juli 2013 - VIII ZR 191/12 - NJW 2013, 2660 Rn. 9 f.).
- 12
- b) Im Streitfall sind die Voraussetzungen für einen auf Ersatz des Kündigungsfolgeschadens gerichteten Schadenersatzanspruch gegeben.
- 13
- aa) Die getroffenen Feststellungen tragen die Annahme, dass der klagende Verein - wovon ersichtlich auch das Berufungsgericht ausgeht - dazu berechtigt war, das Mietverhältnis mit der Beklagten am 12. Juni 2013 aus wichtigem Grund außerordentlich zu kündigen.
- 14
- (1) Nach § 543 Abs. 1 BGB kann jede Vertragspartei das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. Ein wichtiger Grund liegt nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB unter anderem dann vor, wenn dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache ganz oder zum Teil nicht rechtzeitig gewährt oder wieder entzogen wird; letzteres kommt auch beim Auftreten eines Mangels in Betracht, der dem vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache entgegensteht (vgl. Senatsurteile vom 20. November 2013 - XII ZR 77/12 - NZM 2014, 165 Rn. 18 und vom 24. Oktober 2007 - XII ZR 24/06 - ZMR 2008, 274, 275).
- 15
- (a) Dabei braucht im vorliegenden Fall nicht im Einzelnen erörtert zu werden, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen objektbezogene Mängel beim Brandschutz - unabhängig von einem Einschreiten der Ordnungsbehörde - schon deshalb einen Mangel darstellen, weil die Sicherheit der Nutzer des Gebäudes durch sie gefährdet ist. Denn außer reinen Beschaffenheitsfehlern der Mietsache können jedenfalls auch behördliche Beschränkungen und Gebrauchshindernisse die Tauglichkeit der Mietsache zu dem vertragsgemäßen Gebrauch in einer Weise aufheben oder mindern, dass sie einen Mangel im Sinne von § 536 BGB begründen. Letztere stellen nach der Recht- sprechung des Bundesgerichtshofs freilich nur dann einen Mangel dar, wenn sie auf der konkreten Beschaffenheit der Mietsache beruhen und nicht in den persönlichen oder betrieblichen Umständen des Mieters ihre Ursache haben. Außerdem muss der Mieter durch die öffentlich-rechtlichen Beschränkungen und Gebrauchshindernisse in seinem vertragsgemäßen Gebrauch auch tatsächlich eingeschränkt werden (vgl. Senatsurteil vom 20. November 2013 - XII ZR 77/12 - NZM 2014, 165 Rn. 20; BGH Urteil vom 16. September 2009 - VIII ZR 275/08 - NJW 2009, 3421 Rn. 6). Diese Voraussetzung ist regelmäßig nur dann erfüllt, wenn die zuständige Behörde die Nutzung des Mietobjekts durch ein rechtswirksames und unanfechtbares Verbot bereits untersagt hat; allerdings kann ein möglicher Sachmangel im Einzelfall auch darin gesehen werden, dass eine langwährende Unsicherheit über die Zulässigkeit der behördlichen Nutzungsuntersagung die begründete Besorgnis bewirkt, das Grundstück nicht zum vertragsgemäßen Gebrauch nutzen zu können (vgl. Senatsurteil vom 20. November 2013 - XII ZR 77/12 - NZM 2014, 165 Rn. 20).
- 16
- (b) Nach den getroffenen Feststellungen hat die Stadt B. dem Kläger die Nutzung der Mieträume durch einen sofort vollziehbaren Bescheid vom 7. Juni 2013 untersagt. Damit konnte das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler davon ausgehen, dass das behördliche Einschreiten den Kläger in seinem vertragsgemäßen Gebrauch beeinträchtigen würde. Der an sich zutreffende Hinweis der Revision darauf, dass der Bescheid der Stadt B. vom 7. Juni 2013 im Zeitpunkt der Kündigungserklärung am 12. Juni 2013 noch nicht bestandskräftig war und die aufschiebende Wirkung eines dagegen gerichteten Widerspruchs durch einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO hätte wiederhergestellt werden können, vermag im Streitfall nicht zu verfangen. Zwar entspricht es der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass es dem Mieter grundsätzlich zugemutet werden kann, behördliche Anordnungen betreffend den Gebrauch der Mietsache auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen (vgl. Senatsurteil vom 20. November 2013 - XII ZR 77/12 - NZM 2014, 165 Rn. 20; BGH Urteil vom 20. Januar 1971 - VIII ZR 167/69 - WM 1971, 531, 532). Auf das Risiko eines verwaltungsgerichtlichen Rechtsstreits mit ungewissem Ausgang muss sich der Mieter aber jedenfalls dann nicht einlassen, wenn die Behörde bereits eine sofortige Untersagung der Nutzung der Mietsache verfügt hat und der Gegenstand der ordnungsbehördlichen Beanstandungen - wie hier die nicht brandschutzgerechte Ausführung der Fassadendämmung - außerhalb des Einwirkungsbereichs des Mieters liegt (vgl. Schmidt-Futterer/Eisenschmid Mietrecht 12. Aufl. § 543 BGB Rn. 96; Staudinger/Emmerich BGB [2014] § 536 Rn. 23; vgl. auch LG Mönchengladbach MDR 1992, 871).
- 17
- (2) Auch ist es für die Frage nach der Wirksamkeit der Kündigung unbehelflich , dass die Stadt B. in ihrem Bescheid die Anwendung unmittelbaren Zwangs (in Form einer Versiegelung der Mieträume) zur Durchsetzung der Nutzungsuntersagungsverfügung erst für den 1. August 2013 androhte. Denn das auf § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB gestützte Kündigungsrecht des Mieters besteht bereits dann, wenn im Zeitpunkt der Kündigungserklärung sicher feststeht, dass dem Mieter der Mietgebrauch nicht gewährt (vgl. Bub/Treier/Grapentin Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete 4. Aufl. Kap IV Rn. 320; BeckOGK/Mehle BGB [Stand: Juni 2016] § 543 Rn. 80) oder wieder entzogen wird (vgl. auch Senatsurteil vom 31. Oktober 2012 - XII ZR 126/11 - NJW 2013, 223 Rn. 30 f.). Der Kläger brauchte daher mit seiner Kündigungserklärung nicht auf den Termin zuzuwarten, zu dem die Ordnungsbehörde die Ergreifung von Zwangsmitteln zur Durchsetzung der Nutzungsuntersagung angekündigt hatte.
- 18
- (3) Das Kündigungsrecht ist auch nicht nach § 543 Abs. 3 Satz 1 BGB ausgeschlossen. Einer Fristsetzung oder Abmahnung bedarf es nach § 543 Abs. 3 Satz 2 BGB nicht, wenn eine Fristsetzung oder Abmahnung offensichtlich keinen Erfolg verspricht (§ 543 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BGB) oder die sofortige Kündigung aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen gerechtfertigt ist (§ 543 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BGB). Jedenfalls unter den letztgenannten Voraussetzungen ist nach den getroffenen Feststellungen eine sofortige Kündigung gerechtfertigt. Die Gebäudeeigentümer hatten eine ihnen von der Bauordnungsbehörde bis zum 31. Mai 2013 gesetzte Frist zur Herstellung eines brandschutzgerechten Zustands der Außenfassade verstreichen lassen , wodurch sich der klagende Verein als Mieter kurz darauf mit einer sofort vollziehbaren Nutzungsuntersagungsverfügung konfrontiert sah. Die Beklagte behauptet selbst nicht, dass eine brandschutzgerechte Sanierung der Außenfassade zu erwarten gewesen wäre, bevor die Bauordnungsbehörde am 1. August 2013 die von ihr angekündigte Versiegelung der Mieträume vorgenommen hätte. Vielmehr beruft sie sich ausdrücklich darauf, dass die Ausfertigung eines nicht brennbaren Wärmeverbundsystems "unmöglich" gewesen sei, weil ein in Vermögensverfall geratener Miteigentümer des Gebäudes den auf ihn entfallenden Anteil an den mit rund 120.000 € bezifferten Sanierungskosten nicht habe aufbringen können.
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- bb) Wird der Mieter deshalb zu einer außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund herausgefordert, weil ihm der Vermieter den vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache aufgrund eines anfänglichen Mangels nicht gewährt oder wieder entzogen hat, haftet der Vermieter im Wege einer verschuldensunabhängigen Garantiehaftung (§ 536 a Abs. 1, 1. Alt. BGB) nach allgemeiner Ansicht auch für den kündigungsbedingten Schaden des Mieters (vgl. SchmidtFutterer /Blank Mietrecht 12. Aufl. § 543 BGB Rn. 114; Alberts in GhassemiTabar /Guhling/Weitemeyer Gewerberaummiete § 543 BGB Rn. 86; Pietz/Oprée in Lindner-Figura/Oprée/Stellmann Geschäftsraummiete 3. Aufl. Kap. 16 Rn. 323). Soweit behördliche Beschränkungen den vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache beeinträchtigen, setzt ein auf eine öffentlich-rechtliche Gebrauchsbeschränkung gestützter anfänglicher Mangel im Sinne von § 536 a Abs. 1, 1. Alt. BGB mindestens voraus, dass schon im Zeitpunkt der Gebrauchsüberlassung mit einem späteren behördlichen Einschreiten während der vereinbarten Vertragszeit zu rechnen ist und die Behörde aufgrund der einschlägigen Vorschriften nicht nur dazu berechtigt, sondern dazu verpflichtet ist, die vertraglich vorgesehene Nutzung der Mietsache zu untersagen (vgl. BGHZ 68, 294, 297 = NJW 1977, 1285, 1286). Davon ist - mit dem Berufungsgericht - unter den hier obwaltenden Umständen auszugehen, weil die im Zeitpunkt der Gebrauchsüberlassung vorhandene Dämmung der Außenfassade mit brennbaren Werkstoffen von Anfang an gegen bauordnungsrechtliche Brandschutzbestimmungen verstoßen hat. Auch die Revision erinnert gegen diese Beurteilung nichts.
- 20
- Soweit das Berufungsgericht den Einwand der Beklagten, ihre Garantiehaftung für anfängliche Mängel sei gemäß § 6 Abs. 2 des Formularmietvertrages in rechtlich zulässiger Weise (vgl. dazu Senatsurteile vom 3. Juli 2002 - XII ZR 327/00 - NJW 2002, 3232, 3233 und vom 27. Januar 1993 - XII ZR 141/91 - NJW-RR 1993, 519, 520) ausgeschlossen gewesen, als verspätet zurückgewiesen hat, fehlt es - worauf die Revisionserwiderung des Klägers zu Recht hinweist - an einer diesbezüglichen Verfahrensrüge.
- 21
- cc) Hat der Mieter das Mietverhältnis nach einem vertragswidrigen Verhalten des Vermieters wirksam gekündigt, umfasst der ihm zu ersetzende Kündigungsfolgeschaden auch die notwendigen Umzugskosten (vgl. bereits BGH Urteil vom 6. Februar 1974 - VIII ZR 239/72 - MDR 1974, 838). Dies wird von der Revision auch nicht grundsätzlich in Zweifel gezogen. Die Angriffe, die sie im Zusammenhang mit der Schadenszurechnung gegen die Berufungsentscheidung führt, greifen indessen nicht durch.
- 22
- (1) Ohne Erfolg macht die Revision geltend, dass die Umzugskosten des Klägers auch dann angefallen wären, wenn die Beklagte sämtliche von der Stadt B. monierten Brandschutzmängel bis zum 31. Mai 2013 beseitigt hätte. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Kläger die Kündigung des Mietverhältnisses deshalb ausgesprochen, weil die Bauordnungsbehörde ihm gegenüber wegen der Beanstandungen zum Brandschutz eine sofort vollziehbare Nutzungsuntersagung verfügt hatte. Wenn das Berufungsgericht aus den von der Revision angeführten Umständen (Einholung von Angeboten für Umzugsdienstleistungen im Mai 2013, Äußerungen einer Mitarbeiterin des Beklagten in einem Telefongespräch am 11. Juni 2013) ersichtlich nicht den Schluss ziehen wollte, dass der Kläger das Mietverhältnis in jedem Fall und somit auch unabhängig von einer rechtzeitigen Beseitigung der Brandschutzmängel an der Außenfassade gekündigt hätte, hält sich dies im Rahmen einer revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden tatrichterlichen Würdigung.
- 23
- (2) Ebenfalls nicht gefolgt werden kann der Auffassung der Revision, dass eine schadensrechtliche Berücksichtigung von Umzugskosten unter dem Gesichtspunkt eines rechtmäßigen Alternativverhaltens deshalb nicht in Betracht komme, weil die Beklagte das Mietverhältnis ihrerseits hätte kündigen können.
- 24
- (a) Allerdings kann die Berufung des Schädigers auf ein rechtmäßiges Alternativverhalten, d.h. der Einwand, der Schaden wäre auch bei einer ebenfalls möglichen, rechtmäßigen Verhaltensweise entstanden, nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für die Zurechnung eines Schadenserfolgs beachtlich sein. Die Erheblichkeit des Einwands richtet sich nach dem Schutzzweck der jeweils verletzten Norm (vgl. BGHZ 96, 157, 173 = NJW 1986, 576, 579 und BGHZ 120, 281, 286 = NJW 1993, 520, 521; BGH Urteile vom 19. Juli 2016 - VI ZR 75/15 - VersR 2016, 1191 Rn. 7 und vom 9. März 2012 - V ZR 156/11 - NJW 2012, 2022 Rn. 17). Voraussetzung ist zudem, dass derselbe Erfolg effektiv herbeigeführt worden wäre; die bloße Möglichkeit, ihn rechtmäßig herbeiführen zu können, reicht nicht aus (BGHZ 120, 281, 287 = NJW 1993, 520, 522; BGH Urteil vom 9. März 2012 - V ZR 156/11 - NJW 2012, 2022 Rn. 17; vgl. bereits BGH Urteil vom 30. April 1959 - III ZR 4/58 - NJW 1959, 1316, 1317).
- 25
- (b) Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Wäre die Außenfassade des Mietobjekts nicht bauordnungswidrig mit brennbaren Materialien ausgeführt worden bzw. hätte die Beklagte die genannten Mängel rechtzeitig vor der Nutzungsuntersagung durch die Stadt B. beseitigt, wäre das Mietverhältnis nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht gekündigt worden und der mit den Umzugskosten verbundene Vermögenschaden beim Kläger nicht eingetreten. Der Einwand der Beklagten, sie hätte das Mietverhältnis nach der behördlichen Nutzungsuntersagung ihrerseits ordentlich oder - wie sie erstmals in der Revisionsinstanz für sich reklamiert - außerordentlich gekündigt, ist mit Blick auf den Schutzzweck der §§ 536 Abs. 1, 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB nicht erheblich.
- 26
- (aa) Diese Vorschriften bezwecken es gerade, den Mieter dagegen zu sichern, dass der Vermieter die Fortsetzung des Mietverhältnisses durch mangelbedingte Nichtgewährung oder Entziehung des vertragsgemäßen Gebrauchs für den Mieter unzumutbar macht. Greift der Mieter deshalb berechtigt zur Kündigung , büßt er sein vertragliches Recht zum Gebrauch der Mietsache ein, so dass der Vermieter dann verpflichtet ist, dem Mieter den Schaden zu ersetzen, den er durch diesen Rechtsverlust erleidet (vgl. BGH Urteil vom 6. Februar 1974 - VIII ZR 239/72 - MDR 1974, 838). Andererseits geht der Schutzzweck der §§ 536 Abs. 1, 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB freilich nicht dahin, dem Mieter den vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache unabhängig von sonstigen möglichen Beendigungsgründen für das Mietverhältnis dauerhaft zu gewährleisten. Damit steht es in Einklang, dass der Mieter einen kündigungsbedingten Schadenersatz wegen des entgangenen Gebrauchs der Mietsache nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur für den Zeitraum verlangen kann, in dem der Vermieter auch gegen seinen Willen am Mietvertrag festgehalten werden konnte (vgl. Senatsurteil vom 17. März 2004 - XII ZR 254/00 - GuT 2004, 120, 121; BGH Urteil vom 12. Januar 1972 - VIII ZR 26/71 - WM 1972, 335, 337). Insbesondere die Ansprüche des Mieters auf Erstattung der Mietdifferenz wegen der Mehrkosten der kündigungsbedingt angemieteten Ersatzwohnung sind daher auf den Zeitraum bis zum Ablauf der vereinbarten Vertragsdauer oder bis zur Wirksamkeit der ersten möglichen Kündigung durch den Vermieter beschränkt (vgl. bereits BGH Urteil vom 15. Juni 1964 - VIII ZR 255/62 - WM 1964, 831, 833).
- 27
- (bb) Soweit es um einmalige Aufwendungen für die Beschaffung von Ersatzräumen , die Herrichtung dieser Räume und den Umzug geht, wird für deren Erstattungsfähigkeit maßgeblich darauf abzustellen sein, ob diese Kosten durch eine in absehbarer Zeit bevorstehende Vertragsbeendigung unabhängig von den zur Mieterkündigung führenden Umständen ohnehin entstanden wären (vgl. auch BGH Urteil vom 6. Februar 1974 - VIII ZR 239/72 - MDR 1974, 838; Grapentin in Bub/Treier Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete 4. Aufl. Rn. 309). Kann demgegenüber - wie hier - nicht festgestellt werden, dass das Mietverhältnis ohne die zur außerordentlichen Kündigung des Mieters führende und vom Vermieter zu vertretende mangelbedingte Gebrauchsentziehung überhaupt beendet worden wäre, schließt der Schutzzweck der §§ 536 Abs. 1, 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB den auf rechtmäßiges Alternativverhalten gestützten Einwand des Vermieters aus, dass er das Mietverhältnis seinerseits gekündigt hätte, weil er infolge des Scheiterns der Mangelbeseitigungsversuche dem Mieter den vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache nicht mehr habe gewähren können.
- 28
- c) Auch die Feststellungen des Berufungsgerichts zur Höhe der erstattungsfähigen Umzugskosten sind aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
- 29
- Soweit das Berufungsgericht dem Kläger Reinigungskosten in Höhe von 280 € zugesprochen hat, konnte es sich gemäß § 529 Abs. 1 ZPO verfahrens- fehlerfrei auf die Feststellungen des Amtsgerichts stützen. Die Revision legt keine genügenden Anhaltspunkte dar, die nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO für das Berufungsgericht Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der amtsgerichtlichen Feststellungen begründet und deshalb eine erneute Feststellung geboten hätten. Die von dem Amtsgericht vernommene Zeugin T. hat in ihrer Vernehmung bekundet, dass die Reinigungsarbeiten in den alten und neuen Räumlichkeiten in einer von ihr im Einzelnen geschilderten Weise durchgeführt worden seien und die von ihr gestellte Rechnung vom 1. August 2013 von dem Kläger bezahlt worden sei. Soweit die Revision Zweifel an der Richtigkeit der auf diese Aussage gestützten amtsgerichtlichen Feststellungen auf den Umstand stützen will, dass die von der Zeugin T. in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Kopie der ersichtlich mit einem Textverarbeitungsprogramm erstellten Rechnung ein anderes Datum (1. August 2013) trägt als die von dem Kläger mit Schriftsatz vom 17. April 2014 eingerichtete Ausfertigung der gleichen Rechnung (4. April 2014), vermag sie damit keinen revisionsrechtlich relevanten Verfahrensfehler des Berufungsgerichts aufzuzeigen. Auch wenn die Zeugin T. in ihrer erstinstanzlichen Vernehmung auf Vorhalt die unterschiedliche Datierung der beiden in der Akte befindlichen Rechnungsexemplare nicht zu erläutern vermochte, konnte es hierfür zwanglos nachvollziehbare Erklärungen - etwa die automatische Aktualisierung von Datumsfeldern beim nachträglichen Ausdruck eines mit einem Textverarbeitungsprogramm erzeugten Dokuments - geben, so dass das Berufungsgericht seiner Entscheidung in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise gemäß § 529 Abs. 1 ZPO die amtsgerichtlichen Feststellungen bezüglich der Ausführung und der Bezahlung der Reinigungsarbeiten zugrunde legen konnte.
- 30
- 2. Von Rechtsfehlern beeinflusst ist demgegenüber die Annahme des Berufungsgerichts, dass der Beklagten der im Wege der Widerklage verfolgte Anspruch auf Zahlung der Miete für die Zeit vom 8. Juni 2013 bis zum 30. Juni 2013 nicht zustehe, weil die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch in diesem Zeitraum wegen der sofortigen Vollziehbarkeit der Nutzungsuntersagungsverfügung der Stadt B. vom 7. Juni 2013 vollständig aufgehoben worden sei.
- 31
- a) Mit Recht macht die Revision zunächst geltend, dass - vom Rechtsstandpunkt des Berufungsgerichts aus - auf den Zeitpunkt abzustellen gewesen wäre, an dem die vom 7. Juni 2013 verfügte Nutzungsuntersagung gegenüber dem klagenden Verein wirksam geworden ist. Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird; ein schriftlicher Verwaltungsakt, der - wie hier - im Inland durch die Post übermittelt wird, gilt am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben (§ 1 NVwVfG iVm §§ 43 Abs. 1 Satz 1, 41 Abs. 2 Satz 1 VwVfG). Insoweit fehlt es an Feststellungen durch das Berufungsgericht; selbst bei unterstellter Aufgabe zur Post am 7. Juni 2013 konnte die Nutzungsuntersagung gegenüber der Beklagten frühestens am 10. Juni 2013 wirksam werden.
- 32
- b) Im Übrigen ist noch nicht ohne weiteres von einer Beeinträchtigung oder Entziehung des vertragsgemäßen Gebrauchs auszugehen, solange die Behörde trotz eines Verstoßes gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften die formell ordnungswidrige Nutzung der Mietsache durch den Mieter duldet (vgl. Hübner/Griesbach/Fuerst in Lindner-Figura/Oprée/Stellmann Geschäftsraum- miete 3. Aufl. Kap. 14 Rn. 274; Ghassemi-Tabar in Ghassemi-Tabar/Guhling/ Weitemeyer Gewerberaummiete § 536 BGB Rn. 181).
- 33
- Von einer zumindest faktischen Duldung der Nutzung durch die zuständige Behörde wird auch dann auszugehen sein, wenn sie zwar die Nutzung der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch bereits untersagt hat, vorläufig aber auf die Anwendung von Zwang zur Durchsetzung der Ordnungsverfügung verzichtet, um dem von der Nutzungsuntersagung betroffenen Mieter ausreichend Zeit für die Suche nach Ersatzräumen zu geben. In diesem Fall kann der "Makel" der von der Ordnungsbehörde formell untersagten Weiternutzung der Mietsache deren Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch im Zeitraum bis zum endgültigen Auszug des Mieters möglicherweise einschränken, aber nicht vollständig aufheben (vgl. auch LG Potsdam WuM 2015, 350, 352 ff.).
- 34
- Die angefochtene Entscheidung erweist sich hinsichtlich der Widerklage entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung auch nicht deshalb als richtig , weil die Beschaffenheit der Mieträume in tatsächlicher Hinsicht so weitreichend von brandschutzrechtlichen Vorschriften abweiche, dass schon deshalb eine vollständige Befreiung von der Mietzahlungspflicht ohne weiteres gerechtfertigt sei. Selbst wenn aufgrund von schwerwiegenden Mängeln beim objektbezogenen Brandschutz die konkrete Besorgnis besteht, dass im Falle eines in Zukunft eintretenden Brandes das Gesundheitsrisiko für die Nutzer der Mieträume erheblich erhöht ist, wird dieser Umstand regelmäßig nicht die Beurteilung rechtfertigen, dass die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache vollständig aufgehoben ist (vgl. auch KG Berlin KGR 2004, 97, 100; OLG Brandenburg Urteil vom 14. April 2015 - 6 U 77/12 - juris Rn. 86 ff.).
- 35
- c) Das Berufungsgericht wird nach der Zurückverweisung der Sache in tatrichterlicher Verantwortung auch darüber zu befinden haben, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang eine geschuldete Miete im noch streitgegen- ständlichen Zeitraum (Juni 2013) wegen der tatsächlichen und nicht brandschutzgerechten Beschaffenheit der Mietsache oder deshalb gemindert ist, weil dem Kläger die formell untersagte Weiternutzung der Mieträume nur wegen eines befristeten Verzichts auf ordnungsbehördliche Zwangsmittel ermöglicht worden ist. Dose Klinkhammer Schilling Nedden-Boeger Botur
AG Brake, Entscheidung vom 09.10.2014 - 3 C 54/14 -
LG Oldenburg, Entscheidung vom 24.11.2015 - 16 S 531/14 -
Wird der Mietvertrag für längere Zeit als ein Jahr nicht in schriftlicher Form geschlossen, so gilt er für unbestimmte Zeit. Die Kündigung ist jedoch frühestens zum Ablauf eines Jahres nach Überlassung des Wohnraums zulässig.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger begehrt als Vermieter Feststellung, dass das Mietverhältnis der Parteien bis zum 31. August 2011, hilfsweise über den 31. Dezember 2004 hinaus, besteht. Insoweit streiten die Parteien darüber, ob der zwischen ihnen abgeschlossene Mietvertrag über Gewerbemietflächen der Schriftform genügt und damit - wie vereinbart - bis zum 31. August 2011 besteht, oder ob er mangels Einhaltung der Schriftform durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 11. Mai 2004 zum 31. Dezember 2004 beendet worden ist.
- 2
- Der Kläger, der das Mietgrundstück mit notariellem Kaufvertrag vom 14. Dezember 1994 von den damaligen Eigentümern, der H. GmbH (im Folgenden: H. GmbH) und der R.
- 3
- Zwischen der H. GmbH und der "Kinocenter S. GmbH i.Gr., vertreten durch deren Geschäftsführer M. und H. -H. K. " (im Folgenden : Kinocenter S. GmbH i.Gr.), kam es 1995 zu Verhandlungen über den Abschluss eines Mietvertrages über noch zu errichtende Gewerberäume auf dem Mietgrundstück zum Betrieb eines Kinos und aller branchenüblichen Nebengeschäfte. Eine erste Mietvertragsurkunde, die eine Laufzeit des Vertrages von 15 Jahren ab dem Monat nach Eröffnung des Kinos vorsah, wurde am 30. November 1995 von M. K. für die Kinocenter S. GmbH i.Gr. als Mieterin unterzeichnet. Die Vertreter der H. GmbH unterzeichneten die Urkunde am 19. Dezember 1995 mit dem Zusatz: "Unterschrift gilt in Verbindung mit unserem Schreiben v. 19.12.1995". In diesem Schreiben behielt sich die H. GmbH eine Überprüfung der noch zu vereinbarenden Baubeschreibung und des Übergabetermins vor. Mit an die "K. & K. " gerichteten Schreiben vom 16. Januar 1996 erklärte die H. GmbH den Wegfall des Vorbehalts bezüglich der Geltung der Baubeschreibung und führte weiter aus: "Mit unserer am 19.12.1995 geleisteten Unterschrift unter dem Mietvertrag wurden daher die verbindlichen vertraglichen Grundlagen unserer Zusammenarbeit beim o.g. Objekt geschaffen. Nicht verbindlich ist allerdings mit Ihrem Einverständnis der in § 9 (1) Abs. 2 genannte Übergabetermin der sich verzögern nicht aber verkürzen kann. …"
- 4
- Neben den Unterschriften für die H. GmbH befindet sich unter den Worten "einverstanden: K. & K. " die Unterschrift von M. K.
- 5
- In der Folgezeit schlossen die H. GmbH und die Kinocenter S. GmbH i.Gr. unter Beteiligung der damals als "Ki. 2000 GmbH" firmierenden Beklag- ten - die beiden Letzteren jeweils vertreten durch ihre Geschäftsführerin M. K. - eine undatierte Zusatzvereinbarung (Ende Mai 1996) zum Mietvertrag vom "30. November 1996", in der sie sich u.a. darauf einigten, dass mit Unterzeichnung dieser Vereinbarung durch die Geschäftsführerin M. K. die Kinocenter S. GmbH i.Gr. aus dem Mietvertrag ausscheidet und die Beklagte in alle Rechte und Pflichten aus dem Mietvertrag eintritt. Gleichzeitig wurde als Übergabetermin der 31. Mai 1996 vereinbart. Das Kino wurde am 1. August 1996 eröffnet. Seitdem führten die Parteien den Vertrag vereinbarungsgemäß durch.
- 6
- Mit Schreiben vom 11. Mai 2004 kündigte die Beklagte den Mietvertrag ordentlich zum 31. Dezember 2004. Sie ist der Ansicht, der Mietvertrag genüge nicht der Schriftform, weshalb sie zur vorzeitigen Kündigung berechtigt sei.
- 7
- Das Landgericht hat die auf Feststellung gerichtete Klage, dass zwischen den Parteien ein Mietvertrag mit einer Laufzeit bis einschließlich 31. August 2011, hilfsweise über den 31. Dezember 2004 hinaus bestehe, abgewiesen.
- 8
- Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen, weil es der höchstrichterlichen Klärung bedürfe, welche Anforderungen an die Heilung von anfänglichen Formmängeln durch Nachtrags-, Zusatz- oder sonstige Ergänzungsvereinbarungen zu stellen seien, die - für sich genommen - die notwendigen Bestandteile eines Mietvertrages nicht enthielten.
Entscheidungsgründe:
- 9
- Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
- 10
- Das Berufungsgericht führt zur Begründung im Wesentlichen aus: Der zwischen den Parteien abgeschlossene Mietvertrag sei mit Ablauf des 31. Dezember 2004 durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 11. Mai 2004 beendet worden. Ein formwirksam befristetes Mietverhältnis habe zwischen den Parteien nicht bestanden. Zwar habe das Landgericht die Anforderungen, die beim Mieterwechsel an die Wahrung der Schriftform zu stellen seien, überspannt , wenn es die Schriftform als nicht gewahrt sehe, weil es an einer körperlichen Verbindung von Mietvertrag und undatierter Zusatzvereinbarung fehle. Denn auch bei Vereinbarungen über den Parteiwechsel auf Mieterseite greife die so genannte Auflockerungsrechtsprechung, nach der die Einheitlichkeit einer Urkunde im Sinne des § 126 Abs. 2 BGB eine rein gedankliche sein könne.
- 11
- Der Mietvertrag sei jedoch aus anderen Gründen formunwirksam. Es fehle bereits in der ersten Urkunde vom 30. November/19. Dezember 1995 an übereinstimmenden Willenserklärungen. Die H. GmbH habe das ihr im Namen der Kinocenter S. GmbH i.Gr. unterbreitete Angebot zum Abschluss eines Mietvertrages nur unter dem Vorbehalt einer späteren Einigung über die Baubeschreibung und den Übergabetermin angenommen. Zumindest bei der Baubeschreibung handele es sich um einen wesentlichen und damit formbedürftigen Vertragsbestandteil, da das Mietobjekt erst noch habe errichtet werden sollen.
- 12
- Unabhängig davon ergebe sich aus der Urkunde als solcher ein offener Dissens i.S. von § 154 Abs. 1 Satz 1 BGB. Die Erklärungen der H. GmbH könnten allenfalls gemäß § 150 Abs. 2 BGB als neues Angebot verstanden werden, dessen Annahme nicht schriftlich dokumentiert sei. Vielmehr habe der Kläger selbst ein Schreiben der Rechtsabteilung der K. & K. Filmtheater vom 12. Januar 1996 in Kopie eingereicht, in dem das neue Angebot explizit abgelehnt worden sei.
- 13
- Im Übrigen lasse sich der Vertragsurkunde vom 30. November/19. Dezember 1995 auch nicht entnehmen, ob sie für die Kinocenter S. GmbH i.Gr. ordnungsgemäß unterzeichnet worden sei. Nach dem Rubrum habe die Gesellschaft durch ihre Geschäftsführer M. K. und H. -H. K. vertreten werden müssen, wobei § 35 Abs. 2 Satz 2 GmbHG vom Grundsatz der Gesamtvertretung ausgehe. Indes habe die Geschäftsführerin M. K. ohne einen Zusatz unterzeichnet, der auf besondere Vertretungsverhältnisse - insbesondere auf eine Unterschriftsleistung zugleich für den Mitgeschäftsführer H. -H. K. - hinweise.
- 14
- Auch die Einigung über den Wegfall des Vorbehalts betreffend die Baubeschreibung und über die Unwesentlichkeit des in der ersten Urkunde genannten Übergabetermins in dem – von M. K. für die K. & K. gegengezeichneten - Schreiben der H. GmbH vom 16. Januar 1996 habe nicht zum Abschluss eines formwirksam befristeten Mietvertrages geführt. Denn das Schreiben enthalte die zur Begründung eines Mietverhältnisses wesentlichen Vertragsbestandteile offensichtlich nicht. Es handele sich ebenso wenig um einen formwirksamen Nachtrag. Denn mangels Willensübereinkunft habe zu diesem Zeitpunkt kein Ursprungsvertrag existiert. Er sei auch nicht durch konkludentes Handeln, zum Beispiel durch tatsächliche Nutzung, begründet gewesen. Es sei daher allenfalls der Neuabschluss eines Mietvertrages möglich gewesen. Ein solcher könne durch das Schreiben vom 16. Januar 1996 selbst bei hinreichender Bezugnahme auf die erste Vertragsurkunde vom 30. November/19. Dezember 1995 nicht angenommen werden, da das an die "K. & K. " gerichtete Schreiben der Rechtsvorgängerin des Klägers auch nur für die "K. & K. " von M. K., nicht aber für die in der Mietvertragsurkunde vorgesehene Mieterin , die Kinocenter S. GmbH i.Gr., unterzeichnet worden sei.
- 15
- Auch durch die undatierte Zusatzvereinbarung zum Mietvertrag sei der Formmangel nicht behoben worden. Diese Vereinbarung enthalte ebenso wenig wie das Schreiben vom 16. Januar 1996 die zur Begründung eines Mietverhältnisses wesentlichen Vertragsbestandteile. Sie lasse lediglich im Einleitungssatz erkennen, dass sie in Ergänzung zu einem Mietvertrag vom 30. November 1996 getroffen worden sei. Damit möge zwar in Wirklichkeit die Urkunde vom 30. November /19. Dezember 1995 gemeint gewesen sein. Diese enthalte allerdings keine übereinstimmenden Willenserklärungen, sondern fixiere einen offenen Dissens.
- 16
- Die Zusatzvereinbarung habe den anfänglichen Formmangel auch nicht geheilt. Dies setze nämlich voraus, dass nachträglich eine formgerechte, den Anforderungen des § 126 BGB entsprechende Urkunde geschaffen werde. Daran fehle es hier. Nachtrags-, Zusatz- oder sonstige Ergänzungsvereinbarungen , in denen - für sich genommen - die notwendigen Bestandteile eines Mietvertrages nicht zu finden seien, könnten nur mit Urkunden zu einer gedanklichen Einheit verschmelzen, die ihrerseits die Willensübereinkunft hinsichtlich der fehlenden Teile bezeugen, nicht aber mit solchen, aus denen sich der Einigungsmangel zweifelsfrei ergebe.
- 17
- Die Beklagte sei auch nicht nach Treu und Glauben gehindert, sich auf den Formmangel zu berufen.
II.
- 18
- Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten einer revisionsrechtlichen Prüfung stand.
- 19
- 1. Zutreffend geht das Berufungsgericht zunächst davon aus, dass zwischen den Parteien ein Mietvertrag über Gewerberäume zum Betrieb eines Kinos bestanden hat.
- 20
- a) Der Mietvertrag ist - wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat - allerdings nicht bereits mit Unterzeichnung des Mietvertragsangebots der Kinocenter S. GmbH i.Gr. vom 30. November 1995 durch die H. GmbH am 19. Dezember 1995 zustande gekommen. Denn die H. GmbH hat dieses Vertragsangebot nicht angenommen. Sie hat vielmehr nach der revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Auslegung ihrer Erklärung durch das Berufungsgericht die im Vertragsangebot in Bezug genommene Baubeschreibung und den dort genannten Übergabetermin nicht akzeptiert, sondern den Abschluss des Mietvertrages von einer noch zu treffenden Einigung über diese Punkte abhängig gemacht.
- 21
- Eine solche Einigung ist jedoch später zustande gekommen. Die Vertragsparteien haben in einer undatierten schriftlichen Zusatzvereinbarung, in der sie einen Mieterwechsel und als Übergabetermin den 31. Mai 1996 vereinbart haben, auf den Mietvertrag vom "30. November 1996" - gemeint ist offensichtlich 1995 - Bezug genommen und haben schließlich den Vertrag im August 1996 in Vollzug gesetzt und während der folgenden Jahre durchgeführt.
- 22
- b) Der Kläger ist auch als Grundstückserwerber gemäß §§ 566 Abs. 1, 578 Abs. 1 BGB mit seiner Eintragung als Eigentümer im Grundbuch am 13. September 1996 in die Rechte und Pflichten aus dem zwischen der H. GmbH und der Beklagten bestehenden Mietvertrag eingetreten. Zwar war die H. GmbH lediglich gemeinsam mit der R. AG in Gesellschaft bürgerlichen Rechts Gesamthandseigentümerin des Mietgrundstücks, weshalb es an der für den Eintritt in den Mietvertrag nach § 566 BGB grundsätzlich erforderlichen Identität zwischen Vermieter und Veräußerer fehlt (Senatsurteil vom 22. Oktober 2003 - XII ZR 119/02 - NJW-RR 2004, 657 m.w.N.). Hier ist es jedoch aufgrund der Besonderheiten des Falles gerechtfertigt, den Mietvertrag in entsprechender Anwendung von § 566 BGB so zu behandeln, als hätte die R. AG als Gesamthandseigentümerin die Mieträume mitvermietet. Denn die das Erfordernis der Identität von Vermieter und veräußerndem Eigentümer tragende Erwägung, der Veräußerer solle nicht gemäß § 566 Abs. 2 BGB wie ein Bürge für Verpflichtungen haften müssen, die nicht in seiner Person, sondern in der Person eines Dritten bestehen (BGH Urteil vom 3. Juli 1974 - VIII ZR 6/73 - NJW 1974, 1551), greift im vorliegenden Fall nicht. Aus der am 7. November 1995 notariell beurkundeten Änderung des zwischen der H. GmbH und R. AG in Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Verkäuferin und dem Kläger als Käufer abgeschlossenen Grundstückskaufvertrages vom 14. Dezember 1994 ergibt sich, dass Grundlage für die Bemessung des endgültigen Kaufpreises für das Mietgrundstück die endgültigen, teilweise schon abgeschlossenen, Mietverträge sein sollten. Die Vertragsparteien, somit auch der Kläger und die R. AG, sind folglich davon ausgegangen, dass der Kläger als Erwerber in die von den Veräußerern abgeschlossenen und noch abzuschließenden Mietverträge eintritt. Daraus folgt, dass die R. AG den Abschluss der Mietverträge auch in ihrem Namen wollte und deshalb die H. GmbH bevollmächtigt hat, die Mietverträge auch für sie abzuschließen. Auch der Kläger wollte als Erwerber in die bestehenden Mietverträge eintreten.
- 23
- 2. Der Mietvertrag wahrt jedoch - wie das Berufungsgericht zu Recht annimmt - nicht die für die Wirksamkeit der vereinbarten Laufzeit von mehr als einem Jahr erforderliche schriftliche Form. Er gilt deshalb gemäß §§ 550 Satz 1, 578 Abs. 1 BGB als auf unbestimmte Zeit geschlossen und konnte von der Beklagten ordentlich gekündigt werden.
- 24
- a) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist die Schriftform des § 550 BGB nur gewahrt, wenn sich die Einigung über alle wesentlichen vertraglichen Vereinbarungen - insbesondere den Mietgegenstand, den Mietzins sowie die Dauer und die Parteien des Mietverhältnisses - aus einer von beiden Parteien unterzeichneten Urkunde ergibt. Werden wesentliche vertragliche Vereinbarungen nicht im Mietvertrag selbst schriftlich niedergelegt, sondern in Anlagen ausgelagert, so dass sich der Gesamtinhalt der mietvertraglichen Vereinbarung erst aus dem Zusammenspiel dieser "verstreuten" Bedingungen ergibt, müssen die Parteien zur Wahrung der Urkundeneinheit die Zusammengehörigkeit dieser Schriftstücke in geeigneter Weise zweifelsfrei kenntlich machen (Senatsurteile BGHZ 142, 158, 161; vom 7. Juli 1999 - XII ZR 15/97 - NJW 1999, 3257, 3258; vom 10. Oktober 2001 - XII ZR 93/99 - NJW-RR 2002, 8; vom 18. Dezember 2002 - XII ZR 253/01 - NJW 2003, 1248; vom 25. Juli 2007 - XII ZR 153/05 - NJW 2007, 3202). Dazu bedarf es keiner körperlichen Verbindung dieser Schriftstücke. Vielmehr genügt für die Einheit der Urkunde die bloße gedankliche Verbindung, die in einer zweifelsfreien Bezugnahme zum Ausdruck kommen muss (Senatsurteil vom 18. Dezember 2002 - XII ZR 253/01 - NJW 2003, 1248).
- 25
- b) Diesen Anforderungen genügen die hier vorhandenen, über den Mietvertrag erstellten Urkunden, nämlich der "Mietvertrag" vom 30. November/19. Dezember 1996 (richtig: 1995), das Schreiben der H. GmbH vom 16. Januar 1996 über den Wegfall ihres ursprünglich erklärten Vorbehalts und die undatierte Zusatzvereinbarung über den Mieterwechsel und den Über- gabetermin, die nur in ihrer Gesamtheit die Voraussetzungen eines formwirksamen Mietvertrags erfüllen können, nicht.
- 26
- aa) Das Berufungsgericht geht zu Recht davon aus, dass die am 30. November bzw. 19. Dezember 1995 unterzeichnete, als "Mietvertrag" bezeichnete Urkunde keine Einigung der Parteien über die dort niedergelegten vertraglichen Bedingungen enthält. Vielmehr bringt der von der H. GmbH neben ihrer Unterschrift angebrachte Zusatz, die Unterschrift gelte nur im Zusammenhang mit ihrem Schreiben vom 19. Dezember 1995, zum Ausdruck, dass eine solche Einigung über die schriftlich niedergelegten Vertragsbedingungen gerade nicht erfolgt ist. Diese Urkunde enthält folglich nicht die für die Einhaltung der gesetzlichen Schriftform des Vertrages erforderlichen rechtsgeschäftlichen Erklärungen der Vertragspartner. Deshalb kann dahingestellt bleiben, ob - wie das Berufungsgericht meint - auch die Unterzeichnung der Urkunde allein durch M. K. für die "Kinocenter S. GmbH i.Gr. vertreten durch ihre Geschäftsführer M. und H. -H. K.“ auf Mieterseite der Schriftform nicht genügt.
- 27
- bb) Es kann weiter dahingestellt bleiben, ob das an die "K. & K. " gerichtete Schreiben der H. GmbH vom 16. Januar 1996 eine der Schriftform genügende Einigung zwischen ihr und der Kinocenter S. GmbH i.Gr. über die Baubeschreibung und auch über die in der Vertragsurkunde vom 30. November /19. Dezember 1995 niedergelegten vertraglichen Vereinbarungen enthält. Denn die Wahrung der Schriftform des Mietvertrages scheitert jedenfalls daran, dass die undatierte Zusatzvereinbarung, in der die Vertragsparteien den Mieterwechsel und Übergabetermin geregelt haben, nur auf die Vertragsurkunde vom 30. November/19. Dezember 1996 (gemeint ist offensichtlich: 1995) verweist , aus der sich - wie oben ausgeführt - keine Einigung der Parteien über die dort niedergelegten Vertragsbedingungen ergibt, nicht aber auf das Schreiben vom 16. Januar 1996. Damit fehlt es an der für die Wahrung der Schriftform erforderlichen lückenlosen Bezugnahme auf alle Schriftstücke, aus denen sich die wesentlichen vertraglichen Vereinbarungen der Parteien ergeben.
- 28
- 3. Entgegen der Ansicht der Revision ist es der Beklagten auch nicht nach den Grundsätzen von Treu und Glauben verwehrt, sich auf den Mangel der Schriftform zu berufen. Jede Partei darf sich grundsätzlich - auch nach jahrelanger Durchführung des Mietvertrages - darauf berufen, dass die für den langfristigen Mietvertrag vorgesehene Form nicht eingehalten ist. Aus dem Umstand , dass die Parteien ihren Pflichten aus dem Mietvertrag über einen längeren Zeitraum bis zu der ordentlichen Kündigung durch eine Partei nachgekommen sind, lässt sich nicht herleiten, sie hätten darauf vertrauen können, der Vertragspartner werde nicht von der besonderen Kündigungsmöglichkeit Gebrauch machen, die das Gesetz vorsieht, wenn die Schriftform nicht eingehalten ist (Senatsurteile vom 5. November 2003 - XII ZR 134/02 - NJW 2004, 1103, 1104 und vom 12. Juli 2006 - XII ZR 178/03 - NJW-RR 2006, 1385,1386). Nur ausnahmsweise, wenn die Unwirksamkeit der vereinbarten langfristigen Vertragsdauer zu einem schlechthin untragbaren Ergebnis führen würde, kann es gemäß § 242 BGB rechtsmissbräuchlich sein, sich auf den Formmangel zu berufen. Das kann insbesondere dann der Fall sein, wenn der eine Vertragspartner den anderen schuldhaft von der Einhaltung der Schriftform abgehalten oder sich sonst einer besonders schweren Treuepflichtverletzung schuldig gemacht hat (Senatsurteile vom 6. April 2005 - XII ZR 132/03 - NJW 2005, 2225, 2227 und vom 5. November 2003 - XII ZR 134/02 - NJW 2004, 1103, 1104).
- 29
- Für einen solchen Ausnahmefall liegen hier keine Anhaltspunkte vor. Hahne Fuchs Ahlt Vézina Dose
LG Frankfurt (Oder), Entscheidung vom 26.05.2005 - 17 O 401/04 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 12.04.2006 - 3 U 124/05 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger macht gegenüber den Beklagten restliche Ansprüche aus einem Untermietvertrag für die Zeit von Januar 1998 bis einschließlich Juni 1999 geltend. Die Eheleute Kurt und Wilma W. vermieteten mit schriftlichem Vertrag für die Zeit vom 1. Oktober 1990 bis 30. September 2000 ein Ladenlokal an die Firma S. GmbH & Co. KG. Diese vermietete das Objekt mit schriftlichem Untermietvertrag vom 28. Januar 1994 an den Kläger. Ziffer 2 dieses Untermietvertrages lautet: "Der Untermieter verpflichtet sich, sämtliche sich aus diesem UnterMietvertrag als Anlage beigefügten Mietvertrag zwischen den Eheleuten W. und der Firma K. S. ergebenden Verpflichtungen in ei-gener Verantwortung als eigene Pflichten zu übernehmen und dafür zu haften." Der Kläger vermietete die Räumlichkeiten mit schriftlichem "UnterMietvertrag" vom 28. Oktober 1995 bis zum 30. September 2000 an die Beklagten weiter. Ziffer 4 dieses Vertrages lautet: "Der Untermieter verpflichtet sich, sämtliche sich aus diesem UnterMietvertrag als Anlage beigefügten Mietvertrag zwischen den Eheleuten W. und der Firma K. S. ergebenden Verpflichtungen in eigener Verantwortung als eigene Pflichten zu übernehmen und dafür zu haften. Der vorgenannte Mietvertrag zwischen den Eheleuten W. und der Firma K. S. wird insoweit integraler Bestandteil dieses UnterMietvertrages. Dies gilt gleichfalls für den Vertrag zwischen der Firma S. und dem Untervermieter." Die beiden in Ziffer 4 des Vertrages vom 28. Oktober 1995 als Anlage bezeichneten Mietverträge aus den Jahren 1990 und 1994 zwischen W. und Fa. S. einerseits und Fa. S. und Kläger andererseits wurden mit dem zwischen den Parteien geschlossenen Untermietvertrag nicht verbunden. Zwischen den Parteien besteht Streit, ob und wann sie den Beklagten bekannt gemacht und ausgehändigt worden sind. Mit Schreiben vom 27. März 1997 kündigten die Beklagten unter Berufung auf mangelnde Schriftform den Vertrag mit dem Kläger zum Ablauf des nächsten möglichen Quartals, spätestens jedoch zum 30. September 1997. Der Kläger widersprach der Kündigung auf Grund der vereinbarten Vertragsdauer
bis zum 30. September 2000, vermietete das Objekt jedoch mit Einverständnis der Beklagten an einen Dritten weiter. Die Klage auf Zahlung von Miete einschließlich Nebenkosten und Auslagen in Höhe von 51.712,16 DM nebst Zinsen hat das Landgericht abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Beklagten antragsgemäß zur Zahlung von 51.712,16 DM nebst Zinsen verurteilt. Dagegen wenden sich die Beklagten mit ihrer vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision.
Entscheidungsgründe:
Die Revision bleibt ohne Erfolg. 1. Das Oberlandesgericht hat ausgeführt, die Beklagten schuldeten die vom Kläger verlangte restliche Miete, da der Untermietvertrag durch ihre ordentliche Kündigung nicht beendet worden sei. Die Befristung bis 30. September 2000 sei wirksam vereinbart, da die Schriftform des § 566 Satz 1 BGB eingehalten sei. Deshalb komme eine Kündigung nach § 566 Satz 2 BGB nicht in Betracht. Zwar müsse die Zusammengehörigkeit der Haupturkunde mit den beiden Anlagen zweifelsfrei kenntlich gemacht werden. Dazu sei aber eine körperliche Verbindung nicht nötig. Vielmehr reiche es aus, daß sich die Einheit aus anderen Umständen zweifelsfrei ergebe, etwa durch eine wechselseitige Bezugnahme in den mehreren die Gesamtregelung enthaltenden Schriftstücken. Erforderlich sei eine solche Rückverweisung in der Anlage auf die Haupturkunde jedoch nicht. Dem Schutzzweck des § 566 BGB werde genügt, wenn ein späterer Grundstückserwerber durch den Hinweis im Hauptvertrag auf die Existenz eines ergänzenden Schriftstückes aufmerksamgemacht werde und aufgrund von Art und Inhalt der Verweisung eine gedankli- che Verbindung mit der Anlage hergestellt werden könne. Dies sei hier der Fall. Ein späterer Erwerber habe dem Vertrag sicher entnehmen können, daß sich der Inhalt der mietvertraglichen Regelung nicht allein aus ihm, sondern auch aus den darin in Bezug genommenen Anlagen ergebe. Daß die Anlagen nicht von den Parteien unterzeichnet seien, schade nicht. Es reiche aus, daß sie von den damaligen Vertragsparteien unterzeichnet seien. Für Nachtrags- und Änderungsvereinbarungen und im Falle des Mieterwechsels sei anerkannt, daß die Stammurkunde nicht von denselben Parteien unterzeichnet sein müsse wie der Nachtrag bzw. die Auswechslungsvereinbarung. Durch die Unterzeichnung des Hauptvertrages seien die in Bezug genommenen Verträge Vertragsbestandteil geworden. Ob sie bei Vertragsunterzeichnung vorgelegt worden bzw. den Beklagten bekannt gemacht worden seien, sei ohne rechtliche Bedeutung. Entscheidend sei nur, daß sie im Zeitpunkt der Unterzeichnung des Hauptvertrages existent gewesen seien, was hier zwischen den Partein außer Streit stehe. 2. Die Ausführungen des Oberlandesgerichts halten einer rechtlichen Nachprüfung stand.
a) Nach § 566 BGB a.F. ist eine Befristung im Mietvertrag nur wirksam, wenn die Schriftform eingehalten ist. Bei Verträgen ist diese gewahrt, wenn dieselbe Urkunde von beiden Vertragsparteien unterzeichnet wird (§ 126 Abs. 2 Satz 1 BGB). Das bedeutet, daß alle wesentlichen vertraglichen Abreden in einer Urkunde enthalten sein müssen (Prinzip der Einheitlichkeit der Vertragsurkunde ; vgl. hierzu Senatsurteil vom 24. September 1997 - XII ZR 234/95 - ZMR 1998, 12 f. = NJW 1998, 58 f.). Die Rechtsprechung hatte zunächst gefordert, daß die Einheit der Urkunde äußerlich durch Beifügung der in Bezug genommenen Urkunden zur Haupturkunde in Erscheinung treten müsse und die bloße gedankliche Verbindung, die in der Bezugnahme liege, nicht ausreiche (BGHZ
40, 255, 263). Notwendig sei in jedem Fall eine Verbindung, deren Auflösung nur durch teilweise Substanzverletzung oder Gewaltanwendung möglich sei. Mit Urteil vom 24. September 1997 (aaO 16) hat der Senat jedoch entschieden, daß die feste körperliche Verbindung der einzelnen Blätter nicht erforderlich sei, wenn sich die Einheit der Urkunde aus anderen eindeutigen Merkmalen ergebe, zu denen insbesondere fortlaufende Paginierung, fortlaufende Numerierung der einzelnen Textabschnitte sowie ein über das jeweilige Seitenende fortlaufender Text gehörten. Diese "gedankliche" Verbindung mehrerer Blätter zu einer einheitlichen Urkunde hat der VII. Zivilsenat dahin fortgeführt, daß die Schriftform des § 126 BGB keine körperliche Verbindung der Urkunde mit den in Bezug genommenen Anlagen verlange, sondern auch dann gewahrt sei, wenn sich die Einheit von Urkunde und Anlagen aus der Verweisung sowie der Unterschrift der Vertragsparteien auf jedem Blatt der Anlage ergebe (Urteil vom 21. Januar 1999 - VII ZR 93/97 - NJW 1999, 1104, 1105). Der erkennende Senat hat die Einheit der Vertragsurkunde ferner in einem Fall bejaht, in dem im Hauptvertrag auf eine Anlage Bezug genommen und alle Blätter der Anlage von den Vertragsparteien paraphiert waren (Urteil vom 29. September 1999 - XII ZR 313/98 - NJW 2000, 354, 357). Er hat dabei auch ausgeführt, daß es der Eindeutigkeit der Verweisung nicht entgegenstehe, wenn ein als Anlage bezeichnetes Schriftstück keine ausdrückliche Rückverweisung auf den Mietvertrag enthalte, da es für den Schutzzweck des § 566 BGB ausreiche, daß ein späterer Grundstückserwerber durch die Verweisung im Hauptvertrag auf die Existenz einer Anlage hingewiesen werde. Darüber hinaus hat der Senat die Einhaltung der Schriftform für einen Nachtragsvertrag bejaht, wenn eine Nachtragsurkunde auf den ursprünglichen Vertrag Bezug nimmt und zum Ausdruck kommt, es solle unter Einbeziehung der Nachträge bei dem verbleiben, was früher formgültig niedergelegt war (Senatsurteil vom 23. Februar 2000 - XII ZR 251/97 - NJW-RR 2000, 744, 745). Diese Form der Bezugnahme hat unter dem
Stichwort "Auflockerungsrechtsprechung" Eingang in Rechtsprechung und Literatur gefunden (Senatsurteil vom 24. September 1997 aaO 13; Palandt /Weidenkaff BGB 60. Aufl. § 566 a.F. Rdn. 17).
b) Diese Grundsätze hat das Oberlandesgericht beachtet. aa) Zu Unrecht beruft sich die Revision darauf, das Oberlandesgericht sei von der Entscheidung vom 29. September 1999 (aaO) abgewichen, wonach neben der Bezugnahme im Hauptvertrag auf die Anlage zumindest eine Paraphierung der Anlagenblätter durch die Vertragsparteien erforderlich sei. In diesem Sinne kann die Senatsrechtsprechung nicht verstanden werden. Der Senat hat in dieser Entscheidung keine Mindestanforderungen für die Wahrung der Urkundeneinheit aufgestellt, insbesondere nicht zwingend eine Paraphierung gefordert, sondern lediglich zum Ausdruck gebracht, daß die Bezugnahme im Hauptvertrag auf eine Anlage in Verbindung mit der Paraphierung der Anlage jedenfalls zur Wahrung der Schriftform ausreicht. Auch die Formulierung "so etwa" (im Senatsurteil vom 25. Oktober 2000 - XII ZR 133/98 - NZM 2001, 43, 44) läßt den Beispielcharakter erkennen. Bei der Vielzahl denkbarer Vertragsgestaltungen lassen sich Mindestanforderungen schwer formulieren. Der Senat hat stets darauf hingewiesen, entscheidendes Kriterium müsse die zweifelsfreie Bezugnahme der Haupturkunde auf die Anlage sein (Urteil vom 25. Oktober 2000 aaO 44). Entgegen der Auffassung der Revision ist diese im vorliegenden Fall gegeben. Im Vertrag zwischen den Parteien (Unter-Untermietvertrag) wird Bezug genommen auf den Vertrag zwischen dem Kläger und der Firma S. (Untermietvertrag) und den Vertrag zwischen der Firma S. und den Eheleuten W. (Hauptmietvertrag). Vertragsgegenstand ist stets das gleiche Mietobjekt, das jeweils weitervermietet wird. Diese Form der Bezugnahme enthält eine ausreichende Identifizierung der in Bezug genommenen Verträge. Eine Paraphierung ist - über die Bezugnahme hinaus - nicht geboten,
um eine zweifelsfreie Zuordnung sicherzustellen. Der Eindeutigkeit der Verwei- sung steht auch nicht entgegen, daß die in Bezug genommenen Verträge keine Rückverweisung auf den Vertrag zwischen den Parteien enthalten, aus ihnen also nicht zu entnehmen ist, daß sie diesen Vertrag ergänzen. Für den Schutzzweck des § 566 BGB a.F. reicht es nämlich aus, daß ein späterer Grundstückserwerber durch die Verweisung im Hauptvertrag auf die Existenz einer Anlage hingewiesen wird (vgl. Senatsurteil vom 29. September 1999 aaO 357). bb) Ohne Erfolg macht die Revision geltend, die "Auflockerungsrechtsprechung" könne hier deshalb nicht zur Anwendung kommen, weil die Vertragsparteien nicht identisch seien mit den Parteien der in Bezug genommenen Verträge. Entscheidend für die Frage der Einheitlichkeit der Urkunde ist nicht, daß die Vertragsparteien den früheren Vertrag, auf den Bezug genommen wird, geschlossen haben, sondern ob dieser in der Haupturkunde hinreichend konkret bezeichnet wird. So hat es, worauf das Berufungsgericht zutreffend hinweist , die Rechtsprechung für die Wahrung der Schriftform ausreichen lassen, wenn bei Eintritt eines neuen Mieters in einen Mietvertrag die Urkunde über dessen Vertragseintritt eine ausdrückliche Bezugnahme auf den ursprünglichen Mietvertrag enthält. Der Senat hat dabei ausdrücklich darauf hingewiesen, daß Ausnahmen vom Erfordernis der körperlichen Verbindung mehrerer Urkunden auch dann zuzulassen sind, wenn die Haupturkunde und der Nachtrags- oder Änderungsvertrag nicht von denselben Parteien oder ihren Gesamtrechtsnachfolgern unterzeichnet wurden (Senatsbeschluß vom 17. September 1997 - XII ZR 296/95 - NJW 1998, 62 m.w.N.).
c) Die Revision rügt weiter, die Beweis- und Warnfunktion der Schriftform erfordere die Beifügung der in Bezug genommenen Anlagen. Nur so könne der vollständige Vertragsinhalt klargestellt und den Parteien der Inhalt der von ih-
nen beabsichtigten langfristigen Bindung vor Augen geführt werden. Auch dieser Rüge bleibt der Erfolg versagt. § 566 BGB a.F. verfolgt vor allem den Zweck, es dem Grundstückserwerber , der nach § 571 BGB a.F. in bestehende Mietverträge eintritt, zu erleichtern , sich über den Umfang der auf ihn übergehenden Bindungen zu unterrichten (st.Rspr., vgl. nur Senatsurteil vom 24. September 1997 aaO 16). Soweit § 566 BGB a.F. durch die Schriftform daneben auch die Beweisbarkeit langfristiger Abreden und eine gewisse Warnfunktion sicherstellen soll, sind diese Zwecke nachrangig (Senatsurteil vom 24. September 1997 aaO) und stehen der Einhaltung der Schriftform hier nicht entgegen. Entgegen der Auffassung der Revision ist im übrigen aber auch der Warnfunktion hinreichend Rechnung getragen. Sie ist erfüllt, wenn dem Erklärenden der formbedürftige Inhalt seiner Erklärung hinreichend verdeutlicht wird (Senatsurteil vom 24. September 1997 aaO 15). Das ist hier der Fall. Im Vertrag ist klargestellt, daß der Mieter die Verpflichtung seiner Vermieter gegenüber deren Vermieter als eigene übernimmt. Diese Formulierung ist eindeutig. Hahne Gerber Wagenitz Fuchs Vézina
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin macht rückständige und künftige Miete aus einem gewerblichen Mietverhältnis geltend. Die Beklagte unterzeichnete am 11. September 1996 als Mieterin den ihr von der L. Grundbesitzverwertung GmbH (im folgenden: L. ) als Vermieterin zugeleiteten Mietvertrag über gewerbliche Mieträume im Gewerbeobjekt M. Straße 75 in C. . Nach Gegenzeichnung am 15. November1996 sandte die L. den Mietvertrag an die Beklagten zurück. Der Mietvertrag enthält u.a. folgende Regelungen: "§ 1 - Mieträume... 5. Dieser Mietvertrag wird unter der auflösenden Bedingung geschlossen , daß der erste Mietzins vor Übergabe der Mietsache vom Mieter an den Vermieter geleistet worden ist. § 2 - Mietzeit und Kündigung 1. Das Mietverhältnis beginnt bei Bezugsfertigkeit/Übergabe und ist fest auf zehn Jahre abgeschlossen. Die Übergabe erfolgt voraussichtlich bis Juni 97 und wird zwei Monate vorher angekündigt. ... § 21 - weitere Vereinbarungen... 6. Die Wertsicherungsklausel gemäß Anlage 2 ist Bestandteil des Vertrages. ..." Am 13. Dezember 1996 unterzeichnete die Beklagte folgende Wertsicherungsklausel : "Wertsicherungsklausel Für die ab Übergabe zu zahlende Miete gilt folgende Mietgleitklausel als vereinbart: Sollte sich der vom Statistischen Bundesamt ermittelte Lebenshaltungskostenindex für einen 4-Personen-Haushalt von Arbeitern und Angestellten mit mittlerem Einkommen in der Bundesrepublik Deutschland gegenüber dem Stand zum Mietbeginn oder der
letzten Mietangleichung (Basis 1985 = 100 Punkte) um 7 % oder mehr nach oben oder nach unten verändern, so ändert sich der Mietzins um 70 % der jeweiligen Indexänderung entsprechend. ..." Die Klägerin erwarb durch notariellen Vertrag vom 21. November 1996 das Grundstück und wurde am 8. Januar 1998 als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen. Die Mietsache wurde am 10. oder 17. Juni 1997 an die Beklagte übergeben. Am 11. Juli 1997 zahlte die Beklagte erstmals die vereinbarte Miete. Mit Schreiben vom 17. und 21. September 1999 kündigte die Beklagte den Mietvertrag zum 31. März 2000. In einem Vorprozeß, in dem die Klägerin die Feststellung des Fortbestehens des Mietverhältnisses begehrt hatte, hatte die Beklagte das Zustandekommen eines Mietverhältnisses bestritten, den Eintritt einer auflösenden Bedingung geltend gemacht und sich darauf berufen, daß jedenfalls die ordentliche Kündigung zum 31. März 2000 wirksam sei, weil die Schriftform des § 566 BGB a.F. nicht eingehalten sei und der Vertrag deshalb als auf unbestimmte Zeit abgeschlossen gelte. Das Landgericht war mit Urteil vom 22. März 2000 (2 O 5168/99 LG Chemnitz) vom Zustandekommen des Mietvertrages ausgegangen , hatte den Eintritt einer auflösenden Bedingung verneint und festgestellt , daß das Mietverhältnis ungeachtet der Kündigungserklärungen der Beklagten bis 17. Juni 2007 fortbestehe. Die Berufung war ohne Erfolg geblieben. Das Oberlandesgericht hatte ausgeführt, die Schriftform sei eingehalten. Deshalb sei der Mietvertrag durch die Kündigungen der Beklagten vom 17. und 21. September 1999 nicht beendet worden. Mit Beschluß vom 27. August 2003 hat der Senat die Annahme der Revision abgelehnt.
Im vorliegenden Verfahren hat das Landgericht im Urkundenprozeß mit Vorbehaltsurteil vom 9. November 2000 die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 12.064 DM (Monatsmieten für die Monate April bis Juli 2000) nebst Zinsen zu zahlen. Ferner wurde die Beklagte verurteilt, beginnend ab 3. August 2000 bis einschließlich Mai 2007 monatlich, spätestens bis zum 3. Werktag des jeweiligen Monats, 3.016 DM an die Klägerin zu zahlen. Mit Schlußurteil vom 22. Februar 2001 hat das Landgericht das Vorbehaltsurteil für vorbehaltlos erklärt. Auf die Berufung der Beklagten gegen das Schlußurteil hat das Oberlandesgericht das Vorbehaltsurteil sowie das Schlußurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision.
Entscheidungsgründe:
Die Revision der Klägerin führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückweisung der Berufung. 1. Das Oberlandesgericht hat ausgeführt, doppelte Rechtshängigkeit liege nicht vor. Es handele sich um verschiedene Streitgegenstände. Die Feststellungsklage betreffe nur eine Vorfrage der Leistungsklage. Entgegen der im Vorprozeß vertretenen Auffassung sei davon auszugehen, daß die gesetzliche Schriftform nicht eingehalten sei und das Mietverhältnis auf die Kündigung der Beklagten zum 31. März 2000 geendet habe. Zwar werde an der Auffassung im Vorprozeß festgehalten, daß es nicht schon deshalb an der Schriftform mangele , weil Beginn und Ende des Mietverhältnisses nicht datumsmäßig erfaßt seien, sondern als Beginn in § 2 Nr. 1 lediglich die "Bezugsfertigkeit/Übergabe"angegeben sei, die für voraussichtlich bis Juni 97 "ins Auge gefaßt" sei. Weiter halte der Senat daran fest, daß der Mietvertrag nicht dadurch aufgelöst worden sei, daß der Beklagte nicht vor Übergabe der Räumlichkeiten den ersten Mietzins bezahlt habe. Die Regelung in § 1 Ziff. 5 sei nicht als Bedingung anzusehen , sondern enthalte lediglich ein den Anspruch der Beklagten auf Überlassung der Mieträume beschränkendes Zurückbehaltungsrecht des Vermieters. Die Schriftform sei aber deshalb nicht eingehalten, da nicht sämtliche wesentlichen Vereinbarungen in der von beiden Parteien unterzeichneten Urkunde enthalten seien. Nach § 21 Nr. 6 des Mietvertrages habe die Wertsicherungsklausel gemäß Anlage 2 Bestandteil des Vertrages sein sollen. Eine derartige Anlage sei aber bei Abschluß des Vertrages nicht vorhanden gewesen, nicht unterzeichnet und dem Vertrag auch nicht hinzugefügt worden. Damit sei hinsichtlich der Anpassung des vereinbarten Mietzinses, somit hinsichtlich eines wesentlichen Bestandteiles des Mietvertrages, die Schriftform nicht eingehalten. Die Vereinbarung einer Wertsicherungsklausel sei auch nicht unwesentlich. Werde - wie vorliegend - bei Abschluß des Vertrages die Anpassung des Mietzinses vereinbart, so könne dies erhebliche wirtschaftliche Auswirkungen für beide Vertragsparteien haben. 2. Die Entscheidung des Berufungsgerichts hält im Ergebnis einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
a) Ohne Erfolg macht die Revision allerdings geltend, in der Berufungsinstanz sei der Rechtsstreit nicht von den gesetzlichen Richtern entschieden worden. Zur Begründung einer Verfahrensrüge nach § 547 Nr. 1 ZPO ist die Angabe der Einzeltatsachen nötig, aus denen sich der Fehler, im vorliegenden Fall das angebliche Fehlen eines ordnungsgemäßen Geschäftsverteilungsplanes im Sinne des § 21g GVG bzw. die Entscheidung durch eine nach dem Geschäftsverteilungsplan nicht zuständige Spruchgruppe, ergibt. Wenn es sich um
gerichtsinterne Vorgänge handelt, muß die Revision zumindest darlegen, daß sie zweckentsprechende Aufklärung gesucht hat; die Rüge darf nicht auf bloßen Verdacht hin erhoben werden (BGH, Urteil vom 20. Juni 1991 - VII ZR 11/91 - NJW 1992, 512). Diesen Voraussetzungen genügt der Vortrag der Revision nicht.
b) Zutreffend ist das Oberlandesgericht auch davon ausgegangen, daß dem neuen Verfahren der Einwand der anderweitigen Rechtshängigkeit nicht entgegensteht. Doppelte Rechtshängigkeit setzt voraus, daß aus demselben konkreten Lebenssachverhalt dieselbe Rechtsfolge abgeleitet, d.h. der nämliche Antrag gestellt wird (BGHZ 7, 271). Das ist hier nicht der Fall. Im Vorprozeß war Streitgegenstand die Feststellung, daß das Mietverhältnis ungeachtet der Kündigungserklärungen der Beklagten bis 17. Juni 2007 fortbesteht. Im vorliegenden Rechtsstreit macht die Vermieterin demgegenüber den Mietzins geltend. Im Vorprozeß war daher nur über die Frage zu entscheiden, ob das Mietverhältnis durch die Kündigung aufgelöst worden ist. Über diese kann das Gericht (des Zweitprozesses) solange frei entscheiden, als über sie nicht (im Erstprozeß ) rechtskräftig entschieden ist (BGH, Urteil vom 22. Januar 1964 - V ZR 37/62 - NJW 1964, 1316, 1318).
c) Der angefochtenen Entscheidung des Berufungsgerichts steht aber nunmehr die inzwischen eingetretene Rechtskraft des Urteils im Vorprozeß entgegen. Mit Beschluß vom 27. August 2003 hat der erkennende Senat die Annahme der Revision im Vorprozeß abgelehnt. Damit ist das Urteil des Oberlandesgerichts Dresden vom 31. August 2000 rechtskräftig geworden (vgl. BGH, Urteil vom 24. Juni 1980 - KZR 12/79 - NJW 1981, 55). Es steht fest, daß das zwischen den Parteien mit Vertrag vom 15. November 1996 begründete Mietverhältnis ungeachtet der Kündigungserklärungen der Beklagten bis 17. Juni 2007 fortbesteht. Damit kann der Beklagte nicht mehr mit Erfolg geltend ma-
chen, die ordentliche Kündigung vom 17. September 1999 habe das Mietverhältnis beendet, weil für die Anpassung des vereinbarten Mietzinses die Schriftform des § 566 BGB a.F. nicht eingehalten sei. Über die Frage, ob die ordentliche Kündigung vom 17. September 1999 das Mietverhältnis mangels Einhaltung der Schriftform beendet hat, hat das Oberlandesgericht bereits im Vorprozeß entschieden. Zwar hatte der Beklagte dort den Formmangel nicht mit der fehlenden Schriftform für die Anpassungsklausel begründet, sondern aus anderen Umständen hergeleitet. Gleichwohl kann der Beklagte diesen im Vorprozeß nicht erhobenen Einwand im jetzigen Verfahren nach Eintritt der Rechtskraft nicht mehr geltend machen. Das gebietet die der Rechtskraft innewohnende Präklusionswirkung (BGHZ 123, 137 ff.; Zöller/Vollkommer ZPO 23. Aufl. vor § 322 Rdn. 70). Sie bedeutet, daß die Parteien mit allem tatsächlichen Vorbringen ausgeschlossen sind, das im Widerspruch zu den Feststellungen des Urteils im Vorprozeß steht. Tatsachen, die im maßgebenden Zeitpunkt des Vorprozesses schon vorhanden waren, aber nicht vorgetragen wurden, sind mit dem Ziel, das "kontradiktorische Gegenteil" der früher festgestellten oder abgelehnten Rechtsfolge auszusprechen, insoweit ausgeschlossen, als sie bei natürlicher Anschauung zu dem im Vorprozeß vorgetragenen Lebensvorgang gehören (BGH aaO 141; Zöller/Vollkommer aaO). Das ist hier der Fall. Der Beklagte hatte im Vorprozeß die Nichteinhaltung der Schriftform geltend gemacht und daraus das Recht zur ordentlichen Kündigung hergeleitet. Damit hatte das Gericht darüber zu entscheiden, ob die ordentliche Kündigung vom 17. September 1999 das Mietverhältnis beendet hatte. Es wäre Sache der Beklagten gewesen, alle für die Beendigung des Mietverhältnisses, nämlich für die Verletzung der Schriftform maßgebenden Tatsachen, vorzubringen. Soweit sie das nicht getan hat, ist sie durch die rechtskräftige Entscheidung, die Schriftform sei eingehalten und die ordentliche Kündigung daher unwirksam, mit dem betreffenden Vortrag ausgeschlossen.
3. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, da der Rechtsstreit zur Endentscheidung reif ist. Die Beklagte schuldet die mit der Klage geltend gemachten Mieten für die Monate April bis Juli 2000 in Höhe von 12.064 DM nebst Zinsen. Da der Mietvertrag wirksam ist und bis zum 17. Juni 2007 fortbesteht , hat sie - wie von der Klägerin beantragt - bis einschließlich Mai 2007 monatlich jeweils bis spätestens zum dritten Werktag die vereinbarte Miete von 3.016 DM zu bezahlen. Hahne Sprick Weber-Monecke Fuchs Vézina
Wird der Mietvertrag für längere Zeit als ein Jahr nicht in schriftlicher Form geschlossen, so gilt er für unbestimmte Zeit. Die Kündigung ist jedoch frühestens zum Ablauf eines Jahres nach Überlassung des Wohnraums zulässig.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.