Oberlandesgericht München Endurteil, 15. Juli 2015 - 27 U 4691/15

bei uns veröffentlicht am15.07.2015

Tenor

I.

Auf die Berufung der Beklagten wird das Teil-Endurteil des Landgerichts Augsburg vom 17.11.2014 aufgehoben.

II.

Die Klage wird abgewiesen hinsichtlich des Antrags auf Verpflichtung der Beklagten, jede Beeinträchtigung des klägerischen Anwesens W. Weg 6, ... A., die infolge der Ableitung von Oberflächenwasser über der angrenzenden Tiefgarage vom Anwesen der Beklagten ausgeht, unverzüglich zu beseitigen und zukünftig zu unterlassen.

III.

Die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten der Streithelferin trägt die Klägerin.

Die Entscheidung über die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

IV.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet.

V.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I. Die Parteien sind Eigentümer benachbarter Grundstücke. Neben einem Schadensersatzanspruch wegen Aufwendungen der Klägerin, die nach ihrer Behauptung durch Ableitung von Oberflächenwasser der Tiefgarage der Beklagten entstanden sein sollen, hat die Klägerin einen Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch bezüglich Beeinträchtigungen infolge von Ableitung von Oberflächenwasser geltend gemacht.

Die Klägerin erwarb ihr Anwesen im Juni 2003 (Anl. K 2). Das darauf befindliche Bauwerk stammt aus dem Jahre 1870 und hatte nach Vortrag der Klägerin keine umlaufende Kanalisation, sondern soll lediglich vom Osten her an die Kanalisation angeschlossen gewesen sein. In den folgenden Jahren sanierte die Klägerin das Anwesen umfangreich (B1: „Die Baufibel“, Redaktion Offiziershaus). Für die starke Feuchtigkeit im Mauerwerk sieht die Klägerin eine Verursachung durch die Beklagte infolge der Ableitung von Oberflächenwasser. Für das klägerische Grundstück besteht eine Grunddienstbarkeit auf dem Anwesen der Beklagten mit dem Inhalt, dass eine Teilfläche des Beklagtengrundstücks als Hof- und Gartenfläche (insbesondere als Abstellflächen, Wäscheaufhängeplatz) von dem klägerischen Grundstück zu nutzen ist (sh. K 1, S.18). In diesem Bereich hat die Klägerin u. a. einen Pool, eine Saunahütte und einen Ruheraum errichtet. Auch befinden sich die von der Klägerin errichteten Balkonfundamentsäulen bereits teilweise auf dem Grundstück der Beklagten.

Zur Verdeutlichung wird auf die Pläne im Gutachten des Sachverständigen Prof. Dipl.-Ing. S. vom 06.03.2014, S. 7, 8 (Bl. 352 f. d. A.) verwiesen. Auf dem auf S. 8 befindlichen Plan ist die Außenwand der Tiefgarage mit gelber Farbe eingezeichnet.

Im Übrigen wird auf den Tatbestand im angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Hinsichtlich des Beseitigungs- und Unterlassungsanspruchs der Klägerin erging am 17.11.2014 ein Teil-Endurteil des Landgerichts Augsburg zugunsten der Klägerin:

Die Beklagte wurde verurteilt, den Zustand, dass Oberflächenwasser vom Dach der an das klägerische Anwesen angrenzenden Tiefgarage des Anwesens der Beklagten auf das klägerische Anwesen abfließt und dieses dadurch beeinträchtigt, zu beseitigen und zukünftige Beeinträchtigungen des klägerischen Anwesens infolge der Ableitung von Oberflächenwasser vom angrenzenden Tiefgaragendach zu unterlassen. Für den Fall der Zuwiderhandlung wurden Ordnungsmaßnahmen angedroht.

Das Landgericht sieht den Anspruch aus § 1004 Abs. 1 BGB für begründet an, da durch die beiden Gutachter Se. und S. nachgewiesen sei, dass aufgrund des Zustands des Tiefgaragendachs der Beklagten Wasser auf das Grundstück der Klägerin fließe und dadurch das Grundstück der Klägerin beeinträchtigt werde. Nicht erforderlich sei, dass eine Verursachung von Wasserschäden nachgewiesen wäre. Aufgrund der Angaben des Zeugen R. und der von ihm gefertigten Fotografien im Jahre 2006 (Anlage K 29) stehe fest, dass zumindest aufgrund von zwei Aufbrüchen in der Randaufkantung der Tiefgarage an der Grundstücksgrenze zum klägerischen Grundstück Wasser vom Tiefgaragendach in Richtung der Klägerin abfließe. Eine weitere Aufgrabung sei zum Nachweis nicht erforderlich. Die Beklagte sei als Zustandsstörer zur Beseitigung der Besitz- und Eigentumsstörung verpflichtet.

Die Beklagte bringt in der Berufung vor, dass der Tenor des landgerichtlichen Urteils zu unbestimmt und damit nicht vollstreckbar sei. Auch sei die Sache nicht entscheidungsreif, da die Verursachung für eine Beeinträchtigung noch fraglich sei. Die Beweiswürdigung sei unakzeptabel. Die Angaben des Zeugen F. seien nicht beachtet worden, nämlich dass im südlichen Teil der Tiefgarage, an der 36 m langen Seite, keine Aufkantung ausgeführt worden sei. In der Zusammenschau mit den Ausführungen des Gutachters S. ergebe sich dann, dass bei intakter Aufkantung im östlichen Teil (Grundstücksseite zur Klägerin hin) eine Entwässerung des Tiefgaragendaches nicht zur Klägerin hin erfolgen wird. Die Bevorzugung der Aussage des Zeugen R. sei rechtsfehlerhaft. Im Übrigen sei von dem Landgericht nicht berücksichtigt worden, dass das Verhalten des Zeugen R. und der Klägerin völlig unerklärlich sei. Wenn die Klägerin zur Untersuchung der Schäden an ihrem Haus habe aufbaggern lassen und dann die aufgeschlagenen Löcher an der östlichen Aufkantung vorgefunden hätte, hätte dieser Schaden dem Verwalter der Beklagten angezeigt werden können und ohne großen Aufwand eine Aufbesserung vorgenommen werden können. Auch wird zum fragwürdigen Verhalten der Klägerin Schriftverkehr B13, B14 vorgelegt. Die Beklagte geht davon aus, dass die Klägerin aufgrund ihres sonderbaren Verhaltens jegliches Rechtsschutzinteresse für einen Beseitigungs- und Unterlassungsantrag verloren hat.

Das Landgericht habe sich nicht mit der Frage auseinandergesetzt, ob die Klägerin die Beschädigung an der östlichen Tiefgaragenaufkantung nicht selbst anlässlich der Arbeiten mit schwerem Gerät verursacht habe. Die Beklagte habe nachträglich keinerlei Baumaßnahmen im Bereich der Tiefgaragenaufkantung durchgeführt.

Die Beklagte und ihre Streithelferin beantragen:

1. Das Teil-Endurteil des Landgerichts Augsburg, Az.: 10 O 5174/09, vom 07.11.2014 wird aufgehoben.

2. Die Klage wird gemäß Antrag aus dem Schriftsatz vom 14.05.2014 der Klägerin (Ziff. 4. des Urteils) abgewiesen,

hilfsweise zur erneuten Verhandlung an das Landgericht Augsburg zurückverwiesen.

Mit „Ziff. 4. des Urteils“ meint die Beklagte den Antrag unter 4. im Schriftsatz der Klägerin vom 14.05.2014 (Bl. 402 d. A.).

Die Klägerin beantragt:

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Klägerin verteidigt das Ersturteil. Sie verweist darauf, dass die Fehlstellen in der östlichen Aufkantung nur eine Ursache für die Wasserableitung seien. Weitere Ursachen für die Ableitung des Oberflächenwassers seien ein fehlendes Gefälle und die nicht vorhandenen Gully. Die geringe Überdeckung mit Humus und eine unsinnige Drainage mögen ebenfalls Einfluss haben. Jedenfalls lägen alle Ursachen ausschließlich in der Sphäre der Beklagten. Die Klägerin habe mit den Fehlstellen in der östlichen Aufkantung nichts zu tun. Sie habe diese festgestellt, als sie in dem streitgegenständlichen Bereich Aufgrabungen veranlasst hatte. Wer die Fehlstellen angebracht habe, sei unerheblich, weil es sich um den Zustand des Bauwerks der Beklagten handle, für den die Beklagte einzustehen habe. Die Klägerin habe bei Kenntnis der Fehlstellen sofort Meldung an die Beklagte gemacht und um Abhilfe gebeten.

Hinsichtlich des weiteren Parteivortrags in der Berufungsinstanz wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Der Senat hat im Termin vom 15.07.2015 den Verwalter der Beklagten als Partei angehört.

Hinsichtlich des Inhalts der Anhörung wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 15.07.2015 (Bl. 489/492 d. A.) Bezug genommen.

II. Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache Erfolg.

Der Antrag der Klägerin auf unverzügliche Beseitigung und zukünftige Unterlassung jeder Beeinträchtigung des klägerischen Anwesens infolge der Ableitung von Oberflächenwasser über der angrenzenden Tiefgarage einschließlich Androhung von Ordnungsmitteln für jeden Fall der Zuwiderhandlung war abzuweisen. Es besteht kein durchsetzbarer Anspruch aus § 1004 BGB.

1. Für die Oberflächenwasserableitung in Richtung des klägerischen Grundstücks kommen aufgrund der Gesamtschau der Sachverständigengutachten und der Zeugenangaben keine weiteren Ursachen als die Fehlstellen in der östlichen Aufkantung des Tiefgaragendachs in Betracht.

a. Der Sachverständige S., der auch die Kernaussagen des Sachverständigen Se. in sein Gutachten eingearbeitet hat, kam zu dem klaren Ergebnis, dass nicht eine Gefällesituation für die Wasserzuleitung verantwortlich sein kann. Die Tiefgarage wurde entgegen der Mutmaßung der Klägerin eben und nicht zu hoch errichtet. Die Ausführung entspricht der genehmigten Planung, auch hinsichtlich der ausreichenden Erdreichüberdeckung (siehe insb. Gutachten vom 06.03.2014, S. 31-33).

b. Das Entwässerungskonzept bezüglich des Tiefgaragendaches ist nicht fehlerhaft. Fehlerhaft wäre es nach plausibler Darlegung des Sachverständigen S., wenn umlaufend des Tiefgaragendaches Aufkantungen errichtet worden wären und dadurch eine Wanne - ohne kontrollierten Ablauf mit Gully - entstanden wäre. Wäre die Wanne dann „vollgelaufen“, käme ein ungezielter Abfluss auch in Richtung der Klägerin aufgrund dieses „Wannenkonzepts“ in Betracht.

Ein Bauen nach Plan bezüglich der Aufkantung (Zeuge Sc., Bauordnungsamt: Aufkantung an 3 Seiten, jedoch nicht zur Seite der Klägerin) ist widerlegt. Durch den Zeugen F. (damaliger Bauleiter für die Wohnanlage, Miteigentümer bei der Beklagten) ist belegt, dass entgegen den Plänen gerade an der 36 m langen Südkante keine Aufkantung gebaut wurde und an der 10 m langen Ostseite (= Seite zur Klägerin) eine Aufkantung erstellt wurde. Gestützt werden diese Angaben bezüglich der östlichen Aufkantung durch Fotos aus dem Jahr 2006 (B 6 und K 29). Auch der Zeuge R. (Bauleiter der Klägerin) bestätigt eine Aufkantung in Richtung des klägerischen Grundstücks.

Der Sachverständige S. führte überzeugend aus, dass dann, wenn nur die 6 cm hohe Aufkantung auf Seiten der Klägerin vorhanden ist, ein Wasserabfluss nach Süden erfolgen wird und damit das Oberflächenwasser nicht zum klägerischen Grundstück fließt.

Daran anschließend hat auch das Landgericht als einzigen Ansatzpunkt für die Ableitung von Oberflächenwasser in Richtung des klägerischen Grundstücks die Aufbruchstellen in der Aufkantung auf der Ostseite gesehen.

2. Die Voraussetzungen eines Anspruchs aus § 1004 BGB sind zunächst aufgrund des von dem Sachverständigen S. (Gutachten06.03.2014, Bl. 346/381 d. A.; 06.10.2014, Bl. 433/437 d. A.) nachvollziehbar und schlüssig dargestellten Abflusses von Oberflächenwasser vom Tiefgaragendach in Richtung des klägerischen Grundstücks zu bejahen.

In der östlichen (10 m langen) Aufkantung am Tiefgaragendach befinden sich 3 Aufbruchstellen. Durch diese erfolgt ein Ableiten des im Bereich des Tiefgaragendachs auftreffenden Niederschlagwassers, wodurch das klägerische Anwesen beeinträchtigt wird. Der Grundwasserspiegel liegt zwar zumindest (ein Eintauchen der Fundamente in das Grundwasser konnte sachverständigenseits bisher nicht ausgeschlossen werden) knapp unterhalb der Unterkante der Bodenplatte des Klägergebäudes, jedoch wird unabhängig davon die temporäre, zusätzliche Druckwasserbelastung an den Kellerwänden des Anwesens der Klägerin durch das vom Tiefgaragendeck abfließende Wasser wesentlich verschärft wird (siehe Gutachten 06.03.2014, S. 34/35).

Die Aufbruchstellen hat der Sachverständige aufgrund der Fotografien K 29 seinem Gutachten zugrunde gelegt. Diese Fotografien sind - entgegen dem Vortrag der Beklagten -ordnungsgemäß dem Verfahren beigegeben worden (vgl. Protokoll 19.03.2012, S. 12; Bl. 210 d. A.); die Beklagte hätte jederzeit Akteneinsicht nehmen können.

Die Klägerin hat somit den Beweis geführt, dass das Tiefgaragendach zur Zeit zumindest teilweise auf ihr Grundstück entwässert.

Der Anspruch aus § 1004 BGB ist verschuldensunabhängig.

3. Dem Anspruch aus § 1004 BGB steht vorliegend § 242 BGB entgegen. Die Klägerin kann sich nach dem Grundsatz des venire contra factum proprium nicht auf die Ableitung von Oberflächenwasser mittels der Fehlstellen in der östlichen Tiefgaragenaufkantung berufen.

Es gibt keinen Nachweis dafür, dass die Beklagte die Fehlstellen in die Aufkantung einschlug. Vielmehr liegen mehrere Indizien vor, die insbesondere in der Gesamtschau dazu führen, dass die Klägerin selbst bzw. die für sie tätigen Bauarbeiter die Aufbrüche in der östlichen Aufkantung verursachten. Die Gesamtschau der Indizien führt für den Senat dazu, dass er die Verursachung der Aufbrüche seitens der Klägerin als sicher annimmt.

a. Es ist bereits unwahrscheinlich, dass derjenige, der bewusst eine Aufkantung zum Nachbargrundstück herstellt, diese sogleich bei Herstellung des Baus wieder in der Wirkung zerstören würde. Dementsprechend hat sich der Sachverständige S. bei der mündlichen Anhörung vom 06.10.2014 (Bl. 434 d. A.) geäußert. Er kann -selbstverständlich - nicht aus den vorgelegten Fotografien entnehmen, wer die Beschädigung zu verantworten hat, kommt jedoch zu dem Ergebnis, dass für einen nachträglichen Aufbruch der Randaufkantung auch die Tatsache spricht, dass entlang der Außenwand eine Drainageleitung eingebaut wurde (siehe hierzu d).

b. Der Zeuge F. hat bekundet, dass die Aufkantung 1984 ohne „Löcher“ hergestellt wurde. Der Zeuge F. ist als damaliger Bauleiter sachkundig und konnte darlegen, dass er insbesondere die 10 m lange Aufkantungsseite in Richtung der Klägerin damals betrachtet hatte. Anhaltspunkte dafür, dass dieser Zeuge wahrheitswidrige Angaben machen würde, sind nicht gegeben.

c. Eine Entstehung der 3 Beschädigungen in der Aufkantung als Verwitterungserscheinung scheidet aus. Bereits aus den Fotografien K 29 ergibt sich, dass die Beschädigungen auf starken mechanischen Einwirkungen beruhen. Auch der Zeuge der Klageseite, R., gab an, dass die Beschädigungen nicht durch Verwitterung entstanden seien, sondern dass an dieser Stelle aufgeschlagen worden sei. Soweit der Zeuge zum Ausdruck brachte, dass die Beschädigungen von Seiten der Beklagten verursacht worden seien, kann dem aufgrund der unter a), b) und d) bis f) geschilderten Indizien in der Gesamtschau der Beweiswürdigung nicht gefolgt werden.

d. Aus der Parteianhörung des Verwalters E. im Termin vom 15.07.2015 ergibt sich zur Überzeugung des Senats, dass die Beklagte nach Fertigstellung der Tiefgarage niemals Maßnahmen unternommen hat, die zu einer Freilegung der Tiefgaragendecke geführt hätten und dabei eine Beschädigung der Aufkantung - absichtlich oder unabsichtlich -hätte erfolgen können. Der Verwalter E. ist zwar erst seit gut 10 Jahren Verwalter der Beklagten, jedoch konnte er aufgrund der ihm vorliegenden Protokolle der davor liegenden Wohnungseigentümerversammlungen bekunden, dass auch in der Zeit vor Übernahme der Verwaltung durch ihn keine entsprechenden Baumaßnahmen stattgefunden haben. Die Darlegungen des Verwalters E. waren für den Senat uneingeschränkt glaubhaft, es ergaben sich weder aus Aussageverhalten noch Aussageinhalt Zweifel.

Hinzu kommt, dass ab Kauf des Grundstücks durch die Klägerin die Beklagte, um Baumaßnahmen an der Tiefgaragenaufkantung vornehmen zu können, den im dinglichen Nutzungsbereich der Klägerin stehenden Bereich hätte in Anspruch nehmen müssen. Die Klägerin berichtet auch keineswegs nachträgliche Baumaßnahmen an der Tiefgarage durch die Beklagte, die im Gartenbereich der Klägerin aufgrund der örtlichen

Verhältnisse hätten stattfinden müssen.

e. Die Klägerin hingegen führte in dem streitgegenständlichen Bereich umfangreiche Baumaßnahmen durch, wobei auch schweres Gerät zum Einsatz kam.

So hat die Klägerin u. a. bei dem Setzen der Balkonfundamente in den Erdboden eindringen müssen. Die räumliche Nähe der Fundamentsetzungen zu der Außenwand der Tiefgarage ist aus der Abbildung auf S. 8 und dem Foto auf S. 17 des Sachverständigengutachtens S. vom 06.03.2014 zu entnehmen. Weiter denkbar als Gelegenheit zur Beschädigung der Tiefgaragenaufkantung ist das Aufbaggern seitens der Klägerin im Jahr 2006. Der Zeuge R. berichtete, dass wegen Problemen mit Wasser im Keller aufgebaggert wurde. Das Bild 8 auf Seite 17 des Gutachtens vom 06.03.2014 belegt die tiefgreifenden Maßnahmen in den Boden nahe der Tiefgaragenwand und die Enge der räumlichen Verhältnisse: Sichtbar sind die von der Klägerin eingebrachten Balkonstützen mit ihren Fundamenten, die von der Klägerin errichteten Gartenhäuschen und sofort hinter dem von der Klägerin aufgeschütteten (ausgebaggerten) Erdwall liegt der Gartenzaun zu der Freifläche im beklagten Grundstück (siehe auch Bild 3 im Gutachten vom 06.03.2014). Beschädigungen seitens der für die Klägerin tätigen Bauarbeiter können leicht unabsichtlich geschehen sein, wobei allerdings auch eine absichtliche Beschädigung nicht ausgeschlossen ist. Für letzteres spricht das von der Klägerin bzw. ihrem Zeugen R. angegebene Drainagerohr. Dieses hat für die Entwässerung der Tiefgarage nach Darlegung des Sachverständigen S., der sich auf die seitens der Klägerin gefertigten Fotos stützt, keinerlei Funktion. Der Zeuge F. gab an, dass damals bei Errichtung der Tiefgarage kein Schlauch als Entwässerungsmöglichkeit eingebaut wurde. Mit dem Entwässerungskonzept -Entwässerung des Tiefgaragendaches über die 36 m lange Südseite und Schutz des Nachbaranwesens durch eine Aufkantung an der Ostseite - ist eine vorsätzliche Beschädigung durch den Erbauer der Aufkantung auch sinnwidrig. Der Senat geht davon aus, dass die Klägerin anlässlich ihrer Baggerarbeiten aufgrund der Hausfeuchte einen Sinn in der Anbringung einer Drainageleitung sah, weil sie sich hinsichtlich des Wasserabflusses eine günstigere Situation für ihr Anwesen versprach. Allerdings wurde das Drainagerohr unfachmännisch verlegt - es wäre unten auf Höhe des Fundaments des Bestandsgebäudes der Klägerin zu verlegen gewesen (vgl. Sachverständiger S. im Termin 06.10.2014, Bl. 435 d. A.).

f. Auffällig ist das Verhalten der Klagepartei, nachdem sie - laut ihren Angaben - bei dem Ausbaggern die 3 Fehlstellen in der Aufkantung bereits vorgefunden haben will. Das naheliegendste wäre gewesen, entweder die Beklagtenpartei sofort zu verständigen und auf eine Ausbesserung zu dringen oder „stillschweigend“ die Fehlstellen zu zu betonieren. Die Klägerin hat jedoch die Löcher belassen und die Baustelle wieder „verschlossen“. Ein substantiierter Vortrag zur Meldung der Fehlstellen bei dem

f. Ausbaggern im Jahr 2006 fehlt.

Als die Beklagte nach dem Termin vom 06.10.2014 mit Schreiben vom 07.10.2014 (B 13) vorschlug, dass eine sowieso bei der Beklagten wegen Bauarbeiten tätige Firma bei genauer örtlicher Bezeichnung der Beschädigungsstellen (die Beklagte verweist nach wie vor darauf, dass ihr die genaue Örtlichkeit der Beschädigungsstellen an der Aufkantung nicht bekannt sei) eine sofortige Ausbesserung der Aufkantung vornehmen könnte und für die Mitteilung eine Frist bis zum 15.10.2014 setzte, meldete sich der Klägervertreter mit Schreiben vom 15.10.2014 (B 14). Er hielt die Frist für zu kurz gesetzt und wollte das plötzliche und unerwartete Ansinnen mit seiner Mandantin zunächst besprechen. Er befürchtete eine Beweisvernichtung zulasten seiner Mandantin. Eine weitere Reaktion erfolgte nicht.

Daraus muss - unabhängig davon, wer für die Wasserableitung durch die Fehlstellen verantwortlich ist - der Schluss gezogen werden, dass die Klägerin eine weitere Feuchtigkeitseinwirkung auf ihr Haus einer kurzfristig möglichen Schadensminderung vorzog.

4. Die Kostenentscheidung bezüglich des Berufungsverfahrens beruht auf §§ 91, 101 ZPO. Für die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit war § 708 Nr. 10 ZPO maßgeblich. Eine Zulassung der Revision konnte nicht erfolgen, da die Voraussetzungen von § 543 ZPO nicht gegeben sind. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung, für die maßgeblich die Würdigung unter Ziffer II. 3. entscheidend war.

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Referenzen - Gesetze

Oberlandesgericht München Endurteil, 15. Juli 2015 - 27 U 4691/15 zitiert 7 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1004 Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch


(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der

Zivilprozessordnung - ZPO | § 101 Kosten einer Nebenintervention


(1) Die durch eine Nebenintervention verursachten Kosten sind dem Gegner der Hauptpartei aufzuerlegen, soweit er nach den Vorschriften der §§ 91 bis 98 die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat; soweit dies nicht der Fall ist, sind sie dem Nebeninte

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(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Die durch eine Nebenintervention verursachten Kosten sind dem Gegner der Hauptpartei aufzuerlegen, soweit er nach den Vorschriften der §§ 91 bis 98 die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat; soweit dies nicht der Fall ist, sind sie dem Nebenintervenienten aufzuerlegen.

(2) Gilt der Nebenintervenient als Streitgenosse der Hauptpartei (§ 69), so sind die Vorschriften des § 100 maßgebend.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.