Oberlandesgericht München Endurteil, 10. Jan. 2018 - 20 U 518/17

bei uns veröffentlicht am10.01.2018

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Teil-Endurteil des Landgerichts München I vom 13. Januar 2017, Az. 22 O 4394/15, samt dem zugrunde liegenden Verfahren aufgehoben, soweit die Klage gegen den Beklagten zu 3) abgewiesen wurde. Die Aufhebung umfasst auch die Kostenentscheidung, soweit sie den Beklagten zu 3) betrifft.

Der Rechtsstreit wird im Umfang der Aufhebung zur weiteren Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Berufung, an das Landgericht zurückverwiesen.

2. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 30.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger verlangt im Berufungsverfahren von dem Beklagten zu 3) im Wege des Schadensersatzes die Rückabwicklung seiner Fondsbeteiligung.

Der Kläger beteiligte sich am 21. März 2013 mit einer Beteiligungssumme von 30.000 € über die Treuhänderin NVT N. B.- und V. GmbH & Co. KG an dem Fonds NCI N.C. I. USA 19 GmbH & Co. KG.

Der Kläger hat vor dem Landgericht vorgetragen, der Beteiligungsprospekt, anhand dessen er beraten worden seien, sei fehlerhaft. Darüber hinaus hätten die Beklagten zu 1) und zu 3) von Beginn an beabsichtigt, Anleger zum Abschluss der hochriskanten und wirtschaftlich unplausiblen Beteiligungen zu veranlassen und sie über die Risiken bewusst zu täuschen; diese Beklagten hätten ein Schneeballsystem betrieben. Deshalb ergebe sich eine Haftung der Beklagten wegen fehlerhafter Beratung und der Beklagten zu 1) und 3) auch aus Delikt. Bei korrekter Information hätte sich der Kläger nicht an der streitgegenständlichen Fondsgesellschaft beteiligt.

Der Beklagte zu 3) hat die Darstellung der Kläger in Abrede gestellt.

Auf die tatsächlichen Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils und die dort gestellten Anträge wird ergänzend Bezug genommen.

Mit Teilendurteil vom 13. Januar 2017 hat das Landgericht die Klage gegen den Beklagten zu 3) abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass eine Prospektverantwortlichkeit des Beklagten zu 3) oder seine Inanspruchnahme persönlichen Vertrauens nicht ersichtlich sei. Er gehöre nicht zur Leitungsgruppe der Fondsgesellschaft und sei auch nicht deren Mitbestimmer. Ein unmittelbares wirtschaftliches Eigeninteresse des Beklagten zu 3) liege nicht vor. Zu dem behaupteten deliktischen Handeln des Beklagten zu 3) sei der klägerische Vortrag nicht unsubstantiiert. Soweit Zeugenbeweis angeboten sei, handele es sich um unbeachtliche Beweisermittlungsanträge, die allein der Ausforschung dienten. Ihnen sei nicht nachzugehen gewesen.

Bereits am 03.11.2015 und am 14.09.2016 waren gegen die Beklagten zu 2) – Gründungsgesellschafterin und Prospektherausgeberin – und gegen den Beklagten zu 1) (Teil-)Versäumnisurteile ergangen. Das Verfahren gegen die Beklagten zu 4) ist nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 26.07.2016 unterbrochen.

Mit seiner Berufung erstrebt der Kläger die Aufhebung des in Richtung des Beklagten zu 3) ergangenen klageabweisenden Urteils. Er wiederholt seine zuletzt in erster Instanz in Richtung auf den Beklagten zu 3) gestellten Anträge, hilfsweise beantragt er die Zurückverweisung an die erste Instanz und weiter hilfsweise, das Verfahren gemäß § 149 Abs. 1 ZPO im Hinblick auf ein gegen den Beklagten zu 3) geführtes Ermittlungsverfahren bei der Staatsanwaltschaft München I, Az. 316 Js 211330/13, auszusetzen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze samt Anlagen und die Hinweise des Gerichts wird ergänzend Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung des Klägers ist insoweit begründet, als der Rechtsstreit auf den Hilfsantrag des Klägers zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen ist, weil der Anspruch des Klägers auf Gewährung des rechtlichen Gehörs vom Landgericht in entscheidungserheblicher Weise verletzt worden und infolge dieses Verfahrensfehlers die Durchführung einer umfangreichen Beweisaufnahme unterblieben ist, die nachzuholen sein wird (§ 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).

1. Das Verfahren im ersten Rechtszuge leidet an einem wesentlichen Mangel und aufgrund dieses Mangels ist eine umfangreiche Beweisaufnahme notwendig (§ 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO), ohne welche das Verfahren nicht entscheidungsreif ist.

Der klägerische Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs wurde entscheidungserheblich verletzt:

Das Gebot des rechtlichen Gehörs verpflichtet das erkennende Gericht dazu, entscheidungserheblichen Sachvortrag und Beweisangebote der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und diese bei der Urteilsfindung zu berücksichtigen (BVerfG, NJW 2000, 131; BGH, NJW-RR 2007, 714; BGH, NJW 2008, 3438 BGH, NJW 2008, 1531). Zur Gewährung des rechtlichen Gehörs im Zivilprozess gehört auch, dass die Parteien wissen, was das erkennende Gericht für entscheidungserheblich hält, d.h. eine Verletzung der Hinweispflichten stellt ebenfalls eine Verletzung des Anspruchs auf Gewährung des rechtlichen Gehörs dar (BGH, Beschluss vom 26. Juni 2007, XI ZR 201/06, juris). Eine richterliche Würdigung des Parteivortrages, die auf den wesentlichen Kern des Vorbringens überhaupt nicht eingeht, ist im Hinblick auf die Anforderungen des Art. 103 Abs. 1 GG nicht anders zu behandeln als ein kommentarloses Übergehen des Vortrags (BGH, Beschluss vom 10. Januar 2008, V ZR 81/07, juris). Diesen Anforderungen des Art. 103 Abs. 1 GG ist das Landgericht nicht gerecht geworden.

a) Ob neben der gemäß § 32 Abs. 1 VermAnlG grundsätzlich auf den vorliegenden Sachverhalt anwendbaren Haftung aus § 13 Abs. 1 Nr. 1 VerkProspG iVm § 44 Abs. 1 BörsG a.F. eine Prospekthaftung im engeren Sinne nach bürgerlich-rechtlichen Grundsätzen in Betracht kommt, ist umstritten und noch nicht abschließend entschieden (vgl. MünchKommBGB/ Emmerich, 7. Aufl. 2016, § 311 Rn. 136, 137 mit zahlreichen Nachweisen). Das Landgericht ist von der Anwendbarkeit der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung im engeren Sinne ausgegangen und hat zutreffend die rechtzeitige Hemmung der Verjährung angenommen. Den nach der Rechtsauffassung des Landgerichts entscheidungserheblichen Vortrag des Klägers zur Prospektveranlassung durch den Beklagten und seine Eigenschaft als „Hintermann“ hat das Landgericht jedoch übergangen.

Zwar verkennt das Landgericht die Voraussetzungen der „Hintermannhaftung“ nicht und legt diese zutreffend dar. Soweit es jedoch eine Prospektverantwortlichkeit des Beklagten zu 3) nach diesen Grundsätzen verneint, wird der klägerische Sachvortrag fast vollständig übergangen. Das Landgericht geht noch zutreffend davon aus, dass Anknüpfungspunkt für die Prospekthaftung im engeren Sinne der unmittelbare Einfluss auf die Gesellschaft bei der Initiierung des in Frage stehenden Projekts ist, da vertragliche oder persönliche vorvertragliche Beziehungen zur Anbahnung eines Vertragsverhältnisses zwischen dem Anleger und dem Personenkreis der Initiatoren nicht zustande kommen. Sodann wird aber unter weitestgehender Außerachtlassung des klägerischen Vortrags lediglich festgestellt, dass der Beklagte zu 3) nicht im entferntesten eine der Initiatorengruppe zuordenbare Position innegehabt habe. Darauf, dass der Kläger hierzu bereits in der Klage (Seite 19/20), in der Replik vom 18. Oktober 2016 (Seite 3 ff.) und im Schriftsatz vom 05. Dezember 2016 (Seite 5 ff.) unter sehr zahlreichen Beweisangeboten zur Initiatorenrolle des Beklagten zu 3) ausführlich vorgetragen haben, wird nichts ausgeführt. Eine Begründung für die völlig unterlassene Beweiserhebung fehlt - abgesehen vom Hinweis auf das Zeugnisverweigerungsrecht des Zeugen Rechtsanwalt K. Dieses kommentarlose Übergehen klägerischen Vortrags lässt nur den Rückschluss zu, dass sich das Landgericht hiermit gar nicht befasst hat.

b) Eine Haftung des Beklagten zu 3) aus Prospekthaftung im weiteren Sinne bzw. aus § 311 Abs. 3 BGB hat das Landgericht zutreffend verneint. Mutmaßliche Hintermänner haften in der Regel nicht aus Prospekthaftung im weiteren Sinne, weil sie gerade nicht nach außen in Erscheinung getreten sind und deshalb auch kein persönliches Vertrauen in Anspruch genommen haben können (vgl. BGH, Urteil vom 23. April 2012, II ZR 211/09, juris; BGH, Urteil vom 15. Juli 2010, III ZR 321/08, juris). Ein haftungsrechtlich relevantes unmittelbares eigenes wirtschaftliches Interesse am Abschluss des Geschäfts (BGH, Urteil vom 4. Mai 2004, XI ZR 41/03, juris) hat das Landgericht ebenfalls zutreffend verneint. Im Übrigen ersetzt ein solches Interesse auch nicht ein – hier nicht ersichtliches – für den Anleger erkennbares Auftreten nach außen (BGH, Urteil vom 23. Oktober 1985, VIII ZR 210/84, juris).

c) Hinsichtlich der hier somit in erster Linie möglichen Haftung des Beklagten zu 3) aus unerlaubter Handlung leidet das angefochtene Urteil an mehreren Verfahrensfehlern, auf Grund derer eine umfängliche Beweisaufnahme vor dem Landgericht vermieden wurde.

aa) Aus den Urteilsgründen erschließt sich schon nicht, warum das Landgericht der Klage zwar in Richtung auf den Beklagten zu 1) durch Versäumnisurteil stattgegeben, sie jedoch in Richtung auf den Beklagten zu 3) durch das angefochtene Urteil abgewiesen hat. Warum die Klage nach Auffassung des Landgerichts in Richtung auf den Beklagten zu 1) schlüssig (vgl. z.B. Thomas/Putzo, ZPO, 38. Aufl. 2017, § 331 Rn. 5), in Richtung auf den Beklagten zu 3) aber unschlüssig sein soll, wird nicht begründet.

bb) Nicht vertretbar ist die Auffassung des Landgerichts, das Vorbringen des Klägers zu einer deliktischen Haftung des Beklagten zu 3) sei „unsubstantiiert“ und erschöpfe sich in Behauptungen ins Blaue hinein, weshalb kein Beweis zu erheben sei.

Die Ablehnung eines Beweises kann allenfalls dann geboten sein, wenn eine beweiserhebliche Tatsache zwar in das Gewand einer bestimmt aufgestellten Behauptung gekleidet, aber aufs Geratewohl gemacht, gleichsam „ins Blaue“ aufgestellt, mit anderen Worten aus der Luft gegriffen ist und sich deshalb als Rechtsmissbrauch darstellt. Bei der Annahme von Willkür in diesem Sinne ist Zurückhaltung geboten; in der Regel wird sie nur das Fehlen jeglicher Anhaltspunkte rechtfertigen können (BGH, Urteil vom 23.04.1991 – X ZR 77/89 - NJW 1991, 2707/2709).

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt eine Partei dann ihrer Darlegungslast, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen. Die Angabe von Einzelheiten zu dem Ablauf bestimmter Ereignisse ist grundsätzlich nicht erforderlich, wenn diese für die Rechtsfolgen ohne Bedeutung sind. Dementsprechend ist eine Partei grundsätzlich nicht gehalten, zur Substantiierung einer Klage, die sich auf eine getroffene Einigung stützt, zu den Umständen dieser Vereinbarung, wie Zeit, Ort oder teilnehmende Personen, detailliert vorzutragen. Diese Umstände sind Gegenstand der Beweisaufnahme; diese kann nicht davon abhängig gemacht werden, dass sie von der beweispflichtigen Partei im Einzelnen vorgetragen werden (BGH, Urteil vom 19. Mai 2011, VII ZR 24/08, juris Rn. 14 mwN).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat der Kläger hinreichend substantiiert vorgetragen und hätte eine Beweisaufnahme nicht unterbleiben dürfen.

Der Kläger hat in der Klageschrift vom 12. März 2015, der Replik vom 18. Oktober 2016 und der Triplik vom 05. Dezember 2016 umfangreich, verbunden mit dem Angebot zahlreicher Zeugen, zu der von ihnen behaupteten prospektwidrigen Verwendung des Anlegerkapitals durch den Beklagten zu 3) und dem von vornherein von ihm und dem Beklagten zu 1) beabsichtigten Schneeballsystem vorgetragen. Mit diesem Sachvortrag hat sich das Landgericht nicht auseinandergesetzt. Eine richterliche Würdigung des Parteivortrages, die auf den wesentlichen Kern des Vorbringens überhaupt nicht eingeht, ist im Hinblick auf die Anforderungen von Artikel 103 Abs. 1 GG nicht anders zu behandeln als ein kommentarloses Übergehen des Vortrages (BGH, Urteil vom 10. Januar 2008, V ZR 81/07, juris).

Beispielhaft, aber nicht abschließend, wird zum klägerischen Sachvortrag und seinen Beweisangeboten verwiesen auf die Seiten 11, 33/35, 37 ff, 50/51 und 61 des Schriftsatzes vom 18. Oktober 2016 sowie auf die Seiten 13 ff. der Triplik vom 05. Dezember 2016. Der Senat schließt sich im Übrigen hierzu den Entscheidungen des 19. Senats, 19 U 525/17, und des 13. Senates, 13 U 381/17, des Oberlandesgerichts München an, die in Parallelverfahren zum streitgegenständlichen Fonds ergangen sind und denen entsprechender Vortrag der Klagepartei zugrunde lag.

Die Würdigung des Landgerichts, wonach der klägerische Sachvortrag im Wesentlichen pauschal und unsubstantiiert sei, hat keinen Bestand. Es handelt sich gerade nicht um erkennbar aufs Geratewohl aufgestellte Mutmaßungen, denen jeder tatsächliche Anhaltspunkt fehlen würde. Vielmehr hat der Kläger konkrete Tatsachen schlüssig vorgetragen, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, das geltend gemachte Recht als in der Person des Klägers entstanden erscheinen zu lassen, wobei in diesem Zusammenhang auch die Tatsache, dass seit Jahren ein Ermittlungsverfahren gegen den Beklagten zu 3) betrieben wird, hätte berücksichtigt werden müssen.

Auch soweit der Beklagte meint, der Kläger hätte eingeräumt, keine Erkenntnisse über den dem Beklagten zur Last gelegten Verdacht zu haben, ist anzumerken, dass es einer Partei häufig nicht erspart bleiben wird, im Zivilprozess Tatsachen zu behaupten, über die sie keine genaue Kenntnis haben kann, die sie aber nach Lage der Dinge für wahrscheinlich hält. Unzulässig wird ein solches prozessuales Vorgehen aber erst dort, wo die Partei ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich Behauptungen „aufs Geratewohl“ oder „ins Blaue hinein“ aufstellt, wobei in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannt ist, dass in der Regel nur das Fehlen jeglicher tatsächlicher Anhaltspunkte Willkür rechtfertigen kann (BGH, Urteil vom 20. Juni 2002, IX ZR 177/99, juris Rn. 17). Davon kann hier aber keine Rede sein, wie nicht zuletzt die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen gegen den Beklagten belegen, ohne dass es darauf ankommt, welchen Sachverhalt diese genau betreffen.

cc) Ob die Verkennung der Substantiierungsanforderungen bereits als solches einen Verfahrensfehler darstellt (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 22. Januar 2016, V ZR 196/14, juris), kann hier dahinstehen. Denn jedenfalls liegt ein die Aufhebung und Zurückverweisung rechtfertigender schwerer Verfahrensfehler i.S.v. § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO bereits vor, weil das Landgericht unter Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs den Kern des Vorbringens einer Partei verkannt und deshalb eine entscheidungserhebliche Frage verfehlt hat (BGH, Urteil vom 6. November 2000, II ZR 67/99, ZIP 2001, 28; BGH, Urteil vom 1. Februar 2010, II ZR 209/08, juris).

dd) Außerdem hätte das Landgericht gem. § 139 ZPO frühzeitig auf seine Auffassung, dass es das Vorbringen des Klägers für „pauschal“ bzw. „unsubstantiiert“ hält, hinweisen und diesem Gelegenheit zur Konkretisierung geben müssen. Den hierdurch in die zweite Instanz verlagerten ergänzenden Vortrag der Parteien wird das Landgericht bei seiner erneuten Entscheidung ebenfalls zu berücksichtigen haben. Dazu gehört auch, dass der vormalige Beklagte zu 1) H. nach Rechtskraft des gegen ihn gerichteten Versäumnisurteils nunmehr grundsätzlich Zeuge sein könnte.

2. Eine Erhebung der notwendigen Beweise durch das Berufungsgericht (§ 538 Abs. 1 ZPO) hält der Senat nicht für sachdienlich.

Zwar ist die Zurückverweisungsvorschrift des § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO eine Ausnahmeregelung, die den Grundsatz der Prozessbeschleunigung nur durchbricht, wenn die Aufhebung des angefochtenen Urteils wegen eines wesentlichen Verfahrensfehlers erfolgt und noch eine umfangreiche oder aufwendige Beweisaufnahme notwendig ist. Bei der erforderlichen Abwägung ist auch in Erwägung zu ziehen, dass eine Zurückverweisung der Sache in aller Regel zu einer weiteren Verteuerung und Verzögerung des Rechtsstreits und zu weiteren Nachteilen führt und dies den schützenswerten Interessen der Parteien entgegenstehen kann (vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 16.12.2004 – VII ZR 270/03 – juris Rn. 23).

Vorliegend ist nach derzeitigem Sachstand eine äußerst umfangreiche Beweisaufnahme durchzuführen. Aus Parallelverfahren ist dem Senat bekannt, dass die 28. Zivilkammer des Landgerichts München I allein in einer ersten Beweisaufnahme am 22. November 2016 bereits 6 Zeugen vernommen hat. Auch fehlt bisher, wie oben dargelegt, eine konkrete Aufarbeitung des Sach- und Streitstands durch das Landgericht, die Gegenstand eines Berufungsverfahrens sein könnte. Zudem ist bedingt durch den Verstoß des Landgerichts gegen seine Hinweispflicht gemäß § 139 ZPO eine weitere Ausweitung der erforderlichen Beweisaufnahme infolge ergänzenden klägerischen Vortrags wahrscheinlich. All dies spricht nach Auffassung des Senats entscheidend für die Wahrung des vollen Instanzenzuges und die Hinnahme der damit verbundenen Nachteile. Der Rechtsstreit könnte auch vom Senat nicht kurzfristig zur Entscheidungsreife gebracht werden, sodass der mit der Zurückverweisung verbundene - weitere - Zeitverlust relativ gering erscheint.

3. Für das weitere Verfahren weist der Senat noch auf folgendes hin:

a) Eine sekundäre Darlegungslast des Beklagten hat das Landgericht ausweislich der Urteilsgründe zwar grundsätzlich gesehen, allerdings (noch nicht) für gegeben gehalten. Eine solche sekundäre Darlegungslast, die die Verteilung der Beweislast unberührt lässt, setzt voraus, dass die nähere Darlegung dem Behauptenden nicht möglich oder nicht zumutbar ist, während der Bestreitende alle wesentlichen Tatsachen kennt und es ihm zumutbar ist, nähere Angaben zu machen. Diese Grundsätze kommen insbesondere bei Schadensersatzansprüchen zur Geltung, die aus der Veruntreuung anvertrauter Gelder hergeleitet werden. Dabei spielt es keine Rolle, ob auch ein entsprechender Auskunftsanspruch besteht (BGH, Urteil vom 10. Februar 2015, VI ZR 343/13, juris). Hier kommt bei Berücksichtigung dieser Grundsätze eine sekundäre Darlegungslast des Beklagten zu 3) insbesondere im Zusammenhang mit der Verwendung der Anlegergelder in Betracht. Der Beklagte zu 3) war auch nach eigenem Vortrag für die Investition verantwortlich. Der Kläger hingegen kann nur Rückschlüsse aus Begleittatsachen ziehen.

b) Ergänzend wird auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 12. Februar 2015 (III ZR 141/14, juris Rn. 33) hingewiesen wonach die Führung eines „Pilotverfahrens“ zulässig wäre. Es ist einem Gericht gestattet, aus mehreren gleichgelagerten (Massen-) Verfahren einige als „Musterverfahren“ herauszugreifen, diese zu bearbeiten und währenddessen die übrigen Streitigkeiten nicht zu fördern. Die Entscheidung, ein „Pilotverfahren“ durchzuführen, gehört danach zu den verfahrensgestaltenden Befugnissen eines Gerichts. Auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 148 ZPO kommt es nicht. Der Umstand, dass die Voraussetzungen einer förmlichen Aussetzung des Verfahrens wegen Vorgreiflichkeit nicht gegeben sind, steht der Durchführung eines Musterprozesses nicht entgegen.

Das Landgericht muss daher nicht zwingend alle Verfahren sofort und gleichzeitig betreiben; es könnte ggf. auch zunächst Pilotverfahren durchführen, wobei allerdings dann der Verwertung der Ergebnisse der Beweisaufnahme in den übrigen Verfahren von den Parteien zugestimmt werden müsste. Nicht sachgerecht erscheint dem Senat jedenfalls der vom Landgericht hier abgehaltene „Sammeltermin“ für mehrere unterschiedliche Fonds (vgl. Protokoll Bl. 318 ff. d.A.).

III.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10 ZPO (Zöller/Heßler, ZPO 32. Aufl. § 538 Rn. 59).

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die Zulassung der Revision ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich, da die wesentlichen Rechtsfragen bereits vom Bundesgerichtshof entschieden worden sind.

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Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

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(1) Das Gericht kann, wenn sich im Laufe eines Rechtsstreits der Verdacht einer Straftat ergibt, deren Ermittlung auf die Entscheidung von Einfluss ist, die Aussetzung der Verhandlung bis zur Erledigung des Strafverfahrens anordnen. (2) Das Geric

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(1) Auf Verkaufsprospekte, die vor dem 1. Juni 2012 bei der Bundesanstalt zur Gestattung ihrer Veröffentlichung nach § 8i Absatz 2 Satz 1 des Verkaufsprospektgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. September 1998 (BGBl. I S. 2701), das zule

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(1) Das Gericht kann, wenn sich im Laufe eines Rechtsstreits der Verdacht einer Straftat ergibt, deren Ermittlung auf die Entscheidung von Einfluss ist, die Aussetzung der Verhandlung bis zur Erledigung des Strafverfahrens anordnen.

(2) Das Gericht hat die Verhandlung auf Antrag einer Partei fortzusetzen, wenn seit der Aussetzung ein Jahr vergangen ist. Dies gilt nicht, wenn gewichtige Gründe für die Aufrechterhaltung der Aussetzung sprechen.

(1) Das Berufungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden.

(2) Das Berufungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges nur zurückverweisen,

1.
soweit das Verfahren im ersten Rechtszuge an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist,
2.
wenn durch das angefochtene Urteil ein Einspruch als unzulässig verworfen ist,
3.
wenn durch das angefochtene Urteil nur über die Zulässigkeit der Klage entschieden ist,
4.
wenn im Falle eines nach Grund und Betrag streitigen Anspruchs durch das angefochtene Urteil über den Grund des Anspruchs vorab entschieden oder die Klage abgewiesen ist, es sei denn, dass der Streit über den Betrag des Anspruchs zur Entscheidung reif ist,
5.
wenn das angefochtene Urteil im Urkunden- oder Wechselprozess unter Vorbehalt der Rechte erlassen ist,
6.
wenn das angefochtene Urteil ein Versäumnisurteil ist oder
7.
wenn das angefochtene Urteil ein entgegen den Voraussetzungen des § 301 erlassenes Teilurteil ist
und eine Partei die Zurückverweisung beantragt. Im Fall der Nummer 3 hat das Berufungsgericht sämtliche Rügen zu erledigen. Im Fall der Nummer 7 bedarf es eines Antrags nicht.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZR 201/06
vom
26. Juni 2007
in dem Rechtsstreit
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden
Richter Nobbe und die Richter Dr. Müller, Dr. Ellenberger,
Prof. Dr. Schmitt und Dr. Grüneberg
am 26. Juni 2007

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 11. Mai 2006 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Gegenstandswert: 935.094,55 €

Gründe:


I.


1
Klägerin Die nimmt den Beklagten aus abgetretenem Recht der Raiffeisen-Volksbank M. (im Folgenden: RVB) aus einer Bürgschaft in Anspruch.
2
Die P. GmbH, deren GesellschafterGeschäftsführer der Beklagte ist, und die inzwischen insolvente E. GmbH, deren Gesellschafter-Geschäftsführer der Streithelfer des Beklagten ist, waren Gesellschafter der E. -P. GbR (im Folgenden: Hauptschuldnerin). Die RVB gewährte der Hauptschuldnerin im Mai 1998 für den Erwerb und die Errichtung einer Eigentumswohnungsanlage zunächst einen Vorfinanzierungskredit über 7 Mio. DM, der im weiteren Verlauf zunächst reduziert und sodann am 17. August 2000 wieder auf 5,37 Mio. DM erhöht und bis zum 31. Mai 2001 prolongiert wurde. Zugleich übernahm der Beklagte - wie auch sein Streithelfer - gegenüber der RVB zur Sicherung dieser Kreditzusage und unter formularmäßiger Abbedingung des § 769 BGB eine selbstschuldnerische Bürgschaft über 5,41 Mio. DM.
3
Nachdem die RVB das Darlehen am 29. Mai/11. Juni 2001 erneut um ein Jahr prolongiert hatte, geriet die E. GmbH in eine finanzielle Schieflage, weshalb die RVB im Februar 2002 für eine Liquiditätshilfe die Einbringung weiteren Eigenkapitals und die Stellung weiterer Sicherheiten forderte. Am 20. März 2002 kündigte die RVB gegenüber der Hauptschuldnerin unter Hinweis auf die unterbliebene Nachbesicherung und die Verschlechterung der Vermögensverhältnisse die Geschäftsverbindung mit sofortiger Wirkung. Mit Schreiben vom 3. April 2002 teilte der Beklagte der RVB mit, "das Darlehen/Bürgschaftskonto (werde) in den nächsten zwei bis drei Jahren zu 100% getilgt". Am 8. April 2002 zahlte er auf die Bürgschaft 100.000 €. Wenig später trat die RVB ihre Forderungen gegen die Hauptschuldnerin und die beiden Bürgschaften an die Klägerin ab.
4
In der Folgezeit kam es zwischen der Klägerin und dem Streithelfer des Beklagten zu einem Rechtsstreit über die Wirksamkeit der Kreditkündigung , der am 20. Oktober 2004 durch Abschluss einer sog. Globalvereinbarung beigelegt wurde. An der Globalvereinbarung war außer der Klägerin und dem Streithelfer noch eine dritte Person beteiligt. In die Vereinbarung wurden u.a. die Kreditforderungen der Klägerin gegen den Streithelfer und den Dritten sowie gegen Unternehmen, an denen beide beteiligt waren, einbezogen, außerdem auch Schadensersatzforderungen des Streithelfers und des Dritten gegen die Klägerin. Nach der Globalvereinbarung sollte die Klägerin verschiedene Zahlungen u.a. aus der Verwertung von Sicherheiten erhalten. Ferner enthielt die Vereinbarung folgende Regelungen: "6. Die B. erklärt gegenüber E. nach Vollzug der … Vereinbarungen einen Einforderungsverzicht hinsichtlich der die oben genannten Beträge übersteigenden Kreditforderungen der B. nebst persönlicher von E. gestellter Sicherheiten (persönliche Bürgschaften) gegenüber E. . Hiervon ausgenommen sind von einem Unternehmen der sog. E. - Gruppe bestellten Sicherheiten respektive bestellter Drittsicherheiten. … 9. Mit Erfüllung dieser Globalvereinbarung sind alle gegenwärtigen Ansprüche und Forderungen zwischen den Parteien erledigt und vollständig abgegolten. 10. Die Parteien verpflichten sich, über den Inhalt der Vergleichsgespräche und über den Inhalt dieser Globalvereinbarung stillschweigen zu bewahren."
5
Nach der Abrechnung der Klägerin beträgt die Darlehensverbindlichkeit der Hauptschuldnerin noch 935.094,55 € nebst Zinsen. Insoweit nimmt die Klägerin den Beklagten aus der Bürgschaft in Anspruch.
6
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat dies im Wesentlichen wie folgt begründet: Es könne offen bleiben , ob die Kündigung des Darlehensvertrages und die Abtretung des Rückzahlungsanspruchs an die Klägerin wirksam seien. Vielmehr sei be- reits davon auszugehen, dass die Hauptforderung weitgehend, wenn nicht gar vollständig dadurch erloschen sei, dass der Streithelfer des Beklagten Leistungen an die Klägerin erbracht habe, die zum Erlöschen der Hauptforderung geführt hätten. Zwar sei der Beklagte für die Erfüllung der Hauptschuld an sich beweispflichtig. Er könne jedoch nicht wissen, ob und in welchem Umfang die Klägerin Leistungen aufgrund der Globalvereinbarung erlangt habe. Daher treffe die Klägerin hinsichtlich des Umfangs ihres fortbestehenden Hauptanspruchs eine sekundäre Behauptungslast , der sie nicht genügt habe.

II.


7
Das angefochtene Urteil ist gemäß § 544 Abs. 7 ZPO aufzuheben und der Rechtsstreit zur neuen mündlichen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
8
1. Das angegriffene Urteil verletzt den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG.
9
Art. 103 a) Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, den Vortrag der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen (BVerfGE 60, 247, 249; 65, 293, 295 f.; 70, 288, 293; 83, 24, 35; BVerfG NJW-RR 2001, 1006, 1007). Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG setzt dabei eine gewisse Evidenz der Gehörsverletzung voraus , das heißt, im Einzelfall müssen besondere Umstände vorliegen, die deutlich ergeben, dass das Vorbringen der Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidung ersicht- lich nicht erwogen worden ist (BVerfGE 22, 267, 274; 79, 51, 61; 86, 133, 146; 96, 205, 216 f.; BVerfG NJW 2000, 131). Eine dem verfassungsrechtlichen Anspruch genügende Gewährung rechtlichen Gehörs setzt außerdem voraus, dass der Verfahrensbeteiligte bei Anwendung der von ihm zu verlangenden Sorgfalt zu erkennen vermag, auf welchen Tatsachenvortrag es für die Entscheidung ankommen kann. Es kommt deshalb im Ergebnis der Verhinderung eines Vortrags gleich, wenn das Gericht ohne vorherigen Hinweis Anforderungen an den Sachvortrag stellt, mit denen auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen brauchte (BVerfG 84, 188, 190; 86, 133, 144; 98, 218, 263).
10
Nach b) diesen Maßstäben ist Art. 103 Abs. 1 GG hier verletzt. Das Berufungsgericht hat mit Beschluss vom 17. Januar 2006 der Klägerin und dem Streithelfer des Beklagten aufgegeben, darzulegen, ob die Globalvereinbarung vom 20. Oktober 2004 vollzogen und der "Einforderungsverzicht" gemäß Nr. 6 wirksam geworden sei. Zugleich hat es die Parteien darauf hingewiesen, dass es von einer umfassenden Entlastung des Streithelfers gegenüber der Klägerin ausgehe, die auch Rechtswirkungen zu Gunsten des Beklagten habe, weil ansonsten der Streithelfer des Beklagten dessen Rückgriffsanspruch ausgesetzt sei. Auf diesen Hinweis hat die Klägerin u.a. mit Schriftsätzen vom 3. Februar und 13. April 2006 mitgeteilt, dass die Globalvereinbarung nicht "vollständig" vollzogen sei, und unter Beweisantritt behauptet, den Streithelfer mit Schreiben vom 14. Februar 2006 zur Umsetzung der Regelung zu Ziff. 2 der Globalvereinbarung betreffend die freihändige Verwertung bestimmter Immobilien aufgefordert und im Falle der Nichterfüllung die Kündigung der Globalvereinbarung angedroht zu haben. Der Streithelfer des Beklagten hat mit Schriftsatz vom 19. April 2006 eingeräumt, dass die Globalvereinbarung noch nicht vollständig vollzogen worden sei. Der Beklagte hat sich hierzu nicht geäußert.
11
Ohne nähere Begründung und ohne tragfähige Grundlage im Sachvortrag der Parteien hat das Berufungsgericht aus dem Umstand, dass die Globalvereinbarung jedenfalls in Teilen vollzogen sei, geschlossen , dass die Klägerin Leistungen empfangen habe, die zu einer entsprechenden Reduzierung des offenen Restsaldos der Hauptverbindlichkeit geführt hätten. Hierbei hat das Berufungsgericht - entgegen seinen eigenen Feststellungen - jedoch zum einen übergangen, dass solche Zahlungen weder der Beklagte noch sein Streithelfer substantiiert vorgetragen haben und die Klägerin dies sogar ausdrücklich bestritten hat. Zum anderen hat das Berufungsgericht hiermit seinen im Hinweisbeschluss vom 17. Januar 2006 dargelegten rechtlichen Ausgangspunkt eines Vertrags zu Gunsten Dritter verlassen und die Klageabweisung mit der - zudem rein spekulativen - Erfüllung der Hauptverbindlichkeit begründet. Hiermit musste die Klägerin nach dem bisherigen Prozessverlauf ohne vorherigen Hinweis nicht rechnen, zumal sie eine auch nur teilweise Erfüllung des Restsaldos stets bestritten hatte.
12
Die 2. Verletzung des Anspruchs der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs durch das Berufungsgericht ist auch entscheidungserheblich. Da das Berufungsgericht verfahrensfehlerhaft von Leistungen auf die Hauptverbindlichkeit ausgegangen ist, fehlt für deren Erlöschen eine tragfähige Grundlage.
13
übrigen Die Voraussetzungen des geltend gemachten Bürgschaftsanspruchs sind von der Klägerin schlüssig vorgetragen worden.
14
a) Bedenken gegen die Wirksamkeit der Abtretung der Darlehensforderung und der Bürgschaft bestehen nicht (vgl. Senatsurteil vom 27. Februar 2007 - XI ZR 195/05, WM 2007, 643, 644 ff., für BGHZ vorgesehen ).
15
b) Die Hauptforderung ist entstanden und der Höhe nach unstreitig. Zur Fälligkeit hat die Klägerin unter Beweisantritt vorgetragen, dass ein wichtiger Grund zur Kündigung des Darlehens wegen der unterbliebenen Nachbesicherung infolge der fehlenden Deckung der Darlehensrestforderung nach Verkauf aller Wohneinheiten des Bauprojekts und der Verschlechterung der Vermögensverhältnisse eines Gesellschafters der Hauptschuldnerin vorgelegen habe. Abgesehen davon ist der Darlehensvertrag nur bis zum 30. Mai 2002 prolongiert worden.
16
c) Ein Erlöschen der Darlehensrestforderung durch Zahlung (§ 362 BGB) hat der nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung darlegungsund beweispflichtige Beklagte (vgl. BGH, Urteile vom 18. Mai 1995 - IX ZR 129/94, WM 1995, 1229, 1230 und vom 7. Dezember 1995 - IX ZR 110/95, WM 1996, 192) weder substantiiert behauptet noch unter Beweis gestellt. Dass der Beklagte über etwaige Zahlungen seines Streithelfers keine eigene Kenntnis hat, führt - entgegen der Annahme des Berufungsgerichts - allein noch nicht zu einer sekundären Darlegungslast der Klägerin. Dies kann nur ausnahmsweise bei Vorliegen besonderer Umstände der Fall sein, die das Berufungsgericht aber nicht festgestellt hat.

17
Ein d) Erlöschen der Darlehensrestforderung durch einen in der Globalvereinbarung enthaltenen Erlassvertrag (§ 397 BGB) zu Gunsten der Hauptschuldnerin oder zu Gunsten des Beklagten als Bürgen scheidet aus, weil ein Erlassvertrag zu Gunsten Dritter im Hinblick auf dessen Verfügungscharakter nicht zulässig ist (vgl. BGHZ 41, 95 f.; 126, 261, 266).
18
e) Der sog. Einforderungsverzicht in Ziff. 6 Abs. 1 der Globalvereinbarung könnte zwar auch als ein unbefristetes Stillhalteabkommen ausgelegt werden, das als Verpflichtungsgeschäft zu Gunsten Dritter keinen rechtlichen Bedenken unterliegen würde. Eine solche Verpflichtung enthält die Globalvereinbarung jedoch nicht. In Ziff. 6 Abs. 2 ist die Geltendmachung von Drittsicherheiten ausdrücklich ausgenommen worden. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Globalvereinbarung das Kreditengagement des Streithelfers des Beklagten gegenüber der Klägerin abschließend regeln sollte, dieser aber im Falle einer Inanspruchnahme des Beklagten durch die Klägerin dessen Rückgriffsanspruch ausgesetzt sein könnte. Ob dies der Fall ist, richtet sich allein nach den zwischen dem Beklagten und dessen Streithelfer getroffenen Vereinbarungen bzw. den für dieses Rechtsverhältnis maßgeblichen Vorschriften. Die in Ziff. 6 Abs. 2 der Globalvereinbarung getroffene Regelung legt es nahe, dass auch das Recht des Beklagten, bei dem Streithelfer Rückgriff zu nehmen, nicht berührt werden sollte. Aufgrund dessen würde dem Beklagten gegen die Klägerin auch keine Einwendung aus § 776 BGB zustehen.
19
3. Das angefochtene Urteil war danach gemäß § 544 Abs. 7 ZPO aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Nobbe Müller Ellenberger
Schmitt Grüneberg
Vorinstanzen:
LG Mainz, Entscheidung vom 05.07.2005 - 6 O 244/04 -
OLG Koblenz, Entscheidung vom 11.05.2006 - 5 U 1140/05 -

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Auf Verkaufsprospekte, die vor dem 1. Juni 2012 bei der Bundesanstalt zur Gestattung ihrer Veröffentlichung nach § 8i Absatz 2 Satz 1 des Verkaufsprospektgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. September 1998 (BGBl. I S. 2701), das zuletzt durch Artikel 8 des Gesetzes vom 16. Juli 2007 (BGBl. I S. 1330) geändert worden ist, eingereicht wurden, ist das Verkaufsprospektgesetz in der bis zum 31. Mai 2012 geltenden Fassung weiterhin anzuwenden. Das öffentliche Angebot von Vermögensanlagen im Sinne des Satzes 1 gilt mit dem Ablauf des 17. August 2022 als beendet.

(1a) Auf Vermögensanlagen, die vor dem 10. Juli 2015 auf der Grundlage eines von der Bundesanstalt nach diesem Gesetz gebilligten Verkaufsprospekts öffentlich angeboten wurden und nach dem 10. Juli 2015 weiter öffentlich angeboten werden, ist vorbehaltlich der Absätze 11 und 13 das Vermögensanlagengesetz in der bis zum 9. Juli 2015 geltenden Fassung bis zum 10. Juli 2016 weiterhin anzuwenden. Abweichend von Satz 1 ist auf Vermögensanlagen, die vor dem 10. Juli 2015 auf der Grundlage eines von der Bundesanstalt nach diesem Gesetz gebilligten Verkaufsprospekts letztmalig öffentlich angeboten wurden, das Vermögensanlagengesetz in der bis zum 9. Juli 2015 geltenden Fassung weiterhin anzuwenden. Für Vermögensanlagen im Sinne des Satzes 1 gilt § 10a Absatz 2 in der bis zum 15. Juli 2019 geltenden Fassung mit der Maßgabe, dass das öffentliche Angebot spätestens ab dem 10. Juli 2016 als beendet gilt, sofern nicht vor diesem Zeitpunkt ein Verkaufsprospekt nach Maßgabe dieses Gesetzes in seiner ab dem 10. Juli 2015 geltenden Fassung veröffentlicht wird.

(2) Für Ansprüche wegen fehlerhafter Verkaufsprospekte, die vor dem 1. Juni 2012 im Inland veröffentlicht worden sind, sind das Verkaufsprospektgesetz und die §§ 44 bis 47 des Börsengesetzes jeweils in der bis zum 31. Mai 2012 geltenden Fassung weiterhin anzuwenden. Wurden Verkaufsprospekte entgegen § 8f Absatz 1 Satz 1 des Verkaufsprospektgesetzes in der bis zum 31. Mai 2012 geltenden Fassung nicht veröffentlicht, ist für die daraus resultierenden Ansprüche, die bis zum 31. Mai 2012 entstanden sind, das Verkaufsprospektgesetz in der bis zum 31. Mai 2012 geltenden Fassung weiterhin anzuwenden.

(3) Die §§ 23 bis 26 gelten für sämtliche Emittenten von Vermögensanlagen, deren Vermögensanlagen nach dem 1. Juni 2012 im Inland öffentlich angeboten werden, und sind erstmals auf Jahresabschlüsse und Lageberichte für das nach dem 31. Dezember 2013 beginnende Geschäftsjahr anzuwenden.

(4) Veröffentlichungen und Bekanntmachungen nach § 9 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und 2 sind bis zum 31. Dezember 2014 zusätzlich zu der Veröffentlichung oder Bekanntmachung im Bundesanzeiger auch in einem überregionalen Börsenpflichtblatt vorzunehmen.

(5) Auf Vermögensanlagen, die durch die Änderung des § 1 Absatz 2 und das Inkrafttreten des Kapitalanlagegesetzbuchs als Anteile an Investmentvermögen im Sinne des § 1 Absatz 1 des Kapitalanlagegesetzbuchs gelten und die die Voraussetzungen von § 353 Absatz 1 oder 2 des Kapitalanlagegesetzbuchs erfüllen, ist dieses Gesetz in der bis zum 21. Juli 2013 geltenden Fassung weiterhin anzuwenden.

(6) Auf Vermögensanlagen, die durch die Änderung des § 1 Absatz 2 und das Inkrafttreten des Kapitalanlagegesetzbuchs als Anteile an Investmentvermögen im Sinne des § 1 Absatz 1 des Kapitalanlagegesetzbuchs gelten und die die Voraussetzungen von § 353 Absatz 3 des Kapitalanlagegesetzbuchs erfüllen, ist dieses Gesetz in der bis zum 21. Juli 2013 geltenden Fassung mit Ausnahme von Abschnitt 3 weiterhin anzuwenden.

(7) Auf Vermögensanlagen, die durch die Änderung des § 1 Absatz 2 und das Inkrafttreten des Kapitalanlagegesetzbuchs als Anteile an Investmentvermögen im Sinne des § 1 Absatz 1 des Kapitalanlagegesetzbuchs gelten und die die Voraussetzungen von § 353 Absatz 4 oder 5 des Kapitalanlagegesetzbuchs erfüllen, ist dieses Gesetz in der bis zum 21. Juli 2013 geltenden Fassung bis zur Stellung des Erlaubnisantrags gemäß § 22 oder des Registrierungsantrags gemäß § 44 des Kapitalanlagegesetzbuchs bei der Bundesanstalt weiterhin anzuwenden. Ab Eingang des Erlaubnisantrags nach § 22 oder des Registrierungsantrags gemäß § 44 des Kapitalanlagesetzbuchs ist für Vermögensanlagen im Sinne des Satzes 1 dieses Gesetz in der bis zum 21. Juli 2013 geltenden Fassung neben den in § 353 Absatz 4 oder 5 des Kapitalanlagegesetzbuchs genannten Vorschriften weiterhin anzuwenden.

(8) Auf Vermögensanlagen, die vor dem 22. Juli 2013 von mindestens einem Anleger gezeichnet wurden und die durch die Änderung des § 1 Absatz 2 und das Inkrafttreten des Kapitalanlagegesetzbuchs als Anteile an Investmentvermögen im Sinne des § 1 Absatz 1 des Kapitalanlagegesetzbuchs gelten und die nicht die Voraussetzungen von § 353 Absatz 1, 2, 3, 4 oder 5 des Kapitalanlagegesetzbuchs erfüllen, ist dieses Gesetz in der bis zum 21. Juli 2013 geltenden Fassung bis zum Ende des Vertriebsrechts für den gemäß § 353 Absatz 6 in Verbindung mit den § 351 Absatz 3 und 4 und § 345 Absatz 6 und 7 oder den § 351 Absatz 6 und § 345 Absatz 8 des Kapitalanlagegesetzbuchs genannten Zeitraum weiterhin mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine Billigung des Verkaufsprospekts nach § 8 nach dem 21. Juli 2013 nicht mehr erfolgen kann. Zeichnung im Sinne dieser Übergangsvorschrift ist der unbedingte und unbefristete Abschluss des schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäfts, das darauf gerichtet ist, Gesellschafter an einer Publikumsgesellschaft zu werden.

(9) Anträge, die auf eine Billigung des Verkaufsprospekts von Vermögensanlagen, die durch die Änderung des § 1 Absatz 2 und das Inkrafttreten des Kapitalanlagegesetzbuchs als Anteile an Investmentvermögen im Sinne des § 1 Absatz 1 des Kapitalanlagegesetzbuchs gelten, durch die Bundesanstalt gerichtet und am 21. Juli 2013 noch nicht beschieden waren, erlöschen gebührenfrei mit Ablauf des 21. Juli 2013. Die Bundesanstalt weist den Antragsteller auf diesen Umstand und auf die Geltung des Kapitalanlagegesetzbuchs hin. Die vor dem 22. Juli 2013 erteilte Billigung des Verkaufsprospekts von Vermögensanlagen im Sinne von Satz 1 erlischt am 22. Juli 2013, wenn die Vermögensanlage vor dem 22. Juli 2013 noch nicht von mindestens einem Anleger gezeichnet ist. Absatz 8 Satz 3 gilt entsprechend.

(10) Auf Vermögensanlagen im Sinne von § 1 Absatz 2 Nummer 3, 4 und 7 in der ab dem 10. Juli 2015 geltenden Fassung, die erstmals nach dem 9. Juli 2015 öffentlich angeboten werden, ist dieses Gesetz ab dem 1. Juli 2015 anzuwenden. Auf Vermögensanlagen im Sinne von § 1 Absatz 2 Nummer 3, 4 und 7 in der ab dem 10. Juli 2015 geltenden Fassung, die vor dem 10. Juli 2015 öffentlich angeboten wurden, ist dieses Gesetz ab dem 1. Januar 2016 anzuwenden. In öffentlichen Angeboten von Vermögensanlagen nach Satz 2 ist bis zum 1. Januar 2016 auf den Umstand des Satzes 2 hinzuweisen. Im Hinblick auf die Pflichten nach den §§ 11 und 11a gilt das öffentliche Angebot für Vermögensanlagen im Sinne des Satzes 2 ab dem 1. Januar 2016 als beendet, sofern nicht vor diesem Zeitpunkt ein Verkaufsprospekt nach Maßgabe dieses Gesetzes in seiner ab dem 10. Juli 2015 geltenden Fassung veröffentlicht wird.

(11) § 31 Absatz 1 Satz 1 in der Fassung des Kleinanlegerschutzgesetzes vom 3. Juli 2015 (BGBl. I S. 1114) ist erstmals auf Jahres- und Konzernabschlüsse für Geschäftsjahre anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2014 beginnen.

(12) Auf Vermögensanlagen im Sinne von § 1 Absatz 2 in der ab dem 10. Juli 2015 geltenden Fassung, die vor dem 1. Juli 2005 letztmals öffentlich angeboten wurden, ist dieses Gesetz nicht anzuwenden.

(13) Die §§ 23, 26, 30 und 31 in der Fassung des Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetzes vom 17. Juli 2015 (BGBl. I S. 1245) sind erstmals auf Jahresabschlüsse und Lageberichte für nach dem 31. Dezember 2015 beginnende Geschäftsjahre anzuwenden. Auf Jahresabschlüsse und Lageberichte für vor dem 1. Januar 2015 beginnende Geschäftsjahre bleiben die §§ 23, 26, 30 und 31 in der bis zum 9. Juli 2015 geltenden Fassung anwendbar. Auf Jahresabschlüsse und Lageberichte für nach dem 31. Dezember 2014 und vor dem 1. Januar 2016 beginnende Geschäftsjahre bleiben die §§ 23, 26 und 30 in der bis zum 9. Juli 2015 geltenden Fassung und § 31 in der bis zum 22. Juli 2015 geltenden Fassung anwendbar.

(14) § 23 in der Fassung des CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetzes vom 11. April 2017 (BGBl. I S. 802) sind erstmals auf Jahres- und Konzernabschlüsse, Lage- und Konzernlageberichte für das nach dem 31. Dezember 2016 beginnende Geschäftsjahr anzuwenden. § 23 in der bis zum 18. April 2017 geltenden Fassung ist unbeschadet des Absatzes 13 letztmals anzuwenden auf Lage- und Konzernlageberichte für das vor dem 1. Januar 2017 beginnende Geschäftsjahr.

(15) Unvollständige Verkaufsprospekte, die vor dem 16. Juli 2019 gebilligt wurden, unterliegen bis zum Ablauf ihrer Gültigkeit weiterhin dem Vermögensanlagengesetz in der bis zum 15. Juli 2019 geltenden Fassung.

(16) Die §§ 23 und 24 in der ab dem 19. August 2020 geltenden Fassung sind erstmals auf Jahresberichte, Jahresabschlüsse, Lageberichte sowie Erklärungen nach § 264 Absatz 2 Satz 3 und § 289 Absatz 1 Satz 5 des Handelsgesetzbuchs für das nach dem 31. Dezember 2019 beginnende Geschäftsjahr anzuwenden. Die in Satz 1 bezeichneten Vorschriften in der bis einschließlich 18. August 2020 geltenden Fassung sind letztmals anzuwenden auf Jahresberichte, Jahresabschlüsse, Lageberichte sowie Erklärungen nach § 264 Absatz 2 Satz 3 und § 289 Absatz 1 Satz 5 des Handelsgesetzbuchs für das vor dem 1. Januar 2020 beginnende Geschäftsjahr.

(17) Auf Vermögensanlagen, die vor dem 17. August 2021 auf Grundlage eines von der Bundesanstalt gebilligten Verkaufsprospekts oder eines von der Bundesanstalt gestatteten Vermögensanlageninformationsblatts öffentlich angeboten wurden und nach dem 17. August 2021 weiter angeboten werden, ist das Vermögensanlagengesetz in der bis zum 16. August 2021 geltenden Fassung bis zwölf Monate nach der Billigung des Verkaufsprospekts oder der Gestattung des Vermögensanlagen-Informationsblatts weiterhin anzuwenden.

(18) § 26 in der Fassung des Gesetzes zur weiteren Stärkung des Anlegerschutzes vom 9. Juli 2021 (BGBl. I S. 2570) ist erstmals auf Jahresabschlüsse und Lageberichte für das nach dem 31. Dezember 2020 beginnende Geschäftsjahr anzuwenden.

(19) Die §§ 23 und 31 in der ab dem 1. August 2022 geltenden Fassung sind erstmals auf Jahresberichte für das nach dem 31. Dezember 2021 beginnende Geschäftsjahr anzuwenden. Die in Satz 1 bezeichneten Vorschriften in der bis einschließlich 31. Juli 2022 geltenden Fassung sind letztmals anzuwenden auf Jahresberichte für das vor dem 1. Januar 2022 beginnende Geschäftsjahr.

(1) Zur Begründung eines Schuldverhältnisses durch Rechtsgeschäft sowie zur Änderung des Inhalts eines Schuldverhältnisses ist ein Vertrag zwischen den Beteiligten erforderlich, soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt.

(2) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 entsteht auch durch

1.
die Aufnahme von Vertragsverhandlungen,
2.
die Anbahnung eines Vertrags, bei welcher der eine Teil im Hinblick auf eine etwaige rechtsgeschäftliche Beziehung dem anderen Teil die Möglichkeit zur Einwirkung auf seine Rechte, Rechtsgüter und Interessen gewährt oder ihm diese anvertraut, oder
3.
ähnliche geschäftliche Kontakte.

(3) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 kann auch zu Personen entstehen, die nicht selbst Vertragspartei werden sollen. Ein solches Schuldverhältnis entsteht insbesondere, wenn der Dritte in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 211/09 Verkündet am:
23. April 2012
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Gründungsgesellschafter haften dem über einen Treuhänder beitretenden Anleger
auf Schadensersatz aus Prospekthaftung im weiteren Sinne, wenn der Treugeber
nach dem Gesellschaftsvertrag wie ein unmittelbar beitretender Gesellschafter behandelt
werden soll.
BGH, Urteil vom 23. April 2012 - II ZR 211/09 - KG
LG Berlin
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 17. Januar 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bergmann,
die Richterin Caliebe und die Richter Dr. Drescher, Born und Sunder

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird unter Zurückweisung seines weitergehenden Rechtsmittels das Urteil des 17. Zivilsenats des Kammergerichts vom 23. Juni 2009 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als hinsichtlich des Zahlungsantrags (Klageantrag zu 1.), des Feststellungsantrags zum Annahmeverzug (Klageantrag zu 2.) und des Feststellungsantrags zu Folgeschäden (Klageantrag zu 4.), gerichtet gegen die Beklagte zu 1, zum Nachteil des Klägers entschieden worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger beteiligte sich im September 1996 mittelbar über eine Treuhandkommanditistin mit einem Betrag von 500.000 DM (= 255.645,94 €) zuzüglich 25.000 DM (= 12.272,30 €) Agio an dem geschlossenen Immobilienfonds "B. mbH & Co. Immoblienverwaltungs KG - LBB Fonds 5" (künftig: LBB Fonds 5 oder Fonds). Mit seiner Klage begehrt er von den Beklagten im Wesentlichen die Rückabwicklung der Beteiligung und den Ersatz entgangener Steuervorteile und Zinsen.
2
Die Beklagte zu 1 ist geschäftsführende Gründungskommanditistin und Prospektherausgeberin. Die Beklagte zu 2 war in der Investitionsphase Treuhandbank für die Mittelverwendungskontrolle des von den Fonds-Zeichnern eingebrachten Eigenkapitals und an den Garantiegebern des Fonds unmittelbar oder mittelbar beteiligt.
3
Der Kläger hat eine Vielzahl von Prospektmängeln geltend gemacht und die Voraussetzungen einer Prospekthaftung im weiteren Sinne und unerlaubter Handlungen der Beklagten für gegeben erachtet.
4
Das Landgericht hat der Klage gegen die Beklagte zu 1 weitgehend stattgegeben, Ansprüche gegen die Beklagte zu 2 jedoch schon dem Grunde nach verneint. Die Berufung des Klägers, mit der er die Teilabweisung seiner Klage zur Höhe angegriffen und die Verurteilung (auch) der Beklagten zu 2 erstrebt hat, ist ohne Erfolg geblieben. Auf die Berufung der Beklagten zu 1 hat das Berufungsgericht die Klage in vollem Umfang abgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom erkennenden Senat zugelassene Revision des Klägers, mit der er seine sämtlichen Klageanträge weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe:

5
Die Revision des Klägers hat (teilweise) Erfolg, soweit er sich gegen die Abweisung seiner Klageanträge zu 1., 2. und 4. gegen die Beklagte zu 1 wen- det und führt unter Zurückweisung seiner Revision im Übrigen insoweit zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung an das Berufungsgericht. Die Revision gegen die Beklagte zu 2 ist unbegründet.

A.

6
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
7
Die Beklagte zu 1 sei zwar Adressatin der Prospekthaftung im weiteren Sinne. Sie sei wie eine unmittelbare Vertragspartnerin des Klägers zu behandeln , da die Treugeber nach dem Gesellschaftsvertrag im Innenverhältnis den unmittelbaren Kommanditisten gleichgestellt seien. Entgegen der Auffassung des Landgerichts weise der Emissionsprospekt jedoch keine haftungsrelevanten Fehler auf, die eine Einstandspflicht der Beklagten zu 1 unter dem Gesichtspunkt der Prospekthaftung im weiteren Sinne begründen könnten. Ansprüche aus unerlaubter Handlung seien - jedenfalls - mangels Vortrags zu den konkret handelnden Personen nicht schlüssig dargetan. Eine Haftung der Beklagten zu 2 habe das Landgericht zu Recht bereits an deren fehlender Adressateneigenschaft für eine Prospekthaftung im weiteren Sinne scheitern lassen.

B.

8
Das Urteil hält den Angriffen der Revision nicht in vollem Umfang stand. Das Berufungsgericht hat eine Haftung der Beklagten zu 1 dem Grunde nach zu Unrecht abgelehnt (I.). Die gegen die Abweisung der Klage gegen die Be- klagte zu 2 gerichtete Berufung des Klägers hat es hingegen zu Recht zurückgewiesen (II.).

I.

9
1. Das Berufungsgericht hat die Adressatenstellung der Beklagten zu 1 hinsichtlich eines Anspruchs des Klägers aus Prospekthaftung im weiteren Sinne rechtsfehlerfrei bejaht.
10
a) Die Prospekthaftung im weiteren Sinne knüpft als Anspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss nach § 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2 BGB an die (vor-)vertraglichen Beziehungen zum Anleger an. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass bei einem Beitritt zu einer Gesellschaft , der sich durch Vertragsschluss mit den übrigen Gesellschaftern vollzieht , solche (vor-)vertraglichen Beziehungen zwischen Gründungsgesellschaftern und dem über einen Treuhänder beitretenden Kommanditisten jedenfalls dann bestehen, wenn der Treugeber nach dem Gesellschaftsvertrag wie ein unmittelbar beigetretener Kommanditist behandelt werden soll (vgl. BGH, Urteil vom 30. März 1987 - II ZR 163/86, ZIP 1987, 912, 913; Urteil vom 20. März 2006 - II ZR 326/04, ZIP 2006, 849 Rn. 7; Urteil vom 13. Juli 2006 - III ZR 361/04, ZIP 2006, 1631 Rn. 10; Urteil vom 11. Oktober 2011 - II ZR 242/09, ZIP 2011, 2299 Rn. 16 m.w.N.).
11
b) So liegt der Fall hier: Nach § 4 Nr. 2 und 3 des Gesellschaftsvertrages (künftig: GV) werden die der Gesellschaft mittelbar beitretenden Treugeber im Innenverhältnis der Gesellschafter untereinander und im Verhältnis zur Gesellschaft wie unmittelbar beteiligte Gesellschafter behandelt. Dies gilt insbesondere "für die Beteiligung am Gesellschaftsvermögen, am Gewinn und Verlust, an einem Auseinandersetzungsguthaben und einem Liquidationserlös sowie für die Ausübung mitgliedschaftlicher Rechte, insbesondere der Stimm- und der Ent- nahme-(Ausschüttungs-)rechte. Insoweit erwerben die Treugeber eigene Rechte gegenüber der Gesellschaft" (§ 4 Nr. 2 GV). Weiter ist den Treugebern im Gesellschaftsvertrag das Recht eingeräumt, an den Gesellschafterversammlungen teilzunehmen, dort ihr Stimmrecht auszuüben und die einem Kommanditisten nach dem Gesetz und dem Gesellschaftsvertrag zustehenden Kontrollund sonstigen Rechte unmittelbar selbst auszuüben (§ 4 Nr. 3 GV).
12
2. Nicht frei von Rechtsfehlern ist die Ansicht des Berufungsgerichts, der Emissionsprospekt weise keine haftungsbegründenden Fehler auf.
13
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats muss einem Anleger für seine Beitrittsentscheidung ein richtiges Bild über das Beteiligungsobjekt vermittelt werden, d.h. er muss über alle Umstände, die für seine Anlageentscheidung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, insbesondere über die mit der angebotenen speziellen Beteiligungsform verbundenen Nachteile und Risiken zutreffend, verständlich und vollständig aufgeklärt werden (BGH, Urteil vom 6. Oktober 1980 - II ZR 60/80, BGHZ 79, 337, 344; Urteil vom 7. April 2003 - II ZR 160/02, WM 2003, 1086, 1088; Urteil vom 7. Dezember 2009 - II ZR 15/08, ZIP 2010, 176 Rn. 18; Urteil vom 22. März 2010 - II ZR 66/08, ZIP 2010, 1030 Rn. 9). Dazu gehört eine Aufklärung über Umstände, die den Vertragszweck vereiteln können (BGH, Urteil vom 6. Oktober 1980 - II ZR 60/80, BGHZ 79, 337, 344; Urteil vom 21. Oktober 1991 - II ZR 204/90, BGHZ 116, 7, 12; Urteil vom 10. Oktober 1994 - II ZR 95/93, ZIP 1994, 1851, 1853; Urteil vom 7. April 2003 - II ZR 160/02, WM 2003, 1086, 1088). Beruht der wirtschaftliche Anlageerfolg eines geschlossenen Immobilienfonds allein auf der nachhaltigen Erzielung von Einnahmen aus der Vermietung oder Verpachtung von Anlageobjekten, so ist in dem Anlageprospekt deutlich auf mögliche, der Erreichbarkeit dieser Einnahmen entgegenstehende Umstände und die sich hieraus für den Anleger ergebenden Risiken hinzuweisen (BGH, Urteil vom 1. März 2004 - II ZR 88/02, ZIP 2004, 1104, 1106).
14
b) Diesen Anforderungen wird der verwendete Prospekt entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht gerecht. Der Senat kann die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung uneingeschränkt überprüfen, weil der Emissionsprospekt über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus verwendet wurde und daher ein Bedürfnis nach einer einheitlichen Auslegung besteht (BGH, Urteil vom 22. März 2007 - III ZR 218/06, ZIP 2007, 871 Rn. 6; Urteil vom 19. Juli 2011 - II ZR 300/08, ZIP 2011, 1657 Rn. 46).
15
Der Prospekt klärt entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts und der Revisionserwiderung der Beklagten zu 1 den Anleger auch unter Berücksichtigung der von ihm zu fordernden sorgfältigen und eingehenden Lektüre des Prospekts (vgl. BGH, Urteil vom 31. März 1992 - XI ZR 70/91, ZIP 1992, 912, 915; Urteil vom 14. Juni 2007 - III ZR 300/05, WM 2007, 1507 Rn. 8) nicht zutreffend über die Risikoverteilung hinsichtlich der leerstandsbedingten Nebenkosten auf, soweit Mietflächen nicht unter den Generalmietvertrag fielen. Der Prospekt erweckt den - unzutreffenden - Eindruck, dass leerstandsbedingte Nebenkosten bei den der Mietgarantie unterfallenden Flächen nicht dem Fonds zur Last fallen, sondern wie bei den dem Generalmietvertrag unterfallenden Flächen von dem Mieter bzw. Garanten zu tragen seien (s. hierzu BGH, Beschluss vom 13. Dezember 2011 - II ZB 6/09, ZIP 2012, 117 Rn. 33 ff.). Die Begriffe Generalmietvertrag und Mietgarantie werden in dem Prospekt stets unterschiedslos nebeneinander verwendet (siehe z.B. S. 46, 50, 59 des Prospekts). Dies musste bei dem Anleger den Eindruck hervorrufen, die durch die Verträge gewährleistete Mietsicherheit sei bei beiden Vertragsarten deckungsgleich.
16
Dieser Eindruck wird noch dadurch verstärkt, dass auf Seite 1 und 3 des Prospekts angegeben wird: "100% der Gesamtmiete p.a. sind durch einen 25jährigen Generalmietvertrag … gesichert", bei der Beschreibung der einzelnen Fondsimmobilien (S. 6 ff. des Prospekts) ist jeweils nur von der Sicherung durch den "Generalmietvertrag" die Rede. Bei der Darstellung der "Risiken und Chancen" unter Punkt 5.3 (S. 65) wird ebenfalls im Zusammenhang mit Vermietungsrisiken nur von dem Generalmietvertrag gesprochen. Auch die Tatsache, dass bei der Einzelerläuterung "Generalmietvertrag" (S. 45) angegeben ist, dass die Gesellschaft für die gesamte im Objekt- und Mietspiegel ausgewiesene Nutzfläche von 203.209,14 m² einen Generalmietvertrag abgeschlossen hat, der für die nach dem Wohnungsbauförderungsgesetz errichteten Wohnungen "in Form eines Mietgarantievertrages ausgestaltet“ ist, vermittelt den Eindruck, im Hinblick auf die Absicherung der Mieten seien beide Vertragstypen deckungsgleich. Angesichts dessen erschloss sich für den sorgfältigen Leser weder aus dem Hinweis: "Die Nebenkostenregelungen richten sich nach den Untermietverträgen oder, soweit solche noch nicht vorliegen, nach den Bestimmungen der Anlage 3 zur II. Berechnungsverordnung" (S. 45) noch aus der Darstellung der Nebenkosten in der Ertragsrechnung und der dazu auf Seite 54 des Prospekts gegebenen Erklärung: "3,5% der Mieten für sonstige nicht auf die Mieter umlagefähige Kosten wie z.B. Steuern etc.", dass bei den der Mietgarantie unterfallenden Flächen die leerstandsbedingten Nebenkosten anders als bei den dem Generalmietvertrag unterfallenden Flächen von dem Fonds zu tragen waren.
17
c) Dieser Prospektfehler ist entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung der Beklagten zu 1 erheblich. Dass der Fonds bei den Mietgarantieverträgen mit den leerstandsbedingten Nebenkosten belastet werden konnte, ist ein die Werthaltigkeit der Anlage entscheidend beeinflussender Faktor. Entgegen der Ansicht der Beklagten zu 1 musste der Kläger dafür nicht darlegen, wie hoch das wirtschaftliche Risiko der leerstandsbedingten Nebenkosten im Einzelnen zu bemessen ist. Dass die Mietnebenkosten regelmäßig einen nicht unerheblichen Teil der Miete ausmachen, entspricht der Lebenserfahrung (BGH, Beschluss vom 13. Dezember 2011 - II ZB 6/09, ZIP 2012, 117 Rn. 35). Da nach dem Prospekt (S. 45) fast ein Drittel der Nutzfläche des Fonds der Mietgarantie und nicht dem Generalmietvertrag unterfiel, war das leerstandsbedingte wirtschaftliche Risiko, gemessen am Gesamtinvestitionsvolumen, ein erheblicher wertbildender Faktor für den Anlageerfolg des Fonds. Darauf, ob sich dieses Risiko verwirklicht hat, kommt es nicht an (BGH, Urteil vom 5. Juli 1993 - II ZR 194/92, BGHZ 123, 106, 112 ff.).
18
3. Da das angefochtene Urteil bereits deshalb aufzuheben ist, weil das Berufungsgericht die Fehlerhaftigkeit des Prospekts bezüglich der Angaben zu den leerstandsbedingten Risiken rechtsfehlerhaft verneint hat, kann dahingestellt bleiben, ob der Prospekt, wie vom Kläger behauptet, noch weitere fehlerhafte Angaben enthält.
19
4. Trotz der zu Unrecht verneinten Fehlerhaftigkeit des Prospekts hat das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht auf die Berufung der Beklagten zu 1 die Klage hinsichtlich des Klageantrags zu 3. zurückgewiesen, mit dem der Kläger die Feststellung erstrebt, die Beklagte zu 1 sei verpflichtet, ihn von Zahlungsansprüchen bis zur Höhe aller im Zeitpunkt der Inanspruchnahme erhaltenen Ausschüttungen freizustellen, die Gläubiger des Fonds aufgrund des Auflebens der Kommanditistenhaftung gemäß § 172 Abs. 4 HGB unmittelbar gegen ihn geltend machen. Insoweit hat die Revision des Klägers keinen Erfolg.
20
Der Antrag ist jedenfalls unbegründet. Auch wenn man als richtig unterstellt , die Ausschüttungen an die Anleger beruhten nicht auf erwirtschafteten Renditen, sondern seien als (teilweise) Einlagenrückgewähr zu werten, kommt eine Inanspruchnahme des Klägers nach §§ 171, 172 HGB nicht in Betracht. Da der Kläger selbst nicht Kommanditist, sondern als Treugeber nur wirtschaftlich über die Treuhandkommanditistin an der Fondsgesellschaft beteiligt ist, ist nicht er, sondern die Treuhänderin Anspruchsgegnerin eines auf §§ 171, 172 HGB gestützten Anspruchs (vgl. BGH, Urteil vom 28. Januar 1980 - II ZR 250/78, BGHZ 76, 127, 130 f; Urteil vom 15. Juli 2010 - III ZR 336/08, ZIP 2010, 1646 Rn. 33, insoweit nicht abgedruckt in BGHZ 186, 205; Urteil vom 22. März 2011 - II ZR 271/08, ZIP 2011, 906 Rn. 10 m.w.N.). Auch Gläubiger der Gesellschaft können ihn insoweit nicht in Anspruch nehmen (BGH, Urteil vom 12. Februar 2009 - III ZR 90/08, NZG 2009, 380 Rn. 35; Urteil vom 21. April 2009 - XI ZR 148/08, ZIP 2009, 1266 Rn. 15), so dass es an einer Grundlage für eine mögliche Freistellungsverpflichtung fehlt (BGH, Urteil vom 15. Juli 2010 - III ZR 336/08, ZIP 2010, 1646 Rn. 33, insoweit nicht abgedruckt in BGHZ 186, 205; Urteil vom 23. Juli 2009 - III ZR 323/07, juris Rn. 20).

II.

21
Die Revision des Klägers hat keinen Erfolg, soweit er eine Verurteilung - auch - der Beklagten zu 2 erstrebt. Die Beklagte zu 2 haftet weder aus Prospekthaftung im weiteren Sinne (1.) noch aus unerlaubter Handlung (2.).
22
1. Das Berufungsgericht hat Ansprüche des Klägers gegen dieBeklagte zu 2 aus Prospekthaftung im weiteren Sinne rechtsfehlerfrei verneint.
23
a) Aus Prospekthaftung im weiteren Sinne haftet nur derjenige, der Vertragspartner des Anlegers geworden ist oder hätte werden sollen. Ausnahmsweise kann daneben der für den Vertragspartner auftretende Vertreter, Vermittler oder Sachverwalter in Anspruch genommen werden, wenn er in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch genommen hat oder wenn er ein mittelbares , eigenes wirtschaftliches Interesse am Abschluss des Geschäfts hat (st.Rspr., siehe nur BGH, Urteil vom 22. März 1982 - II ZR 114/81, BGHZ 83, 222, 227; Urteil vom 4. Mai 2004 - XI ZR 41/03, NJW-RR 2005, 23, 25; Beschluss vom 25. Juni 2009 - III ZR 222/08, juris Rn. 8 m.w.N.). Für die Annahme eines besonderen persönlichen Vertrauens ist dabei erforderlich, dass der Anspruchsgegner eine über das normale Verhandlungsvertrauen hinausgehende persönliche Gewähr für die Seriosität und ordnungsgemäße Erfüllung des Vertrags übernommen hat. Anknüpfungspunkt der Prospekthaftung im weiteren Sinne ist dementsprechend nicht die Verantwortlichkeit für einen fehlerhaften Prospekt, sondern eine selbständige Aufklärungspflicht als Vertragspartner oder Sachverwalter aufgrund persönlich in Anspruch genommenen - eben nicht nur typisierten - besonderen Vertrauens, zu deren Erfüllung er sich des Prospekts bedient.
24
b) Diese Voraussetzungen sind im Verhältnis des Klägers zur Beklagten zu 2 nicht gegeben.
25
aa) Die Beklagte zu 2 sollte - unstreitig - nicht Vertragspartnerin des Klägers werden. Sie war, für den Kläger aus dem Prospekt deutlich erkennbar, mit den Anlegern vertraglich nur über eine Treuhandvereinbarung mit dem Zweck der Mittelverwendungskontrolle in der Investitionsphase verbunden. Als Einzahlungstreuhänderin war sie, wie auch die Revision nicht verkennt, nicht verpflichtet , Anleger auf unrichtige Prospektangaben hinzuweisen (BGH, Beschluss vom 29. Januar 2009 - III ZR 74/08, WM 2009, 400 Rn. 8 f.).
26
bb) Anders als die Revision meint, hat die Beklagte zu 2 auch kein besonderes Vertrauen dadurch in Anspruch genommen, dass ihr Name in dem Prospekt mehrfach an prominenter Stelle (z.B. auf dem Deckblatt) genannt wird. Diese werbemäßige Nennung ihres Namens allein reicht zur Begründung einer Prospekthaftung im weiteren Sinne nicht aus (vgl. BGH, Urteil vom 4. Mai 2004 - XI ZR 41/03, NJW-RR 2005, 23, 24 f.). Zu dieser Nennung hinzutretende weitere Handlungen der Beklagten zu 2, durch die sie besonderes Vertrauen in Anspruch genommen hätte, zeigt die Revision nicht auf und sie sind auch ansonsten nicht ersichtlich.
27
2. Gegen die - rechtsfehlerfreie - Ablehnung einer Haftung der Beklagten zu 2 aus unerlaubter Handlung wird von der Revision nichts erinnert.

III.

28
Das Berufungsurteil war aufzuheben, soweit das Berufungsgericht die Klage gegen die Beklagte zu 1 hinsichtlich der Klageanträge zu 1., 2. und 4. abgewiesen hat. Die Sache war im Umfang der Aufhebung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, da das Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - die weiteren anspruchsbegründenden und zwischen den Parteien streitigen Fragen der Kausalität, des Verschuldens, der Schadenshöhe und der Verjährung nicht geprüft hat und dem Senat eine eigene Sachentscheidung nicht möglich ist.
29
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
30
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats entspricht es der Lebenserfahrung , dass ein Prospektfehler für die Anlageentscheidung ursächlich geworden ist (BGH, Urteil vom 6. Oktober 1980 - II ZR 60/80, BGHZ 79, 337, 346; Urteil vom 1. März 2004 - II ZR 88/02, ZIP 2004, 1104, 1106; Urteil vom 2. Juni 2008 - II ZR 210/06, BGHZ 177, 25 Rn. 19; Urteil vom 3. Dezember 2007 - II ZR 21/06, ZIP 2008, 412 Rn. 16; Urteil vom 7. Dezember 2009 - II ZR 15/08, ZIP 2010, 176 Rn. 23). Diese Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens sichert das Recht des Anlegers, in eigener Entscheidung und Abwägung des Für und Wider darüber zu befinden, ob er in ein bestimmtes Projekt inves- tieren will oder nicht (BGH, Urteil vom 5. Juli 1993 - II ZR 194/92, BGHZ 123, 106, 112 ff.; Urteil vom 2. März 2009 - II ZR 266/07, ZIP 2009, 764 Rn. 6). Bei einem Immobilienfonds, von dem der durchschnittliche Anleger Werthaltigkeit erwartet, ist regelmäßig davon auszugehen, dass er bei richtiger Aufklärung über wichtige, die Werthaltigkeit der Anlage (negativ) beeinflussende Umstände dem Fonds nicht beigetreten wäre, auch wenn er mit erheblichen Steuervorteilen geworben wurde (BGH, Urteil vom 2. März 2009 - II ZR 266/07, ZIP 2009, 764 Rn. 6; Urteil vom 22. März 2010 - II ZR 66/08, WM 2010, 972 Rn. 19; Urteil vom 9. Februar 2006 - III ZR 20/05, ZIP 2006, 568 Rn. 24). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz kommt allenfalls bei hochspekulativen Geschäften in Betracht (BGH, Urteil vom 13. Juli 2008 - XI ZR 178/03, BGHZ 160, 58, 66 f.; vgl. aber Urteil vom 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07, ZIP 2009, 1264 Rn. 22 zur grundsätzlich geltenden Kausalitätsvermutung), zu denen die Beteiligung an einem Immobilienfonds grundsätzlich nicht gehört (BGH, Urteil vom 22. März 2010 - II ZR 66/08, WM 2010, 972 Rn. 19; Urteil vom 31. Mai 2010 - II ZR 30/09, ZIP 2010, 1397 Rn. 18; Urteil vom 9. Februar 2006 - III ZR 20/05, ZIP 2006, 568 Rn. 24).
31
2. Das Verschulden wird bei einer Haftung aus Verschulden bei Vertragsschluss (§ 311 Abs. 2 BGB) nach § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB vermutet.
32
3. Bei der Feststellung der Höhe des Schadens wird das Berufungsgericht folgendes zu beachten haben:
33
a) Hinsichtlich des Schadens des Klägers kommt es auf einen Schaden im Sinne fehlender Werthaltigkeit der Beteiligung nicht an. Grund für die Haftung der Beklagten zu 1 ist der Eingriff in das Recht des Klägers, zutreffend informiert über die Verwendung seines Vermögens selbst zu bestimmen und sich für oder gegen die Anlage zu entscheiden (vgl. BGH, Urteil vom 5. Juni 1993 - II ZR 194/92, BGHZ 123, 106, 112 f.; Urteil vom 2. März 2009 - II ZR 266/07, ZIP 2009, 764 Rn. 6). Der Schaden des nicht pflichtgemäß aufgeklärten Anlegers besteht daher bereits in dem Erwerb der bei pflichtgemäßer Aufklärung nicht vorgenommenen Beteiligung. Ist der Kläger durch die unzutreffende Aufklärung dazu veranlasst worden, dem Fonds beizutreten, kann er verlangen, im Wege der Naturalrestitution so gestellt zu werden, als wenn er sich an dem Fonds nicht beteiligt hätte, und hat gegen die Beklagte zu 1 einen Anspruch auf Erstattung der für den Erwerb der Anlage gemachten Aufwendungen abzüglich erhaltener Ausschüttungen gegen Rückgabe der Anlage.
34
b) Eine Anrechnung der dem Kläger infolge seiner Beteiligung erwachsenen Steuervorteile kommt nicht in Betracht, wenn der Kläger sich in Kenntnis des Prospektfehlers an einem anderen Steuersparmodell beteiligt hätte, da dies nach der Lebenserfahrung zu vergleichbaren steuerlichen Folgen geführt hätte (vgl. BGH, Urteil vom 31. Mai 2010 - II ZR 30/09, ZIP 2010, 1397 Rn. 21 ff.).
35
Eine Anrechnung von Steuervorteilen scheidet aber auch bereits dann aus, wenn der Kläger die Schadensersatzleistung zu versteuern hat. Ein Anleger muss sich im Wege der Vorteilsausgleichung die im Zusammenhang mit der Anlage erzielten, dauerhaften Steuervorteile auf seinen Schaden dann nicht anrechnen lassen, wenn die Ersatzleistung ihrerseits besteuert wird. Trotz Versteuerung der Ersatzleistung sind die erzielten Steuervorteile demgegenüber anzurechnen, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Anleger derart außergewöhnliche Steuervorteile erzielt hat, dass es unbillig wäre, ihm diese zu belassen. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass Anhaltspunkte für derartige außergewöhnliche Steuervorteile bestehen, trägt der Schädiger (BGH, Urteil vom 31. Mai 2010 - II ZR 30/09, ZIP 2010, 1397 Rn. 25 f.; Urteil vom 15. Juli 2010 - III ZR 336/08, BGHZ 186, 205 Rn. 36 ff., 45; Urteil vom 1. März 2011 - XI ZR 96/09, ZIP 2011, 868 Rn. 8 ff., jew. m.w.N.).
36
c) Hinsichtlich des entgangenen Gewinns wird das Berufungsgericht in den Blick zu nehmen haben (§ 287 ZPO), dass Eigenkapital in der hier in Rede stehenden Höhe erfahrungsgemäß nicht ungenutzt geblieben, sondern - jedenfalls - zu einem allgemein üblichen Zinssatz angelegt worden wäre (s. hierzu BGH, Urteil vom 2. Dezember 1991 - II ZR 141/90, ZIP 1992, 324, 325 m.w.N.; s. auch Urteil vom 7. Dezember 2009 - II ZR 15/08, ZIP 2010, 176 Rn. 30).
37
4. Bezüglich der Zug um Zug vom Kläger angebotenen Fondsbeteiligung wird das Berufungsgericht auf eine Klarstellung des Antrags hinzuwirken haben. Der Kläger ist lediglich Treugeber und nicht unmittelbarer Inhaber der Fondsbeteiligung , die er deshalb auch nicht abtreten kann. Er kann insoweit die Beteiligung nur in Form der Abtretung seiner Ansprüche aus dem Treuhandvertrag an die Beklagte zu 1 "zurückgeben" (vgl. BGH, Urteil vom 7. Dezember 2009 - II ZR 15/08, ZIP 2010, 176 Rn. 29).
38
5. Hinsichtlich der von der Beklagten zu 1 erhobenen Verjährungseinrede weist der Senat auf folgendes hin:
39
Die im Emissionsprospekt und im Gesellschaftsvertrag enthaltenen Verjährungsklauseln sind unwirksam.
40
a) Die im Emissionsprospekt (S. 67) verwendete Klausel "Alle etwaigen Schadensersatzansprüche aus der Beteiligung verjähren mit Ablauf von sechs Monaten seit Kenntniserlangung des Anlegers von den unzutreffenden und/oder unvollständigen Angaben, spätestens jedoch drei Jahre nach Beitritt zu der Beteiligungsgesellschaft" ist (jedenfalls) nach § 11 Nr. 7 AGBG (§ 309 Nr. 7b BGB) unwirksam.
41
aa) Diese Klausel des Emissionsprospekts unterliegt der AGBrechtlichen Kontrolle, da es sich nicht um eine gesellschaftsvertragliche Regelung handelt und daher die Bereichsausnahme nach § 23 Abs. 1 AGBG (§ 310 Abs. 4 BGB) nicht einschlägig ist (vgl. BGH, Urteil vom 14. Januar 2002 - II ZR 41/00, juris Rn. 24; Urteil vom 11. Dezember 2003 - III ZR 118/03, ZIP 2004, 414, 415 f.; Urteil vom 19. November 2009 - III ZR 108/08, BGHZ 183, 220 Rn. 11 ff.).
42
bb) Die Klausel schließt - wenn auch nur mittelbar - die Haftung auch für grobes Verschulden aus. Als Begrenzung der Haftung für grobe Fahrlässigkeit im Sinne des Klauselverbots nach § 11 Nr. 7 AGBG (§ 309 Nr. 7b BGB) sieht der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung auch eine generelle Verkürzung der Verjährungsfrist an (BGH, Urteil vom 29. Mai 2008 - III ZR 59/07, ZIP 2008, 1481 Rn. 34 f.; Urteil vom 6. November 2008 - III ZR 231/07, WM 2008, 2355 Rn. 17; Urteil vom 18. Dezember 2008 - III ZR 56/08, NJWRR 2009, 1416 Rn. 20 f. m.w.N.; Urteil vom 23. Juli 2009 - III ZR 323/07, juris Rn. 8). Die Verjährungsbeschränkung befasst sich zwar nicht unmittelbar mit der Frage des Haftungsmaßes. Da sie keine Ausnahme enthält, ist davon auszugehen , dass alle Ansprüche unabhängig von der Art des Verschuldens erfasst werden. Mittelbar führt die generelle Verkürzung der Verjährungsfrist also dazu, dass die Beklagte zu 1 nach Fristablauf die Verjährungseinrede hinsichtlich aller etwaigen Schadensersatzansprüche unabhängig von dem jeweiligen Haftungsmaßstab erheben kann und so ihre Haftung für jedwede Art des Verschuldens entfällt. Die Klausel lässt es nicht zu, sie auf einen unbedenklichen Inhalt zurückzuführen (s. BGH, Beschluss vom 13. Dezember 2011 - II ZB 6/09, ZIP 2012, 117 Rn. 45).
43
b) Die Klausel in § 12 Nr. 2 GV "Schadensersatzansprüche der Gesellschafter untereinander verjähren drei Jahre nach Bekanntwerden des haftungsbegründenden Sachverhalts, soweit sie nicht kraft Gesetzes einer kürzeren Verjährung unterliegen. Derartige Ansprüche sind innerhalb von sechs Monaten nach Kenntniserlangung von dem Schaden gegenüber dem Verpflichteten schriftlich geltend zu machen" ist ebenfalls unwirksam.
44
aa) Der Senat kann die im Emissionsprospekt für eine Vielzahl von Gesellschaftsverträgen vorformulierten Vertragsbedingungen selbst frei auslegen, weil sie von der Beklagten zu 1 bundesweit gegenüber zahlreichen Anlegern, mithin über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus, verwendet wurden. Das gilt nach Sinn und Zweck dieser revisionsrechtlichen Auslegungskompetenz unabhängig davon, ob es sich hier um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des AGB-Gesetzes oder um gesellschaftsvertragliche Regelungen handelt , die zwar unter die Bereichsausnahme des § 23 Abs. 1 AGBG bzw. § 310 Abs. 4 BGB nF fallen mögen, jedoch - entsprechend der Rechtsprechung des Senats zu Gesellschaftsverträgen von Publikumsgesellschaften - einer ähnlichen Auslegung und Inhaltskontrolle wie Allgemeine Geschäftsbedingungen unterliegen.
45
bb) Es bedarf hier keiner Entscheidung darüber, ob die Bereichsausnahme des § 23 Abs. 1 AGBG bzw. des § 310 Abs. 4 BGB nF im Hinblick auf die Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. L 95 vom 21. April 1993, Seite 29-34) nicht eingreift, wenn sich Verbraucher an Publikumsgesellschaften beteiligen (so OLG Frankfurt/M., NJW-RR 2004, 991, 992 m.w.N.; OLG Oldenburg, NZG 1999, 896; KG, WM 1999, 731, 733; MünchKommBGB/Basedow, 5. Aufl., § 310 Rn. 86; Palandt/Grüneberg, BGB, 71. Aufl., § 310 Rn. 49 m.w.N.; a.A. Ulmer/Schäfer in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 11. Aufl., § 310 Rn. 120 m.w.N.), oder ob Gesellschaftsverträge von Publikumsgesellschaften weiterhin einer ähnlichen Auslegung und Inhaltskontrolle (§ 242 BGB) wie Allgemeine Geschäftsbedingungen unterliegen (BGH, Urteil vom 14. April 1975 - II ZR 147/73, BGHZ 64, 238, 241 ff.; Urteil vom 27. November 2000 - II ZR 218/00, ZIP 2001, 243, 244; Urteil vom 20. März 2006 - II ZR 326/04, ZIP 2006, 849 Rn. 9; kritisch MünchKommHGB/Grunewald, 3. Aufl., § 161 Rn. 124 f.). Denn die verjährungsverkürzende Klausel hält auch einer individualvertraglichen Billigkeitskontrolle gemäß §§ 157, 242 BGB nicht stand, da sie ohne ausreichenden sachlichen Grund einseitig die Belange der Gründungsgesellschafter zu Lasten der berechtigten Interessen der Anlagegesellschafter bevorzugt. Aufgrund der Verkürzung der Verjährung für Schadensersatzansprüche aus dem Gesellschaftsverhältnis auf weniger als fünf Jahre ist die Klausel unwirksam (BGH, Urteil vom 14. April 1975 - II ZR 147/73, BGHZ 64, 238, 241 f.; Urteil vom 20. März 2006 - II ZR 326/04, ZIP 2006, 849 Rn. 9; Urteil vom 13. Juli 2006 - III ZR 361/04, ZIP 2006, 1631 Rn. 14).
46
cc) An dieser Rechtsprechung ist trotz der Angleichung der Verjährungsvorschriften festzuhalten (s. BGH, Beschluss vom 13. Dezember 2011 - II ZB 6/09, ZIP 2012, 117 Rn. 51). Die Frage der Unwirksamkeit einer Vereinbarung über die Verjährungsfrist in der Klausel eines Gesellschaftsvertrages wird von der Übergangsvorschrift des Art. 229 § 6 EGBGB nicht berührt. Es kann zu keiner Heilung kommen, da jedes Rechtsgeschäft grundsätzlich nach dem Zeitpunkt seiner Vornahme zu beurteilen ist (Peters in Staudinger, BGB Neubearbeitung 2003, Art. 229 § 6 EGBGB Rn. 9 und 25). Die Klausel war nach bisherigem Recht unwirksam und bleibt es deshalb auch, selbst wenn sie jetzt im Rahmen des § 202 BGB nF zulässig wäre. Allein maßgeblich für die Beurteilung der Haftung der Beklagten zu 1 ist nach Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB das Recht zum Zeitpunkt des Beitritts des Klägers, da der haftungsbegründende und -ausfüllende Tatbestand eines Schadensersatzanspruchs bereits im Zeitpunkt des Beitritts gegeben ist (BGH, Urteil vom 19. Juli 2004 - II ZR 354/02, ZIP 2004, 1706, 1707; Urteil vom 8. Juli 2010 - III ZR 249/09, BGHZ 186, 152 Rn. 24 m.w.N.).
Bergmann Caliebe Drescher Born Sunder
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 11.09.2007 - 10a O 641/05 -
KG, Entscheidung vom 23.06.2009 - 17 U 67/07 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 321/08 Verkündet am:
15. Juli 2010
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zu den Anforderungen an den Vorsatz für einen Kapitalanlagebetrug durch
unrichtige vorteilhafte Angaben und Verschweigen nachteiliger Tatsachen in
einem Emissionsprospekt.
BGH, Urteil vom 15. Juli 2010 - III ZR 321/08 - OLG München
LG München I
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 15. Juli 2010 durch den Vizepräsidenten Schlick und die Richter Dörr,
Dr. Herrmann, Hucke und Tombrink

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 21. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 8. Dezember 2008 im Kostenpunkt - mit Ausnahme der Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2 - und insoweit aufgehoben, als es die im Berufungsurteil (S. 4 f) wiedergegebenen Klageanträge zu I und II gegen die Beklagte zu 1 betrifft.
Die weitergehende Revision wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2 im Revisionsverfahren - einschließlich 80,9 % der nach einem Wert von 28.182,40 € berechneten außergerichtlichen Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens - zu tragen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die noch nicht beschiedenen Kosten des Revisionsrechtszugs, an den 3. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Kläger Der erwarb durch auf Abschluss einer "Beitrittsvereinbarung" gerichtete Erklärung vom 24. November 1999 eine Beteiligung an der C. Gesellschaft für internationale Filmproduktion mbH & Co. Dritte Medienbeteiligungs KG (im Folgenden: Fonds III) in Höhe von 50.000 DM zuzüglich 5 % Agio. Der Beitritt sollte - dem von der Komplementärin der Beteiligungsgesellschaft herausgegebenen Prospekt entsprechend - über die Beklagte zu 1, eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, als Treuhandkommanditistin nach einem im Prospekt Teil B abgedruckten Vertragsmuster "Treuhandvertrag und Mittelverwendungskontrolle" vorgenommen werden. Die Beklagte zu 1, die im Prospekt in der Rubrik "Partner" als Gründungsgesellschafter bezeichnet wird, hatte ihre Stellung als Kommanditistin durch Abtretung des Geschäftsanteils des Gründungsgesellschafters K. erworben, der seinerseits Gesellschafter und Geschäftsführer der Komplementärin war. Zur Begrenzung des wirtschaftlichen Risikos aus der Filmvermarktung war im Emissionsprospekt vorgesehen, dass für einen Anteil von 80 % der Produktionskosten Sicherheiten bestehen sollten, etwa in Form von Ausfallversicherungen. Nachdem Produktionen nicht den erwünschten wirtschaftlichen Erfolg hatten, erwies sich der Versicherer, die N. Inc., nach Eintreten der Versicherungsfälle als zahlungsunfähig. Insgesamt erhielt der Kläger aus der Beteiligung Ausschüttungen von 26,3 %, das sind 6.723,49 €.
2
Der Kläger nimmt die Treuhandkommanditistin und den Beklagten zu 2, neben K. Gesellschafter der Komplementärin und seinerzeit zugleich Mehrheitsgesellschafter und Geschäftsführer der I. - und T. - B. mbH (im Folgenden: IT GmbH), Zug um Zug gegen Abtretung aller Ansprüche aus der Beteiligung auf Rückzahlung des eingezahlten Betrags von - unter Berücksichtigung der genannten Ausschüttung - noch 20.119,33 € nebst Zinsen in Anspruch (Antrag zu I). Darüber hinaus begehrt er die Feststellung, dass die Beklagten ihm den Steuerschaden zu ersetzen hätten , der ihm durch eine etwaige nachträgliche Aberkennung von Verlustzuweisungen entstehe (Antrag zu II), und dass sie ihn von Ansprüchen freistellen müssten, die die Beteiligungsgesellschaft, deren Gläubiger oder Dritte gegen ihn wegen seiner Stellung als Kommanditisten richten könnten (Antrag zu III). Er sieht - soweit jetzt noch von Interesse - unter anderem einen Prospektmangel und eine Aufklärungspflichtverletzung darin, dass er von der Beklagten zu 1 nicht über Provisionszahlungen in Höhe von 20 % für die Eigenkapitalvermittlung an die IT GmbH unterrichtet worden sei. Den Beklagten zu 2 nimmt er als faktischen Geschäftsführer aller C. -Fonds nach § 826 BGB, § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit §§ 263, 264a StGB auf Schadensersatz in Anspruch.
3
Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Anträge zu I und II gegen die Beklagten weiter.

Entscheidungsgründe


4
Die Revision führt, soweit sie die Beklagte zu 1 betrifft, im Umfang der Zulassung zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Gegenüber dem Beklagten zu 2 hat das Rechtsmittel keinen Erfolg.

A.


5
Das Berufungsgericht würdigt die von ihm erhobenen Beweise dahin, dass die IT GmbH - neben der prospektierten Provision von 7 % für die Eigenkapitalvermittlung und dem Agio von in der Regel 5 % - weitere 8 % Provision als Vergütung für pauschale Werbungskosten von der Komplementärin erhalten habe. Die Beklagte zu 1 sei verpflichtet gewesen, den Kläger darüber zu informieren , dass die mit dem Vertrieb der Beteiligung befasste IT GmbH auch noch diese Vergütung für pauschale Werbungskosten, also insgesamt 20 % des Beteiligungsbetrags , erhalten sollte. Diese Pflicht beruhe auf dem Umstand, dass die IT GmbH in der Person ihres (früheren) Geschäftsführers und Gesellschafters , des Beklagten zu 2 - zugleich Gesellschafter der Komplementärin -, mit dieser verflochten gewesen sei und der Beklagten zu 1 die die Verflechtung begründenden Umstände und die Sonderbehandlung der IT GmbH bekannt gewesen seien.
6
Ungeachtet einer möglichen Aufklärungspflichtverletzung sei die Beklagte zu 1 nicht schadensersatzpflichtig, weil der Kläger wegen der Zahlung pauschalierter Werbungskosten keine Ansprüche erhoben und nicht behauptet habe , dass dieser Umstand für ihn von entscheidender Bedeutung gewesen sei. Soweit der Kläger geltend gemacht habe, er hätte sich an dem Fonds nicht beteiligt , wenn er Kenntnis von der 20 %igen Provisionszahlung an die IT GmbH gehabt hätte, genüge dies - ungeachtet einer Kausalitätsvermutung - nicht. Der formelhafte Vortrag der Prozessbevollmächtigten des Klägers in verschiedenen Parallelverfahren habe nicht mit dem Ergebnis der persönlichen Anhörung der jeweiligen Anleger durch den Senat übereingestimmt, weshalb er sich einen persönlichen Eindruck von dem Kläger habe verschaffen wollen. Dieser sei jedoch trotz der Anordnung des persönlichen Erscheinens zu keinem der be- stimmten Termine erschienen, ohne sich hinreichend zu entschuldigen. Vom Termin am 20. Oktober 2008, in dem er aufgrund des Beschlusses vom 13. Oktober 2008 als Partei habe vernommen werden sollen, habe er von seiner Prozessbevollmächtigten Kenntnis gehabt. Es entschuldige ihn nicht, dass seine Prozessbevollmächtigte ihm die unrichtige Information gegeben habe, er müsse zu diesem Termin nicht erscheinen, weil dieser wegen eines noch nicht beschiedenen Ablehnungsantrags und eines deshalb gestellten Terminverlegungsantrags nicht stattfinden werde. Aus dem Verhalten des Klägers schließe das Berufungsgericht, dass er seine Einvernahme nach § 454 ZPO verweigere, und würdige dies dahin, dass die Kausalität des fraglichen Umstands zu verneinen sei.
7
Eine Haftung des Beklagten zu 2 komme nicht in Betracht. Er sei weder für den Prospekt verantwortlich noch hätten in seiner Person vorvertragliche Beziehungen zum Kläger bestanden. Voraussetzung für eine deliktische Haftung wäre ein vorsätzliches Verhalten, wofür der Kläger jedoch keinen ausreichenden Sachvortrag gehalten habe.

B.


8
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung nur in Bezug auf Ansprüche gegen den Beklagten zu 2 stand.
I. Ansprüche gegen die Beklagte zu 1
9
1. Zu Recht prüft das Berufungsgericht, ob Ansprüche des Klägers wegen eines Verschuldens bei den Vertragsverhandlungen entstanden sind. Hier ist in Betracht zu ziehen, dass die Beklagte zu 1 als Treuhandkommanditistin die Pflicht treffen konnte, die künftigen Treugeber über alle wesentlichen Punkte aufzuklären, die für die zu übernehmende mittelbare Beteiligung von Bedeutung waren (vgl. BGH, Urteil vom 24. Mai 1982 - II ZR 124/81 - BGHZ 84, 141, 144 f; Senatsurteile vom 13. Juli 2006 - III ZR 361/04 - NJW-RR 2007, 406, 407 Rn. 9; vom 22. März 2007 - III ZR 98/06 - NJW-RR 2007, 1041, 1043 Rn. 15; vom 29. Mai 2008 - III ZR 59/07 - NJW-RR 2008, 1129, 1130 Rn. 8; vom 12. Februar 2009 - III ZR 90/08 - NJW-RR 2009, 613, 614 Rn. 8), insbesondere diese über regelwidrige Auffälligkeiten zu informieren. Einer entsprechenden Pflicht war die Beklagte zu 1 nicht bereits deshalb enthoben, weil sie mit den Anlegern nicht in einen persönlichen Kontakt trat und ihre Aufgabe als die einer bloßen Abwicklungs - und Beteiligungstreuhänderin verstand. Denn der Beitritt vollzog sich durch Abschluss eines Treuhandvertrags zwischen der Beklagten und dem Treugeber und der Annahme des Beteiligungsangebots durch die Komplementärin (§ 3 Abs. 4, § 4 Abs. 1 Satz 4 des Gesellschaftsvertrags, Präambel des Treuhandvertrags), war also ohne Mitwirkung der Beklagten zu 1 nicht möglich.
10
2. Das angefochtene Urteil kann jedoch nicht bestehen bleiben, weil das Berufungsgericht die einer Aufklärungspflicht der Beklagten zu 1 entgegenstehenden Umstände nicht rechtsfehlerfrei festgestellt und die Ursächlichkeit für die Anlageentscheidung mit einer nicht tragfähigen Begründung verneint hat.
11
a) Wie der Senat für den Fonds III (Urteile vom 29. Mai 2008 - III ZR 59/07 - aaO S. 1131 ff Rn. 17-26; vom 6. November 2008 - III ZR 231/07 - NJW-RR 2009, 329 ff Rn. 5-14; vom 12. Februar 2009 - III ZR 90/08 - aaO S. 614 ff Rn. 9-26) und den Fonds II (Teilurteil vom 12. Februar 2009 - III ZR 119/08 - juris und BeckRS 2009, 7718 Rn. 8-25) entschieden hat, war die Beklagte zu 1 nach den in den damaligen Verfahren revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Sachverhalten verpflichtet, den Anleger darüber zu informieren, dass die mit dem Vertrieb der Beteiligung befasste IT GmbH hierfür eine Provision von 20 % beanspruchte und erhalten sollte. Er hat dies wie folgt begründet: Der Gesellschaftsvertrag enthalte für die vorgesehene Mittelverwendung einen Investitionsplan, nach dem in die Beschaffung des Eigenkapitals 7 % des Beteiligungskapitals fließen solle. Darüber hinaus ergebe sich aus den Verträgen zur Durchführung der Investition, dass die Komplementärin, die sich zur Vermittlung des Zeichnungskapitals verpflichtet hatte, zusätzlich das Agio von 5 % erhalten sollte (Urteil vom 29. Mai 2008 - III ZR 59/07 - aaO S. 1131 Rn. 18; Urteil vom 12. Februar 2009 - III ZR 90/08 - aaO S. 614 Rn. 11). Demgegenüber habe der Anleger vorgetragen und in verschiedener Weise belegt, dass an die IT GmbH für die Vermittlung des Eigenkapitals 20 % geflossen seien (Urteil vom 29. Mai 2008 - III ZR 59/07 - aaO Rn. 19; Urteil vom 12. Februar 2009 - III ZR 90/08 - aaO S. 615 f Rn. 16-18). Die Komplementärin sei an die Beachtung des Investitionsplans gebunden und nicht berechtigt gewesen, über die ihr zufließenden Mittel nach ihrem Belieben zu verfügen (Urteil vom 29. Mai 2008 - III ZR 59/07 - aaO S. 1132 Rn. 24; Urteil vom 12. Februar 2009 - III ZR 90/08 - aaO S. 614 f Rn. 12). Vor diesem Hintergrund könne nicht unbeantwortet bleiben, wie die Tätigkeitsbereiche der Eigenkapitalvermittlung und der Werbung im Hinblick auf die hierfür zu beanspruchende Vergütung voneinander abzugrenzen seien (Urteil vom 12. Februar 2009 - III ZR 90/08 - aaO S. 615 Rn. 13 f).
12
Diesen Grundsätzen wird die Würdigung der Beweisaufnahme durch das Berufungsgericht, wie die Revision mit Recht rügt, nicht gerecht.
13
aa) Das Berufungsgericht nimmt auf der Grundlage der Aussage des Zeugen K. an, die IT GmbH habe die weiteren 8 % nicht als Provision (für die Vermittlung), sondern als pauschale Werbungskosten aus den Einnahmen der Komplementärin erhalten. In der Tat hat der Zeuge K. bekundet, es sei eine entsprechende mündliche Vereinbarung geschlossen worden, die den Zweck gehabt habe, "Vertriebsleute und Anleger" für die Beteiligungsgesellschaft zu gewinnen. Er hat hervorgehoben, die Vertriebsprovision und der Werbungskostenzuschuss seien streng voneinander unterschieden worden.
14
bb) Das Berufungsgericht geht offenkundig davon aus, die Vereinbarung pauschaler Werbungskosten sei für sich betrachtet, also zunächst ohne Berücksichtigung der zwischen der IT GmbH und der Komplementärin bestehenden Verflechtung, prospektgemäß und löse daher eine Aufklärungspflicht der Beklagten zu 1 nicht aus. Insoweit rügt die Revision mit Recht, dass sich das Berufungsgericht bei seiner Würdigung mit verschiedenen Gesichtspunkten nicht auseinandergesetzt hat, die dafür sprechen, dass es sich bei der zusätzlichen Provision für die IT GmbH um deren Vergütung für ihre Tätigkeit als großes Vertriebsunternehmen gehandelt hat.
15
Das (1) Berufungsgericht geht nicht auf die vom Kläger vorgelegten Rechnungen der IT GmbH vom 30. Oktober 1998 und 26. Oktober 1999 ein, in denen der Komplementärin - mit dem Hinweis, der Rechnungsbetrag enthalte keine Mehrwertsteuer - 20 % für die Vermittlung des Eigenkapitals in Rechnung gestellt werden. Beide Rechnungen betreffen zwar den Fonds II, der Aussage des Zeugen K. ist jedoch zu entnehmen, dass es die nämliche mündliche Provisionsabrede für die Fonds II, III und IV gegeben habe. Das Berufungsgericht beschäftigt sich auch nicht mit den beiden Rechnungen der IT GmbH vom 3. August 2000, in denen - wiederum mit dem Hinweis, der Rechnungsbetrag enthalte keine Mehrwertsteuer - für den Fonds III jeweils für dieselben geworbenen Anleger Eigenkapitalvermittlungsprovision von 12 % und ein Zuschuss zur Eigenkapitalvermittlungsgebühr von 8 % berechnet werden. Schließlich würdigt es das von K. unterzeichnete Schreiben der Komplementärin vom 11. Mai 1998 an die IT GmbH zu Händen des Beklagten zu 2 nicht, in dem davon gesprochen wird, K. wolle gegenüber dem Geschäftsführer der Beklagten zu 1 "insistieren, dass die der IT zustehenden 20 %-Vertriebskosten ebenfalls auf das KG-Konto überwiesen werden, von dem ich dann sofort die Mittel an die IT weiterleiten werde". Diese urkundlichen Beweismittel sprechen dafür, dass - entgegen der Aussage des vernommenen Zeugen - in der Rechnungsstellung und Handhabung keine strenge Unterscheidung zwischen der Eigenkapitalvermittlung von Gesellschaftsanteilen, die nach § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG nicht der Umsatzsteuerpflicht unterliegt, und Werbemaßnahmen, für die diese Befreiung nicht gilt, vorgenommen wurde (vgl. Senatsbeschluss vom 17. Dezember 2009 - III ZR 319/08 - WM 2010, 301 Rn. 2; Senatsurteil vom 22. April 2010 - III ZR 318/08 - WM 2010, 1017, 1019 Rn. 13).
16
(2) Das Berufungsgericht hat sich ferner nicht die nach dem Streitstoff erhebliche Frage vorgelegt, wie im Hinblick auf die Regelungen im Investitionsplan und die ergänzenden Ausführungen zum Inhalt der Leistungsverträge Werbemaßnahmen im Rahmen der Konzeption des Fonds von einer Werbung abzugrenzen sind, die die IT GmbH als großes Vertriebsunternehmen zur Bewerbung der insgesamt von ihr vertriebenen Produkte betrieben hat. Wie der Senat - nach Erlass des hier angefochtenen Urteils - für den Fonds III entschieden hat, kann im Hinblick auf die Regelungen im Investitionsplan nicht jegliche Werbetätigkeit nach der Budgetposition "Konzeption, Werbung, Prospekt, Gründung" abgerechnet werden, sondern es sind übliche Werbemaßnahmen, die der Eigenkapitalvermittlung dienen, hiervon auszunehmen (vgl. eingehend hierzu Senatsurteil vom 12. Februar 2009 - III ZR 90/08 - aaO S. 614 f Rn. 11-14). Nähere Feststellungen zur Werbetätigkeit der IT GmbH hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Immerhin kann bereits der hier wiedergegebenen Aussage des Zeugen K. entnommen werden, dass es um Anlegerwerbung und um die Information von "Vertriebsleuten" ging, also um Maßnahmen, die mit der Gewinnung von Anlegern in engem Zusammenhang stehen.
17
cc) Die Beklagte zu 1 kann der Annahme einer möglichen Pflichtverletzung nicht entgegenhalten, die Komplementärin, die Inhaberin eines eigenen gewerblichen Unternehmens sei, das Handelsgeschäfte auf eigene Rechnung betreibe, habe - nicht als Gesellschafterin, sondern als Dritte - mit der jeweiligen Beteiligungsgesellschaft Leistungsverträge geschlossen, die mit ihrem wesentlichen Inhalt und der versprochenen Vergütung im Emissionsprospekt bekannt gemacht worden seien. Es unterliege nicht dem geringsten rechtlichen Zweifel, dass die Komplementärin als Dritte im Rahmen der Leistungsverträge in anderer Funktion und mit anderen Rechten und Pflichten handele als in ihrer Funktion als Geschäftsführerin der Beteiligungsgesellschaft und dass die Leistungsverträge uneingeschränkt wirksam und verbindlich seien. Für die Auffassung, die Komplementärin sei bei der Verwendung ihrer aufgrund der Leistungsverträge erworbenen Mittel an den in § 6 des Gesellschaftsvertrags enthaltenen Investitionsplan gebunden, gebe es keine rechtliche Begründung. Für das Handeln der Komplementärin als Dritte, wozu der Abschluss und die Ausführung der genannten Leistungsverträge zählten, gelte nur das Recht ihrer eigenen Satzung und nicht der Gesellschaftsvertrag der Beteiligungsgesellschaft.
18
Diese Überlegungen rechtfertigen eine andere Beurteilung nicht, wie der Senat bereits in seinen Urteilen vom 23. Juli 2009 (III ZR 306/07 - juris und BeckRS 2009, 22376 Rn. 14 f; III ZR 323/07 - juris und BeckRS 2009, 22724 Rn. 14 f; III ZR 2/08 - juris und BeckRS 2009, 22723 Rn. 10 f) und 8. Oktober 2009 (III ZR 207/07 - WM 2009, 2358, 2359 f Rn. 11 ff; III ZR 259/07 - juris und BeckRS 2009, 86780 Rn. 13 ff; III ZR 241/08 - juris und BeckRS 2009, 86437 Rn. 11 ff) näher begründet hat. Dem Senat ist in den bisherigen Entscheidungen durchaus bewusst gewesen, dass die Komplementärin nach den Angaben des Emissionsprospekts verschiedene Leistungsverträge mit der Beteiligungsgesellschaft abgeschlossen hat, auf die der Senat im Einzelnen eingegangen ist. Die Wirksamkeit und Verbindlichkeit dieser Verträge, die die Komplementärin als Geschäftsführerin der Beteiligungsgesellschaft - nach dem Gesellschaftsvertrag von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit - mit sich abgeschlossen hat, ist nicht Gegenstand des anhängigen Verfahrens. Sie ist auch für die Frage, ob der Beklagten zu 1 eine Aufklärungspflichtverletzung vorzuwerfen ist, nicht vorgreiflich.
19
Nach dem im Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Vorbringen geht es vielmehr um den von den Anlegern erhobenen Vorwurf, die Initiatoren hätten die wahre Provisionshöhe für die Einwerbung des Beteiligungskapitals in den maßgeblichen Prospektangaben verschleiert, um die Beteiligung an den Mann bringen zu können. Unterstellt man dies als richtig, wird ein entsprechendes Verhalten der Initiatoren und Gründungsgesellschafter nicht dadurch pflichtgemäß , dass die an dieser Abrede beteiligte Komplementärin als Dritte mit der Beteiligungsgesellschaft Leistungsverträge abschließt, die diese Verschleierung absichern sollen.
20
b) Ist danach hier revisionsrechtlich davon auszugehen, dass die Beklagte zu 1 zu einer Aufklärung des Klägers über die Höhe der von der IT GmbH beanspruchten Provisionen verpflichtet war, wird die angefochtene Entscheidung nicht von der Überlegung getragen, es fehle an der Kausalität dieses Umstands für dessen Anlageentscheidung.
21
aa) Der Kläger hat vorgetragen, er hätte sich nicht beteiligt, wenn er Kenntnis von Provisionen in Höhe von 20 % an die IT GmbH gehabt hätte. Davon geht auch das Berufungsgericht aus. Das ist - anders als das Berufungsgericht meint - zunächst einmal ein hinreichender Vortrag (vgl. Senatsurteile vom 17. Dezember 2009 - III ZR 31/08 - juris und BeckRS 2010, 01124 Rn. 13; vom 22. April 2010 - III ZR 318/08 - aaO S. 1020 Rn. 19). Unterstellt man nämlich eine Pflichtverletzung der Beklagten zu 1, ist zu prüfen, wie sich der Kläger bei pflichtgemäßem Vorgehen der Beklagten zu 1 verhalten hätte. Die Beklagte zu 1 hätte ihrer Aufklärungspflicht zwar dadurch genügen können, dass sie darauf hingewirkt hätte, den Prospekt um entsprechende Angaben zu ergänzen; da dies aber nicht geschehen ist, konnte die Aufklärung nur in der Weise vorgenommen werden, dass der Kläger bei seinem Beitritt konkret über die entsprechenden Umstände informiert wurde. In diesem Rahmen kommt dem Kläger eine gewisse, auf die Lebenserfahrung gegründete Kausalitätsvermutung zugute (vgl. Senatsurteile vom 6. November 2008 - III ZR 290/07 - juris und BeckRS 2008, 23805 Rn. 19; vom 12. Februar 2009 - III ZR 90/08 - aaO S. 617 Rn. 27; vom 23. Juli 2009 - III ZR 306/07 - juris und BeckRS 2009, 22376 Rn. 17), die letztlich auf dem Umstand beruht, dass es aus der Sicht des Senats für den Vertrieb einer Kapitalanlage einen wesentlichen Unterschied macht, ob hierfür (nur) 12 % oder 20 % des Eigenkapitals aufgebracht werden müssen (vgl. Senatsurteile vom 29. Mai 2008 - III ZR 59/07 - aaO S. 1132 Rn. 22; vom 12. Februar 2009 - III ZR 90/08 - aaO S. 616 f Rn. 24). Die Kausalitätsvermu- tung sichert das Recht des Anlegers, in eigener Entscheidung und Abwägung des Für und Wider darüber zu befinden, ob er in ein bestimmtes Projekt investieren will oder nicht. Um sie zu widerlegen, muss der Aufklärungspflichtige jedenfalls darlegen, dass der einzelne Anleger den unterlassenen Hinweis unbeachtet gelassen hätte (vgl. BGH, Urteil vom 7. Dezember 2009 - II ZR 15/08 - NJW 2010, 1077, 1079 Rn. 24). Soweit die Revision in diesem Zusammenhang rügt, mangels entsprechenden Vorbringens der Beklagten zu 1 habe das Berufungsgericht nicht die Vernehmung des Klägers als Partei nach § 448 ZPO anordnen dürfen, übersieht sie, dass diese, worauf die Revisionserwiderung zutreffend hinweist, entsprechenden Vortrag gehalten hat.
22
bb) Das Berufungsgericht war aber nicht nach § 454 Abs. 1, § 446 ZPO berechtigt, die behauptete Tatsache nach freier Überzeugung als unwahr anzusehen; denn der Kläger hat es nicht abgelehnt, sich vernehmen zu lassen. Seine Prozessbevollmächtigte hat im Termin vom 13. Oktober 2008 angegeben, wenn der Senat eine Parteivernehmung beabsichtige, werde sie dies ihrem Mandanten raten und er werde sich dann als Partei vernehmen lassen. Die Gründe, mit denen der Kläger sein Fernbleiben im Termin vom 20. Oktober 2008 entschuldigte, ließen sich nicht als Weigerung interpretieren, sich zu dem - vom Berufungsgericht im Beweisbeschluss nicht einmal formulierten - Beweisthema vernehmen zu lassen. Denn der Kläger war von seiner Prozessbevollmächtigten dahin informiert worden, der Termin vom 20. Oktober 2008 werde wegen eines Terminverlegungsantrags und eines noch nicht beschiedenen Ablehnungsantrags nicht stattfinden. Diese Information war zwar ungesichert, weil der Verhandlungstermin tatsächlich (noch) nicht verlegt worden war; allerdings durfte die Prozessbevollmächtigte des Klägers erwarten, über die Ablehnung ihres Terminverlegungsantrags rechtzeitig vor dem Termin unterrichtet zu werden , was infolge eines Versehens der Geschäftsstelle unterblieben ist. Es kommt hinzu, dass der Kläger nicht - wie das Berufungsgericht befunden hat - sehr kurzfristig geladen worden ist, sondern dass ihn die Ladung unter Verletzung des § 217 ZPO, der auch bei einer Ladung zu einer Parteivernehmung zu beachten ist (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 28. Aufl. 2010, § 454 Rn. 3; Musielak/ Huber, ZPO, 7. Aufl. 2009, § 454 Rn. 2, § 450 Rn. 2; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 22. Aufl. 2006, § 454 Rn. 4; MünchKommZPO/Schreiber, 3. Aufl. 2008, § 454 Rn. 2; PG/Müller-Christmann, ZPO, 1. Aufl. 2010, § 454 Rn. 3; Hk-ZPO/Pukall, 3. Aufl. 2009, § 454 Rn. 2), vor dem Termin vom 20. Oktober 2008 überhaupt nicht erreicht hat. Das Berufungsgericht hat auch nicht, wie es nach § 454 Abs. 2 ZPO geboten war, im Termin vom 20. Oktober 2008 zur Hauptsache verhandelt, nachdem es - wie hier - von der Anberaumung eines erneuten Vernehmungstermins absehen wollte. Gleichwohl hat es "aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 20. Oktober 2008" entschieden. Die Revisionserwiderung macht zwar darauf aufmerksam, das Berufungsgericht sei im Hinblick auf frühere Termine, in denen mündlich verhandelt worden sei, befugt gewesen, gemäß § 251a ZPO nach Lage der Akten zu entscheiden. Von dieser Möglichkeit hat es jedoch ersichtlich keinen Gebrauch gemacht.
23
3. Das Berufungsurteil hat auch keinen Bestand, soweit es um die mangelnde Aufklärung über die Verflechtung der IT GmbH mit der Komplementärin in der Person des Beklagten zu 2 geht.
24
a) Zu Recht geht das Berufungsgericht allerdings von einer entsprechenden Aufklärungspflicht der Beklagten zu 1 aus.
25
aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat der Prospekt über ein Beteiligungsangebot, der für einen Beitrittsinteressenten im Allgemeinen die einzige Unterrichtungsmöglichkeit darstellt, den Anleger über alle Umstände , die für seine Entschließung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, sachlich richtig und vollständig zu unterrichten (vgl. BGH, Urteile vom 6. Oktober 1980 - II ZR 60/80 - BGHZ 79, 337, 344; vom 21. Oktober 1991 - II ZR 204/90 - BGHZ 116, 7, 12; vom 5. Juli 1993 - II ZR 194/92 - BGHZ 123, 106, 109 f; vom 29. Mai 2000 - II ZR 280/98 - NJW 2000, 3346; vom 6. Februar 2006 - II ZR 329/04 - NJW 2006, 2042, 2043 Rn. 7; Senatsurteil vom 14. Juni 2007 - III ZR 125/06 - WM 2007, 1503 f. Rn. 9). Dazu gehört auch eine Darstellung der wesentlichen kapitalmäßigen und personellen Verflechtungen zwischen einerseits der Komplementär-GmbH, ihren Geschäftsführern und beherrschenden Gesellschaftern und andererseits den Unternehmen sowie deren Geschäftsführern und beherrschenden Gesellschaftern, in deren Hand die Beteiligungsgesellschaft die nach dem Emissionsprospekt durchzuführenden Vorhaben ganz oder wesentlich gelegt hat (vgl. BGH, Urteile vom 6. Oktober 1980 - II ZR 60/80 - aaO S. 345; vom 10. Oktober 1994 - II ZR 95/93 - NJW 1995, 130; vom 7. April 2003 - II ZR 160/02 - NJW-RR 2003, 1054, 1055; Senatsurteil vom 29. Mai 2008 - III ZR 59/07 - aaO S. 1132 f Rn. 25; vgl. auch allgemein Urteil vom 4. März 1987 - IVa ZR 122/85 - NJW 1987, 1815, 1817, insoweit ohne Abdruck in BGHZ 100, 117), und der diesem Personenkreis gewährten Sonderzuwendungen oder Sondervorteile (vgl. BGH, Urteil vom 14. Januar 1985 - II ZR 41/84 - WM 1985, 533, 534; vom 10. Oktober 1994 - II ZR 95/93 - aaO; vom 7. April 2003 - II ZR 160/02 - aaO).
26
bb) Wie der Senat bereits in seinen Urteilen vom 29. Mai 2008 (III ZR 59/07 - aaO) und 12. Februar 2009 (III ZR 90/08 - aaO S. 617 Rn. 25; III ZR 119/08 - aaO Rn. 24) entschieden hat, musste in dem Emissionsprospekt her- ausgestellt werden, welche Rolle der IT GmbH bei der Verwirklichung des Vorhabens zukam. Das beruht auf zwei Gesichtspunkten. Zum einen ging es um die Person ihres Mehrheitsgesellschafters und seinerzeitigen Geschäftsführers, des Beklagten zu 2. Er war nach den Angaben im Prospekt zusammen mit K. Gesellschafter der Komplementärin mit Anteilen von mehr als 25 %; nach den Bekundungen des Zeugen K. hielt der Beklagte zu 2 eine Mehrheitsbeteiligung von 60 % (vgl. auch Senatsurteile vom 12. Februar 2009 aaO). Er war daher in der Lage, bestimmenden Einfluss auf die C. GmbH in ihrer Eigenschaft sowohl als Geschäftsführerin der Fondsgesellschaft als auch als mit bestimmten Aufgaben der Fondsgesellschaft betrautes Drittunternehmen auszuüben. Zum anderen war er Geschäftsführer und Gesellschafter der IT GmbH, die als Folge der Gewinnung von Anlegern Provisionen von 20 % erhielt und so stark in die Verwirklichung des Vorhabens eingebunden war, dass sie mit 36,02 % einen erheblichen Teil der Anleger für diesen Fonds einwarb. Soweit die Beklagte zu 1 hiergegen anführt, die Einbindung der IT GmbH in den Vertrieb könne nicht als "Vorhaben des Fonds" angesehen werden, das - entsprechend der Regelung im Gesellschaftsvertrag - in der Entwicklung, der Herstellung und dem Erwerb von Filmprojekten sowie der Beteiligung an Filmund Fernsehproduktionen im In- und Ausland bestanden habe, übersieht sie, dass die IT GmbH - nach dem Vortrag der Beklagten zu 1 - hierauf nicht beschränkt war, sondern gerade mit Werbemaßnahmen beauftragt worden sein soll, weil sie über die in der Filmbranche erforderlichen Kontakte verfügt habe und daher die Fondsbeteiligungen wesentlich öffentlichkeits- und medienwirksamer habe bewerben können als die Komplementärin selbst. Die Komplementärin habe nämlich weder über das erforderliche eigene Personal noch über das für die werbliche Einführung des Fondsprodukts erforderliche Kapital noch über ein der IT GmbH vergleichbares Know-how verfügt. Für die Entwicklung des Vorhabens kam es daher - auf der Grundlage des Vortrags der Beklagten zu 1 - von Beginn an entscheidend darauf an, dass die mit der Konzeptionierung des Fonds verbundene Werbung wie die anderen in dieser Budgetposition enthaltenen Aufgaben den Boden für eine erfolgreiche Vermittlung und Installierung der Beteiligungsgesellschaft bereiteten, um die angestrebten Investitionsmaßnahmen ordnungsgemäß durchführen zu können.
27
Für die Pflicht, über diese personelle und kapitalmäßige Verflechtung und die mit ihr verknüpften Sondervorteile zu informieren, spielt es angesichts des Umstands, dass im Prospekt hierzu jegliche Angaben fehlen, keine Rolle, ob die IT GmbH nur mit Aufgaben der Eigenkapitalvermittlung oder zusätzlich mit Werbemaßnahmen beauftragt war und ob die mit der Komplementärin ausbedungene Vergütung üblich oder angemessen war. Handelte es sich, wie der Kläger in erster Linie geltend macht und wofür die bereits angeführten Indizien sprechen, um eine Vergütung für die Eigenkapitalvermittlung, liegt nicht nur ein Verstoß gegen den Gesellschaftsvertrag, sondern im Verhältnis zu anderen mit der Eigenkapitalbeschaffung betrauten Unternehmen auch eine Sonder (Besser-)Behandlung vor. Diese Sonderbehandlung würde den Anleger nur dann nicht berühren, wenn die prospektgemäßen Mittel für die Eigenkapitalvermittlung (7 % plus 5 % Agio) insgesamt nicht überschritten worden wären. Davon kann jedoch, wie der Senat in seinen Urteilen vom 12. Februar 2009 im Einzelnen begründet hat (III ZR 90/08 - aaO S. 616 Rn. 21; III ZR 119/08 - aaO Rn. 20), keine Rede sein; dass die Zusatzvergütung aus einem anderen Budget entnommen worden ist, ist unstreitig. Aber auch dann, wenn es einen nach Inhalt und Umfang klaren, schriftlich fixierten Auftrag der IT GmbH gegeben hätte, bestimmte der Komplementärin zugewiesene Aufgaben außerhalb der eigentlichen Kapitalvermittlung vorzunehmen, wäre es für die Anleger von erheblichem Interesse gewesen, hierüber unterrichtet zu werden. Das liegt gerade bei Werbemaßnahmen eines großen Vertriebsunternehmens nahe, weil sich hierbei immer die Frage aufdrängen wird, ob diese Werbemaßnahmen im eigenen Interesse dieses Unternehmens, insbesondere im Hinblick auf seine sonstigen Vertriebsaktivitäten , durchgeführt werden oder ob sie in besonderer Weise der Fondsgesellschaft zugute kommen. Gerade weil es schwierig und problematisch ist, eine klare Abgrenzung zwischen Werbemaßnahmen für die Fondsgesellschaft und der "Einwerbung" von Gesellschaftskapital vorzunehmen oder - wie es hier in Streit steht - im Nachhinein eine nähere Klärung hierüber herbeizuführen , muss dem Anleger bei seinem Beitritt die Gelegenheit zu einer eigenverantwortlichen Entscheidung gegeben werden. Das gilt in besonderem Maße dann, wenn es - wie hier nach der Bekundung des Zeugen K. anzunehmen ist - nur mündliche Abreden gegeben hat. Hätte der Prospekt - wie aus der Sicht des Senats geboten - Angaben dazu enthalten, dass die IT GmbH für einen erheblichen Teil des Fonds mit der Einwerbung von Anlegern betraut ist und hierfür 7 % Provision und das Agio zu beanspruchen hat und weitere 8 % bezogen auf die von ihr eingeworbenen Anleger dafür erhält, dass sie im Rahmen der Konzeptionierung des Fonds bestimmte Werbemaßnahmen durchgeführt hat, hätte sich der Anleger überlegen können, ob ihn diese Abgrenzung überzeugt und was von Werbemaßnahmen (und dem Ansatz der Weichkosten insgesamt) zu halten ist, deren Vergütung an einen Vermittlungsvorgang geknüpft wird, der sich nur auf einen Teil der Anleger bezieht. Soweit die Beklagte daher auf die Vermittlungserfolge der IT GmbH verweist, ist dies angesichts der unterlassenen Aufklärung ein ambivalentes Argument. Dass es sich bei allem um Vergütungsansprüche der Komplementärin handelte, über die sie als Drittunternehmen prinzipiell nach ihren Vorstellungen verfügen durfte, ändert nichts an den Erwartungen der Anleger, die sie im Hinblick auf die Darstellung im Investitionsplan über deren Verwendung haben durften.
28
cc) Die Pflicht der Prospektverantwortlichen, die Anleger über die Einbindung der IT GmbH zu unterrichten, ist nicht deshalb zu verneinen, weil der Prospekt hinreichend über die der Komplementärin gewährten Sondervorteile Auskunft gibt. Die Beklagte zu 1 hat zwar dem Sinne nach eingewendet, aus der Information über diese - jetzt von ihr als "extrem hoch", "überhöht" und "exorbitant" bezeichneten - Sondervorteile folge, dass die Gesellschafter der Komplementärin deren Nutznießer seien. Das ist aber zu kurz gegriffen. Denn viele Anleger werden die der Komplementärin übertragenen Aufgaben - ungeachtet des Systems von Leistungsverträgen, die die Fondsgesellschaft mit ihr geschlossen hat - als solche ansehen, für deren Bewältigung diese bereits aufgrund ihrer Geschäftsführerstellung der Fondsgesellschaft verantwortlich ist. Diese im Prospekt enthaltene Information ist daher aus der Sicht des Senats nicht mit der fehlenden Aufklärung über die gesellschaftsrechtliche Verflechtung der IT GmbH und die ihr übertragenen Aufgaben zu vergleichen.
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dd) Das Berufungsgericht hat auch rechtsfehlerfrei angenommen, dass die Beklagte zu 1, die nicht selbst prospektverantwortlich ist, zu einer Aufklärung des Klägers verpflichtet war, weil ihr die maßgebenden Umstände bekannt waren. Sie wusste aufgrund ihrer eigenen Berechnungen im Rahmen der Mittelfreigabe , dass die IT GmbH Provisionen von 20 % erhielt, und ihr waren auch die Verflechtungen zwischen diesem Unternehmen und der Komplementärin in der Person des Beklagten zu 2 bekannt, was das Berufungsgericht - unbeanstandet von der Revisionserwiderung - aus dem Schreiben der Beklagten zu 1 vom 9. Februar 1998 auf eine Publikation des Direkten Anlegerschutzes vom 16. Januar 1998 geschlossen hat, in der auf diese Verflechtung hingewiesen wurde. Als Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, zu deren Berufsbild nach § 2 Abs. 3 Nr. 3 WPO auch die Wahrnehmung von Treuhandaufgaben gehört, musste sie wissen, dass ein Prospekt über wesentliche kapitalmäßige und per- sonelle Verflechtungen zwischen der Komplementär-GmbH, ihren Geschäftsführern und beherrschenden Gesellschaftern einerseits und den Unternehmen sowie deren Geschäftsführern und beherrschenden Gesellschaftern andererseits , in deren Hand die Beteiligungsgesellschaft die durchzuführenden Vorhaben ganz oder wesentlich gelegt hat, informieren muss.
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b) Eine Schadensersatzpflicht der Beklagten zu 1 lässt sich jedoch nicht mit der Begründung verneinen, der Kläger habe seine Ansprüche nicht darauf gestützt, dass an die IT GmbH pauschalierte Werbungskosten gezahlt worden seien. Wie zu 2 a bb ausgeführt, fehlt es bereits an einer fehlerfreien Feststellung , dass es sich bei den zusätzlichen Zahlungen in Höhe von 8 % um eine pauschale Vergütung für Werbeaufwendungen gehandelt hat. Im Übrigen ist es für die Aufklärungspflicht wegen des Verflechtungsgesichtspunkts nicht von Bedeutung , für welche Zwecke diese zusätzlichen Zahlungen geleistet worden sind. Es genügt daher, dass der Kläger, wie die Revision mit Recht rügt, auf die Verflechtung und die Kenntnis der Beklagten zu 1 sowie darauf hingewiesen hat, dass die IT GmbH eine im Prospekt nicht offengelegte Sondervergütung erhalten habe. Die hierdurch bewirkte Gefährdung von Anlegerinteressen liegt in der Eingehung einer Beteiligung, deren Rentierlichkeit auf der Grundlage des Prospekts, der die Weichkosten nur in kleinen unverdächtigen Dosen aufführte, nicht hinreichend beurteilt werden konnte. Auch unter dem Gesichtspunkt der Kausalität kommt es nicht auf die Bezeichnung der Mehrvergütung an. Wie oben näher dargelegt (siehe oben 2 b), genügen die Feststellungen des Berufungsgerichts nicht, die dem Anleger zugute kommende Kausalitätsvermutung als widerlegt anzusehen.
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4. Das angefochtene Urteil kann auch insoweit nicht bestehen bleiben, als das Berufungsgericht den Feststellungsantrag des Klägers auf Ersatz von Steuerschäden aufgrund einer nachträglichen Aberkennung von Verlustzuweisungen abgewiesen hat.
32
Wie der Kläger im Revisionsverfahren näher ausgeführt hat, verfolgt er mit diesem Antrag nicht, die Beklagte zu 1 wegen eines eigenständigen Fehlers auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen, etwa auch in dem Fall, dass sein mit einer "Rückgabe" der Beteiligung verbundener Zahlungsantrag unbegründet wäre. Vielmehr will er, wenn sein Zahlungsantrag Erfolg hat und es zu einer entsprechenden Schadensersatzleistung der Beklagten zu 1 sowie zu einer Übertragung der Rechte aus der Beteiligung kommt, mit diesem Antrag sicherstellen , dass er über die notwendige Versteuerung der Ersatzleistung hinaus nicht auch noch die Verlustzuweisung verliert.
33
Da das Ziel dieses Antrags damit unmittelbar die Frage betrifft, wie weit - ausschließlich auf der Rechtsfolgenseite - die aus einer Aufklärungspflichtverletzung der Beklagten zu 1 folgende Schadensersatzverpflichtung reicht, ist das Feststellungsinteresse des Klägers nicht zu verneinen. In der Sache besteht in der vom Kläger gewünschten Nichtanrechnung von Steuervorteilen auf seinen Schadensersatzanspruch und der Versteuerung der Ersatzleistung ein Zusammenhang , der es im Allgemeinen, sofern nicht außergewöhnliche Steuervorteile vorliegen, entbehrlich macht, eine nähere Berechnung vorzunehmen (vgl. BGH, Urteile vom 22. März 1979 - VII ZR 259/77 - BGHZ 74, 103, 114 ff; vom 27. Juni 1984 - IVa ZR 231/82 - NJW 1984, 2524; Senatsurteil vom 17. November 2005 - III ZR 350/04 - NJW 2006, 499 Rn. 8).
34
Dieser Zusammenhang würde gestört, wenn die Verlustzuweisung nachträglich aberkannt würde. Allerdings führt dies nicht zu einem Schadensersatzanspruch auf Ersatz der Steuervorteile, die bisher auf der Anerkennung der Verlustzuweisung beruhten. Denn im Rahmen des hier verfolgten Schadensersatzanspruchs , der dahin geht, so gestellt zu werden, als hätte sich der Kläger nicht beteiligt, besteht kein (Erfüllungs-)Anspruch auf den Eintritt von Folgen, die sich aus der Beteiligung selbst ergeben. Bei einer Aberkennung von Verlustzuweisungen und einer damit einhergehenden steuerlichen Nachforderung kommt aber wegen der hierauf zu entrichtenden Zinsen ein Schadensersatzanspruch in Betracht, auf den die Vorteile aus der über Jahre währenden Anerkennung von Verlustzuweisungen anzurechnen wären (vgl. Senatsurteil vom 22. April 2010 - III ZR 318/08 - aaO S. 1022 Rn 32).
II. Ansprüche gegen den Beklagten zu 2
35
1. Das Berufungsgericht geht davon aus, dass zwischen dem Beklagten zu 2 und dem Kläger keine vorvertraglichen Beziehungen bestanden haben, auf deren Grundlage eine Haftung wegen Verschuldens bei den Vertragsverhandlungen oder wegen Prospekthaftung im weiteren Sinne in Betracht käme. Das wird von der Revision nicht beanstandet. Mögliche Ansprüche aus Prospekthaftung im engeren Sinne, an die im Hinblick auf die erörterten Verflechtungen und Einflussmöglichkeiten des Beklagten zu 2 zu denken wäre, sind spätestens drei Jahre nach dem Beitritt (24. November 1999) verjährt (vgl. Senatsurteil vom 6. März 2008 - III ZR 298/05 - NJW-RR 2008, 1365, 1366 f Rn. 12 m.w.N.). Die Revision stellt daher zu Recht nur zur Nachprüfung, ob der Beklagte zu 2 aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 264a StGB und aus § 826 BGB deliktisch haftet.
36
2. Bei dieser Beurteilung ist, weil das Berufungsgericht insoweit keine fehlerfreien Feststellungen getroffen hat (siehe oben I 2 a), revisionsrechtlich da- von auszugehen, dass der Kläger vor seiner Anlageentscheidung darüber zu informieren war, dass an die IT GmbH Vertriebsprovisionen von 20 % gezahlt werden sollten und wurden. Insoweit enthielt der Prospekt die (möglicherweise) unrichtige, für den Anleger vorteilhafte Angabe einer geringeren Vertriebsprovision. Darüber hinaus musste dem Kläger mitgeteilt werden, welche Rolle der IT GmbH im Hinblick auf die personelle und kapitalmäßige Verflechtung mit der Komplementärin bei der Verwirklichung des Vorhabens zukam. Ob dem Kläger insoweit eine nachteilige Tatsache im Sinn des § 264a Abs. 1 Nr. 1 StGB verschwiegen wurde und ob der objektive Tatbestand dieser Norm erfüllt worden ist, braucht der Senat nicht abschließend zu entscheiden, da das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen ist, dass die Angaben des Klägers über ein vorsätzliches Verhalten des Beklagten zu 2 für die Annahme einer Schadensersatzpflicht wegen Verletzung dieses Schutzgesetzes nicht genügen.
37
a) In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist geklärt, dass die Erheblichkeit des für die Anlageentscheidung bedeutsamen Umstands ein normatives Tatbestandsmerkmal ist. Daraus folgt, dass der Täter nicht nur die tatsächlichen Umstände kennen, sondern auch die rechtliche Wertung der Erheblichkeit nachvollziehen muss (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2005 - 5 StR 283/04 - NJW 2005, 2242, 2245; Beschluss vom 2. Februar 2010 - VI ZR 254/08 - juris und BeckRS 2010, 07412 Rn. 2).
38
b) Was der Kläger an Kenntnissen des Beklagten zu 2 behauptet, genügt auch bei der hier gebotenen revisionsrechtlichen Unterstellung für die Erfüllung des subjektiven Tatbestands der Norm nicht.
39
aa) Soweit es um den Vorwurf geht, im Prospekt seien die für die Eigenkapitalvermittlung vorgesehenen Provisionen auf 7 % und das Agio von (in der Regel) 5 % beschränkt und ein weiterer Vergütungsanteil von 8 %, der an die IT GmbH gezahlt werden sollte, in anderen Positionen des Investitionsplans versteckt worden, weil der Beklagte zu 2 gewusst habe, dass sich eine Anlage mit Vertriebsprovisionen von 20 % nicht vertreiben lasse, wird freilich - bezogen auf einzelne Elemente des Straftatbestands - ein vorsätzliches Verhalten des Beklagten zu 2 behauptet. Denn nach diesem Vortrag muss davon ausgegangen werden, dass der Beklagte zu 2 die Höhe der von ihm für die IT GmbH ausgehandelten Vertriebsprovision und die hiervon abweichenden Angaben des Prospektes kannte, auf dessen Grundlage die Anleger eingeworben wurden.
40
Dass sich der Beklagte zu 2 der Erheblichkeit der vom Kläger behaupteten Irreführung der Anleger in Bezug auf die Prospektierung des Projekts bewusst gewesen ist, folgt daraus indes nicht. Denn es ist insoweit zu berücksichtigen , dass hiervon - auch unter Zugrundelegung des Vortrags des Klägers - die für die Produktion und den Erwerb von Filmrechten prospektierten Kosten nicht berührt worden sind, insgesamt also nur Kosten für Funktionsträger aufgewendet worden sind, die sich im Rahmen des Prospekts gehalten haben. Dem entspricht es, dass bis zur Senatsentscheidung vom 29. Mai 2008 (III ZR 59/07 - aaO) die Berufungssenate des Oberlandesgerichts München, bei dem eine Vielzahl entsprechender Anlegerklagen anhängig (gewesen) sind, nahezu einhellig angenommen haben, der Emissionsprospekt sei nicht zu beanstanden und der Komplementärin sei es überlassen, nach ihrem Belieben über die Mittel zu verfügen, die sie aufgrund der mit der Fondsgesellschaft abgeschlossenen Leistungsverträge erhalten habe. Es ist dem Beklagten zu 2, der hinsichtlich der Vergütung von weiteren 8 % behauptet hat, sie habe der Abgeltung von aufwändigen Werbemaßnahmen für den Fonds gedient, nach dem Vorbringen des Klägers daher nicht zu widerlegen, dass der Prospekt aus seiner (juristisch) laienhaften Sicht alle erforderlichen Angaben richtig enthalten hat und dass die Komplementärin befugt war, dem von ihm vertretenen Unternehmen die Vergütung aus dem Budgettopf "Konzeption, Werbung, Prospekt, Gründung" zu zahlen.
41
bb) Dasselbe ist hinsichtlich der unterlassenen Information über die Einbindung der IT GmbH in die Verwirklichung des Vorhabens anzunehmen. Zwar reicht die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Notwendigkeit der Offenlegung kapitalmäßiger und personeller Verflechtungen bis in das Jahr 1980 zurück (siehe oben I 3 a aa) und kann daher als seit langem gefestigt angesehen werden (vgl. BGH, Beschluss vom 2. Februar 2010 - VI ZR 254/08 - aaO Rn. 5). Die hier zu beurteilende Fallgestaltung weist jedoch eine Besonderheit auf, die für einen Verschuldensvorwurf an den Beklagten zu 2 von erheblicher Bedeutung ist. Der Emissionsprospekt informierte über die der Komplementärin gewährten Sondervorteile (vgl. Senatsurteil vom 15. Juli 2010 - III ZR 338/08 - zu B I 2 a aa-cc), in denen die betragsmäßig geringeren Sondervorteile der IT GmbH steckten. Zwar hätte ein Prospektverantwortlicher im Hinblick auf die gefestigte Rechtsprechung nicht ohne Fahrlässigkeit davon ausgehen dürfen, die der IT GmbH gewährten Sondervorteile seien für die Anleger ohne Interesse. Dass der Beklagte zu 2 angenommen hat, es bestehe in dieser Hinsicht im Hinblick auf den angeführten Gesichtspunkt keine Prospektierungspflicht, kann ihm aufgrund des Vorbringens des Klägers nicht widerlegt werden, so dass es an dem notwendigen Vorsatz fehlt.
42
c) Nichts anderes gilt hinsichtlich eines Schadensersatzanspruchs aus § 826 BGB.
Schlick Dörr Herrmann
Hucke Tombrink
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 19.02.2008 - 34 O 8703/07 -
OLG München, Entscheidung vom 08.12.2008 - 21 U 2701/08 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 41/03 Verkündet am:
4. Mai 2004
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 4. Mai 2004 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe und
die Richter Dr. Bungeroth, Dr. Müller, Dr. Joeres und Dr. Wassermann

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 19. Dezember 2002 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin nimmt die Beklagte aus eigenem Recht und aus abgetretenem Recht ihres Bruders wegen des Verlusts von Kapitalanlagebeträgen auf Schadensersatz in Anspruch. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Beklagte, eine in New York ansässige Aktiengesellschaft amerikanischen Rechts, veranlaßte im Jahr 1990 die Gründung der D. AG.
Aktien Die wurden von den Mitglie dern des Aufsichtsrats und des Vorstands treuhänderisch für die Beklagte übernommen. Die D. AG legte unter anderem ein DAX-Programm, das den Handel mit Terminkontrakten auf den Deutschen Aktien Index (DAX) zum Inhalt hatte , auf. Für eine Beteiligung an diesem Fonds wurde mit einem Zeichnungsprospekt geworben, der auf der Titelseite als Angebot der D. AG bezeichnet und mit dem Emblem der Beklagten versehen war. In ihm hieß es insbesondere, daß die D. AG, eine Tochtergesellschaft der Beklagten, die Aufgabe der Vermögensverwalterin wahrnehmen werde. Die im Jahr 1870 gegründete Beklagte sei das älteste private Mitglied der New Yorker Börse.
Die Klägerin zeichnete am 13. April 1993 und am 21 . Juli 1993 Anteile an dem DAX-Programm von 10.000 DM und 20.000 DM. Ihr Bruder zeichnete am 12. August 1993 einen Anteil von 40.000 DM.
Im Frühjahr 1993 kam der Verdacht auf, daß ein Ang estellter der B. AG unter Mitwirkung von Mitarbeitern der D. AG unzulässige Insidergeschäfte vorgenommen hatte. Das DAXProgramm war hiervon nicht unmittelbar betroffen. Mit Vertrag vom 22./27. Juli 1993 verkaufte die Beklagte daraufhin die Aktienrechte an der D. AG. Am 28. Juli 1993 bestellte deren Aufsichtsrat auf Veranlassung des Käufers einen neuen Vorstand. Bis zu diesem Zeitpunkt waren im DAX-Programm Gewinne erzielt worden. In den folgenden Monaten wurden die von der Klägerin und ihrem Bruder angelegten Beträge insbesondere dadurch aufgezehrt, daß die D. AG mittels des Abschlusses einer Vielzahl von Verträgen Provisionsschinderei betrieb
("Churning"). Im Frühjahr 1994 wurde das Konkursverfahren über ihr Vermögen eröffnet.
Die Klägerin begehrt mit der im Mai 2001 erhobenen Klage Schadensersatz in Höhe von 72.400 DM nebst Zinsen. Hierin sind gezahlte Agios von 2.400 DM enthalten. Sie macht geltend, daß zwischen ihr und ihrem Bruder sowie der Beklagten ein auf Verwaltung des Anlagevermögens gerichteter Vertrag zustande gekommen sei. Sie stützt ihren Anspruch insbesondere auch auf den Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluß. Die Beklagte habe das DAX-Programm initiiert sowie den Zeichnungsprospekt gekannt und gebilligt. Indem im Zeichnungsprospekt mit ihrem Ansehen und ihrer Branchenerfahrung geworben worden sei, habe sie persönlich das Vertrauen der Klägerin und ihres Bruders in Anspruch genommen. Sie habe diese daher über den Verkauf der Aktienrechte an der D. AG und die Auswechselung des Vorstands informieren müssen. In diesem Fall hätten sie, die Klägerin und ihr Bruder, ihre Beteiligungen an dem DAX-Programm gekündigt und ihre - zu diesem Zeitpunkt sogar leicht gestiegenen - Einlagen zurückgefordert bzw. von der Beteiligung an dem DAX-Programm abgesehen.
Die Beklagte bestreitet, für das DAX-Programm und den Zeichnungsprospekt verantwortlich zu sein. Sie hat die Einrede der Verjährung erhoben. Nach Schluß der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht hat sie geltend gemacht, daß sie bereits im Jahr 1998 liquidiert worden sei und als Rechtsperson nicht mehr existiere.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Ober landesgericht hat ihr stattgegeben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revisi-
on erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebun g des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im wes entlichen wie folgt begründet:
Aus der Verbreitung des DAX-Prospekts durch die D. hät- AG ten sich für die Beklagte den Anlegern gegenüber Pflichten ergeben, deren Verletzung zu Schadensersatzansprüchen der Klägerin und ihres Bruders führe. Der DAX-Prospekt sei dazu geeignet und bestimmt gewesen , bei den Anlegern das Vertrauen zu schaffen, die Beklagte garantiere mit ihrem guten Namen, ihrer langjährigen geschäftlichen Erfahrung und ihrer Bonität für die Sicherheit der Einlagen. Hieraus habe sich eine Garantenstellung der Beklagten ergeben, weil die D. AG mit Wissen und Billigung der Beklagten deren good will bei der Werbung für das DAX-Programm in Anspruch genommen habe. Bereits der Gründung der D. AG auf Veranlassung der Beklagten habe der Gedanke zugrunde gelegen, unter Verwendung des eingeführten Namens und des Rufs der
Beklagten Investoren für Börsentermingeschäfte zu gewinnen. Die Beklagte habe die maßgebliche Kontrolle über die geschäftlichen Aktivitäten der D. AG gehabt. Die wesentlichen Umstände des DAXProgramms , insbesondere dessen Prospekt und seine Vertriebsart, seien der Beklagten bekannt gewesen.
Die Beklagte sei kraft ihrer durch die Inanspruchn ahme von Vertrauen begründeten Garantenpflicht gehalten gewesen, vor Übertragung der Anteile an der D. AG die bereits im DAX-Programm engagierten Anleger von dem bevorstehenden Wechsel der Aktionäre zu informieren. Diesen habe ein aus § 242 BGB herzuleitendes Sonderkündigungsrecht zugestanden. Bei Kenntnis des Gesellschafterwechsels hätte die Klägerin ihren am 13. April 1993 gezeichneten Anteil gekündigt. Ferner hätten weder sie noch ihr Bruder die weiteren Anlagen von 20.000 DM und 40.000 DM getätigt. Den für die Beklagte handelnden Personen falle zumindest fahrlässiges Verhalten zur Last. Der Schadensersatzanspruch der Klägerin sei nicht verjährt, weil die dreißigjährige Verjährungsfrist des § 195 BGB a.F. maßgeblich sei. Lediglich Ansprüche aus Prospekthaftung im engeren Sinne seien in analoger Anwendung von § 20 KAGG der kurzen sechsmonatigen Verjährung unterworfen. Für die hier maßgebliche Haftung aus culpa in contrahendo gelte dies jedoch nicht.
Die erst nach Schluß der mündlichen Verhandlung au fgestellte Behauptung , die Beklagte existiere als Rechtsperson nicht mehr, sondern sei bereits im Jahr 1998 liquidiert worden, nötige nicht zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung oder zu einer anderen Entscheidung des Rechtsstreits. Das entsprechende Vorbringen der Beklagten, dessen Zulassung eine Beweisaufnahme notwendig machen und damit eine er-
hebliche Verfahrensverzögerung bewirken würde, sei verspätet (§ 528 ZPO a.F.).

II.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
1. Soweit das Berufungsgericht es abgelehnt hat, d er Behauptung der Beklagten nachzugehen, sie existiere als Rechtsperson nicht mehr, ist dies im Ergebnis richtig.

a) Unzutreffend ist allerdings die Begründung, die das Berufungsgericht dafür gegeben hat.
Die rechtliche Existenz und damit die Parteifähigk eit jeder an einem Rechtsstreit beteiligten Partei gehört zu den Prozeßvoraussetzungen , deren Mangel das Gericht nach § 56 Abs. 1 ZPO in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu berücksichtigen hat (BGHZ 134, 116, 118). Der Beklagte ist zwar nach § 282 Abs. 3 ZPO verpflichtet, Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen, innerhalb einer ihm gesetzten Frist zur Klageerwiderung oder spätestens in der ersten mündlichen Verhandlung geltend zu machen. Zulässigkeitsrügen des Beklagten, die eine der in § 56 Abs. 1 ZPO genannten Prozeßvoraussetzungen betreffen und auf die er daher nicht verzichten kann, dürfen aber in erster Instanz nicht wegen Verspätung zurückgewiesen werden (§ 296 Abs. 3 ZPO) und können in den Rechtsmittelinstanzen zu der dort ebenfalls von Amts wegen
durchzuführenden Überprüfung der Prozeßvoraussetzungen des § 56 Abs. 1 ZPO (vgl. BGHZ 134, 116, 118) Anlaß geben. Sie sind deshalb in der Berufungsinstanz einer Zurückweisung wegen Verspätung nicht zugänglich.
Das Berufungsgericht hat sich daher zu Unrecht auf § 528 ZPO a.F. gestützt, als es die erst nach dem Schluß der mündlichen Verhandlung aufgestellte Behauptung der Beklagten über ihre angebliche Nichtexistenz unbeachtet ließ.

b) Auf diesem Fehler beruht das Berufungsurteil je doch nicht. Das Berufungsgericht war aus einem anderen Grund berechtigt, das Vorbringen der Beklagten über ihre angebliche Nichtexistenz unbeachtet zu lassen.
aa) § 56 Abs. 1 ZPO verpflichtet die Gerichte nich t, in jedem Rechtsstreit von Amts wegen eine umfassende Überprüfung aller in der Vorschrift genannten Prozeßvoraussetzungen vorzunehmen. Sie haben in dieser Hinsicht lediglich einen "Mangel ... von Amts wegen zu berücksichtigen". Für die Prozeßvoraussetzung der Prozeßfähigkeit hat der Bundesgerichtshof daher ausgesprochen, daß im allgemeinen von ihrem Vorhandensein auszugehen und ihre Überprüfung nur dann angezeigt ist, wenn hinreichende Anhaltspunkte dafür gegeben sind, daß Prozeßunfähigkeit vorliegen könnte (BGHZ 86, 184, 189). Behauptet eine Partei , sie sei prozeßunfähig, so muß die Darlegung von Tatsachen erwartet werden, aus denen sich ausreichende Anhaltspunkte dafür ergeben, daß die Behauptung richtig sein könnte (BGHZ 18, 184, 189 f.; BGH, Urteile vom 4. Februar 1969 - VI ZR 215/67, NJW 1969, 1574 und vom
10. Oktober 1985 - IX ZR 73/85, WM 1986, 58, 59). Anderenfalls braucht das Gericht die Prozeßfähigkeit nicht zu überprüfen.
Entsprechendes gilt für die Prozeßvoraussetzung de r Parteifähigkeit. Jedenfalls bei einer juristischen Person, von der, wie hier, außer Frage steht, daß sie ursprünglich rechts- und parteifähig im Sinne des § 50 Abs. 1 ZPO war, ist im allgemeinen vom Fortbestand dieser Eigenschaft auszugehen und eine Überprüfung nur dann veranlaßt, wenn hinreichende Anhaltspunkte für das Gegenteil gegeben sind. Eine beklagte Partei, die behauptet, sie habe ihre Rechts- und Parteifähigkeit inzwischen verloren, muß daher Tatsachen darlegen, aus denen sich ausreichende Anhaltspunkte für die Richtigkeit ihrer Behauptung ergeben. Das gilt in besonderem Maße dann, wenn die beklagte Partei, wie hier, erst nach jahrelangem Rechtsstreit und nach dem Schluß der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz mit der Behauptung hervortritt, sie sei bereits vor dem Zeitpunkt, in dem sie in die Beklagtenrolle geriet, rechtlich nicht mehr existent gewesen. In derartigen Fällen müssen die Gerichte besonders sorgfältig prüfen, ob sich aus den vorgetragenen Tatsachen hinreichend konkrete Anhaltspunkte ergeben, die es rechtfertigen , in eine - in aller Regel zeitaufwendige - Überprüfung der Parteifähigkeit einzutreten. Das ist auch deshalb geboten, weil anderenfalls der Gefahr der mutwilligen Prozeßverschleppung Tür und Tor geöffnet würde.
bb) Das Berufungsgericht war danach nicht verpflic htet, die Rechts- und Parteifähigkeit der Beklagten einer Überprüfung zu unterziehen. Für eine solche Überprüfung bot der Vortrag der Beklagten keine hinreichenden Anhaltspunkte. Da die Beklagte bereits seit vielen Jahren
in zwei Instanzen am Rechtsstreit teilgenommen hatte und ihr Präsident in beiden Beweisterminen vor dem Berufungsgericht ohne jeden Hinweis auf eine Liquidation aufgetreten war, durfte von ihr erwartet werden, daß sie ihre überraschende Behauptung, schon vor dem Beginn des Rechtsstreits infolge Liquidation die rechtliche Existenz verloren zu haben, durch einen substantiierten Tatsachenvortrag plausibel machte. Dem ist die Beklagte nicht gerecht geworden.
Die Behauptung der Beklagten, sie sei bereits vor Jahren liquidiert worden, reicht für sich allein nicht aus, um eine Überprüfung ihrer Rechts- und Parteifähigkeit zu rechtfertigen. Das gilt schon deshalb, weil die Rechtsfähigkeit und die daran anknüpfende Parteifähigkeit (§ 50 Abs. 1 ZPO) der in den Vereinigten Staaten von Amerika gegründeten Beklagten sich gemäß Art. XXV Abs. 5 Satz 2 des deutschamerikanischen Freundschafts-, Handels- und Schiffahrtsvertrages vom 29. Oktober 1954 nach deren Gründungsrecht richtet (vgl. BGHZ 153, 353, 355 ff. m.w.Nachw.) und die Beklagte nichts darüber ausgeführt hat, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Liquidation nach ihrem Gründungsrecht den Verlust der Rechtsfähigkeit zur Folge hat. Im übrigen hat die Beklagte auch keine überprüfbaren Tatsachen vorgetragen, aus denen sich ergeben könnte, ob und in welcher Weise eine Liquidation stattgefunden hat. Aus den von ihr in Ablichtung und ohne Übersetzung ins Deutsche vorgelegten beiden englischsprachigen Verträgen vom 30. September 1998 ist nur ersichtlich, daß sie damals einen Teil ihrer Vermögenswerte und Verbindlichkeiten auf ihre hundertprozentige Tochtergesellschaft D. LLC übertragen hat. Dabei handelt es sich um eine Verlagerung wirtschaftlicher Aktivitäten von ei-
ner Konzernmutter auf eine Tochtergesellschaft. Eine Liquidation der Konzernmutter liegt darin nicht.
2. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht dagegen Sch adensersatzansprüche der Klägerin aus Verschulden bei Vertragsschluß, die nach dem bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Recht einer Verjährungsfrist von dreißig Jahren unterlagen (§ 195 BGB a.F.), bejaht.

a) Das Berufungsgericht hat diese Frage allerdings zutreffend nach deutschem Recht beurteilt. Die Parteien haben sich zur Begründung und zur Abwehr der geltend gemachten Ansprüche ausschließlich auf deutsche Rechtsvorschriften und die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Prospekthaftung berufen. Dies rechtfertigt die Annahme, daß die Parteien sich jedenfalls im Rechtsstreit stillschweigend auf die Geltung deutschen Rechts verständigt haben (st. Rspr., vgl. BGHZ 98, 263, 274; 103, 84, 86; BGH, Urteile vom 9. Dezember 1998 - IV ZR 306/97, WM 1999, 916, 917, insoweit in BGHZ 140, 167 ff. nicht veröffentlicht , und vom 19. Januar 2000 - VIII ZR 275/98, WM 2000, 1643, 1645). Davon gehen sie auch in der Revisionsinstanz übereinstimmend aus.

b) Aus Verschulden bei Vertragsschluß haftet grund sätzlich nur, wer Vertragspartner ist oder werden soll. Ausnahmsweise kann allerdings der für einen Beteiligten auftretende Vertreter, Vermittler oder Sachwalter selbst aus dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluß auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden, wenn er in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch genommen hat oder wenn er - was vorliegend nicht in Betracht kommt - ein unmittelba-
res eigenes wirtschaftliches Interesse am Abschluß des Geschäfts hatte (st. Rspr., BGHZ 56, 81, 83 f.; 70, 337, 341 f.; 74, 103, 108; 129, 136, 170; BGH, Urteil vom 29. Januar 1997 - VIII ZR 356/95, WM 1997, 1431, 1432; vgl. nunmehr § 311 Abs. 3 BGB). Dies gilt auch dann, wenn unter Verwendung von Prospekten verhandelt worden ist und eine sogenannte Prospekthaftung im weiteren Sinne in Betracht kommt (vgl. BGHZ 83, 222, 227).
Als Vertreter der D. AG oder als Vermittler der Kapitalanlage ist die Beklagte gegenüber der Klägerin und ihrem Bruder nicht tätig geworden. Die Inanspruchnahme besonderen persönlichen Vertrauens durch einen Sachwalter setzt in jedem Fall voraus, daß er entweder an den Vertragsverhandlungen selbst beteiligt ist oder im Rahmen der Vertragsverhandlungen mit einem Anspruch auf Vertrauen hervortritt (BGH, Urteile vom 4. Mai 1981 - II ZR 193/80, WM 1981, 1021, 1022, vom 21. Mai 1984 - II ZR 83/84, WM 1984, 889, 890, vom 17. Februar 1986 - II ZR 238/84, WM 1986, 583 und vom 3. Februar 2003 - II ZR 233/01, DStR 2003, 1494, 1495). Letzteres ist allerdings nicht nur dann der Fall, wenn er die Verhandlungen selbst führt. Es genügt, daß er diese von einem anderen für sich führen läßt und dem Vertragspartner gegenüber als die Person erscheint, von deren Entscheidung der Abschluß des Vertrags abhängt (BGH, Urteile vom 21. Mai 1984 und vom 17. Februar 1986 jeweils aaO).
Daß die Beklagte in dieser Weise unmittelbar oder mittelbar an den Verhandlungen beteiligt war, die zur Zeichnung der Anteile an dem DAX-Programm durch die Klägerin und ihren Bruder geführt haben, ist, wie die Revision zu Recht rügt, weder von den Parteien vorgetragen
noch vom Berufungsgericht festgestellt worden. Das Vertrauen der Klägerin und ihres Bruders, daß die Beklagte mit ihrer langjährigen geschäftlichen Erfahrung und ihrer sich daraus ableitenden Zuverlässigkeit und Sachkunde als Muttergesellschaft hinter der D. AG steht und, wie das Berufungsgericht angenommen hat, für die Sicherheit der Einlagen garantiert, gründet sich vielmehr ausschließlich auf die Angaben über die Beklagte sowie ihren Einfluß auf die D. AG und das DAXProgramm im Zeichnungsprospekt. Ist ein Initiator oder Hintermann eines Kapitalanlagemodells nicht Vertragspartner des Anlegers und nimmt er nicht in besonderem Maße persönliches Vertrauen für sich in Anspruch, so kommen unter dem Gesichtspunkt der Prospekthaftung nur Ansprüche aus Prospekthaftung im engeren Sinne für die Richtigkeit und Vollständigkeit des Prospektinhalts in Betracht (vgl. zu den Voraussetzungen der Prospekthaftung im engeren Sinne: BGHZ 71, 284, 286 ff.; 72, 382, 384 ff., 77, 172, 175 ff.; 79, 337, 340 ff.; 145, 187, 196; BGH, Urteil vom 1. Dezember 1994 - III ZR 93/93, WM 1995, 344, 345; zu deren Anwendungsbereich : BGHZ 111, 314, 316 ff.; 115, 213, 218 f.; 123, 106, 109; 145, 121, 125 f.; BGH, Urteil vom 4. Mai 1981 - II ZR 193/80, WM 1981, 1021, 1022).

III.


Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben (§ 56 2 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dieses wird zu prüfen haben, ob die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche unter einem anderen rechtlichen Gesichtspunkt als dem des Verschul-
dens bei Vertragsschluß gerechtfertigt sind. Dabei kommen, da vertragliche Beziehungen zwischen den Parteien nicht bestehen, insbesondere Ansprüche der Klägerin aus § 826 BGB in Betracht, etwa weil der Zeichnungsprospekt über die besonderen Risiken von Termingeschäften sowie die Auswirkungen der der D. AG als Vermögensverwalterin zufließenden Provision von 228 DM pro gehandelten DAX-Terminkontrakt für das Verlustrisiko und die Verringerung der Gewinnchancen der Kapitalanleger nicht ausreichend informiert (vgl. Senatsurteile vom 17. März 1992 - XI ZR 204/91, WM 1992, 770, 771 und vom 14. Mai 1996 - XI ZR 188/95, WM 1996, 1214, 1215).
Sollte die Beklagte ihren bislang ungenügenden Vor trag zu ihrer angeblich fehlenden Parteifähigkeit hinreichend präzisieren, so wird das Berufungsgericht vorrangig zu prüfen haben, ob die Klage unter diesem
Gesichtspunkt als unzulässig abgewiesen werden muß. Im Fall der Abweisung der Klage als unzulässig wird das Berufungsgericht bei seiner Kostenentscheidung § 97 Abs. 2 ZPO zu beachten und darüber hinaus auch § 34 GKG in Erwägung zu ziehen haben.
Nobbe Bungeroth Müller
Joeres Wassermann

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 196/14 Verkündet am:
22. Januar 2016
Weschenfelder
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Ob ein wesentlicher Verfahrensmangel i. S. d. § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO - wie die
Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör - vorliegt, ist allein auf Grund des materiell
-rechtlichen Standpunkts des Erstgerichts zu beurteilen, auch wenn das Berufungsgericht
ihn nicht teilt (st. Rspr., vgl. etwa Senat, Urteil vom 22. September 2006
- V ZR 239/05, NJW-RR 2006, 1677 und BGH, Urteil vom 14. Mai 2013 - VI ZR 325/11,
NJW 2013, 2601 jeweils mwN).

b) Im Sinne von § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO notwendig ist eine umfangreiche oder aufwendige
Beweisaufnahme, wenn sie durch oder infolge der Korrektur des wesentlichen
Verfahrensfehlers sicher zu erwarten ist. Nicht ausreichend ist, wenn sie zwar unter bestimmten
Voraussetzungen erforderlich wird, der Eintritt dieser Voraussetzungen aber
nicht sicher ist.
Hat das Berufungsgericht als Folge einer Kassationsentscheidung die für eine Entscheidung
über das Anschlussrechtsmittel erforderlichen Feststellungen nicht getroffen, kommt
ECLI:DE:BGH:2016:220116UVZR196.14.0

der von dem Revisionsführer mit Erfolg gerügte Verstoß gegen § 538 Abs. 2 ZPO dem Anschlussrevisionsführer ausnahmsweise auch ohne eigene Verfahrensrüge zugute. BGH, Urteil vom 22. Januar 2016 - V ZR 196/14 - OLG Dresden LG Leipzig
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 22. Januar 2016 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterinnen Prof. Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Brückner, den Richter Dr. Göbel und die Richterin Haberkamp

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten und die Anschlussrevision des Klägers wird das Urteil des 14. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 8. Juli 2014 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger hatte mit seiner damaligen Ehefrau - Frau K. (fortan Frau
K) - ein Mietshaus gekauft und den Kauf durch ein mit Grundpfandrechten gesichertes Darlehen finanziert. 2008 wurde das Grundstück im Zusammenhang mit der Scheidung der Eheleute in hälftiges Miteigentum der nunmehr geschiedenen Eheleute aufgeteilt. Die alleinige Verwaltung des Objekts übernahm Frau K. Mit notariellem Vertrag vom 17. Dezember 2009 verkaufte der Kläger der Beklagten seinen Miteigentumsanteil für 583.500 €. Von dem Kaufpreis sollten 83.500 € bar bezahlt werden, was auch geschah. Die restlichen 500.000 € soll- ten durch Freistellung des Klägers von den Kapitaldienstverpflichtungen erbracht werden. Dazu war in Nr. 3.2 (a) des Kaufvertrags Folgendes vorgesehen : „Der Käufer wird den Verkäufer im Innenverhältnis … wie folgtfreistellen: Der Kapitaldienst für das Darlehen von monatlich 5.800,00 EUR soll weiter- hin von dem Hauskonto … eingezogen werden. Der Käufer wird sich bei der Verwaltung des Grundbesitzes ergebende Unterdeckungen und hieraus resultierende Überziehungen des Hauskontos vornehmlich durch Einzahlungen auf das Hauskonto beseitigen bzw. abwenden. Alternativ hierzu, kann der Käufer seiner Freistellungsverpflichtung durch entsprechende Zahlungen an die Bank direkt nachkommen. Dies gilt jedoch nicht für Unterdeckungen durch Verwaltungsmaßnahmen, die vor dem Zeitpunkt des wirtschaftlichen Überganges veranlasst worden sind und nach dem Zeitpunkt des wirtschaftlichen Übergangs zu Ausgaben führen. Diese Freistellungserklärung gilt auch für die Zahlungspflichten des Verkäufers hinsichtlich des von der Bruchteilsgemeinschaft bei Frau K aufgenommen Darlehens; dies jedoch nur in Höhe des 50%igen Anteils des Verkäu- fers…“
2
Die Unterschreitung des Betrags von 500.000 € sollte nicht zu Rückzah- lungsansprüchen des Klägers, die Überschreitung der Summe nicht zu Erstattungsansprüchen der Beklagten führen. Für den Fall der Nichterfüllung der Freistellungsverpflichtung sieht der Vertrag ein Rücktrittsrecht des Klägers vor.
3
Mit Schreiben vom 10. Dezember 2011 forderte Frau K den Kläger zur Erstattung von 29.000 € als Ausgleich für von ihr geleistete Zahlungen auf das Darlehen für den Zeitraum Februar bis November 2011 auf. Der Kläger forderte die Beklagte unter Fristsetzung vergeblich zur Freistellung von dieser Verpflichtung auf und trat mit Schreiben vom 21. Juli 2012 von dem Vertrag zurück. Er verlangt von der Beklagten (ohne Gegenleistung) die Abgabe der für die Rückübertragung des Miteigentums und für die Abtretung sämtlicher Ansprüche aus der Verwaltung des Anwesens erforderlichen Erklärungen sowie Zahlung von 11.592,31 € Schadensersatz nebst Zinsen. Die Beklagte verlangt widerklagend Freistellung von außergerichtlichen Anwaltskosten von 7.868,28 €.
4
Das Landgericht hat Klage und Widerklage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht die Sache unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Landgericht zurückverwiesen. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision strebt die Beklagte eine Sachentscheidung zu ihren Gunsten an. Der Kläger hat sich der Revision der Beklagten angeschlossen und möchte umgekehrt eine Sachentscheidung in seinem Sinne erreichen. Beide Parteien beantragen die Zurückweisung der jeweils anderen Revision.

Entscheidungsgründe:


I.


5
Das Berufungsgericht stützt die Zurückverweisung der Sache an das Landgericht auf § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO. Das Landgericht sei verfahrensfehlerhaft zu dem Ergebnis gelangt, die Beklagte habe den Kläger nach dem Vertrag nicht von seinen Verpflichtungen freizustellen, die ihn als Gesamtschuldner gegenüber der finanzierenden Bank im Innenverhältnis zu Frau K träfen; der Vertrag lasse sich in diesem Sinne auch nicht ergänzend auslegen. Dabei habe das Landgericht unter Verstoß gegen Art. 103 GG einen entscheidungserheblichen Beweisantritt übergangen. Es habe den Urkundsnotar zu dem Vortrag des Klägers vernehmen müssen, „dass einzig und allein für den einen geregelten Fall der Veranlassung von Verwaltungsmaßnahmen vor dem Zeitpunkt des wirtschaftlichen Übergangs mit finanziellen Lasten die vertragliche Regelung das Risiko ausnahmsweise nicht bei der Beklagten sehe. Ausschließlich für diesen Fall sei das von den Parteien auch beabsichtigt gewesen; aus diesem Grund habe der Notar die Regelung ausdrücklich in den Vertrag aufgenommen“. Ohne eine Vernehmung des Zeugen habe das Landgericht den Vertrag nicht in dem beschriebenen Sinne auslegen dürfen. Es sei nicht ausgeschlossen , dass es nach einer Vernehmung des Zeugen zu einem anderen Verständnis der Freistellungsverpflichtung gelangt wäre. Die Klage sei auch nicht aus anderen Gründen abzuweisen. Die Hilfserwägung des Landgerichts, der Kläger habe Freistellung jedenfalls nicht ohne Vorlage einer Einnahmenabrechnung verlangen können, sei unzutreffend. Aus den Vorbemerkungen des Vertrags ergebe sich, dass sich die Beklagte darauf eingelassen habe, dass Frau K keine Abrechnung erstellt habe und erstelle. Eine Fortführung des Rechtsstreits in zweiter Instanz scheide aus. Wenn das Landgericht zu dem Ergebnis gelange, die Beklagte schulde auch Freistellung von den Verpflichtungen des Klägers aus dem Gesamtschuldnerinnenausgleich, müsse Beweis zu einer Vielzahl von Sach- und Rechtsmängeln und dazu erhoben werden, ob der Kläger arglistig gehandelt habe. Von der Arglist des Klägers hänge auch die Entscheidung über die Widerklage ab.

II.

6
Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Prüfung nicht stand.
7
Zur Revision der Beklagten
8
Die Revision der Beklagten hat teilweise Erfolg.
9
1. Das Berufungsgericht durfte die Sache nicht an das Landgericht zurückverweisen. Es musste vielmehr selbst eine Sachentscheidung treffen. Das rügt die Beklagte zu Recht.
10
a) Nach § 538 Abs. 1 ZPO hat das Berufungsgericht grundsätzlich die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden. Es darf gemäß § 538 Abs. 2 Satz 1 ZPO die Sache an das Gericht des ersten Rechtszuges nur zurückverweisen, wenn einer der in der Vorschrift bestimmten Gründe vorliegt und eine Partei die Zurückverweisung beantragt. Der Kläger hatte zwar die Zurückverweisung an das Landgericht beantragt. Der von dem Berufungsgericht angenommene Zurückverweisungsgrund nach § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO liegt aber nicht vor. Danach darf das Berufungsgericht die Sache unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszugs zurückverweisen, wenn das Verfahren im ersten Rechtszug an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwendige Beweisaufnahme notwendig ist. An beiden Voraussetzungen fehlt es.
11
b) Das Verfahren des Landgerichts leidet nicht an einem wesentlichen Verfahrensmangel.
12
aa) Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts. Ein wesentlicher Verfahrensmangel kann in der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör bestehen (BGH, Urteil vom 3. November 1992 - VI ZR 362/91, NJW 1993, 538 f.; Zöller/Heßler, ZPO, 31. Aufl., § 538 Rn. 20 mwN). Die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebots verstößt gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze mehr findet (Senat, Urteil vom 21. Oktober 2010 - V ZR 30/10, WuM 2011, 299 Rn. 9). Ob ein Verfahrensmangel - wie die Verletzung des Anspruch auf rechtliches Gehör, um die es hier geht - vorliegt, ist jedoch allein auf Grund des materiellrechtlichen Standpunkts des Erstgerichts zu beurteilen, auch wenn das Berufungsgericht ihn nicht teilt (Senat, Urteil vom 22. September 2006 - V ZR 239/05, NJW-RR 2006, 1677 Rn. 7 und BGH, Urteil vom 1. Februar 2010 - II ZR 209/08, WM 2010, 892 Rn. 11). Hiernach begründet es keinen Fehler im Verfahren der Vorinstanz, wenn das Berufungsgericht Parteivorbringen materiell-rechtlich anders beurteilt als das Erstgericht (zum Ganzen: BGH, Urteil vom 14. Mai 2013 - VI ZR 325/11, NJW 2013, 2601 Rn. 7 mwN). Das hat das Berufungsgericht nicht beachtet.
13
bb) Nach diesen Grundsätzen scheidet ein wesentlicher Verfahrensmangel aus.
14
(1) Die Vernehmung des beurkundenden Notars zu dem von dem Kläger behaupteten Umfang der Freistellungsverpflichtung war verfahrensrechtlich nur geboten, wenn der in das Wissen des Zeugen gestellte Vortrag erheblich war. Das war aber nach dem maßgeblichen materiell-rechtlichen Standpunkt des Landgerichts nicht der Fall. Dieses hielt den Vortrag für unerheblich. Es stützt seine Entscheidung nicht nur darauf, dass der Klägernicht schlüssig dargelegt habe, dass die in dem Vertrag vereinbarte Freistellungsverpflichtung auch die Ausgleichspflichten des Klägers aus dem Innenausgleich unter Gesamtschuldnern im Verhältnis zu Frau K umfasse, sondern zudem auf folgende zweite selbständig tragende Erwägung: Der angesprochenen Regelung lasse sich auch im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung keine Verpflichtung der Beklagten entnehmen, den Kläger ohne Vorlage einer Abrechnung über die Einnahmen von solchen Ausgleichspflichten freizustellen. Jedenfalls mit dieser Begründung konnte die Klage ohne Vernehmung des Notars verfahrensfehlerfrei abgewiesen werden.
15
(2) Der beurkundende Notar sollte den Vortrag des Klägers bestätigen, die Beklagte habe ihn nach dem Vertrag auch von seinen Ausgleichsverpflichtungen als Gesamtschuldner im Innenverhältnis zu Frau K freizustellen. Aus der Sicht des Landgerichts kam es darauf nicht entscheidend an. Aus seiner Sicht stellte sich dann nämlich die weitere Frage, ob die Beklagte zu einer solchen Freistellung auch ohne Vorlage einer Abrechnung über die Einnahmen verpflichtet sein sollte. Zu dieser Frage hatte der Kläger, wovon auch das Berufungsgericht ausgeht, den Zeugen nicht benannt. Das Landgericht verneint die Frage im Kern mit dem Argument, die Beklagte hätte sich nach seiner Überzeugung nicht auf eine Verpflichtung eingelassen, Frau K monatlich die Hälfte des Kapitaldienstes (das sind 2.900 €) ohne Rücksicht auf die Bewirtschaf- tungslage zu zahlen. Das Berufungsgericht kommt zum gegenteiligen Ergebnis, stützt dieses aber nicht auf einen Verfahrensfehler des Landgerichts, sondern auf eine andere Auslegung des Vertrags. Das erlaubt eine Zurückverweisung an das Landgericht nach § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO nicht.
16
c) Einer Zurückverweisung der Sache an das Landgericht nach dieser Vorschrift steht außerdem entgegen, dass der vermeintliche Verfahrensfehler entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts keine umfangreiche oder aufwendige Beweisaufnahme erforderlich macht.
17
aa) Den wesentlichen Verfahrensfehler sieht das Berufungsgericht, wie ausgeführt, darin, dass das Landgericht den beurkundenden Notar nicht zum Umfang der Freistellungsverpflichtung der Beklagten vernommen hat. Die Korrektur dieses Verfahrensfehlers macht unmittelbar nur die Vernehmung des Notars zu dieser Frage erforderlich. Die Vernehmung eines ortsansässigen Zeugen zu einem noch dazu begrenzten Beweisthema ist ebenso wie die Einnahme des Augenscheines (Senat, Urteil vom 22. September 2006 - V ZR 239/05, BGH-Report 2006, 1492 Rn. 14) oder die Einholung eines Sachverständigen- gutachtens (BGH, Versäumnisurteil vom 16. Dezember 2004 - VII ZR 270/03, MDR 2005, 645) weder eine umfangreiche noch eine aufwendige Beweisaufnahme (Begründung des Regierungsentwurfs in BT-Drucks. 14/4722 S. 102). Das sieht das Berufungsgericht nicht anders. Es begründet die Notwendigkeit einer umfangreichen und aufwendigen Beweisaufnahme damit, dass die Vernehmung des Notars das Landgericht zu der Annahme führen könne, die Beklagte habe den Kläger auch von seinem Pflichten als Gesamtschuldner des Darlehens im Verhältnis zu Frau K freizustellen, und dass dann eine umfangreiche Beweisaufnahme zu den von der Beklagten gerügten zahlreichen Mängeln des Gebäudes auf dem Grundstück und dazu erforderlich werde, ob der Kläger diese Mängel arglistig verschwiegen habe.
18
bb) Aus diesen Gründen kommt eine Zurückverweisung der Sache an das Erstgericht nicht in Betracht.
19
(1) Nach § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO darf die Zurückverweisung wegen eines wesentlichen Verfahrensfehlers nur erfolgen, wenn auf Grund des Fehlers eine umfangreiche oder aufwendige Beweisaufnahme „notwendig ist“. Dazu genügte schon nach dem Wortsinn dieser Formulierung nicht, dass die Beweisaufnahme im weiteren Verlauf des Verfahrens nur möglich (BGH, Urteil vom 14. Mai 2013 - II ZR 76/12, WM 2013, 1210 Rn. 11) oder dass ihre Notwendigkeit nicht abzuschätzen ist (BGH, Versäumnisurteil vom 1. Februar 2010 - II ZR 209/08, WM 2010, 892 Rn. 16). Im Sinne von § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO notwendig ist eine Beweisaufnahme aber auch nicht, wenn sie zwar unter bestimmten Voraussetzungen erforderlich wird, der Eintritt dieser Voraussetzungen aber nicht sicher ist. Die Zurückverweisung an das Erstgericht soll nach der Konzeption des Gesetzgebers ein Ausnahmefall bleiben; sie ist deshalb auf Fälle zu beschränken, in denen die Durchführung des Verfahrens in der Berufungsinstanz voraussichtlich zu größeren Nachteilen führt als die Zurückverwei- sung der Sache an das erstinstanzliche Gericht (Senat, Urteil vom 22. September 2006 - V ZR 239/05, BGH-Report 2006, 1492 Rn. 14; BGH, Urteil vom 16. Dezember 2004 - VII ZR 270/03, MDR 2005, 645). Das ist nur der Fall, wenn die umfangreiche oder aufwendige Beweisaufnahme durch oder infolge der Korrektur des wesentlichen Verfahrensfehlers sicher zu erwarten ist.
20
(2) Daran fehlt es hier. Umfangreich würde die Beweisaufnahme hier nur, wenn über die von der Beklagten behaupteten zahlreiche Mängel an dem Gebäude auf dem Grundstück und darüber Beweis erhoben werden müsste, ob der Kläger diese Mängel arglistig verschwiegen hat. Das wiederum hängt davon ab, ob das Landgericht die Vereinbarung nach Vernehmung des beurkundenden Notars in dem von dem Berufungsgericht beschriebenen Sinne auslegt. Das aber ist ebenso wie das Ergebnis der Vernehmung des Zeugen völlig offen. Eine umfangreiche und aufwendige Beweisaufnahme ist deshalb nur möglich, aber nicht sicher zu erwarten.
21
2. Das Berufungsurteil kann danach keinen Bestand haben. Die Sache ist aber entgegen der Ansicht der Beklagten nicht in ihrem Sinne zur Endentscheidung reif.
22
a) Die Beklagte wäre nach § 346 Abs. 1 BGB zur Rückübertragung des von dem Kläger erworbenen Miteigentumsanteils und nach § 280 Abs. 1 und 3, § 281 BGB zum Schadensersatz verpflichtet, wenn sie ihre Freistellungsverpflichtung nicht vertragsgemäß erfüllt hätte und der Kläger deshalb nach Nr. 5.6 des Vertrags zum Rücktritt berechtigt gewesen wäre und auf Grund dessen den geltend gemachten Schaden erlitten hätte. Das wäre der Fall, wenn die Beklagte den Kläger auch von seinen Ausgleichsverpflichtungen als Gesamtschuldner der Darlehensverpflichtungen im Verhältnis zu Frau K freizustellen hätte und wenn sie dazu ohne vorherige Abrechnung der Einnahmen verpflichtet wäre.
23
b) Ob die Regelung in diesem Sinne auszulegen ist, wenngleich beides im Text der Regelung in Nr. 3.2 (a) des Vertrags über die Modalitäten der Freistellungsverpflichtung der Beklagten keinen Niederschlag findet, lässt sich ohne ergänzende Feststellungen nicht beurteilen.
24
aa) Die Parteien haben in ihrem Vertrag einerseits bestimmt, dass der Kaufpreis für den Miteigentumsanteil, den der Kläger der Beklagten übertragen hat, in Höhe von 500.000 € (das sind etwa 5/6 des Kaufpreises) durch Freistellung des Klägers von seinen Verpflichtungen aus dem Darlehen „bezahlt“ wer- den soll, das er und Frau K zur Anschaffung des Grundstücks aufgenommen haben. Andererseits haben die Parteien in Nr. 3.2 (a) des Vertrags diese Freistellungsverpflichtung näher ausgestaltet und bestimmt, dass die Beklagte ihr durch den Ausgleich von Unterdeckungen des Hauskontos nachzukommen hat. Das Zusammenspiel dieser beiden Regelungen ist dadurch gestört, dass Frau K die Darlehensraten offenbar nicht mehr von dem Hauskonto bezahlt oder von diesem Konto abbuchen lässt. Die Regelung in Nr. 3.2 (a) verfehlt als Folge dieser Veränderung ihren Zweck.
25
bb) Nach den Vorbemerkungen ihres Vertrags standen die Parteien vor der Schwierigkeit, dass die Beklagte einerseits den Kläger von seinen Darlehensverpflichtungen freistellen sollte, andererseits aber nicht auf die Einnahmen aus der Vermietung zugreifen konnte, weil die andere Miteigentümerin, Frau K, die Mieten allein vereinnahmte und darüber nicht abrechnete. Die Parteien haben mit der Regelung in Nr. 3.2 (a) des Vertrags versucht, dieser Schwierigkeit dadurch zu begegnen, dass die Freistellung durch Auffüllungen von Unterdeckungen des Hauskontos erfolgen sollte. Wenn nämlich, wie von den Parteien im ersten Absatz dieser Regelung vorausgesetzt, der Kapitaldienst weiterhin von dem Hauskonto eingezogen würde, würden durch die vorgesehene Auffüllung dieses Kontos sowohl die angestrebte Freistellung des Klägers als auch die Anrechnung der Einnahmen zugunsten der Beklagten auch ohne Abrechnung gelingen. Die Erwartung der Parteien ist indessen nicht eingetreten. Frau K verlangt jetzt - wohl als Folge einer geänderten Abwicklung der Darlehensverpflichtungen - von dem Kläger (nach § 426 BGB) Ausgleich im Innenverhältnis. Damit können die der Regelung in Nr. 3.2 (a) des Vertrags zugedachten Wirkungen nicht mehr eintreten. Die Beklagte kann den Kläger nicht freistellen, indem sie das Hauskonto auffüllt. Denn dessen Unterdeckungen bilden nur noch die Defizite bei den Verwaltungskosten ab, nicht jedoch die Darlehensverbindlichkeiten. Ein Ausbleiben von Unterdeckungen führt auch nicht ohne weiteres zu der angestrebten gewissermaßen „automatischen“ Verrech- nung der Einnahmen zugunsten der Beklagten.
26
cc) Es spricht einiges dafür, dass die Beklagte den Kläger als Folge dieser Veränderung auch von seinen Verpflichtungen als Gesamtschuldner im Innenverhältnis zu Frau K freizustellen hat. Die Parteien haben in Nr. 3.2 (a) Absatz 3 des Vertrags als Alternative zur Auffüllung des Hauskontos zwar eine unmittelbare Zahlung der Beklagten an die Bank vorgesehen. Auch diese Möglichkeit der Freistellung kommt aber nur in Betracht, wenn die finanzierende Bank die Erbringung der Darlehensraten in zwei Teilleistungen ihrer Darlehensnehmer akzeptiert und sich nicht nur an einen von ihnen hält, wozu sie nach § 421 Satz 1 BGB berechtigt ist und was sie offenbar auch so handhabt. Dann kann die geschuldete Freistellung nur gelingen, wenn der Kläger von seinen Ausgleichspflichten freigestellt wird.
27
dd) Eine Verpflichtung zur Freistellung auch von diesen Verpflichtungen muss einerseits nicht bedeuten, darin ist der Beklagten Recht zu geben, dass der Kläger von ihr ohne vorherige Abrechnung über die Einnahmen aus dem Grundstück Freistellung verlangen kann. Auszuschließen ist diese Folge andererseits auch nicht. Die Notwendigkeit einer Abrechnung begründete einen Ein- wand gegen die Ausgleichsverpflichtung des Klägers. Nach allgemeinen Grundsätzen wäre die Geltendmachung solcher Einwände nicht Aufgabe des Freistellungsberechtigten - hier des Klägers -, sondern Sache des Freistellungsverpflichteten - hier der Beklagten (Senat, Urteil vom 19. April 2002 - V ZR 3/01, NJW 2002, 2382; BGH, Urteil vom 15. Dezember 2010 - VIII ZR 86/09, WM 2011, 861 Rn. 12). Die Parteien könnten mit der Regelung in Nr. 3.2 (a) zugunsten der Beklagten von diesen Grundsätzen abgewichen sein, um ihr die an sich gebotene Auseinandersetzung mit Frau K zu ersparen. Ob sich die Auseinandersetzung der Beklagten mit Frau K angesichts deren offenbar geänderter Praxis bei der Abwicklung der Darlehensverpflichtungen weiterhin vermeiden lässt, ist jedoch zweifelhaft. Der Kläger hat der Beklagten nämlich seinen Miteigentumsanteil mit allen begleitenden Rechten und Befugnisse übertragen. Das führt dazu, dass jetzt nur noch die Beklagte eine rechtliche Möglichkeit hat, Frau K zu einer Abrechnung der Einnahmen zu zwingen, nicht jedoch der Kläger.
28
Zur Anschlussrevision des Klägers
29
Auch die Anschlussrevision des Klägers hat teilweise Erfolg.
30
1. Zu seinen Gunsten ist zu berücksichtigen, dass das Berufungsgericht die Sache nicht an das Landgericht zurückverweisen durfte, sondern selbst eine Sachentscheidung treffen musste.
31
a) Verfahrensfehler, zu denen auch die fehlerhafte Anwendung von § 538 Abs. 2 ZPO gehört (BGH, Urteil vom 18. Februar 1997 - XI ZR 317/95, MDR 1997, 590), sind allerdings nach § 554 Abs. 3 Satz 2, § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe b ZPO zugunsten des Anschlussrevisionsführers nur zu berücksichtigen , wenn dieser sie auch selbst gerügt hat. Der Anschlussrevisionsführer darf von der eigenen Rüge im Grundsatz auch dann nicht absehen, wenn der Revisionsführer die Rüge erhoben hat und sie das gesamte Verfahren betrifft. Etwas anderes gilt nur in dem Sonderfall, dass die Angriffe beider Seiten in einem untrennbaren Zusammenhang stehen (BGH, Urteil vom 26. Oktober 1993 - VI ZR 155/92, NJW 1994, 801, 803; MüKoZPO/Krüger, 4. Aufl., § 554 Rn. 12; Wieczorek/Prütting, ZPO, 4. Aufl., § 554 Rn. 12). Dieser Sonderfall liegt hier vor.
32
b) Rügt der Anschlussrevisionsführer Verfahrensfehler nicht, wäre über sein Rechtsmittel an sich unter Zugrundelegung des Verfahrens als fehlerfrei zu entscheiden (MüKoZPO/Krüger, aaO). Das ist indessen nicht möglich, wenn - wie hier - das Berufungsgericht als Folge einer Kassationsentscheidung nach § 538 Abs. 2 ZPO die für eine revisionsgerichtliche Entscheidung erforderlichen tatsächlichen Feststellungen nicht getroffen hat. Das Fehlen dieser Feststellungen führt dann dazu, dass der von dem Revisionsführer mit Erfolg gerügte Verfahrensfehler dem Anschlussrevisionsführer ausnahmsweise auch ohne eigene Verfahrensrüge zugutekommt.
33
2. Die Sache ist entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht in seinem Sinne zur Endentscheidung reif.
34
a) Die von den Parteien vereinbarte Erfüllung der Freistellungsverpflichtung der Beklagten durch Auffüllung des Hauskontos verfehlt zwar ihren Zweck. Das kann dazu führen, dass die Beklagte den Kläger auch von seinen Verpflichtungen als Gesamtschuldner des Darlehens im Verhältnis zu Frau K freizustellen hat. Ohne nähere Feststellungen lässt sich aber nicht entscheiden, ob diese Freistellung auf bloße Anforderung des Klägers zu erfolgen hat oder erst nach einer Abrechnung der Einnahmen. Zur näheren Erläuterung wird auf die Ausführungen zu dem entsprechenden Vorbringen der Beklagten Bezug genommen.
35
b) Nichts anderes gilt, soweit der Kläger einen weiteren Rücktritt auf die Weigerung der Beklagten gestützt hat, ihn von dem auf ihn entfallenden Teil von Darlehensraten unmittelbar gegenüber der finanzierenden Bank freizustellen. Dazu wäre die Beklagte zwar nach Nr. 3.2 (a) Absatz 3 des Vertrags berechtigt. Ohne nähere Feststellungen lässt sich aber nicht entscheiden, ob sie dazu als Folge des Scheiterns einer Freistellung durch Auffüllung des Hauskontos ohne vorherige Einnahmenabrechnung auch verpflichtet ist.

III.


36
Die Sache ist deshalb unter Aufhebung des Berufungsurteils zur neuen Verhandlung und (eigenen) Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Stresemann Schmidt-Räntsch Brückner
Göbel Haberkamp
Vorinstanzen:
LG Leipzig, Entscheidung vom 02.10.2013 - 4 O 2994/12 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 08.07.2014 - 14 U 1754/13 -

(1) Das Berufungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden.

(2) Das Berufungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges nur zurückverweisen,

1.
soweit das Verfahren im ersten Rechtszuge an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist,
2.
wenn durch das angefochtene Urteil ein Einspruch als unzulässig verworfen ist,
3.
wenn durch das angefochtene Urteil nur über die Zulässigkeit der Klage entschieden ist,
4.
wenn im Falle eines nach Grund und Betrag streitigen Anspruchs durch das angefochtene Urteil über den Grund des Anspruchs vorab entschieden oder die Klage abgewiesen ist, es sei denn, dass der Streit über den Betrag des Anspruchs zur Entscheidung reif ist,
5.
wenn das angefochtene Urteil im Urkunden- oder Wechselprozess unter Vorbehalt der Rechte erlassen ist,
6.
wenn das angefochtene Urteil ein Versäumnisurteil ist oder
7.
wenn das angefochtene Urteil ein entgegen den Voraussetzungen des § 301 erlassenes Teilurteil ist
und eine Partei die Zurückverweisung beantragt. Im Fall der Nummer 3 hat das Berufungsgericht sämtliche Rügen zu erledigen. Im Fall der Nummer 7 bedarf es eines Antrags nicht.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 67/99 Verkündet am:
6. November 2000
Boppel
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO §§ 138, 454, 539; KO § 106 Abs. 1 Satz 3

a) Eine Aufhebung und Zurückverweisung durch das Berufungsgericht
(§ 539 ZPO) kann nicht darauf gestützt werden, daß das erstinstanzliche Gericht
einen materiell-rechtlichen Gesichtspunkt verkannt oder eine verfahrensrechtliche
Entscheidung (hier: gemäß § 454 Abs. 1 ZPO) getroffen hat, die
sich noch in den Grenzen des ihm eingeräumten Ermessens hält.

b) Eine Verfügung, die gegen ein Veräußerungsverbot gemäß § 106 Abs. 1
Satz 3 KO verstieß, wird bei dessen Aufhebung zumindest von da an wirksam.

c) Zu den Anforderungen, die an die Schlüssigkeit und die Substantiierung eines
Parteivorbringens (hier: zur Darlehensgewährung eines Treuhandgesellschafters
an die Gesellschaft) zu stellen sind.
BGH, Urteil vom 6. November 2000 - II ZR 67/99 - OLG Frankfurt a.M.
LG Frankfurt a.M.
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 6. November 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und
die Richter Dr. Hesselberger, Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly und Kraemer

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 3. Februar 1999 aufgehoben, soweit zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte war ursprünglich geschäftsführende Alleingesellschafterin der von ihr im Jahre 1988 treuhänderisch für den Widerbeklagten zu 2 gegründeten P. GmbH mit einem Stammkapital von 100.000,-- DM. Im November 1989 bestellte sie den Widerbeklagten zu 2 zum weiteren Geschäftsführer und beschloß eine Stammkapitalerhöhung um weitere
100.000,-- DM, wovon sie und der Widerbeklagte zu 2 Anteile von je 50.000,-- DM übernehmen sollten. Die Kapitalerhöhung wurde zum Handelsregister angemeldet. Am 7. Dezember 1989 zahlte die Beklagte an die GmbH 50.000,-- DM, die im Jahresabschluß der GmbH als Darlehen bilanziert wurden. Durch Gesellschafterbeschluß vom Oktober 1991 berief die Beklagte den Widerbeklagten zu 2 aufgrund inzwischen entstandener Streitigkeiten mit ihm als Geschäftsführer ab. Es gelang ihm erst Ende 1994, die Verurteilung der Beklagten zu seiner Wiederbestellung als Geschäftsführer aufgrund des mit ihr geschlossenen Treuhandvertrages zu erwirken. Zuvor hatte sie im Juli 1994 zusammen mit zwei weiteren Kommanditisten und der GmbH als Komplementärin die P. GmbH & Co. KG gegründet. Anfang 1995 wurde sie zur Unterlassung weiterer Geschäftsführertätigkeit für die GmbH und die KG sowie zur Übertragung des von ihr treuhänderisch gehaltenen GmbH-Anteils von 100.000,-- DM auf den Widerbeklagten zu 2 verurteilt. Im Sommer 1995 schied die GmbH aus der KG aus, die deshalb aufgelöst und am 4. August 1995 im Handelsregister gelöscht wurde. Auf den Konkursantrag eines Gläubigers der GmbH wurde ihr gegenüber am 18. Dezember 1995 ein allgemeines Veräußerungsverbot erlassen und ein Sequester bestellt. Am 20. Juni 1996 wurde der Konkursantrag unter Aufhebung der angeordneten Sicherungsmaßnahmen mangels Masse abgewiesen.
Mit der Klage hat die Klägerin, deren Geschäftsführerin die Ehefrau des Widerbeklagten zu 2 ist, von der Beklagten aus abgetretenem Recht des Widerbeklagten zu 2 sowie der GmbH und der KG Schadensersatz in Höhe von 78.563,34 DM begehrt, weil die Beklagte die Gerichts- und Anwaltskosten für ihre Rechtsstreitigkeiten mit dem Widerbeklagten zu 2 unberechtigt aus Gesellschaftsmitteln bezahlt habe. Die Beklagte hat u.a. die Wirksamkeit der Ab-
tretungserklärungen der GmbH und der KG vom 1. März 1995 bestritten, weil diese rückdatiert und in Wahrheit während der Sequestration vorgenommen worden seien. Widerklagend verlangt sie von der Klägerin und dem Widerbeklagten zu 2 gesamtschuldnerisch Rückzahlung des angeblich von ihr in dessen Auftrag der GmbH gewährten Darlehens von 50.000,-- DM, dessen Rückzahlung auch die Klägerin gemäß § 419 a.F. BGB schulde, weil diese mit dem angeblichen Erwerb etwaiger Schadensersatzforderungen das gesamte noch vorhandene Gesellschaftsvermögen der GmbH und der KG übernommen habe.
Das Landgericht hat die Klage und die Widerklage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten in vollem Umfang und die Berufung der Klägerin in Höhe einer Teilforderung von 9.076,72 DM aus abgetretenem Recht des Widerbeklagten zu 2 zurückgewiesen. Im übrigen hat es das erstinstanzliche Urteil in Anwendung von § 539 ZPO aufgehoben und die Sache an das Landgericht zurückverwiesen. Dagegen richtet sich die Revision der Beklagten im Umfang ihrer Beschwer.

Entscheidungsgründe:


Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, soweit es zum Nachteil der Beklagten erkannt hat.
A. Zur Klage:
I. Das Berufungsgericht hat - insoweit von der Revision nicht beanstandet - festgestellt, sämtliche Einzelpositionen der Klage mit Ausnahme des erstinstanzlich im Ergebnis zu Recht abgewiesenen Teils von 9.076,72 DM seien von der Klägerin allein auf abgetretenes Recht der GmbH und/oder der KG gestützt. Die erstinstanzliche Abweisung dieser verbleibenden Ansprüche - so meint das Berufungsgericht - beruhe auf einem doppelten Verfahrensfehler des Landgerichts, der zur Aufhebung und Zurückverweisung gemäß § 539 ZPO führen müsse. Zum einen habe das Landgericht, das die Abtretungserklärungen für rückdatiert und wegen des bei ihrer Abgabe bestehenden Veräußerungsverbots (§ 106 Abs. 1 Satz 2 KO) für unwirksam erachtet habe, die aktenkundige , unstreitige und für das Urteil entscheidende Tatsache übersehen bzw. übergangen, daß das Veräußerungsverbot durch den Beschluß des Konkursgerichts vom 20. Juni 1996 aufgehoben und die Zession dadurch rückwirkend wirksam geworden sei. Zum anderen sei das Landgericht in fehlerhafter Anwendung des § 454 ZPO von einer Rückdatierung der Abtretungsurkunde ausgegangen , indem es die Aussage der dazu als Partei zu vernehmenden - seinerzeit in den USA weilenden - Geschäftsführerin der Klägerin als verweigert angesehen habe, obwohl diese sich zu den verschiedenen vom Landgericht bestimmten Terminen jeweils - zum Teil aus Gesundheitsgründen - für verhindert erklärt und um Terminsverlegung gebeten habe. Zudem habe sie in der Vorinstanz die Beweisfrage zuletzt schriftlich beantwortet und ein ärztliches Attest angekündigt, das sie in zweiter Instanz nachgereicht habe.
II. Die Revision rügt zu Recht, daß die vom Berufungsgericht ausgesprochene Zurückverweisung der Sache, durch die die Beklagte beschwert ist (vgl. z.B. BGH, Urt. v. 5. November 1997 - XII ZR 290/95, NJW 1998, 613 f.), in § 539 ZPO keine Grundlage findet.

1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind die Voraussetzungen des § 539 ZPO, der eine Ausnahme von der Verpflichtung des Berufungsgerichts zu erneuter vollständiger Verhandlung und Entscheidung der Sache (§ 537 ZPO) statuiert, vom Berufungsgericht anhand eines strengen Maßstabes zu prüfen (vgl. BGH, Urt. v. 3. November 1992 - VI ZR 361/91, NJW 1993, 538 m.w.N.). Ein Fehler im Sinne des § 539 ZPO ist nur dann gegeben , wenn das Verfahren des ersten Rechtszuges an einem so erheblichen Mangel leidet, daß es keine ordnungsgemäße Grundlage für eine instanzbeendende Entscheidung sein kann (Sen.Urt. v. 7. Juni 1993 - II ZR 141/92, NJW 1993, 2318 f.). Daraus folgt, daß es sich um einen eindeutigen Verfahrensfehler handeln muß. Ein Fehler in der Anwendung des materiellen Rechts genügt dafür ebensowenig wie eine verfahrensrechtliche Maßnahme, die sich (noch) im Rahmen des dem Tatrichter eingeräumten Ermessens hält (vgl. Senat aaO). Zwar kann es einen schweren Verfahrensfehler im Sinne des § 539 ZPO darstellen, wenn das erstinstanzliche Gericht den Anspruch der Partei auf rechtliches Gehör dadurch verletzt, daß es den Kern ihres Vorbringens verkennt und daher eine entscheidungserhebliche Frage verfehlt. Das ist hingegen nicht der Fall, wenn es die sachlich-rechtliche Relevanz eines Parteivorbringens verkennt und ihm deshalb keine Bedeutung beimißt (vgl. BGH, Urt. v. 3. November 1992 aaO; v. 19. März 1998 - VII ZR 116/97, NJW 1998, 1053). Ob ein Verfahrensfehler vorliegt, ist allein aufgrund des materiell-rechtlichen Standpunkts des Erstrichters zu beantworten, und zwar auch dann, wenn dieser Standpunkt verfehlt ist und das Berufungsgericht ihn nicht teilt (Senat aaO, m.w.N.).
2. Nach diesen Grundsätzen ist ein wesentlicher Mangel des erstinstanzlichen Verfahrens (§ 539 ZPO) hier nicht ersichtlich.

a) Im Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils ist ausdrücklich festgestellt , der Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der GmbH sei durch Beschluß des AmtsgerichtsW. (2 N 71/95) - nach vorangegangener Sequestrationsanordnung vom 18. Dezember 1995 - mangels Masse abgewiesen worden. Daß damit auch die Aufhebung der gemäß § 106 KO getroffenen Sicherungsmaßnahmen einherging, versteht sich von selbst (vgl. Kuhn/Uhlenbruck, KO 11. Aufl. § 107 Rdn. 31) und ergibt sich hier aus der von der Beklagten vorgelegten und vom Landgericht mit Aktenzeichen zitierten Beschlußkopie. Ob dadurch die nach der Beweiswürdigung des Landgerichts während der Dauer des Veräußerungsverbots vereinbarte Zession der Gesellschaftsforderungen wirksam geworden ist, wie das Berufungsgericht meint, ist eine materiell-rechtliche Frage, deren Verkennung durch das Landgericht keinen Verfahrensfehler darstellt.
Infolgedessen ist hier nicht über die von der Revision vorsorglich zur Überprüfung des Senates gestellten Rechtsfragen zu entscheiden, ob die gegen ein Veräußerungsverbot gemäß § 106 Abs. 1 Satz 3 KO bei gleichzeitiger Sequestration verstoßende Verfügung entsprechend § 7 KO zu behandeln ist (vgl. Gerhardt, ZIP 1982, 1 ff. ; offengelassen in BGHZ 135, 140, 143; 140, 54) und deshalb bei Aufhebung der Maßnahmen nur mit Wirkung ex nunc wirksam werden kann (vgl. Jaeger/Henckel, KO 9. Aufl. § 7 Rdn. 29; Kuhn/Uhlenbruck aaO, § 7 Rdn. 7; Eickmann in: Heidelberger Kommentar zur InsO, § 81 Rdn. 9), oder ob es sich um ein relatives Veräußerungsverbot i.S.v. §§ 135 f. BGB zugunsten der späteren Konkursgläubiger handelt, dessen endgültige Wirkung
erst eintritt, wenn es zur Konkurseröffnung kommt (so die h.M.; vgl. die Nachw. bei Kuhn/Uhlenbruck aaO, § 106 Rdn. 4). Da es hier nicht zur Konkurseröffnung kam, ist die Abtretung seitens der GmbH nach beiden Auffassungen spätestens mit Aufhebung der Sicherungsmaßnahmen wirksam geworden. Auf das Vermögen der KG bezog sich das Veräußerungsverbot ohnehin nicht.

b) Ebensowenig liegt ein die Zurückverweisung gemäß § 539 ZPO tragender Mangel des erstinstanzlichen Verfahrens darin, daß das Landgericht die nach seiner Ansicht entscheidungserhebliche, unter den Parteien streitige Rückdatierung der Abtretungserklärung bzw. deren Vornahme in der Zeit des Veräußerungsverbots in Anwendung der §§ 454 Abs. 1, 446 ZPO für erwiesen erachtet hat. Gemäß § 454 ZPO entscheidet der Tatrichter unter Berücksichtigung aller Umstände "nach freiem Ermessen", ob die Aussage einer im Vernehmungstermin ausgebliebenen Partei als verweigert anzusehen ist. Das Berufungsgericht läßt schon nicht erkennen, daß es diesen Ermessensspielraum berücksichtigt hat. Im übrigen ist dessen Überschreitung hier auch nicht ersichtlich. Das Landgericht hat die Geschäftsführerin der Klägerin in der Zeit vom Juni 1997 bis Februar 1998 zu insgesamt vier Terminen geladen. Sie hat sich nicht etwa generell wegen ihres Auslandsaufenthalts, sondern jeweils nur von Fall zu Fall mit Hinweis auf Geschäftsreisen oder gesundheitliche Gründe für verhindert erklärt. Selbst auf die Mitteilung des Landgerichts, es werde bei erneutem Ausbleiben im letzten Termin vom 2. Februar 1998 gemäß § 454 ZPO verfahren, hat sie mit Telefax vom 1. Februar 1998 lediglich ein ärztliches Attest angekündigt, dessen spätere Vorlegung in zweiter Instanz das Landgericht nicht vorhersehen mußte. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts mußte sich das Landgericht auch mit der schriftlichen Beantwortung der Beweisfrage nicht begnügen. § 454 Abs. 1 ZPO stellt auf das "Ausbleiben" der
Partei im Termin ab, weil es für die Parteivernehmung in besonderem Maße eines persönlichen Eindrucks des Gerichts bedarf. Eine schriftliche Stellungnahme gemäß § 377 Abs. 3 ZPO ist in § 451 ZPO nicht vorgesehen.
3. Die angefochtene Entscheidung gemäß § 539 ZPO kann daher nicht bestehen bleiben. Eine abschließende revisionsgerichtliche Entscheidung kommt bei einer kassatorischen Entscheidung des Berufungsgerichts nur ausnahmsweise dann in Betracht, wenn bereits feststeht, daß das Berufungsgericht im Falle einer Zurückverweisung nicht zu einem anderen Ergebnis gelangen könnte (vgl. BGH, Urt. v. 22. Januar 1997 - VIII ZR 339/95, WM 1997, 1713, 1716). Das ist hier nicht der Fall.
Die Sache ist daher insoweit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
B. Zur Widerklage:
I. Das Berufungsgericht hat gemeint, die Beklagte habe in Anbetracht des Fehlens eines schriftlichen Darlehensvertrags schon nicht hinreichend dargetan und unter Beweis gestellt, daß sie der GmbH mit ihrer Zahlung von 50.000,-- DM am 7. Dezember 1989 ein Darlehen gewährt habe. Vielmehr sei davon auszugehen, daß die Beklagte die Zahlung auf den von ihr übernommenen Anteil von 50.000,-- DM des erhöhten Kapitals gemäß notariellem Kapitalerhöhungsbeschluß vom 28. November 1989 geleistet habe. Darauf deute auch eine Rangrücktrittserklärung der Beklagten vom 28. Februar 1990 hin. Die Bilanzierung als Darlehen ändere an der wahren Rechtsnatur der Zuwendung nichts. Die fragliche Haftung der Klägerin aus Vermögensübernahme
(§ 419 BGB) könne daher dahinstehen. Auch einen Erstattungsanspruch gegenüber dem Widerbeklagten zu 2 aus dem Treuhandverhältnis habe die Beklagte nicht schlüssig dargelegt, weil sie mit der Übernahme des neuen Geschäftsanteils auf eigene Rechnung gehandelt habe, nachdem der Beklagte es nach ihrem Vortrag abgelehnt habe, der GmbH die 50.000,-- DM zur Verfügung zu stellen.
II. Das hält den Angriffen der Revision ebenfalls nicht stand.
1. Zu Recht rügt die Revision, das Berufungsgericht sei verfahrensfehlerhaft von einem Vollzug der Kapitalerhöhung auf 200.000,-- DM ausgegangen , den keine der Parteien behauptet habe. Das Berufungsgericht hat zwar unter Bezugnahme auf die von der Beklagten vorgelegte, notariell beglaubigte Anmeldungsurkunde vom 28. November 1989 tatbestandlich (§ 314 ZPO) festgestellt , die Kapitalerhöhung sei zum Handelsregister angemeldet worden. Vollzogen wird diese aber erst mit Eintragung (§§ 54 Abs. 3, 57 GmbHG). Bis dahin können der Kapitalerhöhungsbeschluß jederzeit aufgehoben und der Eintragungsantrag zurückgezogen werden (vgl. Senat BGHZ 140, 258, 260).
2. Zu Recht rügt die Revision weiter, das Berufungsgericht habe die Anforderungen an die Darlegungslast der Beklagten zu dem Darlehenscharakter der Zuwendung überspannt (§ 138 ZPO). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt für die Schlüssigkeit der Vortrag von Tatsachen, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als entstanden erscheinen zu lassen. Die Angabe näherer Einzelheiten ist nur im Fall ihrer Relevanz für die Rechtsfolgen erforderlich.
Die Beklagte hat vorgetragen, sie habe den Betrag als Darlehen einbezahlt , weil die Hausbank der GmbH im Dezember 1998 eine Erweiterung des Kreditrahmens der GmbH von einem Gesellschafterzuschuß abhängig gemacht habe. Der Widerbeklagte zu 2 habe sich dazu zwar nicht bereit erklärt, er habe an diesem Gespräch aber teilgenommen und einer Darlehensgewährung zugestimmt. Zum Beweis dafür hat die Beklagte zwei Mitarbeiter der Bank als Zeugen benannt und die Parteivernehmung des Beklagten zu 2 beantragt. Weiter
hat sie ihre Mutter als Zeugin dafür benannt, daß diese ihr den Betrag zu dem verabredeten Zweck einer Darlehensgewährung an die GmbH zur Verfügung gestellt habe. Außerdem hat die Beklagte auf die Bilanzierung als Darlehen verwiesen.
Dieser Vortrag ist schlüssig. Das Fehlen eines schriftlichen Darlehensvertrages steht dem nicht entgegen, sondern hätte erst nach Ausschöpfen der angetretenen Beweise ergänzend verwertet werden dürfen. Unverständlich ist im übrigen der Hinweis des Berufungsgerichts auf die Rangrücktrittserklärung der Beklagten vom 28. Februar 1990, weil diese gerade für das behauptete Darlehen spricht.
3. Schlüssig dargelegt ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts auch der Anspruch gegen den Widerbeklagten zu 2. Nach Ziff. 9 des vorgelegten Treuhandvertrages hat der Treugeber der Treuhänderin alle in seinem Interesse gemachten Aufwendungen zu ersetzen. Soweit das Berufungsgericht darauf abstellt, daß der Widerbeklagte zu 2 eine liquiditätserhöhende Zahlung aus eigenen Mitteln abgelehnt habe, verkürzt es den Vortrag der Beklagten, wonach der Widerbeklagte zu 2 bei dem Gespräch mit der Bank sich damit einverstanden erklärt habe, daß die Beklagte "in die Bresche sprang", um die wirtschaftliche Stabilität der GmbH nicht zu gefährden. Nach diesem Vortrag durfte die Beklagte das Verhalten des Widerbeklagten zu 2 auf der Grundlage des Treuhandvertrages durchaus so verstehen, daß sie das Darlehen auch in seinem Interesse und Auftrag gewähren solle. Ob dies hier so war, ist erst nach Ausschöpfung der Beweise durch den Tatrichter abschließend zu beurteilen.
4. Zur etwaigen Haftung der Klägerin aus Vermögensübernahme gemäß § 419 BGB i.d.F. bis zum 31. Dezember 1998 (Art. 223 a EGBGB) wegen des Erwerbs der Schadensersatzforderungen der GmbH und der KG gegen die Beklagte hat das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus konsequent - keine Feststellungen getroffen. Das wird nachzuholen sein.
Röhricht Hesselberger Goette
Kurzwelly Kraemer

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
II ZR 209/08 Verkündet am:
1. Februar 2010
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO § 538 Abs. 2 Nr. 1; GenG a.F. § 99 Abs. 1 (InsO n.F. § 15 a Abs. 1)

a) Eine Zurückverweisung an das Erstgericht gemäß § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO kommt nur dann in Betracht
, wenn das erstinstanzliche Verfahren an einem so wesentlichen Mangel leidet, dass es keine
Grundlage für eine die Instanz beendende Entscheidung sein kann. Ob ein wesentlicher Verfahrensfehler
vorliegt, ist allein aufgrund des materiell-rechtlichen Standpunkts des Erstgerichts zu beurteilen,
auch wenn das Berufungsgericht ihn für verfehlt erachtet.

b) Verweist das Berufungsgericht den Rechtsstreit wegen eines wesentlichen Verfahrensfehlers zurück,
müssen seine Ausführungen erkennen lassen, dass es das ihm in § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO eingeräumte
Ermessen, eine eigene Sachentscheidung zu treffen oder ausnahmsweise den Rechtsstreit an das
Erstgericht zurück zu verweisen, pflichtgemäß ausgeübt hat. Dass nach Auffassung des Berufungsgerichts
ein Sachverständigengutachten einzuholen ist, dessen Einfluss auf den Prozessverlauf nicht abzuschätzen
ist, rechtfertigt für sich genommen die Zurückverweisung nicht.

c) Mitglieder einer in Insolvenz geratenen Genossenschaft sind vom Schutzzweck der Insolvenzverschleppungshaftung
nicht ausgenommen, wenn ein Anspruch gegen die insolvente Genossenschaft
betroffen ist, der seine Grundlage nicht in dem genossenschaftsrechtlichen Mitgliedschaftsrecht hat,
sondern auf einer Vereinbarung beruht, die das Mitglied wie ein außen stehender Dritter mit der Genossenschaft
geschlossen hat.
BGH, Urteil vom 1. Februar 2010 - II ZR 209/08 - OLG Oldenburg
LG Osnabrück
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 1. Februar 2010 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette
und die Richter Dr. Reichart, Dr. Drescher, Dr. Löffler und Bender

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten zu 1 bis 3 wird das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 7. Juli 2008 aufgehoben, soweit zu ihrem Nachteil entschieden worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an den 1. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin, ein international tätiges Speditionsunternehmen, war Mitglied in der Genossenschaft "G. e.G." (im Folgenden: Schuldnerin). Die Beklagten zu 1 und 2 waren bis Juli 2003 bzw. von Januar 2003 bis September 2003 Vorstandsmitglieder der Schuldnerin, der Beklagte zu 3 war bis zu seinem Ausscheiden im Juli 2003 als Prokurist und Hauptabteilungsleiter mit dem Aufgabenbereich Finanzwesen und Buchhaltung bei der Schuldnerin tätig. Der von dem Beklagten zu 4 als Abschlussprüfer testierte Jahresabschluss der Schuldnerin für das Jahr 2002, in dem Forderungen aus Lieferung und Leistung in Höhe von 10.945.976,59 € bilanziert waren, wies bei einer Bilanzsumme von 20.919.000,00 € einen Gewinn von 413.000,00 € aus.
2
Die Klägerin führte im Auftrag der T. Spedition GmbH (im Folgenden : T. ) in der Zeit von Januar 2003 bis Ende August 2003 verschiedene Transporte aus, für die sie eine Vergütung in Höhe von insgesamt 141.904,69 € zu beanspruchen hatte. T. glich diese Forderung Ende August 2003 gegenüber der Schuldnerin aus, der die Klägerin in einem 1993 mit T. geschlossenen Grundvertrag ihre Ansprüche gegen T. zum Einzug abgetreten hatte. Ein von der Schuldnerin - unter Berücksichtigung von Gegenforderungen - über den Betrag von 140.708,19 € ausgestellter, von der Klägerin am 1. September 2003 eingereichter Scheck wurde von der bezogenen Sparkasse nicht eingelöst. Da diese trotz Nichtausschöpfens einer der Schuldnerin eingeräumten Kreditlinie ab dem 5. September 2003 keine Verfügungen über deren Konto mehr zuließ, stellte die Schuldnerin am 8. September 2003 Insolvenzantrag. Das Insolvenzverfahren über ihr Vermögen wurde am 29. Oktober 2003 eröffnet. Ein auf Veranlassung des Insolvenzverwalters neu erstellter Jahresabschluss für das Geschäftsjahr 2002 ergab einen Bilanzverlust von mehr als 7.000.000,00 €.
3
Die Klägerin hat die Beklagten - hinsichtlich der Beklagten zu 1 bis 3 gestützt auf § 823 Abs. 2 BGB, § 99 Abs. 1 GenG a.F. (§ 15 a Abs. 1 InsO n.F.), § 98 GenG - auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 140.708,19 € mit der Begründung in Anspruch genommen, die Schuldnerin sei spätestens zum 31. Dezember 2002 überschuldet und zahlungsunfähig gewesen; die Beklagten zu 1 bis 3, letzterer als faktisches Organ, hätten gegen ihre Verpflichtung zur rechtzeitigen Stellung des Insolvenzantrags verstoßen. Hinsichtlich des Beklagten zu 4 hat die Klägerin geltend gemacht, er habe den Jahresabschluss 2002 pflichtwidrig testiert, obwohl dieser nicht auf der Grundlage einer ordnungsgemäßen Buchführung erstellt worden sei.
4
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, hinsichtlich der Beklagten zu 1 bis 3 mit der Begründung, es lasse sich unter Zugrundelegung des Vortrags der Klägerin nicht feststellen, dass die Schuldnerin schon vor dem 8. September 2003 zahlungsunfähig oder überschuldet gewesen sei. Eine Überschuldung zu diesem Zeitpunkt habe selbst dann nicht bestanden, wenn - wovon allerdings auf der Grundlage des Vortrags der Klägerin nicht ausgegangen werden könne - die bilanzierten Forderungen in einer Größenordnung von 6,2 Millionen € nicht werthaltig gewesen seien, weil die Schuldnerin über stille Reserven in ausreichender Höhe verfügt habe. Eine Haftung des Beklagten zu 3 scheitere zudem daran, dass der Beklagte zu 3 nicht faktisches Vorstandsmitglied gewesen sei.
5
Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen das landgerichtliche Urteil aufgehoben, soweit die Klage gegen die Beklagten zu 1 bis 3 abgewiesen wurde und hat die Sache gemäß § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO insoweit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen. Hiergegen wenden sich die Beklagten zu 1 bis 3 mit der - von dem erkennenden Senat zugelassenen - Revision , mit der sie ihren zweitinstanzlichen Antrag auf Zurückweisung der Berufung weiterverfolgen.

Entscheidungsgründe:


6
Da die Klägerin im Verhandlungstermin trotz dessen rechtzeitiger Bekanntgabe nicht vertreten war, ist über die Revisionen der Beklagten zu 1 bis 3 durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Die Entscheidung beruht inhaltlich jedoch nicht auf der Säumnis, sondern auf einer Sachprüfung (BGHZ 37, 79, 82).
7
Die Revisionen der Beklagten zu 1 bis 3 haben Erfolg und führen - soweit zu ihrem Nachteil entschieden worden ist - zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
8
I. Das Berufungsgericht hat - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt: Die Klägerin habe ihren Anspruch gegen die Beklagten zu 1 bis 3 darauf gestützt, dass es bei der Schuldnerin seit längerem eine wirtschaftliche Fehlentwicklung gegeben habe, die spätestens im Jahr 2002 Anlass für eine Insolvenzprüfung hätte sein müssen. Entscheidend sei daher, ob bei der Erstellung des Jahresabschlusses 2002 die Grundsätze einer ordnungsgemäßen Buchführung beachtet worden seien und alle für die Erstellung des Jahresabschlusses notwendigen Informationen vollständig und wahrheitsgemäß zur Verfügung gestanden hätten. Unter diesen Umständen habe das Landgericht die Anforderungen an den von der Klägerin zu erwartenden Sachvortrag überspannt, wenn es die Darlegung einzelner Buchungsvorgänge oder nähere Ausführungen zum Wert des Immobilienvermögens vermisst habe. Es habe insofern entscheidungserheblichen Sachvortrag der Klägerin verfahrensfehlerhaft übergangen. Weil das Verfahren aufwändige und umfangreiche Feststellungen durch Einholung eines Sachverständigengutachtens erfordere, dessen Auswirkungen auf den weiteren Prozessverlauf sich nicht abschätzen ließen, sei das Urteil hinsichtlich der Beklag- ten zu 1 bis 3 aufzuheben und die Sache an das erstinstanzliche Gericht zurückzuverweisen.
9
II. Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
10
Das Berufungsgericht hat die Sache verfahrensfehlerhaft gemäß § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO an das Landgericht zurückverwiesen. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift für eine Zurückverweisung an das erstinstanzliche Gericht, durch die die Beklagten zu 1 bis 3 beschwert sind (Sen.Urt. v. 6. November 2000 - II ZR 67/99, ZIP 2001, 28, 29), sind in mehrfacher Hinsicht nicht erfüllt.
11
1. Eine Zurückverweisung nach § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO kommt als Ausnahme von der in § 538 Abs. 1 ZPO statuierten Verpflichtung des Berufungsgerichts , die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden , nur in Betracht, wenn das erstinstanzliche Verfahren an einem so wesentlichen Mangel leidet, dass es keine Grundlage für eine instanzbeendende Entscheidung sein kann (Sen.Urt. v. 6. November 2000 aaO). Ob ein wesentlicher Verfahrensfehler vorliegt, ist allein aufgrund des materiell-rechtlichen Standpunkts des Erstgerichts zu beurteilen, auch wenn dieser verfehlt ist oder das Berufungsgericht ihn für verfehlt erachtet (Senat aaO).
12
Nach diesen - vom Berufungsgericht verkannten - Grundsätzen liegt kein Verfahrensfehler des Erstgerichts vor. Das Berufungsgericht hat dies zu Unrecht angenommen, weil es die Frage, ob dem Erstgericht ein wesentlicher Verfahrensfehler unterlaufen ist, rechtsfehlerhaft nicht aufgrund des allein maßgeblichen materiell-rechtlichen Standpunkts des Erstgerichts beantwortet hat, sondern dieser Beurteilung seinen eigenen materiell-rechtlichen Rechtsstandpunkt zugrunde gelegt hat.
13
Das Berufungsgericht hat seine Auffassung, dass das Landgericht verfahrensfehlerhaft die Anforderungen an den Sachvortrag der Klägerin überspannt und deshalb entscheidungserheblichen Vortrag übergangen habe, damit begründet, dass es für die Feststellung, ob die Schuldnerin vor dem 8. September 2003 überschuldet gewesen sei, sowohl hinsichtlich der Bewertung der Forderungen als auch der stillen Reserven maßgeblich darauf ankomme, ob bei der Erstellung des Jahresabschlusses für das Jahr 2002 die Grundsätze einer ordnungsgemäßen Buchführung beachtet worden seien und ob alle für dessen Erstellung notwendigen Informationen vollständig und wahrheitsgemäß zur Verfügung gestanden hätten, und dass es sich hierbei um interne Vorgänge handele , zu denen von der Klägerin kein weiterer Vortrag erwartet werden könne. Auf diesen Gesichtspunkt hat das Landgericht bei seiner Entscheidung jedoch nicht abgestellt. Es hat der Frage, ob die im Jahresabschluss ausgewiesenen Forderungen in der bilanzierten Höhe werthaltig oder - wie die Klägerin behauptet hat - um 6,2 Millionen € zu berichtigen waren, keine Streit entscheidende Bedeutung beigemessen, weil die Schuldnerin, ohne dass es nach seiner Meinung auf die Einhaltung der Grundsätze einer ordnungsgemäßen Buchführung ankam , über so erhebliche stille Reserven in ihrem Vermögen verfügt habe, dass selbst bei Wertberichtigung der Forderungen zum 31. Dezember 2002 keine Überschuldung bestanden habe.
14
Bewertet das Berufungsgericht das Parteivorbringen materiell-rechtlich anders als das Erstgericht, indem es z.B. an die Schlüssigkeit oder die Substantiierungslast andere Anforderungen als das Erstgericht stellt, liegt ein zur Aufhebung und Zurückverweisung berechtigender wesentlicher Verfahrensmangel auch dann nicht vor, wenn infolge der abweichenden Beurteilung eine Beweisaufnahme erforderlich wird (Sen.Urt. v. 3. April 2000 - II ZR 194/98, WM 2000, 1195, 1196 m.w.Nachw.; BGH, Urt. v. 16. Dezember 2004 - VII ZR 270/03, MDR 2005, 645).
15
Dass das Landgericht unter Verletzung des Anspruchs der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs den Kern ihres Vorbringens verkannt und deshalb eine entscheidungserhebliche Frage verfehlt hätte, was als schwerer Verfahrensfehler i.S.v. § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO die Aufhebung und Zurückverweisung rechtfertigen könnte (Sen.Urt. v. 6. November 2000 - II ZR 67/99, ZIP 2001, 28, 29), hat das Berufungsgericht - zu Recht - nicht angenommen.
16
2. Wie die Revisionen außerdem mit Recht rügen, lassen die Ausführungen des Berufungsgerichts nicht erkennen, dass es das ihm in § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO eingeräumte Ermessen, eine eigene Sachentscheidung zu treffen oder ausnahmsweise den Rechtsstreit an das Erstgericht zurück zu verweisen, pflichtgemäß ausgeübt hat. Das Berufungsgericht hat weder in Erwägung gezogen , dass eine Zurückverweisung der Sache in aller Regel zu einer Verteuerung und Verzögerung des Rechtsstreits führt, was den schützenswerten Interessen der Parteien entgegenstehen kann; noch hat es nachprüfbar dargelegt, dass die aus seiner Sicht durchzuführende Beweisaufnahme so aufwändig und umfangreich ist, dass eine Zurückverweisung an das Landgericht ausnahmsweise gerechtfertigt erscheint (BGH, Urt. v. 16. Dezember 2004 - VII ZR 270/03, MDR 2005, 645). Dass nach Auffassung des Berufungsgerichts ein Sachverständigengutachten einzuholen ist, genügt hierfür ebenso wenig wie der Hinweis , es sei nicht abzuschätzen, welchen Einfluss das Gutachten auf den Prozessverlauf haben werde. Diese mit einer Beweisaufnahme in einer Vielzahl von Fällen verbundene Unsicherheit rechtfertigt für sich genommen eine Zurückverweisung nicht.
17
III. Aufgrund der aufgezeigten Rechtsfehler unterliegt das angefochtene Urteil insoweit der Aufhebung, als das Berufungsgericht - auf die Berufung der Klägerin - das die Klage gegen die Beklagten zu 1 bis 3 abweisende landgerichtliche Urteil aufgehoben und den Rechtsstreit an das Landgericht zurückverwiesen hat (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da weitere tatrichterliche Feststellungen erforderlich sind und die Sache deshalb nicht zur Endentscheidung reif ist, muss sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung - an einen anderen Senat des Berufungsgerichts - zurückverwiesen werden (§ 563 Abs. 1 Satz 1 und 2 ZPO).
18
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
19
1. Das Berufungsgericht geht zwar noch zutreffend davon aus, dass es für die Feststellung, dass eine Gesellschaft insolvenzrechtlich überschuldet ist, grundsätzlich der Aufstellung einer Überschuldungsbilanz bedarf, in der die Vermögenswerte der Gesellschaft mit ihren aktuellen Verkehrs- oder Liquidationswerten auszuweisen sind, während einer Handelsbilanz lediglich indizielle Bedeutung zukommt (Sen.Urt. v. 27. April 2009 - II ZR 253/07, ZIP 2009, 1220 Tz. 9 m.w.Nachw.). Verfehlt und zum eigenen Ausgangspunkt im Widerspruch stehend ist jedoch die Auffassung des Berufungsgerichts, für die Frage, ob zum 31. Dezember 2002 eine Überschuldung vorgelegen habe, sei entscheidend, ob bei der Erstellung des Jahresabschlusses der Schuldnerin für das Jahr 2002 die Grundsätze einer ordnungsgemäßen Buchführung beachtet worden seien und alle für seine Erstellung notwendigen Informationen vollständig und wahrheitsgemäß zur Verfügung gestanden hätten. Hierauf kommt es nicht an.
20
Die Schuldnerin war zum 31. Dezember 2002 oder jedenfalls vor dem 8. September 2003 überschuldet, wenn zu diesem Zeitpunkt die bestehenden Verbindlichkeiten der Schuldnerin ihr Vermögen überstiegen haben. Dies war nach Auffassung des Landgerichts auch unter Zugrundelegung des von der Klägerin behaupteten Wertberichtigungsbedarfs hinsichtlich der bilanzierten Forderungen aus Lieferung und Leistung jedenfalls deshalb nicht der Fall, weil die Schuldnerin in ihrem Vermögen über ausreichend stille Reserven verfügte, um eine mögliche bilanzielle Überschuldung auszugleichen. Das Berufungsgericht hat sich - von seinem verfehlten Standpunkt aus folgerichtig - mit den Feststellungen des Landgerichts zu den stillen Reserven und den hiergegen gerichteten Berufungsangriffen der Klägerin nicht befasst. In welcher Höhe stille Reserven vorhanden waren, ist zwischen den Parteien streitig. Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit, die hierzu erforderlichen Feststellungen (insbesondere Erbbaurecht S. Landstraße unter Berücksichtigung der Mieterträge aus der "G. -Halle" und aus der Vermietung an die Firmen E. und V. , Tankstellengrundstück K. ) und - sofern es darauf noch ankommen sollte - zum tatsächlichen Wert der in dem Jahresabschluss 2002 enthaltenen Forderungen aus Lieferung und Leistung und zu ihrer Erkennbarkeit für die Vorstandsmitglieder zu treffen.
21
2. Die Klägerin fällt mit ihrem Begehren in den Schutzbereich der Insolvenzverschleppungshaftung.
22
Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. nur BGHZ 164, 50, 60; BGHZ 171, 46 Tz. 13; Beschl. v. 20. Oktober 2008 - II ZR 211/07, ZIP 2009, 366 Tz. 3) soll der Rechtsverkehr durch die in § 99 Abs. 1 GenG a.F., § 64 Abs. 1 GmbHG a.F. (§ 15 a Abs. 1 InsO n.F.) normierte Pflicht der Organe zur Stellung des Insolvenzantrags davor bewahrt werden, einer insolvenzreifen Gesellschaft eine Vorleistung, insbesondere einen Geld- oder Sachkredit zu gewähren, ohne hierfür einen werthaltigen Gegenanspruch zu erlangen. Die Klägerin ist als Mitglied der Genossenschaft vom Schutzzweck der Insolvenz- verschleppungshaftung nicht von vornherein ausgenommen (Beuthien, GenG 14. Aufl. § 99 Rdn. 5; Lang/Weidmüller, GenG 36. Aufl. § 99 Rdn. 13; Müller, GenG 2. Aufl. § 99 Rdn. 10; RG, Urt. v. 30. Januar 1914 - II 498/13, Leipziger Zeitschrift für Deutsches Recht 1914, 864 f.); denn sie ist hier durch eine verspätete Insolvenzantragstellung nicht in ihrem genossenschaftlichen Mitgliedschaftsrecht betroffen. Vielmehr verlangt sie aus Insolvenzverschleppungshaftung Ersatz für die - von der Schuldnerin vereinnahmte - Vergütung, die sie von T. zu beanspruchen hatte und die sie wie ein außen stehender Dritter an die Schuldnerin zur Einziehung abgetreten hatte (vgl. Habersack in Großkomm.z.AktG 4. Aufl. § 92 Rdn. 75). Bisher ist allerdings offen, auf welcher schuldvertraglichen Grundlage die Klägerin ihre Forderungen gegen T. an die Schuldnerin abgetreten hat. Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit, die noch erforderlichen Feststellungen, ggf. nach ergänzendem Parteivortrag, zu der - der Forderungsabtretung zugrunde liegenden - Rechtsbeziehung der Klägerin zu der Schuldnerin zu treffen.
23
3. Das Landgericht hat die Abweisung der Klage gegen den Beklagten zu 3 ferner darauf gestützt, dass dieser weder dem Vorstand angehörte noch faktisches Vorstandsmitglied gewesen sei. Das Berufungsgericht hat sich mit dieser - die Klageabweisung hinsichtlich des Beklagten zu 3 für sich genommen rechtfertigenden - Begründung des Landgerichts und dem hierzu gehaltenen Vortrag der Parteien in der Berufungsinstanz nicht befasst. Dies wird in dem wiedereröffneten Berufungsverfahren unter Beachtung der vom Senat aufgestellten An- forderungen, die für die Annahme einer faktischen Organstellung erfüllt sein müssen (vgl. nur Sen.Urt. v. 27. Juni 2005 - II ZR 113/03, ZIP 2005, 1414; v. 11. Juli 2005 - II ZR 235/03, ZIP 2005, 1550), nachzuholen sein.

Goette Reichart Drescher
Löffler Bender
Vorinstanzen:
LG Osnabrück, Entscheidung vom 18.12.2007 - 8 O 2603/05 -
OLG Oldenburg, Entscheidung vom 07.07.2008 - 13 U 16/08 -

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.

(1) Das Berufungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden.

(2) Das Berufungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges nur zurückverweisen,

1.
soweit das Verfahren im ersten Rechtszuge an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist,
2.
wenn durch das angefochtene Urteil ein Einspruch als unzulässig verworfen ist,
3.
wenn durch das angefochtene Urteil nur über die Zulässigkeit der Klage entschieden ist,
4.
wenn im Falle eines nach Grund und Betrag streitigen Anspruchs durch das angefochtene Urteil über den Grund des Anspruchs vorab entschieden oder die Klage abgewiesen ist, es sei denn, dass der Streit über den Betrag des Anspruchs zur Entscheidung reif ist,
5.
wenn das angefochtene Urteil im Urkunden- oder Wechselprozess unter Vorbehalt der Rechte erlassen ist,
6.
wenn das angefochtene Urteil ein Versäumnisurteil ist oder
7.
wenn das angefochtene Urteil ein entgegen den Voraussetzungen des § 301 erlassenes Teilurteil ist
und eine Partei die Zurückverweisung beantragt. Im Fall der Nummer 3 hat das Berufungsgericht sämtliche Rügen zu erledigen. Im Fall der Nummer 7 bedarf es eines Antrags nicht.

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR343/13 Verkündet am:
10. Februar 2015
Holmes
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
1. Den Prozessgegner der primär darlegungsbelasteten Partei kann eine sekundäre
Darlegungslast treffen, wenn die nähere Darlegung der primär darlegungsbelasteten
Partei nicht möglich oder zumutbar ist, während der Prozessgegner
alle wesentlichen Tatsachen kennt und es ihm zumutbar ist, nähere
Angaben zu machen.
2. Diese Grundsätze gelten auch bei Schadensersatzansprüchen wegen Verletzung
eines strafrechtlichen Schutzgesetzes. Dabei spielt keine Rolle, ob
ein entsprechender Auskunftsanspruch gegen den Schädiger besteht.
BGH, Urteil vom 10. Februar 2015 - VI ZR 343/13 - KG Berlin
LG Berlin
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 10. Februar 2015 durch den Vorsitzenden Richter Galke, die Richterin
Diederichsen, den Richter Pauge, die Richterin von Pentz und den Richter
Offenloch

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 26. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 19. Juni 2013 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Beklagten sind Geschäftsführer der inzwischen insolventen W. N. Grundstücks- und Vermögensverwaltungen GmbH (im Folgenden: N-GmbH), die Kläger Rechtsnachfolger der im September 2006 verstorbenen D. S. (im Folgenden: Erblasserin). Von 1997 bis 2006 verwaltete die N-GmbH acht im Allein- beziehungsweise Miteigentum der Erblasserin stehende Grundstücke. Die N-GmbH überwies von den für die Erblasserin geführten Konten auf Veran- lassung der Beklagten in den Jahren 2003 bis 2007 insgesamt 300.528,66 € und führte bei ihr eingegangene Zahlungen von Mietern der Erblasserin in Höhe von weiteren 53.855,07 € nicht an die Erblasserin ab.
2
In zwei vorangegangenen Verfahren nahm die N-GmbH die Kläger erfolglos auf Ersatz von im Rahmen der Grundstücksverwaltung getätigten Aufwendungen in Anspruch.
3
Die Kläger machen geltend, bei den im Namen der N-GmbH überwiesenen bzw. einbehaltenen Geldbeträgen habe es sich um rechtswidrige Entnahmen bzw. Verrechnungen gehandelt. Mit ihrer Klage begehren sie Ersatz dieser Beträge sowie vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten.
4
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die dagegen gerichtete Berufung der Kläger zurückgewiesen. Mit den vom erkennenden Senat zugelassenen Revisionen verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

5
Das Berufungsgericht hat - soweit im Revisionsverfahren von Interesse - ausgeführt:
6
Den Klägern stehe ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 Abs. 1 StGB nicht zu. Aus den unstreitigen Tatsachen ergebe sich nicht, dass die Beklagten als Geschäftsführer der N-GmbH die ihnen durch den Hausverwaltervertrag vom 26. August 1997 eingeräumte Vermögensbetreuungspflicht verletzt hätten. Auch treffe die Beklagten keine sekundäre Darlegungslast da- hingehend, im Einzelnen darzutun, welche zu erstattenden Aufwendungen die N-GmbH aus eigenen Mitteln getätigt habe. Anders als bei der Geltendmachung von Schadensersatz wegen der Verletzung vertraglicher Pflichten führe eine allgemeine sekundäre Darlegungslast bei einem Schadensersatzanspruch, der auf die Verletzung strafrechtlicher Normen gestützt werde, dazu, dass der mutmaßliche Schädiger letztlich einen Entlastungsbeweis zu führen habe. Bei nicht ausreichender Tatsachengrundlage obläge es ihm nämlich darzutun, dass ein Straftatbestand nicht verwirklicht sei. Die Geltendmachung eines deliktischen Schadensersatzanspruchs wegen Untreue diene aber nicht dazu, auf diese Weise letztlich eine Auskunft und Abrechnung über die Vermögensverwaltung zu erhalten und darauf dann etwaige deliktische Ansprüche zu stützen. Zudem setze ein auf die Verletzung von § 266 Abs. 1 StGB gestützter Schadensersatzanspruch voraus, dass die Beklagten - was von den Klägern zu beweisen sei - vorsätzlich gehandelt hätten. Der Umstand, dass die N-GmbH in den Vorverfahren Aufwendungen dargelegt habe, die sie aus eigenen Mitteln erbracht habe, spreche dafür, dass die Beklagten sich als berechtigt angesehen hätten, entsprechende Entnahmen und Einbehalte vorzunehmen. Schließlich fehle es am Nachweis eines konkret bezifferbaren Schadens. Ein solcher liege nämlich dann nicht vor, wenn die von der N-GmbH verrechneten Aufwendungen tatsächlich den Grundstücken der Erblasserin wirtschaftlich zugeflossen seien und deren Werterhalt gedient hätten.

II.

7
Diese Erwägungen halten der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Annahme des Berufungsgerichts, ein Anspruch der Kläger gegen die Beklagten aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 Abs. 1 StGB scheide aus, beruht auf Rechtsfehlern.
8
1. Mit der Begründung des Berufungsgerichts lässt sich die Verletzung einer Vermögensbetreuungspflicht i.S.d. § 266 Abs. 1 StGB durch die Beklagten nicht verneinen.
9
a) Noch zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass die Beklagten eine Vermögensbetreuungspflicht i.S.d. § 266 Abs. 1 StGB traf. Dass der Hausverwaltervertrag nicht zwischen der Erblasserin und den Beklagten persönlich, sondern zwischen der Erblasserin und der N-GmbH bestand, ist dabei unerheblich. Denn nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB ist die Vorschrift des § 266 StGB in Ansehung der primär die N-GmbH treffenden Vermögensbetreuungspflicht auch auf die Beklagten als deren Geschäftsführer anzuwenden.
10
b) Zu Unrecht nimmt das Berufungsgericht allerdings an, die Beklagten treffe deshalb keine sekundäre Darlegungslast bezüglich der die einzelnen Entnahmen bzw. Verrechnungen rechtfertigenden Umstände, weil es sich bei § 266 StGB um eine strafrechtliche Norm handle.
11
Grundsätzlich muss zwar der Kläger alle Tatsachen behaupten und beweisen , aus denen sich sein Anspruch herleitet. Stützt er sich auf eine deliktische Haftung wegen Verletzung eines Schutzgesetzes, so hat er prinzipiell alle Umstände darzulegen und zu beweisen, aus denen sich die Verwirklichung der einzelnen Tatbestandsmerkmale des Schutzgesetzes ergibt (Senatsurteile vom 17. März 1987 - VI ZR 282/85, BGHZ 100, 190, 195 mwN; vom 19. Juli 2011 - VI ZR 367/09, VersR 2011, 1276 Rn. 13; vom 11. Dezember 2001 - VI ZR 350/00, VersR 2002, 321; vom 24. November 1998 - VI ZR 388/97, VersR 1999, 774, 775). In bestimmten Fällen ist es aber Sache der Gegenpartei, sich im Rahmen der ihr nach § 138 Abs. 2 ZPO obliegenden Erklärungspflicht zu den Behauptungen der beweispflichtigen Partei substantiiert zu äußern. Eine solche sekundäre Darlegungslast, die die Verteilung der Beweislast unberührt lässt, setzt voraus, dass die nähere Darlegung dem Behauptenden nicht möglich oder nicht zumutbar ist, während der Bestreitende alle wesentlichen Tatsachen kennt und es ihm zumutbar ist, nähere Angaben zu machen (z.B. Senatsurteile vom 17. März 1987 - VI ZR 282/85, aaO, 195 f.; vom 3. Juni 2014 - VI ZR 394/13, VersR 2014, 1018 Rn. 20; vom 11. Februar 2001 - VI ZR 350/00, aaO; vom 24. November 1998 - VI ZR 388/97, aaO; BGH, Urteil vom 7. Dezember 1998 - II ZR 266/97, BGHZ 140, 156, 158). Diese Grundsätze kommen insbesondere bei Schadensersatzansprüchen zur Geltung, die aus der Veruntreuung anvertrauter Gelder hergeleitet werden (Senatsurteile vom 24. November 1998 - VI ZR 388/97, aaO; vom 17. März 1987 - VI ZR 282/85, aaO). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts spielt dabei weder eine Rolle, dass es sich bei dem als verletzt in Rede stehenden Schutzgesetz des § 266 StGB um eine strafrechtliche Norm handelt, noch, ob ein entsprechender Auskunftsanspruch besteht (vgl. Senatsurteil vom 17. März 1987 - VI ZR 282/85, aaO).
12
2. Die angefochtene Entscheidung beruht auf dem dargestellten Fehler.
13
a) Der im Streitfall maßgeblichen Frage nach der Berechtigung der von den Beklagten im Namen der N-GmbH vorgenommenen Überweisungen bzw. Verrechnungen liegen auf der Grundlage der berufungsgerichtlichen Feststellungen Vorgänge zugrunde, die sich im Wahrnehmungsbereich beider Beklagten abgespielt haben. Dass die Voraussetzungen einer sekundären Darlegungslast insoweit erfüllt sind, liegt deshalb zumindest nicht fern. Ob und inwieweit die weitere Voraussetzung für die Annahme einer sekundären Darlegungslast , nämlich die Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit weiterer Darlegungen für die primär darlegungsbelasteten Kläger, ebenfalls gegeben ist oder ob und inwieweit die Kläger, etwa aus den der Erblasserin erteilten Abrechnungen oder aus dem Vorprozess, über die für den weiteren Vortrag notwendigen Erkenntnisse verfügen, wird das Berufungsgericht zu prüfen haben.
14
Bei Annahme einer sekundären Darlegungslast obliegt es den Beklagten hinsichtlich jeder einzelnen von der Darlegungslast betroffenen Überweisung bzw. Verrechnung - konkret und schlüssig - die Tatsachen vorzutragen, aus denen sie die Berechtigung der N-GmbH in der jeweiligen Höhe herleiten. Dies haben sie - entgegen der Annahme der Revisionserwiderung - jedenfalls im vorliegenden Verfahren bislang nicht getan.
15
b) Der dargestellte Fehler ist nicht deshalb unerheblich, weil sich das Berufungsgericht auch keine Überzeugung vom Vorliegen des für § 266 StGB erforderlichen Vorsatzes und des ebenfalls erforderlichen Vermögensschadens zu bilden vermochte. Den diesbezüglichen Darlegungen des Berufungsgerichts entziehen die vorstehenden Erwägungen nämlich ebenfalls die Grundlage. Ob die Überweisungen bzw. Verrechnungen zu einem im Rahmen des § 266 StGB relevanten Vermögensschaden geführt haben und ob die Beklagten auch bezüglich der - unterstellten - Pflichtverletzungen vorsätzlich gehandelt haben, lässt sich erst dann abschließend beurteilen, wenn die Beklagten entsprechend der sie ggf. treffenden sekundären Darlegungslast weiter vorgetragen haben und eine danach unter Umständen erforderlich werdende Beweisaufnahme durchgeführt worden ist.
16
3. Im Übrigen wird das Berufungsgericht im Rahmen der erneuten Befassung auch Gelegenheit haben, das weitere wechselseitige Vorbringen der Parteien in der Revisionsinstanz zu berücksichtigen. Galke Diederichsen Pauge von Pentz Offenloch
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 02.09.2011 - 31 O 22/11 -
KG Berlin, Entscheidung vom 19.06.2013 - 26 U 180/11 -
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Der Einwand der Revision, es sei einem Gericht nicht gestattet, aus mehreren Verfahren einige als "Musterverfahren" herauszugreifen, diese zu bearbeiten und währenddessen die übrigen Streitigkeiten nicht zu fördern, verkennt zum einen die Besonderheiten sogenannter Massenverfahren, die ohne die Durchführung von Pilotverfahren regelmäßig nicht sachgerecht bewältigt werden können, und steht zum anderen im Widerspruch zur Rechtsprechung des erkennenden Senats. Danach ist dem Gericht zur Ausübung seiner verfahrensgestaltenden Befugnisse ein Gestaltungsspielraum zuzubilligen, der es ihm ermöglicht , dem Umfang und der Schwierigkeit der einzelnen Rechtssachen ausgewogen Rechnung zu tragen und darüber zu entscheiden, wann es welches Verfahren mit welchem Aufwand sinnvollerweise fördern kann und welche Verfahrenshandlungen dazu erforderlich sind. So ist jedes Gericht berechtigt, einzelne (ältere und jüngere) Verfahren aus Gründen eines sachlichen oder rechtlichen Zusammenhangs zu bestimmten Gruppen zusammenzufassen oder die Entscheidung einer bestimmten Sach- oder Rechtsfrage als vordringlich anzusehen , auch wenn ein solches "Vorziehen" einzelner Verfahren naturgemäß zu einer längeren Dauer anderer Verfahren führt. Die besonders intensive Befassung mit einem in tatsächlicher und/oder rechtlicher Hinsicht schwierig erscheinenden Verfahren führt zwangsläufig dazu, dass während dieser Zeit die Förderung anderer diesem Richter zugewiesener Verfahren vorübergehend zurückstehen muss. Eine gleichzeitige inhaltlich tiefgehende Bearbeitung sämtlicher Verfahren ist aus tatsächlichen Gründen nicht möglich und wird auch von Art. 20 Abs. 3 GG beziehungsweise Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK nicht verlangt (Senatsurteil vom 23. Januar 2014 aaO Rn. 39). Die Entscheidung, ein "Pilotverfahren" durchzuführen, gehört nach alledem zu den verfahrensgestaltenden Befugnissen eines Gerichts. Auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 148 ZPO kommt es nicht. Der Umstand, dass die Voraussetzungen einer förmlichen Aussetzung des Verfahrens wegen Vorgreiflichkeit nicht gegeben sind, steht der Durchführung eines Musterprozesses nicht entgegen. Es kann deshalb offen bleiben, ob § 148 ZPO bei Massenverfahren anwendbar ist, wenn das Gericht mit einer nicht mehr zu bewältigenden Zahl von Verfahren befasst ist (dazu BGH, Beschlüsse vom 30. März 2005 - X ZB 36/04, BGHZ 162, 373, 376 f und vom 28. Februar 2012 - VIII ZB 54/11, NJW-RR 2012, 575 Rn. 8).

(1) Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.

(2) Das Gericht kann ferner, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von Feststellungszielen abhängt, die den Gegenstand eines anhängigen Musterfeststellungsverfahrens bilden, auf Antrag des Klägers, der nicht Verbraucher ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des Musterfeststellungsverfahrens auszusetzen sei.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.