Oberlandesgericht München Beschluss, 21. Sept. 2018 - Verg 4/18

bei uns veröffentlicht am21.09.2018

Tenor

I. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss der Vergabekammer Nordbayern vom 19.04.2018, Az.: RMF-SG21-3194-3-6, wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Antragsgegnerin bei fortbestehender Beschaffungsabsicht bei der Vergabe des streitgegenständlichen Auftrags die Rechtsauffassung des Senats beachten hat.

II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Antragstellerin.

Gründe

A.

Die Antragsgegnerin, ein selbständiges Kommunalunternehmen, veröffentlichte am 11.10.2017 im EU-Supplement die Vergabe eines Auftrags über Ingenieursleistungen (Projektsteuerung gemäß HAV-KOM) zur Generalssanierung und Erweiterung ihrer Klinik R. im Verhandlungsverfahren.

Nach der Bekanntmachung ist beabsichtigt, folgende Leistungen stufenweise zu beauftragen: Projektsteuerungsleistung gemäß HAV-KOM, Projektstufen 1-2 teilweise (die Leistungen bis zum Antrag auf Vorwegfestlegung wurde bereits erbracht), Projektstufen 3-5 und besondere Leistungen für die Erweiterung und Sanierung der Klinik, 1. Bauabschnitt. Die Dienstleistung sollte am 01.02.2018 begonnen werden. Als optionale Auftragserweiterung sind weitere Bauabschnitte möglich.

Unter II. 2. 9 war in der Bekanntmachung festgelegt, dass mindestens 3 und höchstens 5 Bewerber zur Angebotsabgabe bzw. Teilnahme aufgefordert werden, wobei die Auswahl der Teilnehmer gemäß der in Abschnitt III. dargestellten Kriterien 1 - 1. 3) erfolgen sollte. Auf eine detaillierte Bewertungsmatrix mit Angabe über die Verteilung der Punkte und Gewichtung der einzelnen Kriterien in den Bewerbungsunterlagen wurde hingewiesen.

In Abschnitt III. der Bekanntmachung werden u.a. folgende Kriterien benannt und beschrieben:

(…)

III. 1.2 Wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit der Bekanntmachung

Auflistung und kurze Beschreibung der Eignungskriterien:

1. Erklärung über den Gesamtumsatz netto des Bewerbers in den letzten 3 Geschäftsjahren (§ 45 Abs. 1 Nr. 1 VgV). Die maximale Punktzahl wird bei einem durchschnittlichen Umsatz > 1.500.000 EUR/a erzielt.- (Wichtung 5%).

2. Anzahl der Beschäftigten der letzten 3 Geschäftsjahre für das gesamte Büro des Bewerbers und der im Themenbereich der ausgeschriebenen Planungsleistung arbeitenden Beschäftigten, aufgeteilt in Berufsgruppen (Führungskräfte, Dipl.-Ing., sonstige Mitarbeiter) (§ 46 Abs. 3 Nr. 8 VgV). Die maximale Punktzahl wird bei einer durchschnittlichen Gesamtmitarbeiterzahl > 15 Personen erzielt.- (Wichtung 5%).

(…)

III.1.3 Technische und berufliche Leistungsfähigkeit Auflistung und kurzer Beschreibung der Eignungskriterien

1. Darstellung von maximal 5 Referenzprojekten aus den letzten 5 Geschäftsjahren (ab 2012 bis zum Zeitpunkt des Schlusstermins für den Eingang der Teilnehmeranträge gemäß IV.2.2 dieser Bekanntmachung), aus der die Erfahrung des Bewerbers bei Projekten mit vergleichbaren Anforderungen hervorgeht (§ 46 Abs. 3 Nr. 1 VgV).-(Wichtung 90%). Referenzprojekte die vor 2012 in Betrieb genommen wurden, werden bei der Gewichtung nicht berücksichtigt.

Für die maximale Bewertung sollten durch die Referenzprojekte folgende Anforderungen erfüllt sein:

Die bestmögliche Bewertung zu Ziffer III 1.3 wird nur erreicht, wenn fünf Referenzen die oben genannten Kriterien vollumfänglich erfüllen. Die teilweise Erfüllung der oben genannten Kriterien führt nicht zum Ausschluss, sondern einer entsprechend geringeren Bewertung…

2. Benennung der technischen Fachkräfte, die im Zusammenhang mit der Leistungserbringung eingesetzt werden sollen.

3. Vorbehalten wird die Vorlage von Bescheinigungen öffentlicher oder privater Auftraggeber über die Ausführung der angegebenen Referenzprojekte.

Die Antragstellerin, die Beigeladenen sowie 7 weitere Bieter reichten fristgerecht Anträge auf Teilnahme an dem Verhandlungsverfahren ein.

Im Teilnahmeantrag der Beigeladenen vom 9. November 2017 heißt es u.a.: „S. und Partner Projektmanagement Beratende Ingenieure PartGMbB ist aus der am Markt lange bekannten S. S. Projektmanagement hervorgegangen“. Als Gründungsdatum des Büros wurde in den Antragsformblättern im vorgesehenen Kästchen das Jahr 2016 genannt. Außerdem wurden die im Formular abgefragten Nettoumsätze für die Jahre 2014, 2015 und 2016 genannt, sowie die Zahl der Mitarbeiter, aufgeschlüsselt nach Themenbereich und Qualifikation. Mit ihrem Angebot reichte die Beigeladene fünf Referenzprojekte unter ihrem Firmenlogo ein.

Nach Auswertung der Teilnahmeanträge erreichten 6 von 9 Bietern die Maximalpunktzahl von 100 Punkten, darunter die Beigeladene und die Antragstellerin. Die Antragsgegnerin wählte - wie in der Bekanntmachung angekündigt - per Los unter diesen 6 bestplatzierten Teilnehmern 5 Bewerber aus, die sie zu einer Präsentation einlud.

Nach Durchführung und Bewertung der Präsentation erreichte die Beigeladene den ersten und die Antragstellerin den zweiten Platz. Ein Bewerber sagte seine Teilnahme an der Vorstellung kurzfristig ab.

Die Antragsgegnerin beschloss am 5.2.2018, den Auftrag an die Beigeladene zu vergeben und informierte die Antragstellerin mit Schreiben vom 21.02.2018 gemäß § 62 VgV über ihre Zuschlagsabsicht. Die Antragstellerin rügte mit Schreiben vom 27.02.2018 die beabsichtige Vergabe und beanstandete unter anderen, dass die Beigeladene, obgleich erst vor kurzem neugegründet, hinsichtlich der Referenzprojekte, des durchschnittlichen Umsatzes und der nachgewiesenen durchschnittlichen Mitarbeiterzahl die Höchstpunktzahl erreicht habe.

Die Beigeladene überließ der Antragsgegnerin zu einem nicht näher aus der Dokumentation ersichtlichen Zeitpunkt (zumindest vor dem 12.3. 2018) einen an die Beigeladene adressiertes Schreiben ihres Steuerberatungsbüros vom 01.02.2018. In dem Schreiben erläutert der Steuerberater die Firmengeschichte der Beigeladenen und stellte dar, dass die S. S. Projektmanagement GmbH & Co. KG (alleiniger Kommanditist Geschäftsführer der Beigeladenen) zum 30.6.2014 nach Veräußerung ihrer gesamtem Anteile an den B konzern auf die S. Projektmanagement GmbH angewachsen sei und mit Verschmelzungsvertrag vom 9.6.2015 mit der B Bauperformance GmbH mit Sitz in F. verschmolzen worden sei. Desweitern seien im Jahr 2016 die nunmehrigen vier Partner der S. S. Projektmanagement GmbH & Co.KG aus der B GmbH ausgeschieden, um ihre bisherige Tätigkeit in einer eigenständigen Gesellschaft ab dem 1.10.2016 fortzuführen. Es wurden die im Bundesanzeiger veröffentlichten Jahresabschlusszahlen der Bauperformance GmbH genannt sowie „auskunftsgemäß“ (gerundete) Umsatzanteile, die auf das Büro M. entfallend. Im Schreiben sind außerdem Mitarbeiterzahlen für die Unternehmen und das Büro M. genannt.

Die Antragsgegnerin zog außerdem einen Auszug aus der Präqualifizierungsdatenbank des Auftragsberatungszentrums Bayern bei, der im Beschwerdeverfahren vorgelegt wurde. In die Datenbank wurde die Beigeladene auf Antrag im Juli 2017 eingetragen. In der Erklärung sind der Gesamtumsatz und die Anzahl der Beschäftigten für die Jahre 2014 bis 2016 angegeben. Die Zahlen weichen, ebenso wie die Zahlen im Schreiben des Steuerberaters, inhaltlich von den Angaben im Teilnahmeantrag ab. Die Antragsgegnerin wies mit Schreiben vom 12.03.2018 die Rüge der Antragstellerin zurück. Im Schreiben wird ausgeführt, dass der Sachverhalt intensiv geprüft worden sei und ein Ausschluss der Beigeladenen nicht in Betracht komme. Referenzen von Vorgängerbüros seien berücksichtigungsfähig. Die Beigeladene habe auch ihre Umsätze für die vorangegangenen 3 Geschäftsjahre nachgewiesen, diese seien von einem Wirtschaftsprüfer bestätig worden. Ebenso sei die Mitarbeiterzahl von mindestens 15 Personen nachgewiesen.

Daraufhin reichte die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 16.03.2018 einen Nachprüfungsantrag ein mit der Zielsetzung, dass die Beigeladene den Zuschlag nicht erhält und im Verhandlungsverfahren auch nicht berücksichtigt wird.

Zur Begründung führte die Antragstellerin aus:

Die Beigeladene hätte zum Verhandlungsverfahren nicht zugelassen werden dürfen, da die Kriterien Referenzen, Gesamtmitarbeiterzahl und Gesamtumsatz auf den Bewerber abstellten und nicht auf etwa dahinter stehende Personen. Da die Beigeladene erst im Jahre 2016 neu gegründet worden sei, könne sie im Rahmen der Eignungsprüfung nicht die maximale Punktzahl erreicht haben. Eine Zurechnung von Referenzen könne nur dann erfolgen, wenn nicht lediglich bei dem Projektleiter und dem stellvertretenden Projektleiter, sondern auch beim sonstigen Projektteam weitgehende Identität zwischen den Personen vorliege. Die Beigeladene habe auch nicht den durchschnittlichen Umsatz von 1,5 Millionen in den Jahren 2014 bis 2016 erreicht. Die Zurechnung der Umsätze dritter Unternehmen sei unzulässig.

Die Antragsgegnerin trat dem Nachprüfungsantrag entgegen und führte zur Begründung aus:

Die Prüfung der Referenzen der Beigeladenen hätte die Befähigung der Mitarbeiter der Beigeladenen für das Projekt bestätigt. Die gewählten Referenzen seien alle durch das Team ausgeführt worden, welches auch beim jetzigen Bauvorhaben tätig werde. Die Beigeladene habe ihre Bürogeschichte und den Werdegang ihrer Mitarbeiter in den vergangenen Jahren offengelegt. Die Referenzen zeigten, dass der Mitarbeiterstamm über Jahre bereits Projekte in dieser Größenordnung sowohl in finanzieller als auf fachlicher Hinsicht erfolgreich bestritten habe. Auch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit sei nachgewiesen. Der Umsatz, welche durch den Mitarbeiterstand im verlangten Zeitraum erarbeitet worden sei, könne bei den Vorfirmierungen herausgerechnet werden und sei durch einen Wirtschaftsprüfer bestätigt. Die Beigeladene sei damit geeignet und zu Recht zur Präsentation eingeladen worden.

Die Vergabekammer gab mit Beschluss vom 19.04.2018 dem Nachprüfungsantrag statt und ordnete an, die Wertung der Angebote unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer zu wiederholen.

Zur Begründung führte die Vergabekammer aus, dass die Wertung des Teilnahmeantrags der Beigeladenen nicht vergaberechtskonform gewesen sei. Hierdurch sei die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt. Die Wertung der Angebote sei zu wiederholen. Die Bewerbung der Beigeladenen habe bei der Bewertung des durchschnittlichen Gesamtumsatzes zu Unrecht die maximale Punktzahl erhalten. Der Gesamtumsatz des Bewerbers sei keine Angabe, die sich auf einzelne Mitarbeiter beziehe, sondern sei eine unternehmensbezogene, betriebswirtschaftliche Größe. Eine entsprechende Anwendung der Rechtsprechung der Vergabekammer Südbayern zu den Mitarbeiterreferenzen scheide daher aus. Auch bei der Bewertung der durchschnittlichen Mitarbeiterzahlen habe die Bewerbung der Beigeladenen zu Unrecht die maximale Punktzahl erhalten. Auch hier habe die Beigeladene Angaben zu den Geschäftsjahren gemacht, die vor ihrer Gründung gelegen hätten. Die abgefragten Beschäftigungszahlen würden sich auf das gesamte Büro des Bewerbers beziehen. Es könne nach dem objektiven Empfängerhorizont eines verständigen Bieters nicht davon ausgegangen werden, dass die Vergabestelle mit ihrer Vorgabe auch Vorgängerbüros des jeweiligen Bewerbers miteinschließen wollte. Die Wertung der Referenzen der Beigeladenen sei dagegen rechtmäßig erfolgt, da Referenzen in erster Linie personengebunden seien.

Ergänzend wird Bezug genommen auf den Beschluss der Vergabekammer.

Die Antragsgegnerin legte mit Schriftsatz vom 7. Mai 2018 sofortige Beschwerde und beantragte, den Beschluss der Vergabekammer Nordbayern vom 19.4.2018 aufzuheben und den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin vom 16.3.2018 zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerin trägt zur Begründung vor:

Sie habe den Teilnahmeantrag der Beigeladenen vergaberechtskonform gewertet. Die Beigeladene habe durch das Begleitschreiben, ihre Angaben im Teilnahmeantrag und das Schreiben der Steuerberater nachvollziehbar dargelegt, dass beim Projektteam und der gesamtem organisatorischen Einheit der Beigeladenen eine weitgehende Identität und Kontinuität der handelnden Personen gegeben sei. Diese organisatorische Einheit habe über die geänderten Rechtsformen hinweg mit der angegebenen Mitarbeiterzahl bestanden, die angegebenen Umsätze erwirtschaftet und die benannten Referenzobjekte bearbeitet. Die Entscheidung der Vergabekammer zur Übertragbarkeit unternehmensbezogener Referenzen sei bei rein personengebundenen Dienstleistungsaufträgen übertragbar auf die Zahl der Beschäftigten und die Umsätze. Anderenfalls würden diese Eignungskriterien dazu missbraucht, um durch die Hintertür sogenannte Newcomer auszuschließen. Die Beigeladene sei zweifelsohne geeignet, deshalb wäre ihr auch bei Wiederholung der Angebotswertung der Zuschlag zu erteilen. Abgesehen davon sei die Antragstellerin nicht in ihren Rechten verletzt, da sie ja an der Präsentation habe teilnehmen können.

Die Entscheidung der Vergabekammer sei zudem nicht geeignet, eine Rechtsverletzung der Beteiligten des Vergabeverfahrens nachhaltig zu beseitigen. Dies wäre nur bei einer Zurückversetzung in das Stadium der Wertung der Teilnahmeanträge möglich.

Die Antragsgegnerin beantragt, die sofortige Beschwerde zurückzuweisen, und trägt zur Begründung vor:

Nach Art. 2 Abs. 1 Nr. 12 der Richtlinie 2014/24/EU sei Bewerber diejenige Rechtspersönlichkeit, der auch der Zuschlag erteilen werden könne. Um die Teilnahme beworben habe sich die Beigeladene nicht aber die Organisationseinheit, deren Referenzen, Umsatzzahlen und Mitarbeiter die Antragsgegnerin der Beigeladenen zurechnen möchte. Die Beigeladene habe bis zu ihrer Neugründung im Oktober 2016 keine selbst keine Mitarbeiter beschäftigt und auch keine Umsätze getätigt. Die von der Antragsgegnerin angesprochene Organisationseinheit habe keine eigene Rechtspersönlichkeit besessen, sei nur Bestandteil von Drittfirmen gewesen und habe zu keinem Zeitpunkt Mitarbeiter beschäftigt und Umsätze getätigt. Eine Zurechnung von Umsätzen innerhalb einer Unternehmensgruppe sei unzulässig.

Nach der Entscheidung der Vergabekammer habe die Antragsgegnerin die ihr vorliegenden Angebote unter Ausschluss des Angebots der Beigeladenen zu werten und damit sei die von der Vergabekammer angeordnete Maßnahme auch geeignet, die festgestellte Verletzung der Rechte der Antragstellerin zu beseitigen.

Die Beigeladene hat sich an dem Beschwerdeverfahren nicht beteiligt.

B

Die zulässige Beschwerde erwies sich im Ergebnis als unbegründet.

Die Vergabekammer hat dem Nachprüfungsantrag der Antragstellerin im Ergebnis zu Recht stattgegeben, da die Beigeladene vergaberechtswidrig zu dem Verhandlungsgespräch zugelassen wurde und dadurch die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt wurde (§ § 168 Abs. 1; 97 Abs. 6 GWB).

I.

Zutreffend hat die Vergabekammer die Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags bejaht. Für die Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags reicht die schlüssige Behauptung aus, dass und welche vergaberechtlichen Vorschriften im Verlaufe des Vergabeverfahrens missachtet worden sein sollen und dass gerade durch den gerügten Vergaberechtsverstoß die Aussichten des Antragstellers auf eine Berücksichtigung seiner Bewerbung oder die Erteilung des Zuschlags beeinträchtigt worden sein könnten. Diesen Anforderungen genügte der Vortrag der Antragstellerin. Ob tatsächlich eine Rechtsverletzung vorliegt, ist eine Frage der Begründetheit.

II.

Die Vergabekammer hat zutreffend festgestellt, dass der Beigeladenen bei der Auswahl der Teilnehmer, die nach den Vorgaben der Vergabestelle zur Abgabe eines Angebots aufgefordert werden sollten, zumindest bezüglich des Mindestumsatzes zu Unrecht die Höchstpunktzahl zuerkannt wurde. Da 5 weitere Teilnehmer die Höchstpunktzahl von 100 erzielt haben und nicht mehr als 5 Bewerber ausgewählt werden sollten, fällt die Beigeladene bereits dann aus dem engeren Bieterkreis, wenn sie nur bei einem Kriterium nicht die Höchstpunktzahl erhalten kann. Die Beigeladene wäre mithin bei korrekter Anwendung der Auswahlkriterien nicht in die zweite Stufe des Vergabeverfahrens gelangt.

1. Der Senat hat bereits Zweifel, ob nicht schon auf der Basis der Angaben der Beigeladenen im Teilnahmeantrag die Vergabe der Höchstpunktzahl für die Umsätze inkorrekt war. Es bestehen Bedenken, Ziffer III.1.2.1 der Ausschreibung dahingehend zu verstehen, dass letztendlich nicht die jeweiligen Jahresumsätze, sondern ein Gesamtumsatz der letzten drei Jahre (2014-2016) von > 4,5 Mio € netto die Zuerkennung der Höchstpunktzahl rechtfertigt. Wie sich aus den Erläuterungen des Vertreters der Vergabestelle in der mündlichen Verhandlung ergeben hat - die Dokumentation enthält hierzu keine näheren Darlegungen - hielt es die Vergabestelle dagegen für vertretbar, der Beigeladenen, die nach ihren eigenen Angaben zwar insgesamt einen Umsatz von > 4,5 Mio € hatte, jedoch nur in zwei von drei Jahren einen Umsatz von > 1.5 Mio € gemacht hat, die volle Punktzahl zu geben. Dagegen scheint die Bekanntmachung eher auf den Umsatz der einzelnen Jahre abzustellen, was bedeuten würde, dass nur derjenige die Höchstpunktzahl erhält, der jedes Jahr 1,5 Mio € oder mehr Umsatz hatte. Die Angabe der Umsätze der letzten drei Jahre dient dazu, Erkenntnisse über den Umfang der Geschäftstätigkeit und der Etablierung des Bewerbers auf den Markt zu gewinnen. Hat ein Büro in einem (oder auch zwei) Jahren einen sehr hohen Umsatz, in einem weiteren (z.B im Jahr 2016) dagegen einen niedrigen Umsatz, kann dies eine andere Einschätzung zur wirtschaftlichen Solidität und Leistungsfähigkeit rechtfertigen, als konstante Umsätze über drei Jahre von mindestens 1,5 Mio €. Klarstellend ist in diesem Zusammenhang festzustellen, dass es dabei nicht darum geht, ob in der Bekanntmachung Mindestkriterien zur Eignung enthalten sind. Entscheidend ist vielmehr, dass die Vergabestelle in der Bekanntmachung bindende Kriterien zur Auswahl der Teilnehmer und insbesondere zur Zuerkennung der Höchstpunktzahl im Auswahlverfahren gemacht hat, an die sie sich aus Gründen der Transparenz und der Gleichbehandlung auch halten muss. Dass in diesem Zusammenhang auch ein „Mehr an Eignung“ bei der Auswahlentscheidung herangezogen werden kann, ist in der vergaberechtlichen Rechtsprechung anerkannt.

Bei diesem Verständnis des Kriteriums hätte die Beigeladene, ganz gleich welche Angaben zugrunde gelegt werden, nicht die Höchstpunktzahl hinsichtlich des Kriteriums Umsätze netto erhalten dürfen, da die Beigeladenen mindestens in einem Geschäftsjahr Umsätze unter 1,5 Mio € angeben hat.

2. Der Senat tritt darüber hinaus der Auffassung der Vergabekammer bei, dass die Beigeladene ausreichende Umsätze für die Jahre 2014 und 2015 sowie teilweise für das Jahr 2016 nicht belegt hat und auch nicht konnte, da sie erst zum 1. Oktober 2016 ihre Geschäftstätigkeit aufgenommen hat. Durch die Verschmelzung der Firma S. Projektmanagement GmbH mit der B Bauperformance GmbH wurde die Firmenkontinuität der ursprünglichen S. S. Projektmanagement GmbH & Co.KG unterbrochen und sie kann sich daher weder auf die Umsätze der Firma S. Projektmanagement GmbH noch auf die Umsätze der Firma B Bauperformance GmbH berufen.

Auch hier ist zum einen zu berücksichtigen, dass die Vergabestelle durch die Angabe der Gesamtumsatzzahlen in die Lage versetzt werden, sich u.a. ein Bild darüber zu machen und zu bewerten, in welchem finanziellem Rahmen sich die bisherige Geschäftstätigkeit eines Bieters bewegte und ob er voraussichtlich über die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit verfügt, die für die Ausführung des konkreten Auftrags notwendig ist. (OLG Koblenz Urt. v. 25.9.2012 -1 Verg 5/12, IBRRS 2012, 3573). Zum anderen geht es - wie dargelegt - um zulässige, von keinem Bewerber beanstandete Auswahlkriterien bei einem Teilnahmewettbewerb und nicht um die Frage der generellen Eignung.

Insoweit handelt es sich um firmenbezogene Angaben, die nicht ohne weiteres durch rein rechnerische Teilumsätze eines Büros an einem bestimmten Standort (hier M.) für Zeiträume, in denen das Büro unselbständig und nur ein organisatorischer Teil einer anderen Firma (hier Fa. B Bauperformance GmbH) war, ersetzt werden können. Es kommt hinzu, dass die S. GmbH ab 30.6.2013 zunächst gesellschaftsrechtlich mit der Firma B verbunden und ab 9.6.2015 mit einer Tochterfirma des Baukonzern B verschmolzen wurde und somit in einen größeren Firmenverbund eingegliedert war. Auch wenn die vier Partner der Beigeladenen neben weiteren Mitarbeitern in den Jahren 2014-2016 bei den jeweiligen Gesellschaften für das Büro M. tätig waren, haben sich ab dem 1.10.2016 durch die Auflösung der engen Verflechtung mit der Baukonzern B die Verhältnisse grundlegend geändert. Das Büro M. wird nunmehr in der Rechtsform einer PartGmbH geführt. Die Umsatzzahlen von 2014 bis zum 31.10.2016 sind damit nicht geeignet, die Vergabe der Höchstpunktzahl zu rechtfertigen, da die „herausgerechneten“ Umsatzzahlen der Jahre 2014 bis 2016 keinen Beleg liefern können, dass sich die neugegründete Firma unter den geänderten Voraussetzungen bereits drei Jahre lang am Markt bewährt hat.

Zu berücksichtigen sind außerdem die praktischen Schwierigkeiten der Zuordnung von Umsätzen, die mangels Bilanzen bzw. gesonderten Jahresüberschussrechnungen für das Büro M. für die Zeit vor Oktober 2016 nicht zuverlässig feststellbar sind. Problematisch erscheint weiterhin, wer bei solchen grundlegenden Veränderungen in der Firmengeschichte, bei der es zu Verschmelzungen, Abspaltungen und einer erklärten Neugründung eines Unternehmens gekommen ist, welche Umsätze aus der Vergangenheit bei Teilnahmewettbewerben (allein) für sich reklamieren kann.

Auch unter diesen Gesichtspunkten hält es der Senat nicht für vergaberechtskonform, dass die Antragsgegnerin der Beigeladenen für das Kriterium „Umsatz“ die Höchstpunktzahl gegeben hat.

3. Selbst dann, wenn man annimmt, dass es unter bestimmten Voraussetzungen zulässig ist, dass sich ein Bewerber auf Umsätze beruft, die er in der Vergangenheit „mit seiner organisatorischen Einheit“ in einer anderen Firmenkonstellation erzielt hat, hätte die Beigeladene nicht die Höchstpunktzahl erhalten dürfen.

a) Die Angaben der Beigeladenen in ihrem Teilnahmeantrag waren unzureichend und hätten zu einer vertieften Prüfung Anlass geben müssen. Im Anschreiben zu dem Teilnahmeantrag heißt es lediglich, dass die Beigeladene aus der Firma S. S. Projektmanagement „hervorgegangen“ sei. Weitergehende Angaben zu der - weitaus differenzierten - Firmenhistorie enthält das Anschreiben nicht. Auf dem Bewerbungsbogen ist als Gründungsdatum nur das Gründungsjahr 2016 eingetragen worden. Daraus folgt, dass zunächst einmal Umsatzzahlen für die Jahre 2014 und 2015 nicht belegt waren. Der Antragsgegnerin hätte allein der Hinweis im Anschreiben nicht genügen dürfen, um die angegebenen Umsätze für die Jahre 2014 und 2015 der Beigeladenen zuzurechnen.

b) Die Antragsgegnerin sah sich auch veranlasst, nach Eingang der Rüge der Antragstellerin die Bewertung noch einmal zu überprüfen. Der Antragsgegnerin lagen nach ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung im Zeitpunkt der Zurückweisung der Rüge das Schreiben der Steuerberatungsgesellschaft vom 1.2.2018 und das Zertifikat (nebst Anlagen) der Präqualifizierungsdatenbank des Auftragsberatungszentrums Bayern vor. Es ist zunächst festzustellen, dass die genannten Umsatzzahlen in dem Teilnahmeantrag, in der Anlage zu dem Zertifikat und in dem Schreiben der Steuerberater nicht identisch sind und teilweise erheblich voneinander abweichen. Ausweislich der Angaben in dem Zertifikat blieben die Umsätze nicht nur in einem, sondern in zwei Jahren unter 1,5 Mio €, sie betrugen in der Addition auch weniger als 4,5 Mio €. Auch die Umsatzzahlen in dem Teilnahmeantrag und dem Schreiben der Steuerberater weichen voneinander ab, wobei der - nach Lesart der Vergabestelle - für die Bewertung für die Zuerkennung der Höchstpunktzahl erforderliche Gesamtumsatz gerade erreicht wird. Das Schreiben der Steuerberatungsgesellschaft stellt auch kein Testat dar und enthält keine Angaben, die der Steuerberater aufgrund eigener Prüfung der Bilanz und Unterlagen festgestellt hat, sondern er verweist ausdrücklich auf Auskünfte Dritter, ohne die Quelle der Auskunft genau zu benennen. Die Angaben sind gerundet bzw. geschätzt. Wer die Umsatzzahlen für das Büro M. für die Jahre 2014 bis 2016 (bis zur Neugründung) herausgerechnet hat und wie dies erfolgt ist, erschließt sich nicht. Auch mit diesen Informationen lässt sich damit die Zuerkennung einer Höchstpunktzahl nicht rechtfertigen, zumal erhebliche und relevante Widersprüche verbleiben.

Besonders bemerkenswert sind in diesem Zusammenhang die Angaben der Beigeladenen gegenüber der Präqualifikationsstelle, die nur wenige Monate vor der Bewerbung gemacht wurden. Die Umsätze dort liegen deutlich unter den Umsätzen, wie sie im Teilnahmeantrag genannt sind, darüber hinaus wurde auch eine niedrigere Zahl von Mitarbeitern für die vergangenen Jahre genannt (was im Übrigen ebenfalls zu einem Punktabzug hätte führen müssen).

Die (auf Rüge nachgeholte) Aufklärung der Angaben der Beigeladenen hat damit die - schon durch den Teilnahmeantrag objektiv gerechtfertigten -Zweifel, ob man Umsatzzahlen aus der Vergangenheit überhaupt heranziehen kann und wenn ja, wie hoch sie tatsächlich waren, nicht beseitigt, sondern noch verstärkt.

Nachdem bereits im Zuge der Rüge weitere Aufklärung durchgeführt wurde und sich auch im Verfahren keine weiteren Erkenntnisse mehr zugunsten der Beigeladenen ergeben haben, sieht der Senat auch keinen Raum für eine nochmalige Prüfung und Aufklärung, zumal die Beigeladene trotz der für sie ungünstigen Entscheidung der Vergabekammer von einer Teilnahme am Beschwerdeverfahren abgesehen hat.

4. Eine andere Beurteilung ist auch nicht im Hinblick auf § 45 Abs. 5 VgV geboten. Wie dargelegt, geht es vorliegend nicht um die Frage der generellen Eignung der Beigeladenen, sondern um Auswahlkriterien für einen Teilnahmewettbewerb. In diesem Zusammenhang darf man anerkanntermaßen ein „Mehr an Eignung“ berücksichtigen. Dem steht auch die Rechtsprechung zur Wahrung von Chancen neuer Marktteilnehmer bei der Vergabe öffentlicher Aufträge entgegen. Ergänzend ist nochmals festzustellen, dass eine Rüge der Auswahlkriterien nicht erfolgt ist, insbesondere auch nicht von der Beigeladenen.

III.

Die vergaberechtswidrige Einladung der Beigeladene zu den Verhandlungsgesprächen hat die Antragstellerin in ihren subjektiven Rechten i.S.d. § 97 Abs. 6 GWB verletzt.

1. Die Feststellung einer subjektiven Rechtsverletzung setzt nicht voraus, dass feststeht, dass die Antragstellerin bei Einhaltung der Vergabevorschriften den Zuschlag erhalten hätte. Es reicht nach der Rechtsprechung des Senats vielmehr aus, dass nicht oder nicht zuverlässig beurteilt werden kann, ob der Antragsteller bei vergaberechtskonformer Korrektur des Verfahrens in der Wertung den ersten Platz erringen kann (OLG München vom 19.03.2009, Verg 2/09, vom 21.05.2010 2/10; vgl. auch OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.4.2010 - VII-Verg 60/09). Der Senat ist darüber hinaus der Auffassung, dass sich der Anspruch des Bewerbers in einem Teilnahmeverfahren nicht darin erschöpft, überhaupt in die engere Wahl zu kommen. Vielmehr hat er aus dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung und der Transparenz des Verfahrens auch einen subjektiven Anspruch darauf, dass das Auswahlverfahren, das die Vergabestelle festlegt, auch in Bezug auf seine Konkurrenten eingehalten wird.

Wie dargelegt, wurde die Beigeladene zu Unrecht zu dem Verhandlungsgespräch zugelassen. Wäre die Auswahl vergaberechtskonform durchgeführt worden, hätte die Beigeladene kein Angebot abgeben können. Bei dieser Sachlage liegt auf der Hand, dass die Antragstellerin durch die Teilnahme der Beigeladenen und die beabsichtigte Zuschlagsentscheidung zugunsten eines objektiv zu Unrecht zugelassenen Teilnehmers in ihren Rechten verletzt ist. Dies mag anders sein, wenn ein Teilnehmer ohnehin noch hinter anderen rechtmäßig zugelassenen Bewerbern liegt, was hier aber nicht der Fall ist.

2. Die Begründung der Vergabekammer Baden-Württemberg (Beschl. Vom 5.7.2018 1 VK 20/18), dass sich ein Vergaberechtsverstoß im Teilnahmewettbewerb allein in einer möglichen unrichtigen Reihenfolge der Teilnehmer erschöpft und für die beabsichtigte Zuschlagserteilung an einen vergaberechtswidrig zu dem Verhandlungsgespräch eingeladenen Bieter nicht mehr ursächlich ist, sondern von einer Unterbrechung der Kausalität auszugehen ist, vermag den Senat nicht zu überzeugen.

Wie dargelegt, wäre es bei korrekter Vorgehensweise der Vergabestelle gar nicht zur Angebotsabgabe durch die Beigeladene gekommen. Von einer Unterbrechung des Kausalzusammenhang kann insoweit nicht gesprochen werden, da der Teilnahmewettbewerb und das Verhandlungsgespräch aufeinander aufbauen und Vergaberechtsverstöße im Teilnahmewettbewerb sich in der zweiten Stufe des Verfahrens fortsetzen und von einem Bieter auch nach Abschluss der zweiten Stufen gerügt werden können. Dies gilt insbesondere dann, wenn ein Teilnehmer vergaberechtswidrig zu dem weiteren Verfahren zugelassen worden ist (vgl. OLG München, Beschluss vom 17.9.2015 - Verg 3/15). Hinzu kommt, dass in aller Regel aus Gründen des Geheimschutzes zwischen den einzelnen Stufen des Verfahrens keine Mitteilung erfolgt, wer ausgewählt ist, so dass Fehler auf der ersten Ebene (Auswahl) nicht frühzeitig erkannt und gerügt werden können.

IV.

Gemäß § 168 GWB sind geeignete Maßnahmen zu treffen, um den Vergaberechtsverstoß zu beseitigen, wobei die Entscheidung zwischen mehreren vergaberechtskonformen Möglichkeiten der Antragsgegnerin obliegt. Im Übrigen ist auf die Ausführungen im Beschluss der Vergabekammer zu verweisen mit folgenden Ergänzungen:

1. Die Vergabekammer hat angeordnet, dass die Wertung der Angebote zu wiederholen ist. Diese Vorgabe beinhaltet auch ohne ausdrücklichen Ausspruch, dass das Angebot der Beigeladenen, da sie zu Unrecht zu den Verhandlungsgesprächen geladen wurde, bei einer Fortsetzung des Verfahrens unberücksichtigt bleiben muss.

Für eine nachträgliche Zulassung der Beigeladenen sieht der Senat aktuell keinen Raum. Auch eine Zurückversetzung des Vergabeverfahrens vor Bewertung der Teilnahmeanträge erscheint nicht erforderlich, um eine vergaberechtskonforme Durchführung des Verfahrens sicherzustellen.

2. Allerdings kann die Antragsgegnerin bei Fortbestehen der Beschaffungsabsicht berücksichtigen, dass das durch Los ausgeschiedene Büro - aber auch nur dieses - bei korrekter Vorgehensweise die Chance zur Beteiligung an den Verhandlungen gehabt hätte. Es kommt somit in Betracht, unter Einbeziehung dieses Büros Teile des Verhandlungsverfahrens zu wiederholen. Insoweit hat die Antragstellerin keinen Anspruch darauf, dass sie nur mit den verbliebenen zwei weiteren Unternehmen konkurrieren muss. Richtig ist zwar, dass sich das andere Büro bislang nicht dagegen zur Wehr gesetzt hat, dass es nicht eingeladen wurde, wobei unbekannt ist, ob insoweit Absageschreiben verschickt wurden. Es ist aber auch nicht ungewöhnlich, dass bei einer Korrektur eines Vergabeverfahrens Bewerber ohne eigene Rügen neue Chancen erhalten.

Allerdings würde es der Senat auch für unbedenklich halten, wenn die Antragsgegnerin vorab bei dem durch Los ausgeschiedenen Unternehmen anfragt, ob dieses noch an einer Auftragserteilung interessiert ist und einer Einladung zu einem Verhandlungsgespräch Folge leisten würde. Sofern die Firma eine Teilnahme ablehnt, sieht der Senat keine Notwendigkeit für eine Wiederholung der Verhandlungsgespräche. Vielmehr könnte dann das Verfahren durch Bewertung der durchgeführten Präsentationen - unter Ausschluss der Beigeladenen - zum Abschluss gebracht werden.

V.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 175 Abs. 2 i.V. m. § 78 S.2 GWB. Für eine Kostenquotelung ist kein Raum, da die Antragsgegnerin, deren Ziel die Zurückweisung des Nachprüfungsantrags der Antragstellerin war, im Beschwerdeverfahren vollständig unterlegen ist. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Senat abweichend von der Vergabekammer eine gewisse „Modifikation“ des weiteren Verfahrens (ggf. Beteiligung des durch Los ausgeschiedenen Büros) für zulässig erachtet.

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Oberlandesgericht München Beschluss, 21. Sept. 2018 - Verg 4/18 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Oberlandesgericht München Beschluss, 21. Sept. 2018 - Verg 4/18 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Oberlandesgericht München Beschluss, 17. Sept. 2015 - Verg 3/15

bei uns veröffentlicht am 17.09.2015

Tenor I. Auf sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin und der Beigeladenen hin wird der Beschluss der…, Az.: Z3-3-3194-1-09-02115, vom 27.4.2015 in Ziffer 1 und 2 aufgehoben und in Ziffer 1 wie folgt neu gefasst: Der Antrag

Oberlandesgericht Koblenz Beschluss, 25. Sept. 2012 - 1 Verg 5/12

bei uns veröffentlicht am 25.09.2012

Tenor Die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der Vergabekammer Rheinland-Pfalz vom 27. August 2012 wird bis zur Entscheidung über das Rechtsmittel verlängert. Gründe I. 1 Die mit einem E

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(1) Der öffentliche Auftraggeber kann im Hinblick auf die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit der Bewerber oder Bieter Anforderungen stellen, die sicherstellen, dass die Bewerber oder Bieter über die erforderlichen wirtschaftlichen und finanziellen Kapazitäten für die Ausführung des Auftrags verfügen. Zu diesem Zweck kann er insbesondere Folgendes verlangen:

1.
einen bestimmten Mindestjahresumsatz, einschließlich eines bestimmten Mindestjahresumsatzes in dem Tätigkeitsbereich des Auftrags,
2.
Informationen über die Bilanzen der Bewerber oder Bieter; dabei kann das in den Bilanzen angegebene Verhältnis zwischen Vermögen und Verbindlichkeiten dann berücksichtigt werden, wenn der öffentliche Auftraggeber transparente, objektive und nichtdiskriminierende Methoden und Kriterien für die Berücksichtigung anwendet und die Methoden und Kriterien in den Vergabeunterlagen angibt, oder
3.
eine Berufs- oder Betriebshaftpflichtversicherung in bestimmter geeigneter Höhe.

(2) Sofern ein Mindestjahresumsatz verlangt wird, darf dieser das Zweifache des geschätzten Auftragswerts nur überschreiten, wenn aufgrund der Art des Auftragsgegenstands spezielle Risiken bestehen. Der öffentliche Auftraggeber hat eine solche Anforderung in den Vergabeunterlagen oder im Vergabevermerk hinreichend zu begründen.

(3) Ist ein öffentlicher Auftrag in Lose unterteilt, finden die Absätze 1 und 2 auf jedes einzelne Los Anwendung. Der öffentliche Auftraggeber kann jedoch für den Fall, dass der erfolgreiche Bieter den Zuschlag für mehrere gleichzeitig auszuführende Lose erhält, einen Mindestjahresumsatz verlangen, der sich auf diese Gruppe von Losen bezieht.

(4) Als Beleg der erforderlichen wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit des Bewerbers oder Bieters kann der öffentliche Auftraggeber in der Regel die Vorlage einer oder mehrerer der folgenden Unterlagen verlangen:

1.
entsprechende Bankerklärungen,
2.
Nachweis einer entsprechenden Berufs- oder Betriebshaftpflichtversicherung,
3.
Jahresabschlüsse oder Auszüge von Jahresabschlüssen, falls deren Veröffentlichung in dem Land, in dem der Bewerber oder Bieter niedergelassen ist, gesetzlich vorgeschrieben ist,
4.
eine Erklärung über den Gesamtumsatz und gegebenenfalls den Umsatz in dem Tätigkeitsbereich des Auftrags; eine solche Erklärung kann höchstens für die letzten drei Geschäftsjahre verlangt werden und nur, sofern entsprechende Angaben verfügbar sind.

(5) Kann ein Bewerber oder Bieter aus einem berechtigten Grund die geforderten Unterlagen nicht beibringen, so kann er seine wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit durch Vorlage anderer, vom öffentlichen Auftraggeber als geeignet angesehener Unterlagen belegen.

(1) Der öffentliche Auftraggeber kann im Hinblick auf die technische und berufliche Leistungsfähigkeit der Bewerber oder Bieter Anforderungen stellen, die sicherstellen, dass die Bewerber oder Bieter über die erforderlichen personellen und technischen Mittel sowie ausreichende Erfahrungen verfügen, um den Auftrag in angemessener Qualität ausführen zu können. Bei Lieferaufträgen, für die Verlege- oder Installationsarbeiten erforderlich sind, sowie bei Dienstleistungsaufträgen darf die berufliche Leistungsfähigkeit der Unternehmen auch anhand ihrer Fachkunde, Effizienz, Erfahrung und Verlässlichkeit beurteilt werden.

(2) Der öffentliche Auftraggeber kann die berufliche Leistungsfähigkeit eines Bewerbers oder Bieters verneinen, wenn er festgestellt hat, dass dieser Interessen hat, die mit der Ausführung des öffentlichen Auftrags im Widerspruch stehen und sie nachteilig beeinflussen könnten.

(3) Als Beleg der erforderlichen technischen und beruflichen Leistungsfähigkeit des Bewerbers oder Bieters kann der öffentliche Auftraggeber je nach Art, Verwendungszweck und Menge oder Umfang der zu erbringenden Liefer- oder Dienstleistungen ausschließlich die Vorlage von einer oder mehreren der folgenden Unterlagen verlangen:

1.
geeignete Referenzen über früher ausgeführte Liefer- und Dienstleistungsaufträge in Form einer Liste der in den letzten höchstens drei Jahren erbrachten wesentlichen Liefer- oder Dienstleistungen mit Angabe des Werts, des Liefer- beziehungsweise Erbringungszeitpunkts sowie des öffentlichen oder privaten Empfängers; soweit erforderlich, um einen ausreichenden Wettbewerb sicherzustellen, kann der öffentliche Auftraggeber darauf hinweisen, dass er auch einschlägige Liefer- oder Dienstleistungen berücksichtigen wird, die mehr als drei Jahre zurückliegen,
2.
Angabe der technischen Fachkräfte oder der technischen Stellen, die im Zusammenhang mit der Leistungserbringung eingesetzt werden sollen, unabhängig davon, ob diese dem Unternehmen angehören oder nicht, und zwar insbesondere derjenigen, die mit der Qualitätskontrolle beauftragt sind,
3.
Beschreibung der technischen Ausrüstung, der Maßnahmen zur Qualitätssicherung und der Untersuchungs- und Forschungsmöglichkeiten des Unternehmens,
4.
Angabe des Lieferkettenmanagement- und Lieferkettenüberwachungssystems, das dem Unternehmen zur Vertragserfüllung zur Verfügung steht,
5.
bei komplexer Art der zu erbringenden Leistung oder bei solchen Leistungen, die ausnahmsweise einem besonderen Zweck dienen sollen, eine Kontrolle, die vom öffentlichen Auftraggeber oder in dessen Namen von einer zuständigen amtlichen Stelle im Niederlassungsstaat des Unternehmens durchgeführt wird; diese Kontrolle betrifft die Produktionskapazität beziehungsweise die technische Leistungsfähigkeit und erforderlichenfalls die Untersuchungs- und Forschungsmöglichkeiten des Unternehmens sowie die von diesem für die Qualitätskontrolle getroffenen Vorkehrungen,
6.
Studien- und Ausbildungsnachweise sowie Bescheinigungen über die Erlaubnis zur Berufsausübung für die Inhaberin, den Inhaber oder die Führungskräfte des Unternehmens, sofern diese Nachweise nicht als Zuschlagskriterium bewertet werden,
7.
Angabe der Umweltmanagementmaßnahmen, die das Unternehmen während der Auftragsausführung anwendet,
8.
Erklärung, aus der die durchschnittliche jährliche Beschäftigtenzahl des Unternehmens und die Zahl seiner Führungskräfte in den letzten drei Jahren ersichtlich ist,
9.
Erklärung, aus der ersichtlich ist, über welche Ausstattung, welche Geräte und welche technische Ausrüstung das Unternehmen für die Ausführung des Auftrags verfügt,
10.
Angabe, welche Teile des Auftrags das Unternehmen unter Umständen als Unteraufträge zu vergeben beabsichtigt,
11.
bei Lieferleistungen:
a)
Muster, Beschreibungen oder Fotografien der zu liefernden Güter, wobei die Echtheit auf Verlangen des öffentlichen Auftraggebers nachzuweisen ist, oder
b)
Bescheinigungen, die von als zuständig anerkannten Instituten oder amtlichen Stellen für Qualitätskontrolle ausgestellt wurden, mit denen bestätigt wird, dass die durch entsprechende Bezugnahmen genau bezeichneten Güter bestimmten technischen Anforderungen oder Normen entsprechen.

(1) Unbeschadet des § 134 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen teilt der öffentliche Auftraggeber jedem Bewerber und jedem Bieter unverzüglich seine Entscheidungen über den Abschluss einer Rahmenvereinbarung, die Zuschlagserteilung oder die Zulassung zur Teilnahme an einem dynamischen Beschaffungssystem mit. Gleiches gilt für die Entscheidung, ein Vergabeverfahren aufzuheben oder erneut einzuleiten einschließlich der Gründe dafür, sofern eine Auftragsbekanntmachung oder Vorinformation veröffentlicht wurde.

(2) Der öffentliche Auftraggeber unterrichtet auf Verlangen des Bewerbers oder Bieters unverzüglich, spätestens innerhalb von 15 Tagen nach Eingang des Antrags in Textform nach § 126b des Bürgerlichen Gesetzbuchs,

1.
jeden nicht erfolgreichen Bewerber über die Gründe für die Ablehnung seines Teilnahmeantrags,
2.
jeden nicht erfolgreichen Bieter über die Gründe für die Ablehnung seines Angebots,
3.
jeden Bieter über die Merkmale und Vorteile des erfolgreichen Angebots sowie den Namen des erfolgreichen Bieters und
4.
jeden Bieter über den Verlauf und die Fortschritte der Verhandlungen und des wettbewerblichen Dialogs mit den Bietern.

(3) § 39 Absatz 6 ist auf die in den Absätzen 1 und 2 genannten Angaben über die Zuschlagserteilung, den Abschluss von Rahmenvereinbarungen oder die Zulassung zu einem dynamischen Beschaffungssystem entsprechend anzuwenden.


Tenor

Die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der Vergabekammer Rheinland-Pfalz vom 27. August 2012 wird bis zur Entscheidung über das Rechtsmittel verlängert.

Gründe

I.

1

Die mit einem Eilantrag nach § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB verbundene sofortige Beschwerde der Antragstellerin richtet sich gegen den am 29. August 2012 zugestellten Beschluss der Vergabekammer vom 27. August 2012, mit dem ihr Nachprüfungsantrag mit der Begründung, ihr eigenes Angebot könne wegen der Nichterfüllung einer Mindestanforderung an die Eignung nicht berücksichtigt werden, zurückgewiesen wurde.

2

Dem Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung ist stattzugeben, weil der am 5. Juli 2012 erteilte Zuschlag unwirksam ist, also der Zulässigkeit der Nachprüfungsantrags nicht entgegensteht, der von der Vergabekammer angenommene Ausschlussgrund wahrscheinlich nicht einschlägig ist und im Eilverfahren nicht abschließend beurteilt werden kann, ob von der Vergabekammer nicht geprüfte Einwände der Auftraggeberin gegen die fachlich-technische Leistungsfähigkeit der Antragstellerin durchgreifen oder sich die Auftraggeberin zu Recht auf § 19 Abs. 6 Satz 2 EG VOL/A berufen kann.

3

1. Nach § 101a Abs. 1 Satz 1 GWB hat der Auftraggeber die Bieter, deren Angebote nicht berücksichtigt werden sollen, über den Namen des Unternehmens, dessen Angebot angenommen werden soll, über die Gründe der vorgesehenen Nichtberücksichtigung ihres Angebots und über den frühesten Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu informieren. Kommt der Auftraggeber dieser Pflicht zur Vorabinformation nicht oder nicht in der gebotenen Weise nach, ist der Zuschlag von Anfang an unwirksam (§ 101b Abs. 1 Nr. 1GWB). Fehlt wie hier im Schreiben der Auftraggeberin an die Antragstellerin vom 20. Juni 2012 sowohl der Name des erfolgreichen Bieters als auch der früheste Zeitpunkt des Zuschlags, ist § 101b Abs. 1 Nr. 1 GWB einschlägig (Thür. OLG v. 09.09.2010 - 9 Verg 4/10 - juris Rn. 38 - VergabeR 2011, 96; OLG Düsseldorf v. 03.03.2010 - VII-Verg 11/10 - juris Rn. 4; Zeiss in: jurisPK-VergR, 3. Aufl. 2011, § 101b GWB Rn. 16 f.).

4

2. Die Antragstellerin wurde Anfang Juli 2011 gegründet und hat ihre Geschäftstätigkeit am 11. Juli 2011 aufgenommen.

5

In der Bekanntmachung vom 12. April 2012 heißt es unter III.2.2) zur wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit unter 5., vorzulegen sei eine „Erklärung des Unternehmers über den Gesamtumsatz des Unternehmens sowie den Umsatz bezüglich der Leistung, die Gegenstand der Vergabe vergleichbar ist, bezogen auf die letzten drei Geschäftsjahre.“

6

Aus dieser Forderung, die ihre Rechtsgrundlage in dem gleichlautenden § 7 Abs. 2 lit. d) EG VOL/A hat, folgt entgegen der Auffassung der Vergabekammer nicht ohne weiteres, dass die Auftraggeberin für die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit die Mindestanforderung aufgestellt hat, ein Unternehmen müsse, um überhaupt als geeignet beurteilt zu werden, in jedem der letzten drei Geschäftsjahre Umsatz gemacht haben (was bei der Antragstellerin unmöglich ist). Eine solche Qualifizierung wird weder dem Sinn und Zweck des § 7 Abs. 2 lit. d) EG VOL/A noch der Bedeutung von Mindestanforderungen gerecht.

7

Nach § 7 Abs. 2 lit. d) EG VOL/A kann der Auftraggeber Angaben über den Umsatz verlangen. Damit soll er in die Lage versetzt werden, sich u.a. ein Bild darüber zu machen, in welchem finanziellem Rahmen sich die bisherige Geschäftstätigkeit eines Bieters bewegte und ob er voraussichtlich über die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit verfügt, die für die Ausführung des konkreten Auftrags notwendig ist. Der Drei-Jahres-Zeitraum ist keine Mindestvoraussetzung, sondern eine Begrenzung. Dies ergibt sich zwar nicht aus dem nationalen Recht. Allerdings heißt es in dem zugrundeliegenden Art. 47 Abs. 1 lit c) VKR, dass Angaben zum Umsatz „höchstens in den letzten drei Geschäftsjahren“ verlangt werden dürfen. Zudem hat in § 7 Abs. 2 lit. d) EG VOL/A unionsrechtswidrig keinen Niederschlag gefunden, dass Art. 47 Abs. 1 lit. c) VKR Newcomern (wie der Antragstellerin), die noch keine vollen drei Jahre tätig waren, die Möglichkeit einräumt, Angaben für die Zeit ab Gründungsdatum oder dem Datum der Aufnahme der Geschäftstätigkeit zu machen, „sofern entsprechende Angaben verfügbar sind“. In diesem Sinne ist § 7 Abs. 2 lit. d) EG VOL/A unionsrechtskonform auszulegen, und in diesem Sinne ist grundsätzlich auch eine Forderung zu verstehen, die sich auf diese nationale Norm stützt (Hausmann/von Hoff in: Kulartz/Marx/Ports/Prieß, VOL/A, 2. Auflage 2011, § 7 EG Rn. 44; siehe auch OLG Düsseldorf v. 31.10.2007 - VII-Verg 24/07 - juris Rn. 29 - zum gleichlautenden § 7a Nr. 3 Abs. 1 lit c) VOL/A 2006).

8

Eine – nicht von vorn herein unzulässige – unmissverständliche Mindestanforderung, ein Bieter müsse vor Erteilung des Auftrags bereits drei Jahre auf dem einschlägigen Markt tätig gewesen sein, hat die Auftraggeberin nicht aufgestellt. Nach Art. 44 Abs. 2 Unterabs. 3 VKR müssen Mindestanforderungen in der Bekanntmachung angegeben werden. Das gemäß § 15 Abs. 1 EG VOL/A zu verwendende „Standardformular 2“ (Anhang II der VO (EU) Nr. 842/2011 v. 19.08.2011) enthält dafür – jeweils unter der Überschrift: „Möglicherweise geforderte Mindeststandards: (falls zutreffend)“ gesonderte Rubriken. Werden diese ausgefüllt, wird dies auch im Bekanntmachungstext entsprechend kenntlich – was hier nicht der Fall ist.

9

Vorliegend ergibt sich – anders als z.B. im Falle des Meisterbriefes – eine Mindestanforderung auch nicht aus der Art des geforderten Nachweises.

10

Die Auftraggeberin hat somit nur zum Ausdruck gebracht, dass sie mit Blick auf Art und Umfang des ausgeschriebenen Auftrags die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit der Bieter ergebnisoffen anhand von Unterlagen/Angaben prüfen will, die aus der jüngeren Vergangenheit stammen. Ob die Angaben der Antragstellerin hier ausreichen, um deren Leistungsfähigkeit zu bejahen, muss die Auftraggeberin in eigener Verantwortung entscheiden.

II.

11

Vorsorglich wird auf folgendes hingewiesen:

12

1. Ein anhängiges Nachprüfungsverfahren hindert den Auftraggeber nicht, Versäumtes nachzuholen bzw. eine unvollständige Prüfung zu wiederholen und das Ergebnis in das laufende Verfahren einzuführen.

13

2. Aus § 97 Abs. 4 Satz 1 GWB und § 2 Abs. 1 Satz 1 VOL/A EG folgt, dass der Auftrag nur an ein Unternehmen vergeben werden darf, von dessen Eignung der Auftraggeber überzeugt sein darf. Sachlich begründete Zweifel gehen zu Lasten des Bieters.

14

3. Bei den Angaben zum Umsatz geht es um die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit eines Unternehmens. Es versteht sich von selbst, dass eventuelle Defizite der Antragstellerin in diesem Teilbereich nicht durch persönliche berufsspezifische Erfahrungen eines Mitarbeiters ausgeglichen werden können.

15

4. § 19 Abs. 6 Satz 2 EG VOL/A setzt voraus, dass der Preis in einemoffenbaren Missverhältnis zur Leistung steht. Dies ist vom Auftraggeber, gestützt auf Tatsachen, schlüssig darzulegen. Ein bloßer Verdacht reicht auch dann nicht aus, wenn der Bieter nichts tut, um den Verdacht auszuräumen (siehe auch Dicks in: Kulartz/Marx/Ports/Prieß, VOL/A, 2. Auflage 2011, § 19 EG Rn. 230, 231).

16

5. Angaben zur Herkunft und Zusammensetzung des zu liefernden Brennmaterials waren in den Vergabeunterlagen nicht gefordert und können deshalb auch nicht im Nachhinein verlangt werden.

17

6. Nach § 6 Abs. 4 EG VOL/A ist ein Unternehmen auszuschließen, wenn der AuftraggeberKenntnis von einer zurechenbaren Verurteilung hat. Der Bieter hat die Möglichkeit, mit Hilfe amtlicher Urkunden den Nachweis zu führen, dass der Kenntnisstand des Auftraggebers falsch ist (§ 7 Abs. 6 EG VOL/A). Das Recht, von jedem Bieter im Voraus den „Entlastungsbeweis“ zu verlangen, gibt § 7 Abs. 7 EG VOL/A dem Auftraggeber nur für die in § 6 Abs. 6 EG aufgeführten fakultativen Ausschlussgründe. Ein Unternehmen kann also nicht schon gemäß § 6 Abs. 4 EG VOL/A ausgeschlossen werden, wenn der Auftraggeber Zweifel daran hat, ob eine entsprechende Eigenerklärung eines Bieters richtig oder vollständig ist.

18

7. Die Entscheidung des Gerichtshofs vom 28.01.2010 - C-406/08 erfasst nicht den Präklusionstatbestand des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GWB. Diesen hat der Gerichtshof im Urteil v. 11.10.2007 - C-241/06 (Rn. 56) als grundsätzlich unionsrechtskonform qualifiziert.

(1) Der öffentliche Auftraggeber kann im Hinblick auf die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit der Bewerber oder Bieter Anforderungen stellen, die sicherstellen, dass die Bewerber oder Bieter über die erforderlichen wirtschaftlichen und finanziellen Kapazitäten für die Ausführung des Auftrags verfügen. Zu diesem Zweck kann er insbesondere Folgendes verlangen:

1.
einen bestimmten Mindestjahresumsatz, einschließlich eines bestimmten Mindestjahresumsatzes in dem Tätigkeitsbereich des Auftrags,
2.
Informationen über die Bilanzen der Bewerber oder Bieter; dabei kann das in den Bilanzen angegebene Verhältnis zwischen Vermögen und Verbindlichkeiten dann berücksichtigt werden, wenn der öffentliche Auftraggeber transparente, objektive und nichtdiskriminierende Methoden und Kriterien für die Berücksichtigung anwendet und die Methoden und Kriterien in den Vergabeunterlagen angibt, oder
3.
eine Berufs- oder Betriebshaftpflichtversicherung in bestimmter geeigneter Höhe.

(2) Sofern ein Mindestjahresumsatz verlangt wird, darf dieser das Zweifache des geschätzten Auftragswerts nur überschreiten, wenn aufgrund der Art des Auftragsgegenstands spezielle Risiken bestehen. Der öffentliche Auftraggeber hat eine solche Anforderung in den Vergabeunterlagen oder im Vergabevermerk hinreichend zu begründen.

(3) Ist ein öffentlicher Auftrag in Lose unterteilt, finden die Absätze 1 und 2 auf jedes einzelne Los Anwendung. Der öffentliche Auftraggeber kann jedoch für den Fall, dass der erfolgreiche Bieter den Zuschlag für mehrere gleichzeitig auszuführende Lose erhält, einen Mindestjahresumsatz verlangen, der sich auf diese Gruppe von Losen bezieht.

(4) Als Beleg der erforderlichen wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit des Bewerbers oder Bieters kann der öffentliche Auftraggeber in der Regel die Vorlage einer oder mehrerer der folgenden Unterlagen verlangen:

1.
entsprechende Bankerklärungen,
2.
Nachweis einer entsprechenden Berufs- oder Betriebshaftpflichtversicherung,
3.
Jahresabschlüsse oder Auszüge von Jahresabschlüssen, falls deren Veröffentlichung in dem Land, in dem der Bewerber oder Bieter niedergelassen ist, gesetzlich vorgeschrieben ist,
4.
eine Erklärung über den Gesamtumsatz und gegebenenfalls den Umsatz in dem Tätigkeitsbereich des Auftrags; eine solche Erklärung kann höchstens für die letzten drei Geschäftsjahre verlangt werden und nur, sofern entsprechende Angaben verfügbar sind.

(5) Kann ein Bewerber oder Bieter aus einem berechtigten Grund die geforderten Unterlagen nicht beibringen, so kann er seine wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit durch Vorlage anderer, vom öffentlichen Auftraggeber als geeignet angesehener Unterlagen belegen.

(1) Öffentliche Aufträge und Konzessionen werden im Wettbewerb und im Wege transparenter Verfahren vergeben. Dabei werden die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und der Verhältnismäßigkeit gewahrt.

(2) Die Teilnehmer an einem Vergabeverfahren sind gleich zu behandeln, es sei denn, eine Ungleichbehandlung ist aufgrund dieses Gesetzes ausdrücklich geboten oder gestattet.

(3) Bei der Vergabe werden Aspekte der Qualität und der Innovation sowie soziale und umweltbezogene Aspekte nach Maßgabe dieses Teils berücksichtigt.

(4) Mittelständische Interessen sind bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vornehmlich zu berücksichtigen. Leistungen sind in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben. Mehrere Teil- oder Fachlose dürfen zusammen vergeben werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Wird ein Unternehmen, das nicht öffentlicher Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber ist, mit der Wahrnehmung oder Durchführung einer öffentlichen Aufgabe betraut, verpflichtet der öffentliche Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber das Unternehmen, sofern es Unteraufträge vergibt, nach den Sätzen 1 bis 3 zu verfahren.

(5) Für das Senden, Empfangen, Weiterleiten und Speichern von Daten in einem Vergabeverfahren verwenden Auftraggeber und Unternehmen grundsätzlich elektronische Mittel nach Maßgabe der aufgrund des § 113 erlassenen Verordnungen.

(6) Unternehmen haben Anspruch darauf, dass die Bestimmungen über das Vergabeverfahren eingehalten werden.

Tenor

I.

Auf sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin und der Beigeladenen hin wird der Beschluss der…, Az.: Z3-3-3194-1-09-02115, vom 27.4.2015 in Ziffer 1 und 2 aufgehoben und in Ziffer 1 wie folgt neu gefasst:

Der Antragsgegnerin wird untersagt, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen. Bei Fortbestehen der Beschaffungsabsicht wird die Antragsgegnerin verpflichtet, die Eignungsprüfung der Beigeladenen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Vergabesenats zu wiederholen.

II.

Im Übrigen werden die sofortige Beschwerde und der Nachprüfungsantrag zurückgewiesen.

III.

Die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer und die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Antragstellerin zu ½ und die Antragsgegnerin und die Beigeladene gesamtschuldnerisch zu 1/2. Die zur Rechtsverfolgung bzw. Rechtsverteidigung angefallenen außergerichtlichen Aufwendungen tragen Antragstellerin, Antragsgegnerin und Beigeladene jeweils selbst.

IV.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.500.000,00 € festgesetzt.

Gründe

A. Die Antragsgegnerin beabsichtigt die Vergabe der Verkehrsleistungen im Schienenpersonennahverkehr (SPNV) auf den Strecken der S-Bahn Nürnberg mit Leistungsbeginn zum 9.12.2018. Eine entsprechende Veröffentlichung erfolgte im Rahmen einer EU-weiten Bekanntmachung im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften im Wege eines freihändigen Verfahrens mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb nach den Bestimmungen der VOL/A.

In Ziff. III.2.2) der abgeänderten Bekanntmachung des Vergabeverfahrens heißt es zum Nachweis der wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit:

Angaben und Formalitäten, die erforderlich sind, um die Einhaltung der Auflagen zu überprüfen: Die finanzielle Leistungsfähigkeit ist als gewährleistet anzusehen, wenn nach der Einschätzung des Auftraggebers anzunehmen ist, dass der Bieter seine laufenden finanziellen Verpflichtungen unter Einschluss derjenigen aus dem hiesigen Auftrag erfüllen wird. Sie ist insbesondere zu verneinen, wenn erhebliche Rückstände an Steuern oder an Beiträgen zur Sozialversicherung bestehen.

Als Grundlage für die diesbezügliche Prüfung des Auftraggebers sind mit dem Teilnahmeantrag folgende Unterlagen vorzulegen, die nicht vor dem 20.12.2013 datieren dürfen, soweit den folgenden Ausführungen in dieser Bekanntmachung nichts Abweichendes zu entnehmen ist:

(WF 1) Vorlage der Prüfungsberichte über die Jahresabschlussprüfung für die letzten 3 Geschäftsjahre des Bewerbers oder

(WF 2) nachrangig zu (WF 1), soweit der Bewerber nicht der gesetzlichen oder einer gesellschaftsvertraglichen Prüfungspflicht unterlag und keine freiwillige Jahresabschlussprüfung stattgefunden hat:

- Eigenerklärung, dass eine Prüfung des Jahresabschlusses in dem fraglichen Zeitraum nicht gesetzlich oder durch Gesellschaftsvertrag vorgeschrieben war und nicht freiwillig durchgeführt wurde, und Vorlage der gesetzlich oder gesellschaftsrechtlich vorgesehenen oder freiwillig erstellten Jahresabschlüsse(Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung, Anhang, Erläuterungsteil, soweit vorhanden) und Lageberichte (soweit vorhanden) des Bewerbers für die in (WF 1) genannten Geschäftsjahre oder,(WF 3) wiederum nachrangig zu (WF 2), soweit der Bewerber nicht der gesetzlichen oder einer gesellschaftsvertraglichen Prüfungspflicht unterlag und keine freiwillige Jahresabschlussprüfung stattgefunden hat und soweit keine rechtliche Verpflichtung zur Erstellung eines Jahresabschlusses bestand und auch freiwillig kein Jahresabschluss erstellt wurde:

- Eigenerklärung, dass eine Prüfung des Jahresabschlusses in dem fraglichen Zeitraum nicht gesetzlich oder durch Gesellschaftsvertrag vorgeschrieben war und nicht freiwillig durchgeführt wurde, und dass in dem fraglichen Zeitraum keine gesetzliche oder gesellschaftsrechtliche Verpflichtung zur Erstellung eines Jahresabschlusses bestand und auch freiwillig kein Jahresabschluss erstellt wurde, und - Vorlage von Vermögensübersichten sowie Einnahmen-Überschussrechnungen des Bewerbers für die in (WF 1) genannten Geschäftsjahre, die folgende Angaben enthalten müssen: (i) als Sicherheit frei verfügbare Mittel und Vermögensgegenstände mit der Angabe von Belastungen und Verfügungsbeschränkungen; (ii)Eigenkapital; (iii) gewisse und dem Grunde oder der Höhe nach ungewisse Verbindlichkeiten; (iv) Angaben zu laufenden Rechtsstreitigkeiten oder Gewährleistungsfällen, ggf. Negativerklärung; (v) Belastungen des Betriebsvermögens insbesondere mit Pfandrechten, Grundpfandrechten, Sicherungs- und Vorbehaltseigentum; (vi) Ergebnis des Unternehmens; (vii) Beschreibung der in der Vermögensübersicht angewandten Ansatz- und Bewertungsgrundsätze.

Soweit sich aus den Vermögensübersichten sowie Einnahmen-Überschussrechnungen ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Bewerbers für das jeweilige Geschäftsjahr nicht ergibt, sind hierfür erforderliche zusätzliche Angaben zu machen.

Zu (WF 1) bis (WF 3): Ist der Prüfungsbericht oder der Jahresabschluss oder die Einnahmen-Überschussrechnung und die Vermögensübersicht des Bewerbers - soweit nach den obigen Ausführungen vorzulegen - über ein Geschäftsjahr zum Zeitpunkt der Abgabe des Teilnahmeantrages noch nicht fertiggestellt, hat der Bewerber dies in einer Eigenerklärung mitzuteilen. In diesem Fall ist die Vorlage der in (WF1) bis (WF 3) genannten Unterlagen für dieses Geschäftsjahr entbehrlich. Allerdings hat der Bewerber in einer Eigenerklärung das vorläufige Ergebnis für dieses Geschäftsjahr oder das Halbjahresergebnis für dieses Geschäftsjahr mitzuteilen, soweit dies möglich und zulässig ist. Zudem beziehen sich in diesem Fall die obigen Pflichten auf die dem letzten abgeschlossenen Geschäftsjahr vorangegangenen drei Geschäftsjahre des Bewerbers. Sollten für ein Geschäftsjahr zum Zeitpunkt der Abgabe des Teilnahmeantrages noch keine Unterlagen vorgelegt werden können, beschränken sich in diesem Fall die obigen Pflichten auf die dem letzten abgeschlossenen Geschäftsjahr vorangegangenen drei Geschäftsjahre des Bewerbers.

Bewerber mit Sitz im Ausland haben nach den Maßstäben der für sie geltenden gesellschaftsrechtlichen Vorschriften des Staates, in dem sie ansässig sind, bzw. nach den Maßstäben der für sie geltenden gesellschaftsvertraglichen Regelungen und der oben dargestellten Abstufung der Anforderungen, vergleichbare Unterlagen vorzulegen. Eine Pflicht zur Vorlage entsprechender Unterlagen besteht für Bewerber mit Sitz im Ausland auch, soweit diese freiwillig erstellt werden.

Kann der Bewerber die unter (WF 1) bis (WF 3) genannten Nachweise nicht für alle oben genannten Geschäftsjahre vorlegen, weil er seine Geschäftstätigkeit noch nicht so lange ausübt, sind die Nachweise für das/die abgeschlossene(n) Geschäftsjahre seit Beginn der Geschäftstätigkeit vorzulegen. Darüber hinaus hat der Bewerber eine Eigenerklärung darüber abzugeben, wann er seine Geschäftstätigkeit aufgenommen hat.

Soweit in den Prüfungsberichten über die Jahresabschlussprüfung Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse des Bieters offen gelegt werden, dürfen die einschlägigen Passagen geschwärzt werden.

(WF 4) Eigenerklärung, ob dem Bewerber in der Vergangenheit zugeflossene Zuwendungen der öffentlichen Hand zum Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung Gegenstand einer Subventionsbeschwerde oder eines beihilferechtlichen Prüfverfahrens durch die Europäische Kommission bzw. einer Konkurrentenklage vor den nationalen Gerichten sind oder waren. Soweit dies der Fall ist oder war: Erläuterung des Sachverhaltes/der Sachverhalte.

(WF 5) Eigenerklärung, dass über das Vermögen des Bewerbers nicht das Insolvenzverfahren oder ein vergleichbares gesetzliches Verfahren eröffnet oder die Eröffnung beantragt oder dieser Antrag mangels Masse abgelehnt worden ist und er sich nicht in Liquidation befindet.

(WF 6) Eigenerklärung, aus der hervorgeht, dass beim Bewerber zum Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung keine erheblichen Rückstände an Steuern und Abgaben oder an Beiträgen zur Sozialversicherung bestehen.

Zu (WF 1) bis (WE 6): Beruft sich ein Bewerber zum Nachweis seiner finanziellen Leistungsfähigkeit auf diejenige eines Dritten (z. B. eines verbundenen Unternehmens oder eines Nachunternehmens), so ist in diesem Fall die finanzielle Leistungsfähigkeit des Dritten durch Vorlage der unter (WF 1) bis (WF 6) verlangten Unterlagen und Erklärungen darzulegen. Zudem hat sich der Dritte zugunsten des Bewerbers in einer Verpflichtungserklärung zu verpflichten, für sämtliche finanziellen Verpflichtungen des Bewerbers aus dem hiesigen Auftrag einzustehen; diese Verpflichtungserklärung, die der Dritte nicht einseitig widerrufen können darf, ist mit dem Teilnahmeantrag vorzulegen.

Die Beigeladene reichte am 27.1.2014 ihren Teilnahmeantrag ein. Bei der Beigeladenen handelt es sich um eine Gesellschaft, die ausgestattet mit einem Stammkapital von …€ im Frühjahr 2012 ihre Geschäftstätigkeit aufgenommen hat. Alleinige Gesellschafterin der Beigeladenen ist die britische Firma…, die wiederum zu 100% der Konzernobergesellschaft …(Muttergesellschaft) angehört. Zu dem Konzern gehört weiter die Firma …(Schwestergesellschaft).

Die Beigeladene hatte im Jahr 2013 in Bietergemeinschaft mit der … die unter Federführung des Verkehrsverbund … ausgeschriebenen Verkehrsleistungen auf der … und … in Nordrhein-Westfalen gewonnen.

Zum Nachweis ihrer wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit nahm die Beigeladene Bezug auf die Leistungsfähigkeit der Firma … und der Firma …

In dem Teilnahmeantrag zu Ziffer III.2.2 heißt es u. a.:

Der 15-jährige Vertrag startet im Dezember 2015 mit fabrikneuen elektrischen Triebzügen und umfasst ein Volumen von 5,1 Mio. Zug km pro Jahr. Über die Vertragslaufzeit generiert er einen Umsatz von etwa 1,6 Mrd. Euro.

Zum Nachweis ihrer wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit beruft sich die … vorliegend auf diejenige der …

Obgleich hierüber bereits eine ausreichende wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit gemäß der Auftragsbekanntmachung nachgewiesen ist, beruft sich die … überdies auf die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit ihrer Konzernobergesellschaft, der…, welche zusätzlich eine Verpflichtungserklärung in Höhe von EUR…, gegenüber der …abgegeben hat.

Die Beigeladene legte die geforderten Nachweise für die finanzielle Leistungsfähigkeit der beiden Firmen vor, sowie Nachweise (WF4) - (WF6) für sich selbst.

Auch die Antragstellerin reichte fristgerecht einen Teilnahmeantrag ein.

Die Antragsgegnerin öffnete die Anträge am 19.3.2014 und bejahte nach Prüfung u. a. die Eignung der Antragstellerin und der Beigeladene. Zu Prüfung der finanziellen Leistungsfähigkeit der Beigeladen ist in dem am 15.2.2015 unterzeichneten Vergabevermerk u. a. ausgeführt:

Allerdings hat der Bewerber nur für die … eine den Anforderungen der Bekanntmachung genügende unwiderrufliche Erklärung vorgelegt, in der sich diese verpflichtet, für sämtliche finanziellen Verpflichtungen des Bewerbers aus dem Auftrag einzustehen. Insoweit genügen die mit dem Teilnahmeantrag vorgelegten Unterlagen zum Nachweis der finanziellen Leistungsfähigkeit den formellen Anforderungen der Bekanntmachung.

Für die … hat der Bewerber zwar ebenfalls eine Verpflichtungserklärung vorgelegt, diese ist jedoch auf einen Gesamthaftungsbetrag in Höhe von…. € begrenzt und erfüllt daher nicht das nach der Bekanntmachung geforderte (unbegrenzte) Einstehen für sämtliche Verpflichtungen des Bewerbers aus dem Auftrag. Insofern ist für die Beurteilung der finanziellen Leistungsfähigkeit des Bewerbers zunächst alleine auf diejenige der … abzustellen.

Unter Berücksichtigung der vorstehenden Kennzahlen konnte die finanzielle Leistungsfähigkeit des Bewerbers zunächst nicht festgestellt werden.

Allein auf Grundlage dieses Befundes wäre ein Ausschluss des Bewerbers vom weiteren Verfahren nicht gerechtfertigt gewesen. Vielmehr waren weitere Erwägungen in die Leistungsfähigkeit des Bewerbers einzubeziehen.

Dies bedeutet für das hiesige Verfahren, dass außerdem zu berücksichtigen war, ob dem Unternehmen trotz der vergleichsweise geringen Umsatzzahlen und weiteren wirtschaftlichen Kenndaten sowohl des Bewerbers als auch der…. ausreichende finanzielle Mittel zur Verfügung stehen werden. In diesem Zusammenhang ist nunmehr auch die auf …Euro begrenzte Verpflichtungserklärung der … zugunsten des Bewerbers zu berücksichtigen.

Unter Berücksichtigung der vom Bewerber für die … vorgelegten Unterlagen kann nach Einschätzung des Auftraggebers davon ausgegangen werden, dass der in der Verpflichtungserklärung genannte Betrag in Höhe von …Euro dem Bewerber erforderlichenfalls tatsächlich zur Verfügung stehen würde.

Mit Schreiben vom 07.5.2014 teilte die Antragsgegnerin der Beigeladenen und der Antragstellerin mit, dass die Teilnahmeanträge erfolgreich waren und forderte sie zur Angebotsabgabe bis 22.10.2014 auf.

Mit Schriftsatz vom 04.09.2014 beantragte die Antragstellerin die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens und führte zur Begründung im Wesentlichen aus, dass die Wertungskriterien Wertungsaufschlag W und Wertungsabschlag F nicht sach- und auftragsbezogen seien und gegen § 16 Abs. 8 VOL/A verstoßen würden. Mit Beschluss der Vergabekammer vom 17.10.2014 - Az.: Z3-3-3194-1- 38-09/14 wurde das Nachprüfungsverfahren eingestellt, weil die Antragstellerin ihren Antrag zurückgenommen hatte.

Die verschobene Frist zur Angebotsabgabe endete am 12.11.2014 um 12 Uhr.

Die Antragstellerin und Beigeladene reichten jeweils fristgerecht Angebote für beide Lose ein. Die Prüfung und Wertung der Angebote erfolgte durch die Antragsgegnerin.

Da der Antragsgegnerin das Angebot der Beigeladene als ungewöhnlich niedrig im Sinne von § 16 Abs.6 VOL/A erschien, bat sie die Beigeladene mit Schreiben vom 24.11.2014, bis 08.12.2014, die ordnungsgemäße Kalkulation ihres Angebotspreises darzustellen und bestimmte Einzelpositionen der Kalkulation zu erläutern und zu belegen, sowie die Plausibilität und Angemessenheit der kalkulierten Erlöse darzustellen. Die Beigeladene beantwortete auch die mit Schreiben der Antragsgegnerin vom 23.12.2014 gestellten Fragen und legte die geforderten Belege vor.

Die Antragsgegnerin beauftragte zur Prüfung, ob ein offenbares Missverhältnis zwischen Preis und Leistung vorliegt, als externe Sachverständige die Firma … und die ….

Nach Eingang der Gutachten vom 29.1.2015 bzw. 2.2.2015 kam die Antragsgegnerin unter Berücksichtigung der Prüfvermerke der Sachverständigen und aller eigenen Erkenntnisse zu der Beurteilung, dass in den Angeboten der Beigeladene kein offenbares Missverhältnis zwischen Preis und Leistung im Sinne des § 16 Abs. 6 Satz 2 VOL/A besteht.

Mit Informationsschreiben nach § 101a GWB vom 02.02.2015 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, dass beabsichtigt sei, den Zuschlag in beiden Losen auf die Angebote der Beigeladenen zu erteilen, da sich die Angebote der Antragstellerin nach der Wertung anhand der in der Bekanntmachung und den Vergabeunterlagen angegebenen Kriterien nicht als die wirtschaftlichsten herausgestellt hätten.

Diese Entscheidung rügte die Antragstellerin mit Schreiben vom 05.02.2015. Ihrer Ansicht nach fehle es der Beigeladenen bereits an der Eignung im Hinblick auf die finanzielle Leistungsfähigkeit, zudem seien die Angebote der Beigeladenen unzulässige Unterkostenangebote. Auch habe die Beigeladene falsche Angaben in der Erklärung „Beschaffung der zum Einsatz vorgesehenen Fahrzeuge“ gemacht. Die Beigeladene verstoße außerdem gegen die zwingenden Vorgaben der Leistungsbeschreibung im Hinblick auf den Werkstattstandort, auf die Fahrzeuganzahl - die hier als zu gering angesetzt worden sei - sowie gegen die theoretisch erreichbaren Fahrzeiten. Das Angebot der Beigeladenen hätte daher vom Vergabeverfahren ausgeschlossen werden müssen.

Mit Schreiben vom 09.02.2015 rügte die Antragstellerin weiter, dass der Zuschlagsentscheidung ausschließlich eine preisliche Wertung der Angebote zugrunde gelegt worden sei, was gegen die bekanntgemachten Wertungskriterien verstoße.

Die Antragsgegnerin nahm mit Schreiben vom 09.02.2015 zu den Vorwürfen Stellung und erwiderte, dass sie dennoch an ihrer Vergabeentscheidung festhalte und die Rügen der Antragstellerin zurückweise.

Weil die Rügen vom 05.02.2015 und 09.02.2015 die Antragsgegnerin nicht zur Änderung ihrer Rechtsauffassung bewegte, beantragte die Antragstellerin am 11.02.2015 die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens.

Die Vergabekammer lud mit Schreiben vom 24.02.2015 die Beteiligten zur mündlichen Verhandlung am 24.03.2015.

Mit Beschluss der Vergabekammer vom 24.02.2015 wurde die Beigeladene beigeladen.

Die Beigeladene übersandte der Antragsgegnerin nach einer erfolgten Teileinsicht mit Schreiben vom 18.3.2015 als ergänzende Erklärung zum Nachweis der finanziellen Leistungsfähigkeit, eine alternativ auf …EUR und …GBP begrenzte Patronatserklärung der Konzernobergesellschaft zugunsten der…, wobei die Begrenzung auch Zahlungen aus der Verpflichtungserklärung zugunsten der Beigeladenen mitumfasste. Die Beigeladene bat die Antragsgegnerin auf dieser Basis, das Vorliegen der finanziellen Leistungsfähigkeit der Firma …einer erneuten Überprüfung zu unterziehen.

Die Antragsgegnerin teilte mit Schriftsatz vom 20.3.2015 der Vergabekammer mit, dass sie aufgrund der vorgelegten Patronatserklärung wieder in die Eignungsprüfung eingetreten sei und nunmehr auch die Firma … als uneingeschränkt leistungsfähig zu beurteilen sei.

Die mündliche Verhandlung fand am 24.03.2015 statt, wobei die Vergabekammer den Beteiligten eine Schriftsatzfrist bis zum 9.4.2015 einräumte.

Mit Schreiben vom 30.3.2015 forderte die Antragsgegnerin die Beigeladene auf, weitere Unterlagen vorzulegen. In dem Schreiben heißt es u. a.:

… Sie wissen, hat die VK Südbayern im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 24.03.2015 Zweifel daran geäußert, dass die Beurteilung der finanziellen Leistungsfähigkeit Ihres Unternehmens auf der Grundlage des uns bis zum 18.03.2015 bekannten Sachverhalts ordnungsgemäß erfolgt ist. Wir haben vor diesem Hintergrund die von Ihnen in Ihrem Teilnahmeantrag zum Nachweis der finanziellen Leistungsfähigkeit vorgelegten Unterlagen näher geprüft. Sie führen in Ihrem Teilnahmeantrag u. a. aus, dass Sie ab Dezember 2015 in Nordrhein-Westfalen SPNV-Verkehrsleistungen auf den Linien RE7 und RB48 in einem Volumen von 5.1 Mio. Zug km pro Jahr erbringen werden und dass dieser Verkehrsvertrag über die Vertragslaufzeit einen Umsatz in Höhe von ca. …€ generieren werde. Damit wir beurteilen können, ob sich auf der Grundlage dieser Darlegungen ggf. die finanzielle Leistungsfähigkeit Ihres Unternehmens feststellen lässt, bitten wir Sie, uns dieses von Ihnen erwartete Umsatzvolumen näher zu erläutern. Insbesondere bitten wir Sie um nähere Darlegung der von Ihnen auf der Grundlage des genannten Verkehrsvertrages erwarteten Erlöse. Sollten Sie für die einzelnen Vertragsjahre Erlöse in unterschiedlicher Höhe erwarten, bitten wir um eine jahresscharfe Erläuterung. Außerdem bitten wir Sie, uns geeignete Unterlagen zum Beleg Ihrer Erlöserwartungen aus dem genannten Verkehrsvertrag vorzulegen.

Außerdem bitten wir Sie um ausdrückliche Bestätigung, dass für Ihr Unternehmen die in Ziffer III.2.2) der Bekanntmachung unter (WF 1) bis (WF 3) genannten Unterlagen zum Zeitpunkt der Abgabe des Teilnahmeantrags wegen der erst im Frühjahr 2012 aufgenommenen Geschäftstätigkeit Ihres Unternehmens noch nicht vorgelegen haben.

Die Beigeladene bestätigte mit Schreiben vom 7.4.2015, dass die in der Bekanntmachung unter WF 1 bis WF 3 genannten Unterlagen zum Zeitpunkt der Abgabe des Teilnahmeantrags wegen der erst im Jahr 2012 aufgenommenen Tätigkeit noch nicht vorgelegen haben, stellte die zu erwartenden Erlöse aus dem VRR-Vertrag dar und fügte zum Beleg des Marktwertes des VRR-Vertrags (zum 31.3.2015) die Bewertung einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft vom 6.4.2015 bei.

Die Antragsgegnerin teilte der Vergabekammer mit Schriftsatz vom 9.4.2015 mit, dass sie nach eingehender Prüfung festgestellt habe, dass der Beigeladenen aus VRR-Vertrag finanzielle Mittel zufließen werden, die ausreichten, die finanziellen Verpflichtungen der Beigeladenen einschließlich derjenigen aus dem hiesigen Vertrag zu erfüllen, so dass die finanzielle Leistungsfähigkeit der Beigeladenen nunmehr von der Antragsgegnerin festgestellt werden konnte.

Mit Beschluss vom 27.4.2015 untersagte die Vergabekammer der Antragsgegnerin, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen und verpflichtete sie bei Fortbestehen der Beschaffungsabsicht, das Angebot der Beigeladenen auszuschließen und die Angebotswertung unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer zu wiederholen.

Zur Begründung führte die Vergabekammer aus:

Der zulässige Nachprüfungsantrag sei begründet. Die Antragstellerin sei durch den Verbleib der Angebote der Beigeladenen in der Wertung in ihren Rechten verletzt. Die Antragsgegnerin habe die Angebote der Beigeladenen für den Zuschlag nicht berücksichtigen dürfen, da die Beigeladene die von der Vergabestelle vorgegebenen formellen und materiellen Anforderungen an den Nachweis ihrer wirtschaftlichen und finanziellen Eignung nicht erfüllt habe.

Die betragsmäßig gedeckelte Verpflichtungserklärung, wie sie die Konzernmutter abgegeben hat entspreche nicht der in Ziffer III.2.2 der Bekanntmachung geforderten Verpflichtung, für sämtliche finanziellen Belastungen des Bewerbers aus dem hiesigen Auftrag einzustehen. Ein derartiger, den Anforderungen der Vergabestelle nicht entsprechender Nachweis, habe bei der Eignungsprüfung außer Betracht zu bleiben.

Ausweislich des Vergabevermerks sei die Vergabestelle im Rahmen des ihr insoweit zustehenden Ermessensspielraums zu der Einschätzung gelangt, dass unter Berücksichtigung der angegebenen Kennzahlen des Schwesterunternehmens die finanzielle Leistungsfähigkeit des Bewerbers nicht festgestellt werden könne.

Die Antragsgegnerin habe eine solche Entscheidung auch treffen können, obwohl in Ziffer III.2.2 der Bekanntmachung keine klar benannte Summe der zur Verfügung stehenden Finanzmittel als Mindestanforderung vorgeben sei. Die Vorgabe sei nicht derart unbestimmt, dass die Antragsgegnerin jeden Eignungsleiher als materiell geeignet ansehen müsste, der eine formal korrekte Verpflichtungserklärung und die unter (WF 1) bis (WF 6) verlangten Unterlagen und Erklärungen abgegeben habe.

Die Beigeladene könne den Nachweis der finanziellen und wirtschaftlichen Eignung auch nicht durch eine Zusammenschau der formal unzureichenden Verpflichtungserklärung der Konzernmutter mit der - für sich gesehen - inhaltlich unzureichenden, aber formal korrekten Verpflichtungserklärung der Schwestergesellschaft führen.

Dies würde zu einer unzulässigen Vermischung von formaler und materieller Eignungsprüfung führen. Die gestufte Prüfungsreihenfolge bedeute, dass der Auftraggeber bei der Beurteilung der materiellen Leistungsfähigkeit nur solche Eignungsnachweise berücksichtigen dürfe, die seinen formalen Anforderungen genügten. Angaben und Nachweise zur Leistungsfähigkeit, die auf der formalen Prüfungsstufe auszuscheiden seien, müssten auf der nachfolgenden materiellen Bewertungsstufe unberücksichtigt bleiben. Dem stehe nicht entgegen, dass der Auftraggeber in seine materielle Beurteilung grundsätzlich auch anderweitige Erfahrungen und Erkenntnisse einstellen dürfe, sofern sich diese auf einer gesicherten Tatsachengrundlage bewegten.

Die Beigeladene versuche, mit der Verpflichtungserklärung der nicht ausreichend leistungsfähigen Schwestergesellschaft sowie der betragsmäßig begrenzten Verpflichtungserklärung der Konzernmutter eine von der Antragsgegnerin so gerade nicht vorgesehene faktische Haftungsbegrenzung der Eignungsleiher zu erreichen. Die vorgelegten Nachweise der Konzernmutter seien damit keine anderweitigen Erkenntnisse, wie in den von der Rechtsprechung entschiedenen Fällen.

Ein öffentlicher Auftraggeber, der im Hinblick auf die Eignungsprüfung die Vorlage bestimmter Unterlagen als Mindestanforderung verlange, sei hieran gebunden und dürfe nicht zugunsten eines Bieters auf die Erfüllung der Mindestanforderung verzichten.

Die Antragsgegnerin habe wegen der mit dem Teilnahmeantrag vorgelegten, aber inhaltlich unzureichenden Nachweise (WF 1) bis (WF 6) des Schwesterunternehmens auch nicht aufgrund der nachträglich, kurz vor der mündlichen Verhandlung im Nachprüfungsverfahren vorgelegten Patronatserklärung der … (betragsmäßig beschränkt auf einen Höchstbetrag von £ … Mio.) zugunsten des Schwesterunternehmens wieder in der Eignungsprüfung eintreten und die materielle Eignung des Schwesterunternehmens zur Eignungsleihe nach den Vorgaben der Ziffer III.2.2 der Bekanntmachung jetzt bejahen dürfen.

Anders als die Beigeladene und insbesondere die Antragsgegnerin in ihren nachgelassenen Schriftsätzen meinten, könne der Nachweis der finanziellen und wirtschaftlichen Eignung auch nicht nachträglich aufgrund der eigenen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Beigeladenen selbst begründet werden

Sie habe zwar in eigener Person die Erklärungen (WF 4), (WF 5) und (WF 6) abgegeben, aber der Wortlaut ihres Teilnahmeantrags auf S. 1 der Rubrik 6 sei völlig eindeutig. Aufgrund des völlig klaren Wortlauts könne die Antragsgegnerin nachträglich nicht annehmen, die Beigeladene hätte sich auch auf ihre eigene finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zur Begründung ihrer Eignung gestützt.

Wollte die Antragsgegnerin nunmehr die eigene finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Beigeladenen zur Begründung von deren Eignung heranziehen, würde sie der Beigeladenen ermöglichen, ihre mit dem Teilnahmeantrag vorgelegten, vollständigen, aber inhaltlich letztlich unzureichenden Erklärungen und Nachweise zu ihrer finanziellen und wirtschaftlichen Eignung gegen andere auszutauschen.

Im Ergebnis sei die Beigeladene somit deshalb zwingend vom vorliegenden Vergabeverfahren auszuschließen, weil sie den Nachweis ihrer wirtschaftlichen und finanziellen Eignung nicht mit den unter Ziffer III.2.2 der Bekanntmachung geforderten Erklärungen und Nachweisen belegt habe.

Auf die weiteren Fragen hinsichtlich der möglichen Abweichungen von zwingenden Vorgaben der Leistungsbeschreibung und zum Vorliegenden eines Angebots, dessen Preis in offenbarem Missverhältnis zur Leistung stehe, komme es entschei-dungserheblich nicht mehr an. Es sei lediglich anzumerken, dass die Antragsgegnerin die Angebote der Beigeladenen als ungewöhnlich niedrig qualifiziert und aufgeklärt habe. Diese Prüfung sei, ausweislich des Vergabevermerks, in einer großen Tiefe und Intensität erfolgt, da die Antragsgegnerin sich hierzu der Unterstützung zweier unabhängiger Sachverständiger - zum einen der …. und zum anderen der …- bedient habe. Es spreche trotz des umfangreichen Vorbringens der Antragstellerin zu diesem Thema vieles dafür, dass die Vergabestelle damit ihrer Aufklärungspflicht nachgekommen sei.

Sowohl die Antragsgegnerin als auch die Beigeladene legten gegen den Beschluss der Vergabekammer sofortige Beschwerde ein.

Die Antragsgegnerin trägt vor:

Die Beigeladene habe einen formell korrekten Nachweis durch ihre Schwestergesellschaft vorgelegt.

Nicht zutreffend sei die Auffassung der Vergabekammer, dass die Antragsgegnerin daran gehindert gewesen sei, die der Höhe nach begrenzte Verpflichtungserklärung der Muttergesellschaft der Beigeladenen im Rahmen der materiellen Eignungsprüfung zu berücksichtigen. Vielmehr sei die Antragsgegnerin dazu sogar verpflichtet gewesen.

Es müsse dem Auftraggeber möglich sein, positive, für die Eignung eines Bieters bzw. Bewerbers sprechende Umstände, die ihm bereits aus den mit dem Teilnahmeantrag vorgelegten Unterlagen bekannt seien, im Rahmen seiner materiellen Eignungsprüfung zu berücksichtigen.

Die Auffassung der Vergabekammer, bei der von der Beigeladenen vorgelegten Verpflichtungserklärung ihrer Muttergesellschaft handele es sich nicht um „anderweitige Erkenntnisse“, so dass die Grundsätze zur Berücksichtigung derartiger Erkenntnisse hier nicht gelten würden, vermöge nicht zu überzeugen.

Aus den insoweit relevanten Regelungen der Bekanntmachung gehe nicht hervor, dass der Bewerber im Falle einer Berufung auf einen Dritten dessen Leistungsfähigkeit in formeller und materieller Hinsicht nachzuweisen habe. Als Mindestanforderung sei im hiesigen Verfahren im Falle einer Berufung auf die Leistungsfähigkeit eines Dritten lediglich in formeller Hinsicht die Vorlage der in (WF1) bis (WF6) genannten Unterlagen für das dritte Unternehmen gefordert worden. Diese Mindestanforderung habe die Beigeladene erfüllt.

Dass darüber hinaus ausschließlich der Dritte auch seine materielle Leistungsfähigkeit nachweisen habe müssen, gehe aus der Bekanntmachung hingegen nicht hervor. Folglich könnten für diese materielle Beurteilung sowohl die zugunsten der Beigeladenen abgegebene Verpflichtungserklärung der Muttergesellschaft als auch weitere Erkenntnisse hinsichtlich der Beigeladenen berücksichtigt werden. Dies sei auch deshalb sinnvoll und sachgerecht, weil die Beigeladene im Auftragsfall Haftungssubjekt bliebe und die Schwester- sowie die Muttergesellschaft die Haftungsmasse „lediglich“ verstärken würden.

Die Einschätzung der finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Beigeladenen durch die Antragsgegnerin sei auch im Übrigen frei von Beurteilungsfehlern erfolgt.

Für den Fall, dass entgegen der hiesigen Auffassung bei der Beurteilung der finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Beigeladenen die zu ihren Gunsten abgegebene Verpflichtungserklärung ihrer Muttergesellschaft nicht hätten berücksichtigt werden dürfen, habe die Antragsgegnerin ihre positive Beurteilung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit auch auf den ihr am 18.03.2015 zusätzlich bekannt gewordenen Sachverhalt stützen dürfen.

Die Auffassung der Vergabekammer, wonach zusätzliche Erkenntnisse im Rahmen eines zweistufigen Verfahrens mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb nach Abschluss des Teilnahmewettbewerbs nicht mehr zu berücksichtigen seien, sei nicht zutreffend und lasse wesentliche Maßgaben der vergaberechtlichen Rechtsprechung außer Acht. Ein Austausch von vorgelegten Eignungsnachweisen habe nicht stattgefunden. Denn die hier von der Beigeladenen für ihre Schwestergesellschaft vorgelegten Nachweise hätten den formellen Anforderungen gemäß der Bekanntmachung genügt, so dass die ursprünglich vorgelegten Nachweise nicht ausgetauscht oder geändert worden seien. Stattdessen sei allein die bereits zum Zeitpunkt des Teilnahmeantrages bestehende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Schwestergesellschaft näher erläutert und belegt worden.

Zuguter Letzt habe die Antragsgegnerin die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit der Beigeladenen bereits auf der Grundlage der im Teilnahmeantrag von der Beigeladenen für sich selbst vorgelegten Nachweise und Erklärungen in rechtmäßiger Weise festgestellt. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Schwester- und der Muttergesellschaft hätten nicht ergänzend herangezogen werden müssen. Die von der Beigeladenen zum Nachweis ihrer eigenen Leistungsfähigkeit vorgelegten Unterlagen habe sie bereits mit dem Teilnahmeantrag vorgelegt. Warum die Vergabekammer insoweit von einem „Austausch von Erklärungen“ ausgehe, bleibe unerfindlich.

Der Erklärungsinhalt des Teilnahmeantrags der Beigeladenen sei auszulegen. Da Teilnahmeanträge wie auch Angebote Willenserklärungen darstellten, sei der Teilnahmeantrag einer Auslegung zugänglich. Eine Auslegung ergebe, dass die Beigeladene sich auch auf ihre eigene wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit berufen habe.

Die Beigeladene sei auch nicht verpflichtet gewesen, sich im Rahmen ihres Teilnahmeantrags dahingehend festzulegen, auf welche Weise sie den Nachweis ihrer finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit führe. Eine solche Vorgehensweise sei hier vor allem auch deshalb statthaft gewesen, da für die Bewerber nicht ohne weiteres erkennbar gewesen sei, unter welchen Voraussetzungen die Antragsgegnerin die finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit annehmen würde. Es sei daher naheliegend gewesen, sich ergänzend der im Teilnahmeantrag benannten Dritten zu bedienen.

Die Beigeladene habe mit den in ihrem Teilnahmeantrag für sich selbst vorgelegten Unterlagen den Nachweis der finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sowohl in formeller als auch materieller Hinsicht in einer den Vorgaben der Bekanntmachung entsprechenden Weise erbracht.

Der Zulässigkeit einer Vorlage anderer als der in (WF 1) bis (WF 3) genannten Nachweise zum Beleg der finanziellen Leistungsfähigkeit gemäß § 7 EG Abs. 5 Satz 2 VOL/A stehe auch nicht entgegen, dass das hiesige Vergabeverfahren unter Anwendung der Vorschriften des ersten Abschnitts der VOL/A durchgeführt werde, da eine dieser Vorschrift entsprechende Norm dort nicht enthalten sei. Denn zum Einen sei es gerechtfertigt, die Rechtsgedanken der EG-Paragrafen auch im hiesigen Verfahren anzuwenden, da es sich bei den hier in Rede stehenden SPNV-Dienstleistungen um Leistungen mit grenzüberschreitendem Interesse handele, weshalb das Verfahren EU-weit bekannt gemacht worden sei und auch weitere in den EG-Paragrafen verankerte Grundsätze Anwendung finden würden.

Zwar sei es anhand der von der Beigeladenen im Teilnahmeantrag vorgelegten Angaben zu den künftig von ihr erwarteten Umsätzen aus dem Verkehrsvertrag mit dem VRR über die Erbringung von SPNV-Leistungen auf den Linien RE7 und RB48 zunächst nicht möglich gewesen, ihre finanzielle Leistungsfähigkeit in materieller Hinsicht festzustellen. Daher habe die Antragsgegnerin die Beigeladene mit Schreiben vom 31.03.2015 aufgefordert, diese Angaben näher zu erläutern.

Es habe der Vorlage einer Eigenerklärung über das vorläufige Ergebnis für das betreffende Geschäftsjahr 2012 oder das Halbjahresergebnis für dieses Geschäftsjahr nicht bedurft. Nach der Bekanntmachung seien diese nur vorzulegen gewesen, soweit dies möglich und zulässig gewesen wäre. Dieser Vorbehalt habe von einem verständigen Bewerber so verstanden werden müssen, dass er auf die Vorlage der Eigenerklärung habe verzichten dürfen. Eine Begründung dafür, warum eine Angabe zum vorläufigen Ergebnis für ein Geschäftsjahr nicht möglich oder zulässig wäre, sei nach der Bekanntmachung von Bewerbern nicht gefordert worden. Da nach der Bewertung der Vergabestelle nicht damit zu rechnen gewesen sei, dass sich aus der Eigenerklärung über ein vorläufiges Ergebnis der Geschäftsjahre 2012 und 2013 Rückschlüsse auf die materielle Leistungsfähigkeit der Beigeladenen hätten ziehen lassen, habe die Antragsgegnerin auf die Vorlage verzichtet und sie auch nicht mit Schreiben vom 31.3.2015 nachgefordert. Die Erklärung über vorläufige Ergebnisse des Geschäftsjahres seien in dem Schreiben der Antragsgegnerin vom 31.3.2015 überhaupt nicht erwähnt, so dass auch keine wirksame Nachforderung i. S.v. § 16 Absatz 2 VOL/A erfolgt sei. Selbst wenn die Auffassung der Antragstellerin zutreffend wäre, wonach der Teilnahmeantrag der Beigeladenen noch unvollständig sei, hätten dies nicht den Ausschluss der Beigeladenen vom Vergabeverfahren zur Folge, sondern dann hätte die Antragsgegnerin zunächst darüber zu befinden, ob die fehlende Erklärung nachzufordern sei. Dieses ihr zustehende Ermessen aber habe die Antragsgegnerin bislang nicht ausgeübt. Der Antragsgegnerin sei dann Gelegenheit zu geben, diese Ermessensentscheidung nachzuholen und gegebenenfalls die Erklärung nachzufordern.

Die Rechtsauffassung der Antragstellerin, wonach ein Auftraggeber sein Nachforderungsrecht nach § 16 Abs. 2 VOL/A nicht mehrfach ausüben dürfe, sei unzutreffend.

Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin müsse auch im Übrigen ohne Erfolg bleiben, da er zum Teil unzulässig und darüber hinaus vollumfänlich unbegründet sei. Mit Blick auf die von der Antragstellerin geltend gemachte vermeintliche Rechtswidrigkeit des Wertungssystems habe die Vergabekammer zutreffend ausgeführt, dass der Nachprüfungsantrag insoweit bereits gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB unzulässig ist, da der geltend gemachte angebliche Rechtsverstoß für die Antragstellerin aus den Vergabeunterlagen erkennbar gewesen sei, sie diesen aber gleichwohl nicht bis zum Ende der Angebotsfrist gegenüber der Antragsgegnerin gerügt habe. Im Übrigen entspreche das verwendete Wertungssystem den maßgeblichen vergaberechtlichen Anforderungen. Insbesondere weiche das verwendete Wertungssystem nicht von den zuvor bekannt gemachten Wertungskriterien und deren Gewichtung ab.

Die Vergabekammer habe zutreffend darauf hingewiesen, dass die Antragsgegnerin ihrer Verpflichtung zur Aufklärung der von ihr als ungewöhnlich niedrig erkannten Preise in den Angeboten der Beigeladenen gemäß § 16 Abs. 6 Satz 1 VOL/A nachgekommen sei. Die Beurteilung der von der Beigeladenen angebotenen Preise als angemessen sei durch den Beurteilungsspielraum der Antragsgegnerin gedeckt. Die bei der Ausfüllung des Beurteilungsspielraums zu beachtenden Anforderungen habe die Antragsgegnerin erfüllt.

Der Nachprüfungsantrag sei außerdem unbegründet, soweit die Antragstellerin behaupte, die Beigeladene sei in ihren Angeboten von Vorgaben der Leistungsbeschreibung abgewichen. Derartige Abweichungen seien nicht festzustellen.

Die Beigeladene trägt vor:

Die Vergabekammer habe bei ihrer Entscheidung verkannt, dass die Beigeladene bereits in materieller Hinsicht ausreichend selbst finanziell leistungsfähig sei, weil sie über einen großvolumigen Verkehrsvertrag in Nordrhein-Westfalen (VRR-Vertrag) verfüge und die Antragsgegnerin dies zutreffend beurteilt habe. Anders als die Vergabekammer meine, führe eine Berufung auf Dritte hinsichtlich der finanziellen Leistungsfähigkeit gerade nicht dazu, dass die in der Person der Beigeladenen selbst liegenden Umstände (gleich ob positiv oder negativ) bei der Eignungsprüfung außer Betracht zu bleiben hätten. Vielmehr müssten diese richtigerweise kumulativ berücksichtigt werden. Daher habe die Antragsgegnerin die in der Person der Beigeladenen selbst liegenden positiven Umstände (den VVR-Vertrag) in vergaberechtskonformer Weise berücksichtigen und bereits dadurch die finanzielle Leistungsfähigkeit der Beigeladenen selbst feststellen können.

Deshalb sei es vergaberechtlich zulässig gewesen, im Rahmen der materiellen Prüfung der finanziellen Leistungsfähigkeit auch zu berücksichtigen, dass die Beigeladene über eine zivilrechtlich voll wirksame und auf …EUR dotierte Verpflichtungserklärung ihrer Muttergesellschaft verfüge. Außerdem sei es zulässig gewesen, die nachträglich eingereichte, auf …EUR und …GBP dotierte Verpflichtungserklärung der Muttergesellschaft zu berücksichtigen, welche diese zugunsten der Schwestergesellschaft der Beigeladenen abgegeben habe.

Das Vergaberecht sehe nicht vor, dass ein Bieter sich im Sinne eines Wahlrechts entscheiden müsste, ob er die Anforderungen an die finanzielle Leistungsfähigkeit in eigener Person erfülle oder durch einen Dritten. Es sei vielmehr so, dass ein Bieter sich immer nur ergänzend auf einen Dritten berufe. Es sei darüber hinaus vergaberechtlich auch zwingend, dass ein Bieter sich grundsätzlich nur ergänzend und nicht unter Ausschluss der eigenen Person auf einen Dritten berufe.

Eine Erklärung, wonach die in eigener Person liegenden Umstände ausgeschlossen sein sollten, sei vergaberechtlich auch weder zulässig noch wirksam. Schließlich hätte ein Bieter es sonst in der Hand, in der eigenen Person liegende negative Umstände der Eignungsprüfung zu entziehen.

Die Erklärung im Teilnahmeantrag, nach der die Beigeladene sich hinsichtlich der finanziellen Leistungsfähigkeit auf Dritte berufe, habe danach so verstanden werden können und müssen, dass die Beigeladene sich „ergänzend“ auf diese Dritten berufe. Eine solche Auslegung des Teilnahmeantrags sei auch sachnäher. Denn anderenfalls hätte die Beigeladene ohne Not auf die Berücksichtigung der positiven Umstände verzichtet, die in eigener Person vorgelegen hätten. Ihre entsprechenden Angaben und abgegeben Nachweise wären dann überflüssig gewesen.

Schließlich könne es auch nicht zulasten der Beigeladenen gehen, dass die Antragsgegnerin weitere Umstände, die die finanzielle Leistungsfähigkeit der Beigeladene betroffen hätten, erst zu einem späteren Zeitpunkt weiter verfolgt habe.

Nach der Auftragsbekanntmachung sei es auch zwingend gewesen, die Person des Bieters selbst und seine gesamten laufenden Verpflichtungen in die Prüfung der finanziellen Leistungsfähigkeit einzubeziehen. Die Auftragsbekanntmachung könne auch nicht so verstanden werden, dass der Bieter die in Ziffer III.2.2 geforderten Unterlagen selbst dann zwingend vorlegen müsse, wenn er sich auf einen Dritten berufe.

Ein Angebotsausschluss komme auch deshalb nicht in Betracht, weil die Beigeladene alle geforderten Unterlagen in eigener Person abgegeben habe. Die Beigeladene sei nicht verpflichtet gewesen, eine Eigenerklärung über vorläufige Ergebnisse abzugeben. Eine solche Erklärung sei ausweislich der Bekanntmachung dann gefordert gewesen, wenn dies möglich und zulässig sei. Durch diesen relativierenden Wortlaut werde deutlich, dass eine solche Erklärung keine zwingende Mindestanforderung darstelle und die Nichtvorlage daher nicht zur schärfsten vergaberechtlichen Sanktion des Ausschluss aus formellen Gründen führen könne. Auch sei ausweislich der Bekanntmachung von Bewerber keine Erklärung zu Möglichkeit bzw. Zulässigkeit der Abgabe einer Erklärung zu dem vorläufigen Ergebnis verlangt worden.

Es stehe fest, dass eine solche Erklärung zu vorläufigen Ergebnisse bislang nicht nachgefordert worden sei. Eine entsprechende Nachforderung sei dem Schreiben der Antragsgegnerin vom 31. März 2015 nicht zu entnehmen.

Die Antragsgegnerin habe in ihrer Vergabebekanntmachung nicht hinreichend klar und deutlich vorgegeben habe, dass sie eine betragsmäßig unbegrenzte Verpflichtungserklärung verlange. Aus dem Transparenzgrundsatz und dem darin enthaltenen Bestimmtheitsgebot (§ 97 Abs. 1 GWB) folge aber, dass die Anforderungen an Form und Inhalt der Eignungsnachweise für den Bieter klar und unmissverständlich sein müssten und Unklarheiten nicht zulasten des Bieters gehen könnten.

Im Rahmen der materiellen Eignungsprüfung hätte die Antragsgegnerin die begrenzte Verpflichtungserklärung auch berücksichtigen müssen, selbst wenn sie nicht die formellen Anforderungen erfüllt habe. Denn die Bedeutung der Verpflichtungserklärung erschöpfe sich nicht darin, formal die Eignungsleihe bei einem Dritten zu begründen. Die Verpflichtungserklärung stelle vielmehr ungeachtet dessen eine zivilrechtlich voll wirksame Haftungserklärung der Muttergesellschaft dar. Die zivilrechtliche Wirksamkeit der Haftungserklärung bestehe unabhängig davon, ob mit dieser Erklärung die formelle Stufe der Eignungsprüfung in einem Vergabeverfahren bestanden werden könne. Dieser zivilrechtliche Erklärungsgehalt sei von der Antragsgegnerin im Rahmen ihrer beurteilungsfehlerfreien Entscheidung über die finanzielle Leistungsfähigkeit zwingend zu berücksichtigen gewesen.

Die Beigeladene habe nicht versucht, Vorgaben der Bekanntmachung zu umgehen, sondern im Gegenteil gerade versucht, ihre eigene Stellung als Newcomerin durch die Hinzuziehung Dritter noch zu verbessern. Die Beigeladene hafte selbst mit ihrem gesamten Vermögen, ebenso wie ihre Schwestergesellschaft. Der Auftragsbekanntmachung sei nicht klar zu entnehmen gewesen, wieviel an Haftungsmasse die Antragsgegnerin verlangen würde. Die Beigeladene sei nach ihren Erfahrungswerten aus anderen Verfahren davon ausgegangen, dass eine Haftungssumme von …Euro die notwendige Höhe bei weitem übersteige und damit ausreichen würde und habe daher vorsorglich noch eine entsprechende Verpflichtungserklärung ihrer Muttergesellschaft eingereicht. Dass eine Kumulierung verschiedener Kapazitäten grundsätzlich auch europarechtlich zulässig sei, stehe im Übrigen nicht in Zweifel.

Die Beigeladene habe daher auf Basis der Auftragsbekanntmachung berechtigterweise davon ausgehen können, dass sie bereits mithilfe ihrer Schwestergesellschaft als finanziell leistungsfähig angesehen werde. Soweit die Antragsgegnerin die finanzielle Leistungsfähigkeit aufgrund „der relativ geringen Höhe der verfügbaren Finanzmittel und erzielten Umsätze“ abgelehnt habe, rechtfertige das gerade nicht den Schluss auf fehlende finanzielle Leistungsfähigkeit.

Anderweitige Ausschlussgründe lägen nicht vor. Insbesondere sei das Angebot der Beigeladenen nicht nach § 16 Abs. 6 Satz 2 VOL/A auszuschließen. Die Vergabekammer habe hierzu ausgeführt, dass vieles dafür spreche, dass die Vergabestelle ihrer Aufklärungspflicht nach § 16 Abs. 6 Satz 1 VOL/A in ausreichender Weise nachgekommen sei.

Die Antragsgegnerin und die Beigeladene beantragen übereinstimmend,

den Beschluss der Vergabekammer aufzuheben und den Nachprüfantrag zurückzuweisen.

Die Antragstellerin beantragt,

die Beschwerde der Beigeladenen und Antragsgegnerin zurückzuweisen.

Die Antragstellerin trägt vor:

Die Vergabekammer habe dem Nachprüfungsantrag zu Recht stattgegeben.

Die Antragsgegnerin habe im Vergabevermerk zutreffend festgestellt, dass die Beigeladene in eigener Person ihre Leistungsfähigkeit nicht dargelegt habe. Erst nach der mündlichen Verhandlung vor der Vergabekammer habe sie sich durch Neueintritt in die Auswertung des Teilnahmeantrags bemüht, die eigene Leistungsfähigkeit der Beigeladenen darzustellen.

Die Beigeladene habe die von der Antragsgegnerin in der Bekanntmachung geforderten Eignungsnachweise jedoch weder für sich noch für die Muttergesellschaft und Schwestergesellschaft ordnungsgemäß vorgelegt.

Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin und der Beigeladene befreie die Eigenerklärung zur Geschäftsaufnahme 2012 die Beigeladene nicht von der Verpflichtung zur Vorlage eines der Nachweise (WF1) - (WF3), hätte sie sich auf ihre eigene Leistungsfähigkeit berufen. Denn die Bekanntmachung sehe nur eine hinsichtlich des Zeitraums begrenzte Befreiung davon vor.

Eine Befreiung von der Vorlage der Nachweise WF1-WF3 habe für die Beigeladene insoweit lediglich für das Jahr 2011 gegolten, in dem die Beigeladene ihre Geschäftstätigkeit noch nicht aufgenommen hätte. Die Unterlagen WF1-WF3 für die Jahre 2012 und 2013 hätte die Beigeladene danach mit dem Teilnahmeantrag zwingend vorlegen müssen.

Aus diesem Grund hätte die Antragsgegnerin die betraglich begrenzte Verpflichtungserklärung der Muttergesellschaft nicht unter dem Gesichtspunkt der eigenen Leistungsfähigkeit der Beigeladenen berücksichtigen dürfen. Solche ergänzenden Gesichtspunkte zum Beleg der eigenen Leistungsfähigkeit wären allenfalls dann berücksichtigungsfähig gewesen, wenn die Beigeladene die zur Beurteilung ihrer eigenen wirtschaftlichen Situation nach der Bekanntmachung geforderten Unterlagen vollständig vorgelegt hätte, was sie unstreitig nicht habe.

Die von der Antragsgegnerin jetzt behauptete doppelte Funktion der Verpflichtungserklärung zusätzlich als Finanznachweis einer eigenen Leistungsfähigkeit der Beigeladenen würde ihre Anforderungen in der Bekanntmachung an den Nachweis der Leistungsfähigkeit des Eignungsleihers unterlaufen.

Die Beigeladene sei schon deshalb auszuschließen, da sie keine abschließende Eigenerklärung (betr. des vorläufigen Geschäftsergebnisses) vorgelegt habe. Auch auf Nachforderung der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 31.3.2015 sei die Vorlage der abschließenden Eigenerklärung nicht erfolgt. Mit dem Nachforderungsschreiben vom 31.3.2015 sei es der Antragsgegnerin darauf angekommen von der Beigeladenen die abschließende Eigenerklärung auf der untersten Stufe der Kaskade zu erhalten.

Die Beigeladene habe die Nachforderung der Antragsgegnerin auch in diesem Sinne verstanden. Die Antragsgegnerin habe von der Vorlage der Erklärung nicht wegen des Zusatzes absehen dürfen, dass die Jahres- bzw. Halbjahresergebnisse nur mitzuteilen seien, soweit dies möglich und zulässig sei..

Die Antragsgegnerin könne und dürfe das in ihr Ermessen gestellte Nachforderungsrecht nur einmal ausüben. Der Antragsgegnerin fehlten jedoch bis heute die von ihr in der Bekanntmachung für die materielle Beurteilung der Leistungsfähigkeit geforderten hinreichende Tatsachengrundlage.

Die Antragsgegnerin selbst habe im Vergabevermerk zutreffend festgestellt, dass die Berufung der Beigeladenen im Teilnahmeantrag auf die Muttergesellschaft fehlgeschlagen sei.

Eine unbeschränkte und betraglich nicht begrenzte Verpflichtungserklärung der Muttergesellschaft sei nicht vorgelegt worden. Damit bleibe kein Raum für die Erwägung, dass die Verpflichtungserklärung der Muttergesellschaft gleichwohl zu berücksichtigen sei, da der Antragsgegnerin anderenfalls eine nicht vollständige Erfassung des für die Beurteilung maßgeblichen Sachverhalts vorgeworfen werden könne.

Dem könne die Beigeladene nicht entgegen halten, die Forderung, für sämtliche Verpflichtungen aus dem Auftrag einstehen zu müssen, sei in den Vergabeunterlagen unklar, missverständlich oder unverhältnismäßig. Zu Recht habe die Vergabekammer dazu klargestellt, dass die Beigeladene damit nicht gehört werden könne, da sie die Forderung während der Bewerbungsphase nicht gerügt oder hinterfragt habe.

Die Verpflichtungserklärung der Schwestergesellschaft genüge nur vordergründig den formalen Anforderungen. Sie sei gleichwohl nicht berücksichtigungsfähig, da die Beigeladene diese Erklärung ersichtlich in der Absicht vorgelegt habe, die Anforderungen der Antragsgegnerin an die finanzielle Leistungsfähigkeit zu umgehen.

Die Beigeladene sei zunächst überhaupt nicht berechtigt gewesen, sich auf die finanzielle Leistungsfähigkeit der Schwestergesellschaft und der Muttergesellschaft zu berufen. Einen mehrfachen Verweis auf verschiedene Drittunternehmen habe die Antragsgegnerin in der Bekanntmachung nicht zugelassen.

Die Auffassung, der Dritte, der die Verpflichtungserklärung abgebe, müsse selbst gar nicht leistungsfähig sein, führe das Institut der Verpflichtungserklärung ad absurdum.

Der Teilnahmeantrag der Beigeladenen hätte daher im Teilnahmewettbewerb bereits aus formalen Fehlern endgültig ausgeschlossen werden müssen.

Zudem hätte die Antragsgegnerin auch die materielle Leistungsfähigkeit der Beige-ladenen bereits im Teilnahmewettbewerb verneinen müssen. Die Vergabekammer habe zu Recht festgestellt, dass die Antragsgegnerin mit der Berücksichtigung der Eignungsnachweise der Konzernmutter den ihr zustehenden Beurteilungsspielraum überschritten habe.

Indem die Antragsgegnerin die Verpflichtungserklärung der Muttergesellschaft berücksichtigt habe, sei sie in ihrer Beurteilung der finanziellen Leistungsfähigkeit der Beigeladenen von einer Tatsachengrundlage ausgegangen, die fehlerhaft ermittelt worden sei und nicht Grundlage der Bewertung hätte werden dürfen. Zudem sei sie von ihrem in der EU-Bekanntmachung vorab definiertem Verfahren der Eignungsprüfung abgewichen. Die Antragsgegnerin habe damit ihren Beurteilungsspielraum unzulässig überschritten.

Beurteilungsfehlerhaft sei auch die Ansicht der Antragsgegnerin, der Beigeladenen stünden erhebliche Summen zur Verfügung, so dass „angenommen werden“ könne, sie sei in der Lage, ihren finanziellen Verpflichtungen aus dem hiesigen Auftrag nachzukommen. Diese Wertung werde durch die Antragsgegnerin selbst widerlegt. Die Wertung der Antragsgegnerin im Teilnahmewettbewerb hätte nur zum Ergebnis führen dürfen, dass die Beigeladene angesichts der Ausführungsrisiken ihres Angebots und der limitierten Einstandspflicht ihres Mutterunternehmens die erforderliche finanzielle wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nicht besitze.

Die nachgereichte Patronatserklärung der Konzernobergesellschaft zugunsten der Schwestergesellschaft hätte nicht berücksichtigt werden dürfen.

Zu Recht habe die Vergabekammer die nachträgliche Vorlage der Patronatserklärung nach Abschluss des Teilnahmewettbewerbs als unzulässig beurteilt. Die nachträgliche Berücksichtigung verstoße gegen die von der Antragsgegnerin festgelegte Bewerbungsfrist in der Bekanntmachung.

Selbst wenn der Auftraggeber bestimmte Unterlagen nachfordern dürfe, müsse sich dies auf Unterlagen beziehen, die im Zeitpunkt des Teilnahmewettbewerbs, d. h. vor Fristablauf, schon vorhanden waren. Auch § 7 EG Abs. 13 VOL/A gebe der Antragsgegnerin kein Recht zur nachträglichen Berücksichtigung.

Dass die Beigeladene einen Anspruch gegen die Antragsgegnerin auf Berücksichtigung der Patronatserklärung im Teilnahmewettbewerb gehabt hätte, finde weder in der Bekanntmachung noch in der von der Antragsgegnerin zitierten Rechtsprechung eine Grundlage.

Es sei vergaberechtlich nicht zulässig, nachträglich die eigene Leistungsfähigkeit der Beigeladenen zu bejahen. Die Antragsgegnerin verstoße gegen ihre Selbstbindung, wenn sie jetzt behaupte, sie sei erstmals in die Prüfung der Leistungsfähigkeit der Beigeladenen selbst eingestiegen. Es stimme nicht, wenn ausgeführt werde, dazu habe wegen der Verpflichtungserklärungen im Teilnahmewettbewerb kein Anlass bestanden. Tatsächlich habe die Antragsgegnerin ausweislich des Vergabevermerks die Leistungsfähigkeit der Beigeladenen seinerzeit verneint.

Die formale Wertung der Antragsgegnerin im Teilnahmewettbewerb, dass die Beigeladene sich ausschließlich auf die Leistungsfähigkeit ihrer Muttergesellschaft und ihrer Tochtergesellschaft im Teilnahmeantrag berufen habe, sei zutreffend.

Hätte sich die Beigeladene zusätzlich auf ihre eigene Leistungsfähigkeit berufen wollen, hätte sie dies mit einem weiteren Hinweis im Teilnahmeantrag zum Ausdruck gebracht und auch bringen müssen. Dass die Beigeladene nicht auf ihre eigene Leistungsfähigkeit verweisen habe wollen, werde auch dadurch bestätigt, dass sie für sich selbst die geforderten Leistungsnachweise WF1 - WF3 gerade nicht vorgelegt habe.

Irrelevant sei der Einwand der Antragsgegnerin, die Leistungsfähigkeit der Beigeladenen selbst dürfe nicht übergangen werden, da sie im Auftragsfall Haftungsobjekt bleibe. Es sei stets so, dass der Auftraggeber mit dem Bieter selbst und dieser damit unmittelbar aus dem Vertrag verpflichtet werde. Mit der Frage, ob der Bieter sich auf eine eigene oder fremde Leistungsfähigkeit berufe, habe dies nichts zu tun.

Die Antragsgegnerin hätte weit nach Fristablauf nicht mehr aufklären und Unterlagen nachfordern dürfen. Die Befugnis zur Aufklärung und Nachforderung hätte allenfalls im Teilnahmewettbewerb, aber nicht nach dessen Abschluss bestanden.

Eine Nachreichung der fehlenden Leistungsnachweise für die Beigeladenen und „erläuternder“ Unterlagen wie des Gutachtens zum VRR-Vertrag komme daher nicht in Betracht. Selbst wenn sich die Beigeladene auf ihre eigene Leistungsfähigkeit berufen hätte, hätte die Antragsgegnerin fehlende Nachweise und Erläuterungen nur bis zum Abschluss des Teilnahmewettbewerbs nachfordern dürfen. Das Nachforderungsrecht in Ziffer VI.3 Nr. 8 der Bekanntmachung sei auf diesen Zeitraum beschränkt. Die Antragsgegnerin habe von ihrem Nachforderungs- und Erläuterungsrecht innerhalb dieser Frist jedoch keinen Gebrauch gemacht. Dies sei auch nicht vergabefehlerhaft, da die Antragsgegnerin zutreffend davon ausgegangen sei, dass sich die Beigeladene ausschließlich auf die Leistungsfähigkeit ihrer Muttergesellschaft und ihrer Tochtergesellschaft berufe.

Ohnedies hätte die Nachforderung von Unterlagen nur die Nachreichung solcher Unterlagen ermöglichen dürfen, die vor Fristablauf physisch vorhanden gewesen wären.

Die Bewertung der Antragsgegner, dass der Beigeladenen aus dem Verkehrsvertrag mit dem VRR ausreichende Ressourcen und Erträge zur Verfügung stünden und daher ihre Eignung zu bejahen sei, treffe nicht zu. Diese Bewertung stütze sich auf einen unzutreffend ermittelten Sachverhalt und sachfremde Erwägungen und könne daher keinen Bestand haben. Da der Antragstellerin die von der Beigeladenen als geheimhaltungsbedürftig gekennzeichnete Bewertung des VRR-Vertrags durch den Wirtschaftsprüfer nicht vorliege, sei eine detailliertere inhaltliche Stellungnahme seitens der Antragstellerin nicht möglich. Es bestehe eher das Problem, dass durch diesen weiteren Vertrag die Risikoexposition der Beigeladenen potenziert werde.

Zudem seien die Angebote der Beigeladenen nach § 16 Abs. 6 VOL/A wegen eines offenbaren Missverhältnisses zwischen Preis und Leistung vom Vergabeverfahren auszuschließen.

Dass der Auftraggeber für diese Prüfung externe Gutachter heranziehe, könne ihn nicht von der vergaberechtlichen Notwendigkeit, bei der Bewertung der Angemessenheit innerhalb des ihm zukommenden Beurteilungsspielraums zu verbleiben, nicht befreien.

Die von der Antragsgegnerin eingeholten Gutachten ließen erhebliche Beurteilungsfehler erkennen. Die Prüfansätze und Prüfmethoden im Prüfbericht des Beratungsbüros … seien fehlerhaft und widersprüchlich. … führt im Prüfbericht aus, sie habe die Erlöskalkulation der Beigeladenen anhand der „projektspezifischen Grundlagen“ nachvollzogen. Ob damit die erwähnten Besonderheiten der Erlöskalkulation im S-Bahn-Netz Nürnberg vollständig und zutreffend berücksichtigt worden seien, bleibe zweifelhaft.

Weiter führe die … in ihrem Prüfbericht an, dass sie die Angebotspreise der Bei-geladenen auf der Basis ihrer aufgrund einer Vielzahl von SPNV-Projektkalkulationen gewonnenen „praktischen Marktkenntnisse“ geprüft habe. Diese Prüfmethode sei jedoch ohne Aussagekraft. Die „praktischen Marktkenntnisse“ allein taugten als Bewertungsmaßstab nicht. Sie könnten allenfalls eine gewisse Erfahrung von … in der Bewertung von SPNV-Kalkulationen nachweisen. Eine Prüfmethode liege darin nicht, Besonderheiten des vorliegenden Projektes würden dadurch nicht berücksichtigt, sondern eher ausgeblendet. Die Preisprüfung müsse jedoch auf objektiven und nachprüfbaren Methoden und Ansätzen beruhen, um eine Angemessenheit niedriger Angebotspreise nachvollziehen zu können.

Auch habe die Antragsgegnerin nicht gewürdigt, dass sich die Beigeladene bei der Prognose der Erlöse in der Kalkulation ihrer Angebote von zu optimistischen und fehlerhaften Annahmen habe leiten lassen. Die Beigeladene sei aufgrund der omnitrend Erhebung und einer eigenen Erhebung von … Mio. Pkm ausgegangen. Diese Erhebungen seien aber auf einen sehr kurzen Erhebungszeitraum beschränkt (September/Oktober 2013 bzw. Juli 2014) gewesen und seien unzutreffend auf ein ganzes Kalenderjahr mit … Mio. Pkm hochgerechnet worden. Für das Jahr 2014 hätten die RES-Zählungen der Antragstellerin für die S-Bahn Nürnberg eine tatsächliche Nachfrage von weniger als … Mio. Pkm ergeben.

Weiter sei die Erlösergiebigkeit (Cent/PKM) durch die Beigeladene überschätzt worden. Die Beigeladene habe in ihrer Erlösprognose unterstellt, dass sie das bestehende Einnahmeaufteilungsverfahren im Verkehrsverbund Großraum Nürnberg (VGN) zu ihren Gunsten nachverhandeln könne und werde. Obgleich den von der Antragsgegnerin beauftragten Gutachtern die „Erlösformel“ des VGN nicht bekannt gewesen sei, seien die Gutachter zu dem Schluss gekommen, dass die Annahmen der Beigeladenen als angemessen und realistisch in einem nationalen Vergleich gelten können. Die Gutachten seien daher von vornherein nicht wirklich belastbar.

B. Die Entscheidung der Vergabekammer war abzuändern, da die Voraussetzungen für einen Ausschluss der Beigeladenen mangels Feststellung der Eignung (noch) nicht vorliegen und die Antragsgegnerin nochmals in die Eignungsprüfung eintreten muss, die Antragsgegnerin die Eignung der Beigeladenen hinsichtlich der finanziellen Leistungsfähigkeit fehlerhaft bejaht hat, sowie andere Ausschlussgründe nicht vorliegen.

I.

Die Voraussetzungen für den Ausschluss der Beigeladenen mangels Eignung liegen - jedenfalls - noch nicht vor.

Der Senat stimmt der Vergabekammer zu, dass bei dem gewählten zweistufigen Verfahren die Eignungsprüfung abschließend in der ersten Stufe durchzuführen ist und die Rechte der weiteren Teilnehmer verletzt sind, wenn ein Teilnehmer, obgleich die Eignung zu verneinen gewesen wäre, dennoch zur Angebotsabgabe aufgefordert wird. Voraussetzung ist jedoch, dass der Teilnehmer zwingend ausgeschlossen hätte werden müssen, da entweder die formellen Voraussetzungen oder die materiellen Voraussetzungen zur Bejahung seiner Eignung nicht vorgelegen haben.

Vorliegend ist daher entscheidend, ob die Beigeladene im Teilnahmewettbewerb zwingend ausgeschlossen hätte werden müssen. Da die Vergabestelle die finanzielle Leistungsfähigkeit der Beigeladenen bejaht hat, war zu überprüfen, ob die Beigeladene aus formellen Gründen zwingend hätte ausgeschlossen werden müssen oder ob die Vergabestelle unter Verletzung und unter Überschreitung des ihr zustehenden Beurteilungsspielraums die Leistungsfähigkeit bejaht hat.

1. Ein Ausschluss aus formellen Gründen ist nicht gerechtfertigt. Ein Ausschluss nach § 16 Abs.3 a VOL/A wäre nur dann in Betracht gekommen, wenn die Beigeladene nicht alle geforderten Unterlagen vorgelegt hätte.

Die Beigeladene hat sich hinsichtlich der finanziellen Leistungsfähigkeit zuvörderst auf ihre Schwestergesellschaft berufen und für diese in der Bekanntmachung geforderten Nachweise und Erklärungen vorgelegt. Insoweit kam ein Ausschluss wegen fehlender Nachweise nicht in Betracht.

2. Die Vergabekammer hat zu Recht festgestellt, dass die Beigeladene ihre finanzielle Leistungsfähigkeit nicht durch eine Bezugnahme auf ihre Schwestergesellschaft als Dritte belegen konnte.

Bei der Feststellung, ob erwartet werden kann, dass der Bieter seine finanziellen Verpflichtungen gegenüber dem Auftraggeber und Dritten erfüllen kann, handelt es sich um eine Prognose. Bei dieser Prognoseentscheidung steht dem Auftraggeber ein Beurteilungsspielraum zu. Dieser kann von den Nachprüfungsinstanzen nur eingeschränkt überprüft werden, nämlich darauf hin, ob die Vergabestelle von einem vollständig ermittelten und zutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist, ihre Entscheidung nicht nach sachfremden Erwägungen getroffen hat, sie bei der Entscheidung einen sich sowohl im Rahmen des Gesetzes wie auch im Rahmen der Beurteilungsermächtigung haltenden Beurteilungsmaßstab zutreffend angewandt und sie das vorgeschriebene Verfahren eingehalten hat.

a) Die Antragsgegnerin hat zunächst ausweislich des Vergabevermerkes den materiellen Nachweis der finanziellen Leistungsfähigkeit durch die Schwestergesellschaft verneint. Die in dem Vergabevermerk aufgezeigten Umsatzzahlen und Gewinne lassen insoweit keinen Beurteilungsfehler der Antragsgegnerin erkennen.

b) Die Antragsgegnerin hat zu Unrecht nach unaufgeforderter Vorlage einer Patronatserklärung der Muttergesellschaft zugunsten der Schwestergesellschaft die finanzielle Leistungsfähigkeit der Schwestergesellschaft als Dritte bejaht.

Da die Antragsgegnerin die nachgereichte Patronatserklärung nicht berücksichtigen und insoweit auch nicht in eine erneute Eignungsprüfung eintreten durfte, hat sie den ihr zustehenden Beurteilungsspielraum überschritten.

(1) Die Antragsgegnerin durfte eine solche Verpflichtungserklärung nicht nach § 16 Abs.2 VOL/A nachfordern. Daher kann nicht eingewandt werden, dass die Antragsgegnerin diese Erklärung bei Ausübung ihres pflichtgemäßen Ermessen nachfordern und verwerten hätte müssen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 10.08.2011 - II-Verg 66/11).

Die Vorschrift ist bereits tatbestandlich nicht einschlägig. § 16 Abs.2 VOL/A sieht eine Nachforderung nur für den Fall vor, dass Erklärungen oder Nachweise fehlen. Die Beigeladene hatte bezüglich der Schwestergesellschaft alle geforderten Unterlagen vorgelegt, so dass keine in der Bekanntmachung geforderten Erklärungen oder Nachweise zum Beleg der finanziellen Leistungsfähigkeit der Schwestergesellschaft fehlten. Eine Nachforderungsmöglichkeit der Antragsgegnerin bezüglich der unaufgefordert eingereichten Erklärung scheidet bereits deshalb aus, weil es sich dann um eine Erstanforderung gehandelt hätte (vgl. VK Münster, Beschl. v. 21. 7. 2011 -VK 9/11, Dittmann, in: Kulartz/Kus/Portz/Prieß, VOB/A, § 16 Rdnr. 150).

Weiter ist zu beachten, dass die Begriffe „Erklärungen und Nachweise“ in § 16 Abs.2 VOL/A zwar weit zu verstehen sind, jedoch nicht Erklärungen umfassen, die der nachträglichen Verbesserung bzw. Veränderung eines Angebots dienen (vgl. VK Bund vom 14.12.2011 - VK 1-153/11; OLG München, Beschl. v. 15. 3. 2012 − Verg 2/12).

(2) Auch nach § 15 VOL/A durfte die Patronatserklärung nicht berücksichtigt werden, da die Nachweise der Beigeladenen hinsichtlich ihrer Schwestergesellschaft vollständig waren und ein Aufklärungsbedarf insoweit nicht ersichtlich ist.

Die Möglichkeit zu einer Aufklärungsmaßnahme besteht nur dann, wenn Aufklärungsbedarf besteht und die Maßnahme nicht dazu dient, dem Bieter eine inhaltliche Änderung oder Ergänzung seines Teilnahmeantrags zu ermöglichen. Als oberster Grundsatz für Aufklärungsmaßnahmen gilt, dass solche Maßnahmen nur zur Abklärung bestehender Zweifelsfragen, niemals aber zur Abänderung des Teilnahmeantrags führen dürfen, weil sonst der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht gewahrt werden würde (OLG München vom 2.9.2010 - Verg 17/10). Dieser Gedanke ist auch für eingereichte Unterlagen heranzuziehen, welche nicht unmittelbar das Angebot selbst, wohl aber Eignungsnachweise betreffen. Bei der von der Beigeladenen eingereichten Patronatserklärung handelte es sich um einen neuen Beleg, um den Nachweis der finanziellen Leistungsfähigkeit ihrer Schwestergesellschaft zu erbringen und nicht um die Abklärung von Zweifelsfragen des Teilnahmeantrags.

(3) Es besteht auch keine Grundlage, die Patronatserklärung als „neue Tatsache“ im Angebotsverfahren zu berücksichtigten, obgleich die Erklärung weder Gegenstand einer Aufklärungsmaßnahme noch einer Nachforderung hätte sein dürfen. Eine Berücksichtigung von nachgereichten Belegen, deren Beachtung nicht von § 15 oder § 16 VOL/A gedeckt ist, scheidet aus, da ansonsten der Grundsatz, dass sämtliche Unterlagen mit dem Teilnahmeantrag vorzulegen sind, missachtet werden würde.

Unterlagen, die der Bieter mit dem Teilnahmeantrag einreichen und sich auch beschaffen hätte können, bzw. deren Beschaffung in seine Verantwortungssphäre fällt, dürfen nicht als neue Anhaltspunkte bzw. neue Tatsachen bewerten werden. Alleine der Umstand, dass die Erklärung nach Teilnahmeschluss erstellt wurde, rechtfertigt es nicht, die Erklärung als neue zu berücksichtigende Tatsache einzustufen. Dies gilt zumindest dann, wenn die Tatsachengrundlage für die Erklärung unverändert geblieben ist und die Erklärung inhaltlich bereits mit dem Teilnahmeantrag vorgelegt hätte werden können. Eine Patronatserklärung der Muttergesellschaft zugunsten der Schwestergesellschaft hätte die Beigeladene zum Beleg der finanziellen Leistungsfähigkeit der Schwestergesellschaft mit dem Teilnahmeantrags vorlegen können. Die nachträgliche unaufgeforderte Vorlage diente nur dazu, den während des Nachprüfungsverfahrens bekannt gewordenen Bedenken an der finanziellen Leistungsfähigkeit der Bieterin bzw. der von ihr benannten Dritten durch weitere und neue Erklärungen zu begegnen. Es bedarf keiner vertieften Ausführungen, dass eine Berücksichtigung solcher verspätete erstellter Erklärungen erhebliche Manipulationsmöglichkeiten eröffnen würde und mit den das Vergaberecht leitenden Grundsätzen der Transparenz und Gleichbehandlung unvereinbar ist.

Der Hinweis auf die Entscheidung des Senats vom 22.11.2012 Verg 22/12 ist unbehelflich, da es sich dort um ein einstufiges Vergabeverfahren gehandelt hat. Außerdem führten in diesem Verfahren etwaige neue Anhaltspunkte nicht zu einer günstigen Prognose für den Bieter.

3. Die Antragsgegnerin selbst ist ausweislich des Vergabemerks zutreffend davon ausgegangen, dass die Beigeladene ihre finanzielle Leistungsfähigkeit auch nicht durch ihre Muttergesellschaft als Dritte belegen konnte, da die Muttergesellschaft die vorgelegte Verpflichtungserklärung in der Höhe beschränkt hat, weswegen sie nicht den inhaltlichen Anforderungen der Bekanntmachung genügt.

a) Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist es zwar nicht von vorneherein zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin die finanzielle Leistungsfähigkeit der Muttergesellschaft geprüft hat. Nach Auffassung des Senats ist es mit den Bestimmungen der Bekanntmachung vereinbar, dass der Bieter mehrere Dritte zum Beleg der finanziellen Leistungsfähigkeit benennt. Nach den Vergabebedingungen war es nicht ausgeschlossen, mehrere Dritte zumindest in einem Hilfsverhältnis als Eignungsentleiher zu benennen. Die Bekanntmachung kann nicht dahingehend ausgelegt werden, dass nur ein Dritter benannt werden darf. Alleine die Formulierung „eines..“ bedeutet nicht, dass der Bieter nicht mehrere Dritte zumindest in einem Hilfsverhältnis benennen darf.

b) Die Verpflichtungserklärung genügt nicht den Anforderungen der Bekanntmachung und daher kommt die Muttergesellschaft als Eignungsleiher nicht in Betracht.

(1) Der Senat hat gegen die Zulässigkeit der Forderung nach einer unbeschränkten Verpflichtungserklärung keine Bedenken, da mit der Formulierung nur zum Ausdruck gebracht wird, dass der Dritte in dem Umfang wie der Bieter gegenüber dem Auftraggeber haften soll.

Die Formulierung in der Bekanntmachung ist eindeutig und kann nicht dahingehend verstanden werden, dass „sämtliche“ Verpflichtungen sich lediglich auf die Art der Forderung, aber nicht auf die Höhe der Forderung beziehen. Angesichts des klaren Wortlauts „für sämtliche finanziellen Verpflichtungen des Bewerbers aus dem hiesigen Auftrag einzustehen“ sieht der Senat keine Möglichkeit, diese Bestimmung anders auszulegen.

(2) Da in der Erklärung die Haftungshöhe auf …€ beschränkt wurde, genügt diese nicht den inhaltlichen Anforderungen. Daher kann, obgleich die Muttergesellschaft finanziell leistungsfähig ist, die Leistungsfähigkeit nicht auf sie gestützt werden.

4. Die finanzielle Leistungsfähigkeit durfte auch nicht auf der Grundlage einer Gesamtschau beider Dritter bejaht werden.

Der Senat folgt der Auffassung der Vergabekammer, dass jeder Dritte und auch der Bieter selbst, auf den die finanzielle Leistungsfähigkeit gestützt und für den sie bejaht werden soll, die in der Bekanntmachung geforderten Erklärung vorzulegen hatte und die finanzielle Leistungsfähigkeit dann nicht auf einen Dritten oder auch den Bieter selbst gestützt werden kann, wenn er die erforderlichen Unterlagen nicht vorgelegt hat. Eine Kombination daraus, dass ein Dritter die formellen und ein weiterer die materiellen Voraussetzungen erfüllt, würde gegen die Vorgaben der Bekanntmachung verstoßen, wonach der Eignungsleiher die in der Bekanntmachung geforderten Erklärungen vorzulegen hat.

5. Die Antragsgegnerin hat beurteilungsfehlerhaft die finanzielle Leistungsfähigkeit der Beigeladenen festgestellt.

a) Die Antragsgegnerin durfte die finanzielle Leistungsfähigkeit der Beigeladenen selbst zwar prüfen und hat dies laut Vergabevermerk Seite 18 und 19 auch getan.

Der Bieter steht stets als Haftungssubjekt zur Verfügung. Weiter ist zu beachten, dass nach der Bekanntmachung die finanzielle Leistungsfähigkeit des Bieters zu bejahen ist, wenn zu erwarten steht, dass er seinen laufenden finanziellen Verpflichtungen unter Einschluss des hiesigen Vertrages erfüllen kann und dass durch die geforderte Verpflichtungserklärung Dritter nur sichergestellt werden soll, dass die Verpflichtungen aus dem ausgeschriebenen Auftrag erfüllt werden. Um eine Prognose erstellen zu können, ob der Bieter auch in der Lage ist, seine weiteren laufenden finanziellen Verpflichtungen zu erfüllen, muss die Vergabestelle auf die Leistungsfähigkeit des Bieters zurückgreifen. Weiter ist zu berücksichtigen, dass die Bekanntmachung keine genauen Vorgaben enthält, unter welchen Voraussetzungen die finanzielle Leistungsfähigkeit zu bejahen ist. Es ist daher nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin - nachdem die Bezugnahme auf Dritte nicht zu einer Bejahung der finanziellen Leistungsfähigkeit führen konnte - aufgrund der eingereichten Unterlagen in eine Prüfung der Leistungsfähigkeit des Bieters selbst eingetreten ist.

Vorliegend kommt hinzu, dass der Bieter in seinem Antrag selbst auf den Verkehrsvertrag in Nordrhein-Westfalen hingewiesen und insoweit Angaben zur Leistungsfähigkeit gemacht hat und - wie der Senat festgestellt hat - die Unterlagen (WF 4) bis (WF 6) eingereicht hat. Daraus folgt, dass die Vergabestelle zu Recht die finanzielle Leistungsfähigkeit des Bieters selbst geprüft hat.

b) Die Leistungsfähigkeit der Beigeladenen konnte und kann derzeit aus formellen Gründen nicht beurteilt werden, da nicht die geforderte abschließende Eigenerklärung über das vorläufige Ergebnis vorgelegt wurde und die Bekanntmachung nicht so verstanden werden kann, dass diese Erklärung vollständig entbehrlich ist, wenn eine vorläufige Ergebnismitteilung nicht möglich und nicht zulässig ist. Aus dem Gesamtzusammenhang der Bekanntmachung ist hinreichend klar, dass dies dann Bestandteil der Eigenerklärung sein muss, da die Vergabestelle ansonsten gar nicht bewerten kann, aus welchen Gründen die vorläufige Ergebnismitteilung nicht vorgelegt wird und ggfs. nicht vorgelegt werden kann. Die Antragsgegnerin durfte auch nicht von der Vorlage dieser Erklärung absehen, da die Vorlage zwingend gefordert war und die Antragsgegnerin nicht nachträglich zugunsten eines Bieters die Anforderung herabsetzen darf. Dies gilt auch dann, wenn sich die Vergabestelle von der Vorlage der Unterlagen keine Erkenntnisse für ihre Prognoseentscheidung erwartet.

c) Die Antragsgegnerin hat zum Abschluss des Teilnahmewettbewerbs die Eignung der Beigeladenen unter Verletzung ihres Beurteilungsspielraums bejaht, indem sie zu deren Gunsten die Verpflichtungserklärung der Muttergesellschaft herangezogen hat.

Die Antragsgegnerin hat ausweislich des Vergabevermerks zugunsten der Beigeladenen die Verpflichtungserklärung der Muttergesellschaft berücksichtigt und trotz vergleichbar geringer Umsatzzahlen und weiteren wirtschaftlichen Kenndaten der Beigeladenen als auch ihrer Schwestergesellschaft die finanzielle Leistungsfähigkeit des Bieters bejaht.

(1) Die Antragsgegnerin hätte jedoch die Verpflichtungserklärung der Muttergesellschaft bei der Prüfung der finanziellen Leistungsfähigkeit der Beigeladenen nicht berücksichtigen dürfen.

Für eine Berücksichtigung spricht zwar zunächst, dass die Bieterin, ohne dass es einer besonderen Erklärung bedarf, stets unbeschränkt i. S. der Bekanntmachung haftet und dabei die Verpflichtungserklärung als ihr Vermögenswert zu berücksichtigen ist, wie z. B. sonstige Forderungen gegen Dritte. Weiter ist einzuwenden, dass die Haftung einer GmbH per se beschränkt ist und die Antragsgegnerin stets, auch wenn der Bieter sich nicht auf Dritte beruft, eine Prognoseentscheidung zu treffen hat, ob das Gesellschaftsvermögen ausreicht, sämtliche Verpflichtungen aus dem Vertrag zu erfüllen.

Dagegen spricht aber entscheidend, dass die inhaltlich unzureichende Erklärung der Muttergesellschaft dann wieder in Zusammenhang mit der Prüfung der finanziellen Leistungsfähigkeit der Bieterin in das Verfahren eingeführt werden würde und so die Vorgabe der Bekanntmachung, dass nur solch ein Dritter als Eignungsleiher zugelassen wird, der für sämtliche Verpflichtungen haftet, umgangen wird.

(2) Die Bewertung der Antragsgegnerin war beurteilungsfehlerhaft, weil sie im Ergebnis dazu führt, dass ein Dritter für Verpflichtungen aus dem Vertrag nur beschränkt einsteht. Ausweislich des Vergabevermerks hat die Antragsgegnerin die Leistungsfähigkeit der Beigeladenen nur unter Hinzuziehung der Erklärung der Muttergesellschaft bejaht. In der Bekanntmachung war gefordert, dass entweder ein finanziell leistungsfähiger Bieter oder ein finanziell leistungsfähiger Dritter für sämtliche Verpflichtungen aus dem Vertrag einsteht. Von diesen Vorgaben durfte die Antragsgegnerin nicht abweichen. Vorliegend würde - nachdem auch die finanzielle Leistungsfähigkeit der Schwestergesellschaft nicht bejaht werden konnte - kein finanziell leistungsfähiges Haftungssubjekt für sämtliche Verpflichtungen aus dem Vertrag haften.

Die Begrenzung der Haftungssumme liegt auch nicht in einer Größenordnung, die von vorneherein jegliche Zweifel ausschließt, dass die Summe alle Risiken abdeckt. Die Einschätzungen des PKF-Gutachtens bieten vielmehr Anhaltspunkte, dass mit einem Betrag von € … nicht alle denkbaren Szenarien abgedeckt sind und insoweit auch kalkulatorische Vorteile einer Haftungsbegrenzung nicht ausgeschlossen werden können.

d) Die Antragsgegnerin hat zwar ermessensfehlerfrei Aufklärungsmaßnahmen in Bezug auf die Eignung der Beigeladenen mit Schreiben vom 17.3.2015 getroffen, die Entscheidung der Antragsgegnerin vom 9.4.2015, dass die Beigeladene aufgrund des Barwertes des RRV-Vertrages und der daraus erwartenden Erlöse als finanziell leistungsfähig einzuschätzen ist, genügt aber nicht den Anforderungen, die an die Prüfung und Begründung einer Entscheidung aufgrund eines Beurteilungsspielraum zu stellen sind.

(1) Die Antragsgegnerin hat mit ihrem Schreiben ermessensfehlerfrei, von ihrer Möglichkeit nach § 15 VOL/A Gebrauch gemacht, die Beigeladene zur Erläuterung der in dem Teilnahmeantrag genannten zu erwartenden Umsätze aufzufordern.

Ein Aufklärungsgespräch darf mit dem betreffenden Bieter geführt werden, wenn bei dem Auftraggeber ein entsprechender Aufklärungsbedarf vorliegt. Anlass für ein Aufklärungsgespräch bzw. Aufklärungsmaßnahme sind Zweifel an dem Inhalt des Angebotes oder an der Eignung eines Bieters, so dass ein Ausschluss des betroffenen Unternehmens in Frage steht. Der Aufklärungsbedarf des Auftraggebers muss sich also auf derart erhebliche Zweifel über den Inhalt des Angebots oder über Angaben zur Eignung des Bieters gründen, dass eine abschließende inhaltliche Bewertung des Angebotes bzw. der Eignung ohne Aufklärung nicht möglich ist (vgl. Vergabekammer des Freistaates Sachsen, Beschluss vom 02. April 2014 - 1/SVK/004-14 -, juris). Allerdings sind dem Auftraggeber ausschließlich Aufklärungsmaßnahme im engeren Sinne gestattet und sie dürfen nicht dazu dienen, dem Bieter eine inhaltliche Änderung oder Ergänzung seines Angebots bzw. der Eignungsnachweise zu ermöglichen.

(2) Der Ermessensspielraum der Antragsgegnerin war eröffnet, da sie vor einer Ausschlussentscheidung ihr Ermessen auszuüben hat, ob sie bei Zweifeln über die Eignung Aufklärungsmaßnahmen trifft.

(3) Der Aufklärungsbedarf ergab sich für die Antragsgegnerin daraus, dass durch den Hinweis der Beigeladenen auf den Verkehrsvertrag ein weiterer Beleg für die finanzielle Leistungsfähigkeit der Bieterin in Betracht kam und die Einzelheiten der genauen Umsatzerlöse und der daraus zu erwartenden Gewinne erläuterungsbedürftig waren.

(4) Der Senat hat zunächst keine Bedenken dagegen, dass die Antragsgegnerin die Angaben der Beigeladenen in dem Teilnahmeantrag zu dem Volumen des Verkehrsvertrages in Nordrhein-Westfalen als mögliche die Leistungsfähigkeit der Beigeladenen bestätigende Angabe gewertet hat. Die Antragsgegnerin war hinsichtlich der Prüfung der Leistungsfähigkeit nicht auf die als Mindestbedingung geforderten Unterlagen beschränkt. Sie durfte auch weitergehende Angaben in die Prüfung mit einzubeziehen. Dies ergibt sich daraus, dass anderenfalls ein Bieter, der die geforderten Nachweise nur durch Eigenerklärungen substituieren kann, und dem kein Dritter als Eignungsleiher zur Verfügung steht, keine Möglichkeiten und Chancen besitzen würde, seine finanzielle Leistungsfähigkeit zu belegen.

Die Angaben der Beigeladenen waren erläuterungsbedürftig, da alleine aus den angegebenen Gesamtumsatzzahlen für 15 Jahre nicht geschlossen werden konnte, wie sich die Umsätze zusammensetzen und auf die einzelnen Jahre verteilen, ob Erlöse erwartet werden können, die die Prognose rechtfertigen können, dass die Beigeladene alleine aufgrund dieses Verkehrsvertrages in der Lage sein wird, ihre finanziellen Verpflichtungen aus dem Vertrag mit der Antragsgegnerin zu erfüllen. Es ist daher ermessensfehlerfrei und nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin mit Aufklärungsschreiben vom 17. März 2015 die Beigeladene aufgefordert hat, das erwartete Umsatzvolumen näher zu erläutern und die auf der Grundlage des genannten Verkehrsvertrages erwarteten Erlöse darzustellen. Nach Auffassung des Senates hat die Antragsgegnerin damit nicht die eingeräumte Möglichkeit zur Erläuterung der Eignung (§ 15 VOL/A) überschritten, da hier der Beigeladenen nicht die Gelegenheit gegeben werden sollte, neue Belege für ihre Eignung vorzulegen, sondern die Aufklärung und die Erläuterung eines im Teilnahmeantrag angegebenen relevanten Umstand für die Prüfung der finanziellen Leistungsfähigkeit betroffen war.

e) Die Begründung der Antragsgegner im Schriftsatz vom 9.4.2015 reicht nicht aus und lässt keine Prüfung zu, ob die Antragsgegnerin bei der Prüfung die Grenzen ihres Beurteilungsspielraumes eingehalten und die Angaben der Beigeladenen hinreichend und mit der gebotenen Sorgfalt geprüft hat. Die Begründung der Antragsgegnerin weist vielmehr daraufhin, dass dem nicht so war.

Mit der Verpflichtung für den Auftraggeber, über die Vergabe und die getroffenen Bewertungen einen umfassenden Vermerk zu fertigen, soll das gesamte Vergabeverfahren transparent gestaltet werden. Die Bewerber und die Nachprüfungsinstanzen sollen in nachvollziehbarer Weise die tragenden Gründe einer Vergabeentscheidung nachvollziehen können. Das bedeutet, dass das gesamte Verfahren im Vergabevermerk auch in Einzelheiten dokumentiert sein muss, was einen erheblichen Detaillierungsgrad des Vergabevermerks erfordert. Dem Rechtsschutz der Bewerber wird erst durch die Nachprüfbarkeit der wesentlichen Entscheidungen des Auftraggebers, die im Vergabevermerk niedergelegt sind, genüge getan, wobei sich die Detailliertheit der Entscheidungsbegründung nach dem konkreten Sachverhalt richtet. So ist eine ausführlichere Begründung immer dann notwendig, wenn der Vergabestelle ein Beurteilungsspielraum zukommt. Die Begründung muss zumindest so detailliert, sein, dass sie für einen mit der Sachlage des jeweiligen Vergabeverfahrens vertrauten Leser nachvollziehbar ist (vgl. VK Bund, Beschluss vom 26.01.2005 - VK 1-219/04, OLG Frankfurt, Beschluss vom 28.11.2006 - 11 Verg 4/06; Maibaum in Maibaum/Hattig PK Kartellvergaberecht, § 97 GWB Rn.89; Zeise in Kulartz/Marx/Portz/Prieß, § 20 VOL/A Rn. 8, 9).

An die Begründungspflicht der Entscheidung dürfen keine zu geringen Anforderungen gestellt werden, auch wenn nur eine kurze Zeitspanne zwischen dem Eingang des Schreibens der Beigeladenen und dem Ablauf der Schriftsatzfrist in dem Nachprüfungsverfahren gegeben war. Die in dem Schriftsatz vom 9.4.2015 niedergelegte Begründung genügt diesen Anforderungen nicht, da sie nicht erkennen lässt, ob die Antragsgegnerin den ihr zustehenden Beurteilungsspielraum eingehalten hat.

(1) Bereits die teilweise formelartige Begründung und die kurze Zeitspanne zwischen Eingang der Antwort der Beigeladenen und der Entscheidung begründen erhebliche Zweifel, dass die Angaben der Beigeladenen mit der erforderlichen und der Bedeutung des Falles angemessenen Sorgfalt geprüft worden sind.

(2) Die Erläuterungen enthalten keine vertiefte Auseinandersetzung und Bewertung mit den von der Beigeladenen vorgelegten prognostizierten Umsatzzahlen und Erlösen. Es wird lediglich pauschal darauf verwiesen, dass die zu erwartenden Erlöse ausreichen werden, die von der Antragsgegnerin angenommenen Risiken aus dem Vertrag abzudecken. In der gesamten Begründung werden keine Beträge genannt und es ist auch nicht ersichtlich, von welcher genauen Risikosumme die Antragsgegnerin bei der Prüfung ausgegangen ist und wie sie die Risiken verteilt auf die einzelnen Jahre bewertet hat.

(3) Es finden sich weiter keine Ausführungen dazu, ob auf Einschätzungen und Vorgaben zurückgegriffen wird, die nach Abgabeschluss des Teilnahmeantrages entstanden sind. Auch eine kritische Auseinandersetzung mit dem Zahlenwerk und den Bewertungen des im Auftrag der Beigeladenen erstellten Gutachtens ist nicht erkennbar.

Es ist anzumerken, dass Aufklärungsmaßnahmen über die Eignung des Bieters nicht zur Folge haben dürfen, dass nunmehr nach Teilnahmeschluss eingetretene Umstände zugunsten des Bieters berücksichtigt werden. Denn anderenfalls würde dann die ursprünglich fehlende Eignung eines Bieters zulasten der übrigen Bieter durch nach Teilnahmeschluss eingetretene Umstände und Entwicklungen bejaht werden.

(4) Es wird auf das vorgelegte Gutachten der Wirtschaftsprüfergesellschaft vom 6. April 2015 verwiesen, ohne dass differenziert wird, ob die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft hier insoweit eine Eigenprüfung vorgenommen hat oder Zahlen und Prognosen der Beigeladenen als Grundlage nur übernommen hat.

(5) Es ist auch nicht hinreichend ersichtlich, ob die Antragsgegnerin ihre Entscheidung maßgeblich auf die von der Beigeladenen mit Schreiben vom 7.4.2015 mitgeteilten Erlösprognosen gestützt hat, und welche Rolle das Gutachten spielt, das lediglich zu bewerten hatte, welcher wirtschaftliche Wert der RRV-Vertrag besitzt. Sofern der von der Wirtschaftsprüfergesellschaft festgestellte wirtschaftliche Wert des Vertrages eine maßgebliche Rolle gespielt haben sollte, ist anzumerken, dass allein der festgestellte wirtschaftliche Wert eines Vertrages, eines Rechtes oder einer Immobilie noch nicht für sich alleine die Prognose begründen kann, das ein Bieter seine finanziellen Verpflichtungen erfüllen kann, d. h. den Wert auch realisiert werden kann.

6. Der festgestellte Beurteilungsmangel bzw. Dokumentationsmangel und der festgestellte Mangel in formeller Hinsicht rechtfertigen noch nicht den Ausschluss der Beigeladenen.

a) Die Voraussetzungen für einen Ausschluss wegen der Nichtvorlage der geforderten abschließenden Eigenerklärung liegen nicht. Auch wenn das Fehlen der Erklärung zwingend den Ausschluss zur Folge haben kann, darf ein Ausschluss nur dann erfolgen, wenn die Vergabestelle ihr Ermessen fehlerfrei ausgeübt hat, ob sie die fehlende Unterlagen nachfordert oder ihr Ermessen auf Null reduziert ist (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.07.2013 - VII-Verg 10/13). Der Antragstellerin kann nicht zugestimmt werden, dass in dem Aufforderungsschreiben vom 17.3.2015 die Vorlage der abschließenden Eigenerklärung gefordert wurde. In dem Schreiben wurden lediglich die allerdings schon eingereichten Erklärungen (WF 4) - (WF 6) nachgefordert. Die Antragsgegnerin hat entweder ihr Ermessen, ob sie die abschließende Eigenerklärung anfordert, noch nicht ausgeübt oder rechtsirrig die Vorlage für nicht erforderlich gehalten. Bei ihrer Ermessensentscheidung wird die Antragsgegnerin zu beachten haben, dass sie sich durch die Anforderung der Erklärungen (WF 4) - (WF 6) grundsätzlich dafür entschieden hat, von ihrer Nachforderungsmöglichkeit Gebrauch zu machen.

b) Die unzureichende Begründung, die eine unzureichende Prüfung und Ausübung des Beurteilungsspielraums nahelegt, führt dazu, dass die Antragsgegnerin insoweit nochmals in die Eignungsprüfung einzutreten hat, ob alleine der vorgelegte RRV-Vertrag die Prognose zulässt, dass die Beigeladene in der Lage ist, ihre finanziellen Verpflichtungen aus dem Vertrag zu erfüllen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass nur auf Umstände abgestellt werden darf, die bereits zum Zeitpunkt der Abgabe des Teilnahmeangebotes vorgelegen haben. Spätere Entwicklungen und Erkenntnisse können nicht berücksichtigt werden, da im Rahmen eines Aufklärungsgespräches es nicht zulässig ist, dass der Bieter sein Angebot und Eignungsnachweise nachbessert.

Weiter muss nachvollziehbar dargestellt werden, aus welchen Gründen den Erlöserwartungen der Beigeladenen aus dem RRV gefolgt werden kann, und diese müssen den Risiken aus dem Verkehrsvertrag mit der Antragsgegnerin gegenübergestellt werden. Es muss dann auch nachvollziehbar - möglichst unter Zahlenangaben - dargestellt werden, wieso der RRV ausreicht, um die Leistungsfähigkeit einer GmbH zu begründen, die weder Bilanzen noch vorläufige Ergebnismitteilungen vorlegen konnte und dessen Stammkapital auch nur …€ beträgt.

II.

Ein Ausschlussgrund wegen eines ungewöhnlichen niedrigen Preises nach § 16 Abs.6 Nr.1 VOL/A ist nicht gegeben, da die Antragsgegnerin nach eingehender Prüfung beurteilungsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt ist, dass kein offenbares Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung besteht.

1. Dem Auftraggeber steht gemäß § 16 Abs. 6 Satz 1 VOL/A ein Beurteilungsspielraum zu, ob er ein Angebot im Verhältnis zu der zu erbringenden Leistung als ungewöhnlich niedrig einstuft (OLG Celle, Beschluss vom 17.11.2011 - 13 Verg 6/11). Ein Angebotsausschluss darf nur bei durch wettbewerbliche Gründe nicht erklärbaren, groben Abweichungen nach unten, d. h. bei einem beträchtlichen Missverhältnis zwischen Preis und Leistung erfolgen. Sofern ein Bieter nachvollziehbar erklären kann, aufgrund sach- und /oder wettbewerblicher Gründe günstiger als die Mietbieter kalkuliert zu haben (wie z. B. in Absicht eines Vorstoßes in einen neuen Markt) ist bei wertender Betrachtung kein Missverhältnis zwischen Preis und Leistung gegeben (Dicks in Kulartz/Marx/Portz/Prieß, § 16 VOL/A Rn. 224). Zeitlicher Bezugspunkt für die Prüfung der Angemessenheit eines Angebotspreises ist dabei grundsätzlich das Datum der Angebotsabgabe beziehungsweise der Zeitpunkt des Ablaufs der Angebotsfrist (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 27. Juli 2009, 15 Verg 3/09; BKartA Bonn, Beschluss vom 17. Januar 2011 - VK 1 - 139/10 -, juris).

2. Unter Anwendung dieser Grundsätze ist die Entscheidung der Antragsgegnerin insoweit nicht zu beanstanden.

Die Antragsgegnerin hat ihre Entscheidung in dem Vergabevermerk ausführlich erläutert. Grundlage der Bewertung waren die eingeholten Gutachten. Das Gutachten der BPV kam zu dem Ergebnis, dass die Kostenkalkulation in beiden Losen in allen Belangen einem branchenüblichen Angebot entspreche und die Erlöseinschätzung als vorsichtig zu bewerten ist. Das Gutachten der PKF zeigt auf, dass hinsichtlich der Einnahmen Risiken vorhanden sind, errechnet eine Worst-Case Szenario und stellt dem gegenüber, dass sich im Best-Case Szenario entsprechende Gewinnchancen ergeben. In dem Vergabevermerk ist zutreffend zusammengefasst, dass hinsichtlich der Einnahmekalkulation durchaus Risiken bestehen.

Die Antragsgegnerin hat in dem Vergabevermerk ausgeführt, dass das Erlösrisiko in die Sphäre des Auftragnehmers fällt und hat weiter festgestellt, dass das Angebot den Erfahrungswerten wettbewerblicher Preisbildung bei einem markteintrittsorientierten Bieter entspricht. Die Vorschrift des § 16 Abs.6 VOL/A dient in erster Linie dem Schutz des Auftraggebers vor der Eingehung eines wirtschaftlichen Risikos. Die Antragsgegnerin bezog daher zu Recht weiter in ihre Erwägung ein, ob das eingegangene unternehmerische Risiko der Beigeladenen das Risiko der nicht ordnungsgemäßen Erfüllung des Vertrages zur Folge haben kann und verneinte dies nachvollziehbar, wobei nicht zu beanstanden ist, dass die Antragsgegnerin die Verwirklichung des maximalen Risikos als eher unwahrscheinlich bewertet hat.

3. Die Einwendungen der Antragstellerin gegen die Entscheidung greifen nicht durch.

a) Insoweit die Antragstellerin beanstandet, dass die Beigeladene bei ihrer Kalkulation von zu hohen Basisdaten ausgegangen ist, ist zu anmerken, dass in den Vergabeunterlagen als Anlage 14 eine Fahrgasterhebung der Firma … und Daten des derzeitigen Betreibers für die Jahre 2008-2013 vorgelegt wurden. In dem BPV Gutachten wurden auch die durch das System der Antragstellerin (RES) ermittelten Ein- und Aussteigerzahlen für die ersten Halbjahre 2013 und 2014 berücksichtigt und der Gutachter stellte fest, dass die RES-Zahlen ein Verkehrsvolumen analog zu den Erhebungen der ….-Erhebung von … Millionen Pkm pro Jahr ergeben. Die Ausgangszahlen der Beigeladenen sind von der Antragsgegnerin hinreichend geprüft worden. Es besteht und bestand keine Veranlassung, aufgrund der von der Antragstellerin später eingeführten RES-Erhebungen für das Gesamtjahr 2014 wieder in eine Prüfung einzutreten, da zeitlicher Bezugspunkt für die Prüfung das Ende der Angebotsfrist darstellt. Dies gilt insbesondere dann, wenn seitens der Vergabestelle den Bietern Daten vorgegeben wurden. Eine - vorliegend nicht ersichtliche - wesentliche Änderung vorgegebener Kalkulationsparameter kann nicht den Ausschluss eines Angebots wegen eines ungewöhnlichen niedrigen Preises zur Folge haben, sondern allenfalls, dass den Bietern die Chance zu einer neuen Kalkulation gegeben werden müsste.

b) Insoweit die Antragstellerin einwendet, dass die Beigeladene die Erlösergiebigkeit überschätzt hat, ist zunächst festzustellen, dass insbesondere das PKF-Gutachten sich ausgiebig mit dem EAV (Einnahmeverteilung) befasst und diese Risiken berücksichtigt hat. Die Antragsgegnerin hat diese Risiken bei ihrer Prognose beachtet und kam in einer Gesamtbetrachtung zu der Einschätzung, dass kein offenbares Missverhältnis vorliegt. Es ist nochmals darauf hinzuweisen, dass eine sichere Kalkulation nicht möglich ist, da eine Vielzahl variabler Parameter wie Fahrgastzahlentwicklung, Preissteigerung, Einnahmeverteilung in die Kalkulation einfließen und dass es grundsätzlich eine unternehmerische Entscheidung darstellt, welche Risiken ein Bieter in Kauf nimmt. Die von der Antragstellerin dargestellten Bedenken in der Kalkulation hinsichtlich der Erlösergiebigkeit resultieren daraus, dass sie die Erwartungen der Beigeladenen als zu optimistisch einschätzt. Dies reicht nicht aus, um die Prognose der Antragsgegnerin als nicht mehr vergaberechtskonform anzusehen.

4. Es konnte daher dahingestellt bleiben, ob die Vorschriften über die Preisangemessenheitsprüfung überhaupt bieterschützend sind (vgl. zum Streitstand (Dicks in Kulartz/Marx/Portz/Prieß, § 16 VOL/A Rn. 229, 230).

III.

Die Beigeladene war auch nicht nach § 16 Abs.3 d VOL/A auszuschließen, da keine Abweichungen von den Vorgaben des Leistungsverzeichnisses festgestellt werden können. Die Antragsgegnerin hat zutreffend festgestellt, dass Abweichungen der Beigeladenen von den Vorgaben des Leistungsverzeichnisses nicht vorhanden sind.

1. Nach Ziffer 4.5. des Leistungsverzeichnisses wurde die Benennung von Werkstandorten ebenso wenig wie die Vorlage von Wartungsverträgen gefordert. Im Übrigen hat die Beigeladene in ihrem Angebot ausführlich ein Werkstattkonzept dargelegt, das den Anforderung des Leistungsverzeichnisses genügt.

2. Die Antragsgegnerin konnte aus den Angeboten zu den Losen 1 und 2 entnehmen, dass die Beigeladene den Einsatz von 39 Fahrzeugen vorsieht und bat nach einer Pressemitteilung des Herstellers (38 Fahrzeuge) die Beigeladene um Aufklärung. Die von der Beigeladenen vorgelegten Unterlagen bestätigten, dass der Einsatz von 39 Fahrzeugen vorgesehen ist.

3. Die Ausführungen der Antragstellerin, dass die vorgesehenen Fahrzeuge der Beigeladenen nicht die Vorgaben des Leistungsverzeichnisses 3.5 und 4.5 einhalten, sind rein spekulativ. Die Antragsgegnerin war zur weiteren Aufklärung nicht verpflichtet, da keine konkreten Anhaltspunkte bestehen, dass die fahrdynamischen Triebfahrzeugdaten der Fahrzeuge eine Einhaltung der vorgesehenen Fahrzeiten ausschließen.

4. Die Spekulation der Antragstellerin, dass die Beigeladene die Kalkulationstabellen nicht korrekt ausgefüllt und die Höhe der Einnahmen durch Hochrechnung auf den Stand 2019 zu ihren Gunsten beeinflusst habe, wurde von der Antragsgegnerin zurückgewiesen. Greifbare Anhaltspunkte für ihre Vermutung legt die Antragstellerin nicht dar und sind auch nicht ersichtlich.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 120 Abs. 2, 78 GWB, § 92 ZPO, § 128 Abs. 3, 4 GWB. Der Senat bewertet das jeweilige Unterliegen als gleich hoch. Es entspricht der Billigkeit, dass die gerichtlichen Kosten in Anbetracht des etwa gleich hohen Unterliegens von der Antragstellerin und der Antragsgegnerin und Beigeladenen je zur Hälfte getragen werden und jeder Verfahrensbeteiligte seine außergerichtlichen Aufwendungen selbst trägt.

V.

Die Festsetzung des Wertes beruht auf § 3 ZPO, § 50 Abs.2 GKG und § 3 Abs. 4 Nr. 2 VgV. Der Senat nahm die Schätzung anhand des von der Antragsgegnerin prognostizierten Fahrgeldaufkommens vor, wobei als Bezugspunkt für den 5%-Anteil ein Ansatz von 30% der während der Laufzeit des Rahmenvertrags (begrenzt auf 48 Monate) voraussichtlich erzielten Fahrentgelte, angemessen erscheint (vgl. OLG Düsseldorf NZBau 2005,654).

(1) Die Vergabekammer entscheidet, ob der Antragsteller in seinen Rechten verletzt ist und trifft die geeigneten Maßnahmen, um eine Rechtsverletzung zu beseitigen und eine Schädigung der betroffenen Interessen zu verhindern. Sie ist an die Anträge nicht gebunden und kann auch unabhängig davon auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens einwirken.

(2) Ein wirksam erteilter Zuschlag kann nicht aufgehoben werden. Hat sich das Nachprüfungsverfahren durch Erteilung des Zuschlags, durch Aufhebung oder durch Einstellung des Vergabeverfahrens oder in sonstiger Weise erledigt, stellt die Vergabekammer auf Antrag eines Beteiligten fest, ob eine Rechtsverletzung vorgelegen hat. § 167 Absatz 1 gilt in diesem Fall nicht.

(3) Die Entscheidung der Vergabekammer ergeht durch Verwaltungsakt. Die Vollstreckung richtet sich, auch gegen einen Hoheitsträger, nach den Verwaltungsvollstreckungsgesetzen des Bundes und der Länder. Die Höhe des Zwangsgeldes beträgt mindestens 1 000 Euro und höchstens 10 Millionen Euro. § 61 Absatz 1 und 2 gilt entsprechend.

(1) Die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde kann von den am Beschwerdeverfahren Beteiligten durch Nichtzulassungsbeschwerde angefochten werden.

(2) Über die Nichtzulassungsbeschwerde entscheidet der Bundesgerichtshof durch Beschluss, der zu begründen ist. Der Beschluss kann ohne mündliche Verhandlung ergehen.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist binnen einer Frist von einem Monat schriftlich bei dem Oberlandesgericht einzulegen. Die Frist beginnt mit der Zustellung der angefochtenen Entscheidung.

(4) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts zu begründen. Die Frist kann auf Antrag von dem oder der Vorsitzenden verlängert werden. In der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde müssen die Zulassungsgründe des § 77 Absatz 2 dargelegt werden.

(5) Die Nichtzulassungsbeschwerdeschrift und -begründung müssen durch einen Rechtsanwalt unterzeichnet sein; dies gilt nicht für Nichtzulassungsbeschwerden der Kartellbehörden.

(6) Wird die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen, so wird die Entscheidung des Oberlandesgerichts mit der Zustellung des Beschlusses des Bundesgerichtshofs rechtskräftig. Wird die Rechtsbeschwerde zugelassen, so wird das Verfahren als Rechtsbeschwerdeverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Rechtsbeschwerde. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Frist für die Begründung der Rechtsbeschwerde.