Oberlandesgericht Koblenz Beschluss, 10. Okt. 2014 - 7 WF 859/14

ECLI:ECLI:DE:OLGKOBL:2014:1010.7WF859.14.0A
bei uns veröffentlicht am10.10.2014

Tenor

Hinweis der Dokumentationsstelle des Bundesgerichtshofs: Der Tenor ist vom Gericht nicht mitgeteilt worden.

Gründe

1

Aus den Gründen:

...

2

Die Beschwerde der Bezirksrevisorin ist zulässig.

...

3

Die Beschwerde der Bezirksrevisorin ist auch begründet.

4

Die Festsetzung einer Einigungsgebühr nach den §§ 45, 49 RVG i.V.m. Nr. 1000, 1003 des VV RVG kommt vorliegend nicht in Betracht.

5

Zwar kann die Einigungsgebühr entgegen der im Beschluss vom 05.05.2014 vertretenen Auffassung auch dann verdient werden, wenn kein als Vollstreckungstitel tauglicher Vergleich oder keine ausdrücklich als Eltern- oder Eltern-Pflegervereinbarung bezeichnete Einigung protokolliert worden ist. Die Gebühr Nr. 1000, 1003 VV RVG entsteht nämlich schon für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrages, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Beteiligten über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird, wenn sich der Vertrag nicht ausschließlich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht beschränkt (BGH, FamRZ 2007, 1096; OLG Koblenz, MDR 2006, 237; OLG Sachsen-Anhalt, JurBüro 2013, 305 mit weiteren Nachweisen).

6

In Sorgerechtsverfahren kann eine Einigungsgebühr, worauf die Bezirksrevisorin zutreffend hingewiesen hat, allerdings nur ausnahmsweise dann anfallen, wenn einer Vereinbarung oder einem übereinstimmenden Elternvorschlag besondere Bedeutung beizumessen ist und das Gericht einem solchen übereinstimmenden Willen der Eltern in der Regel entsprechen muss. Im Unterschied zu diesen allgemeinen Sorgerechtsverfahren nach §§ 1671, 1672 BGB, in welchen die Kindeseltern bei Abschluss einer Vereinbarung im Rahmen von § 156 Abs. 1 FamFG in Ausübung der durch Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG eingeräumten Befugnisse handeln, geht es in Kinderschutzverfahren nach den §§ 1666, 1666 a BGB um die Wahrnehmung des staatlichen Wächteramtes über das Kindeswohl nach Art. 6 Abs. 2 S. 2 GG. Dieses ist den Jugendämtern und den Familiengerichten übertragen. Zum Abschluss von Verträgen im Sinne der Vorbemerkung 1 Abs. 1 VV-RVG bezüglich der Ausübung des staatlichen Wächteramtes über das Kindeswohl sind weder das Jugendamt noch das Familiengericht befugt. Eine Einigung zwischen den Eltern und dem Jugendamt entzieht sich daher grundsätzlich der Verfügungsgewalt dieser Beteiligten, sodass eine Einigungsgebühr in Verfahren nach den §§ 1666, 1666 a BGB nicht anfallen kann (hM: OLG Hamm, MDR 2014, 37; OLG Koblenz FamRZ 2011, 245; OLG Koblenz, Beschluss vom 17.10.2011, 7 WF 1010/11; OLG Koblenz, FamRZ 2006, 720; OLG Stuttgart, FamRZ 2011, 1814; OLG Celle FamRZ 2011, 246; KG Berlin, FamRZ 2011, 245; Hartmann, Kostengesetze, 42. Auflage 2012, VV 1000 Rn. 43; a.A. Gerold/Schmidt-Müller-Rabe, RVG, 20. Auflage 2012, 1000 VV Rn. 67).

...

ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Koblenz Beschluss, 10. Okt. 2014 - 7 WF 859/14

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht Koblenz Beschluss, 10. Okt. 2014 - 7 WF 859/14

Referenzen - Gesetze

Oberlandesgericht Koblenz Beschluss, 10. Okt. 2014 - 7 WF 859/14 zitiert 8 §§.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 6


(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung. (2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinsc

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1671 Übertragung der Alleinsorge bei Getrenntleben der Eltern


(1) Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht ihnen die elterliche Sorge gemeinsam zu, so kann jeder Elternteil beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Dem An

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 45 Vergütungsanspruch des beigeordneten oder bestellten Rechtsanwalts


(1) Der im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnete oder zum besonderen Vertreter im Sinne des § 41 bestellte Rechtsanwalt erhält, soweit in diesem Abschnitt nichts anderes bestimmt ist, die gesetzliche Vergütung in Verfahren vor Gerichten des Bundes

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 49 Wertgebühren aus der Staatskasse


Bestimmen sich die Gebühren nach dem Gegenstandswert, werden bei einem Gegenstandswert von mehr als 4 000 Euro anstelle der Gebühr nach § 13 Absatz 1 folgende Gebühren vergütet: Gegenstands- wert bis ... EuroGebühr ... EuroGegenstands- wert bis ... E

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 156 Hinwirken auf Einvernehmen


(1) Das Gericht soll in Kindschaftssachen, die die elterliche Sorge bei Trennung und Scheidung, den Aufenthalt des Kindes, das Umgangsrecht oder die Herausgabe des Kindes betreffen, in jeder Lage des Verfahrens auf ein Einvernehmen der Beteiligten hi

Referenzen

(1) Der im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnete oder zum besonderen Vertreter im Sinne des § 41 bestellte Rechtsanwalt erhält, soweit in diesem Abschnitt nichts anderes bestimmt ist, die gesetzliche Vergütung in Verfahren vor Gerichten des Bundes aus der Bundeskasse, in Verfahren vor Gerichten eines Landes aus der Landeskasse.

(2) Der Rechtsanwalt, der nach § 138 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, auch in Verbindung mit § 270 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, nach § 109 Absatz 3 oder § 119a Absatz 6 des Strafvollzugsgesetzes beigeordnet oder nach § 67a Absatz 1 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung bestellt ist, kann eine Vergütung aus der Landeskasse verlangen, wenn der zur Zahlung Verpflichtete (§ 39 oder § 40) mit der Zahlung der Vergütung im Verzug ist.

(3) Ist der Rechtsanwalt sonst gerichtlich bestellt oder beigeordnet worden, erhält er die Vergütung aus der Landeskasse, wenn ein Gericht des Landes den Rechtsanwalt bestellt oder beigeordnet hat, im Übrigen aus der Bundeskasse. Hat zuerst ein Gericht des Bundes und sodann ein Gericht des Landes den Rechtsanwalt bestellt oder beigeordnet, zahlt die Bundeskasse die Vergütung, die der Rechtsanwalt während der Dauer der Bestellung oder Beiordnung durch das Gericht des Bundes verdient hat, die Landeskasse die dem Rechtsanwalt darüber hinaus zustehende Vergütung. Dies gilt entsprechend, wenn zuerst ein Gericht des Landes und sodann ein Gericht des Bundes den Rechtsanwalt bestellt oder beigeordnet hat.

(4) Wenn der Verteidiger von der Stellung eines Wiederaufnahmeantrags abrät, hat er einen Anspruch gegen die Staatskasse nur dann, wenn er nach § 364b Absatz 1 Satz 1 der Strafprozessordnung bestellt worden ist oder das Gericht die Feststellung nach § 364b Absatz 1 Satz 2 der Strafprozessordnung getroffen hat. Dies gilt auch im gerichtlichen Bußgeldverfahren (§ 85 Absatz 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten).

(5) Absatz 3 ist im Bußgeldverfahren vor der Verwaltungsbehörde entsprechend anzuwenden. An die Stelle des Gerichts tritt die Verwaltungsbehörde.

Bestimmen sich die Gebühren nach dem Gegenstandswert, werden bei einem Gegenstandswert von mehr als 4 000 Euro anstelle der Gebühr nach § 13 Absatz 1 folgende Gebühren vergütet:

Gegenstands-
wert
bis ... Euro
Gebühr
... Euro
Gegenstands-
wert
bis ... Euro
Gebühr
... Euro
5 00028422 000399
6 00029525 000414
7 00030630 000453
8 00031735 000492
9 00032840 000531
10 00033945 000570
13 00035450 000609
16 000369über
50 000

659
19 000384

(1) Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht ihnen die elterliche Sorge gemeinsam zu, so kann jeder Elternteil beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit

1.
der andere Elternteil zustimmt, es sei denn, das Kind hat das 14. Lebensjahr vollendet und widerspricht der Übertragung, oder
2.
zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf den Antragsteller dem Wohl des Kindes am besten entspricht.

(2) Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht die elterliche Sorge nach § 1626a Absatz 3 der Mutter zu, so kann der Vater beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit

1.
die Mutter zustimmt, es sei denn, die Übertragung widerspricht dem Wohl des Kindes oder das Kind hat das 14. Lebensjahr vollendet und widerspricht der Übertragung, oder
2.
eine gemeinsame Sorge nicht in Betracht kommt und zu erwarten ist, dass die Übertragung auf den Vater dem Wohl des Kindes am besten entspricht.

(3) Ruht die elterliche Sorge der Mutter nach § 1751 Absatz 1 Satz 1, so gilt der Antrag des Vaters auf Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge nach § 1626a Absatz 2 als Antrag nach Absatz 2. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit die Übertragung der elterlichen Sorge auf den Vater dem Wohl des Kindes nicht widerspricht.

(4) Den Anträgen nach den Absätzen 1 und 2 ist nicht stattzugeben, soweit die elterliche Sorge auf Grund anderer Vorschriften abweichend geregelt werden muss.

(1) Das Gericht soll in Kindschaftssachen, die die elterliche Sorge bei Trennung und Scheidung, den Aufenthalt des Kindes, das Umgangsrecht oder die Herausgabe des Kindes betreffen, in jeder Lage des Verfahrens auf ein Einvernehmen der Beteiligten hinwirken, wenn dies dem Kindeswohl nicht widerspricht. Es weist auf Möglichkeiten der Beratung durch die Beratungsstellen und -dienste der Träger der Kinder- und Jugendhilfe insbesondere zur Entwicklung eines einvernehmlichen Konzepts für die Wahrnehmung der elterlichen Sorge und der elterlichen Verantwortung hin. Das Gericht kann anordnen, dass die Eltern einzeln oder gemeinsam an einem kostenfreien Informationsgespräch über Mediation oder über eine sonstige Möglichkeit der außergerichtlichen Konfliktbeilegung bei einer von dem Gericht benannten Person oder Stelle teilnehmen und eine Bestätigung hierüber vorlegen. Es kann ferner anordnen, dass die Eltern an einer Beratung nach Satz 2 teilnehmen. Die Anordnungen nach den Sätzen 3 und 4 sind nicht selbständig anfechtbar und nicht mit Zwangsmitteln durchsetzbar.

(2) Erzielen die Beteiligten Einvernehmen über den Umgang oder die Herausgabe des Kindes, ist die einvernehmliche Regelung als Vergleich aufzunehmen, wenn das Gericht diese billigt (gerichtlich gebilligter Vergleich). Das Gericht billigt die Umgangsregelung, wenn sie dem Kindeswohl nicht widerspricht.

(3) Kann in Kindschaftssachen, die den Aufenthalt des Kindes, das Umgangsrecht oder die Herausgabe des Kindes betreffen, eine einvernehmliche Regelung im Termin nach § 155 Abs. 2 nicht erreicht werden, hat das Gericht mit den Beteiligten und dem Jugendamt den Erlass einer einstweiligen Anordnung zu erörtern. Wird die Teilnahme an einer Beratung, an einem kostenfreien Informationsgespräch über Mediation oder einer sonstigen Möglichkeit der außergerichtlichen Konfliktbeilegung oder eine schriftliche Begutachtung angeordnet, soll das Gericht in Kindschaftssachen, die das Umgangsrecht betreffen, den Umgang durch einstweilige Anordnung regeln oder ausschließen. Das Gericht soll das Kind vor dem Erlass einer einstweiligen Anordnung persönlich anhören.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.