Oberlandesgericht Koblenz Urteil, 20. Juli 2015 - 12 U 948/14

ECLI:ECLI:DE:OLGKOBL:2015:0720.12U948.14.0A
bei uns veröffentlicht am20.07.2015

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Einzelrichters der 5. Zivilkammer des Landgerichts Trier vom 10. Juli 2014 abgeändert.

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 55.971,89 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 55.194,82 € seit dem 6.03.2013 und aus 777,07 € seit dem 14.12. 2013 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin die weiteren Aufwendungen zu ersetzen, die ihr aus Anlass des Unfalls ihres Versicherten ...[A] vom 10.03.2010 entstanden sind und zukünftig entstehen, jedoch nur bis zur Höhe des zivilrechtlichen Schadensersatzanspruches ihres Versicherten gegen den Beklagten, der bestehen würde, wenn der Beklagte diesem gegenüber nicht nach §§ 104 ff. SGB VII haftungsprivilegiert wäre.

Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

1

Die Klägerin nimmt den Beklagten aus § 110 SGB VII auf Ersatz von Aufwendungen, die sie für den Sohn des Beklagten...[A] aus Anlass des Arbeitsunfalls vom 10.03.2010 erbracht hat und noch erbringen wird, in Anspruch.

2

Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen.

3

Die Klägerin hat in erster Instanz beantragt,

4

1. den Beklagten zu verurteilen, an sie 55.971,89 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 55.194,82 € ab dem 6.03.2013 und im Übrigen ab Rechtshängigkeit zu zahlen;

5

2. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihr die weiteren Aufwendungen zu ersetzen, die ihr aus Anlass des Unfalls ihres Versicherten ...[A] vom 10.03.2013 entstanden sind und zukünftig entstehen, jedoch nur bis zur Höhe des zivilrechtlichen Schadensersatzanspruchs ihres Versicherten gegen den Beklagten, der bestehen würde, wenn der Beklagte diesem gegenüber nicht nach §§ 104 ff. SGB VII haftungsprivilegiert wäre.

6

Der Beklagte hat beantragt,

7

die Klage abzuweisen.

8

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es geht davon aus, dass die Klägerin im Rahmen   ihrer Entscheidungsfindung, ob sie den Beklagten auf Regress in Anspruch nimmt, das Angehörigenprivileg des § 116 Abs. 6 SGB X nicht ausreichend berücksichtigt hat. Ein Zusammentreffen der Privilegierungstatbestände der §§ 104 Abs. 1 SGB VII, 116 Abs. 6 SGB X dürfe nicht zu einer Schlechterstellung des Beklagten führen.

9

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin die in erster Instanz gestellten Anträge weiter. Wegen des Wortlauts der Berufungsanträge wird auf Bl. 90, 135 GA verwiesen. Außerdem beantragt sie, die Revision zuzulassen.

10

Der Beklagte beantragt,

11

die Berufung zurückzuweisen.

12

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze und Unterlagen Bezug genommen.

13

Die zulässige Berufung hat Erfolg. Die Klägerin kann von dem Beklagten gemäß § 110 SGB VII Aufwendungsersatz für von ihr erbrachte Leistungen an den Versicherten...[A] verlangen.

14

Die Voraussetzungen des § 110 Abs. 1 SGB VII liegen vor.

15

Der Unfall des Sohnes des Beklagten am 10.03.2010 ist als Arbeitsunfall anerkannt; die Haftung des Beklagten für Personenschäden aus dem Unfall ist gemäß § 104 Abs. 1 SGB VII ausgeschlossen. Er hat den Versicherungsfall unstreitig nicht vorsätzlich herbeigeführt. Ein Forderungsübergang auf die Klägerin gemäß § 116 SGB X findet nicht statt.

16

Der Beklagte hat den Unfall grob fahrlässig verschuldet. Er hat seinen zum Unfallzeitpunkt ca. 8 1/2-jährigen Sohn auf der vorderen linken Zinke des Gabelstaplers mitfahren lassen. Auf unebenem Teerbelag rutschte der Sohn des Beklagten von der Ladegabel herunter und geriet unter das linke Vorderrad. Dabei wurde er erheblich verletzt. Grobe Fahrlässigkeit setzt einen objektiv schweren und subjektiv nicht entschuldbaren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt voraus. Diese Sorgfalt muss in ungewöhnlich hohem Maß verletzt worden und es muss dasjenige unbeachtet geblieben sein, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen (BGH, Urteil vom 18. Februar 2014 - VI ZR 51/13 -, juris; BGH NJW 1988, 1265 ff.). Der Sohn des Beklagten war mit 8 1/2 Jahren nicht in der Lage, auf der Ladegabel sicheren Stand zu finden und sich festzuhalten. Die Ladegabel ist offenkundig kein geeigneter Ort, um Personen auf einem Gabelstapler zu transportieren. Der Beklagte hat damit gegen die von der Klägerin in der Klageschrift zitierten Unfallverhütungsvorschriften (§ 29 Abs. 2 und Abs. 7 der Unfallverhütungsvorschrift VSG 3.1 der Klägerin) verstoßen. Danach dürfen Beifahrer und Mitfahrer nur auf sicheren und für den Transport ausgerüsteten Plätzen transportiert werden, nicht aber z.B. auf der Ladefläche des Fahrzeugs. Der Beklagte erklärt den Verstoß gegen die Unfallverhütungsvorschriften damit, sein Sohn habe den Wunsch geäußert, auf der Gabel mitfahren zu dürfen und er habe ihm diesen Wunsch nicht abschlagen wollen, weil er überzeugt gewesen sei, durch vorsichtige Fahrweise jegliche Gefahr für den Jungen vermeiden zu können. Das vermag den Beklagten nicht zu entlasten. Zwischen der Brennerei und der Tresterlagerstelle lag ein Weg von mehreren hundert Metern, der zudem Unebenheiten aufwies. Auch wenn der Beklagte nur mit einer Geschwindigkeit um 10 km/h fuhr, setzte er seinen Sohn mit dem Transport auf der Ladegabel einer erheblichen Gefahr, die er nicht beherrschen konnte, aus. Ein 8 1/2jähriger Junge kann die Gefahren noch nicht vollständig einschätzen. All das musste der Beklagte erkennen und berücksichtigen. Wenn er dies nicht tat, liegt darin eine subjektiv schlechthin unentschuldbare Pflichtverletzung, die das in § 276 Abs. 2 BGB bestimmte Maß erheblich überschritten hat.

17

Nach § 110 Abs. 1 SGB VII ist die Haftung des Unternehmers bei grob fahrlässiger Verursachung des Unfalls auf den Umfang des Schadensersatzes beschränkt, den er zivilrechtlich hätte leisten müssen. Die Haftung des Schädigers soll bei einem Regress des Sozialversicherungsträgers der Höhe nach an die fiktive zivilrechtliche Haftung gegenüber dem Geschädigten angeglichen werden. Der Schädiger soll so gestellt werden, wie er ohne die Privilegierung nach den §§ 104 ff. SGB VII stünde. Er soll nicht auf Kosten der Solidargemeinschaft der der Berufsgenossenschaft angehörenden Unternehmen privilegiert werden, aber auch nicht einer höheren Haftung ausgesetzt sein als ohne eine Privilegierung (BGH NJW 2006, 3563 ff.). Im Rahmen des § 110 SGB VII macht die Klägerin einen originären Anspruch geltend, nicht einen nach § 116 SGB X auf den Sozialversicherungsträger übergegangenen Anspruch, der wegen der Haftungsprivilegierung nicht geltend gemacht werden kann. Deshalb besteht kein Raum für eine analoge Anwendung des Angehörigenprivilegs gemäß § 116 Abs. 6 SGB X. Eine Regelungslücke liegt nicht vor.

18

Die familiäre Beziehung zwischen dem Beklagten und dem Verletzten ist von dem Sozialversicherungsträger im Rahmen der Ermessensentscheidung nach § 110 Abs. 2 SGB VII zu berücksichtigen. Die Entschließung über den Verzicht auf die Geltendmachung von Regressansprüchen ist in das billige Ermessen des Sozialversicherungsträgers gestellt. Seine Entscheidung ist rechtlich daraufhin zu überprüfen, ob sie sich in dem durch das Gebot der Billigkeit gezogenen Rahmen hält. Die Entscheidung über die Durchsetzung des Rückgriffs darf nicht rechtsmissbräuchlich, insbesondere mit unbilliger Härte, auf Grund Willkür oder sachfremder Erwägungen getroffen werden. In diesen engen Grenzen ist eine Überprüfung durch die Gerichte möglich (BGH NJW 1972, 107 ff.). Zu berücksichtigen sind die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schädigers. Seine Existenz soll durch die Inanspruchnahme nicht bedroht oder vernichtet werden.  Bei einer Heranziehung des mit dem Verletzten in häuslicher Gemeinschaft lebenden Angehörigen soll der familiäre Friede nicht gestört werden. Diese Gesichtspunkte treten zurück, wenn die Haftpflichtversicherung des Schädigers für den Schaden eintritt. In diesem Fall belasten die wirtschaftlichen Folgen des Unfalls den Verursacher und die Familiengemeinschaft nicht (BGH NJW 1978, 218 ff.). Der Beklagte hat unstreitig eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen, die für die Kosten aufzukommen hat. Die Klägerin hat diese Umstände bei der Prüfung, ob sie den Beklagten in Anspruch nimmt, angemessen berücksichtigt. Da ein Haftpflichtversicherer für den Beklagten einzutreten hat, war sie nicht zu einem Verzicht verpflichtet. Ein Ermessensfehlgebrauch liegt nicht vor.

19

Der - fiktive - zivilrechtliche Anspruch des Versicherten der Klägerin gegenüber dem Beklagten umfasst folgende Positionen:

20

Heilbehandlungskosten

33.347,77 €,

Heil- und Hilfsmittel

2.793,09 €,

Transport- und Reisekosten

4.606,05 €,

Reha-Maßnahmen

6.307,97 €,

Kleider-/Wäschemehrverschleiß   

     139,39 €,

insgesamt

47.194,27 €.

21

Darüber hinaus hat die Klägerin weitere Leistungen erbracht, nämlich die Zahlung von Verletztenrente in der Zeit vom 11.03.2010 bis 30.09.2013 in Höhe von 8.634,03 € sowie Feststellungskosten in Höhe von 143,59 €. Die Klägerin kann auch insoweit gegen den Beklagten Rückgriff nehmen, da der fiktive Schmerzensgeldanspruch des Versicherten der Klägerin bei der Ermittlung des Umfangs des fiktiven Schadensersatzanspruchs zu berücksichtigen ist (BGH NJW 2006, 3563 ff.). Der von der Klägerin in Ansatz gebrachte Schmerzensgeldbetrag von 15.000 € ist angemessen. Der erst 8 1/2-jährige Verletzte hat bei dem Unfall einen offenen mehrfragmentären Oberschenkelschaftbruch links Grad II bis III sowie ein ausgedehntes Weichteildecollement mit semizirkulärer Trennung des Weichteilmantels des gesamten linken Beines und des gesamten linken Fußes erlitten. Er wurde wegen dieser Verletzungen in der Zeit vom 10.03.2010 bis 12.05. 2010 im Universitätsklinikum ...[V] und in der Zeit vom 15.05.2010 bis zum 18.05.2010 im Universitätsklinikum ...[X] stationär behandelt. Vom 20.05.2010 bis 10.06.2010 schloss sich eine stationäre Rehabilitationsbehandlung im Rehazentrum ...[W] an. Bei dem Versicherten der Klägerin verbleiben als unfallbedingte Dauerfolgen ein knöchern in geringer Fehlstellung fest verheilter Oberschenkelschaftbruch links, eine funktionelle Außenrotationsstellung des linken Unterschenkels und Fußes mit disharmonischem Gangbild, ausgedehnte Weichteildeformitäten mit intakten Hautverhältnissen bei multiplen großflächigen plastischen Deckungen des linken Beins und Narbenbildungen, eine posttraumatische Beinverlängerung links um 2 cm sowie Ruhe- und Belastungsschmerzen im linken Bein. Unfallbedingt besteht eine dauerhafte MdE von 30 %. Der Geschädigte wird dauerhaft Einlagen und orthopädisches Schuhwerk benötigen. Im Hinblick darauf ist das angesetzte Schmerzensgeld von 15.000 € nicht zu hoch bemessen.

22

Der Beklagte hat die Höhe der von der Klägerin in Ansatz gebrachten Aufwendungen nicht bestritten. Sämtliche von der Klägerin erbrachten Leistungen sind von dem fiktiv dem Geschädigten zustehenden zivilrechtlichen Anspruch gedeckt. Sie hat daher Anspruch auf Ersatz aller aus Anlass des Schadensfalls von ihr erbrachten Aufwendungen in Höhe von 55.971,89 €.

23

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286, 291, 288 BGB.

24

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

25

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor. Der Senat weicht nicht von der obergerichtlichen Rechtsprechung ab. Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu.

26

Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 88.372,71 €.

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 288 Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden


#BJNR001950896BJNE028103377 (1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. (2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, betr

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 286 Verzug des Schuldners


#BJNR001950896BJNE027902377 (1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Z

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 291 Prozesszinsen


Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Ab

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 276 Verantwortlichkeit des Schuldners


(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 116 Ansprüche gegen Schadenersatzpflichtige


(1) Ein auf anderen gesetzlichen Vorschriften beruhender Anspruch auf Ersatz eines Schadens geht auf den Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe über, soweit dieser auf Grund des Schadensereignisses Sozialleistung

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 104 Beschränkung der Haftung der Unternehmer


(1) Unternehmer sind den Versicherten, die für ihre Unternehmen tätig sind oder zu ihren Unternehmen in einer sonstigen die Versicherung begründenden Beziehung stehen, sowie deren Angehörigen und Hinterbliebenen nach anderen gesetzlichen Vorschriften

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 110 Haftung gegenüber den Sozialversicherungsträgern


(1) Haben Personen, deren Haftung nach den §§ 104 bis 107 beschränkt ist, den Versicherungsfall vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt, haften sie den Sozialversicherungsträgern für die infolge des Versicherungsfalls entstandenen Aufwendungen

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Bundesgerichtshof Urteil, 18. Feb. 2014 - VI ZR 51/13

bei uns veröffentlicht am 18.02.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 51/13 Verkündet am: 18. Februar 2014 Holmes Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:
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Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Apr. 2016 - 2 StR 337/14

bei uns veröffentlicht am 14.04.2016

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 2 StR 137/14 2 StR 337/14 vom 14. April 2016 in den Strafsachen gegen 1. 2. wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern u. a. hier: Vorlage gemäß § 132 Abs. 2 und 4 GVG ECLI:DE:BGH:2016:140416B2STR137.14.0 Der

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bei uns veröffentlicht am 14.04.2016

Tenor Den Vereinigten Großen Senaten des Bundesgerichtshofes werden gemäß § 132 Abs. 2 und 4 GVG folgende Rechtsfragen zur Entscheidung vorgelegt:

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(1) Haben Personen, deren Haftung nach den §§ 104 bis 107 beschränkt ist, den Versicherungsfall vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt, haften sie den Sozialversicherungsträgern für die infolge des Versicherungsfalls entstandenen Aufwendungen, jedoch nur bis zur Höhe des zivilrechtlichen Schadenersatzanspruchs. Statt der Rente kann der Kapitalwert gefordert werden. Das Verschulden braucht sich nur auf das den Versicherungsfall verursachende Handeln oder Unterlassen zu beziehen.

(1a) Unternehmer, die Schwarzarbeit nach § 1 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes erbringen und dadurch bewirken, dass Beiträge nach dem Sechsten Kapitel nicht, nicht in der richtigen Höhe oder nicht rechtzeitig entrichtet werden, erstatten den Unfallversicherungsträgern die Aufwendungen, die diesen infolge von Versicherungsfällen bei Ausführung der Schwarzarbeit entstanden sind. Eine nicht ordnungsgemäße Beitragsentrichtung wird vermutet, wenn die Unternehmer die Personen, bei denen die Versicherungsfälle eingetreten sind, nicht nach § 28a des Vierten Buches bei der Einzugsstelle oder der Datenstelle der Rentenversicherung angemeldet hatten.

(2) Die Sozialversicherungsträger können nach billigem Ermessen, insbesondere unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners, auf den Ersatzanspruch ganz oder teilweise verzichten.

(1) Ein auf anderen gesetzlichen Vorschriften beruhender Anspruch auf Ersatz eines Schadens geht auf den Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe über, soweit dieser auf Grund des Schadensereignisses Sozialleistungen zu erbringen hat, die der Behebung eines Schadens der gleichen Art dienen und sich auf denselben Zeitraum wie der vom Schädiger zu leistende Schadensersatz beziehen. Dazu gehören auch

1.
die Beiträge, die von Sozialleistungen zu zahlen sind, und
2.
die Beiträge zur Krankenversicherung, die für die Dauer des Anspruchs auf Krankengeld unbeschadet des § 224 Abs. 1 des Fünften Buches zu zahlen wären.

(2) Ist der Anspruch auf Ersatz eines Schadens durch Gesetz der Höhe nach begrenzt, geht er auf den Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe über, soweit er nicht zum Ausgleich des Schadens des Geschädigten oder seiner Hinterbliebenen erforderlich ist.

(3) Ist der Anspruch auf Ersatz eines Schadens durch ein mitwirkendes Verschulden oder eine mitwirkende Verantwortlichkeit des Geschädigten begrenzt, geht auf den Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe von dem nach Absatz 1 bei unbegrenzter Haftung übergehenden Ersatzanspruch der Anteil über, welcher dem Vomhundertsatz entspricht, für den der Schädiger ersatzpflichtig ist. Dies gilt auch, wenn der Ersatzanspruch durch Gesetz der Höhe nach begrenzt ist. Der Anspruchsübergang ist ausgeschlossen, soweit der Geschädigte oder seine Hinterbliebenen dadurch hilfebedürftig im Sinne der Vorschriften des Zwölften Buches werden.

(4) Stehen der Durchsetzung der Ansprüche auf Ersatz eines Schadens tatsächliche Hindernisse entgegen, hat die Durchsetzung der Ansprüche des Geschädigten und seiner Hinterbliebenen Vorrang vor den übergegangenen Ansprüchen nach Absatz 1.

(5) Hat ein Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe auf Grund des Schadensereignisses dem Geschädigten oder seinen Hinterbliebenen keine höheren Sozialleistungen zu erbringen als vor diesem Ereignis, geht in den Fällen des Absatzes 3 Satz 1 und 2 der Schadenersatzanspruch nur insoweit über, als der geschuldete Schadenersatz nicht zur vollen Deckung des eigenen Schadens des Geschädigten oder seiner Hinterbliebenen erforderlich ist.

(6) Ein nach Absatz 1 übergegangener Ersatzanspruch kann bei nicht vorsätzlichen Schädigungen durch eine Person, die im Zeitpunkt des Schadensereignisses mit dem Geschädigten oder seinen Hinterbliebenen in häuslicher Gemeinschaft lebt, nicht geltend gemacht werden. Ein Ersatzanspruch nach Absatz 1 kann auch dann nicht geltend gemacht werden, wenn der Schädiger mit dem Geschädigten oder einem Hinterbliebenen nach Eintritt des Schadensereignisses die Ehe geschlossen oder eine Lebenspartnerschaft begründet hat und in häuslicher Gemeinschaft lebt. Abweichend von den Sätzen 1 und 2 kann ein Ersatzanspruch bis zur Höhe der zur Verfügung stehenden Versicherungssumme geltend gemacht werden, wenn der Schaden bei dem Betrieb eines Fahrzeugs entstanden ist, für das Versicherungsschutz nach § 1 des Gesetzes über die Pflichtversicherung für Kraftfahrzeughalter oder § 1 des Gesetzes über die Haftpflichtversicherung für ausländische Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuganhänger besteht. Der Ersatzanspruch kann in den Fällen des Satzes 3 gegen den Schädiger in voller Höhe geltend gemacht werden, wenn er den Versicherungsfall vorsätzlich verursacht hat.

(7) Haben der Geschädigte oder seine Hinterbliebenen von dem zum Schadenersatz Verpflichteten auf einen übergegangenen Anspruch mit befreiender Wirkung gegenüber dem Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe Leistungen erhalten, haben sie insoweit dem Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe die erbrachten Leistungen zu erstatten. Haben die Leistungen gegenüber dem Versicherungsträger oder Träger der Sozialhilfe keine befreiende Wirkung, haften der zum Schadenersatz Verpflichtete und der Geschädigte oder dessen Hinterbliebene dem Versicherungsträger oder Träger der Sozialhilfe als Gesamtschuldner.

(8) Weist der Versicherungsträger oder Träger der Sozialhilfe nicht höhere Leistungen nach, sind vorbehaltlich der Absätze 2 und 3 je Schadensfall für nicht stationäre ärztliche Behandlung und Versorgung mit Arznei- und Verbandmitteln 5 vom Hundert der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches zu ersetzen.

(9) Die Vereinbarung einer Pauschalierung der Ersatzansprüche ist zulässig.

(10) Die Bundesagentur für Arbeit und die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch gelten als Versicherungsträger im Sinne dieser Vorschrift.

(1) Unternehmer sind den Versicherten, die für ihre Unternehmen tätig sind oder zu ihren Unternehmen in einer sonstigen die Versicherung begründenden Beziehung stehen, sowie deren Angehörigen und Hinterbliebenen nach anderen gesetzlichen Vorschriften zum Ersatz des Personenschadens, den ein Versicherungsfall verursacht hat, nur verpflichtet, wenn sie den Versicherungsfall vorsätzlich oder auf einem nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 versicherten Weg herbeigeführt haben. Ein Forderungsübergang nach § 116 des Zehnten Buches findet nicht statt.

(2) Absatz 1 gilt entsprechend für Personen, die als Leibesfrucht durch einen Versicherungsfall im Sinne des § 12 geschädigt worden sind.

(3) Die nach Absatz 1 oder 2 verbleibenden Ersatzansprüche vermindern sich um die Leistungen, die Berechtigte nach Gesetz oder Satzung infolge des Versicherungsfalls erhalten.

(1) Haben Personen, deren Haftung nach den §§ 104 bis 107 beschränkt ist, den Versicherungsfall vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt, haften sie den Sozialversicherungsträgern für die infolge des Versicherungsfalls entstandenen Aufwendungen, jedoch nur bis zur Höhe des zivilrechtlichen Schadenersatzanspruchs. Statt der Rente kann der Kapitalwert gefordert werden. Das Verschulden braucht sich nur auf das den Versicherungsfall verursachende Handeln oder Unterlassen zu beziehen.

(1a) Unternehmer, die Schwarzarbeit nach § 1 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes erbringen und dadurch bewirken, dass Beiträge nach dem Sechsten Kapitel nicht, nicht in der richtigen Höhe oder nicht rechtzeitig entrichtet werden, erstatten den Unfallversicherungsträgern die Aufwendungen, die diesen infolge von Versicherungsfällen bei Ausführung der Schwarzarbeit entstanden sind. Eine nicht ordnungsgemäße Beitragsentrichtung wird vermutet, wenn die Unternehmer die Personen, bei denen die Versicherungsfälle eingetreten sind, nicht nach § 28a des Vierten Buches bei der Einzugsstelle oder der Datenstelle der Rentenversicherung angemeldet hatten.

(2) Die Sozialversicherungsträger können nach billigem Ermessen, insbesondere unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners, auf den Ersatzanspruch ganz oder teilweise verzichten.

(1) Unternehmer sind den Versicherten, die für ihre Unternehmen tätig sind oder zu ihren Unternehmen in einer sonstigen die Versicherung begründenden Beziehung stehen, sowie deren Angehörigen und Hinterbliebenen nach anderen gesetzlichen Vorschriften zum Ersatz des Personenschadens, den ein Versicherungsfall verursacht hat, nur verpflichtet, wenn sie den Versicherungsfall vorsätzlich oder auf einem nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 versicherten Weg herbeigeführt haben. Ein Forderungsübergang nach § 116 des Zehnten Buches findet nicht statt.

(2) Absatz 1 gilt entsprechend für Personen, die als Leibesfrucht durch einen Versicherungsfall im Sinne des § 12 geschädigt worden sind.

(3) Die nach Absatz 1 oder 2 verbleibenden Ersatzansprüche vermindern sich um die Leistungen, die Berechtigte nach Gesetz oder Satzung infolge des Versicherungsfalls erhalten.

(1) Ein auf anderen gesetzlichen Vorschriften beruhender Anspruch auf Ersatz eines Schadens geht auf den Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe über, soweit dieser auf Grund des Schadensereignisses Sozialleistungen zu erbringen hat, die der Behebung eines Schadens der gleichen Art dienen und sich auf denselben Zeitraum wie der vom Schädiger zu leistende Schadensersatz beziehen. Dazu gehören auch

1.
die Beiträge, die von Sozialleistungen zu zahlen sind, und
2.
die Beiträge zur Krankenversicherung, die für die Dauer des Anspruchs auf Krankengeld unbeschadet des § 224 Abs. 1 des Fünften Buches zu zahlen wären.

(2) Ist der Anspruch auf Ersatz eines Schadens durch Gesetz der Höhe nach begrenzt, geht er auf den Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe über, soweit er nicht zum Ausgleich des Schadens des Geschädigten oder seiner Hinterbliebenen erforderlich ist.

(3) Ist der Anspruch auf Ersatz eines Schadens durch ein mitwirkendes Verschulden oder eine mitwirkende Verantwortlichkeit des Geschädigten begrenzt, geht auf den Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe von dem nach Absatz 1 bei unbegrenzter Haftung übergehenden Ersatzanspruch der Anteil über, welcher dem Vomhundertsatz entspricht, für den der Schädiger ersatzpflichtig ist. Dies gilt auch, wenn der Ersatzanspruch durch Gesetz der Höhe nach begrenzt ist. Der Anspruchsübergang ist ausgeschlossen, soweit der Geschädigte oder seine Hinterbliebenen dadurch hilfebedürftig im Sinne der Vorschriften des Zwölften Buches werden.

(4) Stehen der Durchsetzung der Ansprüche auf Ersatz eines Schadens tatsächliche Hindernisse entgegen, hat die Durchsetzung der Ansprüche des Geschädigten und seiner Hinterbliebenen Vorrang vor den übergegangenen Ansprüchen nach Absatz 1.

(5) Hat ein Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe auf Grund des Schadensereignisses dem Geschädigten oder seinen Hinterbliebenen keine höheren Sozialleistungen zu erbringen als vor diesem Ereignis, geht in den Fällen des Absatzes 3 Satz 1 und 2 der Schadenersatzanspruch nur insoweit über, als der geschuldete Schadenersatz nicht zur vollen Deckung des eigenen Schadens des Geschädigten oder seiner Hinterbliebenen erforderlich ist.

(6) Ein nach Absatz 1 übergegangener Ersatzanspruch kann bei nicht vorsätzlichen Schädigungen durch eine Person, die im Zeitpunkt des Schadensereignisses mit dem Geschädigten oder seinen Hinterbliebenen in häuslicher Gemeinschaft lebt, nicht geltend gemacht werden. Ein Ersatzanspruch nach Absatz 1 kann auch dann nicht geltend gemacht werden, wenn der Schädiger mit dem Geschädigten oder einem Hinterbliebenen nach Eintritt des Schadensereignisses die Ehe geschlossen oder eine Lebenspartnerschaft begründet hat und in häuslicher Gemeinschaft lebt. Abweichend von den Sätzen 1 und 2 kann ein Ersatzanspruch bis zur Höhe der zur Verfügung stehenden Versicherungssumme geltend gemacht werden, wenn der Schaden bei dem Betrieb eines Fahrzeugs entstanden ist, für das Versicherungsschutz nach § 1 des Gesetzes über die Pflichtversicherung für Kraftfahrzeughalter oder § 1 des Gesetzes über die Haftpflichtversicherung für ausländische Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuganhänger besteht. Der Ersatzanspruch kann in den Fällen des Satzes 3 gegen den Schädiger in voller Höhe geltend gemacht werden, wenn er den Versicherungsfall vorsätzlich verursacht hat.

(7) Haben der Geschädigte oder seine Hinterbliebenen von dem zum Schadenersatz Verpflichteten auf einen übergegangenen Anspruch mit befreiender Wirkung gegenüber dem Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe Leistungen erhalten, haben sie insoweit dem Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe die erbrachten Leistungen zu erstatten. Haben die Leistungen gegenüber dem Versicherungsträger oder Träger der Sozialhilfe keine befreiende Wirkung, haften der zum Schadenersatz Verpflichtete und der Geschädigte oder dessen Hinterbliebene dem Versicherungsträger oder Träger der Sozialhilfe als Gesamtschuldner.

(8) Weist der Versicherungsträger oder Träger der Sozialhilfe nicht höhere Leistungen nach, sind vorbehaltlich der Absätze 2 und 3 je Schadensfall für nicht stationäre ärztliche Behandlung und Versorgung mit Arznei- und Verbandmitteln 5 vom Hundert der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches zu ersetzen.

(9) Die Vereinbarung einer Pauschalierung der Ersatzansprüche ist zulässig.

(10) Die Bundesagentur für Arbeit und die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch gelten als Versicherungsträger im Sinne dieser Vorschrift.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 51/13 Verkündet am:
18. Februar 2014
Holmes
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Von den für die Sicherheit der Beschäftigten auf einer Arbeitsstelle Verantwortlichen
ist die Kenntnis der zu beachtenden Sicherheitsbestimmungen zu fordern.
Die mangelnde Kenntnis ist ein für die Beurteilung des Verschuldensgrades
wesentlicher Umstand.
BGH, Urteil vom 18. Februar 2014 - VI ZR 51/13 - OLG Dresden
LG Leipzig
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. Februar 2014 durch den Vorsitzenden Richter Galke, den Richter
Wellner, die Richterin Diederichsen, den Richter Stöhr und die Richterin von
Pentz

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 8. Januar 2013 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

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Die Klägerin, ein gesetzlicher Unfallversicherer, nimmt die Beklagte auf Erstattung von Aufwendungen in Anspruch, die ihr infolge eines Arbeitsunfalls des bei ihr versicherten Sch. entstanden sind. Sie begehrt außerdem die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zum Ersatz der durch den Arbeitsunfall verursachten künftigen Aufwendungen.
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Am Morgen des 25. Juni 2007 teilte die Beklagte, die Leiterin des Stadtbauhofes der Stadt R. war, den im Rahmen eines 1 €-Jobs als Hilfsarbeiter zugewiesenen Sch. dazu ein, einen Graben, den der Baggerfahrer B. ausheben sollte, von Hand nachzuschachten. Der Graben war ca. 1,80 m tief, am Boden 0,70 m und an der oberen Erdkante 1,80 m breit. Eine Sicherung gegen nachrutschendes Erdreich war nicht vorhanden. Als Sch., der über eine Leiter in den Graben gestiegen war, dort arbeitete, löste sich ein Erdbrocken, der Sch. unter sich begrub. Sch. wurde schwer verletzt.
3
Der Klägerin entstanden Kosten für die Rettung, ärztliche Behandlung und wegen der Minderung der Erwerbsfähigkeit des Sch.. Sie nimmt die Beklagte in Anspruch, weil es - nach ihrer Auffassung - die Beklagte grob fahrlässig versäumt habe, für die gebotene Absicherung des Grabens gegen abrutschendes Erdreich zu sorgen.
4
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht das Urteil des Landgerichts aufgehoben und die Klage abgewiesen. Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

I.

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Nach Auffassung des Berufungsgerichts hat die Beklagte den Versicherungsfall nicht grob fahrlässig im Sinne von § 110 Abs. 1 SGB VII verursacht. Sie habe darauf vertrauen dürfen, dass der Baggerfahrer B., der schon länger bei der Stadt R. beschäftigt und ihr als zuverlässig bekannt gewesen sei, vor einer Handschachtung die notwendigen Sicherungsmaßnahmen veranlassen werde. Eine andere Bewertung sei vorliegend nicht deshalb gerechtfertigt, weil Unfallverhütungsvorschriften im Raum stünden, die sich mit Vorrichtungen zum Schutz der Arbeiter vor tödlichen Gefahren befassten und somit elementare Sicherungspflichten zum Inhalt hätten. Hier könne der objektive Pflichtenver- stoß ein solches Gewicht haben, dass im Einzelfall der Schluss auf ein subjektiv gesteigertes Verschulden gerechtfertigt sei. Die Beklagte habe indes nicht selbst dem Schutz eines Mitarbeiters dienende Regelungen außer Acht gelassen , sondern allenfalls den Hinweis an den Baggerfahrer B. versäumt, diese Regelungen einzuhalten, sobald eine Handschachtung erfolge. Das Unterlassen eines solchen Hinweises stelle jedenfalls nicht eine grobe Fahrlässigkeit dar.

II.

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Die Ausführungen des Berufungsgerichts begegnen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
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1. Zutreffend ist allerdings der rechtliche Ansatz des Berufungsgerichts, dass nach § 110 Abs. 1 SGB VII Personen, deren Haftung nach den §§ 104 bis 107 SGB VII beschränkt ist, den Sozialversicherungsträgern für die infolge des Versicherungsfalls entstandenen Aufwendungen dann haften, wenn sie den Versicherungsfall vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt haben, jedoch nur bis zur Höhe des zivilrechtlichen Schadensersatzanspruchs. Für die Auslegung des Begriffs der groben Fahrlässigkeit kann auf die zu § 640 Abs. 1 RVO aF ergangene Rechtsprechung zurückgegriffen werden. Die Vorschrift in § 110 Abs. 1 SGB VII hat im Vergleich zu § 640 Abs. 1 RVO aF, an dessen Stelle sie getreten ist, an dem haftungsauslösenden Verschuldensgrad nichts geändert (vgl. Senatsurteil vom 30. Januar 2001 - VI ZR 49/00, VersR 2001, 985, 986; BGH Urteil vom 15. Mai 1997 - III ZR 250/95, NJW 1998, 298, 301; BT-Drucks. 13/2204, S. 101). Grobe Fahrlässigkeit setzt einen objektiv schweren und subjektiv nicht entschuldbaren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt voraus. Diese Sorgfalt muss in ungewöhnlich hohem Maß verletzt und es muss dasjenige unbeachtet geblieben sein, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Ein objektiv grober Pflichtenverstoß rechtfertigt für sich allein noch nicht den Schluss auf ein entsprechend gesteigertes personales Verschulden, nur weil ein solches häufig damit einherzugehen pflegt. Vielmehr erscheint eine Inanspruchnahme des haftungsprivilegierten Schädigers im Wege des Rückgriffs nur dann gerechtfertigt, wenn eine auch subjektiv schlechthin unentschuldbare Pflichtverletzung vorliegt, die das in § 276 Abs. 2 BGB bestimmte Maß erheblich überschreitet (vgl. Senatsurteile vom 30. Januar 2001 - VI ZR 49/00, aaO und vom 12. Januar 1988 - VI ZR 158/87, VersR 1988, 474, 475 mwN sowie BGH, Urteil vom 8. Juli 1992 - IV ZR 223/91, BGHZ 119, 147, 149). Dies hat das Berufungsgericht im Ansatzpunkt richtig gesehen.
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2. Auch trifft die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts zu, dass sich die grobe Fahrlässigkeit der Beklagten nicht allein mit der Verletzung der geltenden Unfallverhütungsvorschriften begründen lässt. Nicht jeder Verstoß gegen die einschlägigen Unfallverhütungsvorschriften ist schon als ein grob fahrlässiges Verhalten im Sinne des § 110 SGB VII zu werten (vgl. Senatsurteile vom 8. Mai 1984 - VI ZR 296/82, VersR 1984, 775, 776; vom 21. Oktober 1980 - VI ZR 265/79, VersR 1981, 75; vom 22. Juni 1971 - VI ZR 39/70, VersR 1971, 1019, 1020 und vom 8. Oktober 1968 - VI ZR 164/67, VersR 1969, 39, 40). Vielmehr ist auch dann, wenn solche Verstöße gegen Sorgfaltsgebote vorliegen , eine Wertung des Verhaltens des Schädigers geboten, in die auch die weiteren Umstände des Einzelfalles einzubeziehen sind. So kommt es darauf an, ob es sich um eine Unfallverhütungsvorschrift handelt, die sich mit Vorrichtungen zum Schutz der Arbeiter vor tödlichen Gefahren befasst und elementare Sicherungspflichten zum Inhalt hat. Auch spielt insbesondere eine Rolle, ob der Schädiger nur unzureichende Sicherungsmaßnahmen getroffen oder von den vorgeschriebenen Schutzvorkehrungen völlig abgesehen hat, obwohl die Siche- rungsanweisungen eindeutig waren. Im letzteren Fall kann der objektive Verstoß gegen elementare Sicherungspflichten ein solches Gewicht haben, dass der Schluss auf ein auch subjektiv gesteigertes Verschulden gerechtfertigt ist (vgl. Senatsurteil vom 18. Oktober 1988 - VI ZR 15/88, VersR 1989, 109, 110).
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3. Der Senat vermag indes dem Berufungsgericht in der Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall nicht zu folgen.
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a) Zwar ist die tatrichterliche Entscheidung, ob den Schädiger der Vorwurf grober Fahrlässigkeit trifft, mit der Revision nur beschränkt angreifbar. Der Nachprüfung unterliegt aber, ob der Tatrichter den Begriff der groben Fahrlässigkeit verkannt oder bei der Beurteilung des Verschuldensgrades wesentliche Umstände außer Betracht gelassen hat (vgl. Senatsurteile vom 30. Januar 2001 - VI ZR 49/00, aaO, 985 und vom 18. Oktober 1988 - VI ZR 15/88, aaO, 109 mwN). Wie die Revision mit Recht beanstandet (§ 286 ZPO), hat das Berufungsgericht die vom Gesetz vorgeschriebene Gesamtwürdigung nicht in der gebotenen Weise vorgenommen (vgl. Senatsurteil vom 8. Mai 1984 - VI ZR 296/82, aaO). Auch sind für die Beurteilung des Verschuldensgrades der Beklagten wesentliche Umstände noch nicht geklärt.
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b) Die im Streitfall einschlägigen Unfallverhütungsvorschriften für Bauarbeiten GUV-V C 22 regeln in § 6 Abs. 3, § 28 Abs. 1 iVm der DIN 4124 (Stand 10.02) die an die Standsicherheit von Gräben zu stellenden Anforderungen. Sie haben elementare Sicherungspflichten zum Inhalt, die sich mit Vorrichtungen zum Schutz der Arbeiter vor tödlichen Gefahren befassen. Die Regelungen in § 6 Abs. 3, § 28 Abs. 1 GUV-V C 22 sehen vor, dass Wände von Baugruben und Gräben so abzuböschen, zu verbauen oder anderweitig zu sichern sind, dass sie während der einzelnen Bauzustände standsicher sind. Nach den allgemeinen Vorschriften der DIN 4124 dürfen Gräben in mindestens steifem bin- digem Boden unter bestimmten Voraussetzungen nur bis zu einer Tiefe von 1,75 m senkrecht abgeschachtet werden. Anderenfalls sind sie, wenn dort Beschäftigte tätig werden, auch in Bauzuständen durch Böschung oder Verbau zu sichern. Dass die Beklagte aufgrund der ihr obliegenden Bauaufsicht für die danach gebotene Sicherung des Arbeiters Sch. Sorge zu tragen hatte und keine Schutzvorkehrungen getroffen hat, steht nicht in Streit.
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aa) Mit Recht wendet sich die Revision dagegen, dass das Berufungsgericht das Unterlassen der Beklagten damit entschuldigt hat, diese habe auf die Zuverlässigkeit des Baggerführers B. vertrauen dürfen. Konkrete Umstände oder Maßnahmen, die ein solches Vertrauen, dass der Baggerführer B. die Unfallverhütungsvorschriften beachten würde, begründen konnten, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Dies folgt nicht bereits daraus, dass B. allgemein als zuverlässig bekannt und schon länger bei der Stadt R. beschäftigt war.
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bb) Das Berufungsgericht durfte auch nicht unberücksichtigt lassen, dass sich die Beklagte selbst darauf beruft, keine Kenntnis von den geltenden Vorschriften gehabt zu haben. Zutreffend wertet die Revision die fehlende Kenntnis von den zu beachtenden Sicherheitsanforderungen der für die Bauaufsicht zuständigen Beklagten als einen für die Beurteilung des Verschuldensgrades wesentlichen Umstand. Von der Beklagten sind die Kenntnisse zu fordern, die für die Erfüllung der ihr obliegenden Aufgaben notwendig sind. Hätte sich die Beklagte in der gebotenen Weise informiert, hätte sie gewusst, dass zur Abstützung des Grabens bei einer Tiefe von 1,80 m unter Umständen Baumaterial erforderlich sein würde, das dem Baggerführer B. zur Verfügung stehen musste. Waren die für die Abstützung erforderlichen Materialien nicht auf der Baustelle vorhanden, durfte die Beklagte nicht darauf vertrauen, dass B. die notwendige Verbauung vor der Handschachtung durch Sch. anbringen würde.
Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ist mithin die Unkenntnis der Beklagten für den Unfall kausal geworden.
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cc) Die Beklagte vermag nicht zu entlasten, dass sie zum Zeitpunkt des Unfalls nicht an der Baustelle anwesend war. Auch das Berufungsgericht nimmt an, dass die Ausführung der Handschachtung für die Beklagte absehbar war. Als verantwortliche Bauleiterin musste sie danach die beim Ausschachten in Gräben mögliche Gefährdung erkennen und einer solchen rechtzeitig vorbeugen.
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4. Danach ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Bei der Frage der Anrechnung eines Mitverschuldens des Sch. wird das Berufungsgericht zu erwägen haben, ob von Sch. in der konkreten Situation als 1 €- Jobber überhaupt erwartet werden durfte, dass er den Anweisungen ihm sachkundig erscheinender Personen nicht Folge leistet. Galke Wellner Diederichsen Stöhr von Pentz
Vorinstanzen:
LG Leipzig, Entscheidung vom 08.06.2012 - 2 O 1272/11 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 08.01.2013 - 9 U 1158/12 -

(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos, zu entnehmen ist. Die Vorschriften der §§ 827 und 828 finden entsprechende Anwendung.

(2) Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.

(3) Die Haftung wegen Vorsatzes kann dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden.

(1) Haben Personen, deren Haftung nach den §§ 104 bis 107 beschränkt ist, den Versicherungsfall vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt, haften sie den Sozialversicherungsträgern für die infolge des Versicherungsfalls entstandenen Aufwendungen, jedoch nur bis zur Höhe des zivilrechtlichen Schadenersatzanspruchs. Statt der Rente kann der Kapitalwert gefordert werden. Das Verschulden braucht sich nur auf das den Versicherungsfall verursachende Handeln oder Unterlassen zu beziehen.

(1a) Unternehmer, die Schwarzarbeit nach § 1 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes erbringen und dadurch bewirken, dass Beiträge nach dem Sechsten Kapitel nicht, nicht in der richtigen Höhe oder nicht rechtzeitig entrichtet werden, erstatten den Unfallversicherungsträgern die Aufwendungen, die diesen infolge von Versicherungsfällen bei Ausführung der Schwarzarbeit entstanden sind. Eine nicht ordnungsgemäße Beitragsentrichtung wird vermutet, wenn die Unternehmer die Personen, bei denen die Versicherungsfälle eingetreten sind, nicht nach § 28a des Vierten Buches bei der Einzugsstelle oder der Datenstelle der Rentenversicherung angemeldet hatten.

(2) Die Sozialversicherungsträger können nach billigem Ermessen, insbesondere unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners, auf den Ersatzanspruch ganz oder teilweise verzichten.

(1) Ein auf anderen gesetzlichen Vorschriften beruhender Anspruch auf Ersatz eines Schadens geht auf den Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe über, soweit dieser auf Grund des Schadensereignisses Sozialleistungen zu erbringen hat, die der Behebung eines Schadens der gleichen Art dienen und sich auf denselben Zeitraum wie der vom Schädiger zu leistende Schadensersatz beziehen. Dazu gehören auch

1.
die Beiträge, die von Sozialleistungen zu zahlen sind, und
2.
die Beiträge zur Krankenversicherung, die für die Dauer des Anspruchs auf Krankengeld unbeschadet des § 224 Abs. 1 des Fünften Buches zu zahlen wären.

(2) Ist der Anspruch auf Ersatz eines Schadens durch Gesetz der Höhe nach begrenzt, geht er auf den Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe über, soweit er nicht zum Ausgleich des Schadens des Geschädigten oder seiner Hinterbliebenen erforderlich ist.

(3) Ist der Anspruch auf Ersatz eines Schadens durch ein mitwirkendes Verschulden oder eine mitwirkende Verantwortlichkeit des Geschädigten begrenzt, geht auf den Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe von dem nach Absatz 1 bei unbegrenzter Haftung übergehenden Ersatzanspruch der Anteil über, welcher dem Vomhundertsatz entspricht, für den der Schädiger ersatzpflichtig ist. Dies gilt auch, wenn der Ersatzanspruch durch Gesetz der Höhe nach begrenzt ist. Der Anspruchsübergang ist ausgeschlossen, soweit der Geschädigte oder seine Hinterbliebenen dadurch hilfebedürftig im Sinne der Vorschriften des Zwölften Buches werden.

(4) Stehen der Durchsetzung der Ansprüche auf Ersatz eines Schadens tatsächliche Hindernisse entgegen, hat die Durchsetzung der Ansprüche des Geschädigten und seiner Hinterbliebenen Vorrang vor den übergegangenen Ansprüchen nach Absatz 1.

(5) Hat ein Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe auf Grund des Schadensereignisses dem Geschädigten oder seinen Hinterbliebenen keine höheren Sozialleistungen zu erbringen als vor diesem Ereignis, geht in den Fällen des Absatzes 3 Satz 1 und 2 der Schadenersatzanspruch nur insoweit über, als der geschuldete Schadenersatz nicht zur vollen Deckung des eigenen Schadens des Geschädigten oder seiner Hinterbliebenen erforderlich ist.

(6) Ein nach Absatz 1 übergegangener Ersatzanspruch kann bei nicht vorsätzlichen Schädigungen durch eine Person, die im Zeitpunkt des Schadensereignisses mit dem Geschädigten oder seinen Hinterbliebenen in häuslicher Gemeinschaft lebt, nicht geltend gemacht werden. Ein Ersatzanspruch nach Absatz 1 kann auch dann nicht geltend gemacht werden, wenn der Schädiger mit dem Geschädigten oder einem Hinterbliebenen nach Eintritt des Schadensereignisses die Ehe geschlossen oder eine Lebenspartnerschaft begründet hat und in häuslicher Gemeinschaft lebt. Abweichend von den Sätzen 1 und 2 kann ein Ersatzanspruch bis zur Höhe der zur Verfügung stehenden Versicherungssumme geltend gemacht werden, wenn der Schaden bei dem Betrieb eines Fahrzeugs entstanden ist, für das Versicherungsschutz nach § 1 des Gesetzes über die Pflichtversicherung für Kraftfahrzeughalter oder § 1 des Gesetzes über die Haftpflichtversicherung für ausländische Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuganhänger besteht. Der Ersatzanspruch kann in den Fällen des Satzes 3 gegen den Schädiger in voller Höhe geltend gemacht werden, wenn er den Versicherungsfall vorsätzlich verursacht hat.

(7) Haben der Geschädigte oder seine Hinterbliebenen von dem zum Schadenersatz Verpflichteten auf einen übergegangenen Anspruch mit befreiender Wirkung gegenüber dem Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe Leistungen erhalten, haben sie insoweit dem Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe die erbrachten Leistungen zu erstatten. Haben die Leistungen gegenüber dem Versicherungsträger oder Träger der Sozialhilfe keine befreiende Wirkung, haften der zum Schadenersatz Verpflichtete und der Geschädigte oder dessen Hinterbliebene dem Versicherungsträger oder Träger der Sozialhilfe als Gesamtschuldner.

(8) Weist der Versicherungsträger oder Träger der Sozialhilfe nicht höhere Leistungen nach, sind vorbehaltlich der Absätze 2 und 3 je Schadensfall für nicht stationäre ärztliche Behandlung und Versorgung mit Arznei- und Verbandmitteln 5 vom Hundert der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches zu ersetzen.

(9) Die Vereinbarung einer Pauschalierung der Ersatzansprüche ist zulässig.

(10) Die Bundesagentur für Arbeit und die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch gelten als Versicherungsträger im Sinne dieser Vorschrift.

(1) Haben Personen, deren Haftung nach den §§ 104 bis 107 beschränkt ist, den Versicherungsfall vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt, haften sie den Sozialversicherungsträgern für die infolge des Versicherungsfalls entstandenen Aufwendungen, jedoch nur bis zur Höhe des zivilrechtlichen Schadenersatzanspruchs. Statt der Rente kann der Kapitalwert gefordert werden. Das Verschulden braucht sich nur auf das den Versicherungsfall verursachende Handeln oder Unterlassen zu beziehen.

(1a) Unternehmer, die Schwarzarbeit nach § 1 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes erbringen und dadurch bewirken, dass Beiträge nach dem Sechsten Kapitel nicht, nicht in der richtigen Höhe oder nicht rechtzeitig entrichtet werden, erstatten den Unfallversicherungsträgern die Aufwendungen, die diesen infolge von Versicherungsfällen bei Ausführung der Schwarzarbeit entstanden sind. Eine nicht ordnungsgemäße Beitragsentrichtung wird vermutet, wenn die Unternehmer die Personen, bei denen die Versicherungsfälle eingetreten sind, nicht nach § 28a des Vierten Buches bei der Einzugsstelle oder der Datenstelle der Rentenversicherung angemeldet hatten.

(2) Die Sozialversicherungsträger können nach billigem Ermessen, insbesondere unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners, auf den Ersatzanspruch ganz oder teilweise verzichten.

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.