Oberlandesgericht Köln Beschluss, 19. Aug. 2014 - AuslA 45/14 - 32 -
Gericht
Tenor
Die Auslieferung des albanischen Staatsangehörigen M.
nach Italien zur Vollstreckung der in dem Europäischen Haftbefehl der Generalstaatsanwaltschaft Mailand vom 22.05.2014 enthaltenen Verurteilung durch das Appellationsgericht Mailand vom 21.11.2002 zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren wird für unzulässig erklärt.
1
Gründe :
2I.
3Gegen den Verfolgten besteht ein Europäischer Haftbefehl der Generalstaatsanwaltschaft Mailand vom 22.05.2014, mit dem um seine Auslieferung zur Strafvollstreckung ersucht wird. Der Verfolgte wurde durch Urteil des Appellationsgerichts in Mailand vom 21.11.2002 zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren, von der noch ein Jahr, elf Monate und elf Tage zu verbüßen sind, verurteilt. Dem Urteil liegt der Vorwurf zugrunde, der Verfolgte habe sich in den Monaten September und Oktober 1997 an einer kriminellen Vereinigung beteiligt, die die Einfuhr großer Mengen Heroin aus Osteuropa nach Italien organisiert habe. Der Senat hat gegen den am aufgrund einer Ausschreibung der italienischen Behörden im Schengener Informationssystem - am 17.05.2014 festgenommenen Verfolgten am 20.05.2014 einen Auslieferungshaftbefehl erlassen und mit Beschluss vom 15.07.2014 die Fortdauer der Auslieferungshaft angeordnet. Der Verfolgte ist am 19.05.2014 von dem Amtsgericht A. zu dem Auslieferungsersuchen angehört worden. Er hat sich mit der Auslieferung im vereinfachten Verfahren nicht einverstanden erklärt, nicht auf die Einhaltung des Grundsatzes der Spezialität verzichtet und des weiteren Angaben zum Verlauf des Strafverfahrens in Italien gemacht.
4Auf Veranlassung der Generalstaatsanwaltschaft haben die italienischen Behörden das Urteil des Appellationsgerichts in Mailand vom 21.11.2002 vorgelegt, das dem Senat in vollständiger deutscher Übersetzung am 14.08.2014 vorgelegt worden ist. Daraus geht hervor, dass der Verfolgte in 1. Instanz freigesprochen und aus der Untersuchungshaft entlassen worden war. Gegen den Freispruch war von der Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt worden. In der Hauptverhandlung vor dem Appellationsgericht war der Verfolgte nicht anwesend; für ihn trat eine Verteidigerin auf.
5Die Generalstaatsanwaltschaft geht davon aus, dass sich der Verfolgte dem Berufungsverfahren durch Flucht nach Albanien entzogen habe. Da er durch eine Verteidigerin vertreten gewesen sei, sei die Auslieferung als zulässig anzusehen. Mit einem entsprechenden Antrag sind die Akten dem Senat vorgelegt worden.
6II.
7Dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft, die Auslieferung für zulässig zu erklären, kann nicht entsprochen werden. Es steht das Auslieferungshindernis der Abwesenheitsverurteilung nach § 83 Nr. 3 IRG entgegen.
81. Der Europäische Haftbefehl der Generalstaatsanwaltschaft Mailand vom 22.05.2014 stellt im Ausgangspunkt nach §§ 79 Abs. 1 Satz 1, 83 a Abs. 1 IRG ein zulässiges Auslieferungsersuchen der italienischen Behörden dar. Soweit der Senat im Auslieferungshaftbefehl eine ausreichende Konkretisierung des der Verurteilung zugrundeliegenden Tatvorwurfs gefordert hat, sind die italienischen Behörden dem durch Übersendung des Urteils des Appellationsgerichts in Mailand vom 21.11.2002 nachgekommen. Daraus geht hervor, dass der Verfolgte sich in den Monaten September und Oktober 1997 an einer kriminellen Vereinigung beteiligt habe, die die Einfuhr großer Mengen Heroin aus Osteuropa nach Italien organisiert habe. Er soll insbesondere im Tatzeitraum mehrere – abgehörte – Telefongespräche mit Mitgliedern der Organisation geführt und mit diesen Abreden über den An- und Verkauf von Betäubungsmitteln getroffen haben. Aufgrund dieser im Urteil näher begründeten Feststellungen ist der Grundsatz der Spezialität gewahrt.
92. Die dem Verfolgten zur Last gelegte Tat ist strafbar nach Art. 74 LAW 309/1990 des italienischen StGB. Auf die – jedenfalls nach § 129 StGB gegebene – Strafbarkeit nach deutschem Recht kommt es gemäß § 81 Nr. 4 IRG nicht an, weil es sich bei der verfolgten Tat nach dem Recht des ersuchenden Staates um eine Katalogtat i. S. des Art. 2 Abs. 2 des Rahmenbeschlusses über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten (ABl. EG 2002 Nr. L 190 S. 1) handelt.
10Auch ist angesichts der noch zu verbüßenden Strafe von einem Jahr, elf Monaten und elf Tagen dem Erfordernis einer zu vollstreckenden Strafe von mindestens vier Monaten genügt, § 81 Ziff. 2 IRG.
113. Der Auslieferung steht jedoch das Auslieferungshindernis der Abwesenheitsverurteilung nach § 83 Nr. 3 IRG entgegen.
12a) Auf das in Anwesenheit des Verfolgten gesprochene erstinstanzliche Urteil des Gerichtshofes in Mailand vom 24.10.2001 ist insoweit nicht abzustellen, weil es sich um ein freisprechendes Urteil gehandelt hat.
13Maßgeblich ist allein das auf die Berufung der Staatsanwaltschaft hin ergangene Berufungsurteil vom 21.11.2002, durch das gegen den Verurteilten in Abänderung des freisprechenden Urteils in 1. Instanz eine vollstreckbare Freiheitsstrafe verhängt worden ist, was der Senat dem nunmehr vorgelegten Berufungsurteil erstmals hat entnehmen können.
14b) Dass der Verfolgte zu dem Verhandlungstermin vor dem Appellationsgericht in Mailand am 21.11.2002 persönlich geladen worden ist oder auf andere Weise von Termin sichere Kenntnis erlangt hat, lässt sich den Angaben im Europäischen Haftbefehl nicht entnehmen. Dort wird lediglich „darauf hingewiesen, dass der Verurteilte immer – sowohl in der erstinstanzlichen Verhandlung, die in seiner Anwesenheit stattfand, als auch in der zweitinstanzlichen Verhandlung, die in Abwesenheit stattfand, durch seinen Wahlverteidiger und Zustellungsbevollmächtigten vertreten wurde“. Soweit nach den italienischen Verfahrensvorschriften die Vertretung durch einen zustellungsbevollmächtigten Verteidiger ausreicht, um gegen einen nicht erschienenen Beschuldigten zu verhandeln, genügt dies nach den Vorschriften des deutschen Rechts als Nachweis einer ordnungsgemäßen Ladung des Beschuldigten nicht. Dass die Verteidigerin den Verfolgten vom Termin der Berufungsverhandlung unterrichtet hat, ergibt sich aus den oben zitierten Angaben im Europäischen Haftbefehl nicht, ebenso wenig aus dem Berufungsurteil.
15c) Dem Europäischen Haftbefehl kann der Senat nicht entnehmen, dass die italienischen Behörden dem Verfolgten das Recht auf ein neues Verfahren einräumen, was den Mangel der persönlichen Ladung ggfs. beheben könnte. Zu der formularmäßig vorgesehenen Möglichkeit eines Wiederaufnahmeverfahrens sind im Europäischen Haftbefehl – auf der Grundlage der italienischen Verfahrensvorschriften folgerichtig – keine Angaben gemacht worden.
16d) Die Voraussetzungen eines sog. Fluchtfalles, der der Zulässigkeit der Auslieferung nicht entgegenstünde, sind nicht erfüllt. Die nicht näher erläuterte Angabe in dem Schreiben der Generalstaatsanwaltschaft beim Appellationsgerichtshof Mailand vom 03.11.2009, der Verfolgte habe sich während des zweitinstanzlichen Verfahrens versteckt gehalten, genügt vor dem Hintergrund, dass der Verfolgte nach dem Freispruch ohne Auflagen aus der Haft entlassen worden und deswegen an der Ausreise nach Albanien nicht gehindert war, für die Annahme eines Fluchtfalles nicht. Dass der Verfolgte von dem Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft Kenntnis erlangt hat, was ggfs. seine Ausreise nach Albanien als Flucht erscheinen lassen könnte, ist nicht belegt. Soweit die Generalstaatsanwaltschaft dies daraus herleiten will, dass der Verfolgte in Albanien eine Rechtsanwältin beauftragt habe, ist unklar, zu welchem Zeitpunkt und mit welchem Ziel dies geschehen ist. Die Angaben des Verfolgten bei seiner richterlichen Vernehmung deuten eher daraufhin, dass die Mandatierung
17einer Rechtsanwältin erst im Zusammenhang mit dem erst zehn Jahre später gestellten Auslieferungsersuchen der italienischen Behörden an Albanien zu sehen ist. Denn die angeblich von der Rechtsanwältin erteilte Auskunft, dass die italienische Justiz nichts mehr von ihm verlange, fügt sich dazu, dass nach Mitteilung der italienischen Behörden vom 17.05.2014 von einem Auslieferungsersuchen wegen der entgegenstehenden Rechtslage in Albanien abgesehen worden ist.
18III.
19Ein Anspruch des Verfolgten auf Haftentschädigung für die in der Zeit ab dem 17. Mai 2014 erlittene Freiheitsentziehung besteht nicht, weil es hierfür keine Rechtsgrundlage gibt ( ständige Senats-Rechtsprechung, Beschlüsse vom 04.07.2005 – Ausl 53/05-24-; vom 12.04.2006 – 6 Ausl 68/05 –38-; vom 24.04.2008 – 6 Ausl A 96/07 –3/08; vom 22.09.2009 – 6 AuslA 101/09 – 68 -; vom 19.07.2010 – 6 AuslA 157/09-9-).
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(1) Die Auslieferung ist nicht zulässig, wenn
- 1.
der Verfolgte wegen derselben Tat, die dem Ersuchen zugrunde liegt, bereits von einem anderen Mitgliedstaat rechtskräftig abgeurteilt worden ist, vorausgesetzt, dass im Fall der Verurteilung die Sanktion bereits vollstreckt worden ist, gerade vollstreckt wird oder nach dem Recht des Urteilsstaates nicht mehr vollstreckt werden kann, - 2.
der Verfolgte zur Tatzeit nach § 19 des Strafgesetzbuchs schuldunfähig war oder - 3.
bei Ersuchen zum Zweck der Strafvollstreckung die verurteilte Person zu der dem Urteil zugrunde liegenden Verhandlung nicht persönlich erschienen ist oder - 4.
die dem Ersuchen zugrunde liegende Tat nach dem Recht des ersuchenden Mitgliedstaates mit lebenslanger Freiheitsstrafe oder einer sonstigen lebenslangen freiheitsentziehenden Sanktion bedroht ist oder der Verfolgte zu einer solchen Strafe verurteilt worden war und eine Überprüfung der Vollstreckung der verhängten Strafe oder Sanktion auf Antrag oder von Amts wegen nicht spätestens nach 20 Jahren erfolgt.
(2) Die Auslieferung ist abweichend von Absatz 1 Nummer 3 jedoch zulässig, wenn
- 1.
die verurteilte Person - a)
rechtzeitig - aa)
persönlich zu der Verhandlung, die zu dem Urteil geführt hat, geladen wurde oder - bb)
auf andere Weise tatsächlich offiziell von dem vorgesehenen Termin und Ort der Verhandlung, die zu dem Urteil geführt hat, in Kenntnis gesetzt wurde, sodass zweifelsfrei nachgewiesen wurde, dass die verurteilte Person von der anberaumten Verhandlung Kenntnis hatte, und
- b)
dabei darauf hingewiesen wurde, dass ein Urteil auch in ihrer Abwesenheit ergehen kann,
- 2.
die verurteilte Person in Kenntnis des gegen sie gerichteten Verfahrens, an dem ein Verteidiger beteiligt war, eine persönliche Ladung durch Flucht verhindert hat oder - 3.
die verurteilte Person in Kenntnis der anberaumten Verhandlung einen Verteidiger bevollmächtigt hat, sie in der Verhandlung zu verteidigen, und sie durch diesen in der Verhandlung tatsächlich verteidigt wurde.
(3) Die Auslieferung ist abweichend von Absatz 1 Nummer 3 auch zulässig, wenn die verurteilte Person nach Zustellung des Urteils
- 1.
ausdrücklich erklärt hat, das ergangene Urteil nicht anzufechten, oder - 2.
innerhalb geltender Fristen keine Wiederaufnahme des Verfahrens oder kein Berufungsverfahren beantragt hat.
(4) Die Auslieferung ist abweichend von Absatz 1 Nummer 3 ferner zulässig, wenn der verurteilten Person unverzüglich nach ihrer Übergabe an den ersuchenden Mitgliedstaat das Urteil persönlich zugestellt werden wird und die verurteilte Person über ihr in Absatz 3 Satz 2 genanntes Recht auf Wiederaufnahme des Verfahrens oder ein Berufungsverfahren sowie über die hierfür geltenden Fristen belehrt werden wird.
(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet oder sich an einer Vereinigung als Mitglied beteiligt, deren Zweck oder Tätigkeit auf die Begehung von Straftaten gerichtet ist, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren bedroht sind. Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine solche Vereinigung unterstützt oder für sie um Mitglieder oder Unterstützer wirbt.
(2) Eine Vereinigung ist ein auf längere Dauer angelegter, von einer Festlegung von Rollen der Mitglieder, der Kontinuität der Mitgliedschaft und der Ausprägung der Struktur unabhängiger organisierter Zusammenschluss von mehr als zwei Personen zur Verfolgung eines übergeordneten gemeinsamen Interesses.
(3) Absatz 1 ist nicht anzuwenden,
- 1.
wenn die Vereinigung eine politische Partei ist, die das Bundesverfassungsgericht nicht für verfassungswidrig erklärt hat, - 2.
wenn die Begehung von Straftaten nur ein Zweck oder eine Tätigkeit von untergeordneter Bedeutung ist oder - 3.
soweit die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung Straftaten nach den §§ 84 bis 87 betreffen.
(4) Der Versuch, eine in Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 bezeichnete Vereinigung zu gründen, ist strafbar.
(5) In besonders schweren Fällen des Absatzes 1 Satz 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern der Vereinigung gehört. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren zu erkennen, wenn der Zweck oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet ist, in § 100b Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, b, d bis f und h bis o, Nummer 2 bis 8 und 10 der Strafprozessordnung genannte Straftaten mit Ausnahme der in § 100b Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe h der Strafprozessordnung genannten Straftaten nach den §§ 239a und 239b des Strafgesetzbuches zu begehen.
(6) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, von einer Bestrafung nach den Absätzen 1 und 4 absehen.
(7) Das Gericht kann die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder von einer Bestrafung nach diesen Vorschriften absehen, wenn der Täter
erreicht der Täter sein Ziel, das Fortbestehen der Vereinigung zu verhindern, oder wird es ohne sein Bemühen erreicht, so wird er nicht bestraft.§ 3 findet mit den Maßgaben Anwendung, dass
- 1.
die Auslieferung zur Verfolgung nur zulässig ist, wenn die Tat nach dem Recht des ersuchenden Mitgliedstaates mit einer Freiheitsstrafe oder sonstigen Sanktion im Höchstmaß von mindestens zwölf Monaten bedroht ist, - 2.
die Auslieferung zur Vollstreckung nur zulässig ist, wenn nach dem Recht des ersuchenden Mitgliedstaates eine freiheitsentziehende Sanktion zu vollstrecken ist, deren Maß mindestens vier Monate beträgt, - 3.
die Auslieferung in Steuer-, Zoll- und Währungsangelegenheiten auch zulässig ist, wenn das deutsche Recht keine gleichartigen Steuern vorschreibt oder keine gleichartigen Steuer-, Zoll- und Währungsbestimmungen enthält wie das Recht des ersuchenden Mitgliedstaates, - 4.
die beiderseitige Strafbarkeit nicht zu prüfen ist, wenn die dem Ersuchen zugrunde liegende Tat nach dem Recht des ersuchenden Staates mit einer freiheitsentziehenden Sanktion im Höchstmaß von mindestens drei Jahren bedroht ist und den in Artikel 2 Absatz 2 des Rahmenbeschlusses 2002/584/JI des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten (ABl. L 190 vom 18. 7. 2002, S. 1), der durch den Rahmenbeschluss 2009/299/JI (ABl. L 81 vom 27.3.2009, S. 24) geändert worden ist, (Rahmenbeschluss Europäischer Haftbefehl) aufgeführten Deliktsgruppen zugehörig ist.
(1) Die Auslieferung ist nicht zulässig, wenn
- 1.
der Verfolgte wegen derselben Tat, die dem Ersuchen zugrunde liegt, bereits von einem anderen Mitgliedstaat rechtskräftig abgeurteilt worden ist, vorausgesetzt, dass im Fall der Verurteilung die Sanktion bereits vollstreckt worden ist, gerade vollstreckt wird oder nach dem Recht des Urteilsstaates nicht mehr vollstreckt werden kann, - 2.
der Verfolgte zur Tatzeit nach § 19 des Strafgesetzbuchs schuldunfähig war oder - 3.
bei Ersuchen zum Zweck der Strafvollstreckung die verurteilte Person zu der dem Urteil zugrunde liegenden Verhandlung nicht persönlich erschienen ist oder - 4.
die dem Ersuchen zugrunde liegende Tat nach dem Recht des ersuchenden Mitgliedstaates mit lebenslanger Freiheitsstrafe oder einer sonstigen lebenslangen freiheitsentziehenden Sanktion bedroht ist oder der Verfolgte zu einer solchen Strafe verurteilt worden war und eine Überprüfung der Vollstreckung der verhängten Strafe oder Sanktion auf Antrag oder von Amts wegen nicht spätestens nach 20 Jahren erfolgt.
(2) Die Auslieferung ist abweichend von Absatz 1 Nummer 3 jedoch zulässig, wenn
- 1.
die verurteilte Person - a)
rechtzeitig - aa)
persönlich zu der Verhandlung, die zu dem Urteil geführt hat, geladen wurde oder - bb)
auf andere Weise tatsächlich offiziell von dem vorgesehenen Termin und Ort der Verhandlung, die zu dem Urteil geführt hat, in Kenntnis gesetzt wurde, sodass zweifelsfrei nachgewiesen wurde, dass die verurteilte Person von der anberaumten Verhandlung Kenntnis hatte, und
- b)
dabei darauf hingewiesen wurde, dass ein Urteil auch in ihrer Abwesenheit ergehen kann,
- 2.
die verurteilte Person in Kenntnis des gegen sie gerichteten Verfahrens, an dem ein Verteidiger beteiligt war, eine persönliche Ladung durch Flucht verhindert hat oder - 3.
die verurteilte Person in Kenntnis der anberaumten Verhandlung einen Verteidiger bevollmächtigt hat, sie in der Verhandlung zu verteidigen, und sie durch diesen in der Verhandlung tatsächlich verteidigt wurde.
(3) Die Auslieferung ist abweichend von Absatz 1 Nummer 3 auch zulässig, wenn die verurteilte Person nach Zustellung des Urteils
- 1.
ausdrücklich erklärt hat, das ergangene Urteil nicht anzufechten, oder - 2.
innerhalb geltender Fristen keine Wiederaufnahme des Verfahrens oder kein Berufungsverfahren beantragt hat.
(4) Die Auslieferung ist abweichend von Absatz 1 Nummer 3 ferner zulässig, wenn der verurteilten Person unverzüglich nach ihrer Übergabe an den ersuchenden Mitgliedstaat das Urteil persönlich zugestellt werden wird und die verurteilte Person über ihr in Absatz 3 Satz 2 genanntes Recht auf Wiederaufnahme des Verfahrens oder ein Berufungsverfahren sowie über die hierfür geltenden Fristen belehrt werden wird.