Oberlandesgericht Köln Beschluss, 25. Juli 2016 - 7 U 79/16
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom 8.4.2016 – 16 O 492/15 - durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses.
1
Gründe:
2I.
3Die zulässige Berufung hat in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg.
4Das Landgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Das Landgericht hat der der beklagte die Berufung auf die Einrede der Verjährung untersagt, weil sie ihre Schadensersatzverpflichtung mit Schreiben vom 16.2. und 28.2.2000 mit titelersetzender Wirkung anerkannt habe. Das entspricht der Sach- und Rechtslage. Die Berufungsbegründung rechtfertigt eine Abänderung der Entscheidung nicht. Sie gibt lediglich zu folgenden Hinweisen Anlass:
5Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu der vor der Schuldrechtsmodernisierung geltenden Rechtslage war die für rechtskräftig festgestellte Ansprüche geltende dreißigjährige Verjährungsfrist (§ 218 BGB aF; jetzt § 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB) auf anerkannte Ansprüche entsprechend anwendbar, wenn die Parteien ein titelersetzendes Anerkenntnis vereinbaren wollten (BGH NJW 1985, 791, 792; NJW-RR 1990, 664 f.; NJW 2002, 1791, 1792). Diese Rechtsprechung ist auch nach der Schuldrechtsmodernisierung weiterhin anwendbar sein (etwa Münchener Kommentar/Grothe, BGB, § 197 Rdn. 24; Staudinger/Peters/Jacoby, BGB, Neubearbeitung § 202 Rdn. 19, § 212 Rdn. 21 a; Palandt/Ellenberger, BGB, 75. Aufl., § 197 Rdn. 8; Erman/Schmidt-Räntsch, BGB, 14. Aufl., § 197 Rdn. 14; Bacher in: Geigel, Haftpflichtprozess, 27. Aufl., 38. Kap. Rdn. 18; KG MDR 2009, 1269 = NJOZ 2009, 1867; OLG Oldenburg ZfS 2014, 318; OLG Saarbrücken NJW-RR 2015, 25; anders Grunsky NJW 2013, 1336, 1338 ff., der schon die Rechtsprechung zum früheren Recht für verfehlt hält). Aufgrund der drastischen Verkürzung der regelmäßigen Verjährungsfrist in § 195 n.F. dürfte das Bedürfnis für eine solche Regelung sogar eher noch gestiegen sein. Zwar kann eine dreißigjährige Verjährungsfrist auch dadurch erreicht werden, dass sich der Schuldner der sofortigen Zwangsvollstreckung unterwirft (vgl. § 197 Abs. 1 Nr. 4 BGB). Hierfür ist aber gemäß § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO gerichtliche oder notarielle Beurkundung erforderlich, was häufig schon aus Kostengründen untunlich ist. Der Einwand, nach neuen Recht bestünde für ein titelersetzendes Anerkenntnis kein Bedürfnis, da ein entsprechendes Anerkenntnis als Vereinbarung oder Verzicht nach § 202 BGB ausgelegt werden könne (Grunsky NJW 2013, 1336, 1340; NK/Mansel/Stürner, BGB, 3. Aufl., § 197 Rdn. 51), berücksichtigt nicht, dass die verjährungsverlängernde Vereinbarung und der Verjährungsverzicht nach § 202 Abs. 2 BGB auf den Zeitraum ab dem gesetzlichen Verjährungsbeginn beschränkt sind (Münchener Kommentar/Grothe § 202 Rdn. Rdn. 14, § 214 Rdn 8; Palandt/Ellenberger § 202 Rdn. 7 a.E. m.w.N.), während die Verjährung des titulierten Anspruchs mit der Rechtskraft beginnt (§ 201 BGB). Eine entsprechende Wirkung kann nur durch ein titelersetzendes Anerkenntnis erreicht werden. § 202 Abs. 2 BGB steht einem solchen Anerkenntnis nicht entgegen, da er einen Neubeginn der vereinbarten Frist gemäß § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB nicht ausschließt (so zutreffend Bacher a.a.O.).
6Ein titelersetzendes Anerkenntnis liegt vor, wenn der Ersatzpflichtige dem Geschädigten ein schriftliches Anerkenntnis hinsichtlich der materiellen Zukunftsschäden abgibt, um ihm eine Feststellungsklage zu ersparen (BGH NJW 1985, 791; NJW-RR 1990, 664 f.; NJW 2002, 1978, 1880; KG MDR 2009, 1269 = NJOZ 2009, 1867; Bacher a.a.O. Rdn. 19). Das ist hier der Fall gewesen. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten hat ihre Schadensersatzverpflichtung mit den Schreiben vom 16.2.und 28.2.2000 gegenüber der regressberechtigten Klägerin ausdrücklich anerkannt. Mit dem Schreiben vom 16.2.2000 hat sie die Klägerin unter ausdrücklichem Hinweis, dass „die Regressansprüche nicht verjährt sind, sondern zum Grund und zur Höhe uneingeschränkt bestehen“, aus Kostengründen zur Rücknahme der bereits erhobenen Leistung- und Feststellungsklage veranlasst. Hätte die Klägerin die Klage nicht zurückgenommen, so hätte sie – im Hinblick auf die Klageveranlassung durch die Beklagte ohne jegliches Kostenrisiko – einen uneingeschränkten Feststellungstitel erhalten, der auch weiterhin der dreißigjährigen Verjährung unterläge. Vor diesem Hintergrund kann das uneingeschränkte und vorbehaltlose Anerkenntnis in den Schreiben vom 16.2 und 28.2.2000 aus dem maßgebenden Verständnishorizont der Klägerin als Erklärungsempfängerin nach Treu Glauben unter besonderer Berücksichtigung der gegenseitigen Interessenlage (§§ 133, 157 BGB) nur im Sinne eines titelersetzenden Anerkenntnisses ausgelegt werden.
7II.
8Da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung aufweist, eine Entscheidung des Senats durch Urteil auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich und eine mündliche Verhandlung nicht geboten erscheint, beabsichtigt der Senat, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.
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(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
(1) Der Rücktritt wegen nicht oder nicht vertragsgemäß erbrachter Leistung ist unwirksam, wenn der Anspruch auf die Leistung oder der Nacherfüllungsanspruch verjährt ist und der Schuldner sich hierauf beruft. Dies gilt auch, wenn der Schuldner nach § 275 Absatz 1 bis 3, § 439 Absatz 4 oder § 635 Absatz 3 nicht zu leisten braucht und der Anspruch auf die Leistung oder der Nacherfüllungsanspruch verjährt wäre. § 216 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(2) § 214 Abs. 2 findet entsprechende Anwendung.
(1) In 30 Jahren verjähren, soweit nicht ein anderes bestimmt ist,
- 1.
Schadensersatzansprüche, die auf der vorsätzlichen Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung beruhen, - 2.
Herausgabeansprüche aus Eigentum, anderen dinglichen Rechten, den §§ 2018, 2130 und 2362 sowie die Ansprüche, die der Geltendmachung der Herausgabeansprüche dienen, - 3.
rechtskräftig festgestellte Ansprüche, - 4.
Ansprüche aus vollstreckbaren Vergleichen oder vollstreckbaren Urkunden, - 5.
Ansprüche, die durch die im Insolvenzverfahren erfolgte Feststellung vollstreckbar geworden sind, und - 6.
Ansprüche auf Erstattung der Kosten der Zwangsvollstreckung.
(2) Soweit Ansprüche nach Absatz 1 Nr. 3 bis 5 künftig fällig werdende regelmäßig wiederkehrende Leistungen zum Inhalt haben, tritt an die Stelle der Verjährungsfrist von 30 Jahren die regelmäßige Verjährungsfrist.
(1) Die Zwangsvollstreckung findet ferner statt:
- 1.
aus Vergleichen, die zwischen den Parteien oder zwischen einer Partei und einem Dritten zur Beilegung des Rechtsstreits seinem ganzen Umfang nach oder in Betreff eines Teiles des Streitgegenstandes vor einem deutschen Gericht oder vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle abgeschlossen sind, sowie aus Vergleichen, die gemäß § 118 Abs. 1 Satz 3 oder § 492 Abs. 3 zu richterlichem Protokoll genommen sind; - 2.
aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen; - 2a.
(weggefallen) - 2b.
(weggefallen) - 3.
aus Entscheidungen, gegen die das Rechtsmittel der Beschwerde stattfindet; - 3a.
(weggefallen) - 4.
aus Vollstreckungsbescheiden; - 4a.
aus Entscheidungen, die Schiedssprüche für vollstreckbar erklären, sofern die Entscheidungen rechtskräftig oder für vorläufig vollstreckbar erklärt sind; - 4b.
aus Beschlüssen nach § 796b oder § 796c; - 5.
aus Urkunden, die von einem deutschen Gericht oder von einem deutschen Notar innerhalb der Grenzen seiner Amtsbefugnisse in der vorgeschriebenen Form aufgenommen sind, sofern die Urkunde über einen Anspruch errichtet ist, der einer vergleichsweisen Regelung zugänglich, nicht auf Abgabe einer Willenserklärung gerichtet ist und nicht den Bestand eines Mietverhältnisses über Wohnraum betrifft, und der Schuldner sich in der Urkunde wegen des zu bezeichnenden Anspruchs der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen hat; - 6.
aus für vollstreckbar erklärten Europäischen Zahlungsbefehlen nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006; - 7.
aus Titeln, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nach der Verordnung (EG) Nr. 805/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 zur Einführung eines Europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen als Europäische Vollstreckungstitel bestätigt worden sind; - 8.
aus Titeln, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union im Verfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen (ABl. L 199 vom 31.7.2007, S. 1; L 141 vom 5.6.2015, S. 118), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2015/2421 (ABl. L 341 vom 24.12.2015, S. 1) geändert worden ist, ergangen sind; - 9.
aus Titeln eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union, die nach der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen zu vollstrecken sind.
(2) Soweit nach den Vorschriften der §§ 737, 743, des § 745 Abs. 2 und des § 748 Abs. 2 die Verurteilung eines Beteiligten zur Duldung der Zwangsvollstreckung erforderlich ist, wird sie dadurch ersetzt, dass der Beteiligte in einer nach Absatz 1 Nr. 5 aufgenommenen Urkunde die sofortige Zwangsvollstreckung in die seinem Recht unterworfenen Gegenstände bewilligt.
Die Verjährung von Ansprüchen der in § 197 Abs. 1 Nr. 3 bis 6 bezeichneten Art beginnt mit der Rechtskraft der Entscheidung, der Errichtung des vollstreckbaren Titels oder der Feststellung im Insolvenzverfahren, nicht jedoch vor der Entstehung des Anspruchs. § 199 Abs. 5 findet entsprechende Anwendung.
(1) Die Verjährung beginnt erneut, wenn
- 1.
der Schuldner dem Gläubiger gegenüber den Anspruch durch Abschlagszahlung, Zinszahlung, Sicherheitsleistung oder in anderer Weise anerkennt oder - 2.
eine gerichtliche oder behördliche Vollstreckungshandlung vorgenommen oder beantragt wird.
(2) Der erneute Beginn der Verjährung infolge einer Vollstreckungshandlung gilt als nicht eingetreten, wenn die Vollstreckungshandlung auf Antrag des Gläubigers oder wegen Mangels der gesetzlichen Voraussetzungen aufgehoben wird.
(3) Der erneute Beginn der Verjährung durch den Antrag auf Vornahme einer Vollstreckungshandlung gilt als nicht eingetreten, wenn dem Antrag nicht stattgegeben oder der Antrag vor der Vollstreckungshandlung zurückgenommen oder die erwirkte Vollstreckungshandlung nach Absatz 2 aufgehoben wird.
Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.
Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.