Oberlandesgericht Köln Beschluss, 26. Jan. 2016 - 26 WF 197/15

Gericht
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Antragsstellers vom 22.10.2015 wird der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Düren vom 17.09.2015 dahin abgeändert, dass dem Antragsteller für das Umgangsverfahren unter Beiordnung von Rechtanwältin I Verfahrenskostenhilfe bewilligt wird.
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Gründe:
2Die statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen die Versagung von Verfahrenskostenhilfe hat Erfolg.
3Zu Unrecht hat das Amtsgericht dem Antragsteller die beantragte Verfahrenskostenhilfe für das Umgangsverfahren verweigert, weil er die mit gerichtlicher Verfügung vom 24.06.2015 und 18.08.2015 angeforderte Negativbescheinigung des Jugendamts über das Scheitern einer außergerichtlichen Beratung nicht vorgelegt hat. Für ein solches Verlangen nach einer Negativbescheinigung fehlt eine rechtliche Grundlage (vgl. Beschluss des Senats v. 15.07.2015, 26 WF 120/15). Es kann bereits zweifelhaft sein, ob eine Rechtsverfolgung in jedem Fall schon dann als mutwillig angesehen werden kann, wenn die Möglichkeit fachkundiger Beratung beim Jugendamt nicht ausgeschöpft worden ist. Das kann insbesondere dann zweifelhaft sein, wenn bereits zuvor gerichtliche Hilfe für einen entsprechenden Verfahrensgegenstand in Anspruch genommen werden musste (vgl. dazu auch §165 Abs. 1 FamFG) oder einer Inanspruchnahme des Jugendamts aus sonstigen konkreten Gründen von vornherein keine Erfolgsaussicht beigemessen werden kann und nur eine Verzögerung des vom Gesetzgeber als eilbedürftig angesehenen Verfahrens (vgl. § 155 FamFG) eintritt. In derartigen Fällen würde auch ein vermögender Beteiligter von der kostenschonenden Inanspruchnahme des Jugendamts absehen.
4Hier hat der Antragsteller vorgetragen, dass auch die Einschaltung des Jugendamtes des Kreises F und die Wahrnehmung eines Gesprächstermins beim Jugendamt des Kreises F nicht zu einer einvernehmlichen Regelung geführt hat. Wenn dies der Fall gewesen ist, ist die Rechtsverfolgung in jedem Fall nicht mutwillig; vielmehr ist dann die Inanspruchnahme des Gerichts für das Umgangsverfahren ohne Weiteres angezeigt. Dafür spricht zudem, dass sich auch die Antragsgegnerin im vorliegenden Verfahrenskostenhilfeprüfungsverfahren zum Antrag des Kindesvaters nicht geäußert hat; Anhaltspunkte für eine Bereitschaft der Antragsgegnerin zu einer einvernehmlichen Regelung (ohne Durchführung eines familiengerichtlichen Verfahrens) und damit für konkrete Erfolgsaussichten eines Vermittlungsverfahrens durch das Jugendamt sind nicht erkennbar.
5Ob ein schriftlicher Nachweis über eine versuchte Beratung verlangt werden kann, wenn im Einzelfall begründete Zweifel bestehen, ob die Behauptung über eine versuchte Inanspruchnahme des Beratungsangebots zutreffend ist, kann hier dahin stehen, weil vorliegend weder begründete Zweifeln an der Richtigkeit des Vorbringens des Antragstellers noch konkrete Anhaltspunkt für eine Erfolgsaussicht eines Vermittlungsverfahrens ersichtlich sind. In der Regel – wie auch im Streitfall - wird bereits ein entsprechendes Vorbringen in der Antragsschrift ausreichen, um eine Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung als nicht gegeben anzusehen. Eine andere Praxis erschwert den Zugang zum Gericht unverhältnismäßig.
6Eine Kostenentscheidung ist im Hinblick auf §§ 113 FamFG, 127 ZPO nicht veranlasst.

Annotations
(1) Macht ein Elternteil geltend, dass der andere Elternteil die Durchführung einer gerichtlichen Entscheidung oder eines gerichtlich gebilligten Vergleichs über den Umgang mit dem gemeinschaftlichen Kind vereitelt oder erschwert, vermittelt das Gericht auf Antrag eines Elternteils zwischen den Eltern. Das Gericht kann die Vermittlung ablehnen, wenn bereits ein Vermittlungsverfahren oder eine anschließende außergerichtliche Beratung erfolglos geblieben ist.
(2) Das Gericht lädt die Eltern unverzüglich zu einem Vermittlungstermin. Zu diesem Termin ordnet das Gericht das persönliche Erscheinen der Eltern an. In der Ladung weist das Gericht darauf hin, welche Rechtsfolgen ein erfolgloses Vermittlungsverfahren nach Absatz 5 haben kann. In geeigneten Fällen lädt das Gericht auch das Jugendamt zu dem Termin.
(3) In dem Termin erörtert das Gericht mit den Eltern, welche Folgen das Unterbleiben des Umgangs für das Wohl des Kindes haben kann. Es weist auf die Rechtsfolgen hin, die sich ergeben können, wenn der Umgang vereitelt oder erschwert wird, insbesondere darauf, dass Ordnungsmittel verhängt werden können oder die elterliche Sorge eingeschränkt oder entzogen werden kann. Es weist die Eltern auf die bestehenden Möglichkeiten der Beratung durch die Beratungsstellen und -dienste der Träger der Kinder- und Jugendhilfe hin.
(4) Das Gericht soll darauf hinwirken, dass die Eltern Einvernehmen über die Ausübung des Umgangs erzielen. Kommt ein gerichtlich gebilligter Vergleich zustande, tritt dieser an die Stelle der bisherigen Regelung. Wird ein Einvernehmen nicht erzielt, sind die Streitpunkte im Vermerk festzuhalten.
(5) Wird weder eine einvernehmliche Regelung des Umgangs noch Einvernehmen über eine nachfolgende Inanspruchnahme außergerichtlicher Beratung erreicht oder erscheint mindestens ein Elternteil in dem Vermittlungstermin nicht, stellt das Gericht durch nicht anfechtbaren Beschluss fest, dass das Vermittlungsverfahren erfolglos geblieben ist. In diesem Fall prüft das Gericht, ob Ordnungsmittel ergriffen, Änderungen der Umgangsregelung vorgenommen oder Maßnahmen in Bezug auf die Sorge ergriffen werden sollen. Wird ein entsprechendes Verfahren von Amts wegen oder auf einen binnen eines Monats gestellten Antrag eines Elternteils eingeleitet, werden die Kosten des Vermittlungsverfahrens als Teil der Kosten des anschließenden Verfahrens behandelt.
(1) Kindschaftssachen, die den Aufenthalt des Kindes, das Umgangsrecht oder die Herausgabe des Kindes betreffen, sowie Verfahren wegen Gefährdung des Kindeswohls sind vorrangig und beschleunigt durchzuführen.
(2) Das Gericht erörtert in Verfahren nach Absatz 1 die Sache mit den Beteiligten in einem Termin. Der Termin soll spätestens einen Monat nach Beginn des Verfahrens stattfinden. Das Gericht hört in diesem Termin das Jugendamt an. Eine Verlegung des Termins ist nur aus zwingenden Gründen zulässig. Der Verlegungsgrund ist mit dem Verlegungsgesuch glaubhaft zu machen.
(3) Das Gericht soll das persönliche Erscheinen der verfahrensfähigen Beteiligten zu dem Termin anordnen.
(4) Hat das Gericht ein Verfahren nach Absatz 1 zur Durchführung einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung ausgesetzt, nimmt es das Verfahren in der Regel nach drei Monaten wieder auf, wenn die Beteiligten keine einvernehmliche Regelung erzielen.
(1) In Ehesachen und Familienstreitsachen sind die §§ 2 bis 22, 23 bis 37, 40 bis 45, 46 Satz 1 und 2 sowie die §§ 47 und 48 sowie 76 bis 96 nicht anzuwenden. Es gelten die Allgemeinen Vorschriften der Zivilprozessordnung und die Vorschriften der Zivilprozessordnung über das Verfahren vor den Landgerichten entsprechend.
(2) In Familienstreitsachen gelten die Vorschriften der Zivilprozessordnung über den Urkunden- und Wechselprozess und über das Mahnverfahren entsprechend.
(3) In Ehesachen und Familienstreitsachen ist § 227 Abs. 3 der Zivilprozessordnung nicht anzuwenden.
(4) In Ehesachen sind die Vorschriften der Zivilprozessordnung über
- 1.
die Folgen der unterbliebenen oder verweigerten Erklärung über Tatsachen, - 2.
die Voraussetzungen einer Klageänderung, - 3.
die Bestimmung der Verfahrensweise, den frühen ersten Termin, das schriftliche Vorverfahren und die Klageerwiderung, - 4.
die Güteverhandlung, - 5.
die Wirkung des gerichtlichen Geständnisses, - 6.
das Anerkenntnis, - 7.
die Folgen der unterbliebenen oder verweigerten Erklärung über die Echtheit von Urkunden, - 8.
den Verzicht auf die Beeidigung des Gegners sowie von Zeugen oder Sachverständigen
(5) Bei der Anwendung der Zivilprozessordnung tritt an die Stelle der Bezeichnung