Oberlandesgericht Köln Beschluss, 18. Juli 2014 - 18 U 104/14


Gericht
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Aachen vom 25. April 2014 – 9 O 459/13 – gemäß § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen.
Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen nach Zugang dieses Beschlusses.
1
G r ü n d e :
2Die Berufung der Beklagten ist zwar gemäß §§ 511 ff. statthaft und auch im Übrigen zulässig – die Berufungs- und die Berufungsbegründungsfrist sind auch dann eingehalten, wenn man von einer Zustellung des Urteils nicht erst am 6. Mai 2014, sondern schon am 29. April 2014 ausgeht. Das Rechtsmittel ist jedoch nicht begründet, weil das angefochtene Urteil nicht im Sinne des § 513 Abs. 1 ZPO auf einem Rechtsfehler beruht, sondern das Landgericht zutreffend die mit der Klage geltend gemachte Ansprüche aus §§ 433, 434 Abs. 1, 437 Nr. 2, 440 BGB iVm. §§ 323, 346 ff. BGB bzw. §§ 249 ff. BGB bejaht hat und zu Recht auch den Annahmeverzug der Beklagten gemäß §§ 293 ff. BGB festgestellt hat. Da insofern die Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO vorliegen, ist das Rechtsmittel durch Beschluss im schriftlichen Verfahren zurückzuweisen.
3Im Einzelnen gilt Folgendes:
41. Dem mit der Klage hauptsächlich geltend gemachten und vom Landgericht zuerkannten Anspruch des Klägers auf Rückgewähr des Kaufpreises Zug um Zug gegen Herausgabe – hierunter ist nicht nur die Besitzübertragung, sondern auch die Übereignung zu verstehen – des erworbenen Pkw steht nicht entgegen, dass der Kläger die seitens des Sachverständigen festgestellten und vom Landgericht in unbedenklicher Weise als Unfallschäden gewürdigten Mängel kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte (§ 442 Abs. 1 BGB).
5a) Der erworbene Pkw war bei Gefahrübergang nicht frei von Unfallschäden. Das folgt schon aus den seitens des vorprozessual hinzugezogenen Sachverständigen getroffenen und von der Beklagten nicht hinreichend bestrittenen Feststellungen zu einzelnen Mängeln des Fahrzeuges.
6Denn frei von Unfallschäden ist ein Fahrzeug nur dann, wenn es keine Schäden erlitten hat, die als erheblich anzusehen sind, wobei geringfügige, ausgebesserte Blechschäden und Schönheitsfehler (Bagatellschäden) aus dem Begriff ausgeklammert werden (vgl. LG Karlsruhe, Urt. v. 1. Februar 2005 - 8 O 614/04 -, NJW-RR 2005, S. 1368 (1369); OLG Düsseldorf, Urt. v. 3. Dezember 2004 - 14 U 33/04 -, ZfSch 2005, S. 130 ff.; Pammler in: jurisPK-BGB, 6. Aufl. 2012, § 434 Rn. 197). Dabei bedarf es einer Gesamtwürdigung der betreffenden Schäden.
7Im vorliegenden Fall mögen zwar die einzelnen Mängel für sich betrachtet die Bagatellgrenze nicht überschreiten. Insgesamt jedoch kann bei substantiiert dargelegten Reparaturkosten in Höhe von netto 1.065,- EUR und einem Minderwert von netto 640,- EUR einerseits und einem Kaufpreis von nur 7.500,- EUR andererseits nicht mehr von Bagatellschäden ausgegangen werden, sondern liegt ein Schadenumfang vor, der den Wert des gekauften Pkw erheblich beeinträchtigt.
8Ihrer Art nach gehen die Schäden ferner jedenfalls teilweise (Dellen und verschobener Stoßfänger) nicht auf den gewöhnlichen Gebrauch einen Pkw zurück, sondern setzen mehr oder weniger schwere Kollisionen des Pkw bzw. Anstöße voraus.
9b) Soweit die Beklagte eine Kenntnis des Klägers allgemein behauptet und dies aus einer angeblichen Offensichtlichkeit der betreffenden Schäden („… Dies war für Jedermann ersichtlich. Und nicht zu übersehen. …“, S. 1 des Schriftsatzes vom 10. Januar 2014, Bl. 29 GA) herzuleiten versucht, reicht das vor dem Hintergrund der die Beklagte im Rahmen des § 442 Abs. 1 S. 1 BGB treffenden Darlegungs- und Substantiierungslast selbst dann nicht aus, wenn man dies der Berufungsbegründung folgend so versteht, dass das für alle seitens des Sachverständigen festgestellten Karosserieschäden gelten sollte. Denn mag auch ein von Farbsprühnebel überdeckter Nebelscheinwerfer bei genauer Betrachtung des Pkw ohne weiteres erkennbar und dementsprechend mit Rücksicht auf eine umfängliche Besichtigung des Fahrzeuges im Zuge des Kaufs nicht unwahrscheinlich sein, so steht angesichts des geringen Umfangs des betreffenden Mangels und der konkreten Stelle doch keineswegs fest, dass der Kläger den Mangel entdeckt hatte. Erst recht gilt das nach den dem Sachverständigengutachten zu entnehmenden Fotos des Fahrzeugs sowie der Schadstellen für die übrigen Mängel bzw. Schäden. Zur Darlegung der nach § 442 Abs. 1 S. 1 BGB erforderlichen Kenntnis hätte die Beklagte konkrete äußere Tatsachen dartun und unter Beweis stellen müssen, aus denen sich eine Kenntnis des Klägers von den Schäden mit hinreichender Sicherheit hätte schließen lassen. Unter Berücksichtigung der Lichtbilder aus dem Sachverständigengutachten reichte dazu die allgemeine Behauptung, die Schäden seien offensichtlich gewesen, nicht aus, sondern es hätte insofern detaillierten Vorbringens zum genauen Umfang der Schäden sowie zu anderen Anhaltspunkten für eine Kenntnisnahme des Klägers von den Mängeln bedurft. Daran hat es nicht nur im ersten Rechtszug gemangelt, sondern daran fehlt es auch im Berufungsverfahren.
10c) Ebensowenig hat die Beklagte den Umfang der Schäden und die daraus folgende Offensichtlichkeit derselben so konkret dargetan, dass sich daraus eine grobe Fahrlässigkeit des Klägers ergibt. Das gilt selbst für den von Farbsprühnebel verdeckten Nebelscheinwerfer mit Rücksicht auf dessen Position am Fahrzeug und dessen geringen Umfang. Erst recht gilt das für die übrigen Schäden am Fahrzeug, zumal die Lichtbilder gegen eine Offensichtlichkeit dieser Schäden sprechen.
11Hinzu kommt, dass die im Vertrag ausdrücklich übernommene Garantie der Unfallfreiheit (vgl. Kaufvertrag S. 4, Anlage K 1, Bl. 10 GA) als Beschaffenheitsgarantie im Sinne des § 442 Abs. 1 S. 2 BGB einem Haftungsausschluss wegen grober Fahrlässigkeit entgegensteht.
12d) Die von der Beklagten geforderte Beweisaufnahme durch Vernehmung ihres Ehemannes als Zeuge kommt demnach mangels hinreichender Darlegungen der Beklagten im Rahmen des § 442 BGB nicht in Betracht.
132. Hinsichtlich der weiteren, mit der Klage geltend gemachten Ansprüche des Klägers gegen die Beklagte sowie den Annahmeverzug betreffend ist den Ausführungen des Landgerichts auch unter Berücksichtigung der Berufungsbegründung nichts hinzuzufügen.
143. Da die Berufung der Beklagten aus den vorstehenden Gründen nicht nur gemäß § 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, sondern auch weder Fragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO), noch eine Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 ZPO), noch eine mündliche Verhandlung zur weiteren Aufklärung der Sache oder aus anderen Gründen geboten erscheint (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 ZPO), ist das Rechtsmittel durch Beschluss im schriftlichen Verfahren zurückzuweisen.

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(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
(1) Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546) beruht oder nach § 529 zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.
(2) Die Berufung kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat.
(1) Durch den Kaufvertrag wird der Verkäufer einer Sache verpflichtet, dem Käufer die Sache zu übergeben und das Eigentum an der Sache zu verschaffen. Der Verkäufer hat dem Käufer die Sache frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen.
(2) Der Käufer ist verpflichtet, dem Verkäufer den vereinbarten Kaufpreis zu zahlen und die gekaufte Sache abzunehmen.
(1) Die Sache ist frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang den subjektiven Anforderungen, den objektiven Anforderungen und den Montageanforderungen dieser Vorschrift entspricht.
(2) Die Sache entspricht den subjektiven Anforderungen, wenn sie
- 1.
die vereinbarte Beschaffenheit hat, - 2.
sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet und - 3.
mit dem vereinbarten Zubehör und den vereinbarten Anleitungen, einschließlich Montage- und Installationsanleitungen, übergeben wird.
(3) Soweit nicht wirksam etwas anderes vereinbart wurde, entspricht die Sache den objektiven Anforderungen, wenn sie
- 1.
sich für die gewöhnliche Verwendung eignet, - 2.
eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen derselben Art üblich ist und die der Käufer erwarten kann unter Berücksichtigung - a)
der Art der Sache und - b)
der öffentlichen Äußerungen, die von dem Verkäufer oder einem anderen Glied der Vertragskette oder in deren Auftrag, insbesondere in der Werbung oder auf dem Etikett, abgegeben wurden,
- 3.
der Beschaffenheit einer Probe oder eines Musters entspricht, die oder das der Verkäufer dem Käufer vor Vertragsschluss zur Verfügung gestellt hat, und - 4.
mit dem Zubehör einschließlich der Verpackung, der Montage- oder Installationsanleitung sowie anderen Anleitungen übergeben wird, deren Erhalt der Käufer erwarten kann.
(4) Soweit eine Montage durchzuführen ist, entspricht die Sache den Montageanforderungen, wenn die Montage
- 1.
sachgemäß durchgeführt worden ist oder - 2.
zwar unsachgemäß durchgeführt worden ist, dies jedoch weder auf einer unsachgemäßen Montage durch den Verkäufer noch auf einem Mangel in der vom Verkäufer übergebenen Anleitung beruht.
(5) Einem Sachmangel steht es gleich, wenn der Verkäufer eine andere Sache als die vertraglich geschuldete Sache liefert.
(1) Erbringt bei einem gegenseitigen Vertrag der Schuldner eine fällige Leistung nicht oder nicht vertragsgemäß, so kann der Gläubiger, wenn er dem Schuldner erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung bestimmt hat, vom Vertrag zurücktreten.
(2) Die Fristsetzung ist entbehrlich, wenn
- 1.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert, - 2.
der Schuldner die Leistung bis zu einem im Vertrag bestimmten Termin oder innerhalb einer im Vertrag bestimmten Frist nicht bewirkt, obwohl die termin- oder fristgerechte Leistung nach einer Mitteilung des Gläubigers an den Schuldner vor Vertragsschluss oder auf Grund anderer den Vertragsabschluss begleitenden Umstände für den Gläubiger wesentlich ist, oder - 3.
im Falle einer nicht vertragsgemäß erbrachten Leistung besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen den sofortigen Rücktritt rechtfertigen.
(3) Kommt nach der Art der Pflichtverletzung eine Fristsetzung nicht in Betracht, so tritt an deren Stelle eine Abmahnung.
(4) Der Gläubiger kann bereits vor dem Eintritt der Fälligkeit der Leistung zurücktreten, wenn offensichtlich ist, dass die Voraussetzungen des Rücktritts eintreten werden.
(5) Hat der Schuldner eine Teilleistung bewirkt, so kann der Gläubiger vom ganzen Vertrag nur zurücktreten, wenn er an der Teilleistung kein Interesse hat. Hat der Schuldner die Leistung nicht vertragsgemäß bewirkt, so kann der Gläubiger vom Vertrag nicht zurücktreten, wenn die Pflichtverletzung unerheblich ist.
(6) Der Rücktritt ist ausgeschlossen, wenn der Gläubiger für den Umstand, der ihn zum Rücktritt berechtigen würde, allein oder weit überwiegend verantwortlich ist oder wenn der vom Schuldner nicht zu vertretende Umstand zu einer Zeit eintritt, zu welcher der Gläubiger im Verzug der Annahme ist.
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
(1) Die Rechte des Käufers wegen eines Mangels sind ausgeschlossen, wenn er bei Vertragsschluss den Mangel kennt. Ist dem Käufer ein Mangel infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben, kann der Käufer Rechte wegen dieses Mangels nur geltend machen, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen oder eine Garantie für die Beschaffenheit der Sache übernommen hat.
(2) Ein im Grundbuch eingetragenes Recht hat der Verkäufer zu beseitigen, auch wenn es der Käufer kennt.
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.