Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 21. Juli 2015 - 6 WF 92/15
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners vom 26.02.2015 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Bielefeld vom 09.02.2015 (34 F 1424/12) wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Antragsgegner auferlegt.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 4.000,00 € festgesetzt.
1
Gründe
2I.
3Die Antragstellerin hat vor dem Amtsgericht – Familiengericht – Bielefeld gegen den Antragsgegner Ansprüche auf Trennungs- und Kindesunterhalt geltend gemacht. Nachdem sie für das erstinstanzliche Verfahren Gerichtskosten in Höhe von 2.568,00 € vorausgezahlt hatte, nahm sie den Antragsgegner in einem einstweiligen Anordnungsverfahren (AG Bielefeld 34 F 2216/12) unter anderem auf Zahlung eines Verfahrenskostenvorschusses in Höhe von 4.000,00 € für das Unterhaltsverfahren in Anspruch. Auf entsprechende Anordnung zahlte der Antragsgegner diesen Betrag am 20.11.2012 an die Antragsgegnerin. Das Unterhaltsverfahren entschied der 1. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm durch Beschluss vom 19.12.2013, wobei die Kosten des Verfahrens in erster und zweiter Instanz bei einem Wert des Beschwerdeverfahrens von 43.394,00 € gegeneinander aufgehoben wurden.
4Mit Schriftsatz vom 08.01.2014 beantragte der Antragsgegner, ihm entstandenen Rechtsanwaltskosten in erster Instanz in Höhe von 4.281,08 € auszugleichen. Gleichzeitig wies er auf den gezahlten Verfahrenskostenvorschuss hin und bat um Berücksichtigung im Kostenfestsetzungsverfahren.
5Durch Kostenfestsetzungsbeschluss vom 09.02.2015 ordnete die Rechtspflegerin beim Amtsgericht Bielefeld die Erstattung von 1.432,00 € von dem Antragsgegner an die Antragstellerin an. In die Berechnung flossen lediglich die Gerichtskosten in beiden Instanzen sowie die von der Antragstellerin geleisteten Vorauszahlungen ein; der Verfahrenskostenvorschuss blieb unberücksichtigt.
6Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragsgegners. Er ist der Auffassung, der geleistete Verfahrenskostenvorschuss sei im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens zu berücksichtigen. Wegen des Vorschusses seien die Gerichtskosten im Ergebnis nicht von der Antragstellerin, sondern von ihm geleistet worden.
7Die Antragstellerin verteidigt die angefochtene Entscheidung.
8II.
9Die gemäß §§ 113 Abs. 1 FamFG, 104, 567 ff. ZPO zulässige sofortige Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Zutreffend hat das Amtsgericht den vom Antragsgegner gezahlten Verfahrenskostenvorschuss im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens unberücksichtigt gelassen.
10Ein solcher Vorschuss wird im Rahmen der gesetzlichen Unterhaltspflicht und nicht im Vorgriff auf einen späteren Kostenerstattungsanspruch geleistet. Würde er gleichwohl hiermit – in voller Höhe oder entsprechend der Quotelung der Kostengrundentscheidung – verrechnet, liefe das im Ergebnis auf eine teilweise Rückzahlung hinaus. Über den nur unter engen Voraussetzungen bestehenden Rückzahlungsanspruch ist aber nicht im Kostenfestsetzungsverfahren, sondern in einem gesonderten Rechtsstreit nach materiell-rechtlichen Kriterien zu entscheiden. Ein unstreitig gezahlter Prozess- oder Verfahrenskostenvorschuss kann im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens daher nur angerechnet werden, wenn und soweit der Vorschuss und ein bestehender Kostenerstattungsanspruch des Vorschussempfängers zusammen die dieser Partei entstandenen Kosten übersteigen. Mit einer solchen Anrechnung wird sichergestellt, dass die Vorschussleistung die Kosten des Berechtigten voll abdeckt andererseits wird vermieden, dass der Berechtigte aus der Prozessführung einen kostenmäßigen Gewinn erzielt (BGH, Beschluss vom 09.12.2009, XII ZB 79/06, NJW-RR 2010, 718ff., Rn. 19ff. – zitiert nach juris; vgl. auch Schulz, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 4. Auflage 2013, § 104 Rn. 49).
11Ausgehend von diesen Grundsätzen ist der Verfahrenskostenvorschuss im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens nicht zu berücksichtigen. Bei einem erstinstanzlichen Verfahrenswert von bis zu 125.000,00 € und einem Wert des Beschwerdeverfahrens von 43.394,00 € übersteigen die der Antragstellerin entstandenen Anwaltskosten die Summe aus dem erhaltenen Verfahrenskostenvorschuss von 4.000,00 € und aus dem Erstattungsbetrag hinsichtlich der Gerichtskosten von 1.432,00 € deutlich. Würde in dieser Situation der vom Antragsgegner als Unterhalt gezahlte Verfahrenskostenvorschuss auch nur insoweit berücksichtigt, als die von der Antragstellerin vorausgezahlten Gerichtskosten als Zahlungen des Antragsgegners angesehen würden, liefe dies wirtschaftlich auf eine Rückzahlung des Vorschusses hinaus, die im Kostenfestsetzungsverfahren aus den genannten Gründen nicht stattfinden darf.
12Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 113 Abs. 1 FamFG, 97 Abs. 1 ZPO. Bei der Wertfestsetzung hat der Senat berücksichtigt, dass der Antragsgegner im Ergebnis eine Rückforderung des Verfahrenskostenvorschusses anstrebt.
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(1) In Ehesachen und Familienstreitsachen sind die §§ 2 bis 22, 23 bis 37, 40 bis 45, 46 Satz 1 und 2 sowie die §§ 47 und 48 sowie 76 bis 96 nicht anzuwenden. Es gelten die Allgemeinen Vorschriften der Zivilprozessordnung und die Vorschriften der Zivilprozessordnung über das Verfahren vor den Landgerichten entsprechend.
(2) In Familienstreitsachen gelten die Vorschriften der Zivilprozessordnung über den Urkunden- und Wechselprozess und über das Mahnverfahren entsprechend.
(3) In Ehesachen und Familienstreitsachen ist § 227 Abs. 3 der Zivilprozessordnung nicht anzuwenden.
(4) In Ehesachen sind die Vorschriften der Zivilprozessordnung über
- 1.
die Folgen der unterbliebenen oder verweigerten Erklärung über Tatsachen, - 2.
die Voraussetzungen einer Klageänderung, - 3.
die Bestimmung der Verfahrensweise, den frühen ersten Termin, das schriftliche Vorverfahren und die Klageerwiderung, - 4.
die Güteverhandlung, - 5.
die Wirkung des gerichtlichen Geständnisses, - 6.
das Anerkenntnis, - 7.
die Folgen der unterbliebenen oder verweigerten Erklärung über die Echtheit von Urkunden, - 8.
den Verzicht auf die Beeidigung des Gegners sowie von Zeugen oder Sachverständigen
(5) Bei der Anwendung der Zivilprozessordnung tritt an die Stelle der Bezeichnung
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Die Parteien streiten darüber, ob ein von dem Beklagten an die Klägerin geleisteter Prozesskostenvorschuss auf den sich nach der Kostenausgleichung ergebenden Kostenerstattungsanspruch der Klägerin anzurechnen ist.
- 2
- Die Klägerin hat den Beklagten auf Zahlung von Trennungs- und Kindesunterhalt in Anspruch genommen. Für das erstinstanzliche Verfahren hat der Beklagte ihr einen Prozesskostenvorschuss in Höhe von 2.100 € geleistet. Nach dem Urteil des Amtsgerichts hat die Klägerin ein Viertel und der Beklagte drei Viertel der Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Die Berufung des Beklagten , für deren Abwehr der Klägerin Prozesskostenhilfe bewilligt wurde, ist kostenpflichtig zurückgewiesen worden.
- 3
- Das Amtsgericht hat die von dem Beklagten an die Klägerin zu erstattenden Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens und des Berufungsverfahrens auf insgesamt 1.794 € zuzüglich Zinsen festgesetzt. Dabei sind auf Seiten der Klägerin für die erste Instanz außergerichtliche Kosten von 2.489,88 € berücksichtigt worden, ferner von ihr gezahlte Gerichtskosten in Höhe von 715,50 €. Unter Einbeziehung der außergerichtlichen Kosten des Beklagten für die erste Instanz in Höhe 3.450,59 € sowie der Gerichtskosten von 777,60 € hat das Amtsgericht im Wege der Kostenausgleichung einen Erstattungsanspruch der Klägerin für die erste Instanz von 1.526,86 € errechnet. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat es unter Berücksichtigung der den Prozessbevollmächtigten der Klägerin - im Rahmen der ihr insoweit bewilligten Prozesskostenhilfe - aus der Staatskasse geleisteten Vergütung mit 268,14 € hinzugesetzt.
- 4
- Mit der hiergegen gerichteten sofortigen Beschwerde hat der Beklagte die Anrechnung des von ihm gezahlten Prozesskostenvorschusses auf den Kostenerstattungsanspruch der Klägerin begehrt. Das Rechtsmittel hatte nur in Höhe eines Betrages von 420,48 € nebst Zinsen Erfolg. Mit der - vom Oberlandesgericht zugelassenen - Rechtsbeschwerde macht der Beklagte weiterhin geltend, der Prozesskostenvorschuss sei in voller Höhe auf den Kostenerstattungsanspruch der Klägerin anzurechnen, hilfsweise auf den für die erste Instanz errechneten Erstattungsanspruch.
II.
- 5
- Für das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG noch das bis Ende August 2009 geltende Prozessrecht anwendbar, weil der Rechtsstreit vor diesem Zeitpunkt eingeleitet worden ist (vgl. OLG Köln FamRZ 2009, 1852 f.; OLG Stuttgart Beschluss vom 22. Oktober 2009 - 18 UF 233/03 - veröffentlicht bei juris; OLG Schleswig Beschluss vom 21. Oktober 2009 - 2 W 152/09 - veröffentlicht bei juris und OLG Dresden Beschluss vom 20. Oktober 2009 - 3 W 1077/09 - veröffentlicht bei juris).
- 6
- Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthafte und im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
- 7
- 1. Das Oberlandesgericht hat die von dem Beklagten an die Klägerin zu erstattenden Kosten auf 1.373,52 € zuzüglich Zinsen herabgesetzt und dabei den geleisteten Prozesskostenvorschuss teilweise berücksichtigt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Frage, inwieweit ein unstreitig gezahlter Prozesskostenvorschuss im Kostenerstattungsanspruch bei Streit über die Anrechnung berücksichtigt werden könne, sei dahin zu beantworten, dass eine Anrechnung nur dann und insoweit zu erfolgen habe, als der Prozesskostenvorschuss und der Kostenerstattungsanspruch des Vorschussempfängers dessen tatsächlich entstandene Kosten überstiegen. Nur so könne dem Umstand hinreichend Rechnung getragen werden, dass es sich bei der Verrechnung des Prozesskostenvorschusses der Sache nach um einen materiellrechtlichen Einwand handele, über den im Kostenfestsetzungsverfahren grundsätzlich nicht zu entscheiden sei. Andererseits dürfe dieses Verfahren auch nicht dazu führen, dass der Prozesskostenvorschussempfänger mehr an Kosten erhalte, als ihm tatsächlich entstanden seien. Eine Anrechnung des Prozesskostenvorschusses komme daher im vorliegenden Fall nur in Höhe von 420,48 € in Betracht. Die der Klägerin entstandenen und von ihr tatsächlich verauslagten Kosten der ersten Instanz beliefen sich entsprechend den im Übrigen zutreffenden Berechnungen in dem angefochtenen Beschluss auf insgesamt 3.205,38 €. Der Prozesskostenvorschuss von 2.100 € und der Erstattungsanspruch der Klägerin für die erste Instanz in Höhe von 1.525,86 € ergäben einen Betrag von insgesamt 3.625,86 €. Die Klägerin erhielte somit 420,48 € (3.625,86 € abzüglich 3.205,38 €) zuviel, wenn es bei dem vom Amtsgericht errechneten Erstattungsanspruch bleibe. In Höhe des Betrages von 420,48 € sei deshalb eine Verrechnung mit dem gezahlten Prozesskostenvorschuss vorzunehmen, der Erstattungsanspruch von 1.525,86 € mithin um diesen Betrag zu kürzen, so dass für die erste Instanz ein Erstattungsbetrag von 1.105,38 € verbleibe. Unter Berücksichtigung des Erstattungsanspruchs der Klägerin für die zweite Instanz in Höhe von 268,14 € sei ein Betrag von insgesamt 1.373,52 € festzusetzen, der der Klägerin von dem Beklagten zu erstatten sei.
- 8
- Hiergegen wendet sich die Rechtsbeschwerde ohne Erfolg.
- 9
- 2. a) Bei dem Vortrag, der gezahlte Prozesskostenvorschuss sei auf den Kostenerstattungsanspruch der Klägerin anzurechnen, handelt es sich nicht um eine im Gebührenrecht wurzelnde, sondern um eine materiell-rechtliche Einwendung. Solche Einwendungen, wie Erfüllung des Kostenerstattungsanspruchs , Aufrechnung oder abweichende außergerichtliche Kostenvereinbarung , sind in der Regel außerhalb des Kostenfestsetzungsverfahrens geltend zu machen. Denn dieses Verfahren, das mit dem Erlass eines Kostenfestsetzungsbeschlusses abschließt, ist eine Fortsetzung der zwischen den Parteien ergangenen Kostengrundentscheidung; es behandelt allein die Frage, welcher Betrag nach der Kostengrundentscheidung zu erstatten ist. Deshalb ist das Kostenfestsetzungsverfahren auf eine formale Prüfung der Kostentatbestände und auf die Klärung einfacher Fragen des Kostenrechts zugeschnitten und aus diesem Grund auf den Rechtspfleger übertragen. Die Klärung von zwischen den Parteien streitigen Tatsachen und von komplizierteren Rechtsfragen ist in diesem Verfahren nicht vorgesehen und mangels der dafür notwendigen verfahrensrechtlichen Instrumente auch nicht sinnvoll möglich (BGH Beschlüsse vom 23. März 2006 - V ZB 189/05 - FamRZ 2006, 854, 855 und vom 22. November 2006 - IV ZB 18/06 - NJW-RR 2007, 422). Materiell-rechtliche Einwände gegen den Kostenerstattungsanspruch sind daher grundsätzlich nicht zu berücksichtigen ; vielmehr sind diese vorrangig mit der Vollstreckungsgegenklage geltend zu machen (BGHZ 5, 251, 253 f.).
- 10
- b) Allerdings kann es aus verfahrensökonomischen Gründen angezeigt sein, den Kostenerstattungsschuldner nicht auf die - einen ungleich höheren Aufwand erfordernde - Vollstreckungsgegenklage zu verweisen, wenn es um materiell-rechtliche Einwände geht, die keine Tatsachenaufklärung erfordern und sich mit den im Kostenfestsetzungsverfahren zur Verfügung stehenden Mitteln ohne Weiteres klären lassen. Das kann etwa der Fall sein, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen feststehen, weil sie unstreitig sind oder vom Rechtspfleger im Festsetzungsverfahren ohne Schwierigkeiten aus den Akten ermittelt werden können. Solche Einwände können deshalb ausnahmsweise auch im Kostenfestsetzungsverfahren erhoben und beschieden werden (BGH Beschlüsse vom 23. März 2006 - V ZB 189/05 - FamRZ 2006, 854, 855 und vom 22. November 2006 - IV ZB 18/06 - NJW-RR 2007, 422; Stein/Jonas/Bork ZPO 22. Aufl. § 104 Rdn. 15; Zöller/Herget ZPO 27. Aufl. § 104 Rdn. 21 Stichwort : Materiell-rechtliche Einwendungen).
- 11
- c) Zu einer unter den genannten Voraussetzungen zu berücksichtigenden materiell-rechtlichen Einwendungen gehört auch ein von einer Partei an die andere unstreitig gezahlter Prozesskostenvorschuss (Zöller/Herget aaO § 104 Rdn. 21 Stichwort: Prozesskostenvorschuss; Stein/Jonas/Bork aaO § 104 Rdn 21; Musielak/Wolst ZPO 6. Aufl. § 104 Rdn. 10; MünchKomm-ZPO/Giebel 3. Aufl. § 104 Rdn. 45; Johannsen/Henrich/Sedemund-Treiber Eherecht 4. Aufl. § 127 a ZPO Rdn. 11). Zwar kann im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens keine Verpflichtung zur Rückerstattung angeordnet werden. Denn die Frage , ob und ggf. inwieweit ein Prozesskostenvorschuss zurückzuzahlen ist, kann nicht aus der Kostenentscheidung abgeleitet werden, sondern ist nach dem den § 1360 ff. BGB zugrunde liegenden Rechtsgedanken, also nach materiellrechtlichen Kriterien, zu entscheiden (BGHZ 56, 92, 95 f.; Senatsurteil vom 15. Mai 1985 - IV b ZR 33/84 - FamRZ 1985, 802). Nicht jedwede Anrechnung im Kostenfestsetzungsverfahren läuft - wie im Einzelnen noch darzustellen ist - im Ergebnis allerdings auf eine Rückzahlung hinaus. Da die Zahlung des Vorschusses im vorliegenden Fall unstreitig erfolgt ist, hat das Berufungsgericht deshalb zu Recht geprüft, ob und inwieweit sich dies auf den Kostenerstattungsanspruch der Klägerin auswirkt.
- 12
- 3. Dabei scheidet eine Berücksichtigung des Prozesskostenvorschusses hinsichtlich des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin für das Berufungsverfahren allerdings von vornherein aus. Der Beklagte hat zwar die Kosten des Berufungsverfahrens voll zu tragen. Einer in dieser Fallkonstellation an sich möglichen Anrechnung des Prozesskostenvorschusses auf den Kostenerstattungsanspruch - weil der Vorschussgeber die Kosten andernfalls zweimal zahlen müsste (vgl. hierzu OLG Köln FamRZ 2006, 218; OLG Karlsruhe FamRZ 1986, 376, 377; OLG Koblenz JurBüro 1985, 1254; OLG Celle FamRZ 1985, 731, 732) - steht hier aber entgegen, dass der Vorschuss allein für das erstinstanzliche Verfahren gezahlt worden ist (vgl. OLG Düsseldorf FamRZ 2009, 638). Deshalb kommt allein eine Anrechnung auf den die erste Instanz betreffenden Kostenerstattungsanspruch der Klägerin in Betracht.
- 13
- 4. a) Nach dem Urteil des Amtsgerichts hat die Klägerin ein Viertel und der Beklagte drei Viertel der Kosten des Rechtsstreits erster Instanz zu tragen. In derartigen Fällen einer Kostenquotelung, bei denen der Vorschussempfänger auch einen Teil der Kosten des Gegners zu tragen hat, ist für die Berücksichtigung eines Prozesskostenvorschusses dann kein Raum, wenn der auf den Vorschussempfänger entfallende Kostenanteil höher ist als der erhaltene Vor- schuss. Denn bei dieser Fallgestaltung würde die Berücksichtigung auf eine Rückzahlung des Vorschusses hinauslaufen (ebenso MünchKomm-ZPO/Giebel aaO § 104 Rdn. 46; Musielak/Wolst aaO § 104 Rdn. 10; OLG Köln FamRZ 2006, 218). Hierüber ist aber nach materiell-rechtlichen Gesichtspunkten und nicht im Kostenfestsetzungsverfahren zu befinden.
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- b) Im vorliegenden Fall ist der Kostenerstattungsanspruch der Klägerin für die erste Instanz allerdings niedriger als der geleistete Prozesskostenvorschuss (1.526,86 € gegenüber dem vom Beklagten vorgeschossenen Betrag von 2.100 €). Bei dieser Konstellation ist in Rechtsprechung und Schrifttum grundsätzlich nicht mehr streitig, dass ein Prozesskostenvorschuss im Kostenfestsetzungsverfahren berücksichtigt werden kann (vgl. etwa KG FamRZ 1987, 1064 f.; a.A. noch KG JurBüro 1981, 44 f.; OLG Düsseldorf Rechtspfleger 2005, 483 ff.; a.A. noch OLG Düsseldorf FamRZ 1996, 1409 f.; MünchKomm-ZPO/ Giebel aaO § 104 Rdn. 45 f.; Musielak/Wolst aaO § 104 Rdn. 9 f.; Zöller/Herget aaO § 104 Rdn. 21 Stichwort: Prozesskostenvorschuss; offen: OLG Oldenburg FamRZ 1998, 445 und NJW-RR 1994, 1411). Nicht einheitlich beantwortet wird indessen die Frage, in welchem Umfang ein Kostenvorschuss auf den Erstattungsanspruch des Vorschussempfängers anzurechnen ist.
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- c) Insofern werden im Wesentlichen drei Lösungen vertreten:
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- aa) Nach Auffassung des Oberlandesgerichts Celle (21. Zivilsenat, FamRZ 1985, 731, 732) kann eine Anrechnung nur entsprechend der Quotelung der Kostengrundentscheidung erfolgen. Wolle man vermeiden, dass der Vorschussgeber den Vorschuss in unzulässiger Weise zurückfordere, könne eine Anrechnung nur so vorgenommen werden, dass derjenige Anteil des Vorschusses berücksichtigt werde, der dem Kostenanteil entspreche, den der Leistende selbst zu tragen habe. Denn das sei der Anteil, den der Unterlegene bei der isolierten Kostenberechnung vom Obsiegenden verlangen könnte, wobei sich dieser entgegenhalten lassen müsse, insoweit bereits durch den Erhalt des Vorschusses befriedigt zu sein.
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- bb) Nach einer weiteren Meinung ist der Vorschuss in voller Höhe mit dem Erstattungsanspruch zu verrechnen (OLG Braunschweig FamRZ 2005, 1190; OLG Düsseldorf Rechtspfleger 2005, 483, 484 f. und FamRZ 2009, 638; OLG Köln JurBüro 1998, 309 und OLGR 2006, 133; OLG München FamRZ 1994, 1605 f.; OLG Schleswig OLGR 2002, 269, 270; OLG Stuttgart JurBüro 1987, 1411 f. und FamRZ 1992, 1462 f.; OLG Zweibrücken MDR 1998, 862; Musielak/Wolst aaO § 104 Rdn. 10; MünchKomm-ZPO/Giebel aaO § 104 Rdn. 46; Zöller/Herget aaO § 104 Rdn. 21 Stichwort: Prozesskostenvorschuss; Thomas/Putzo/Hüßtege ZPO 30. Aufl. § 104 Rdn. 13; FAKomm-FamR/Klein 3. Aufl. § 1360 a Rdn. 60; Gernhuber/Coester-Waltjen Familienrecht 5. Aufl. § 21 Rdn. 85 Fn. 159). Wenn der Vorschuss nämlich vorrangig auf den nicht erstattbaren Kostenteil verrechnet würde, erhielte der Vorschussempfänger im wirtschaftlichen Ergebnis mehr, als ihm als Vorschuss und gemäß der Kostengrundentscheidung zustünde. Dass er von allen Kosten befreit werden könne, sei aber mit der unterhaltsrechtlichen Natur des Vorschusses nicht zu rechtfertigen. Aus dieser lasse sich auch kein Grund für eine spätere wirtschaftliche Erhöhung der Leistung herleiten.
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- cc) Eine dritte Ansicht geht dahin, dass der Prozesskostenvorschuss nur insoweit zu berücksichtigen ist, als die Summe aus Erstattungsbetrag und Vorschuss den Gesamtbetrag der den Vorschussempfänger betreffenden Kosten übersteigt (OLG Bamberg FamRZ 1999, 724 und FamRZ 1997, 1417 [LS]; OLG Celle [17. Zivilsenat] OLGR 1997, 243, 244; OLG Frankfurt OLGR 2005, 278, 279; FuR 2001, 523 und JurBüro 1992, 246; OLG Hamm FamRZ 1999, 728; KG NJW-RR 2002, 140 und FamRZ 1987, 1064; OLG Karlsruhe FamRZ 1986, 376; OLG Koblenz JurBüro 1985, 1254 f. und 1982, 448; OLG Nürnberg FuR 2002, 287, 288; EzFamRaktuell 2000, 101 f. und FamRZ 1999, 1217, 1218; Stein/Jonas/Bork aaO § 104 Rdn. 22; Johannsen/Henrich/Sedemund-Treiber aaO § 127 a ZPO Rdn. 11; Dose Einstweiliger Rechtsschutz in Familiensachen 2. Aufl. Rdn. 121; Staudinger/Voppel BGB [2007] § 1360 a Rdn. 95; Palandt/ Brudermüller BGB 68. Aufl. § 1360 a Rdn. 21).
- 19
- 5. Der Senat folgt der zuletzt genannten Auffassung. Der Prozesskostenvorschuss nach § 1360 a BGB wird zur Bestreitung eines unterhaltsrechtlichen Sonderbedarfs gewährt, damit der Berechtigte den Prozess führen kann. Damit dient dieser Vorschuss auch zur Deckung der Kosten, die der Berechtigte anderweitig nicht ersetzt erhält, weil sie wegen der Kostenteilung von seinem Kostenerstattungsanspruch nicht umfasst werden. Der Prozesskostenvorschuss wird dagegen nicht im Vorgriff auf einen späteren Kostenerstattungsanspruch geleistet. Würde er gleichwohl hiermit - in voller Höhe oder entsprechend der Quotelung der Kostengrundentscheidung - verrechnet, liefe das im Ergebnis auf eine teilweise Rückzahlung hinaus. Über den nur unter engen Voraussetzungen bestehenden Rückzahlungsanspruch ist aber nicht im Kostenfestsetzungsverfahren , sondern in einem gesonderten Rechtsstreit nach materiell-rechtlichen Kriterien - nämlich dem den §§ 1360 ff. BGB zugrunde liegenden Rechtsgedanken - zu entscheiden (siehe unter 2 c). Das gilt auch, soweit die Rechtsbeschwerde geltend macht, einer Verrechnung stehe jedenfalls dann nichts im Wege, wenn diese nicht zu einer Beeinträchtigung des notwendigen Lebensunterhalts des Vorschussberechtigten führe. Für derartige materiell-rechtliche Feststellungen ist das formale Kostenfestsetzungsverfahren von seiner Funktion her nicht geeignet.
- 20
- Andererseits führt das Unterbleiben einer Verrechnung nicht zu einer Erhöhung der Vorschussleistung. Der Vorschusspflichtige hat zwar über den Vor- schuss hinaus für weitere Kosten aufzukommen. Die entsprechende Verpflichtung dient aber der Umsetzung der Kostengrundentscheidung. Im Falle einer Verrechnung des Prozesskostenvorschusses mit dem Kostenerstattungsanspruch würde dagegen der Vorschussgewährung mittelbar Einfluss auf die Kostengrundentscheidung zukommen. Für diese ist aber die Vorschusszahlung ohne Bedeutung.
- 21
- Eine Anrechnung des geleisteten Prozesskostenvorschusses kann deshalb nur erfolgen, wenn und soweit der Vorschuss und ein bestehender Kostenerstattungsanspruch des Vorschussempfängers zusammen die dieser Partei entstandenen Kosten übersteigen. Durch eine solchermaßen begrenzte Anrechnung wird der Zweck der Vorschussleistung, die Kosten des Berechtigten voll abzudecken, gewahrt. Andererseits wird vermieden, dass der Berechtigte aus der Prozessführung einen kostenmäßigen Gewinn erzielt. Letztlich hat diese Beurteilung auch zur Folge, dass der Vorschussberechtigte nicht deshalb schlechter steht, weil er den Prozess gegen den Vorschusspflichtigen und nicht gegen einen Dritten geführt hat.
- 22
- 6. Danach hat das Berufungsgericht zu Recht den Prozesskostenvorschuss in Höhe des - rechnerisch zutreffend ermittelten - Betrages von 420,48 € auf den die Kosten erster Instanz betreffenden Kostenerstattungsanspruch der Klägerin angerechnet. Eine weitergehende Verrechnung war nicht vorzunehmen.
Vorinstanzen:
AG Burg, Entscheidung vom 18.08.2005 - 51 F 112/03 -
OLG Naumburg, Entscheidung vom 16.03.2006 - 3 WF 38/06 -
(1) In Ehesachen und Familienstreitsachen sind die §§ 2 bis 22, 23 bis 37, 40 bis 45, 46 Satz 1 und 2 sowie die §§ 47 und 48 sowie 76 bis 96 nicht anzuwenden. Es gelten die Allgemeinen Vorschriften der Zivilprozessordnung und die Vorschriften der Zivilprozessordnung über das Verfahren vor den Landgerichten entsprechend.
(2) In Familienstreitsachen gelten die Vorschriften der Zivilprozessordnung über den Urkunden- und Wechselprozess und über das Mahnverfahren entsprechend.
(3) In Ehesachen und Familienstreitsachen ist § 227 Abs. 3 der Zivilprozessordnung nicht anzuwenden.
(4) In Ehesachen sind die Vorschriften der Zivilprozessordnung über
- 1.
die Folgen der unterbliebenen oder verweigerten Erklärung über Tatsachen, - 2.
die Voraussetzungen einer Klageänderung, - 3.
die Bestimmung der Verfahrensweise, den frühen ersten Termin, das schriftliche Vorverfahren und die Klageerwiderung, - 4.
die Güteverhandlung, - 5.
die Wirkung des gerichtlichen Geständnisses, - 6.
das Anerkenntnis, - 7.
die Folgen der unterbliebenen oder verweigerten Erklärung über die Echtheit von Urkunden, - 8.
den Verzicht auf die Beeidigung des Gegners sowie von Zeugen oder Sachverständigen
(5) Bei der Anwendung der Zivilprozessordnung tritt an die Stelle der Bezeichnung