Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 15. Sept. 2014 - 3 UF 109/13
Tenor
Die Beschwerde der Antragsgegnerin (Kindesmutter) gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Gelsenkirchen-Buer vom 25.04.2013 wird zurückgewiesen. Die Beschwerde des Antragsgegners (Kindesvaters) wird als unzulässig verworfen.
Von der Erhebung von Gerichtskosten wird abgesehen; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000,- € festgesetzt.
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Gründe:
2I.
3Die 38-jährige Kindesmutter und der Kindesvater, Herr N, sind die Eltern des 13-jährigen nichtehelichen Kindes C N (*27.05.2001). Sowohl die Eltern als auch C besitzen die rumänische Staatsbürgerschaft und lebten zunächst auch in Rumänien.
4Seit der Trennung der Eltern im Mai 2005 lebte die Kindesmutter mit C in Deutschland. Der Kindesvater blieb zunächst weiter in Rumänien, sein derzeitiger Aufenthaltsort ist unbekannt, vermutlich lebt er in Norwegen. Die Verfahrensbevollmächtigte der Kindesmutter konnte keinen Kontakt zu ihm herstellen.
5Durch Urteil des Gerichtshofes P (Rumänien) vom 28.09.2006 ist der Kindesmutter - mit Zustimmung des Kindesvaters - das Recht zur „Großerziehung und Belehrung“ des Kindes C übertragen worden; im Übrigen verblieb es bei der gemeinsamen elterlichen Sorge.
6Die Kindesmutter ist seit April 2006 mit dem Kraftfahrer I (*##.##.19##) verheiratet. Die Familie ist dem Jugendamt der Stadt Gelsenkirchen seit 2006 bekannt, weil von verschiedenen Stellen eine Überforderung der Kindesmutter mit der Erziehung Cs sowie massive, auch körperliche Auseinandersetzungen zwischen den Eheleuten einerseits und der Kindesmutter und C andererseits berichtet wurden. Im September 2010 wurden die Kindesmutter und C in einem Frauenhaus untergebracht, weil die Kindesmutter unter Alkoholeinfluss gegen ihren Ehemann randaliert und diesen mit einer Gabel bewaffnet körperlich angegriffen hatte; im Januar 2011 kehrte die Kindesmutter jedoch zu ihrem Ehemann zurück. Zu ihrer Unterstützung betreffend die Erziehung von C wurde eine niederschwellige Erziehungshilfe eingesetzt.
7Ende September 2011 wurde C, der Spuren körperlicher Misshandlungen aufwies, zunächst mit Einverständnis der Kindesmutter seitens des Jugendamts in Obhut genommen. Er erklärte, von seiner Mutter geschlagen und eingesperrt worden zu sein. Das sodann seitens der Kindesmutter angestrengte Herausgabeverfahren (20 F 339/11 Amtsgericht-Familiengericht-Gelsenkirchen-Buer) wurde im Hinblick auf ihr erneut erklärtes Einverständnis hinsichtlich der Inobhutnahme in der Hauptsache für erledigt erklärt.
8Die Kindesmutter befand sich sodann vom 14.10.2011 bis Ende Dezember 2011 in Strafvollstreckungshaft, weil sie wegen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden war.
9Mit Antrag vom 27.10.2011 hat das Jugendamt im vorliegenden Verfahren hinsichtlich der Kindesmutter die teilweise Entziehung der elterlichen Sorge angeregt (Aufenthaltsbestimmungsrecht, Recht zur Gesundheitsfürsorge, Recht zur Beantragung von Hilfen), weil diese sich u.a. aufgrund von Misshandlungen in Form von Schlägen als ungeeignet zur Erziehung des Kindes C erwiesen habe und deshalb der begründete Verdacht der Kindeswohlgefährdung bestehe.
10Am 28.10.2011 hat das Amtsgericht-Familiengericht-Gelsenkirchen-Buer der Kindesmutter im Wege der einstweiligen Anordnung (20 F 370/11) Teilbereiche des Sorgerechts entzogen. C wurde - mit Einverständnis der Kindeseltern - aus der Obhut des Jugendamts entlassen und lebte zunächst im Haushalt des Ehemannes der Kindesmutter.
11Nach der Haftentlassung zog die Kindesmutter als Untermieterin in die Wohnung eines Herrn Q. Sie suchte einen Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie auf, der ihr bereits nach drei Sitzungen bescheinigte, dass keine psychische Erkrankung bei ihr vorliege.
12Ab dem 13.07.2012 befand sich C mit Unterstützung einer Mitarbeiterin der SPFH (Frau E) im Haushalt der Kindesmutter. Im Dezember 2012 wurde er erneut - mit Einverständnis der Kindesmutter - seitens des Jugendamts in Obhut genommen, um ihn auf die weitere Strafvollstreckungshaft der Kindesmutter im Frühjahr 2013 vorzubereiten.
13Der Ehemann der Kindesmutter teilte mit Schreiben vom 29.08.2013 (Bl.448) mit, dass er aus beruflichen Gründen nicht mehr in der Lage sei, für C Verantwortung zu übernehmen.
14Das Familiengericht hat das Kind C sowie die übrigen Beteiligten angehört, hat ein schriftliches Gutachten der Sachverständigen Dipl.-Psych. L nebst mündlicher Erläuterung eingeholt, und hat sodann mit der angefochtenen Entscheidung dem Kindesvater vollständig und der Kindesmutter teilweise die elterliche Sorge entzogen und insoweit auf das Jugendamt der Stadt H(Herrn G) als Pfleger übertragen.
15Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme lägen die Voraussetzungen des § 1666 BGB vor. Die Kindesmutter sei nicht in der Lage, für das Kind C - für das ein erhöhter Erziehungsbedarf bestünde - angemessen zu sorgen. Aufgrund des aktuellen Zustandes müsse von einer weiteren negativen Entwicklung des Kindes ausgegangen werden, so dass die Gefahr einer erheblichen Kindeswohlgefährdung bestehe.
16Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Kindesmutter. Sie macht unter Bezugnahme auf eine psychologische Stellungnahme des Dipl.-Psych. S vom 16.05.2013 im Wesentlichen geltend:
17- 18
Das Gutachten der Sachverständigen L weise methodische Mängel und Unstimmigkeiten auf und habe deshalb die Beweisfrage nicht beantwortet; das Familiengericht habe sich folglich für seine Entscheidung auch nicht auf das Gutachten stützen dürfen. So habe die Sachverständige diverse Explorationstermine mit ihr durchgeführt, jedoch zu dem ersten Gespräch keinen Dolmetscher hinzugezogen, so dass ihre Angaben nicht verwertbar seien. Das Gutachten lasse auch nicht erkennen, ob sie seitens der Sachverständigen auf ihr Recht hingewiesen worden sei, einen Dolmetscher hinzuziehen zu können oder überhaupt die Aussage verweigern zu können.
- 19
Die Sachverständige habe fehlerhaft nur eine einzelne Interaktionsbeobachtung zwischen ihr und C durchgeführt, statt diese wiederholt durchzuführen, um so verlaufsdiagnostisch eine Entwicklung oder Veränderung der Beziehung analysieren zu können.
- 20
Statt einen neutralen Ort zu wählen, habe die Sachverständige die testpsychologischen Untersuchungen mit C am 19.09.2012 und 23.11.2012 in den Räumen der Schule durchgeführt. Hierdurch ergebe sich eine Verfälschung des Testergebnisses aufgrund der schulischen Atmosphäre, die auf die Situation eingewirkt haben könnte.
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Die Sachverständige habe eine informatorische Anhörung der Leiterin der OGS (Frau C1) und der Klassenlehrerin von C (Frau T) durchgeführt, ohne zuvor von ihr - der Kindesmutter - die erforderliche Entbindung von der Schweigepflicht einzuholen. Aus diesem Grund sei die Sachverständige befangen, so dass ihr Gutachten nicht verwertbar sei.
- 22
Weil die Sachverständige einen Mittelschicht-Sprachcode benutzt habe, sei sie - die Kindesmutter - mit der Fragestellung überfordert gewesen und habe deswegen überhaupt nicht oder nur ausweichend geantwortet.
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Die Erziehungshilfe Frau E habe eine positive Entwicklung der Kindesmutter geschildert; die Sachverständige habe dies aber weder hinreichend in die Interpretation der Untersuchungsergebnisse einfließen lassen noch habe sie erörtert, ob die langfristige Durchführung einer Familienhilfe - als milderes Mittel - zu einer umfassenden Veränderung ihres Erziehungsverhaltens gegenüber C führen könnte.
Die Kindesmutter beantragt,
25den angefochtenen Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht - Gelsenkirchen-Buer vom 25.04.2013 abzuändern und ihr die alleinige elterliche Sorge für das Kind C N zu übertragen.
26Der Pfleger und das Jugendamt der Stadt Gelsenkirchen beantragen,
27die Beschwerde der Kindesmutter zurückzuweisen.
28Das Jugendamt hat im Rahmen der Beschwerde den Bericht vom 31.07.2013 vorgelegt. Danach wohne C seit dem 19.12.2012 in der „S-Gruppe“ des Kinderheims St. F in H, in die er sich gut integriert habe. Aggressive Verhaltensweisen in Konfliktsituationen seien bei ihm bislang nicht beobachtet worden.
29Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze und die zu den Akten gereichten Anlagen Bezug genommen.
30Der Senat hat am 29.11.2013 das beteiligte Kind, die Kindesmutter, den Verfahrensbeistand, den Pfleger des beteiligten Kindes und die Vertreterin des Jugendamtes ausführlich angehört und die Sachverständige Dipl.-Psych. L ergänzend vernommen. Wegen der Ergebnisse der Anhörungen und der Beweisaufnahme wird auf den Vermerk des Berichterstatters vom 24.01.2014 (Bl.473-477) Bezug genommen.
31Der Senat hat sodann mit Beweisbeschluss vom 24.01.2014 die Einholung eines familienpsychiatrischen Gutachtens zu der Frage angeordnet, ob und - ggf. - unter welchen Voraussetzungen zum Wohle des Kindes C N eine Rückführung in den Haushalt der Kindesmutter möglich sei. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. Dr. I vom 23.06.2014 (Bl.503-558) Bezug genommen.
32Der Verfahrensbeistand hat sich mit Schriftsatz vom 05.07.2014 den Empfehlungen des Sachverständigen uneingeschränkt angeschlossen. Die Kindesmutter hat mit Schriftsatz vom 22.07.2014 und das Jugendamt der Stadt H hat mit Schreiben vom 08.08.2014 zu dem Ergebnis der Beweisaufnahme Stellung genommen.
33II.
34Die gegen den Beschluss des Amtsgerichts-Familiengericht-Gelsenkirchen-Buer vom 25.04.2013 gerichtete, zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin - Kindesmutter - hat in der Sache keinen Erfolg. Die Beschwerde des Antragsgegners - Kindesvaters - ist unzulässig.
35A.
36Es findet gemäß Art. 111 Abs.1 FGG-RG das ab dem 01.09.2009 geltende Verfahrensrecht Anwendung, weil das zu Grunde liegende Verfahren erst am 27.10.2011 von der Antragstellerin eingeleitet worden ist.
37B.
38Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist nach den §§ 58 Abs.1, 59 Abs.1 FamFG statthaft und fristgerecht innerhalb der einmonatigen Beschwerdefrist des § 63 Abs.1 FamFG gemäß § 64 Abs.1 FamFG beim Amtsgericht Gelsenkirchen-Buer eingelegt und begründet worden. Demgegenüber ist die Beschwerde des Antragsgegners nicht wirksam eingelegt worden. Denn es kann nicht festgestellt werden, dass er die Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin wirksam bevollmächtigt hat, auch in seinem Namen Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht - Gelsenkirchen-Buer vom 25.04.2013 einzulegen. Die angebliche, der Unterschrift nach jedoch unleserliche Vollmacht des Antragsgegners vom 02.05.2013 liegt dem Senat lediglich in Kopie vor. Die Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin ist durch entsprechende Verfügung des Senats sowohl unter dem 13.06.2013 als auch unter dem 21.06.2013 ergebnislos aufgefordert worden, die Vollmacht des Antragsgegners im Original vorzulegen. Hintergrund hierfür ist die
39Erklärung der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin in der Beschwerdeschrift vom 28.05.2013, der derzeitige Aufenthaltsort des Kindesvaters sei ihr unbekannt. Auf die erneute Aufforderung des Senats vom 25.07.2013 hat die Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin sodann mit Schriftsatz vom 26.09.2013 das Mandat für den Antragsgegner niedergelegt.
40C.
41Das Familiengericht und der Senat sind für die Entscheidung in dem Verfahren betreffend die elterliche Sorge für das Kind C international zuständig. Dies stellt der Senat vorliegend trotz des § 65 Abs.4 FamFG ausdrücklich positiv fest. Soweit nach dieser Regelung an sich eine Beschwerde nicht darauf gestützt werden kann, das Gericht des ersten Rechtszuges habe seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen, gilt dieser Ausschluss der Zuständigkeitsprüfung entgegen dem weiten Wortlaut der Norm nicht für die internationale Zuständigkeit. Angesichts der Komplexität der Materie, insbesondere der Vielzahl der vorrangigen europäischen Vorschriften und staatsvertraglichen Bestimmungen, unterliegt die internationale Zuständigkeit vielmehr umfänglich der Prüfung des Beschwerdegerichts (Keidel/Sternal, FamFG, 18. A., § 65 Rn.18a).
42Das Familiengericht hat sich in der Begründung des angefochtenen Beschlusses zwar nicht ausdrücklich mit der Möglichkeit einer Entscheidung nach dem deutschen Verfahrensrecht befasst. Es ist jedoch wohl stillschweigend - und im Ergebnis zutreffend - von der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte ausgegangen, obwohl unstreitig sowohl die Eltern als auch C die rumänische Staatsbürgerschaft besitzen und die Familie bis 2005 zunächst auch in Rumänien lebte. Ausweislich des Urteils des Gerichtshofes P (Rumänien) vom 28.09.2006 ist über die Berechtigung der Kindesmutter zur „Großerziehung und Belehrung“ des Kindes C auch unzweifelhaft nach rumänischem Recht entschieden worden.
43Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte für die Regelung der elterlichen Sorge beurteilt sich nach der Brüssel IIa–Verordnung vom 27.11.2003, welche die internationale Zuständigkeit im Verhältnis zwischen den EU-
44Mitgliedstaaten für alle Entscheidungen über die elterliche Verantwortung unabhängig von Trennung oder Scheidung für eheliche ebenso wie für nichteheliche Kinder regelt (Verordnung EG VO Nr. 2201/2003 des Rates vom 27.11.2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung).
45International zuständig sind nach Brüssel IIa–Verordnung Art. 8 I grundsätzlich die Gerichte des EU-Mitgliedsstaats, in dem das Kind zurzeit der Antragstellung seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Dies gilt auch, wenn es die Staatsangehörigkeit eines Drittstaats besitzt (Palandt/Thorn, BGB 73.A., Art.21 EGBGB Rn.7). Seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat C bereits seit 2005 in Deutschland.
46Weil die internationale Zuständigkeit sich bereits aus der Verordnung Brüssel IIa ergibt, kommt ein Rückgriff auf die deutschen Zuständigkeitsnormen des Art.21 EGBGB sowie des § 99 Abs.1 S.1 Nr.2 FamFG nicht mehr in Betracht. Sie führen indes zum selben Ergebnis.
47D.
48Die Beschwerde der Antragsgegnerin hat in der Sache keinen Erfolg.
49Das Familiengericht hat zutreffend das Vorliegen einer Gefährdung des Kindeswohls im Sinne der §§ 1666, 1666a BGB festgestellt. Aus diesem Grund war das Familiengericht auch zu einer Abänderung des Urteils des Gerichtshofes Oradea (Rumänien) vom 28.09.2006 gemäß § 1696 BGB berechtigt. Denn auch ausländische Sorgerechtsentscheidungen, die im Inland anerkennungsfähig sind, können grundsätzlich abgeändert werden, wenn dies aus triftigen, das Wohl des Kindes nachhaltig berührenden Gründen angezeigt ist. Dies liegt bereits in der Natur der Sache, denn die Fürsorge für das Kind hat stets Vorrang, so dass es notwendig ist, auf eventuelle Änderungen reagieren zu können.
501.
51Auch nach dem Ergebnis der ergänzend durch den Senat erfolgten Beweisaufnahme wäre derzeit eine Gefährdung des Kindeswohls im Sinne des § 1666 BGB anzunehmen, wenn es zu einer Rückführung des Kindes C in die Obhut der Kindesmutter kommen würde.
52Der Senat stützt sich insoweit auf die Erkenntnisse der Sachverständigen Dipl.-Psych. L in dem familienpsychologischen Gutachten vom 18.12.2012, die durch die Anhörung der Beteiligten und die ergänzende Vernehmung der Sachverständigen im Senatstermin vom 29.11.2013 bestätigt worden sind. Weiter stützt sich der Senat auf die Erkenntnisse des Sachverständigen Prof. Dr. Dr. I in dem familienpsychiatrischen Gutachten vom 23.06.2014. Konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Fachkunde oder Objektivität des Sachverständigen wecken, haben die Beteiligten weder aufgezeigt noch sind sie sonst ersichtlich.
53Eine Gefährdung des Kindeswohls i.S.v. § 1666 BGB ist vorliegend anzunehmen, denn es besteht die begründete gegenwärtige Besorgnis, dass bei Nichteingreifen des Gerichts das Wohl des Kindes C beeinträchtigt würde. Erforderlich ist insoweit der Eintritt eines sich mit einiger Sicherheit abzeichnenden Schadens, eine nur zukünftig drohende Gefahr genügt nicht (BGH FamRZ 2005,344; OLG Hamm FamRZ 2006,359).
54Nach dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. Dr. I liegen solche gegenwärtigen Gefahren für C vor. Hiernach ist auch aus psychiatrischer Sicht das körperliche, geistige oder seelische Wohl des 13-jährigen Kindes bei einer Rückkehr in die Obhut der Kindesmutter gefährdet.
55C sei ein hoch belastetes Kind, das in seinem bisherigen Leben häufig überfordert gewesen sei und dessen frühes Bedürfnis nach Schutz und Sicherheit weder von seiner Mutter noch von dritten Personen beantwortet worden sei. Bei C liege nicht
56nur eine deutliche Bindungsunsicherheit vor, sondern die massiven Gewalterfahrungen durch seine engsten Bindungspersonen - seine Mutter und seinen Stiefvater - hätten bei ihm auch zu Traumatisierungen geführt. Deutliche Hinweise auf eine posttraumatische Belastungsstörung seien zunächst den Ergebnissen der durchgeführten Tests - hier insbesondere der CROPS - zu entnehmen. Weiter könnten als Symptome der Traumafolgestörung Cs ausgeprägte Müdigkeit, seine Konzentrationsstörungen, sein Abgleiten in Erinnerungen, ins Leere starren und Tagträumen gewertet werden.
57Traumatisierte Kinder benötigten grundsätzlich viel Sicherheit und Vorhersehbarkeit, zudem einen sicheren Ort und sichere Beziehungen. Die angebotenen Beziehungen sollten deshalb langfristig, verlässlich, wertschätzend und wohlwollend sein. Sie sollten Schutz gewähren und diesen erlebbar machen. Vor diesem Hintergrund benötige C neben einem sicheren Ort und sicheren Beziehungen auch eine Therapie, die ihm helfe, seine Vergangenheit zu bearbeiten und zu bewältigen. Darüber hinaus benötige das Kind eine engmaschige Begleitung und Anleitung im Alltag, um zu lernen, den Alltagsanforderungen gerecht zu werden. Weil C in seinem bisherigen Leben wenig gelernt habe, die Regeln, Grenzen und Anforderungen angst- und konfliktfrei zu akzeptieren, sei zu vermuten, dass seine Akzeptanz für den - Halt und Struktur gebenden - engmaschig begleitenden Rahmen der Wohngruppe nur deutlich eingeschränkt vorhanden sei.
58Die Kindesmutter habe sich nach den Ausführungen des Sachverständigen zwar im Verlauf des vergangenen Jahres stabilisiert und beruhigt; sie erlebe sich dabei auch handlungsfähiger als in der Vergangenheit. Dennoch sei bei ihr kein Zuwachs an erzieherischen Kompetenzen deutlich geworden. Auch ihre Konfliktfähigkeit und ihre Fähigkeit, mit Krisen umzugehen, hätten sich noch nicht grundsätzlich verbessert. Die Affektregulationsfähigkeit scheine ebenfalls eher gering. Es bleibe für ihn - den Sachverständigen - unklar, wie die Kindesmutter zukünftige Krisen bewältigen wolle. Aktuell habe es den Anschein, als wenn sie Konflikte eher durch Nachgiebigkeit zu vermeiden suche. Zudem neige die Kindesmutter dazu, die Verantwortung für
59problematische Dinge stets Dritten zuzuschieben. Schließlich erschwere die konkrete Beziehungsgestaltung zu C - einerseits eine unsichere und vermeidende Kontaktaufnahme, andererseits impulsiv hochfahrende Reaktionsweisen - die Herstellung eines emotionalen Anschlusses an das Kind, was wiederum eine grundlegende Voraussetzung für die Lenk- und Leitarbeit der Kindesmutter sei. Dabei könne auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Kindesmutter die Aufnahme einer Therapie für sich nicht in Betracht ziehe.
60C benötige indes vorrangig - wie bereits oben ausgeführt - einen als sicher und vorhersagbar erlebten Lebensmittelpunkt mit der nötigen Balance zwischen den Anforderungen nach sozialer Anpassung und der Möglichkeit der Selbstentfaltung. Er benötige ein verlässliches und konstantes Beziehungsangebot nebst entsprechender Wertschätzung. Darüber hinaus benötige C eine Therapie, um durch Verarbeitung belastender Ereignisse zu einer verbesserten Konzentrationsfähigkeit zu gelangen, seine Müdigkeit zu verringern und mit seinen Gedanken mehr in der Gegenwart zu bleiben.
61Weil die Kindesmutter sich aber dem verweigernden (oder auch langsamen) C gegenüber weiterhin hilflos und handlungsunfähig zeige, sei mit prognostisch sehr hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass es bei einer zeitnahen Rückkehr des Kindes in den mütterlichen Haushalt innerhalb kurzer Zeit wieder zu Eskalation und Destabilisierung kommen werde. Wenn sämtliche Konflikte, die aktuell auftreten, dann seitens der Kindesmutter geklärt und gelöst werden müssten, sei eine erneute Überforderung der Kindesmutter sehr wahrscheinlich und die Mutter-Sohn-Beziehung wäre durch ein Abgleiten in Negativkreisläufe nochmals gefährdeter. Damit wäre die Eingliederung Cs in die Gesellschaft gefährdet.
622.
63Die teilweise Entziehung der elterlichen Sorge auf Seiten der Kindesmutter ist für das Kindeswohl erforderlich, § 1666a BGB.
64Das nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vorauszusetzende schwerwiegende - auch unverschuldete - Fehlverhalten und die daraus resultierende erhebliche Gefährdung des Kindeswohls liegen hier vor. Das elterliche Fehlverhalten der Kindesmutter hat hier ein solches Ausmaß erreicht, dass C bei einer Rückkehr in ihren Haushalt in seinem körperlichen, geistigen und seelischen Wohl nachhaltig gefährdet wäre. Insoweit ist aufgrund der Defizite der Kindesmutter mit der Gefahr erheblicher Schäden für die weitere Entwicklung des Kindes zu rechnen. Denn diese ist nach den Feststellungen des Sachverständigen nicht in der Lage, die Gefährdung abzuwenden, so dass es zur Gefahrenabwehr geboten sei, der Kindesmutter die elterliche Sorge in Teilen zu entziehen.
65Der Sachverständige Prof. Dr. Dr. I hat im Gesamtergebnis die Empfehlung ausgesprochen, dass Cs Lebensmittelpunkt weiterhin und langfristig in einer Einrichtung der Jugendhilfe sein sollte. Er hat weiter empfohlen, C in die geplante tagesklinische kinderpsychiatrische Behandlung aufzunehmen und ihn möglichst langfristig therapeutisch zu begleiten. Hierdurch soll C die Möglichkeit erhalten, seine Traumatisierungen zu verarbeiten und seine Integration in einen altersentsprechenden Alltag zu verbessern.
66Soweit der Sachverständige Prof. Dr. Dr. I es als sinnvoll erachtet hat, C in einen kleineren Gruppenrahmen mit tiergestützter Arbeit wechseln zu lassen, folgt der Senat dieser Empfehlung nicht. Vielmehr ergibt sich auf der Grundlage der ausführlich begründeten Stellungnahme des Jugendamts der Stadt H vom 08.08.2014 - die auch eine Auswertung des Kurzberichts des Kinder- und Jugendhauses St. F in H vom 22.07.2014 beinhaltet - die vorzugswürdige Vorgehensweise, C zunächst in der dortigen Gruppe „S“ weiter wohnen zu lassen. Das Jugendamt hat zur Begründung seiner Empfehlung insbesondere ausgeführt, C habe sich in dieser Gruppe gut eingelebt und sei bereits Bindungen eingegangen. Die Gruppe beschreibe ihn u.a. als liebenswürdig und harmonisch. Insoweit würde ein Wechsel der Einrichtung für C einen Bindungsabbruch bedeuten. Zudem sei bei einem Verbleib in der jetzigen Einrichtung die notwendige therapeutische Anbindung gegeben, weil ab Mitte August Probesitzungen in einer ambulanten Kinder- und Jugendpsychotherapeutischen Praxis stattfänden, um die traumatischen Kindheitserfahrungen Cs aufzuarbeiten.
67Die Möglichkeit des Einsatzes milderer Mittel ist derzeit nicht ersichtlich. Denn nach den Ausführungen des Sachverständigen erscheinen ambulante Hilfen derzeit nicht ausreichend, um den Erfordernissen Cs an Sicherheit und Stabilität gerecht zu werden. Auch aufgrund der Zustimmungen des Verfahrensbeistands, des Pflegers und des Jugendamts der Stadt B zu der Fremdunterbringung des Kindes C in einer Einrichtung der Jugendhilfe ist in der Beschwerdeinstanz - unter strikter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit - davon auszugehen, dass kein milderes Mittel als die teilweise Übertragung der elterlichen Sorge auf das Jugendamt der Stadt B als Pfleger zur Verfügung steht.
683.
69Der Anregung der Kindesmutter auf erneute Durchführung einer mündlichen Verhandlung, bei der auch die Umgangskontakte und eine Ferienregelung getroffen werden sollen, kann nicht entsprochen werden. Denn die Regelung der vorgenannten Umgangskontakte ist nicht Gegenstand dieses Beschwerdeverfahrens. Andere Gesichtspunkte, die einen erneuten Eintritt in die mündliche Verhandlung geboten erscheinen lassen könnten, hat die Kindesmutter nicht vorgetragen.
70E.
71Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 84, 81 I FamFG.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 15. Sept. 2014 - 3 UF 109/13
Urteilsbesprechung schreiben0 Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 15. Sept. 2014 - 3 UF 109/13
Referenzen - Gesetze
(1) Wird das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes oder sein Vermögen gefährdet und sind die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage, die Gefahr abzuwenden, so hat das Familiengericht die Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung der Gefahr erforderlich sind.
(2) In der Regel ist anzunehmen, dass das Vermögen des Kindes gefährdet ist, wenn der Inhaber der Vermögenssorge seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind oder seine mit der Vermögenssorge verbundenen Pflichten verletzt oder Anordnungen des Gerichts, die sich auf die Vermögenssorge beziehen, nicht befolgt.
(3) Zu den gerichtlichen Maßnahmen nach Absatz 1 gehören insbesondere
- 1.
Gebote, öffentliche Hilfen wie zum Beispiel Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe und der Gesundheitsfürsorge in Anspruch zu nehmen, - 2.
Gebote, für die Einhaltung der Schulpflicht zu sorgen, - 3.
Verbote, vorübergehend oder auf unbestimmte Zeit die Familienwohnung oder eine andere Wohnung zu nutzen, sich in einem bestimmten Umkreis der Wohnung aufzuhalten oder zu bestimmende andere Orte aufzusuchen, an denen sich das Kind regelmäßig aufhält, - 4.
Verbote, Verbindung zum Kind aufzunehmen oder ein Zusammentreffen mit dem Kind herbeizuführen, - 5.
die Ersetzung von Erklärungen des Inhabers der elterlichen Sorge, - 6.
die teilweise oder vollständige Entziehung der elterlichen Sorge.
(4) In Angelegenheiten der Personensorge kann das Gericht auch Maßnahmen mit Wirkung gegen einen Dritten treffen.
(1) Auf Verfahren, die bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit beantragt wurde, sind weiter die vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden. Auf Abänderungs-, Verlängerungs- und Aufhebungsverfahren finden die vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften Anwendung, wenn die Abänderungs-, Verlängerungs- und Aufhebungsverfahren bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit beantragt wurde.
(2) Jedes gerichtliche Verfahren, das mit einer Endentscheidung abgeschlossen wird, ist ein selbständiges Verfahren im Sinne des Absatzes 1 Satz 1.
(3) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren in Familiensachen, die am 1. September 2009 ausgesetzt sind oder nach dem 1. September 2009 ausgesetzt werden oder deren Ruhen am 1. September 2009 angeordnet ist oder nach dem 1. September 2009 angeordnet wird, die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden.
(4) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren über den Versorgungsausgleich, die am 1. September 2009 vom Verbund abgetrennt sind oder nach dem 1. September 2009 abgetrennt werden, die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden. Alle vom Verbund abgetrennten Folgesachen werden im Fall des Satzes 1 als selbständige Familiensachen fortgeführt.
(5) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren über den Versorgungsausgleich, in denen am 31. August 2010 im ersten Rechtszug noch keine Endentscheidung erlassen wurde, sowie auf die mit solchen Verfahren im Verbund stehenden Scheidungs- und Folgesachen ab dem 1. September 2010 die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden.
(1) Die Beschwerde findet gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Endentscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte in Angelegenheiten nach diesem Gesetz statt, sofern durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist.
(2) Der Beurteilung des Beschwerdegerichts unterliegen auch die nicht selbständig anfechtbaren Entscheidungen, die der Endentscheidung vorausgegangen sind.
(1) Die Beschwerde steht demjenigen zu, der durch den Beschluss in seinen Rechten beeinträchtigt ist.
(2) Wenn ein Beschluss nur auf Antrag erlassen werden kann und der Antrag zurückgewiesen worden ist, steht die Beschwerde nur dem Antragsteller zu.
(3) Die Beschwerdeberechtigung von Behörden bestimmt sich nach den besonderen Vorschriften dieses oder eines anderen Gesetzes.
(1) Die Beschwerde ist, soweit gesetzlich keine andere Frist bestimmt ist, binnen einer Frist von einem Monat einzulegen.
(2) Die Beschwerde ist binnen einer Frist von zwei Wochen einzulegen, wenn sie sich gegen folgende Entscheidungen richtet:
- 1.
Endentscheidungen im Verfahren der einstweiligen Anordnung oder - 2.
Entscheidungen über Anträge auf Genehmigung eines Rechtsgeschäfts.
(3) Die Frist beginnt jeweils mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses an die Beteiligten. Kann die schriftliche Bekanntgabe an einen Beteiligten nicht bewirkt werden, beginnt die Frist spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Erlass des Beschlusses.
(1) Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Beschluss angefochten wird. Anträge auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für eine beabsichtigte Beschwerde sind bei dem Gericht einzulegen, dessen Beschluss angefochten werden soll.
(2) Die Beschwerde wird durch Einreichung einer Beschwerdeschrift oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle eingelegt. Die Einlegung der Beschwerde zur Niederschrift der Geschäftsstelle ist in Ehesachen und in Familienstreitsachen ausgeschlossen. Die Beschwerde muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Sie ist von dem Beschwerdeführer oder seinem Bevollmächtigten zu unterzeichnen.
(3) Das Beschwerdegericht kann vor der Entscheidung eine einstweilige Anordnung erlassen; es kann insbesondere anordnen, dass die Vollziehung des angefochtenen Beschlusses auszusetzen ist.
(1) Die Beschwerde soll begründet werden.
(2) Das Beschwerdegericht oder der Vorsitzende kann dem Beschwerdeführer eine Frist zur Begründung der Beschwerde einräumen.
(3) Die Beschwerde kann auf neue Tatsachen und Beweismittel gestützt werden.
(4) Die Beschwerde kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszugs seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat.
(1) Die deutschen Gerichte sind außer in Verfahren nach § 151 Nr. 7 zuständig, wenn das Kind
Die deutschen Gerichte sind ferner zuständig, soweit das Kind der Fürsorge durch ein deutsches Gericht bedarf.(2) Sind für die Anordnung einer Vormundschaft sowohl die deutschen Gerichte als auch die Gerichte eines anderen Staates zuständig und ist die Vormundschaft in dem anderen Staat anhängig, kann die Anordnung der Vormundschaft im Inland unterbleiben, wenn dies im Interesse des Mündels liegt.
(3) Sind für die Anordnung einer Vormundschaft sowohl die deutschen Gerichte als auch die Gerichte eines anderen Staates zuständig und besteht die Vormundschaft im Inland, kann das Gericht, bei dem die Vormundschaft anhängig ist, sie an den Staat, dessen Gerichte für die Anordnung der Vormundschaft zuständig sind, abgeben, wenn dies im Interesse des Mündels liegt, der Vormund seine Zustimmung erteilt und dieser Staat sich zur Übernahme bereit erklärt. Verweigert der Vormund oder, wenn mehrere Vormünder die Vormundschaft gemeinschaftlich führen, einer von ihnen seine Zustimmung, so entscheidet anstelle des Gerichts, bei dem die Vormundschaft anhängig ist, das im Rechtszug übergeordnete Gericht. Der Beschluss ist nicht anfechtbar.
(4) Die Absätze 2 und 3 gelten entsprechend für Verfahren nach § 151 Nr. 5 und 6.
(1) Wird das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes oder sein Vermögen gefährdet und sind die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage, die Gefahr abzuwenden, so hat das Familiengericht die Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung der Gefahr erforderlich sind.
(2) In der Regel ist anzunehmen, dass das Vermögen des Kindes gefährdet ist, wenn der Inhaber der Vermögenssorge seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind oder seine mit der Vermögenssorge verbundenen Pflichten verletzt oder Anordnungen des Gerichts, die sich auf die Vermögenssorge beziehen, nicht befolgt.
(3) Zu den gerichtlichen Maßnahmen nach Absatz 1 gehören insbesondere
- 1.
Gebote, öffentliche Hilfen wie zum Beispiel Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe und der Gesundheitsfürsorge in Anspruch zu nehmen, - 2.
Gebote, für die Einhaltung der Schulpflicht zu sorgen, - 3.
Verbote, vorübergehend oder auf unbestimmte Zeit die Familienwohnung oder eine andere Wohnung zu nutzen, sich in einem bestimmten Umkreis der Wohnung aufzuhalten oder zu bestimmende andere Orte aufzusuchen, an denen sich das Kind regelmäßig aufhält, - 4.
Verbote, Verbindung zum Kind aufzunehmen oder ein Zusammentreffen mit dem Kind herbeizuführen, - 5.
die Ersetzung von Erklärungen des Inhabers der elterlichen Sorge, - 6.
die teilweise oder vollständige Entziehung der elterlichen Sorge.
(4) In Angelegenheiten der Personensorge kann das Gericht auch Maßnahmen mit Wirkung gegen einen Dritten treffen.
(1) Maßnahmen, mit denen eine Trennung des Kindes von der elterlichen Familie verbunden ist, sind nur zulässig, wenn der Gefahr nicht auf andere Weise, auch nicht durch öffentliche Hilfen, begegnet werden kann. Dies gilt auch, wenn einem Elternteil vorübergehend oder auf unbestimmte Zeit die Nutzung der Familienwohnung untersagt werden soll. Wird einem Elternteil oder einem Dritten die Nutzung der vom Kind mitbewohnten oder einer anderen Wohnung untersagt, ist bei der Bemessung der Dauer der Maßnahme auch zu berücksichtigen, ob diesem das Eigentum, das Erbbaurecht oder der Nießbrauch an dem Grundstück zusteht, auf dem sich die Wohnung befindet; Entsprechendes gilt für das Wohnungseigentum, das Dauerwohnrecht, das dingliche Wohnrecht oder wenn der Elternteil oder Dritte Mieter der Wohnung ist.
(2) Die gesamte Personensorge darf nur entzogen werden, wenn andere Maßnahmen erfolglos geblieben sind oder wenn anzunehmen ist, dass sie zur Abwendung der Gefahr nicht ausreichen.
(1) Eine Entscheidung zum Sorge- oder Umgangsrecht oder ein gerichtlich gebilligter Vergleich ist zu ändern, wenn dies aus triftigen, das Wohl des Kindes nachhaltig berührenden Gründen angezeigt ist. Entscheidungen nach § 1626a Absatz 2 können gemäß § 1671 Absatz 1 geändert werden; § 1671 Absatz 4 gilt entsprechend. § 1678 Absatz 2, § 1680 Absatz 2 sowie § 1681 Absatz 1 und 2 bleiben unberührt.
(2) Eine Maßnahme nach den §§ 1666 bis 1667 oder einer anderen Vorschrift des Bürgerlichen Gesetzbuchs, die nur ergriffen werden darf, wenn dies zur Abwendung einer Kindeswohlgefährdung oder zum Wohl des Kindes erforderlich ist (kindesschutzrechtliche Maßnahme), ist aufzuheben, wenn eine Gefahr für das Wohl des Kindes nicht mehr besteht oder die Erforderlichkeit der Maßnahme entfallen ist.
(3) Eine Anordnung nach § 1632 Absatz 4 ist auf Antrag der Eltern aufzuheben, wenn die Wegnahme des Kindes von der Pflegeperson das Kindeswohl nicht gefährdet.
(1) Wird das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes oder sein Vermögen gefährdet und sind die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage, die Gefahr abzuwenden, so hat das Familiengericht die Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung der Gefahr erforderlich sind.
(2) In der Regel ist anzunehmen, dass das Vermögen des Kindes gefährdet ist, wenn der Inhaber der Vermögenssorge seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind oder seine mit der Vermögenssorge verbundenen Pflichten verletzt oder Anordnungen des Gerichts, die sich auf die Vermögenssorge beziehen, nicht befolgt.
(3) Zu den gerichtlichen Maßnahmen nach Absatz 1 gehören insbesondere
- 1.
Gebote, öffentliche Hilfen wie zum Beispiel Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe und der Gesundheitsfürsorge in Anspruch zu nehmen, - 2.
Gebote, für die Einhaltung der Schulpflicht zu sorgen, - 3.
Verbote, vorübergehend oder auf unbestimmte Zeit die Familienwohnung oder eine andere Wohnung zu nutzen, sich in einem bestimmten Umkreis der Wohnung aufzuhalten oder zu bestimmende andere Orte aufzusuchen, an denen sich das Kind regelmäßig aufhält, - 4.
Verbote, Verbindung zum Kind aufzunehmen oder ein Zusammentreffen mit dem Kind herbeizuführen, - 5.
die Ersetzung von Erklärungen des Inhabers der elterlichen Sorge, - 6.
die teilweise oder vollständige Entziehung der elterlichen Sorge.
(4) In Angelegenheiten der Personensorge kann das Gericht auch Maßnahmen mit Wirkung gegen einen Dritten treffen.
(1) Maßnahmen, mit denen eine Trennung des Kindes von der elterlichen Familie verbunden ist, sind nur zulässig, wenn der Gefahr nicht auf andere Weise, auch nicht durch öffentliche Hilfen, begegnet werden kann. Dies gilt auch, wenn einem Elternteil vorübergehend oder auf unbestimmte Zeit die Nutzung der Familienwohnung untersagt werden soll. Wird einem Elternteil oder einem Dritten die Nutzung der vom Kind mitbewohnten oder einer anderen Wohnung untersagt, ist bei der Bemessung der Dauer der Maßnahme auch zu berücksichtigen, ob diesem das Eigentum, das Erbbaurecht oder der Nießbrauch an dem Grundstück zusteht, auf dem sich die Wohnung befindet; Entsprechendes gilt für das Wohnungseigentum, das Dauerwohnrecht, das dingliche Wohnrecht oder wenn der Elternteil oder Dritte Mieter der Wohnung ist.
(2) Die gesamte Personensorge darf nur entzogen werden, wenn andere Maßnahmen erfolglos geblieben sind oder wenn anzunehmen ist, dass sie zur Abwendung der Gefahr nicht ausreichen.