Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 27. Aug. 2015 - 2 Ausl 115/15

Gericht
Tenor
Die Vollstreckung des noch nicht verbüßten oder durch Anrechnung von Haftzeiten erledigten Strafrestes der gegen den polnischen Staatsangehörigen K , geboren am 11. Oktober 19XX in C/Polen, durch Urteil des Landgerichts Hagen vom 5. Juli 2012 (Az.: 71 KLs 6 Js 63/11 – 2/12) – rechtskräftig seit dem 13. Juli 2012 – verhängten Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren in Polen wird für zulässig erklärt.
1
G r ü n d e :
2I.
3Der Verurteilte ist polnischer Staatsangehöriger.
4Er war am 9. November 2011 auf deutsches Ersuchen (Europäischer Haftbefehl der StA Bielefeld vom 8. Juni 2011 – 6 AR 18/11) von der Republik Polen an die Bundesrepublik Deutschland zur Strafverfolgung ausgeliefert worden. Gemäß Art. 607t § 1 der polnischen Strafprozessordnung (und in Übereinstimmung mit Art. 5 Nr. 3 des Rahmenbeschlusses 2002/584/JI des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten) hatten die polnischen Behörden die Auslieferung unter die Bedingung gestellt, dass der Verurteilte, wenn er in dem deutschen Strafverfahren rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe verurteilt werden sollte, zur Vollstreckung dieser Strafe nach Polen rücküberstellt werde. Eine solche Rücküberstellung hatte der Leitende Oberstaatsanwalt in Bielefeld den polnischen Behörden bzw. dem zuständigen polnischen Gericht mit Verfügung vom 4. Oktober 2011 zugesichert.
5Der Verurteilte ist in dem Strafverfahren, zu dessen Durchführung er ausgeliefert worden war, durch Urteil des Landgerichts Hagen vom 5. Juli 2012 (71 Kls 6 Js 63/11- 2/12), rechtskräftig seit dem 13. Juli 2012, wegen Beihilfe zur gewerbsmäßigen Steuerhehlerei in sieben Fällen, davon in vier Fällen tateinheitlich begangen mit Beihilfe zur Steuerhinterziehung, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt worden. Die Freiheitsstrafe wird am 24. September 2016 vollständig verbüßt sein.
6Mit bestandskräftiger Ordnungsverfügung des Landrates des Rhein-Erft-Kreises –Ausländeramt - vom 20. Januar 2015 hat der Verurteilte das Recht auf Einreise und Aufenthalt für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland gemäß § 6 Abs. 1 FreizügG/EU verloren, wobei die Wirkung der Feststellung des Verlusts des Rechtes auf Einreise und Aufenthalt im Bundesgebiet auf drei Jahre, beginnend ab dem Tag der Ausreise, befristet ist.
7Der Verurteilte ist zu der beabsichtigten Rücküberstellung nach Polen zur (weiteren) Vollstreckung der gegen ihn verhängten Freiheitsstrafe am 14. November 2012 persönlich vor dem Amtsgericht Aachen angehört worden und hat dieser im Hinblick auf seinen langjährigen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland und seine familiäre Situation (Ehefrau und zwei erwachsene Söhne, die jeweils in Deutschland leben) widersprochen.
8Der Leiter der Justizvollzugsanstalt Aachen hat in seiner Stellungnahme vom 3. Juni 2015 ausgeführt, dass der Verurteilte regelmäßigen Kontakt zu seiner Familie habe. Die Ehefrau und einer seiner Söhne würden in Deutschland leben. Zu seinen Brüdern in Polen habe der Verurteilte nur geringen Kontakt. Aufgrund der familiären Bindung in Deutschland würde eine Rücküberstellung seiner Resozialisierung entgegenstehen.
9Die Generalstaatsanwaltschaft Hamm hat in Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft Bielefeld mit Zuschrift vom 29. Juli 2015 beantragt, die weitere Vollstreckung der durch Urteil des Landgerichts Hagen vom 5. Juli 2012 verhängten Gesamtfreiheitsstrafe in Polen für zulässig zu erklären.
10Der Verurteilte ist diesem Antrag mit Schreiben vom 19. August 2015 und mit Schriftsatz seines Beistandes vom 24. August 2015 entgegengetreten. Polen sei nicht mehr sein Heimatland. Hier befinde sich seine Familie, insbesondere seine Ehefrau.
11II.
12Die weitere Vollstreckung der durch Urteil des Landgerichts Hagen vom 5. Juli 2012 gegen den Verfolgten verhängten Gesamtfreiheitsstrafe in Polen war antragsgemäß nach Maßgabe des Rahmenbeschlusses Freiheitsstrafen gemäß § 85 c IRG (n.F.) für zulässig zu erklären.
131.
14Der Senat ist für die Entscheidung über die Zulässigkeit der weiteren Vollstreckung der durch Urteil des Landgerichts Hagen vom 5. Juli 2012 erkannten Freiheitsstrafe in Polen gemäß § 85 a Abs.1, § 85 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 iVm § 71 Abs. 4 S. 2, 3 IRG (n.F.) zuständig.
152.
16Die Staatsanwaltschaft Bielefeld als Vollstreckungsbehörde hat über die Generalstaatsanwaltschaft Hamm beantragt, die gegen den Verurteilten verhängte Freiheitsstrafe einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union – Polen – nach Maßgabe des Rahmenbeschlusses Freiheitsstrafen zu übertragen, § 85 a Abs. 1 iVm § 85 Abs. 1 u. 2 S. 1 Nr. 2 IRG (n.F.).
173.
18Der Verurteilte ist polnischer Staatsangehöriger und damit Staatsangehöriger des Vollstreckungsstaates. Er ist ausweislich der bestandskräftigen Ausweisungsverfügung des Landrates des Rhein-Erft-Kreises vom 20. Januar 2015 ausreisepflichtig gemäß § 50 AufenthG (§ 85 c Nr. 2 IRG n.F.).
194.
20Die weitere Vollstreckung der gegen den Verurteilten durch Urteil des Landgerichts Hagen vom 5. Juli 2012 verhängten Gesamtfreiheitsstrafe ist auch nach Maßgabe des Rahmenbeschlusses 2008/909/JI des Rates vom 27. November 2008 über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auf Urteile in Strafsachen, durch die eine freiheitsentziehende Strafe oder Maßnahme verhängt wird, für die Zwecke ihrer Vollstreckung in der Europäischen Union zulässig.
21Das gegen den Verurteilten durch das Landgericht Hagen ergangene Urteil ist rechtskräftig und es verbleiben daraus gegenwärtig noch mehr als sechs Monate Freiheitsstrafe zu vollstrecken (Art. 9 Abs. 1 lit. h des Rahmenbeschlusses)
22Des weiteren stellen die abgeurteilten Taten auch in Polen Straftaten dar (Art. 7 des Rahmenbeschlusses).
23Das zu vollstreckende Urteil ist nicht vor dem 5. Dezember 2011 ergangen, § 98 b IRG.
24Der Verurteilte hatte Gelegenheit zur mündlichen Stellungnahme (Art 6 Abs. 3 des Rahmenbeschlusses und § 85 Abs. 1 S. 2 IRG); er ist am 14. November 2012 durch den Gs-Richter des Amtsgerichts Aachen zu der beabsichtigten Rücküberstellung angehört worden. Zudem hat sein Beistand mit Schriftsatz vom 14. November 2012 eine Erklärung für den Verurteilten abgegeben. Ferner hat sich der Verurteilte mit Schreiben vom 19. August 2015 und mit Schriftsatz seines Beistandes vom 24. August 2015 zu dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft geäußert.
255.
26Die Abgabe der weiteren Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafe aus dem Urteil des Landgerichts Hagen vom 5. Juli 2012 verstößt auch nicht gegen wesentliche Grundsätze der deutschen Rechtsordnung oder Vorschriften der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 04.11.1950 (MRK). Auch liegt kein Verstoß gegen grundrechtlich geschützte Rechtspositionen des Verurteilten, insbesondere seinem gemäß Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG gewährleisteten Anspruch auf Resozialisierung vor (vgl BVerfG, Beschluss vom 18. Juli 1997,NJW 1997, 3013 ff.).
27Vorliegend ist nämlich insbesondere zu berücksichtigen, dass die polnischen Behörden die damalige Auslieferung des Verurteilten unter die Bedingung der Rücküberstellung für den Fall der Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe gestellt haben und der Leitende Oberstaatsanwalt der Staatsanwaltschaft Bielefeld am 04. Oktober 2011 eine derartige Zusicherung abgegeben hat.
28Diese an die Auslieferung gestellte Bedingung haben die Vollstreckungsbehörde und der Senat ebenso wie die Zusicherung zur Rücküberstellung durch den Leitenden Oberstaatsanwalt in Bielefeld bei ihren Entscheidungen gemäß § 72 IRG zu beachten.
29Zudem ist von besonderem Gewicht, dass der Verurteilte aufgrund der bestands-kräftigen Ausweisungsverfügung des Landrates des Rhein-Erft-Kreises vom 20. Januar 2015 ausreisepflichtig ist. Die Wirkung der Feststellung des Verlustes des Rechtes auf Einreise und Aufenthalt im Bundesgebiet ist ab dem Tag der Ausreise auf 3 Jahre befristet worden. Der Verurteilte dürfte sich demnach auch nach vollständiger Vollstreckung der Freiheitsstrafe in Deutschland und seiner Entlassung aus der inländischen Strafhaft nicht mehr im Bundesgebiet aufhalten. Das den Justizvollzug prägende Ziel der Resozialisierung kann daher durch eine weitere Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafe in Deutschland nicht erreicht werden.
30Eine soziale Wiedereingliederung des Verurteilten in Polen ist demgegenüber aber auch unter Berücksichtigung seiner familiären und sozialen Situation nicht ausgeschlossen.
31Der Verurteilte, der im Dezember 1984 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist ist, hat bisher die Hälfte seines Lebens in Polen und die andere Hälfte in der Bundesrepublik Deutschland verbracht. Zwar leben seine Ehefrau und einer seiner Söhne in Deutschland; Brüder des Verurteilten leben aber nach wie vor in Polen. Auch war der Verurteilte in der Vergangenheit des Öfteren in Polen, um Verwandte zu besuchen und ist dorthin vor der Strafverfolgung in dem hier zu Grunde liegenden Verfahren geflüchtet. Der deutschen Sprache ist der Verurteilte trotz des jahrelangen Aufenthaltes nicht ausreichend mächtig, wie die Hinzuziehung eines Dolmetschers zu dem Anhörungstermin am 14. November 2012 zeigt.
32Zudem entsprach eine Rückkehr nach Polen zumindest phasenweise auch dem Wunsch des Verurteilten. So hatte er mit Schreiben vom 21. November 2013 bei der Staatsanwaltschaft Bielefeld beantragt, zum Halbstrafenzeitpunkt in sein Heimatland Polen abgeschoben zu werden. Einen entsprechenden Antrag hatte der Verurteilte damals auch beim Ausländeramt des Rhein-Erft-Kreises gestellt.

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(1) In Abweichung von § 71 kann die Vollstreckungsbehörde die Vollstreckung einer im Geltungsbereich dieses Gesetzes verhängten freiheitsentziehenden Sanktion einem anderen Mitgliedstaat nach Maßgabe des Rahmenbeschlusses Freiheitsstrafen übertragen. Sie gibt der verurteilten Person Gelegenheit, sich zu äußern. Hiervon kann abgesehen werden, wenn die verurteilte Person einen Antrag auf Übertragung der Vollstreckung an den anderen Mitgliedstaat gestellt hat.
(2) Hält sich die verurteilte Person in der Bundesrepublik Deutschland auf, darf die Vollstreckungsbehörde die Vollstreckung einer freiheitsentziehenden Sanktion in einem anderen Mitgliedstaat nur bewilligen, wenn
- 1.
sich die verurteilte Person mit der Vollstreckung der freiheitsentziehenden Sanktion in dem anderen Mitgliedstaat einverstanden erklärt hat oder - 2.
das Gericht die Vollstreckung der freiheitsentziehenden Sanktion in dem anderen Mitgliedstaat auf Antrag der Vollstreckungsbehörde gemäß § 85c für zulässig erklärt hat.
(3) Entscheidet die Vollstreckungsbehörde, ein Ersuchen um Vollstreckung an einen anderen Mitgliedstaat zu stellen, so hat sie die verurteilte Person schriftlich davon zu unterrichten. Hält sich die verurteilte Person im Hoheitsbereich des anderen Mitgliedstaates auf, darf die Vollstreckungsbehörde dessen zuständige Behörde bitten, die Unterrichtung an die verurteilte Person weiterzuleiten. Dem Ersuchen um Vollstreckung sind die Stellungnahmen, die die verurteilte Person und ihr gesetzlicher Vertreter abgegeben haben, in schriftlicher Form beizufügen.
(4) Die Vollstreckungsbehörde kann ein Ersuchen um Vollstreckung zurücknehmen, solange der andere Mitgliedstaat mit der Vollstreckung noch nicht begonnen hat.
(5) Bewilligt die Vollstreckungsbehörde nicht, dass die freiheitsentziehende Sanktion in einem anderen Mitgliedstaat vollstreckt wird, oder nimmt sie ein Ersuchen gemäß Absatz 4 zurück, so begründet sie diese Entscheidung. Die Vollstreckungsbehörde stellt die Entscheidung der verurteilten Person zu, sofern die verurteilte Person die Vollstreckung in dem anderen Mitgliedstaat beantragt oder sie mit einer solchen Vollstreckung ihr Einverständnis erklärt hat. Die verurteilte Person kann binnen zwei Wochen nach Zustellung einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung stellen. Die §§ 297 bis 300 und 302 Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 der Strafprozessordnung über Rechtsmittel und die §§ 42 bis 47 der Strafprozessordnung über Fristen und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gelten entsprechend.
(1) Die Vollstreckung einer im Geltungsbereich dieses Gesetzes gegen eine ausländische Person verhängten Strafe oder sonstigen Sanktion kann auf einen ausländischen Staat übertragen werden, wenn
- 1.
die verurteilte Person in dem ausländischen Staat ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat oder sich dort aufhält und nicht ausgeliefert wird, weil ein Auslieferungsersuchen nicht gestellt oder abgelehnt wird oder die Auslieferung nicht ausführbar ist, oder - 2.
die Vollstreckung in dem ausländischen Staat im Interesse der verurteilten Person oder im öffentlichen Interesse liegt.
(2) Die Vollstreckung einer im Geltungsbereich dieses Gesetzes gegen eine Person mit deutscher Staatsangehörigkeit verhängten nicht freiheitsentziehenden Strafe oder Sanktion kann auf einen ausländischen Staat übertragen werden, wenn dies im öffentlichen Interesse liegt. Ferner kann die Vollstreckung einer im Geltungsbereich dieses Gesetzes gegen eine Person mit deutscher Staatsangehörigkeit verhängten freiheitsentziehenden Strafe oder sonstigen Sanktion auf einen ausländischen Staat übertragen werden, wenn
- 1.
die verurteilte Person in dem ausländischen Staat ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat oder sich dort aufhält, - 2.
die verurteilte Person nicht ausgeliefert wird, weil ein Auslieferungsersuchen nicht gestellt oder abgelehnt wird oder die Auslieferung nicht ausführbar ist, und - 3.
der verurteilten Person durch die Vollstreckung in dem ausländischen Staat keine erheblichen, außerhalb des Strafzwecks liegenden Nachteile erwachsen.
(3) Die Vollstreckung darf nur übertragen werden, wenn gewährleistet ist, dass der ausländische Staat eine Rücknahme oder eine Beschränkung der Übertragung beachten wird.
(4) Die Vollstreckung einer freiheitsentziehenden Sanktion darf nur übertragen werden, wenn das Gericht die Vollstreckung in dem ausländischen Staat für zulässig erklärt hat. Über die Zulässigkeit entscheidet das Oberlandesgericht durch Beschluss. Die örtliche Zuständigkeit richtet sich nach dem Sitz des Gerichts, das die zu vollstreckende Strafe oder sonstige Sanktion verhängt hat, oder, wenn gegen die verurteilte Person im Geltungsbereich dieses Gesetzes eine Freiheitsstrafe vollstreckt wird, nach § 462a Absatz 1 Satz 1 und 2 der Strafprozessordnung. § 13 Absatz 1 Satz 2, Absatz 2, § 30 Absatz 2 Satz 2 und 4, Absatz 3, § 31 Absatz 1 und 4, die §§ 33, 52 Absatz 3, § 53 gelten entsprechend. Befindet sich die verurteilte Person im Geltungsbereich dieses Gesetzes, so gelten auch § 30 Absatz 2 Satz 1, § 31 Absatz 2 und 3 entsprechend.
(5) Die deutsche Vollstreckungsbehörde sieht von der Vollstreckung ab, soweit der ausländische Staat sie übernommen und durchgeführt hat. Sie kann die Vollstreckung fortsetzen, soweit der ausländische Staat sie nicht zu Ende geführt hat.
(1) Ein Ausländer ist zur Ausreise verpflichtet, wenn er einen erforderlichen Aufenthaltstitel nicht oder nicht mehr besitzt und ein Aufenthaltsrecht nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei nicht oder nicht mehr besteht.
(2) Der Ausländer hat das Bundesgebiet unverzüglich oder, wenn ihm eine Ausreisefrist gesetzt ist, bis zum Ablauf der Frist zu verlassen.
(2a) (weggefallen)
(3) Durch die Einreise in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einen anderen Schengen-Staat genügt der Ausländer seiner Ausreisepflicht nur, wenn ihm Einreise und Aufenthalt dort erlaubt sind. Liegen diese Voraussetzungen vor, ist der ausreisepflichtige Ausländer aufzufordern, sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben.
(4) Ein ausreisepflichtiger Ausländer, der seine Wohnung wechseln oder den Bezirk der Ausländerbehörde für mehr als drei Tage verlassen will, hat dies der Ausländerbehörde vorher anzuzeigen.
(5) Der Pass oder Passersatz eines ausreisepflichtigen Ausländers soll bis zu dessen Ausreise in Verwahrung genommen werden.
(6) Ein Ausländer kann zum Zweck der Aufenthaltsbeendigung in den Fahndungshilfsmitteln der Polizei zur Aufenthaltsermittlung und Festnahme ausgeschrieben werden, wenn sein Aufenthalt unbekannt ist. Ein Ausländer, gegen den ein Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 besteht, kann zum Zweck der Einreiseverweigerung zur Zurückweisung und für den Fall des Antreffens im Bundesgebiet zur Festnahme ausgeschrieben werden. Für Ausländer, die gemäß § 15a verteilt worden sind, gilt § 66 des Asylgesetzes entsprechend.
Unterbrechungen der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts bis zu einem Jahr können außer Betracht bleiben.
(1) In Abweichung von § 71 kann die Vollstreckungsbehörde die Vollstreckung einer im Geltungsbereich dieses Gesetzes verhängten freiheitsentziehenden Sanktion einem anderen Mitgliedstaat nach Maßgabe des Rahmenbeschlusses Freiheitsstrafen übertragen. Sie gibt der verurteilten Person Gelegenheit, sich zu äußern. Hiervon kann abgesehen werden, wenn die verurteilte Person einen Antrag auf Übertragung der Vollstreckung an den anderen Mitgliedstaat gestellt hat.
(2) Hält sich die verurteilte Person in der Bundesrepublik Deutschland auf, darf die Vollstreckungsbehörde die Vollstreckung einer freiheitsentziehenden Sanktion in einem anderen Mitgliedstaat nur bewilligen, wenn
- 1.
sich die verurteilte Person mit der Vollstreckung der freiheitsentziehenden Sanktion in dem anderen Mitgliedstaat einverstanden erklärt hat oder - 2.
das Gericht die Vollstreckung der freiheitsentziehenden Sanktion in dem anderen Mitgliedstaat auf Antrag der Vollstreckungsbehörde gemäß § 85c für zulässig erklärt hat.
(3) Entscheidet die Vollstreckungsbehörde, ein Ersuchen um Vollstreckung an einen anderen Mitgliedstaat zu stellen, so hat sie die verurteilte Person schriftlich davon zu unterrichten. Hält sich die verurteilte Person im Hoheitsbereich des anderen Mitgliedstaates auf, darf die Vollstreckungsbehörde dessen zuständige Behörde bitten, die Unterrichtung an die verurteilte Person weiterzuleiten. Dem Ersuchen um Vollstreckung sind die Stellungnahmen, die die verurteilte Person und ihr gesetzlicher Vertreter abgegeben haben, in schriftlicher Form beizufügen.
(4) Die Vollstreckungsbehörde kann ein Ersuchen um Vollstreckung zurücknehmen, solange der andere Mitgliedstaat mit der Vollstreckung noch nicht begonnen hat.
(5) Bewilligt die Vollstreckungsbehörde nicht, dass die freiheitsentziehende Sanktion in einem anderen Mitgliedstaat vollstreckt wird, oder nimmt sie ein Ersuchen gemäß Absatz 4 zurück, so begründet sie diese Entscheidung. Die Vollstreckungsbehörde stellt die Entscheidung der verurteilten Person zu, sofern die verurteilte Person die Vollstreckung in dem anderen Mitgliedstaat beantragt oder sie mit einer solchen Vollstreckung ihr Einverständnis erklärt hat. Die verurteilte Person kann binnen zwei Wochen nach Zustellung einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung stellen. Die §§ 297 bis 300 und 302 Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 der Strafprozessordnung über Rechtsmittel und die §§ 42 bis 47 der Strafprozessordnung über Fristen und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gelten entsprechend.
(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.
Bedingungen, die der ausländische Staat an die Rechtshilfe geknüpft hat, sind zu beachten.