Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 07. Aug. 2014 - 15 W 79/14

Gericht
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
1
G r ü n d e :
2Die sofortige Beschwerde ist nach den §§ 35 Abs. 5 FamFG, 567, 569 ZPO statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt.
3Das Rechtsmittel ist auch in der Sache begründet, weil das Grundbuchamt die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung des Berichtigungszwangs gegen den Beschwerdeführer nach § 82 S. 1 GBO nicht festgestellt hat. Nach dieser Vorschrift soll das Grundbuchamt, wenn das Grundbuch hinsichtlich der Eintragung des Eigentümers durch Rechtsübergang außerhalb des Grundbuchs unrichtig geworden ist, dem Eigentümer die Verpflichtung auferlegen, den Antrag auf Berichtigung des Grundbuchs zu stellen und die zur Berichtigung des Grundbuchs notwendigen Unterlagen – dabei kann es sich insbesondere um einen Erbschein (§ 35 Abs. 1 GBO) handeln - zu beschaffen.
4Es genügt also nicht etwa die Feststellung, dass das Grundbuch hier durch den Tod der eingetragenen Eigentümerin unrichtig geworden ist. Vielmehr dürfen Maßnahmen des Berichtigungszwangs nur gegen den jetzigen Eigentümer mit dem Ziel getroffen werden, dass dieser einen Grundbuchberichtigungsantrag stellt und einen Erbschein erwirkt. Das Berichtigungszwangsverfahren nach § 82 GBO ist ein Amtsverfahren der Grundbuchordnung. Die Ermittlungen müssen von Amts wegen (§ 26 FamFG) so weit geführt werden, dass zur Überzeugung des Grundbuchamtes die Rechtsnachfolge feststeht (Senat NZG 2012, 20; Demharter, GBO, 29. Aufl., § 82, Rdnr. 10), wobei das Grundbuchamt auch in diesem Stadium des Verfahrens bereits nach § 82a S. 2 GBO verfahren kann (vgl. Demharter, GBO, 29. Aufl., §§ 82-83, Rdnr. 10).
5Das Grundbuchamt stellt hier jedoch auch in den Gründen seiner Nichtabhilfeentscheidung nicht fest, dass der Beschwerdeführer als Miterbe nach der eingetragenen Eigentümerin berufen ist. Es ist ein privatschriftliches Testament der Erblasserin vom 12.02.2010 eröffnet worden, in dem dem Wortlaut nach keine Erbeinsetzungen verfügt, sondern verschiedenen Personen lediglich einzelne Vermögensgegenstände zugewendet worden sind. Eigentümer wäre der Beschwerdeführer nur, wenn die Zuwendung des Betrages von 20.000 € an ihn und Frau I als auch nur quotale Erbeinsetzung zu verstehen wäre. Das Grundbuchamt hält jedoch nur die Zuwendung des verfahrensgegenständlichen Hausgrundstücks an die Eheleute L und Q für eine Erbeinsetzung, während es ausdrücklich offen lässt, ob auch die Zuwendung an den Beschwerdeführer als quotale Erbeinsetzung zu verstehen sei; darüber könne abschließend nur das Nachlassgericht entscheiden. Wenn das Grundbuchamt selbst es aber für zweifelhaft hält, ob der Beschwerdeführer als Erbe eingesetzt ist, kann es ihn nicht mit Zwangsgeldern anhalten, einen Erbscheinsantrag zu stellen. Im Übrigen sprechen nach dem Zusammenhang des privatschriftlichen Testaments derzeit die überzeugenderen Gründe für eine Auslegung der Zuwendung der ziffernmäßig genau bestimmten Geldbeträge, die in ihrer Gesamtsumme auch nicht das gesamte Geldvermögen erschöpfen, als Vermächtnis.
6Das Grundbuchamt kann in dieser Situation den Berichtigungszwang nur gegen andere Zuwendungsempfänger richten, deren Erbenstellung es selbst als festgestellt erachtet. In den Gründen seiner Nichtabhilfeentscheidung gibt das Grundbuchamt selbst zu erkennen, dass es im Wege der Testamentsauslegung L und Q als Erben ansieht, weil ihnen mit dem Hausgrundstück der Hauptvermögensgegenstand zugewendet worden ist. Solange das Grundbuchamt aber nicht die Feststellung trifft, dass gerade auch der Beschwerdeführer mit einer Quote als Erbe eingesetzt ist, ist es im Rahmen des § 82 GBO gehindert, die Zwangsgeldfestsetzung gegen den Beschwerdeführer quasi als Druckmittel aufrecht erhalten, mag auch die Zwangsvollstreckung zur Beitreibung des Zwangsgeldes einstweilen ausgesetzt worden sein.

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(1) Ist auf Grund einer gerichtlichen Anordnung die Verpflichtung zur Vornahme oder Unterlassung einer Handlung durchzusetzen, kann das Gericht, sofern ein Gesetz nicht etwas anderes bestimmt, gegen den Verpflichteten durch Beschluss Zwangsgeld festsetzen. Das Gericht kann für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Zwangshaft anordnen. Verspricht die Anordnung eines Zwangsgeldes keinen Erfolg, soll das Gericht Zwangshaft anordnen.
(2) Die gerichtliche Entscheidung, die die Verpflichtung zur Vornahme oder Unterlassung einer Handlung anordnet, hat auf die Folgen einer Zuwiderhandlung gegen die Entscheidung hinzuweisen.
(3) Das einzelne Zwangsgeld darf den Betrag von 25 000 Euro nicht übersteigen. Mit der Festsetzung des Zwangsmittels sind dem Verpflichteten zugleich die Kosten dieses Verfahrens aufzuerlegen. Für den Vollzug der Haft gelten § 802g Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2, die §§ 802h und 802j Abs. 1 der Zivilprozessordnung entsprechend.
(4) Ist die Verpflichtung zur Herausgabe oder Vorlage einer Sache oder zur Vornahme einer vertretbaren Handlung zu vollstrecken, so kann das Gericht, soweit ein Gesetz nicht etwas anderes bestimmt, durch Beschluss neben oder anstelle einer Maßnahme nach den Absätzen 1, 2 die in §§ 883, 886, 887 der Zivilprozessordnung vorgesehenen Maßnahmen anordnen. Die §§ 891 und 892 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.
(5) Der Beschluss, durch den Zwangsmaßnahmen angeordnet werden, ist mit der sofortigen Beschwerde in entsprechender Anwendung der §§ 567 bis 572 der Zivilprozessordnung anfechtbar.
Ist das Grundbuch hinsichtlich der Eintragung des Eigentümers durch Rechtsübergang außerhalb des Grundbuchs unrichtig geworden, so soll das Grundbuchamt dem Eigentümer oder dem Testamentsvollstrecker, dem die Verwaltung des Grundstücks zusteht, die Verpflichtung auferlegen, den Antrag auf Berichtigung des Grundbuchs zu stellen und die zur Berichtigung des Grundbuchs notwendigen Unterlagen zu beschaffen. Das Grundbuchamt soll diese Maßnahme zurückstellen, solange berechtigte Gründe vorliegen. Ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Eigentümerin eingetragen, gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend, wenn die Eintragung eines Gesellschafters gemäß § 47 Absatz 2 unrichtig geworden ist.
(1) Der Nachweis der Erbfolge kann nur durch einen Erbschein oder ein Europäisches Nachlasszeugnis geführt werden. Beruht jedoch die Erbfolge auf einer Verfügung von Todes wegen, die in einer öffentlichen Urkunde enthalten ist, so genügt es, wenn an Stelle des Erbscheins oder des Europäischen Nachlasszeugnisses die Verfügung und die Niederschrift über die Eröffnung der Verfügung vorgelegt werden; erachtet das Grundbuchamt die Erbfolge durch diese Urkunden nicht für nachgewiesen, so kann es die Vorlegung eines Erbscheins oder eines Europäischen Nachlasszeugnisses verlangen.
(2) Das Bestehen der fortgesetzten Gütergemeinschaft sowie die Befugnis eines Testamentsvollstreckers zur Verfügung über einen Nachlaßgegenstand ist nur auf Grund der in den §§ 1507, 2368 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorgesehenen Zeugnisse oder eines Europäischen Nachlasszeugnisses als nachgewiesen anzunehmen; auf den Nachweis der Befugnis des Testamentsvollstreckers sind jedoch die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 2 entsprechend anzuwenden.
(3) Zur Eintragung des Eigentümers oder Miteigentümers eines Grundstücks kann das Grundbuchamt von den in den Absätzen 1 und 2 genannten Beweismitteln absehen und sich mit anderen Beweismitteln, für welche die Form des § 29 nicht erforderlich ist, begnügen, wenn das Grundstück oder der Anteil am Grundstück weniger als 3 000 Euro wert ist und die Beschaffung des Erbscheins, des Europäischen Nachlasszeugnisses oder des Zeugnisses nach § 1507 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nur mit unverhältnismäßigem Aufwand an Kosten oder Mühe möglich ist. Der Antragsteller kann auch zur Versicherung an Eides Statt zugelassen werden.
Ist das Grundbuch hinsichtlich der Eintragung des Eigentümers durch Rechtsübergang außerhalb des Grundbuchs unrichtig geworden, so soll das Grundbuchamt dem Eigentümer oder dem Testamentsvollstrecker, dem die Verwaltung des Grundstücks zusteht, die Verpflichtung auferlegen, den Antrag auf Berichtigung des Grundbuchs zu stellen und die zur Berichtigung des Grundbuchs notwendigen Unterlagen zu beschaffen. Das Grundbuchamt soll diese Maßnahme zurückstellen, solange berechtigte Gründe vorliegen. Ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Eigentümerin eingetragen, gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend, wenn die Eintragung eines Gesellschafters gemäß § 47 Absatz 2 unrichtig geworden ist.
Das Gericht hat von Amts wegen die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen.
Liegen die Voraussetzungen des § 82 vor, ist jedoch das Berichtigungszwangsverfahren nicht durchführbar oder bietet es keine Aussicht auf Erfolg, so kann das Grundbuchamt das Grundbuch von Amts wegen berichtigen. Das Grundbuchamt kann in diesem Fall das Nachlaßgericht um Ermittlung des Erben des Eigentümers ersuchen.
Ist das Grundbuch hinsichtlich der Eintragung des Eigentümers durch Rechtsübergang außerhalb des Grundbuchs unrichtig geworden, so soll das Grundbuchamt dem Eigentümer oder dem Testamentsvollstrecker, dem die Verwaltung des Grundstücks zusteht, die Verpflichtung auferlegen, den Antrag auf Berichtigung des Grundbuchs zu stellen und die zur Berichtigung des Grundbuchs notwendigen Unterlagen zu beschaffen. Das Grundbuchamt soll diese Maßnahme zurückstellen, solange berechtigte Gründe vorliegen. Ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Eigentümerin eingetragen, gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend, wenn die Eintragung eines Gesellschafters gemäß § 47 Absatz 2 unrichtig geworden ist.