Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 03. Nov. 2016 - 1 VAs 151/16

ECLI:ECLI:DE:OLGHAM:2016:1103.1VAS151.16.00
bei uns veröffentlicht am03.11.2016

Tenor

Für den gestellten Antrag ist die sachliche Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Hamm nach den §§ 23 ff. EGGVG nicht gegeben.

Die Sache wird in entsprechender Anwendung des § 17 a Abs. 2 GVG zuständigkeitshalber an die Strafvollstreckungskammer beim Landgericht Paderborn verwiesen.


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Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 03. Nov. 2016 - 1 VAs 151/16 zitiert 3 §§.

Strafvollzugsgesetz - StVollzG | § 114 Aussetzung der Maßnahme


(1) Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keine aufschiebende Wirkung. (2) Das Gericht kann den Vollzug der angefochtenen Maßnahme aussetzen, wenn die Gefahr besteht, daß die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesen

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Hanseatisches Oberlandesgericht Beschluss, 25. Juni 2014 - 2 VAs 9/14

bei uns veröffentlicht am 25.06.2014

Tenor 1. Das Verfahren wird an das Amtsgericht Hamburg – Strafrichter – verwiesen. 2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen. Gründe I. 1 Der Betroffene hat am 7. Januar 2013 beim Verwaltungsgericht Hamburg Klage gegen die Freie und Ha

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(1) Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keine aufschiebende Wirkung.

(2) Das Gericht kann den Vollzug der angefochtenen Maßnahme aussetzen, wenn die Gefahr besteht, daß die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert wird und ein höher zu bewertendes Interesse an dem sofortigen Vollzug nicht entgegensteht. Das Gericht kann auch eine einstweilige Anordnung erlassen; § 123 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung ist entsprechend anzuwenden. Die Entscheidungen sind nicht anfechtbar; sie können vom Gericht jederzeit geändert oder aufgehoben werden.

(3) Der Antrag auf eine Entscheidung nach Absatz 2 ist schon vor Stellung des Antrags auf gerichtliche Entscheidung zulässig.

Tenor

1. Das Verfahren wird an das Amtsgericht Hamburg – Strafrichter – verwiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

1

Der Betroffene hat am 7. Januar 2013 beim Verwaltungsgericht Hamburg Klage gegen die Freie und Hansestadt Hamburg - Polizei Hamburg - wegen der „unrechtmäßigen Vorgänge“ im Zusammenhang mit seiner Ingewahrsamnahme am 6. Januar 2013 und seiner Verbringung und mindestens zehnstündige Unterbringung in verschiedenen Polizeidienststellen in Hamburg erhoben. Zugleich hat er „Beschwerde gemäß § 98 Abs. 2 S. 2 StPO“ erhoben, mit dem Antrag, die Behörde anzuweisen, die unrechtmäßig erhobenen erkennungsdienstlichen Daten umgehend und endgültig zu löschen. Ebenfalls am 7. Januar 2013 hat er beantragt, ihm Prozesskostenhilfe sowohl für seine Klage als auch für seinen Antrag gemäß § 98 Abs. 2 StPO zu bewilligen, ohne die Sachentscheidung von der Bewilligung abhängig zu machen. Mit Schreiben vom 11. Januar 2013 hat der Betroffene klargestellt, dass er die Feststellung der Rechtswidrigkeit des beanstandeten polizeilichen Handelns beantragt. Den Löschungsantrag hat er nicht weiter aufrechterhalten. Nachdem das Verwaltungsgericht Hamburg die beanstandete Maßnahme als strafprozessual angesehen hat, hat es nach Anhörung der Beteiligten mit Beschluss vom 3. April 2014 (Az.: 17 K 51/13) den Verwaltungsrechtsweg für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg verwiesen.

II.

2

Das Verfahren ist an das zuständige Amtsgericht Hamburg, Strafrichter, zu verweisen.

3

1. Eine Zuständigkeit des Hanseatischen Oberlandesgerichts gemäß §§ 23, 25 EGGVG besteht nicht. Zuständig für das Begehren des Betroffenen ist vielmehr das Amtsgericht Hamburg.

4

a) Das Verfahren nach §§ 23 ff EGGVG ist nicht eröffnet, weil bereits auf Grund anderer Vorschriften ein ordentliches Gericht angerufen werden kann (vgl. § 23 Abs. 3 EGGVG). In entsprechender Anwendung des § 98 Abs. 2 S. 2 StPO hat der Antragsteller die Möglichkeit, eine Entscheidung des zuständigen Strafrichters über sein Begehren herbeizuführen.

5

aa) Streitgegenstand ist vorliegend kein Justizverwaltungsakt. Justizverwaltungsakte sind nach der gesetzlichen Definition Anordnungen, Verfügungen und sonstige Maßnahmen, die von der Justizbehörde zur Regelung einzelner Angelegenheiten auf den Gebieten des bürgerlichen Rechts einschließlich des Handelsrechts, des Zivilprozesses, der freiwilligen Gerichtsbarkeit und der Strafrechtspflege getroffen werden. Zwar fallen unter den Begriff der Justizbehörden im Sinne des § 23 EGGVG sowohl die Staatsanwaltschaft als auch die Polizei, soweit letztere zur Strafverfolgung tätig wird (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt § 23 EGGVG Rn. 2). Aber Maßnahmen, die sich auf die Einleitung, Durchführung, Gestaltung und Beendigung eines Ermittlungsverfahrens beziehen, stellen sich nicht als den Einzelfall regelnde Justizverwaltungsakte, sondern als Prozesshandlungen dar, die dem Rechtsweg nach den §§ 23 ff EGGVG grundsätzlich nicht unterworfen sind (KG, Beschluss vom 12. Februar 2013 - 4 VAs 3/13 -, juris).

6

bb) Auf die nachträgliche gerichtliche Prüfung der Rechtmäßigkeit bereits durch Vollzug erledigter Eingriffsmaßnahmen der Staatsanwaltschaft und ihrer Ermittlungspersonen ist § 98 Abs. 2 S. 2 StPO entsprechend anwendbar (Meyer-Goßner/Schmitt § 98 Rn. 23; OLG Karlsruhe NJW 2013, 3738 f; Brandenburgisches OLG NStZ 2007, 54; für Identitätsfeststellung nach §§ 163b, 163c StPO: HansOLG Hamburg, Beschluss vom 28. Oktober 2004 – 1 Ws 207/04 und ThürOLG, Beschluss vom 19. Oktober 2010 - 1 VAs 5/10 -, juris), so dass der Rechtsweg des § 23 EGGVG ausscheidet und das Amtsgericht Hamburg, Ermittlungsrichter, zuständig ist.

7

2. Der Weiterverweisung der Sache an das Amtsgericht Hamburg, Strafrichter, steht § 17a Abs. 2 S. 3 GVG nicht entgegen.

8

a) Nachdem das Verwaltungsgericht Hamburg rechtskräftig den von dem Betroffenen zu ihm beschrittenen Rechtsweg für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg verwiesen hat, ist der Senat gemäß § 17a Abs. 2 S. 1 und 3 GVG an diese nur Verweisung hinsichtlich der Bestimmung des Rechtsweges gebunden. Die Neufassung der §§ 17, 17a, 17b GVG durch das Vierte Gesetz zur Änderung der VwGO vom 17. Dezember 1990 (BGBl I, 2809, 2816ff) diente der Beschleunigung und Vereinfachung des Verfahrens (Gesetzentwurf der BReg vom 27. April 1990 BT-Drucks. 11/7030 S. 1 sowie Begründung a.a.O., S. 17, 36), so dass dieses Bindungsgebot eine Zurückverweisung oder eine Weiterverweisung in einen dritten Rechtsweg durch das für zuständig erklärte Gericht ausschließt.

9

b) Die Verweisungsentscheidung des Verwaltungsgerichts Hamburg ist indessen innerhalb der Strafgerichtsbarkeit für den Senat nicht bindend.

10

aa) Die Vorschrift des § 17a Abs. 2 S. 3 GVG findet auf Verweisungen innerhalb der ordentlichen Gerichtsbarkeit keine unmittelbare Anwendung (h.M. Meyer-Goßner/Schmitt § 17b GVG Rn. 1; LR-Böttcher § 17b GVG Rn. 2 f) Die §§ 17 bis 17b GVG betreffen den Rechtsweg, also das Verhältnis verschiedener Zweige der Gerichtsbarkeit zueinander; für das Verhältnis verschiedener Zweige innerhalb einer - hier der ordentlichen - Gerichtsbarkeit gelten sie nicht. Dies verdeutlicht bereits der Wortlaut des § 17a Abs. 2 S. 1 GVG, wonach die Verweisung an das „zuständige Gericht des zulässigen Rechtsweges“ zu erfolgen hat. Dieser Wortlaut impliziert die gesetzliche Unterscheidung zwischen vorzunehmender Verweisung an ein Gericht eines anderen Gerichtszweiges und Fällen der Unzuständigkeit innerhalb eines Gerichtszweiges (Beschluss des Senats vom 23. Juni 2006 – 2 VAs 2/06; HansOLG Hamburg, NStZ 1995, 252). Diese Einschränkung der Bindungswirkung der Verweisung bringt auch § 17a Abs. 2 S. 3 GVG durch die Formulierung „hinsichtlich des Rechtsweges“ klar zum Ausdruck.

11

bb) § 17a Abs. 2 S. 3 GVG findet für Verweisungen innerhalb desselben Gerichtszweigs auch nicht entsprechende Anwendung (std. Rspr. HansOLG Hamburg, vgl. Beschluss vom 24. September 2013 – 2 VAs 5/13; Beschluss vom 23. Juni 2006 – 2 VAs 2/06; Hans OLG Hamburg, NStZ 1995, 252; OLG Nürnberg NStZ 2006, 654, 655; OLG Stuttgart, NJW 2006, 2565, 2567; KG, Beschluss vom 12. Februar 2013 – 4 VAs 3/13 -, juris; KG, Beschluss vom 21. Mai 2001 – 1 AR 560/014 VAs 14/01 -, juris; OVG Lüneburg, Beschluss vom 7. April 2011 – 13 OB 62/11 –, juris; LR-Böttcher § 17b GVG Rn. 3; Zöller-Lückemann, ZPO, § 17a GVG, Rn. 12; offengelassen von BGHR GVG § 17a Rechtswegstreitigkeit 1; a.A. OLG Karlsruhe NJW 2013, 3738f; ThürOLG, Beschluss vom 19. Oktober 2010 - 1 VAs 5/10 -, juris; OLG Frankfurt NStZ-RR 2010, 379 f; OLG München, Beschluss vom 25. November 2009 - 4 Ws 130/09 (R) -, juris; OLG Celle StraFo 1998, 27 f; vgl. BGH, BGHR GVG § 17a Rechtswegstreitigkeit 1; KK-Mayer § 29 EGGVG Rn. 27; Kissel/Mayer GVG § 17 Rn. 43), da die Voraussetzungen einer Analogie nicht vorliegen. Eine - verfassungsrechtlich grundsätzlich unbedenkliche (BVerfGE 82, 6) und im Verfahrensrecht zulässige (Meyer-Goßner/Schmitt Einl. Rn. 198) - Analogie setzt eine planwidrige gesetzliche Regelungslücke voraus, die nach der aus der gesetzlichen Regelung zu entnehmenden Wertentscheidung in gleicher Weise Regelung erheischt wie der gesetzlich geregelte Sachverhalt.

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(1) Es liegt keine planwidrige Regelungslücke vor. Dies folgt zunächst aus der Gesetzgebungsgeschichte und ratio legis der durch das Gesetz zur Neuregelung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (Viertes Gesetz zu Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung – 4. VwGOÄndG) vom 17. Dezember 1990 (BGBl. I S. 2809) neu gefassten §§ 17 ff. GVG. Nach § 17 Abs. 3 S. 1 GVG i.d.F. vom 9. Mai 1975 (BGBl. I S. 1077) verwies das ordentliche Gericht bei Unzulässigkeit des Rechtsweges die Sache auf Antrag an das zuständige Gericht; die Regelung betraf die Zulässigkeit der Rechtswegverweisung zwischen den Zweigen der Gerichtsbarkeit, wie etwa der ordentlichen Gerichtsbarkeit, der Verwaltungsgerichtsbarkeit, der Finanz- oder Sozialgerichte, und war auf Verweisungen innerhalb eines Gerichtszweiges nicht anwendbar; insoweit fanden die Regeln betreffend die sachliche Zuständigkeit Anwendung. Ziel der Neufassung der §§ 17 bis 17b GVG war es u.a., die Verweisung bei Unzulässigkeit des eingeschlagenen Rechtsweges vom Antragserfordernis unabhängig zu machen und durch Verweisung von Amts wegen eine Verfahrensvereinfachung und -beschleunigung bei gleichzeitiger Kostenersparnis zu erreichen (siehe dazu die Begründung des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung, BT-Drs. 11/7030, S. 37; KK-Barthe, § 17b GVG Rn. 2). Eine Neuregelung des Inhalts, dass entgegen dem früheren Rechtszustand durch die Neufassung der §§ 17 ff GVG auch Verweisungen zwischen Gerichten desselben Gerichtszweiges erfasst und insoweit eine grundlegende Änderung des bisherigen Rechtszustandes bewirkt werden sollte, war nicht gesetzgeberisches Anliegen; vielmehr sollte nach Vorstellung des Gesetzgebers an der Verweisung nach § 17a GVG allein – wenngleich nunmehr von Amts wegen – zwischen verschiedenen Rechtswegen festgehalten werden (Senatsbeschluss vom 23. Juni 2006 - 2 VAs 2/06; HansOLG Hamburg, NStZ 1995, 252; OLG Stuttgart NJW 2006, 2562; OLG Nürnberg NStZ 2006, 654 f).

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Zudem hat der Gesetzgeber in Umsetzung vorangegangener Rechtsprechung (BGHZ 115, 275, 284f; BGH NJW-RR 1999, 1007, 1008; BGH NJW 2001, 2181 und BGH BGHR GVG § 17a Rechtswegstreitigkeit 1) eine entsprechende Geltung des § 17a Abs. 1 bis 5 GVG für die in bürgerlichen Rechtswegstreitigkeiten, Familiensachen und Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zuständigen Spruchkörper in ihrem Verhältnis zueinander in § 17a Abs. 6 GVG geregelt (FGG-Reformgesetz vom 17. Dezember 2008 Bundesgesetzblatt I, S. 2586, 2694; zur Begründung s. BT-Drs. 16/6308 vom 7. September 2007, S. 318), nicht jedoch die entsprechende Anwendung des § 17a Abs. 1 bis 5 im Verhältnis der Verfahren nach §§ 23 ff EGGVG und nach § 98 Abs. 2 S. 2 StPO zueinander. Nicht zuletzt ist die Planwidrigkeit der Regelungslücke vorliegend zu verneinen, da der Gesetzgeber die Fälle der Verweisungen innerhalb desselben Gerichtszweiges jeweils abschließend in den Prozessordnungen geregelt hat. So sieht betreffend die ordentliche Gerichtsbarkeit § 281 ZPO im Zivilprozess die Verweisung eines Rechtsstreits an das örtlich und sachlich zuständige Gericht vor. Für den Strafprozess sieht die Einzelregelung des § 270 StPO die Verweisung an ein höheres zuständiges Gericht vor. Eine Verallgemeinerung dieser Regelungen ist angesichts ihres jeweils speziellen Charakters nicht möglich (Senat, Beschluss vom 5. Februar 2010 – 2 Ws 54/09).

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(2) Es liegt im Verhältnis der §§ 23 ff EGGVG mit dem Verfahren vor dem Strafrichter nach § 98 Abs. 2 S. 2 StPO auch kein dem § 17a GVG vergleichbarer Sachverhalt - auch nicht unter Berücksichtigung der entsprechenden Anwendung des § 17a GVG im Verhältnis zwischen dem Bußgeldverfahren und der streitigen Zivilgerichtsbarkeit (BGH BGHR GVG § 17a Rechtswegstreitigkeit 1) - vor. Vorliegend wird, wie auch das Verwaltungsgericht zu Recht in seinem Beschluss ausgeführt hat, die Überprüfung von Maßnahmen aus dem Bereich der Strafrechtspflege, also aus dem Bereich der ordentlichen Gerichtsbarkeit, begehrt. Damit nimmt der Senat eine Verweisung nicht nur innerhalb der ordentlichen Gerichtsbarkeit, sondern sogar innerhalb derselben Sparte dieser Gerichtsbarkeit, nämlich der Strafgerichtsbarkeit, vor (gegen die Bindungswirkung in diesen Fällen: Senat mit Beschluss vom 24. September 2013 – 2 VAs 5/13; a.A. OLG Karlsruhe NJW 2013, 3738 f; ThürOLG, Beschluss vom 19. Oktober 2010 – 1 VAs 5/10 -, juris; ThürOLG StV 2006, 147; Kissel/Mayer, GVG, § 17 Rn. 43; KK-Mayer § 29 EGGVG Rn. 27; für diesen Fall offengelassen von BGH, BGHR GVG § 17a Rechtswegstreitigkeit 1). Hinzu kommt, dass eine in entsprechender Anwendung des § 17a Abs. 2 S. 3 GVG angenommene Bindungswirkung im Fall des unzutreffend nach §§ 23 ff EGGVG gewählten Rechtsweges zum Ausschluss des dem Betroffenen bei einem Verfahren nach § 98 Abs. 2 S. 2 StPO gegebenen Rechtsmittels der Beschwerde führen würde.

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(3) Gegen eine entsprechende Anwendung des § 17a GVG innerhalb der ordentlichen Gerichtsbarkeit spricht zudem, dass das Bundesverfassungsgericht es im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG grundsätzlich für verfassungsrechtlich geboten hält, dass in allen Verfahrensordnungen die Möglichkeit eröffnet ist, hilfsweise die Verweisung an das zuständige Gericht zu beantragen (BVerfGE 57, 9, 22). Dies streitet für eine Verweisung vom Strafsenats an den Beschwerde-, Haft- oder Ermittlungsrichter (vgl. LR-Böttcher, GVG, § 17b Rn. 3). Auch im Hinblick auf die Wahrung des Rechts auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) und die Notwendigkeit der Befassung des sachnächsten Gerichts ist es geboten, das Verfahren an das nach der jeweiligen Verfahrensordnung – hier der Strafprozessordnung – zuständige Gericht gelangen zu lassen (HansOLG Hamburg, Beschluss vom 26. Oktober 2006 – 1 VAs 6/06). Dafür spricht auch die Subsidiaritätsklausel des § 23 EGGVG, die durch die Neuregelung nicht berührt wurde.

16

Schließlich kann die Beschwerde gegen einen Verweisungsbeschluss auch nur darauf gestützt werden, dass der Rechtsweg vom verweisenden Gericht unrichtig beurteilt worden ist, aber nicht darauf, dass der Rechtsstreit an ein anderes Gericht des Rechtswegs hätte verwiesen werden müssen, da das verweisende Gericht generell keine über die Rechtswegfrage als solche hinausgehende Prüfungskompetenz hat (OVG Lüneburg, Beschluss vom 7. April 2011 – 13 OB 62/11 –, juris). Die Verweisungsvorschriften in § 17a GVG sind nach ihrem Zweck im Interesse des effektiven Rechtsschutzes auf eine zügige und verbindliche Festlegung des Rechtswegs gerichtet, aber auch beschränkt. Daraus folgt, dass eine Verweisung keine über die Rechtswegfrage hinausgehenden Vorfestlegungen für das Gericht, an das der Rechtsstreit verwiesen wird, beinhaltet (OVG Lüneburg, a.a.O.).

III.

17

Da die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte Karlsruhe und Jena zu § 17a Abs. 2 S. 3 GVG von der langjährig gefestigten Rechtsprechung des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg abweicht, wird die Rechtsbeschwerde zugelassen. Der Rechtssache kommt insofern grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 29 Abs. 2 Nr. 1 EGGVG zu. Zudem erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts (§ 29 Abs. 2 Nr. 2 EGGVG).