Oberlandesgericht Düsseldorf Beschluss, 12. Feb. 2014 - VII-Verg 29/13
Tenor
Auf die sofortigen Beschwerden der Antragsgegnerin und der Beigeladenen wird der Beschluss der Vergabekammer bei der Bezirksregierung Arnsberg vom 5. August 2013, VK 12/12, aufgehoben.
Der Nachprüfungsantrag wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer einschließlich der notwendigen Aufwendungen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen sowie die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens und die in diesem Verfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin und der Beigeladenen werden der Antragstellerin auferlegt. Die Hinzuziehung eines anwaltlichen Bevollmächtigten durch die Antragsgegnerin war zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf bis zu 20.000 EUR festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2I. Die Antragstellerin entwickelt und vertreibt die Hochschulverwaltungssoftware CampusNet. Die Antragsgegnerin ist eine Fachhochschule im Land Nordrhein-Westfalen, die zur Unterstützung ihrer Verwaltung seit vielen Jahren die Hochschulverwaltungssoftware HIS-GX der Beigeladenen verwendet, die sie durch die nachfolgende Softwaregeneration HISinOne ablösen will. Die Beigeladene ist eine Gesellschaft, deren satzungsmäßiger Zweck in der Unterstützung von Hochschulen bei rationeller und wirtschaftlicher Erfüllung von Hochschulaufgaben besteht. Gesellschafter der Beigeladenen sind Bund und Länder. Auf der Grundlage eines Fragen- und Antwortkatalogs für eine Hochschul-Management-Software führte die Antragsgegnerin im Sommer 2010 Präsentationstermine mit fünf Softwareanbietern durch, zu denen auch die Antragstellerin gehörte. Am 30.05.2012 schloss sie mit der Beigeladenen im Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb gemäß § 3 Abs. 4 lit. c VOL/A-EG zwei Verträge, einen über Leistungen zur Einführung von HISinOne (Einführung des Hochschul-Management-Systems HISinOne) und einen über die Nutzung und den Support (IT-Vertrag HISinOne CS - CM). Die Antragsgegnerin veröffentlichte die Auftragsvergabe am 27.06.2012 im Amtsblatt der EU und benannte die Beigeladene als Vertragspartnerin.
3Gegen die Auftragsvergabe hat die Antragstellerin unter dem 25.07.2012 einen Nachprüfungsantrag eingereicht. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die geschlossenen Verträge seien wegen einer unzulässigen Vergabe ohne Wettbewerb nach § 101 b Abs. 1 Nr. 2 GWB unwirksam. Weder die Voraussetzungen einer In-House-Vergabe noch die eines Verhandlungsverfahrens ohne Teilnahmewettbewerb nach § 3 Abs. 4 lit. c VOL/A-EG hätten vorgelegen. Der Auftrag habe ausgeschrieben werden müssen.
4Die Antragsgegnerin ist dem Nachprüfungsantrag entgegengetreten. Sie hat die Auffassung vertreten, die Vergabe sei als In-House-Geschäft zulässig gewesen, weil die vom EuGH hierzu entwickelten Voraussetzungen vorlägen. Danach sei die Vergabe eines öffentlichen Auftrags ohne vorherige Ausschreibung zulässig, wenn der öffentliche Auftraggeber über die beauftragte Einrichtung eine ähnliche Kontrolle wie über eine eigene Dienststelle ausübe und diese Tätigkeiten im Wesentlichen für den öffentlichen Auftraggeber erbringe. Des Weiteren lägen auch die Voraussetzungen eines Verhandlungsverfahrens ohne Teilnahmewettbewerb nach § 3 Abs. 4 lit. c VOL/A-EG vor. Die technischen Besonderheiten des Auftrags hätten allein die Beigeladene als Auftragnehmerin qualifiziert. Von den untersuchten Produkten erfülle nur die Software HISinOne die technischen Anforderungen des Auftrags.
5Die Vergabekammer hat dem Nachprüfungsantrag mit Beschluss vom 05.08.2013 stattgegeben, nachdem das Nachprüfungsverfahren im Hinblick auf das zum damaligen Zeitpunkt vor dem Senat anhängige Parallelverfahren zum Aktenzeichen VII-Verg 16/12 bis zum Erlass einer abschließenden Entscheidung durch Beschluss vom 22.05.2012 ausgesetzt worden war. Die Vergabekammer hat nach Wiederaufnahme des Verfahrens in der Sache entschieden und zur Begründung ausgeführt, die Beauftragung der Beigeladenen sei nach § 101b Abs. 1 Nr. 2 GWB unwirksam, weil die Voraussetzungen des § 3 Abs. 4 lit c. VOL/A-EG nicht vorgelegen hätten. Die Antragsgegnerin habe weder hinreichend dargetan noch bewiesen, dass die Beigeladene infolge technischer Besonderheiten eine Alleinstellung genieße. Sie habe den Sachverhalt unzureichend ermittelt und ermessensfehlerhaft gehandelt. Auch habe sie nicht geprüft, ob das Angebot der Beigeladenen wegen unzulässiger Beihilfen nach § 19 Abs. 7 VOL/A-EG zurückzuweisen gewesen sei. Das Angebot der Beigeladenen sei darüber hinaus nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 VgV auszuschließen gewesen, weil sie Projektantin gewesen sei.
6Hiergegen richten sich die sofortigen Beschwerden der Antragsgegnerin und der Beigeladenen. Die Antragsgegnerin ist nach wie vor der Auffassung, eine Vergabe nach § 3 Abs. 4 lit. c VOL/A-EG sei zulässig gewesen, weil sie sich in Ausübung ihres Bestimmungsrechts in zulässiger Weise dafür entschieden habe, auch zukünftig die Software der Beigeladenen zu verwenden. Die Voraussetzungen des § 8 Abs. 7 VOL/A-EG, die durch die Rechtsprechung des Senats im Beschluss vom 22.05.2013, VII-Verg 16/12, konkretisiert worden seien, hätten vorgelegen. Die Beschaffungsentscheidung sei eine gerichtlich nicht überprüfbare Ermessensentscheidung und nicht zu beanstanden. Sie habe freiwillig eine Markterkundung durchgeführt, an der unstreitig die Antragstellerin beteiligt worden sei. Nach Auswertung der Präsentationen habe allein die Beigeladene die festgelegten Rahmenbedingungen des Auftrags erfüllt.
7Es liege kein Verstoß gegen § 19 Abs. 7 VOL/A-EG vor. Wie der Senat bereits im Beschluss vom 22.05.2013, VII-Verg 16/12, ausgeführt habe, rechtfertige die Finanzierung der Beigeladenen durch Bund und Länder nicht die Feststellung einer unzulässigen Beihilfe.
8Das Angebot der Beigeladenen sei auch nicht nach § 16 VgV auszuschließen gewesen. Sie sei keine Projektantin gewesen. § 16 VgV sei darüber hinaus nicht anwendbar, weil die verlangte Software nur von der Beigeladenen angeboten worden und ein Wettbewerb nicht durchzuführen gewesen sei.
9Die Beigeladene hält die Vergabe ebenfalls für rechtmäßig. Die Antragsgegnerin habe ihr Bestimmungsrecht rechtmäßig im Sinn des § 8 Abs. 7 VOL/A-EG ausgeübt. Die festgelegten Anforderungen an die zu beschaffende Software seien sachlich gerechtfertigt sowie diskriminierungs- und willkürfrei gewesen. Die Antragsgegnerin habe nachvollziehbare objektive und auftragsbezogene Gründe für eine Vergabe ohne Wettbewerb an sie, die Beigeladene, angegeben, die tatsächlich vorhanden und feststellbar gewesen seien.
10§ 16 VgV sei in Verfahren nach § 3 Abs. 4 lit. c VOL/A-EG nicht anwendbar. Sie sei außerdem keine Projektantin gewesen, weil sie nicht als Beraterin der Antragsgegnerin in Erscheinung getreten sei und auch kein Gutachten für die Antragsgegnerin erstellt habe. Bei dem im Vergabevermerk vom 30.05.2013 erwähnten „Gutachten“ habe es sich um eine interne Unterlage der Beigeladenen gehandelt, die im Zusammenhang mit verschiedenen Aufträgen erstellt worden und der Antragsgegnerin erst später zur Kenntnis gelangt sei. Diese Unterlage sei weder im Auftrag der Antragsgegnerin noch im Rahmen der strittigen Vergabe erstellt worden. Auch als bisherige Auftragnehmerin sei sie keine Projektantin gewesen.
11Unzulässige Beihilfen seien nicht gewährt worden und ergäben sich auch nicht aus der gesellschaftsrechtlichen Beteiligung von Bund und Ländern. Das gewählte Beteiligungsmodell stehe im Einklang mit dem europäischen Beihilferecht und verwehre nicht ihre, der Beigeladenen, Beteiligung als Bieterin bei einer Vergabe. Darüber hinaus fehle es an einem ungewöhnlich niedrigen Angebotspreis und einer Kausalität zwischen Beihilfe und Angebotspreis. Es sei nicht zu beanstanden, dass ein Entgelt nur für den Support und keine Lizenzgebühren verlangt werde, weil an der Entwicklung einer Software in einem Community-Source-Modell jeder Nutzer mitwirke.
12Die Antragsgegnerin und die Beigeladene beantragen,
13den Beschluss der Vergabekammer bei der Bezirksregierung Arnsberg vom 05.08.2013, VK 12/12, aufzuheben und den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen.
14Die Antragstellerin beantragt,
15die sofortigen Beschwerden der Antragsgegnerin und der Beigeladenen zurückzuweisen.
16Sie verteidigt den angefochtenen Beschluss und führt im Wesentlichen aus, § 3 Abs. 4 lit. c VOL/A-EG sei als Ausnahmevorschrift eng auszulegen. Die bloße Einschätzung des öffentlichen Auftraggebers, nur ein einziger Bieter könne den Auftrag erfüllen, reiche nicht aus. Er müsse vielmehr den Beweis dafür erbringen, dass nur dieser Bieter für den Auftrag in Betracht komme. Hierzu bedürfe es einer intensiven europaweiten Nachforschung. Anders als bei der Bestimmung des Beschaffungsgegenstands kämen wirtschaftliche und praktische Gründe im Rahmen des § 3 Abs. 4 lit. c VOL/A-EG nicht zum Tragen. Deshalb sei weder der Verwaltungs- noch der Migrationsaufwand oder die Offenlegung des Quellcodes zu berücksichtigen.
17Die Beigeladene sei als Projektantin nach § 16 VgV von der Vergabe auszuschließen gewesen, weil sie als Beraterin der Antragsgegnerin tätig gewesen sei. Ausweislich des Vergabevermerks vom 30.05.2012 habe die Antragsgegnerin ihre Entscheidung auf ein „HIS-Gutachten“ gestützt, nach dem die Vergabe als In-House-Geschäft zulässig sei.
18Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Schriftsätze der Verfahrensbeteiligten sowie auf die Verfahrensakte der Vergabekammer und die Vergabeakten verwiesen.
19II. Die Rechtsmittel sind begründet.
201. Der zulässige Nachprüfungsantrag ist unbegründet. Die Entscheidung der Antragsgegnerin, ausschließlich die Beigeladene zu Verhandlungen zuzuziehen und mit ihr zwei Verträge über Leistungen zur Einführung von HISinOne (Einführung des Hochschul-Management-Systems HISinOne) und die Nutzung und den Support (IT-Vertrag HISinOne CS - CM) ohne Durchführung eines Wettbewerbs zu schließen, ist nicht zu beanstanden. Die Beigeladene verfügte als einziges Unternehmen über eine Software, die den von der Antragsgegnerin gestellten technischen und wirtschaftlichen Anforderungen entsprach. Durch ihre Beauftragung konnte die Ersetzung der bisher genutzten Hochschulsoftware HIS-GX unter Berücksichtigung der anzustrebenden Funktionalität und Effektivität einer neuen Software auch mit Blick auf die Komplexität und Bedeutung einer Hochschulsaftware für die Erfüllung von Hochschulaufgaben am ehesten gewährleistet und die mit Migrationsvorgängen verbundenen Risikopotentiale am ehesten verringert werden.
21a. Wie der Senat mehrfach entschieden hat, ist der öffentliche Auftraggeber bei der Beschaffungsentscheidung für ein bestimmtes Produkt, eine Herkunft, ein Verfahren oder dergleichen im rechtlichen Ansatz ungebunden und weitestgehend frei. Die Entscheidung wird von zahlreichen Faktoren beeinflusst, unter anderem von technischen, wirtschaftlichen, gestalterischen oder solchen der (sozialen, ökologischen oder ökonomischen) Nachhaltigkeit. Die Wahl unterliegt der Bestimmungsfreiheit des Auftraggebers, deren Ausübung dem Vergabeverfahren vorgelagert ist. Sie muss zunächst getroffen werden, um eine Nachfrage zu bewirken. Das Vergaberecht regelt nicht, was der öffentliche Auftraggeber beschafft, sondern nur die Art und Weise der Beschaffung. Einer besonderen vergaberechtlichen Ermächtigungsgrundlage bedarf die Bestimmung des Auftragsgegenstands durch den Auftraggeber nicht. Sie ergibt sich aus der Vertragsfreiheit. Die danach im jeweiligen Fall vorgenommene Bestimmung des Beschaffungsgegenstands ist von den Vergabenachprüfungsinstanzen im Ausgangspunkt nicht zu kontrollieren (überwiegende Rechtsprechung der Vergabesenate der OLG, vgl. allein OLG Düsseldorf, Beschl. v. 01.08.2012, VII-Verg 10/12 – juris Tz. 41 m.w.N.).
22Im Interesse einer Öffnung des Beschaffungsmarkts der öffentlichen Hand für den Wettbewerb unterliegt die Bestimmungsfreiheit jedoch vergaberechtlichen Grenzen. So schreibt der auch im Streitfall anzuwendende § 8 Abs. 7 VOL/A-EG vor, dass der Auftraggeber in technischen Anforderungen (in einem weit zu verstehenden Sinn) nicht auf eine bestimmte Produktion oder Herkunft oder ein besonderes Verfahren verweisen darf, wenn dies nicht durch den Auftragsgegenstand gerechtfertigt ist oder bestimmte Unternehmen oder Produkte dadurch ausgeschlossen oder begünstigt werden. Die durch § 8 Abs. 7 VOL/A-EG gesetzten vergaberechtlichen Grenzen der Bestimmungsfreiheit des öffentlichen Auftraggebers sind eingehalten, wenn die Bestimmung durch den Auftragsgegenstand sachlich gerechtfertigt ist, vom Auftraggeber dafür nachvollziehbare objektive und auftragsbezogene Gründe angegeben worden sind und die Bestimmung folglich willkürfrei getroffen worden ist, solche Gründe tatsächlich vorhanden (festzustellen und notfalls erwiesen) sind und die Bestimmung andere Wirtschaftsteilnehmer nicht diskriminiert (OLG Düsseldorf, a.a O. – juris Tz. 43; zuletzt: OLG Düsseldorf, Beschl. v. 22.05.2012, VII-Verg 16/12 – juris Tz. 32).
23b. Diese Voraussetzungen erfüllt die Beschaffungsentscheidung der Antragsgegnerin.
24aa. Hierbei ist folgender tatsächlicher Befund zugrunde zu legen: Die Antragsgegnerin ist mit über 10.000 Studierenden eine der größten Hochschulen in Nordrhein-Westfalen. Zur Unterstützung des Campus- und Ressourcenmanagements setzt sie seit 24 Jahren Software der Beigeladenen, zuletzt die Software HIS-GX in der 14. bzw. 15. Version ein. Die IT-Unterstützung wird von acht Mitarbeitern betreut, die zusammen drei Vollzeitstellen besetzen. Zum Campus- und Ressourcenmanagement gehört neben der Erfüllung von Aufgaben reiner Hochschulverwaltung vor allem das Prüfungsmanagement und ein Datenzugriff durch Studierende sowie eine Bereitstellung von Online-Diensten für Studierende und Beschäftigte. Insbesondere Online-Dienste stellt die Antragsgegnerin durch das von der Software HIS-GX unabhängige und webbasierte Workflow-System DIAS/ODS/ODB zur Verfügung, das an der Fachhochschule Bonn-Rhein-Sieg entwickelt, von der Antragsgegnerin übernommen und durch Weiterentwicklung mit der Software der Beigeladenen verknüpft worden ist. Hierdurch wurde ein unmittelbarer lesender und schreibender Datenzugriff auf HIS-GX-Programme möglich. Die bisher verwendete Software basiert auf einem Open-Source-Modell, das die Entwicklung eigener Funktionalitäten durch den Anwender und Fehlerkorrekturen ermöglicht. Insgesamt handelt es sich bei dem Campus- und Ressourcenmanagement um ein integriertes IT-Gesamtsystem, das neben der Software HIS-GX auf weiteren systemunabhängigen Software-Systemen beruht, die über quelloffene Schnittstellen mit der Software der Beigeladenen verknüpft worden sind.
25Im Fall einer für den Wettbewerb geöffneten Vergabe des Auftrags zur Migration einer neuen und das HIS-GX-Programm ablösenden Software wäre eine kostenintensive Ersetzung nicht nur der HIS-GX-Software, sondern darüber hinaus zumindest teilweise auch der von HIS-GX unabhängigen Programme wie dem Workflow-System DIAS/ODS/ODB erforderlich, weil andere Anbieter – so auch die Antragstellerin – kein Open-Source-Modell zur Verfügung stellen. Hierdurch ginge nicht nur langjähriges Know-How der Mitarbeiter der Antragsgegnerin verloren. Der Umfang zu ersetzender Funktionen sowie die Dauer einer vollständigen Migration aller Anwendungen für ein Hochschul-Management wäre auch deutlich größer als bei Verwendung der Software HISinOne, die wie bisher gleiche Schnittstellen zur Integration systemunabhängiger Programme ermöglicht. Das ist nicht nur kostengünstiger, sondern entlastet auch die Mitarbeiter der Antragsgegnerin, die einem mehrjährigen Parallelbetrieb mit vollständiger Neuausrichtung bisheriger Funktionalitäten ausgesetzt wären.
26Vor diesem Hintergrund hat sich die Antragsgegnerin für die Software HISinOne entschieden, die ihr nach den von ihr vorgetragenen Gründen eine Migration neuer Software unter mehrfachen Aspekten erleichtert: Durch Offenlegung des Quellcodes ist eine Weiterverwendung bisheriger systemunabhängiger Software und nach wie vor eine Anpassung an individuelle IT-Strukturen sowie eine Fehlerkorrektur möglich. Der in jedem Fall erforderliche Parallelbetrieb ist einfacher zu bewältigen und weniger risikobehaftet, als bei einem vollständigen Austausch aller für ein IT-gestütztes Hochschul-Management benötigten Funktionalitäten. Die Komplexität einer vollständigen Ersetzung bisheriger Anwendungen birgt zudem ein erhebliches Risikopotential für Fehlfunktionen, die insbesondere eine Verwaltung sensibler Daten wie dem Prüfungsmanagement erheblichen und nicht vorhersehbaren Gefahren aussetzen würde. Der von der Antragstellerin prognostizierte Mehraufwand für eine Migration anderer Software als HISinOne würde die personell mit drei Vollzeitstellen knapp besetzte IT-Abteilung der Antragsgegnerin überfordern und erhebliche Mehrkosten verursachen. Bei Feststellung des bei Verwendung einer anderen Software als HISinOne erforderlichen Mehraufwands greift der Senat auf Vorerfahrungen im Verfahren VII-Verg 16/12 zurück. Schließlich ist das Programm HISinOne kostengünstiger als das der Antragstellerin, weil es quelloffen ist und deshalb keine Lizenzgebühren erhoben werden.
27bb. Bei dieser Sachlage und den von der Antragsgegnerin angeführten Gründen ist die Entscheidung für die Beschaffung der Software HISinOne nicht zu beanstanden. Allein diese Software erfüllt die von der Antragsgegnerin festgelegten Rahmenbedingungen, die auf nachvollziehbaren, objektiven technischen und wirtschaftlichen Erwägungen beruhen und die diskriminierungs- und willkürfrei bestimmt worden sind. Bereits die tatsächlich bestehenden und abzuwendenden Risiken von Fehlfunktionen, Kompatibilitätsproblemen und von höherem Zeit- und Kostenaufwand rechtfertigen die Entscheidung. Die Antragsgegnerin durfte mit Blick auf die Bedeutung (Erneuerung und Modernisierung des IT-gestützten Campus-Managements einer Hochschule) im Interesse der Systemsicherheit und Funktion jedwedes Risikopotential ausschließen und den zuverlässigsten Weg wählen. Die Antragstellerin ist dadurch nicht diskriminiert worden, weil die Beschaffungsentscheidung nach eingehender Marktanalyse aufgrund sachlich gerechtfertigter und auftragsbezogener Gründe getroffen worden ist und ihr die Möglichkeit eingeräumt worden war, ihre Software im Rahmen eines mehrstündigen Präsentationstermins vorzustellen und zu erläutern.
28Es schadet nicht, dass die Antragsgegnerin die tragenden Gründe ihrer Beschaffungsentscheidung nicht bereits in allen Einzelheiten in ihrem Vergabevermerk vom 30.05.2013 dokumentiert, sondern im Nachprüfungsverfahren vorgetragen hat. Ein Nachschieben von das Vergabeverfahren prägenden Gründen ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs jedenfalls dann zuzulassen, wenn dadurch die Rechtsstellung des Antragstellers im Vergabeverfahren, insbesondere seine Chance auf einen Zuschlag, wie hier, nicht ursächlich beeinträchtigt wird (BGH, Beschl. v. 08.02.2011, X ZB 4/10; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 07.11.2012, VII-Verg 24/12 – juris Tz. 40; Beschl. v. 22.10.2009, VII-Verg 25/09 – juris Tz. 29; Beschl. 26.11.2008, VII-Verg 54/08; Beschl. v. 21.07.2010, VII-Verg 19/10; Beschl. v. 12.01 und 23.03.2011, VII-Verg 63/10; jeweils m.w.N.).
29cc. Die von der Antragsgegnerin für ihre Beschaffungsentscheidung vorgetragenen Gründe werden durch gegenteilige Behauptungen der Antragstellerin nicht entkräftet. Insbesondere kann nicht festgestellt werden, dass es sich nicht nur bei der Software CampusNet, sondern auch bei HISinOne um ein Produkt handelt, das so wesentlich von der bisher genutzten Software HIS-GX abweicht, dass u.a. eine Anknüpfung an bisher erworbenes Anwenderwissen nicht mehr möglich ist. Die dahin gehende Behauptung der Antragstellerin geschieht ins Blaue hinein. Es ist bereits nicht erkennbar, auf welcher Tatsachengrundlage sich die Antragstellerin in den Stand versetzt sieht, einen Vergleich beider Programme im Detail durchführen zu können. Sie hat vielmehr eingewendet, HISinOne sei noch nicht vollständig programmiert und deshalb noch nicht vermarktungsfähig. Der angebotene Sachverständigenbeweis ist als Ausforschungsbeweis von daher unzulässig. Soweit sie im Termin vor dem Senat eingewendet hat, die Antragsgegnerin habe es unterlassen, die präsentierte Software vor Auftragserteilung im Detail auszuwerten und miteinander zu vergleichen und ihre Entscheidung deshalb auf Fehlannahmen gestützt, verkennt sie, dass bereits das tatsächlich vorhandene Risikopotential, nämlich das Risiko von möglichen Fehlfunktionen, Kompatibilitätsproblemen und von höherem Zeit- und Kostenaufwand, feststeht und die getroffene Beschaffungsentscheidung sachlich rechtfertigt.
30c. Die Antragsgegnerin durfte den Auftrag nach § 3 Abs. 4 lit. c VOL/A-EG im Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb vergeben. Denn der Auftrag konnte wegen seiner technischen Besonderheiten nur von der Beigeladenen erfüllt werden. Die Beschaffungsentscheidung der Antragsgegnerin war beanstandungsfrei dahin ergangen, dass HIS-GX durch HISinOne ersetzt werden sollte. Die Software HISinOne wird allein von der Beigeladenen angeboten. Diese Tatsache steht fest und bedarf weder weitergehender Aufklärung noch eines Beweises. Entgegen der Rechtsauffassung der Vergabekammer kommt es auf die Ausführungen des EuGH im Urteil vom 15.10.2009, C-275/08 (dort Rnr. 62 f.), nicht an, weil beide Sachverhalte im entscheidenden Punkt nicht vergleichbar sind. Im vom EuGH entschiedenen Fall standen die Tatsachen, auf denen eine Auftragsvergabe ohne Wettbewerb gestützt worden war, anders als hier, nicht fest.
31d. Die Beigeladene war nicht nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 VgV als Projektantin von der Vergabe auszuschließen. Der geltend gemachte Projektantenstatus hat sich nicht auf Auftragschancen der Antragstellerin ausgewirkt. Denn die Vergabestelle durfte ausschließlich mit der Beigeladenen verhandeln.
32e. Ebenso wenig war sie wegen einer unzulässigen Beihilfe nach § 19 Abs. 7 VOL/A-EG von einer Vergabe auszuschließen. Der Antragstellerin fehlt insoweit bereits Antragsbefugnis im Sinn von § 107 Abs. 2 GWB. Wer vom Wettbewerb – wie die Antragstellerin - ausgeschlossen ist, kann den Ausschluss anderer Bieter nicht betreiben. Es kann zudem nicht festgestellt werden, dass das Angebot der Beigeladenen ungewöhnlich niedrig war.
332. Die Voraussetzungen eines In-House-Geschäfts lagen allerdings nicht vor. Wie der Senat bereits im Beschluss vom 22.05.2013, VII-Verg 16/12 (BA 13 ff.), ausgeführt hat, unterliegen Hochschulen in Nordrhein-Westfalen nur der Rechts-, nicht aber der Fachaufsicht durch das Land NRW, weil nach nordrhein-westfälischem Hochschulrecht nicht nur die Freiheit von Forschung und Lehre, sondern auch die Finanzierung und Wirtschaftsführung der Hochschulen zum Bereich der Selbstverwaltungsangelegenheiten gehören. Eine horizontale In-House-Vergabe schied auf der Grundlage der Rechtsprechung des EuGH und unabhängig von den durch die Vorlage des Hanseatischen Oberlandesgerichts mit Beschluss vom 06.11.2011, 1 Berg 7/11, an den EuGH gestellten Fragen schon wegen fehlender Kontrolle der Antragsgegnerin durch das Land NRW aus. Auf die Begründung im Senatsbeschluss vom 22.05.2013 wird zur Vermeidung bloßer Wiederholungen verwiesen.
34III. Die Entscheidung über die Kosten und Aufwendungen beruht auf § 128 Abs. 3, Abs. 4 GWB sowie §§ 120 Abs. 2, 78 GWB.
35Der Beschwerdewert wird auf bis zu 20.000,- € festgesetzt.
36Dicks Brackmann Barbian
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(1) Bei einem nicht offenen Verfahren fordert der öffentliche Auftraggeber eine unbeschränkte Anzahl von Unternehmen im Rahmen eines Teilnahmewettbewerbs öffentlich zur Abgabe von Teilnahmeanträgen auf. Jedes interessierte Unternehmen kann einen Teilnahmeantrag abgeben. Mit dem Teilnahmeantrag übermitteln die Unternehmen die vom öffentlichen Auftraggeber geforderten Informationen für die Prüfung ihrer Eignung.
(2) Die Frist für den Eingang der Teilnahmeanträge (Teilnahmefrist) beträgt mindestens 30 Tage, gerechnet ab dem Tag nach der Absendung der Auftragsbekanntmachung.
(3) Für den Fall, dass eine hinreichend begründete Dringlichkeit die Einhaltung der Teilnahmefrist unmöglich macht, kann der öffentliche Auftraggeber eine Frist festlegen, die 15 Tage, gerechnet ab dem Tag nach der Absendung der Auftragsbekanntmachung, nicht unterschreiten darf.
(4) Nur diejenigen Unternehmen, die vom öffentlichen Auftraggeber nach Prüfung der übermittelten Informationen dazu aufgefordert werden, können ein Angebot einreichen. Der öffentliche Auftraggeber kann die Zahl geeigneter Bewerber, die zur Angebotsabgabe aufgefordert werden, gemäß § 51 begrenzen.
(5) Die Angebotsfrist beträgt mindestens 30 Tage, gerechnet ab dem Tag nach der Absendung der Aufforderung zur Angebotsabgabe.
(6) Mit Ausnahme oberster Bundesbehörden kann der öffentliche Auftraggeber die Angebotsfrist mit den Bewerbern, die zur Angebotsabgabe aufgefordert werden, im gegenseitigen Einvernehmen festlegen, sofern allen Bewerbern dieselbe Frist für die Einreichung der Angebote gewährt wird. Erfolgt keine einvernehmliche Festlegung der Angebotsfrist, beträgt diese mindestens zehn Tage, gerechnet ab dem Tag nach der Absendung der Aufforderung zur Angebotsabgabe.
(7) Für den Fall, dass eine hinreichend begründete Dringlichkeit die Einhaltung der Angebotsfrist gemäß Absatz 5 unmöglich macht, kann der öffentliche Auftraggeber eine Frist festlegen, die zehn Tage, gerechnet ab dem Tag nach der Absendung der Aufforderung zur Angebotsabgabe, nicht unterschreiten darf.
(8) Der öffentliche Auftraggeber kann die Angebotsfrist gemäß Absatz 5 um fünf Tage verkürzen, wenn er die elektronische Übermittlung der Angebote akzeptiert.
(9) § 15 Absatz 5 gilt entsprechend.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Die nach § 69a Abs. 1, 2 GKG statthafte Rüge gegen die Wertfestsetzung im Senatsbeschluss vom 8. Februar 2011 ist als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht in der gesetzlichen Form erhoben ist (§ 69a Abs. 4 Satz 1 und 2 GKG). Wird die Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG durch das Beschwerdegericht gerügt, setzt die Zulässigkeit der Anhörungsrüge wie bei dem Rechtsbehelf aus § 321a ZPO, dem § 69a GKG nachgebildet ist, voraus, dass Umstände ausgeführt werden, aus denen sich ergeben kann, dass das Gericht bei der Entscheidung Vorbringen überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch nicht erwogen hat (vgl. dazu BVerfGE 87, 1, 33; BGHZ 154, 288, 300 mwN; vgl.
II.
- 2
- Der Senat hat die Anhörungsrüge zum Anlass genommen, seine Wertfestsetzung im Beschluss vom 8. Februar 2011 darauf hin zu überprüfen, ob Anlass besteht, sie nach § 63 Abs. 3 GKG von Amts wegen zu korrigieren. Das ist indes nicht der Fall.
- 3
- 1. Bei der Wertbemessung war davon auszugehen, dass es der Antragstellerin mit ihrem Nachprüfungsantrag nicht darum ging, Leistungen, die Gegenstand des Änderungsvertrages waren, zumindest in einem Teil des durch diesen Vertrag festgelegten Zeitraums zu erbringen, sondern darum, diesen Änderungsvertrag zu Fall zu bringen, um sich für die Zeit nach dem Auslaufen des Verkehrsvertrags (Dezember 2018) um den Betrieb der genannten S-Bahnlinien 5 und 8 im Verkehrsverbund Rhein/Ruhr zu bewerben. Will der Antragsteller im Nachprüfungsverfahren mit der begehrten Nichtigerklärung eines im Wege der De-facto-Vergabe geschlossenen Vertrages aucherreichen, dass der Gesamtgegenstand dieses Vertrages in einem künftigen Vergabeverfahren losweise vergeben wird, bemisst sich die für den Streitwert maßgebliche Auftragssumme (§ 50 Abs. 2 GKG) nach dem Wert der Lose, an deren Erbringung der Antragsteller interessiert ist (ebenso Brandenburgisches OLG, VergabeR 2003, 654 ff.). Das auch in § 107 Abs. 2 Satz 1 GWB angesprochene Interesse des Antragstellers am Auftrag beschränkt sich in solchen Fällen auf diese Lose. Dieser Umstand kann bei der im Zusammenhang mit der Streitwertfestsetzung gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung nicht außer Betracht bleiben. Zudem ist zu bedenken, dass das Rechtsschutzziel der Aufteilung eines Auftrags in Lose typischerweise dasjenige von kleineren oder mittleren Unternehmen sein wird und dass das Prozessrisiko dieser Wirtschaftsteilnehmer im Interesse eines effektiven Vergaberechtsschutzes nicht dadurch überhöht werden sollte, dass ihrem Begehren ein Streitwert von 5 Prozent der BruttoGesamtauftragssumme zugrunde gelegt wird, obwohl ihr wirtschaftliches Ziel sich damit jedenfalls nicht deckt und sich unter Umständen nur auf einen kleinen Bruchteil dieser Summe bezieht.
- 4
- 2. Ist nach Nichtigerklärung eines im Wege der De-facto-Vergabe geschlossenen Vertrages, wie hier, ungewiss, wann und mit welchen Modalitäten ein zukünftiges Vergabeverfahren für eine losweise Vergabe der in Rede stehenden Leistungen zur Durchführung ansteht, ist die für den Nachprüfungsantrag des die Losaufteilung anstrebenden Antragstellers maßgebliche Auftragssumme zu schätzen. Eine solche Schätzung ist unter Voraussetzungen vorzunehmen , die mit denjenigen vergleichbar ist, unter denen öffentliche Auftraggeber den Wert zur Vergabe anstehender Leistungen zu ermitteln haben, bevor sie das entsprechende Vergabeverfahren in die Wege leiten. Deshalb ist es sachgerecht, dafür die in § 3 VgV genannten Parameter heranzuziehen, soweit sie nach den Umständen für eine entsprechende Anwendung geeignet erscheinen.
- 5
- Im Streitfall kann davon ausgegangen werden, dass eine losweise Vergabe des Betriebs der Linien, für welche die Antragstellerin sich interessiert, auf einen längeren Zeitraum bemessen wird. Bei Aufträgen über Dienstleistungen , für die kein Gesamtpreis angegeben werden kann und die eine unbestimmte Laufzeit bzw. eine solche von mehr als 48 Monaten haben werden, bietet sich in Anlehnung an § 3 Abs. 4 Nr. 2 VgV an, auf den 48-fachen Monatswert abzustellen. Auf dieser Grundlage hat der Senat den Streitwert im Beschluss vom 8. Februar 2011 bemessen.
- 6
- Im Verfahren der Anhörungsrüge nach § 69a Abs. 1 werden Kosten nicht erstattet (§ 69a Abs. 3 GKG). Die Gebühr nach KV 1700 zum Gerichtskostengesetz fällt der Antragstellerin zur Last.
Grabinski Bacher
Vorinstanz:
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 21.07.2010 - VII-Verg 19/10 -
(1) Bei einem nicht offenen Verfahren fordert der öffentliche Auftraggeber eine unbeschränkte Anzahl von Unternehmen im Rahmen eines Teilnahmewettbewerbs öffentlich zur Abgabe von Teilnahmeanträgen auf. Jedes interessierte Unternehmen kann einen Teilnahmeantrag abgeben. Mit dem Teilnahmeantrag übermitteln die Unternehmen die vom öffentlichen Auftraggeber geforderten Informationen für die Prüfung ihrer Eignung.
(2) Die Frist für den Eingang der Teilnahmeanträge (Teilnahmefrist) beträgt mindestens 30 Tage, gerechnet ab dem Tag nach der Absendung der Auftragsbekanntmachung.
(3) Für den Fall, dass eine hinreichend begründete Dringlichkeit die Einhaltung der Teilnahmefrist unmöglich macht, kann der öffentliche Auftraggeber eine Frist festlegen, die 15 Tage, gerechnet ab dem Tag nach der Absendung der Auftragsbekanntmachung, nicht unterschreiten darf.
(4) Nur diejenigen Unternehmen, die vom öffentlichen Auftraggeber nach Prüfung der übermittelten Informationen dazu aufgefordert werden, können ein Angebot einreichen. Der öffentliche Auftraggeber kann die Zahl geeigneter Bewerber, die zur Angebotsabgabe aufgefordert werden, gemäß § 51 begrenzen.
(5) Die Angebotsfrist beträgt mindestens 30 Tage, gerechnet ab dem Tag nach der Absendung der Aufforderung zur Angebotsabgabe.
(6) Mit Ausnahme oberster Bundesbehörden kann der öffentliche Auftraggeber die Angebotsfrist mit den Bewerbern, die zur Angebotsabgabe aufgefordert werden, im gegenseitigen Einvernehmen festlegen, sofern allen Bewerbern dieselbe Frist für die Einreichung der Angebote gewährt wird. Erfolgt keine einvernehmliche Festlegung der Angebotsfrist, beträgt diese mindestens zehn Tage, gerechnet ab dem Tag nach der Absendung der Aufforderung zur Angebotsabgabe.
(7) Für den Fall, dass eine hinreichend begründete Dringlichkeit die Einhaltung der Angebotsfrist gemäß Absatz 5 unmöglich macht, kann der öffentliche Auftraggeber eine Frist festlegen, die zehn Tage, gerechnet ab dem Tag nach der Absendung der Aufforderung zur Angebotsabgabe, nicht unterschreiten darf.
(8) Der öffentliche Auftraggeber kann die Angebotsfrist gemäß Absatz 5 um fünf Tage verkürzen, wenn er die elektronische Übermittlung der Angebote akzeptiert.
(9) § 15 Absatz 5 gilt entsprechend.
(1) Dieser Teil ist nicht anzuwenden auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen
- 1.
zu Schiedsgerichts- und Schlichtungsdienstleistungen, - 2.
für den Erwerb, die Miete oder die Pacht von Grundstücken, vorhandenen Gebäuden oder anderem unbeweglichem Vermögen sowie Rechten daran, ungeachtet ihrer Finanzierung, - 3.
zu Arbeitsverträgen, - 4.
zu Dienstleistungen des Katastrophenschutzes, des Zivilschutzes und der Gefahrenabwehr, die von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen erbracht werden und die unter die Referenznummern des Common Procurement Vocabulary 75250000-3, 75251000-0, 75251100-1, 75251110-4, 75251120-7, 75252000-7, 75222000-8, 98113100-9 und 85143000-3 mit Ausnahme des Einsatzes von Krankenwagen zur Patientenbeförderung fallen; gemeinnützige Organisationen oder Vereinigungen im Sinne dieser Nummer sind insbesondere die Hilfsorganisationen, die nach Bundes- oder Landesrecht als Zivil- und Katastrophenschutzorganisationen anerkannt sind.
(2) Dieser Teil ist ferner nicht auf öffentliche Aufträge und Konzessionen anzuwenden,
- 1.
bei denen die Anwendung dieses Teils den Auftraggeber dazu zwingen würde, im Zusammenhang mit dem Vergabeverfahren oder der Auftragsausführung Auskünfte zu erteilen, deren Preisgabe seiner Ansicht nach wesentlichen Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union widerspricht, oder - 2.
die dem Anwendungsbereich des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe b des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union unterliegen.
- 1.
sicherheitsindustrielle Schlüsseltechnologien betreffen oder - 2.
Leistungen betreffen, die - a)
für den Grenzschutz, die Bekämpfung des Terrorismus oder der organisierten Kriminalität oder für verdeckte Tätigkeiten der Polizei oder der Sicherheitskräfte bestimmt sind, oder - b)
Verschlüsselung betreffen
und soweit ein besonders hohes Maß an Vertraulichkeit erforderlich ist.
(1) Unternehmen haben bei der Ausführung des öffentlichen Auftrags alle für sie geltenden rechtlichen Verpflichtungen einzuhalten, insbesondere Steuern, Abgaben und Beiträge zur Sozialversicherung zu entrichten, die arbeitsschutzrechtlichen Regelungen einzuhalten und den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern wenigstens diejenigen Mindestarbeitsbedingungen einschließlich des Mindestentgelts zu gewähren, die nach dem Mindestlohngesetz, einem nach dem Tarifvertragsgesetz mit den Wirkungen des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes für allgemein verbindlich erklärten Tarifvertrag oder einer nach § 7, § 7a oder § 11 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes oder einer nach § 3a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes erlassenen Rechtsverordnung für die betreffende Leistung verbindlich vorgegeben werden.
(2) Öffentliche Auftraggeber können darüber hinaus besondere Bedingungen für die Ausführung eines Auftrags (Ausführungsbedingungen) festlegen, sofern diese mit dem Auftragsgegenstand entsprechend § 127 Absatz 3 in Verbindung stehen. Die Ausführungsbedingungen müssen sich aus der Auftragsbekanntmachung oder den Vergabeunterlagen ergeben. Sie können insbesondere wirtschaftliche, innovationsbezogene, umweltbezogene, soziale oder beschäftigungspolitische Belange oder den Schutz der Vertraulichkeit von Informationen umfassen.
(1) Ein dynamisches Beschaffungssystem ist ein zeitlich befristetes, ausschließlich elektronisches Verfahren zur Beschaffung marktüblicher Leistungen, bei denen die allgemein auf dem Markt verfügbaren Merkmale den Anforderungen des öffentlichen Auftraggebers genügen.
(2) Eine elektronische Auktion ist ein sich schrittweise wiederholendes elektronisches Verfahren zur Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots. Jeder elektronischen Auktion geht eine vollständige erste Bewertung aller Angebote voraus.
(3) Ein elektronischer Katalog ist ein auf der Grundlage der Leistungsbeschreibung erstelltes Verzeichnis der zu beschaffenden Liefer-, Bau- und Dienstleistungen in einem elektronischen Format. Er kann insbesondere beim Abschluss von Rahmenvereinbarungen eingesetzt werden und Abbildungen, Preisinformationen und Produktbeschreibungen umfassen.
(4) Eine zentrale Beschaffungsstelle ist ein öffentlicher Auftraggeber, der für andere öffentliche Auftraggeber dauerhaft Liefer- und Dienstleistungen beschafft, öffentliche Aufträge vergibt oder Rahmenvereinbarungen abschließt (zentrale Beschaffungstätigkeit). Öffentliche Auftraggeber können Liefer- und Dienstleistungen von zentralen Beschaffungsstellen erwerben oder Liefer-, Bau- und Dienstleistungsaufträge mittels zentraler Beschaffungsstellen vergeben. Öffentliche Aufträge zur Ausübung zentraler Beschaffungstätigkeiten können an eine zentrale Beschaffungsstelle vergeben werden, ohne ein Vergabeverfahren nach den Vorschriften dieses Teils durchzuführen. Derartige Dienstleistungsaufträge können auch Beratungs- und Unterstützungsleistungen bei der Vorbereitung oder Durchführung von Vergabeverfahren umfassen. Die Teile 1 bis 3 bleiben unberührt.