Oberlandesgericht Düsseldorf Beschluss, 07. Aug. 2013 - VII-Verg 15/13
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der 1. Vergabekammer des Bundes vom 10. Mai 2013 (VK 1 - 27/13) wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Antragstellerin auferlegt.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf bis zu 155.000 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2A.
3Die Antragsgegnerin, eine Sektorenauftraggeberin, schrieb mit Bekanntmachung vom 28. Dezember 2012 unionsweit im offenen Verfahren die Gleis- und Weichenerneuerung auf der Bahnstrecke 3450 Hinterweidenthal - Münchweiler aus. Der Zuschlag soll auf das wirtschaftlichste Angebot erteilt werden. Zuschlagskriterien sind der Preis (Gewichtung 80 %) sowie die Qualitätskriterien Terminplanung und Eigenfertigungstiefe (gewichtet mit je 10 %). Unter anderem reichten die Antragstellerin und die Beigeladene fristgerecht Angebote ein. Nach der Nachforderung von Unterlagen und Aufklärungsgesprächen zum Angebotsinhalt schloss die Antragsgegnerin das Angebot der Antragstellerin von der Wertung aus, weil sie den geplanten Bauablauf als undurchführbar ansah. Sie beabsichtigt, der Beigeladenen den Zuschlag zu erteilen. Dies teilte sie der Antragstellerin mit Schreiben vom 28. März 2013 mit. Nach diesbezüglicher Rüge vom 2. April 2013, der die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 4. April 2013 nicht abhalf, reichte die Antragstellerin am 8. April 2013 Nachprüfungsantrag ein mit dem Ziel einer Wiederholung der Wertung. Im Nachprüfungsverfahren machte die Antragsgegnerin weitere Ausschlussgründe geltend, unter anderem die Unvollständigkeit des Angebots hinsichtlich der gemäß Anlage 4.1 geforderten Angaben und eine Abweichung von den Vergabeunterlagen im Hinblick auf den dort nicht vorgesehenen Umbau des Bahnübergangs Bܠ501. Die Vergabekammer hat aufgrund dieser Ausschlussgründe den Nachprüfungsantrag als unbegründet zurückgewiesen, die Frage der Durchführbarkeit des Angebots der Antragstellerin hingegen offen gelassen. Nach einem Telefonat mit einem Mitarbeiter der Antragsgegnerin am 14. Mai 2013 hat die Antragstellerin mit Schreiben vom 16. Mai 2013 weitere Rügen erhoben. Wie sie in dem Gespräch erfahren habe, gebe es für die Durchführung des Auftrags relevante Umstände, die aus den Vergabeunterlagen nicht ersichtlich gewesen seien (u.a. fehlende Abstellmöglichkeiten im Bahnhof Landau und ein abgestellter Museumsbahnzug im Bahnhof Münchweiler). Des Weiteren seien die Angebote aller übrigen Bieter auszuschließen, weil die im Leistungsverzeichnis vorgegebene maximale Zuglänge von 200 m beim Materialtransport überschritten werde.
4Gegen den Beschluss der Vergabekammer hat die Antragstellerin Beschwerde eingelegt, verbunden mit einem Antrag nach § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB. Sie wiederholt und vertieft ihr Rügevorbringen und tritt den geltend gemachten Ausschlussgründen entgegen.
5Die Antragstellerin beantragt,
6den Beschluss der Vergabekammer abzuändern und der Antragsgegnerin aufzugeben, den Zuschlag nicht wie beabsichtigt zu erteilen, sondern die Wertung der Angebote unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Vergabesenats zu wiederholen,
7hilfsweise, der Antragsgegnerin zu untersagen, auf Grundlage der vorliegenden Leistungsbeschreibung einen Zuschlag zu erteilen.
8Die Antragsgegnerin beantragt,
9die Beschwerde zurückzuweisen.
10Sie bestreitet die Antragsbefugnis der Antragstellerin, weil ihr Angebot bei hypothetischer Wertung nicht den ersten Rang einnehme. Zudem habe die Antragstellerin ihre Rügeobliegenheit verletzt, da die fehlende Durchführbarkeit schon Gegenstand des Aufklärungsgesprächs vom 19. März 2013 gewesen sei. Das Angebot der Antragstellerin sei wegen fehlender Durchführbarkeit, Unvollständigkeit bezüglich der Angaben zu Anlage 4.1 sowie wegen Abweichung von den Vergabeunterlagen betreffend den Bahnübergang BÜ 501 zwingend auszuschließen. Auf die angeblichen Äußerungen eines Mitarbeiters im Telefonat vom 14. Mai 2013 komme es nicht an; maßgeblich seien die Vorgaben in den Vergabeunterlagen.
11Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Akten der Vergabekammer, die Vergabeakten und die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen verwiesen. Die Beigeladene hat sich am Nachprüfungsverfahren nicht beteiligt.
12B.
13Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat keinen Erfolg, weil ihr Angebot auszuschließen ist und eine Rückversetzung des Vergabeverfahrens - die ihr eine zweite Chance zur Abgabe eines zuschlagsfähigen Angebots gäbe - nicht geboten ist.
14I. Allerdings ist der Nachprüfungsantrag zulässig.
151. Die Antragstellerin ist antragsbefugt, § 107 Abs. 2 GWB. Sie hat sich mit einem Angebot am Vergabeverfahren beteiligt und hierdurch ihr Interesse am Auftrag dokumentiert. Weiter macht sie Vergaberechtsverstöße geltend, die, sofern sie gegeben sind, ihre Zuschlagschancen mindern und sie dadurch schädigen können. Der Einwand der Antragsgegnerin, das Angebot der Antragstellerin würde, wäre es zur Wertung zugelassen worden, nicht den ersten Rang belegen und hätte damit ohnehin keine Zuschlagschance, steht dem nicht entgegen. An die Darlegung eines entstandenen oder drohenden Schadens, insbesondere die Möglichkeit, den Zuschlag zu erlangen, sind keine hohen Anforderungen zu stellen. Es genügt, wenn ein Schaden nicht offensichtlich ausgeschlossen ist. Wie der Senat unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschl. v. 29.07.2004, 2 BvR 2248/03) und des Bundesgerichtshofs (Beschl. v. 10.11.2009, X ZB 8/09) bereits mehrfach entschieden hat, erfüllt die Antragsbefugnis die Funktion eines groben Filters, dem lediglich die Aufgabe zukommt, von vornherein eindeutige Fälle, in denen eine Auftragserteilung an den Antragsteller aussichtslos ist, auszusondern (Senat, Beschl. v. 01.10.2012, VII-Verg 34/12; Beschl. v. 29.02.2012, VII-Verg 75/11; Beschl. v. 04.02.2013, Verg 31/12). Dazu zählt der Streitfall bereits deshalb nicht, weil im Fall einer Rückversetzung des Vergabeverfahrens die Antragstellerin Gelegenheit hätte, ein überarbeitetes Angebot einzureichen.
162. Der Nachprüfungsantrag ist nicht gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB unzulässig. Die Antragstellerin hat die erkannten Vergaberechtsverstöße jeweils unverzüglich gerügt, so dass die Frage, ob nach den Urteilen des EuGH vom 28. Januar 2010 (C-406/08 und C-456/08) auf das Merkmal der Unverzüglichkeit der Rüge abgestellt werden darf, im Streitfall keiner Entscheidung bedarf.
17Auf Mitteilung der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 28. März 2012 (Gründonnerstag), dass das Angebot der Antragstellerin ausgeschlossen werde und der Beigeladenen der Zuschlag erteilt werden solle, hat die Antragstellerin mit Schreiben vom 2. April 2013 (am ersten Arbeitstag nach den Osterfeiertagen) eine diesbezügliche Rüge erhoben. Unerheblich ist, dass der Ausschlussgrund bereits Gegenstand des Aufklärungsgesprächs am 19. März 2013 war. Zu rügen sind nicht einzelne Ausschlussgründe, sondern Verstöße gegen Vergabevorschriften, mithin ein Verhalten des Auftraggebers. Ein solches liegt erst im am 27. März 2013 in den Vergabeunterlagen dokumentierten und am 28. März 2013 der Antragstellerin mitgeteilten Angebotsausschluss.
18Auch die vorsorglich (zum Meinungsstand zur Erforderlichkeit einer Rüge nach Einleitung des Nachprüfungsverfahrens vgl. Byok in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, 3. Auflage, § 107 GWB Rn. 108 m.w.N.) am 16. Mai 2013 erhobenen Rügen - betreffend Mängel der Vergabeunterlagen hinsichtlich Rahmenbedingungen der Auftragsdurchführung, die nicht aus den Vergabeunterlagen ersichtlich waren, und den unterlassenen Ausschluss aller anderen Angebote wegen Abweichung von den Vergabeunterlagen bezüglich der in der Leistungsbeschreibung festgeschriebenen maximalen Zuglänge von 200 m - sind unverzüglich erhoben worden, nämlich zwei Tage nach dem Telefonat vom 14. Mai 2013, durch das die Antragstellerin nach ihrem Sachvortrag von den vorgenannten Umständen Kenntnis erlangt hat.
19Dafür, dass eine Unvollständigkeit der Leistungsbeschreibung aus den Vergabeunterlagen erkennbar gewesen wäre und damit eine Rügeobliegenheit gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB bestanden hätte, ist nichts ersichtlich.
20II. Der Nachprüfungsantrag ist nicht begründet.
211. Das Angebot der Antragstellerin ist von der Wertung auszuschließen.
22a) Der Angebotsausschluss war allerdings nicht wegen fehlender Durchführbarkeit des Angebots gerechtfertigt. Die umfangreiche Erörterung der Möglichkeiten zur logistischen Andienung der Baustelle in der mündlichen Verhandlung - insbesondere unter Berücksichtigung des zwischenzeitlich von der Antragstellerin gefertigten detaillierten Ablaufplans - hat die von der Antragsgegnerin vorgebrachten Bedenken hinsichtlich der Materialzuführung über Landau und Zweibrücken und der Überschreitung der maximalen Zuglänge von 200 m nicht bestätigt, vielmehr aufgezeigt, dass die Verfahrensbeteiligten insoweit von unterschiedlichen Abläufen ausgegangen sind.
23b) Ein Ausschluss ist auch nicht wegen Verstoßes gegen die Anforderung im Leistungsverzeichnis, dass der Bahnübergang BÜ 501 „liegen bleiben“ soll, gerechtfertigt. Es lässt sich nicht feststellen, dass die von der Antragstellerin vorgesehenen Maßnahmen gegen diese Vorgabe verstoßen. Das von der Vergabekammer wegen Verletzung der Mitwirkungspflicht nach §§ 113 Abs. 2 GWB als verspätetet zurückgewiesene Vorbringen der Antragstellerin, sie wolle den Bahnübergang nicht um- bzw. aus- und einbauen, sondern lediglich die lose verlegten seitlichen Strail-Platten vorübergehend entfernen, ist im Beschwerdeverfahren zu berücksichtigen. Es wird, wie die Erörterung ergeben hat, durch den Kalkulationsbauzeitenplan der Antragstellerin bestätigt, anhand dessen ersichtlich ist, dass - anders als bei dem Bahnübergang BÜ 501 - ein Umbau in ihrem Angebot gerade nicht vorgesehen ist.
24Die mit dem Ausbau der Strail-Platten verbundene achttägige Sperrung des Bahnübergangs rechtfertigt keinen Angebotsausschluss. Nach dem Leistungsverzeichnis sollten „BÜ Sperrungen während der Bauarbeiten“ „frei“ bleiben, mithin gerade nicht ausgeschlossen sein.
25c) Das Angebot der Antragstellerin ist jedoch zwingend von der Wertung auszuschließen, weil die Antragstellerin die von der Antragsgegnerin geforderten Erläuterungen zur Anlage 4.1 nicht fristgerecht eingereicht hat.
26aa) Nicht zu beanstanden ist allerdings, dass die Antragstellerin nicht das von der Antragsgegnerin den Vergabeunterlagen beigefügte Kalkulations-schlussblatt ausgefüllt, sondern ein älteres, im Wesentlichen gleich lautendes Formblatt als Anlage 4.1 zum Angebot eingereicht hat. Hierbei handelt es sich nicht um eine Eigenfertigung der Antragstellerin, deren Prüfung der Antragsgegnerin aufgrund des hiermit verbundenen zeitlichen Mehraufwands unzumutbar sein könnte, sondern um ein von der Antragsgegnerin selbst in früheren Ausschreibungen verwendetes Formblatt, das ein elektronisches Ausfüllen mit der von Bietern hierfür verwendeten Spezialsoftware zulässt.
27bb) Das Angebot war jedoch unvollständig, weil die gemäß Fußnote 3 zur Spalte „UGK“ des Kalkulationsschlussblatts (Anlage 4.1 zum Angebot) geforderte gesonderte Erläuterung der Zusammensetzung der „UKG“ fehlte, die erforderlich war, weil diese in Summe 12 % überschreiten.
28(1) Entgegen der Auffassung der Antragstellerin war die Erläuterung wirksam gefordert. Nach dem den Vergabeunterlagen beiliegenden „Inhaltsverzeichnis Vergabeunterlagen“ war das Kalkulationsschlussblatt als Anlage 4.1 zum Angebot „als Rücklaufexemplar 1-fach beizulegen“. Die Lesbarkeit des Formulars ist nicht zu beanstanden. Die inhaltlichen Anforderungen an die Erläuterung der UGK sind auch keineswegs widersprüchlich oder unklar:
29Im Kalkulationsschlussblatt waren unter anderem Angaben zu „UGK“ gefordert, die sich aus „Zuschlagssatz für AGK“, „Zuschlagssatz für Wagnis“ und „Zuschlagssatz für Gewinn“ zusammensetzen. Gemäß Fußnote 3 zu den „UGK“ war „soweit die UGK 12 % überschreiten“ „mit Anlage 4.1 eine gesonderte Zusammensetzung abzugeben“. Hinsichtlich der Unterpunkte „Zuschlagssatz für AGK“, „Zuschlagssatz für Wagnis“ und „Zuschlagssatz für Gewinn“
30erforderte Fußnote 4: „Falls nicht (komplett) umsatzbezogen kalkuliert, ist der Betrag vom Bieter aufzugliedern und hinsichtlich der Kosteneigenschaften zu erläutern.“ Für die Bieter war damit mit hinreichender Deutlichkeit erkennbar, dass eine gesonderte Erläuterung gefordert ist, wenn (gemäß Fußnote 3) die UGK in Summe 12 % überschreiten, des Weiteren, wenn (so Fußnote 4) - und insoweit unabhängig von einem Überschreiten der 12-Prozent-Grenze nach Fußnote 3 - die Zuschlagssätze für AGK, Wagnis oder Gewinn nicht komplett umsatzbezogen kalkuliert sind. Das Argument der Antragstellerin, eine Aufgliederung sei entbehrlich gewesen, weil sie bereits durch das Eintragen der Zuschlagssätze für AGK, Wagnis und Gewinn in das Kalkulationsschlussblatt selbst erfolgt sei (wodurch die Anforderung der Fußnote 3 erfüllt werde), auch treffe der Fall der Fußnote 4 nicht zu, da die Zuschlagssätze komplett umsatzbezogen kalkuliert seien, überzeugt nicht. Nach Fußnote 3 war eine gesonderte Erläuterung der Zusammensetzung der UGK abzugeben, die eine Aufgliederung der AGK beinhaltet. Dies hat die Antragstellerin auch so verstanden, wie die von ihr auf den 7. März 2013 datierte, allerdings verspätet vorgelegte Aufstellung zeigt.
31(2) Keiner Entscheidung bedarf, ob die Antragsgegnerin die fehlende Erläuterung gemäß § 19 Abs. 3 SektVO nachfordern durfte oder hieran durch Ziff. 7.2 i.V.m. Ziff. 6.2 der den Vergabeunterlagen beigefügten „Bewerbungsbedingungen Bauleistungen“ gehindert war, wonach eine Nachforderung von Nachweisen und Erklärungen betreffend die im Inhaltsverzeichnis der Vergabeunterlagen als Rücklaufexemplar angekreuzten Anlagen 4.1 ff. ausgeschlossen sein sollte.
32Dem Sektorenauftraggeber kommt nach § 19 Abs. 3 SektVO ein Ermessen dahingehend zu, ob er Erklärungen und Nachweise, die auf seine Anforderung bis zum Ablauf der Frist für den Eingang der Angebote nicht von den Unternehmen vorgelegt wurden, bis zum Ablauf einer von ihm zu bestimmenden Nachfrist anfordert. Ob er sein Ermessen vorab in der Weise ausüben kann, dass er die Möglichkeit einer Nachforderung bereits in den Vergabeunterlagen ausschließt, erscheint zweifelhaft, da der Auftraggeber verpflichtet ist, das ihm rechtlich eingeräumte Ermessen in Kenntnis des vollständigen Sachverhalts und aller Umstände pflichtgemäß auszuüben auf der Grundlage der eingereichten Angebote (vgl. hierzu Senat, Beschl. v. 28.11.2012, VII-Verg 8/12; anders 1. VK Bund, Beschl. v. 08.07.2011, VK 1 - 75/11). Im Streitfall ist den Vergabeakten nicht zu entnehmen, ob und mit welchem Inhalt eine Ermessensausübung der Antragsgegnerin stattgefunden hat.
33(3) Jedenfalls hat die Antragstellerin die ihr mit E-Mail der Antragsgegnerin vom 6. März 2013 eröffnete Möglichkeit, die fehlenden Angaben bis zum 11. März 2013 nachzureichen, ungenutzt verstreichen lassen. Ihr Angebot ist daher zwingend von der Wertung auszuschließen.
34Zwar ist keiner der in § 21 SektVO geregelten Ausschlussgründe erfüllt. Auch im Geltungsbereich der Sektorenverordnung sind Angebote jedoch auszuschließen, wenn sie die Vorgaben der Vergabeunterlagen nicht erfüllen bzw. unvollständig sind (vgl. OLG München, Beschl. v. 29.09.2009, Verg 12/09 m.w.N. zur VOB/A SKR).
35Der Umstand, dass die Antragsgegnerin die fehlenden Angaben mit E-Mail vom 13. März 2013 nochmals - diesmal erfolgreich - nachgefordert und demgemäß den Ausschluss des Angebots der Antragstellerin im Vergabevermerk vom 27. März 2013 nicht auf die Unvollständigkeit des Angebots gestützt, vielmehr zunächst alle Angebote als formell ordnungsgemäß angesehen hat, muss außer Betracht bleiben. Insoweit kann auf sich beruhen, dass das Vorbringen der Antragsgegnerin vor der Vergabekammer, bei der Angebotsprüfung näher bezeichnete formelle Mängel am Angebot der Antragstellerin festgestellt zu haben (darunter die fehlenden Angaben zur Zusammensetzung der „UGK“), in den Vergabeakten keinen Niederschlag gefunden hat.
36Gemäß § 19 Abs. 3 SektVO können Erklärungen und Nachweise, die auf Aufforderung des Auftraggebers bis zum Ablauf der Frist für den Eingang der Teilnahmeanträge oder Angebote nicht von den Unternehmen vorgelegt wurden, bis zum Ablauf einer vom Auftraggeber zu bestimmenden Nachfrist angefordert werden. Wird diese Frist versäumt, ist ein nochmaliges Nachfordern unter Setzen einer Nachfrist unzulässig, wenn hierdurch - wie im Streitfall - einzelne Bieter gegenüber anderen bevorzugt werden. Zwar enthält die Sektorenverordnung anders als andere Vergabeordnungen (vgl. § 16 Abs. 1 Nr. 3 Satz 4 EG VOB/A, § 22 Abs. 6 Satz 2 VSVgV, § 19 Abs. 2, 3 EG VOL/A) keine Regelung über den zwingenden Ausschluss des Angebots, wenn Erklärungen oder Nachweise nicht innerhalb der vorgesehenen Frist vorgelegt werden. Auch ist nach ständiger Rechtsprechung wegen der Besonderheiten auf dem Gebiet der Sektoren eine großzügige Handhabung geboten und den Sektorenauftraggebern ein möglichst großer Entscheidungsspielraum einzuräumen. Die grundlegenden Prinzipien des Vergaberechts wie das Transparenz- und Gleichbehandlungsgebot sowie der Wettbewerbsgrundsatz sind gleichwohl einzuhalten und stehen nicht zur Disposition des öffentlichen Auftraggebers. Ihm ist daher grundsätzlich nicht gestattet, einzelne Bieter zur nochmaligen Vervollständigung ihres Angebotes aufzufordern. Anderenfalls stünde es in seinem Belieben, welche Angebote in die Wertung kommen oder nicht (vgl. auch OLG München, a.a.O., zur erstmaligen Nachforderung nach der VOB/A SKR).
37Besondere Umstände, die eine andere Beurteilung rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich. Insbesondere war die gesetzte Frist nicht zu knapp bemessen, was sich auch daran zeigt, dass die Antragstellerin die geforderte Aufstellung bereits zum 7. März 2013 gefertigt, allerdings verspätet eingereicht hat. Im Hinblick darauf, dass die Erläuterung der „UGK“ bereits mit den Angebot hätte vorgelegt werden müssen, durfte die Antragstellerin die als höfliche Bitte formulierte Aufforderung der Antragsgegnerin, die Angaben bis zum 11. März 2013 einzureichen, auch nicht als unverbindlich ansehen.
382. Eine Rückversetzung des Vergabeverfahrens mit der Folge, dass die Antragstellerin eine zweite Chance zur Abgabe eines zuschlagsfähigen Angebots erhielte, ist nicht geboten. Die der Entscheidung nach § 118 GWB zu Grunde liegende Vermutung des Senats, die Vergabeunterlagen könnten hinsichtlich maßgeblicher Rahmenbedingungen der Auftragsdurchführung unvollständig sein, so dass das Vergabeverfahren in den Stand vor Übersendung vergaberechtskonformer Vergabeunterlagen zurückzuversetzen wäre, hat sich nicht bestätigt.
39Allerdings hat die Antragsgegnerin im Vergabeverfahren, insbesondere in der Korrespondenz mit der Antragstellerin im Nachgang zur Übersendung des Protokolls zur Angebotsaufklärung vom 19. März 2013 die Auffassung vertreten, die „für die Erstellung des Ablaufplanes verbundene Erkundung der betrieblichen Besonderheiten“ sei Sache des Auftragnehmers. Diese Rechtsauffassung ist unzutreffend. § 7 Abs. 1 SektVO gebietet, die Leistung so eindeutig und erschöpfend zu beschreiben, dass alle Bewerber die Beschreibung im gleichen Sinne verstehen müssen und miteinander vergleichbare Angebote zu erwarten sind. In Bezug auf die Angebotskalkulation muss die Beschreibung den Bietern ermöglichen, ihre Angebotspreise möglichst sicher zu kalkulieren. Sie muss daher die für die Kalkulation notwendigen Informationen enthalten. Umfangreiche Vorarbeiten und Recherchen, die eine Angebotskalkulation erst ermöglichen, darf die Ausschreibung dem Bieter nicht abverlangen (Senat, Beschl. v. 12.10.2011, VII-Verg 46/11 zu § 8 EG VOL/A). Entsprechendes hat für die Rahmenbedingungen der Auftragsdurchführung zu gelten. Im Anwendungsbereich der VOB/A ist eine Leistungsbeschreibung eindeutig, wenn sie Art und Umfang der geforderten Leistung mit allen dafür maßgebenden Bedingungen, z.B. hinsichtlich Qualität, Beanspruchungsgrad, technischer und bauphysikalischer Bedingungen, zu erwartende Erschwernisse, besondere Bedingungen der Ausführung und etwa notwendige Regelungen zur Ermittlung des Leistungsumfangs zweifelsfrei erkennen lässt (Ziekow in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, § 7 VOB/A Rn. 8 unter Bezugnahme auf Ziff. 4.2.1.1 des Vergabehandbuchs für die Durchführung von Bauaufgaben des Bundes im Zuständigkeitsbereich der Finanzbauverwaltungen - VHB - 2008). Dies setzt voraus, dass nicht nur die bauliche Anlage exakt beschrieben wird, sondern - soweit möglich - auch die für die Ausführung maßgeblichen Umstände. Der Grundsatz, dass die Vergabeunterlagen eindeutig und erschöpfend zu gestalten sind, findet seine Grenze im Prinzip der Verhältnismäßigkeit. So ist beispielsweise nicht erforderlich, auf solche technischen Details einzugehen, die für den bauerfahrenen Fachmann als Adressaten der Leistungsbeschreibung selbstverständlich sind.
40Die vorgenannten Grundsätze sind, obgleich eine § 7 Abs. 1 Nr. 6 VOB/A entsprechende Regelung über die Beschreibung der für die Ausführung der Leistung wesentlichen Verhältnisse der Baustelle fehlt und der Wortlaut des § 7 SektVO anders als § 7 Abs. 1 VOB/A auch nicht erfordert, dass Preise sicher und ohne umfangreiche Vorarbeiten berechnet werden können, in ihrem Kern auch im Anwendungsbereich der Sektorenverordnung zu beachten. Auch hier erfordert das in allen Vergabeordnungen zum Ausdruck kommende Gebot der Transparenz (§ 97 Abs. 1 GWB), dass der Auftraggeber im Rahmen des ihm Möglichen und Zumutbaren die Bieter in den Vergabeunterlagen über alle für die Auftragsdurchführung wichtigen Umstände informiert. Ist, wie im Streitfall, vom Bieter ein Bauablaufplan zu erstellen, der auch die Logistik der Materialzufuhr erkennen lässt, sind ihm etwaige Hindernisse auf den in Frage kommenden Zufahrtsstrecken mitzuteilen.
41Mit Rüge vom 16. Mai 2013 hat die Antragstellerin geltend gemacht, von einem Mitarbeiter der Antragsgegnerin am 14. Mai 2013 erfahren zu haben, dass die Antragsgegnerin ihr Angebot aufgrund von Umständen für undurchführbar halte, die den Vergabeunterlagen nicht entnehmbar waren, nämlich weil der Bahnhof Landau durch zwischenzeitlich erfolgte Umbauarbeiten keine hinreichenden Abstellmöglichkeiten mehr aufweise und auf dem zwischen Landau und der Baustelle gelegenen Bahnhof Münchweiler sei ein Museumsbahnzug abgestellt sei. Diese Umstände stehen, wie die Erörterung vor dem Senat ergeben hat, der Durchführbarkeit des Angebots der Antragstellerin jedoch nicht entgegen. Auch im Übrigen lässt sich eine Unvollständigkeit der Vergabeunterlagen hinsichtlich maßgeblicher Rahmenbedingungen der Auftragsdurchführung nicht feststellen.
423. Die Antragstellerin erhält auch keine zweite Chance auf Abgabe eines zuschlagsfähigen Angebots, weil die Angebote aller übrigen Bieter ebenfalls auszuschließen wären. Ihre aufgrund des Telefonats vom 14. Mai 2013 geäußerte Vermutung, „alle anderen Bieter“ hätten „erkannt und kalkuliert, dass auf der Strecke nach Kaiserslautern jeweils abends eine Fahrt mit Zuglängen über 200 m möglich sei“ und wichen damit von den zwingenden Vorgaben der Leistungsbeschreibung ab, hat sich nicht bestätigt. Die den Angeboten der Bieter beiliegenden Kalkulationsbauzeitenpläne enthalten keine Angaben über die Länge der Züge, die zur Materialzu- und -abfuhr eingesetzt werden sollen. Auch die Erörterung in der mündlichen Verhandlung hat keine Anhaltspunkte dafür erbracht, dass die Angebote der übrigen Bieter unter Missachtung der Längenbegrenzung der Züge auf 200 m kalkuliert worden wären.
43III. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 120 Abs. 2, 78 GWB.
44Die Festsetzung des Streitwerts erfolgt gemäß § 50 Abs. 2 GKG.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Düsseldorf Beschluss, 07. Aug. 2013 - VII-Verg 15/13
Urteilsbesprechung schreiben0 Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht Düsseldorf Beschluss, 07. Aug. 2013 - VII-Verg 15/13
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Urteil einreichenOberlandesgericht Düsseldorf Beschluss, 07. Aug. 2013 - VII-Verg 15/13 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).
(1) Öffentliche Auftraggeber können das Recht zur Teilnahme an Vergabeverfahren Werkstätten für Menschen mit Behinderungen und Unternehmen vorbehalten, deren Hauptzweck die soziale und berufliche Integration von Menschen mit Behinderungen oder von benachteiligten Personen ist, oder bestimmen, dass öffentliche Aufträge im Rahmen von Programmen mit geschützten Beschäftigungsverhältnissen durchzuführen sind.
(2) Voraussetzung ist, dass mindestens 30 Prozent der in diesen Werkstätten oder Unternehmen Beschäftigten Menschen mit Behinderungen oder benachteiligte Personen sind.
(1) Dieser Teil ist nicht anzuwenden auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen
- 1.
zu Schiedsgerichts- und Schlichtungsdienstleistungen, - 2.
für den Erwerb, die Miete oder die Pacht von Grundstücken, vorhandenen Gebäuden oder anderem unbeweglichem Vermögen sowie Rechten daran, ungeachtet ihrer Finanzierung, - 3.
zu Arbeitsverträgen, - 4.
zu Dienstleistungen des Katastrophenschutzes, des Zivilschutzes und der Gefahrenabwehr, die von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen erbracht werden und die unter die Referenznummern des Common Procurement Vocabulary 75250000-3, 75251000-0, 75251100-1, 75251110-4, 75251120-7, 75252000-7, 75222000-8, 98113100-9 und 85143000-3 mit Ausnahme des Einsatzes von Krankenwagen zur Patientenbeförderung fallen; gemeinnützige Organisationen oder Vereinigungen im Sinne dieser Nummer sind insbesondere die Hilfsorganisationen, die nach Bundes- oder Landesrecht als Zivil- und Katastrophenschutzorganisationen anerkannt sind.
(2) Dieser Teil ist ferner nicht auf öffentliche Aufträge und Konzessionen anzuwenden,
- 1.
bei denen die Anwendung dieses Teils den Auftraggeber dazu zwingen würde, im Zusammenhang mit dem Vergabeverfahren oder der Auftragsausführung Auskünfte zu erteilen, deren Preisgabe seiner Ansicht nach wesentlichen Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union widerspricht, oder - 2.
die dem Anwendungsbereich des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe b des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union unterliegen.
- 1.
sicherheitsindustrielle Schlüsseltechnologien betreffen oder - 2.
Leistungen betreffen, die - a)
für den Grenzschutz, die Bekämpfung des Terrorismus oder der organisierten Kriminalität oder für verdeckte Tätigkeiten der Polizei oder der Sicherheitskräfte bestimmt sind, oder - b)
Verschlüsselung betreffen
und soweit ein besonders hohes Maß an Vertraulichkeit erforderlich ist.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
2. Auf den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin wird
a) festgestellt, dass die Antragstellerin auch durch die Wahl des Verhandlungsverfahrens in ihren Rechten verletzt ist.
b) der Antragsgegnerin untersagt, auf der Grundlage ihrer Ausschreibung zur "Neubeschaffung von Endoskopiesystemen für Diagnose und Therapie" mit der Vergabenummer SKL A 08/ den Zuschlag zu erteilen.
3. Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.
4. Die Antragsgegnerin und die Beigeladene haben als Gesamtschuldner die für die Amtshandlungen der Vergabekammer entstandenen Kosten zu tragen.
5. Die Antragsgegnerin und die Beigeladene haben der Antragstellerin deren zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung vor der Vergabekammer entstandenen notwendigen Auslagen je zur Hälfte zu erstatten. Die Hinzuziehung des Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin war notwendig.
6. Die Antragsgegnerin und die Beigeladene haben die Kosten des Verfahrens der sofortigen Beschwerde zu tragen.
7. Der Streitwert für die Beschwerdeinstanz beträgt bis 30.000,-- €.
Gründe:
- 1
- A. I. Die Antragstellerin vertreibt medizinische Produkte aus unterschiedlichen optischen Bereichen. Die Antragsgegnerin ist Betreiberin des Städtischen Klinikums L. . Unter dem 23. Juli 2008 schrieb die Antragsgegnerin die Neubeschaffung von Endoskopiesystemen für Diagnose und Therapie im Verhandlungsverfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb europaweit aus. Ein bereits vorangegangenes offenes Verfahren hatte sie im Hinblick auf Rügen und ein Nachprüfungsverfahren (vgl. OLG Celle, Beschl. v. 22.5.2008 - 13 Verg 1/08, OLGR Celle 2008, 663) aufgehoben.
- 2
- In der Leistungsbeschreibung der Antragsgegnerin werden die einzelnen gewünschten Komponenten jeweils mit vorgegebenen und weiteren Merkmalen beschrieben, über deren Vorhandensein und Beschaffenheit der Bieter Angaben zu machen hat. So heißt es beispielsweise bei der Position "01.01.004 Absaugpumpe" (gekürzt): "Allg. Merkmale - Das Gerät muss den Anforderungen der Richtlinie 93/42/EWG entsprechen und mit CE-Kennzeichnung versehen sein. - Das Gerät muss die EMC-Norm für Medizingeräte (IEC 60601-1-2: 2001) erfüllen , wenn es in Kombination mit CE-Zeichen gekennzeichneten MP’s erfolgt. - Erfüllt Emissionsanforderungen n. EN 55011: Gruppe , Klasse Leistungsmerkmale - Pumpentyp: - Kennzeichnung der Pumpe mit 'High Vaccuum, High Flow' gem. ISO 10079-1: ja/nein - Vakuumnennwert kPa +/. % - Vakuumleistung kPa in 10 sek - Betriebsart 'Dauerbetrieb' ja/nein wenn nein, welche ununterbrochene Betriebszeit Std - Thermoschutz des Pumpenmotors ja/nein - Verwendung von Mehrweg-/Einwegsekretbehältern/beides ? wenn Mehrwegbehälter, therm. sterilisierbar (137º C) ja/nein Techn. Merkmale - Spannungsversorgung VAC - Netzfrequenz Hz - Leistungsaufnahme VA"
- 3
- Bereits während der Frist zur Teilnahme am Wettbewerb rügte die Antragstellerin verschiedene Punkte der Ausschreibung. Sie bemängelte insbesondere die Absicht der Antragsgegnerin, den Auftrag im Verhandlungsverfahren zu vergeben.
- 4
- Die Antragsgegnerin half den Rügen im Wesentlichen nicht ab, sondern informierte die Antragstellerin mit Schreiben vom 16. Dezember 2008 gemäß § 13 VgV, dass die Beigeladene die höchste Punktzahl erhalten habe und ihr der Zuschlag erteilt werden solle. Daraufhin leitete die Antragstellerin das Nachprüfungsverfahren ein.
- 5
- Die Antragsgegnerin macht geltend, sie habe nicht von vorneherein festlegen können, welche Systemkomponenten die Leistung beinhalten solle, ohne ein Unternehmen zu diskriminieren. Insoweit sei es nicht möglich gewesen, eine feste, unveränderbare Leistungsbeschreibung zu erstellen, die eine vergleichende Wertung der Angebote im Rahmen eines offenen Verfahrens ermöglicht hätte. Sie habe sich daher für ein Verhandlungsverfahren entschieden.
- 6
- II. Die Vergabekammer beim Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft , Arbeit und Verkehr - Regierungsvertretung L. - hat in dem angefochtenen Beschluss vom 6. März 2009 festgestellt, dass die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt sei, soweit die Antragsgegnerin bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots auch das von der Beigeladenen angebotene Skonto berücksichtigt habe. Im Übrigen hat die Vergabekammer den Nachprüfungsantrag zurückgewiesen. Insbesondere sei die Antragstellerin durch die Wahl des Verhandlungsverfahrens nicht in ihren Rechten verletzt.
- 7
- III. Gegen diese Zurückweisung wendet sich die Antragstellerin mit ihrer sofortigen Beschwerde. Sie rügt weiterhin die Unzulässigkeit eines Verhandlungsverfahrens und hält auch ihre weiteren Rügen aufrecht, soweit die Vergabekammer ihnen nicht stattgegeben hat.
- 8
- Die Antragstellerin beantragt: 1. die Entscheidung der Vergabekammer beim Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr - Regierungsvertretung L. -, Az. VgK-59/2008 vom 6. März 2009 aufzuheben , soweit der Nachprüfungsantrag zurückgewiesen wurde; 2. festzustellen, dass die Beschwerdeführerin (= Antragstellerin) durch die Gestaltung des Vergabeverfahrens insgesamt und nicht nur durch die Wertung des Skontos im Angebot der Beigeladenen verletzt wurde; 3. der Beschwerdegegnerin (= Antragsgegnerin) aufzugeben, das Vergabeverfahren zur "Neubeschaffung von Endoskopiesystemen für Diagnose und Therapie" aufzuheben; 4. hilfsweise, der Beschwerdegegnerin aufzugeben, das Vergabeverfahren unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts weiterzuführen; 5. hilfsweise, andere geeignete Maßnahmen zu treffen und 6. im Rahmen der das Verfahren vor der Vergabekammer betreffenden Kostenentscheidung die Hinzuziehung eines Prozessbevollmächtigten durch die Beschwerdeführerin für notwendig zu erklären.
- 9
- Die Antragsgegnerin sowie die Beigeladene treten diesen Anträgen entgegen.
- 10
- Das angerufene Oberlandesgericht Celle hat mit Beschluss vom 8. April 2009 die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde der Antragstellerin antragsgemäß verlängert (Bl. 79 f. GA).
- 11
- Die Antragsgegnerin hat bereits mit Schreiben vom 7. April 2009 den Zuschlag an die Beigeladene erteilt. Sie ist der Ansicht, für den Fristbeginn sei die am 9. März 2009 erfolgte Faxübermittlung des Beschlusses vom 6. März 2009 durch die Vergabekammer maßgebend und nicht die nachfolgende Zustellung vom 11. März 2009.
- 12
- Die Antragstellerin stellt hilfsweise für den Fall, dass dem gefolgt werden sollte, einen Fortsetzungsfeststellungsantrag gemäß § 114 Abs. 2 Satz 2 GWB.
- 13
- Das Oberlandesgericht Celle hält die Rüge der Wahl des Verhandlungsverfahrens für zulässig und in der Sache auch für begründet, ist jedoch der Ansicht , ihr nicht stattgeben zu können, weil es damit jedenfalls von der Entscheidung des Oberlandesgerichts Koblenz vom 4. Februar 2009 (1 Verg 4/08, ZfBR 2009, 292) abwiche. Es hat die Sache deshalb mit Beschluss vom 17. Juli 2009 (13 Verg 3/09, VergabeR 2009, 898) gemäß § 124 Abs. 2 GWB dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.
- 14
- B. Am 24. April 2009 ist das Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts in Kraft getreten. Nach dem durch dieses Gesetz neu angefügten § 131 Abs. 8 GWB ist für das vorliegende Verfahren das Gesetz in der bis zum 24. April 2009 geltenden Fassung maßgeblich.
- 15
- I. Die Vorlage ist zulässig. Das vorlegende Oberlandesgericht will als tragende Begründung seiner Entscheidung den Rechtssatz zugrunde legen, dass einem Bieter regelmäßig auch dann ein Schaden durch die Verletzung von Vergabevorschriften droht, wenn das eingeleitete Vergabeverfahren nicht durch Zuschlag beendet werden darf und zur Bedarfsdeckung eine Neuausschreibung in Betracht kommt (vgl. auch OLG Celle, Beschl. v. 22.5.2008 - 13 Verg 1/08, OLGR Celle 2008, 663; OLG München, Beschl. v. 28.4.2006 - Verg 06/06, VergabeR 2006, 914 - "Juristische Beratung"; VK Bund, Beschl. v. 19.11.2008 - VK 1-135/08, Juris; VK Sachsen, Beschl. v. 20.8.2004 - 1/SVK/067-04, Juris; VK Südbayern, Beschl. v. 25.10.2006 - Z3-3-3194-1-28, Juris).
- 16
- Hiermit würde das vorlegende Oberlandesgericht jedenfalls von der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Koblenz (Beschl. v. 4.2.2009 - 1 Verg 4/08, ZfBR 2009, 292) abweichen, weil dieses ausweislich der Ausführungen unter Ziffer V des zitierten Beschlusses den Rechtssatz anwendet, dass zur Darlegung der Antragsbefugnis im Sinne des § 107 Abs. 2 Satz 2 GWB ein Sachvortrag erforderlich sei, aus dem sich schlüssig und nachvollziehbar ergebe , dass die Aussichten des Antragstellers auf eine Berücksichtigung seiner Bewerbung oder die Erteilung des Zuschlags gerade durch den gerügten Vergaberechtsverstoß beeinträchtigt worden seien, was einem Antragsteller, der sich an dem von ihm als falsch gerügten Verfahren durch Abgabe eines Gebots beteiligt habe, nicht gelingen könne. Die Weigerung der Vergabestelle, die Ausschreibung aufgrund der Wahl der falschen Verfahrensart - im entschiedenen Fall nationale statt europaweite Ausschreibung - aufzuheben, sei kein selbständiger Vergabeverstoß, der zum Gegenstand eines Nachprüfungsverfahrens gemacht werden könne (vgl. auch BayObLG, Beschl. v. 12.4.2000 - Verg 1/00, BayObLGZ 2000, 109; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 26.7.2002 - Verg 22/02, NZBau 2002, 634; Beschl. v. 16.2.2006 - VII-Verg 6/06, IBR 2006, 356; Beschl. v. 8.5.2002 - VII-Verg 5/02, Juris; Beschl. v. 25.3.2002 - Verg 5/02, ZfBR 2002, 514; Beschl. v. 22.11.1999 - Verg 2/99, Juris; OLG Jena, Beschl. v. 8.5.2008 - 9 Verg 2/08, VergabeR 2008, 653; VK Sachsen, Beschl. v. 11.8.2006 - 1/SVK/073-06, Juris; VK Schleswig-Holstein, Beschl. v. 28.1.2009 - VK-SH 18/08, Juris; Beschl. v. 28.11.2006 - VK-SH 25/06, ZfBR 2007, 206).
- 17
- Das Oberlandesgericht Koblenz begründet seine Entscheidung, die Fortsetzungsfeststellungsklage abzuweisen, zum einen damit, dass die Klägerin nicht schlüssig dargelegt habe, dass sie durch die Wahl des falschen Verfahrens , an dem sie sich mit einem nicht wertbaren Angebot beteiligt habe, einen Schaden erlitten habe. Zum anderen führt das Oberlandesgericht aus, dass dem Erfolg des Feststellungsantrags auch entgegenstehe, dass der ursprüngliche Nachprüfungsantrag unzulässig gewesen sei, weil der Klägerin aus den oben bereits geschilderten Gründen die Antragsbefugnis gefehlt habe. Beide Begründungen stehen gleichberechtigt nebeneinander.
- 18
- Damit hat das Oberlandesgericht Koblenz einen Rechtssatz als tragende Begründung zugrunde gelegt, der von demjenigen Rechtssatz abweicht, den das vorlegende Oberlandesgericht Celle nunmehr anwenden möchte. Angesichts dieser Divergenz führt die Vorlage dazu, dass grundsätzlich nunmehr der Bundesgerichtshof über die sofortige Beschwerde der Antragstellerin zu entscheiden hat (§ 124 Abs. 2 Satz 2 GWB; BGHZ 146, 202, 205; 169, 131, 135).
- 19
- II. Die Beschwerde der Antragstellerin ist gemäß § 116 Abs. 2 GWB statthaft und in rechter Frist und Form eingelegt.
- 20
- III. Das Begehren der Antragstellerin, das von der Antragsgegnerin eingeleitete Vergabeverfahren der Nachprüfung zu unterziehen, ist ebenfalls zulässig.
- 21
- 1. Das Nachprüfungsverfahren ist nicht durch den der Beigeladenen erteilten Zuschlag erledigt. Dieser Zuschlag ist gemäß § 134 BGB in Verbindung mit § 115 Abs. 1 GWB nichtig. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin ist die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde der Antragstellerin durch den Beschluss des Oberlandesgerichts vom 8. April 2009 bis zur Ent- scheidung über die sofortige Beschwerde verlängert worden (§ 118 Abs. 1 Satz 3 GWB). Zu Unrecht meint die Antragsgegnerin, die Beschwerdefrist sei schon durch die Übersendung der angegriffenen Entscheidung per Telefax am 9. März 2009 in Lauf gesetzt worden, weshalb die aufschiebende Wirkung der Beschwerde bereits zum Zeitpunkt des Zuschlags und vor Erlass des Beschlusses des Oberlandesgerichts vom 8. April 2009 beendet gewesen sei. Zwar kann eine Zustellung gemäß § 114 Abs. 3 GWB in Verbindung mit § 61 Abs. 1 Satz 1 GWB, § 1 Abs. 1 NVwZG in Verbindung mit § 5 Abs. 4 VwZG auch per Telefax erfolgen. Es muss dann allerdings eindeutig sein, dass die Übermittlung per Telefax zum Zwecke der Zustellung erfolgt (Reidt, in: Reidt/Stickler/Glahs, VergR, 2. Aufl., § 114 Rdn. 70 c). Diese Voraussetzung ist hier nicht gegeben:
- 22
- Die Beschwerdefrist des § 117 Abs. 1 GWB wird nicht dadurch in Lauf gesetzt, dass die Vergabekammer eine Beschlussabschrift "vorab" per Telefax übersendet, wenn für den Empfänger zu erkennen ist, dass die Übermittlung per Telefax nur zur Information und nicht zum Zwecke der Zustellung erfolgt.
- 23
- Dem Telefax vom 9. März 2009 war zwar ein Anschreiben, nicht aber das nach § 5 Abs. 4 VwZG erforderliche Empfangsbekenntnis beigefügt (§ 5 Abs. 4 VwZG: "... kann auch auf andere Weise ... gegen Empfangsbekenntnis zugestellt werden."; vgl. hierzu BayObLG, Beschl. v. 10.10.2000 - Verg 5/00, VergabeR 2001, 55 ff.; OLG Stuttgart, Beschl. v. 11.7.2000 - 2 Verg 5/00, NZBau 2000, 462, 463). Insbesondere betraf die Bitte um sofortige Bestätigung nur den Eingang des Telefax und nicht die Rücksendung eines Empfangsbekenntnisses. Bei der gewünschten "sofortigen" Bestätigung konnte es daher nur um den Erhalt des Schreibens als solchen gehen. Nicht zuletzt enthielt das Telefax vom 9. März 2009 den ausdrücklichen Zusatz "Wegen der Eilbedürftigkeit erfolgt der Versand vorab per Telefax", wobei das Wort "vorab" fett gedruckt und unterstrichen war. Dies macht nach dem objektiven Empfängerhorizont nur dann Sinn, wenn der Übermittlung per Fax noch etwas nachfolgen sollte. Dies wiederum konnte ersichtlich nur die formelle Zustellung sein. Bestätigt wird diese Sicht dadurch, dass die Vorgehensweise der üblichen Handhabung bei der Vergabekammer entsprach und sämtlichen Beteiligten aus dem vorangegangenen Nachprüfungsverfahren bekannt war.
- 24
- 2. Die Antragstellerin ist auch gemäß § 107 Abs. 2 GWB antragsbefugt.
- 25
- a) Die Antragstellerin hat ein Interesse an dem Auftrag, dessentwegen die Antragsgegnerin das zur Nachprüfung gestellte Vergabeverfahren durchführt. Dies bedarf keiner weiteren Darlegung, weil die Antragstellerin Bieterin in dem eingeleiteten Vergabeverfahren ist und bereits der Umstand der Angebotsabgabe regelmäßig das erforderliche Interesse belegt (BVerfG, Beschl. v. 29.7.2004 - 2 BvR 2248/03, NZBau 2004, 564; BGHZ 169, 131, 135). Dafür, dass im Streitfall ausnahmsweise etwas anderes gelten könnte, ist nichts ersichtlich. Hierfür wird auch weder von der Antragsgegnerin noch von der Beigeladenen etwas dargetan.
- 26
- b) Die weitere Voraussetzung des § 107 Abs. 2 Satz 1 GWB (Geltendmachung einer Verletzung in Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften) ist ebenfalls erfüllt.
- 27
- Insoweit reicht es aus, dass nach der Darstellung des das Nachprüfungsverfahren betreibenden Unternehmens eine Verletzung eigener Rechte möglich erscheint. Aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes, der im Anwendungsbereich des § 100 Abs. 1 GWB durch das vergaberechtliche Nachprüfungsverfahren ermöglicht werden soll, kann die Antragsbefugnis nämlich nur einem Unternehmen fehlen, bei dem offensichtlich eine Rechtsbeeinträchtigung nicht vorliegt (BVerfG, Beschl. v. 29.7.2004 - 2 BvR 2248/03, NZBau 2004, 564, 566; BGHZ 169, 131, 136). Mit ihrem das Nachprüfungsverfahren einleitenden Schriftsatz hat die Antragstellerin unter anderem unter Behauptung von Tatsachen vorgebracht, dass die Wahl des Verhandlungsverfahrens durch die Antragsgegnerin vergabewidrig sei. Die Antragstellerin hat damit Umstände vorgetragen , die - wenn sie zutreffen - ergeben, das die Antragsgegnerin Bestimmungen über das Vergabeverfahren missachtet hat.
- 28
- c) Entgegen der Meinung der Antragsgegnerin und der Beigeladenen mangelt es auch nicht an der nach § 107 Abs. 2 Satz 2 GWB erforderlichen Darlegung, dass der Antragstellerin durch die Wahl der angeblich falschen Verfahrensart ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.
- 29
- aa) Die Antragstellerin hat insoweit ausgeführt, dass das Vergabeverfahren in der jetzigen Form nicht weiter geführt werden könne und mithin nur eine Aufhebung und Neuausschreibung in Betracht komme. Die Antragstellerin hat ferner dargelegt, dass auf Seiten der Antragsgegnerin weiterhin ein Beschaffungsbedarf bestehe, sie selbst weiterhin Interesse an der Erteilung des Zuschlags habe, und dass sie sich deswegen an einer neuen Ausschreibung beteiligen würde. Die Absicht der Antragsgegnerin, das Vergabeverfahren in der jetzigen Form fortzuführen, nehme ihr die Chance, sich erfolgreich an der in Betracht kommenden Neuausschreibung zu beteiligen. Ihr drohe damit ein Schaden. Anhaltspunkte dafür, dass ihre Teilnahme an einer Neuausschreibung keinen Erfolg haben könnte, seien weder dargetan noch sonst ersichtlich, zumal es ihr im Rahmen einer neuen Ausschreibung freistehe, ein verbessertes Angebot einzureichen.
- 30
- bb) Dieses Vorbringen genügt im Ergebnis den gemäß § 107 Abs. 2 GWB zu stellenden Anforderungen:
- 31
- Einem Bieter, der sich an dem beanstandeten Vergabeverfahren durch die Abgabe eines Gebots beteiligt hat, droht regelmäßig auch dann im Sinne von § 107 Abs. 2 Satz 2 GWB ein Schaden durch eine Verletzung von Vergabevorschriften , wenn das eingeleitete Vergabeverfahren aufgrund der Wahl der falschen Verfahrensart nicht durch Zuschlag beendet werden darf und zur Bedarfsdeckung eine Neuausschreibung in Betracht kommt.
- 32
- Nach der Rechtsprechung des Senats ist ein drohender Schaden im Sinne von § 107 Abs. 2 Satz 2 GWB bereits dargetan, wenn der Vortrag des Antragstellers ergibt, dass er im Fall eines ordnungsgemäßen (neuerlichen) Vergabeverfahrens bessere Chancen auf den Zuschlag haben könnte als in dem beanstandeten Verfahren (BGHZ 169, 131, 141). Ein Schaden droht bereits dann, wenn die Aussichten dieses Bieters auf die Erteilung des Auftrags zumindest verschlechtert worden sein können (vgl. BVerfG NZBau 2004, 564, 565). Das ist nicht nur der Fall, wenn dies für den Zuschlag in dem eingeleiteten und zur Nachprüfung gestellten Vergabeverfahren zutrifft. Denn es ist die tatsächliche Erteilung des Auftrags, welche die Vermögenslage von Bietern beeinflusst, nicht der Umstand, in welchem Vergabeverfahren sie erfolgt. § 107 Abs. 2 GWB lässt auch nicht erkennen, dass für die Antragsbefugnis allein auf die Möglichkeit abzustellen sein könnte, den ausgeschriebenen Auftrag gerade in dem eingeleiteten und zur Nachprüfung gestellten Vergabeverfahren zu erhalten. Nach seinem Wortlaut muss vielmehr ganz allgemein ein (drohender) Schaden dargelegt werden, für den die behauptete Verletzung von Vergabevorschriften kausal ist. Es genügt deshalb, wenn es nach dem Vorbringen des das Nachprüfungsverfahren betreibenden Bieters möglich erscheint, dass er ohne den behaupteten Vergaberechtsverstoß den Bedarf, dessentwegen die Ausschreibung erfolgt ist, gegen Entgelt befriedigen kann. Das ist regelmäßig auch der Fall, wenn das eingeleitete Vergabeverfahren nicht ohne weiteres durch Zuschlag beendet werden darf, und zur Bedarfsdeckung eine Neuausschreibung in Betracht kommt. Dass im Voraus nicht abzusehen ist, ob die darin liegende Chance eine realistische Aussicht darstellt, den Auftrag zu erhalten, und sich eine solche Chance keinesfalls zwangsläufig für den betreffenden Bieter auftun muss, ist angesichts der zitierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts unerheblich. Denn hiernach reicht schon die Möglichkeit einer Verschlechterung der Aussichten des den Nachprüfungsantrag stellenden Bieters infolge der Nichtbeachtung von Vergabevorschriften aus.
- 33
- Eine solche Verschlechterung kommt auch im Streitfall in Betracht. Das Verhandlungsverfahren unterscheidet sich grundsätzlich vom offenen Verfahren , weil der öffentliche Auftraggeber im offenen Verfahren den Auftrag nur gemäß dem Inhalt eines der innerhalb der Angebotsfrist abgegebenen Gebote erteilen darf, während im Verhandlungsverfahren der Inhalt der Gebote jeweils verhandelbar ist. Wird das Verhandlungsverfahren zu Unrecht gewählt, ist deshalb jeder Bieter der ansonsten nicht gegebenen Gefahr ausgesetzt, im Rahmen von Nachverhandlungen von einem Mitbewerber unterboten zu werden. Bereits dies kann seine Zuschlagschancen beeinträchtigen.
- 34
- Ob dies auch in dem vom Oberlandesgericht Koblenz einerseits und vom Kammergericht andererseits (Beschl. v. 17.10.2002 - 2 KartVerg 13/02, VergabeR 2003, 50) unterschiedlich entschiedenen Fall der Teilnahme an einer fehlerhaften , weil nur nationalen statt europaweiten Ausschreibung bejaht werden kann, bedarf hier keiner Entscheidung.
- 35
- Die Antragsbefugnis kann auch nicht mit der Begründung in Zweifel gezogen werden, die Antragstellerin handele widersprüchlich, weil sie ihre Chance auf Erhalt des Auftrags in dem Verhandlungsverfahren gesucht hat, obwohl sie erkannt hat, dass für die nachgefragten Leistungen diese Verfahrensart nicht hätte gewählt werden dürfen (vgl. VK Düsseldorf, Beschl. v. 30.9.2002 - VK-26/2002-L, Juris). Die Abgabe eines Angebots ist - wie bereits erwähnt - das Mittel, das ohne weiteres das für einen Nachprüfungsantrag erforderliche Interesse am Auftrag belegt. Von einem Angebot Abstand zu nehmen, hieße außerdem, darauf vertrauen zu müssen, dass die eigene rechtliche Beurteilung, dass die Wahl des Verhandlungsverfahrens vergaberechtswidrig sei, auch von der zuständigen Vergabekammer bzw. den nachgeordneten Gerichten geteilt wird. Das sind in Anbetracht des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 29. Juli 2004 (2 BvR 2248/03, VergabeR 2004, 597) Gründe, die dem Vorwurf widersprüchlichen Verhaltens entgegenstehen.
- 36
- Im Übrigen hat der Gesetzgeber durch das Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts vom 20. April 2009 (BGBl. I S. 790) die Zulässigkeitsanforderungen in § 107 Abs. 3 GWB zwar dahin verschärft, dass der Nachprüfungsantrag unzulässig ist, wenn mehr als 15 Kalendertage nach Eingang der Mitteilung eines Auftraggebers, einer Rüge nicht abhelfen zu wollen, vergangen sind. Daraus lässt sich aber nicht herleiten, dass ein nach altem Recht zu beurteilender Nachprüfungsantrag, bei dem diese Fristenzusammenhänge nicht gewahrt sind, auch schon auf der Grundlage bisherigen Rechts als unzulässig angesehen werden könnte.
- 37
- Da die Antragstellerin mithin antragsbefugt ist, kann offen bleiben, ob die von der Vergabekammer Düsseldorf in dem zitierten Beschluss gezogene Schlussfolgerung, dass die Wahl der Vergabeart als Vergaberechtsverstoß auch ohne eine Beanstandung durch den Antragsteller gemäß § 114 Abs. 1 Satz 2 GWB von Amts wegen zu beachten sei, zutrifft.
- 38
- 3. Die Antragstellerin hat die Wahl des Verhandlungsverfahrens auch unverzüglich bei der Antragsgegnerin gerügt und ist damit ihrer Obliegenheit gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB nachgekommen.
- 39
- IV. Das mithin zulässige Begehren um Nachprüfung des eingeleiteten Vergabeverfahrens ist jedenfalls in Bezug auf die Rüge, das Verhandlungsverfahren sei zu Unrecht gewählt worden, begründet.
- 40
- 1. Die Antragstellerin beanstandet zu Recht, dass die Antragsgegnerin bei der Wahl des Verhandlungsverfahrens gegen § 101 Abs. 6 Satz 1 GWB verstoßen habe. Diese Vorschrift schreibt öffentlichen Auftraggebern grundsätzlich das offene Verfahren vor, "es sei denn, aufgrund dieses Gesetzes ist etwas anderes gestattet." Die freie Wahl zwischen den Verfahrensarten steht gemäß § 101 Abs. 6 Satz 2 GWB nur Auftraggebern zu, die "unter § 98 Nr. 4 fallen" (Tätigkeit im Bereich der Trinkwasser- oder Energieversorgung, des Verkehrs, der Telekommunikation). Zu diesen gehört die Antragsgegnerin nicht. Maßgeblich ist daher der Grundsatz in § 101 Abs. 6 Satz 1 GWB. Die Voraussetzungen, unter denen in den Fällen des Satzes 1 ausnahmsweise das Verhandlungsverfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb zulässig ist, sind in § 3 a Nr. 1 Abs. 5 VOL/A 2006 geregelt, weil der auf Grund § 97 Abs. 6 GWB erlassene § 4 Abs. 1 VGV hierauf verweist.
- 41
- 2. Die Voraussetzungen des § 3 a Nr. 1 Abs. 5 lit. b VOL/A 2006, auf die sich die Antragsgegnerin allein stützt, liegen nicht vor.
- 42
- a) Die Vorschrift beinhaltet zwei Fallgruppen, weil sie voraussetzt, dass es sich um Liefer- oder Dienstleistungsaufträge handelt, "die ihrer Natur nach oder wegen der damit verbundenen Risiken eine vorherige Festlegung eines Gesamtpreises nicht zulassen". Entscheidend ist aber in beiden Fällen, dass im Zeitpunkt der Entscheidung, welches Vergabeverfahren gewählt werden kann, den zukünftigen Bietern voraussichtlich die Bildung eines Gesamtpreises nicht möglich sein wird, weil der Bedarf, den der öffentliche Auftraggeber als gegeben ansieht und deshalb ausschreiben will, dessen Kalkulation nicht zulässt. Das kommt nur in ganz besonders gelagerten Beschaffungsfällen in Betracht. Der Ausnahmecharakter ergibt sich auch daraus, dass § 3 a Nr. 1 Abs. 5 lit. b VOL/A 2006 explizit von "Ausnahmefällen" spricht. Die Vorschrift ist demnach stets so auszulegen und anzuwenden, dass ihr Anwendungsbereich nicht zur Regel wird (vgl. auch EuGH, Urt. v. 13.1.2005 - Rs. C 84/03, EWS 2005, 125, 128; Urt. v. 10.4.2003 - Rs. C 20/01, EWS 2003, 240; Urt. v. 10.3.1987 - Rs. C 199/85, Slg. 1987, 1055; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 20.10.2008 - VII-Verg 46/08, VergabeR 2009, 173; Beschl. v. 27.10.2004 - VII-Verg 52/04, VergabeR 2005, 252; OLG Naumburg, Beschl. v. 10.11.2003 - 1 Verg 14/03, Juris).
- 43
- aa) Bei der ersten Fallgruppe folgt die Unmöglichkeit, den Gesamtpreis vorher festzusetzen, aus der Natur der zu liefernden Sache oder Dienstleistung.
- 44
- Dies betrifft Fallgestaltungen, bei denen eine vorherige exakte Festlegung der zu liefernden Sachen oder der auszuführenden Dienstleistungen und/oder deren Kalkulation aufgrund von Umständen, die in der Natur des zu Beschaffenden liegen, objektiv nicht möglich ist. Ein Fall der ersten Alternative kann etwa bei Reparaturleistungen angenommen werden, bei denen das Ausmaß der erforderlichen Reparaturen erst nach Beginn der Arbeiten deutlich wird (vgl. EG-Kommission, Leitfaden zu den Gemeinschaftsvorschriften über öffentliche Dienstleitungsaufträge, S. 22). Die zweite Alternative kommt etwa in Betracht bei der Ausschreibung eines mobilen Systems zum Einzug von Verwarnungsgeldern , wenn die Vergütung pro Zahlungsvorgang erfolgen soll, deren Anzahl aber nicht abschätzbar ist (vgl. Kaelble in Müller-Wrede, VOL/A, 2. Aufl., § 3 a Nr. 1-3 Rdn. 117 Fn. 143 unter Hinweis auf VK Düsseldorf, Beschl. v. 13.5.2002 - VK-7/2002-L).
- 45
- Diese Auslegung von § 3 a Nr. 1 Abs. 5 lit. b VOL/A 2006 entspricht auch den Erwägungen zu Art. 30 Abs. 1 b der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleitungsaufträge (ABl. L 134 v. 30.4.2004, S. 114, dort Erwägungsgrund 31).
- 46
- bb) Bei der zweiten Fallgruppe ist eine vorherige Festlegung der zu liefernden Sachen oder der zur erbringenden Dienstleistungen durch die Vergabestelle zwar möglich; jedoch kann die Kalkulation eines Gesamtpreises durch die Bieter aufgrund dem Auftrag immanenter Umstände nicht ohne Spekulation erfolgen, so dass es unbillig erscheint, ihre Folgen ohne weiteres allein dem Bieter aufzubürden. Zu denken ist hierbei zum Beispiel an den Bau eines Tunnels , dessen Beschaffenheit zwar im Einzelnen beschrieben werden kann, bei dem aber bereits abzusehen ist, dass die Erfüllung des Auftrags durch unbekannte geologische Gegebenheiten beeinflusst wird (vgl. EG-Kommission, Grünbuch ÖPP, KOM(2004) 327 Rdn. 24; Arrowsmith, CML Rev. 37(2000), 709, 724), oder an die Entsorgung von Altlasten eines Grundstücks (vgl. Kaelble in Müller-Wrede, VOL/A, 2. Aufl., § 3 a Nr. 1-3 Rdn. 115; Müller in Daub/Eberstein, VOL/A, § 3 a Rdn. 18), wenn verhandelt werden muss, wer das Risiko von etwaigen Zusatzkosten trägt.
- 47
- b) Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin ist es im vorliegenden Fall möglich, im offenen Verfahren die nachgefragten Sachen und Dienstleitungen eindeutig und abschließend zu beschreiben sowie einen vorherigen Gesamtpreis festzusetzen:
- 48
- aa) Die Vergabestelle plant den Umbau und die Erneuerung der Endoskopie eines Krankenhauses zu einem modernen Gastroenterologiezentrum. Neben der Planung der Schaffung der baulichen Voraussetzungen soll auch die medizinische Geräteausstattung dem neuesten medizinischen Stand angepasst werden. Die gesamte Medizingeräteausstattung inkl. der Aufbereitungs- und EDV-Dokumentationssysteme soll untereinander kompatibel sein. Ferner sollen Wartungsarbeiten an dem System erbracht und gebrauchte Endoskope zurückgenommen werden.
- 49
- bb) Die Antragsgegnerin hat in ihrem Vergabevermerk vom 1. Juli 2008 ausgeführt, dass auf dem Markt verschiedene Endoskopie-Systeme vorhanden seien, die sich in ihren einzelnen Komponenten unterschieden. Jeder Hersteller verfüge über Alleinstellungsmerkmale, die nicht in Form zwingender Kriterien in das Leistungsverzeichnis aufgenommen werden könnten. Würde sich die Vergabestelle auf ein konkretes System festlegen, so würde damit auch gleichzeitig eine Festlegung auf einen Anbieter erfolgen. Die anderen Bieter könnten die Merkmale nicht erfüllen, ein Wettbewerb wäre ausgeschlossen. Eine Bieterbenachteiligung könne demnach nur dadurch ausgeschlossen werden, dass im Rahmen von Verhandlungen einzelne technische Merkmale miteinander abgewogen und in Korrelation zum Preis gesetzt werden.
- 50
- cc) Diese Ausführungen rechtfertigen die Wahl des Verhandlungsverfahrens nicht. Denn im Widerspruch hierzu hat sich die Antragsgegnerin in der Lage gesehen, von vornherein ein differenziertes Leistungsverzeichnis zu erstellen , in dem die nachgefragten Leistungen im Einzelnen beschrieben sind. Dabei hat sie die Eigenschaften eines jeden ihr bekannten marktgängigen Systems in allen Einzelheiten abgebildet und zusätzlich Raum für gleichwertige Alternativen gelassen. Dadurch ergab sich zwar zwangsläufig bei den einzelnen Positionen eine Vielzahl von unterschiedlichen Eintragungsmöglichkeiten. Deshalb handel- te es sich aber noch nicht um Alternativpositionen, die es dem Bieter unmöglich machten, vergleichbare und bepreiste Angebote zu machen. Für die mit der Situation des - ohnehin begrenzten - Marktes ebenfalls vertrauten Bieter war vielmehr offensichtlich, was genau die Antragsgegnerin beschaffen wollte, nämlich eines der beschriebenen auf dem Markt befindlichen Systeme. Die unterschiedlichen Funktionsparameter in den Einzelpositionen dienten lediglich der produktneutralen Beschreibung und gleichzeitig der Vorbereitung einer ausdifferenzierten Bewertungsmatrix. Dass die verschiedenen Bieter - insbesondere die Antragstellerin und die Beigeladene - unterschiedliche Endoskopiesysteme vertreiben , kann nicht ausreichen, um ein Verhandlungsverfahren zuzulassen. Denn anderenfalls könnte wegen der Produktvielfalt in den meisten Bereichen bei vielen Ausschreibungen vom Grundsatz des offenen Verfahrens abgewichen werden. Die Ausnahme würde zur Regel.
- 51
- Es ist auch nicht ersichtlich, dass es der Antragsgegnerin in irgendeiner Weise auf die Entwicklung einer Leistung im Laufe des Verfahrens angekommen wäre. Sie wusste vielmehr sehr genau, welche Anforderungen die Endoskopiesysteme erfüllen sollten und war daher auch in der Lage, die gewünschte Leistung von Beginn des Verfahrens an konkret zu beschreiben, wie eine Zusammenschau des Leistungsverzeichnisses mit der Bewertungstabelle ergibt. Die Antragsgegnerin hat jedem möglichen Ausstattungsmerkmal einen Punktwert zugeordnet, mit der Folge, dass dasjenige Angebot gewinnen sollte, das die meisten Ausstattungsmerkmale erfüllt. Die Bieter hatten daher die Möglichkeit , unter Nennung eines vorherigen Gesamtpreises ein Produkt anzubieten, das möglichst viele der Ausstattungsmerkmale aufweist, zu denen Angaben gefordert waren. Dementsprechend ist auch den Ausschreibungsunterlagen der Antragsgegnerin genauso wie den Angebotsunterlagen der Antragstellerin zu entnehmen, dass Einzel- und Gesamtpreise angeboten werden sollten und wurden. Auf der letzten Seite des Leistungsverzeichnisses der Antragsgegnerin ist bezeichnenderweise ein freies Feld zur Eintragung der Gesamtsumme inkl. Mehrwertsteuer vorgesehen. Keiner der beteiligten Bieter hat im Übrigen erklärt , dass dies nicht möglich sei. Auch die Existenz einer für alle Angebote gültige Bewertungstabelle setzt voraus, dass sachlich vergleichbare und preislich eindeutig zu bewertende Angebote zu erwarten waren.
- 52
- dd) Unbestritten haben auch keine Verhandlungen über die Leistung im Sinne einer "Entwicklung" stattgefunden, sondern nur über Nachbesserungen im Preis. Auch dies ist ein Indiz für das Vorliegen einer beschreibbaren Leistung und der Möglichkeit einer vorherigen Festlegung des Gesamtpreises.
- 53
- ee) Nicht zuletzt folgt die Möglichkeit der Wahl des offenen Verfahrens auch daraus, dass die Antragsgegnerin die Neubeschaffung der streitgegenständlichen Endoskopiesysteme bereits ein Jahr zuvor im offenen Verfahren ausgeschrieben hatte und sie dieses Verfahren nicht etwa wegen der Unmöglichkeit der Bildung eines Gesamtpreises, der Komplexität der Produkte oder wegen des Eingangs ausschließlich unwertbarer Angebote aufgehoben hat, sondern wegen eines erfolgreich gerügten anderweitigen Vergaberechtsverstoßes.
- 54
- ff) Andere Gründe, die die Wahl des Verhandlungsverfahrens rechtfertigen könnten, sind nicht aktenkundig. Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die Antragsgegnerin vorliegend nicht geltend gemacht hat, dass mit dem Auftrag besondere Risiken verbunden seien (vgl. § 3 a Nr. 1 Abs. 5 lit. b Fallgruppe
2) oder der Bedarf aufgrund technischer Besonderheiten nur von einem Bieter befriedigt werden könne (vgl. § 3 a Nr. 2 lit. c VOL/A).
- 55
- V. Da die zulässige Beschwerde begründet und die Antragstellerin durch den Vergabeverstoß in ihren Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB verletzt ist, ist die Entscheidung der Vergabekammer im Umfang der Anfechtung (§§ 114 Abs. 2, 123 Satz 1 GWB) teilweise aufzuheben. Ferner ist auszusprechen, dass die Antragsgegnerin auf der Grundlage des bisherigen, fehlerhaften Vergabeverfahrens keinen Zuschlag erteilen darf und dass die Antragstellerin durch die Gestaltung des Vergabeverfahrens als Verhandlungsverfahren verletzt wurde.
- 56
- Obwohl unter den hier gegebenen Umständen eine Korrektur des vorgekommenen Vergabefehlers kaum ohne Aufhebung der Ausschreibung möglich sein wird, ist die Aufhebung der Ausschreibung bzw. eine Verpflichtung zu derselben (vgl. Antrag 3) nicht auszusprechen (a.A. z.B. OLG Celle im Vorlagebeschluss sowie im Beschl. v. 8.4.2004 - 13 Verg 6/04, OLGR Celle 2004, 439). Dabei kann dahinstehen, ob eine falsche Art des Vergabeverfahrens in Anbetracht des Umstands, dass dessen Wahl allein im Verantwortungsbereich des öffentlichen Auftraggebers liegt (vgl. hierzu Sen.Urt. v. 8.9.1998 - X ZR 99/96, NJW 1998, 3640), überhaupt einen der schwerwiegenden Gründe bildet, die nach § 26 Nr. 1 Buchst. d VOL/A 2006 Voraussetzung für eine vergaberechtsgemäße (vgl. dazu, dass ein gemäß § 26 Nr. 1 Buchst. d VOL/A zur Aufhebung berechtigender Grund nicht bereits dann gegeben ist, wenn der Ausschreibende bei der Einleitung des Verfahrens fehlerhaft gehandelt hat, Sen.Urt. v. 26.10.1999 - X ZR 150/99, NJW 2001, 3698) und deshalb für den öffentlichen Auftraggeber nicht mit Schadensersatzpflichten bedrohte Aufhebung der Ausschreibung sind, die auszusprechen oder anzuordnen gemäß § 114 Abs. 1 GWB allein in der Kompetenz der Nachprüfungsinstanzen stehen könnte. Denn § 26 VOL/A 2006 verpflichtet nicht zur Aufhebung. Die Vorschrift beinhaltet lediglich als vergaberechtliches Gebot, ein Vergabeverfahren nur aus den dort genannten Gründen aufzuheben (Sen.Beschl. v. 18.2.2003 - X ZB 43/02, NZBau 2003, 293, 294). Demgemäß kann ein Bieter auch keinen vergaberechtlichen Anspruch auf Aufhebung der Ausschreibung haben, wie das Oberlandesgericht Koblenz in dem zum Anlass dieser Divergenzvorlage genommenen Beschluss insoweit zutreffend ausgeführt hat. Verbietet es sich, das Vergabeverfahren mit dem Zuschlag an einen Bieter zu beenden, kann der Antragsteller im Nachprüfungsverfahren mithin nur einen entsprechenden Ausspruch, nicht aber auch die Aufhebung der Ausschreibung, sei es durch den öffentlichen Auftraggeber , sei es durch die Nachprüfungsinstanz, verlangen. Insoweit ist die Beschwerde deshalb zurückzuweisen.
- 57
- Eine Zurückverweisung an die Vergabekammer kommt nicht in Betracht, da sie dem Beschleunigungsgebot in Vergabesachen zuwiderlaufen würde und eine weitere Sachaufklärung nicht zu erwarten ist.
- 58
- VI. Bezüglich der weiteren Rügen der Antragstellerin kann daher dahinstehen , ob diese Beanstandungen in einer § 107 Abs. 2 und 3 GWB genügender Weise geltend gemacht und ebenfalls berechtigt sind.
- 59
- VII. Entsprechend § 80 Abs. 3 Satz 2 VwVfG ist zu bestimmen, dass die Hinzuziehung des von der Antragstellerin mit der Vertretung im Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer betrauten Rechtsanwalts notwendig war. Da das Oberlandesgericht eine im Verfahren zu entscheidende Rechtsfrage dem Bundesgerichtshof vorgelegt hat und auch sonst nichts dagegen spricht, ist diese Notwendigkeit zu bejahen (vgl. BGHZ 169, 131, 152).
- 60
- Die Entscheidung des Senats bedeutet in der Sache ein Unterliegen der Antragsgegnerin in einem Umfang, der bei Anwendung der sich aus § 92 Abs. 2 ZPO ergebenden Grundsätze eine Kostenbelastung der Antragstellerin nicht rechtfertigt. Denn die Antragstellerin hat ihr Rechtsschutzziel, den Zuschlag im Verhandlungsverfahren an die Beigeladene zu verhindern, erreicht. Aber auch die Beigeladene unterliegt in diesem Umfang, weil sie sich ebenfalls mit dem Begehren, den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin als unzulässig, hilfswei- se als unbegründet, zurückzuweisen, an dem Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer und dem Oberlandesgericht beteiligt hat. Dies hat gemäß § 128 Abs. 3 Satz 1 und 2 GWB zur Folge, dass die Antragsgegnerin und die Beigeladene als Gesamtschuldner die Gebühren und Auslagen der Vergabekammer zu tragen haben.
- 61
- Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 50 Abs. 2 GKG.
- 62
- VIII. Von einer mündlichen Verhandlung sieht der Senat ab, weil die Sache eilbedürftig ist, vor dem Oberlandesgericht bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat und angesichts des unstreitigen Sachverhalts von einem Termin vor dem Senat eine weitere Sachaufklärung nicht zu erwarten ist (vgl. BGHZ 146, 202, 217).
Berger Grabinski
Vorinstanz:
OLG Celle, Entscheidung vom 17.07.2009 - 13 Verg 3/09 -
(1) Dieser Teil ist nicht anzuwenden auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen
- 1.
zu Schiedsgerichts- und Schlichtungsdienstleistungen, - 2.
für den Erwerb, die Miete oder die Pacht von Grundstücken, vorhandenen Gebäuden oder anderem unbeweglichem Vermögen sowie Rechten daran, ungeachtet ihrer Finanzierung, - 3.
zu Arbeitsverträgen, - 4.
zu Dienstleistungen des Katastrophenschutzes, des Zivilschutzes und der Gefahrenabwehr, die von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen erbracht werden und die unter die Referenznummern des Common Procurement Vocabulary 75250000-3, 75251000-0, 75251100-1, 75251110-4, 75251120-7, 75252000-7, 75222000-8, 98113100-9 und 85143000-3 mit Ausnahme des Einsatzes von Krankenwagen zur Patientenbeförderung fallen; gemeinnützige Organisationen oder Vereinigungen im Sinne dieser Nummer sind insbesondere die Hilfsorganisationen, die nach Bundes- oder Landesrecht als Zivil- und Katastrophenschutzorganisationen anerkannt sind.
(2) Dieser Teil ist ferner nicht auf öffentliche Aufträge und Konzessionen anzuwenden,
- 1.
bei denen die Anwendung dieses Teils den Auftraggeber dazu zwingen würde, im Zusammenhang mit dem Vergabeverfahren oder der Auftragsausführung Auskünfte zu erteilen, deren Preisgabe seiner Ansicht nach wesentlichen Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union widerspricht, oder - 2.
die dem Anwendungsbereich des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe b des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union unterliegen.
- 1.
sicherheitsindustrielle Schlüsseltechnologien betreffen oder - 2.
Leistungen betreffen, die - a)
für den Grenzschutz, die Bekämpfung des Terrorismus oder der organisierten Kriminalität oder für verdeckte Tätigkeiten der Polizei oder der Sicherheitskräfte bestimmt sind, oder - b)
Verschlüsselung betreffen
und soweit ein besonders hohes Maß an Vertraulichkeit erforderlich ist.
Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnungen mit Zustimmung des Bundesrates die Einzelheiten zur Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen sowie zur Ausrichtung von Wettbewerben zu regeln. Diese Ermächtigung umfasst die Befugnis zur Regelung von Anforderungen an den Auftragsgegenstand und an das Vergabeverfahren, insbesondere zur Regelung
- 1.
der Schätzung des Auftrags- oder Vertragswertes, - 2.
der Leistungsbeschreibung, der Bekanntmachung, der Verfahrensarten und des Ablaufs des Vergabeverfahrens, der Nebenangebote, der Vergabe von Unteraufträgen sowie der Vergabe öffentlicher Aufträge und Konzessionen, die soziale und andere besondere Dienstleistungen betreffen, - 3.
der besonderen Methoden und Instrumente in Vergabeverfahren und für Sammelbeschaffungen einschließlich der zentralen Beschaffung, - 4.
des Sendens, Empfangens, Weiterleitens und Speicherns von Daten einschließlich der Regelungen zum Inkrafttreten der entsprechenden Verpflichtungen, - 5.
der Auswahl und Prüfung der Unternehmen und Angebote sowie des Abschlusses des Vertrags, - 6.
der Aufhebung des Vergabeverfahrens, - 7.
der verteidigungs- oder sicherheitsspezifischen Anforderungen im Hinblick auf den Geheimschutz, auf die allgemeinen Regelungen zur Wahrung der Vertraulichkeit, auf die Versorgungssicherheit sowie auf die besonderen Regelungen für die Vergabe von Unteraufträgen, - 8.
der Voraussetzungen, nach denen Sektorenauftraggeber, Konzessionsgeber oder Auftraggeber nach dem Bundesberggesetz von der Verpflichtung zur Anwendung dieses Teils befreit werden können, sowie des dabei anzuwendenden Verfahrens einschließlich der erforderlichen Ermittlungsbefugnisse des Bundeskartellamtes und der Einzelheiten der Kostenerhebung; Vollstreckungserleichterungen dürfen vorgesehen werden.
(1) Der Abschluss einer Rahmenvereinbarung erfolgt im Wege einer nach dieser Verordnung geltenden Verfahrensart. Das in Aussicht genommene Auftragsvolumen ist so genau wie möglich zu ermitteln und bekanntzugeben, braucht aber nicht abschließend festgelegt zu werden. Eine Rahmenvereinbarung darf nicht missbräuchlich oder in einer Art angewendet werden, die den Wettbewerb behindert, einschränkt oder verfälscht.
(2) Auf einer Rahmenvereinbarung beruhende Einzelaufträge werden nach vom Auftraggeber festzulegenden objektiven und nichtdiskriminierenden Regeln und Kriterien vergeben. Dazu kann auch die Durchführung eines erneuten Wettbewerbs zwischen denjenigen Unternehmen, die zum Zeitpunkt des Abschlusses Vertragspartei der Rahmenvereinbarung sind, gehören. Die Regeln und Kriterien sind in den Vergabeunterlagen oder der Bekanntmachung für die Rahmenvereinbarung festzulegen.
(3) Mit Ausnahme angemessen begründeter Sonderfälle, in denen dies insbesondere aufgrund des Gegenstands der Rahmenvereinbarung gerechtfertigt werden kann, beträgt die Laufzeit einer Rahmenvereinbarung maximal acht Jahre.
(1) Der Auftraggeber gibt in der Auftragsbekanntmachung an, dass er ein dynamisches Beschaffungssystem nutzt und für welchen Zeitraum es betrieben wird.
(2) Auftraggeber informieren die Europäische Kommission wie folgt über eine Änderung der Gültigkeitsdauer:
- 1.
Wird die Gültigkeitsdauer ohne Einstellung des dynamischen Beschaffungssystems geändert, erfolgt dies nach den Vorgaben der Spalte 39 der Tabelle 2 des Anhangs der Durchführungsverordnung (EU) 2019/1780 in Verbindung mit § 10a. - 2.
Wird das dynamische Beschaffungssystem eingestellt, erfolgt dies nach den Vorgaben der Spalte 30 der Tabelle 2 des Anhangs der Durchführungsverordnung (EU) 2019/1780 in Verbindung mit § 10a.
(3) In den Vergabeunterlagen sind mindestens die Art und die geschätzte Menge der zu beschaffenden Leistung sowie alle erforderlichen Daten des dynamischen Beschaffungssystems anzugeben.
(4) In den Vergabeunterlagen ist anzugeben, ob ein dynamisches Beschaffungssystem in Kategorien von Leistungen untergliedert wurde. Gegebenenfalls sind die objektiven Merkmale jeder Kategorie anzugeben.
(5) Hat ein Auftraggeber ein dynamisches Beschaffungssystem in Kategorien von Leistungen untergliedert, legt er für jede Kategorie die Eignungskriterien gesondert fest.
(6) Die zugelassenen Bewerber sind für jede einzelne, über ein dynamisches Beschaffungssystem stattfindende Auftragsvergabe gesondert zur Angebotsabgabe aufzufordern. Wurde ein dynamisches Beschaffungssystem in Kategorien von Leistungen untergliedert, werden jeweils alle für die einem konkreten Auftrag entsprechende Kategorie zugelassenen Bewerber aufgefordert, ein Angebot zu unterbreiten.
(1) Der Abschluss einer Rahmenvereinbarung erfolgt im Wege einer nach dieser Verordnung geltenden Verfahrensart. Das in Aussicht genommene Auftragsvolumen ist so genau wie möglich zu ermitteln und bekanntzugeben, braucht aber nicht abschließend festgelegt zu werden. Eine Rahmenvereinbarung darf nicht missbräuchlich oder in einer Art angewendet werden, die den Wettbewerb behindert, einschränkt oder verfälscht.
(2) Auf einer Rahmenvereinbarung beruhende Einzelaufträge werden nach vom Auftraggeber festzulegenden objektiven und nichtdiskriminierenden Regeln und Kriterien vergeben. Dazu kann auch die Durchführung eines erneuten Wettbewerbs zwischen denjenigen Unternehmen, die zum Zeitpunkt des Abschlusses Vertragspartei der Rahmenvereinbarung sind, gehören. Die Regeln und Kriterien sind in den Vergabeunterlagen oder der Bekanntmachung für die Rahmenvereinbarung festzulegen.
(3) Mit Ausnahme angemessen begründeter Sonderfälle, in denen dies insbesondere aufgrund des Gegenstands der Rahmenvereinbarung gerechtfertigt werden kann, beträgt die Laufzeit einer Rahmenvereinbarung maximal acht Jahre.
(1) Auftraggeber müssen in der Bekanntmachung oder im Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb in den Vergabeunterlagen angeben, mit welchen Nachweisen gemäß den §§ 6, 7, 8 und 23 bis 28 Unternehmen ihre Eignung und das Nichtvorliegen von Ausschlussgründen nachzuweisen haben. Auftraggeber dürfen von den Bewerbern oder Bietern zum Nachweis ihrer Eignung und für das Nichtvorliegen von Ausschlussgründen nur Unterlagen und Angaben fordern, die durch den Gegenstand des Auftrags gerechtfertigt sind.
(2) Soweit mit den vom Auftragsgegenstand betroffenen Verteidigungs- und Sicherheitsinteressen vereinbar, können Auftraggeber zulassen, dass Bewerber oder Bieter ihre Eignung durch die Vorlage einer Erklärung belegen, dass sie die vom Auftraggeber verlangten Eignungskriterien erfüllen und die festgelegten Nachweise auf Aufforderung unverzüglich beibringen können (Eigenerklärung).
(3) Erbringen Bewerber oder Bieter den Nachweis für die an die Eignung gestellten Mindestanforderungen nicht, werden sie im Rahmen eines nicht offenen Verfahrens, Verhandlungsverfahrens mit Teilnahmewettbewerb oder wettbewerblichen Dialogs nicht zur Abgabe eines Angebots aufgefordert. Wenn Bewerber oder Bieter im Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb ein Angebot abgegeben haben, wird dieses nicht gewertet.
(4) Unternehmen sind verpflichtet, die geforderten Nachweise
- 1.
beim nicht offenen Verfahren und Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb vor Ablauf der Teilnahmefrist, - 2.
beim Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb vor Ablauf der Angebotsfrist, - 3.
bei einer Rahmenvereinbarung entsprechend der gewählten Verfahrensart gemäß den Nummern 1 und 2, - 4.
beim wettbewerblichen Dialog vor Ablauf der Teilnahmefrist
(5) Im nicht offenen Verfahren und Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb dürfen die Vergabeunterlagen nur an geeignete Unternehmen übersandt werden. Im Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb dürfen die Vergabeunterlagen an die Unternehmen übermittelt werden, die vom Auftraggeber unter Beachtung der §§ 6 und 7 ausgewählt wurden.
(6) Erklärungen und sonstige Unterlagen, die als Nachweis im Teilnahmewettbewerb oder mit dem Angebot einzureichen sind und auf Anforderung der Auftraggeber nicht bis zum Ablauf der maßgeblichen Frist vorgelegt wurden, können bis zum Ablauf einer zu bestimmenden Nachfrist nachgefordert werden. Werden die Nachweise und sonstigen Unterlagen nicht innerhalb der Nachfrist vorgelegt, ist der Bewerber oder Bieter auszuschließen.
(1) Öffentliche Auftraggeber können das Recht zur Teilnahme an Vergabeverfahren Werkstätten für Menschen mit Behinderungen und Unternehmen vorbehalten, deren Hauptzweck die soziale und berufliche Integration von Menschen mit Behinderungen oder von benachteiligten Personen ist, oder bestimmen, dass öffentliche Aufträge im Rahmen von Programmen mit geschützten Beschäftigungsverhältnissen durchzuführen sind.
(2) Voraussetzung ist, dass mindestens 30 Prozent der in diesen Werkstätten oder Unternehmen Beschäftigten Menschen mit Behinderungen oder benachteiligte Personen sind.
(1) Hat ein Unternehmen oder ein mit ihm in Verbindung stehendes Unternehmen den Auftraggeber beraten oder war auf andere Art und Weise an der Vorbereitung des Vergabeverfahrens beteiligt (vorbefasstes Unternehmen), so ergreift der Auftraggeber angemessene Maßnahmen, um sicherzustellen, dass der Wettbewerb durch die Teilnahme dieses Unternehmens nicht verzerrt wird.
(2) Die Maßnahmen nach Absatz 1 umfassen insbesondere die Unterrichtung der anderen am Vergabeverfahren teilnehmenden Unternehmen in Bezug auf die einschlägigen Informationen, die im Zusammenhang mit der Einbeziehung des vorbefassten Unternehmens in der Vorbereitung des Vergabeverfahrens ausgetauscht wurden oder daraus resultieren, und die Festlegung angemessener Fristen für den Eingang der Angebote und Teilnahmeanträge.
(3) Vor einem Ausschluss nach § 124 Absatz 1 Nummer 6 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen ist dem vorbefassten Unternehmen die Möglichkeit zu geben, nachzuweisen, dass seine Beteiligung an der Vorbereitung des Vergabeverfahrens den Wettbewerb nicht verzerren kann.
(1) Öffentliche Aufträge und Konzessionen werden im Wettbewerb und im Wege transparenter Verfahren vergeben. Dabei werden die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und der Verhältnismäßigkeit gewahrt.
(2) Die Teilnehmer an einem Vergabeverfahren sind gleich zu behandeln, es sei denn, eine Ungleichbehandlung ist aufgrund dieses Gesetzes ausdrücklich geboten oder gestattet.
(3) Bei der Vergabe werden Aspekte der Qualität und der Innovation sowie soziale und umweltbezogene Aspekte nach Maßgabe dieses Teils berücksichtigt.
(4) Mittelständische Interessen sind bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vornehmlich zu berücksichtigen. Leistungen sind in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben. Mehrere Teil- oder Fachlose dürfen zusammen vergeben werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Wird ein Unternehmen, das nicht öffentlicher Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber ist, mit der Wahrnehmung oder Durchführung einer öffentlichen Aufgabe betraut, verpflichtet der öffentliche Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber das Unternehmen, sofern es Unteraufträge vergibt, nach den Sätzen 1 bis 3 zu verfahren.
(5) Für das Senden, Empfangen, Weiterleiten und Speichern von Daten in einem Vergabeverfahren verwenden Auftraggeber und Unternehmen grundsätzlich elektronische Mittel nach Maßgabe der aufgrund des § 113 erlassenen Verordnungen.
(6) Unternehmen haben Anspruch darauf, dass die Bestimmungen über das Vergabeverfahren eingehalten werden.
(1) Ein dynamisches Beschaffungssystem ist ein zeitlich befristetes, ausschließlich elektronisches Verfahren zur Beschaffung marktüblicher Leistungen, bei denen die allgemein auf dem Markt verfügbaren Merkmale den Anforderungen des öffentlichen Auftraggebers genügen.
(2) Eine elektronische Auktion ist ein sich schrittweise wiederholendes elektronisches Verfahren zur Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots. Jeder elektronischen Auktion geht eine vollständige erste Bewertung aller Angebote voraus.
(3) Ein elektronischer Katalog ist ein auf der Grundlage der Leistungsbeschreibung erstelltes Verzeichnis der zu beschaffenden Liefer-, Bau- und Dienstleistungen in einem elektronischen Format. Er kann insbesondere beim Abschluss von Rahmenvereinbarungen eingesetzt werden und Abbildungen, Preisinformationen und Produktbeschreibungen umfassen.
(4) Eine zentrale Beschaffungsstelle ist ein öffentlicher Auftraggeber, der für andere öffentliche Auftraggeber dauerhaft Liefer- und Dienstleistungen beschafft, öffentliche Aufträge vergibt oder Rahmenvereinbarungen abschließt (zentrale Beschaffungstätigkeit). Öffentliche Auftraggeber können Liefer- und Dienstleistungen von zentralen Beschaffungsstellen erwerben oder Liefer-, Bau- und Dienstleistungsaufträge mittels zentraler Beschaffungsstellen vergeben. Öffentliche Aufträge zur Ausübung zentraler Beschaffungstätigkeiten können an eine zentrale Beschaffungsstelle vergeben werden, ohne ein Vergabeverfahren nach den Vorschriften dieses Teils durchzuführen. Derartige Dienstleistungsaufträge können auch Beratungs- und Unterstützungsleistungen bei der Vorbereitung oder Durchführung von Vergabeverfahren umfassen. Die Teile 1 bis 3 bleiben unberührt.
(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:
- 1.
über Beschwerden gegen Verfügungen der Kartellbehörden und über Rechtsbeschwerden (§§ 73 und 77 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen), - 2.
über Beschwerden gegen Entscheidungen der Regulierungsbehörde und über Rechtsbeschwerden (§§ 75 und 86 des Energiewirtschaftsgesetzes oder § 35 Absatz 3 und 4 des Kohlendioxid-Speicherungsgesetzes), - 3.
über Beschwerden gegen Verfügungen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (§ 48 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes und § 113 Absatz 1 des Wertpapierhandelsgesetzes), - 4.
über Beschwerden gegen Entscheidungen der zuständigen Behörde und über Rechtsbeschwerden (§§ 13 und 24 des EU-Verbraucherschutzdurchführungsgesetzes) und - 5.
über Beschwerden gegen Entscheidungen der Registerbehörde (§ 11 des Wettbewerbsregistergesetzes).
(2) Im Verfahren über die Beschwerde gegen die Entscheidung der Vergabekammer (§ 171 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen) einschließlich des Verfahrens über den Antrag nach § 169 Absatz 2 Satz 5 und 6, Absatz 4 Satz 2, § 173 Absatz 1 Satz 3 und nach § 176 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen beträgt der Streitwert 5 Prozent der Bruttoauftragssumme.