Oberlandesgericht Bamberg Urteil, 07. Juni 2016 - 5 U 275/15

bei uns veröffentlicht am07.06.2016
vorgehend
Landgericht Aschaffenburg, 13 O 52/10, 12.11.2015

Gericht

Oberlandesgericht Bamberg

Tenor

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Aschaffenburg vom 12.11.2015, Az. 13 O 52/10, soweit sie gegen den Kläger zu 1) gerichtet ist, abgeändert: Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Beklagte ist des Rechtsmittels der Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Aschaffenburg vom 12.11.2015, Az. 13 O 52/10, soweit sie gegen den Kläger zu 2) gerichtet ist, verlustig.

3. Von den Kosten des Rechtsstreites erster Instanz haben zu tragen: a) von den Gerichtskosten der Kläger zu 1) 95% und der Kläger zu 2) 5% b) von den außergerichtlichen Kosten des Beklagten der Kläger zu 1) 95% und der Kläger zu 2) 5%. Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben zu tragen: a) von den Gerichtskosten der Kläger zu 1) 96% und der Beklagte 4% b) von den außergerichtlichen Kosten des Beklagten der Kläger zu 1) 96% c) von den außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 2) der Beklagte 100%. Im übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger zu 1) kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte jeweils vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages leistet.

5. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger zu 1) (im Folgenden nur noch Kläger) verfolgt Ansprüche auf Leistung von Schadenersatz aus einem behaupteten Verkehrsunfall vom 23.07.2009. Der Kläger war Eigentümer eines Fahrzeugs A., amtliches Kennzeichen X., der am 16.04.2009 auf ihn zugelassen wurde. Er hatte das Fahrzeug von einem Bekannten für 35.000,- € gekauft. Zu diesem Kauf kam es, da der Kläger ein solches Fahrzeug schon immer haben wollte und er von einem Bekannten gehört hatte, dass ein Bekannter von diesem ein Fahrzeug dieses Typs verkaufen wollte. Den Kaufpreis bezahlte er in bar. Daneben hatte und hat der Kläger ein weiteres Fahrzeug, einen zum damaligen Zeitpunkt ca. 5 Jahre alten B.. Mit dem Fahrzeug A. kam es am 01.06.2009 zu einem Wildunfall, bei dem das Fahrzeug des Klägers von dessen Freund N. gefahren wurde. Dabei entstand ein Schadensumfang von ca. 5.000,- €. Der Schaden entstand im Frontbereich des Fahrzeuges und betraf vor allem dessen teure Scheinwerfer. Am 23.07.2009 fuhr der Kläger zu 2) C., ein weiterer Freund des Klägers, mit dem A., den ihm der Kläger überlassen hatte, auf der Bundesstraße 469 aus Richtung G. kommend in Fahrtrichtung H.. Dabei kam es zu einem Zusammenstoß mit einem … der Dreierreihe, den die Zeugin E. steuerte. Sie kam aus S. und befuhr während der Auffahrt auf die Bundesstraße die Beschleunigungsspur der B 469. Sie fuhr mit ihrem Fahrzeug auf die Fahrbahn der Bundesstraße und kollidierte mit dem sich auf der Bundesstraße befindlichen Fahrzeug des Klägers, welches dabei beschädigt wurde. Nach einer in verschiedenen Werkstätten, deren Namen der Kläger nicht nennen wollte, durchgeführten Reparatur, für die er 25.000,- € aufgewendet haben will, verkaufte der Kläger das Fahrzeug am 17.09.2009 für 30.000,- €. Gegenüber der Beklagten, dem für das Fahrzeug der Zeugin E. zuständigen Haftpflichtversicherer, machte der Kläger Schadensersatzansprüche geltend. Dabei übersandte er u.a eine von der Firma L. erstellte Liste mit Ersatzteilen, wobei er zunächst den Anschein erweckte, dass es sich hierbei um eine ihm gestellte Rechnung handelte. Erst auf Nachfrage des Beklagten teilte der Kläger mit, dass es sich nicht um eine Rechnung sondern um eine Aufstellung der für die durchzuführende Reparatur benötigten Ersatzteile handele. Der Kläger hat zudem weder gegenüber dem von ihm mit der Ermittlung der Schadenshöhe beauftragten Privatsachverständigen noch gegenüber der Beklagten bei der Geltendmachung der Schäden erwähnt, dass das Fahrzeug bei einem Wildunfall einen erheblichen Schaden von ca. 5.000,00 € erlitten hatte. Erst auf Nachfrage des Beklagten teilte der Kläger diesen Umstand mit und übergab ein Gutachten des von ihm in Bezug auf die Ermittlung der dabei eingetretenen Schäden beauftragten Sachverständigen.

Der Kläger hat vorgetragen, dass die Zeugin E. auf die B 469 aufgefahren sei, ohne auf sein Fahrzeug, das vom Kläger zu 2) gefahren worden sei, zu achten. Sie sei daher mit ihrem Fahrzeug gegen das Heck des PKW des Klägers gestoßen. Daraufhin sei sein Fahrzeug ins Schleudern geraten. Es sei mit der vorderen linken Frontseite in die Leitplanke geschleudert. Dabei habe es sich gedreht und anschließend sei es mit der Front in der rechten Leitplanke zum Stillstand gekommen. Der Fahrer seines Fahrzeuges habe den Unfall nicht vermeiden können, weil auf der linken Fahrbahn ein anderes Fahrzeug gefahren sei. Der Unfall sei daher allein durch die Versicherungsnehmerin des Beklagten verursacht worden. Der Schaden an seinem Fahrzeug betrage nach dem eingeholten Gutachten des Sachverständigen netto 25.137,90 €. Die Sachverständigenkosten betrügen 1.636,25 €. Das Fahrzeug habe zudem eine Wertminderung von 1.500,- € erlitten. Ferner stehe ihm eine Unkostenpauschale in Höhe von 25,- € sowie eine Nutzungsausfallentschädigung für 12 Arbeitstage in Höhe von 1.092,- € zu. In erster Instanz hat der Kläger zu 2) darüberhinaus Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 1.500,- € und Schadensersatz verlangt.

Die Kläger zu 1) und 2) haben in erster Instanz beantragt,

  • 1.Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger zu 1) 29.391,15 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 05.09.2009 zu bezahlen.

  • 2.Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger zu 2) ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, welches aber 1.500,- € nicht unterschreiten sollte, sowie weitere 81,56 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 05.09.2009 zu bezahlen.

  • 3.Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 1.604,12 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Klageerhebung an außergerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten zu bezahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat vorgetragen, dass das Unfallereignis für die Kläger nicht unfreiwillig gewesen sei. Es liege vielmehr ein sog. „gestellter Unfall“ vor. Dies folge aus der Gesamtschau verschiedener, hier vorliegender einzelner Anhaltspunkte. Sowohl die Art des Unfalls, der Unfallhergang, die Unfallfolgen, das Fahrzeug der Geschädigten als auch das Verhalten des Geschädigten nach dem Unfall sprächen für die Freiwilligkeit des Ereignisses aus Sicht des Klägers. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz der Beklagtenvertreter vom 01.04.2010 (Bl. 13 - 18 d.A.) Bezug genommen. Die vom Kläger behaupteten Unfallschäden seien zudem nicht auf das streitgegenständliche Geschehen zurückzuführen. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Kläger Schäden geltend gemacht würden, die durch den Wildunfall oder andere Unfälle verursacht worden seien. Der Kläger habe sich trotz Aufforderung, zu Vorschäden, welche der PKW des Klägers erlitten habe, Stellung zu nehmen, nicht erklärt, sondern lediglich auf ein vorgelegtes Parteigutachten verwiesen. Es stehe nicht fest, dass die Schäden, die bei dem Wildunfall entstanden sind, ordnungsgemäß repariert worden seien.

Hinsichtlich des weiteren Vortrags der Parteien wird auf den Tatbestand des Urteils des Landgerichts sowie auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteivertreter in der ersten Instanz Bezug genommen.

Das Landgericht hat nach Durchführung einer Beweisaufnahme die Klage des Klägers zu 2) abgewiesen und den Beklagten dazu verurteilt, an den Kläger zu 1) 25.083,09 € nebst Zinsen zu bezahlen. Die darüber hinausgehende Klage hat es abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass es aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme zu der Überzeugung gelangt sei, dass es sich um einen Unfall gehandelt habe, der sich im Wesentlichen so zugetragen habe, wie er von den beiden Klägern geschildert worden sei. Aufgrund der festgestellten Umstände stehe nicht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass es sich um eine Unfallmanipulation gehandelt habe. Der zu ersetzende Schaden sei jedoch geringer, als er vom Kläger zu 1) gefordert werde. Dies folge aus dem eingeholten Gutachten des Sachverständigen F.. Danach könne der Kläger zu 1) Reparaturkosten in Höhe von 21.011,84 € verlangen, da er keine nichtkompatiblen Schäden geltend mache. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils des Landgerichts Aschaffenburg vom 12.11.2015 Bezug genommen.

Gegen dieses, dem Beklagtenvertreter am 23.11.2015 zugestellte Urteil hat der Beklagte mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 22.12.2015, in dem er sowohl den Kläger zu 1) als auch den Kläger zu 2) jeweils als Berufungsbeklagte bezeichnet hat, Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 24.02.2016 begründet. In der mündlichen Verhandlung vom 07.06.2016 hat der Beklagtenvertreter die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Aschaffenburg, soweit es sich gegen den Kläger zu 2) richtet, zurückgenommen.

Zur Begründung trägt der Beklagte vor, dass die Beweiswürdigung des Landgerichts fehlerhaft sei. Tatsächlich ergebe sich aus den vorliegenden Indizien, dass ein sog. „gestellter Unfall“ vorliege. Das Landgericht habe nicht alle vorgetragenen, vom Kläger nicht bestrittenen Umstände, die hier für das Vorliegen eines gestellten Unfalles sprächen, berücksichtigt. So sei nicht berücksichtigt worden, dass sich der Unfall an einer abgelegenen Stelle abgespielt habe und es deshalb keine von den Unfallbeteiligten unabhängige Zeugen für den Unfallhergang gebe. Es sei nicht erörtert worden, dass es sich um einen Auffahrunfall handele und dass diese Unfallkonstellation wegen des klaren Verschuldens des Auffahrenden häufig bei manipulierten Unfällen gewählt werde. Das Landgericht habe auch zu Unrecht bei Beurteilung der Gefährlichkeit der herbeigeführten Kollison für die Insassen der Fahrzeuge auf deren Fahrgeschwindigkeit von ca. 100 km/h abgestellt. Maßgebend für die Gefährdung der Insassen sei die zwischen den beiden Fahrzeugen herrschende Differenzgeschwindigkeit, die vielleicht 20 km/h betragen habe. Der Sachverständige habe zudem dargelegt, dass der Anprall an die Leitplanke und die eingetretenen Schäden mit einer Anprallgeschwindigkeit von 35 km/h in Einklang zu bringen seien. Darüber hinaus handele es sich um einen streifenden Anprall, der im spitzen Winkel erfolgt sei. Bei dieser Vorgehensweise seien keine erheblichen und gravierenden Verletzungen bei den Insassen zu befürchten, selbst wenn man eine Fahrgeschwindigkeit von 100 km/h als Ausgangsgeschwindigkeit innegehabt habe. Das Landgericht habe weiter nicht berücksichtigt, dass vom Kläger keine genauen Geschwindigkeitswerte vorgetragen worden seien. Das Herbeirufen der Polizei spreche im vorliegenden Fall nicht gegen einen „gestellten Unfall“, weil die Polizei im vorliegenden Fall nur rudimentäre Ermittlungen durchgeführt habe, weil die Beteiligten den Polizeibeamten gegenüber einen Geschehensablauf geschildert haben, aus dem sich eine klare Haftungslage ergeben habe. Dies sei erfolgt, damit die Polizei möglichst wenige Feststellungen zum Unfallhergang vor Ort treffe. Weiter sei zu berücksichtigen, dass der PKW unmittelbar vor der nächsten Hauptuntersuchung im November des Unfalljahres gestanden habe. Das Fahrzeug sei erstmals vor etwas mehr als drei Monaten auf den Kläger zugelassen worden. Dies spreche für einen Betrugsvorsatz, weil solche Fahrzeuge zur „unfallmäßigen Verwertung“ erworben würden. Der Kläger rechne seinen Schaden zudem fiktiv ab. Er habe eine Nachbesichtigung des Unfallfahrzeugs durch einen von dem Beklagten beauftragten Sachverständigen durch den Verkauf des Fahrzeuges verhindert. Der Kläger habe so vereitelt, dass die Unfallschäden in Bezug auf Ursache und Ordnungsgemäßheit der Reparatur einem Sachverständigen zur Begutachtung vorgestellt hätten werden können. Zudem habe der Kläger in der Regulierung zur Begründung seiner Forderung gegenüber dem Beklagten den Erwerb von zur angeblichen Unfallschadensbeseitigung vermeintlich verwendeten Ersatzteilen behauptet und durch Vorlage eines Schreibens der Firma L. zu belegen versucht. Erst nachdem der Beklagte mit Schreiben vom 10.11.2009 um Vorlage der Bestätigung der behaupteten, mit diesen Ersatzteilen ordnungsgemäß durchgeführten Reparatur sowie um Konkretisierung gebeten habe, wann die Ersatzteile an den Kläger geliefert worden seien, sowie um Beantwortung der Frage, in welcher Zeit die Reparatur erfolgt sei und ob die Ersatzteilrechnung bereits bezahlt worden sei, habe der Kläger mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 20.11.2009 mitteilen lassen, dass es sich dabei nicht um eine Rechnung im eigentlichen Sinne sondern um eine Zusammenstellung der benötigten Ersatzteile handele. Die Gesamtschau aller dieser Umstände lasse den Schluss zu, dass es sich um einen gestellten Unfall handele, so dass der Kläger keinen Schadensersatz fordern könne. Darüberhinaus habe das Landgericht übersehen, dass der Kläger die Höhe des Schadens nicht plausibel dargelegt habe. Es sei nicht feststellbar, was an Schäden an dem PKW auf den streitgegenständlichen Unfall zurückzuführen sei, da der Kläger das Vorliegen eines Vorschadens verschwiegen habe. Der Vorschaden betreffe auch Bauteile, die für das Fahrzeug von vitaler Bedeutung seien. Die Reparaturkosten für den Wildschaden seien mit annähernd 5.000,- € nicht gering. Es sei daher weder feststellbar, welchen Wert das Fahrzeug vor dem streitgegenständlichen Geschehen gehabt habe als auch welche Schäden auf den streitgegenständlichen Unfall zurückzuführen seien. Dies müsse jedoch der Kläger beweisen.

Der Kläger beantragte zuletzt,

  • 1.Das Urteil des Landgerichts Aschaffenburg wird aufgehoben.

  • 2.Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung trägt der Kläger vor, dass die Beweislast für das Vorliegen eines „gestellten Unfalles“ der Beklagte trage. Diesen Nachweis habe er jedoch nicht erbracht. Der Unfall sei nicht an einer abgelegenen Stelle erfolgt. Nicht jeder Unfall, der bei Dunkelheit auf einer Bundesstraße geschehe und bei dem keine neutralen Zeugen zugegen seien, sei ein „gestellter Unfall“. Gegen das Vorliegen eines „gestellten Unfalles“ spreche, dass sich der Fahrer des Fahrzeuges des Klägers bei einem solchen Unfall in die Gefahr begeben habe, schwer verletzt zu werden. Der Sachverständige habe dargelegt, dass sich der Unfall so, wie er vom Kläger geschildert worden sei, tatsächlich ereignet haben könne. Es sei auch zu berücksichtigen, dass sich der Kläger und die Unfallverursacherin vor dem Unfall nicht gekannt hätten und auch nach dem 23.07.2009 keinen Kontakt miteinander gehabt hätten. Es lägen keine Indizien vor, die für einen gestellten Unfall sprächen.

Der Senat nimmt im Übrigen auf die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts im Urteil sowie auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteivertreter nebst Anlagen Bezug.

II.

Die zulässige Berufung des Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts Aschaffenburg vom 12.11.2015, Az.: 13 O 52/10, soweit es dem Kläger einen Anspruch zuerkennt, hat Erfolg.

Der Kläger hat gegen den Beklagten weder gemäß §§ 7 Abs. 1, 17 Abs. 1, Abs. 3 StVG noch gemäß § 823 Abs. 1 BGB noch gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 18 Abs. 3 StVO jeweils i.V.m. § 115 VVG, § 6 Abs. 1 AuslPflVG einen Anspruch auf Schadensersatz des ihm bei dem Zusammenstoß der beiden Fahrzeuge entstandenen Schadens, da die Schäden an seinem Fahrzeug mit seinem Einvernehmen herbeigeführt worden sind. Hierin liegt eine rechtfertigende Einwilligung des Klägers in die Beschädigung seines Fahrzeugs, was zur Folge hat, dass ein Schadensersatzanspruch gegen den Verursacher und damit gegen dessen Haftpflichtversicherer nicht besteht.

1. Der Entscheidung sind die gemäß §§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO vom Landgericht rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen, ergänzend durch die Feststellungen, die durch den Senat getroffen werden, zugrundezulegen. Dabei ist zu beachten, dass, wenn sich das Berufungsgericht von der Richtigkeit der erstinstanzlichen Beweiswürdigung nicht zu überzeugen vermag, es an die erstinstanzliche Beweiswürdigung, die es aufgrund konkreter Anhaltspunkte nicht für richtig hält, nicht gebunden, sondern zu einer erneuten Tatsachenfeststellung verpflichtet ist (vgl. BGH NZG 13, 1436; BGH NJW 05, 1583; BGH NJW-RR 09, 1291; BVerfG NJW 03, 2524). Das Berufungsgericht hat den Prozessstoff auf der Grundlage der nach § 529 ZPO berücksichtigungsfähigen Tatsachen auch dahin zu überprüfen, ob die Beweiswürdigung des erstinstanzlichen Gerichts bei Berücksichtigung aller Gesichtspunkte sachlich überzeugend ist. Dabei kann eine vom Landgericht abweichende Würdigung erfolgen (vgl. BGH, Beschluss vom 19.11.2014, IV ZR 317/13, BGH VersR 11, 769). Der Senat war daher aufgrund der vorzunehmenden Gesamtwürdigung der einzelnen zugrundezulegenden Tatsachen gehalten, eine eigene Würdigung der Beweise und des Vortrags der Parteien vorzunehmen.

2. Der Senat ist davon überzeugt, dass im vorliegenden Fall ungewöhnlich viele Beweisanzeichen dafür vorliegen, dass es sich bei der Kollision der Fahrzeuge, die stattgefunden hat, nicht um ein zufälliges, nicht gewolltes Schadensereignis, sondern um ein zwischen den Beteiligten verabredetes Geschehen, mithin nicht um einen Unfall, handelt.

Dabei ist von folgenden Rechtsgrundsätzen auszugehen: Derjenige, der Schadensersatz fordert, hat die Beweislast für die Tatsachen, aus denen sich die Rechtsgutsverletzung (hier Beschädigung des Fahrzeugs des Klägers) durch den Schädiger ergibt. Der Halter bzw. der Fahrer des „schädigenden Fahrzeugs“ und/oder dessen Haftpflichtversicherer müssen darlegen und beweisen, dass „der Geschädigte“ mit dieser Beschädigung seines Fahrzeugs einverstanden war und deshalb als Rechtfertigungsgrund die Einwilligung vorliegt (vgl. BGH NJW 78, 2154; OLG München ZfS 13, 336; KG NZV 06, 429; OLG Koblenz NJW-RR 06, 95; Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Aufl., § 7 StVG Rn. 48 mit vielen weiteren Rechtsprechungsnachweisen). Der Kläger und Geschädigte selbst muss nicht beweisen, dass das Unfallgeschehen für ihn unfreiwillig bzw. zufällig war (vgl. OLG München a.a.O.; OLG Hamm, NZV 93, 68). Im Bereich der Unfallmanipulation kann der Geschädigte diesen Nachweis durch den Indizienbeweis erbringen. Voraussetzung ist dabei für die Überzeugungsbildung des Gerichts eine aufgrund der Gesamtschau aller vorliegenden Indizien für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit, der vernünftigen Zweifeln Schweigen gebietet. Auf der Grundlage einer lebensnahen Gesamtschau aller für und gegen eine Unfallmanipulation sprechenden Umstände ist dabei zu entscheiden, ob eine Einwilligung des Geschädigten in die Verletzung seines Eigentums bewiesen ist. Dabei ist für die Überzeugungsbildung nicht eine mathematisch lückenlose Gewissheit erforderlich, sondern es ist auf eine in lebensnaher Gesamtschau praktisch vernünftige Gewichtung der Verdachtsmomente abzustellen (vgl. OLG München ZfS 13, 336; OLG Hamm NZV 08, 91; OLG Frankfurt NZV 10, 623; OLG Köln VersR 14, 96; OLG Köln SB 04, 114). Unerheblich ist dabei, ob diese Indizien bei isolierter Betrachtung jeweils auch als unverdächtig erklärt werden können (vgl. Zum Ganzen BGH NJW 78, 2154; OLG Koblenz NJW-RR 06, 45; OLG Nürnberg NJW-RR 12, 720; OLG Saarbrücken NJW-RR 13, 476; OLG Schleswig NZV 11, 291; OLG München ZfS 13, 336; OLG Frankfurt NZV 10, 623, jeweils m.w.N.).

Unter Anwendung dieser Rechtsgrundsätze ist der Senat im Rahmen der Gesamtschau aller feststehenden Umstände davon überzeugt, dass ein sog. „gestellter Unfall“ vorliegt, bei dem die Beschädigung des Fahrzeugs des Klägers mit dessen Einwilligung erfolgt ist. Dies ergibt sich aus folgenden Umständen (Indizien):

a) Der Unfall ereignete sich zur Nachtzeit an einer Stelle, bei der nicht mit viel Verkehr und Zeugen zu rechnen ist. Dies ist ein mögliches Indiz für einen gestellten Unfall (vgl. OLG Schleswig, Urteil vom 27.02.2013, 7 U 114/12; KG, Urteil vom 09.03.2011, Az.: 22 U 10/11; OLG Köln VersR 14, 996). Der Unfall geschah um 23.50 Uhr auf der B 469. Auch wenn es sich dabei um eine für den Verkehr bedeutende Verkehrs Straße handelt, ist jedoch zu der Zeit, als sich der Unfall ereignete, nicht mit viel Verkehr zu rechnen. Es ist zu berücksichtigen, dass sich - wie es aus den Lichtbildern des Sachverständigen in dessen Gutachten erkennbar ist - die Unfallstelle in einem Bereich befindet, der auf große Entfernung für die am Geschehen beteiligten Personen überschaubar ist. Insbesonders zur Nachtzeit sind wegen des Lichtscheins der Scheinwerfer Fahrzeuge, die sich dem Ort des Geschehens nähern und in denen sich möglicherweise unbeteiligte Zeugen für das Geschehen befinden könnten, ohne weiteres schon erkennbar, wenn sie noch weit entfernt sind. Der Unfallort und die Unfallzeit wurden daher so gewählt, dass mit der unerwünschten Anwesenheit anderer Verkehrsteilnehmer oder sonstiger unbeteiligter Personen, die das Geschehen beobachten können, nicht gerechnet werden musste. Dementsprechend sind auch keine Zeugen für das Unfallgeschehen vorhanden. Dies ist ein Indiz für einen gestellten Unfall (vgl. OLG Frankfurt NJW-RR 07, 363; OLG Hamm VersR 01, 1127; OLG Köln VersR 14, 996).

b) Bei dem beschädigten Fahrzeug des Klägers handelt es sich um ein Fahrzeug der gehobenen Mittelklasse bzw. der unteren Oberklasse. Das beschädigte Fahrzeug des Klägers ist ein A., der erstmals am 08.11.2006 zugelassen und somit zum Unfallzeitpunkt etwa 3 Jahre alt war. Die Reparaturkosten bei einem solchen Fahrzeug sind, auch wenn es sich um Schäden handelt, die sich auf den technischen Zustand des Fahrzeugs im Zusammenhang mit seiner Nutzbarkeit selbst nicht erheblich nachteilig auswirken, in der Regel sehr hoch. Das belegen auch das Gutachten des Privatsachverständigen K. sowie das Gutachten des Sachverständigen F.. Der Schaden wird auf deutlich über 20.000,00 € festgestellt. Dieser Umstand stellt ein Indiz für einen gestellten Unfall dar (vgl. OLG Frankfurt NJW-RR 07, 363; OLG Celle OLGR 04, 328; OLG Düsseldorf, Urteil vom 19.01.2009, Az.: 1 U 209/07; OLG Köln VersR 14, 996).

c) Der Kläger führt eine fiktive Abrechnung seines Schadens durch, bei dem von einem finanziellen Gewinn des Anspruchstellers auszugehen ist. Soweit der Kläger vorträgt, dass er für die Reparatur insgesamt 25.000,- € bezahlt haben will, ist der Senat davon überzeugt, dass dieser Vortrag unzutreffend ist. Der vom Kläger genannte Betrag von 25.000,- € entspricht weitestgehend dem Nettoreparaturbetrag, der nach den Sachverständigen für die Reparatur des Fahrzeugs in einer Orginalwerkstatt hätte gezahlt werden müssen. Der Kläger hat auf Nachfrage des Gerichts nicht mitgeteilt, in welchen Werkstätten und durch welche Personen die Reparatur tatsächlich vorgenommen wurde. Er hat lediglich erklärt, dass die Reparatur in Werkstätten vorgenommen worden sei, die ihm einen besonders günstigen Preis gemacht hätten. Ferner behauptet er, dass er dann 25.000,- € bezahlt habe. Dies widerspricht jedoch - wie oben schon dargestellt - der Tatsache, dass die Sachverständigen für die Reparatur in einer Fachwerkstatt des Fahrzeugherstellers … einen solchen Betrag netto als anfallend ermittelt haben. Auch aus dem Verhalten des Klägers, indem er sich weigert, die Reparaturwerkstätten zu benennen und er die dafür angefallenen Kosten nicht belegt, folgt für den Senat, dass die fiktive Abrechnung gewählt wurde, um hier einen finanziellen Gewinn herbeizuführen.

d) Das beschädigte Fahrzeug des Klägers wurde erst kurz vor dem Unfall auf den Kläger zugelassen. Auch dieser Umstand ist ein Indiz für einen „gestellten Unfall“ (vgl. OLG Saarbrücken, Urteil vom 30.10.2012, 4 U 259/12; OLG Düsseldorf, Urteil vom 21.12.2010, 1 U 3/10). Das Fahrzeug wurde auf den Kläger unstreitig am 16.04.2009 zugelassen. Die streitgegenständliche Kollision erfolgte am 23.07.2009, somit etwas mehr als drei Monate nach der Zulassung des Fahrzeugs auf den Kläger. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass sich bereits zuvor am 01.06.2009 ein Wildunfall mit dem Fahrzeug ereignet hat. Weiter ist zu berücksichtigen, dass zum Zeitpunkt des Erwerbs des Fahrzeugs als auch anschließend der Kläger einen weiteren PKW, einen ca. 5 Jahre alten B., hatte, so dass er das Unfallfahrzeug nicht benötigte. Wenn der Kläger vorbringt, dass er sich den … gekauft habe, weil er so ein Fahrzeug schon immer haben wollte, ist zu berücksichtigen, dass es dann nicht nachvollziehbar ist, dass er das Fahrzeug im September 2009 bereits wieder verkauft hat.

Soweit er sich darauf beruft, dass dies erforderlich gewesen sei, um Reparaturrechnungen in Höhe von 25.000,- € zu bezahlen, ist darauf hinzuweisen, dass es nicht nachgewiesen und vom Kläger nicht belegt ist, dass er tatsächlich die 25.000,- € bezahlt hat.

e) Es handelt sich vornehmlich um einen Streifschaden am PKW, dessen Reparatur geltend gemacht wird. Die behaupteten Kontakte der Front des Fahrzeugs mit der Leitplanke waren angesichts der dabei entstandenen Schäden nicht stark und heftig. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Streifschäden typisch für manipulierte Unfälle sind, da nur gering in die Substanz des Fahrzeugs eingegriffen wird und gleichwohl hohe Schadensummen entstehen (vgl. OLG Saarbrücken NJW-RR 13, 476; OLG Zweibrücken, Urteil vom 05.03.2014, Az.: 1 U 142/12; OLG Köln VersR 14, 996).

f) Bei dem Geschehensablauf handelt es sich um einen einfach gelagerten Verkehrsvorgang, der von den Beteiligten leicht und ohne Gefahr, sich in Widersprüche zu verwickeln, (gegebenenfalls auch wiederholt) geschildert werden kann und bei dem ohne Zweifel die Schuld- und Schadensersatzpflicht der Versicherungsnehmerin der Beklagten feststeht. Solch typische Unfallkonstellationen, bei denen der Anscheinsbeweis für die Verursachung und das Verschulden alleine für den Schädiger (Versicherungsnehmer) spricht und typische, kaum widerlegbare Fahrfehler, bei denen ein Vorliegen einer Mithaftung des Unfallgegners von vornherein praktisch ausscheidet, vorliegen, können ein Indiz für einen gestellten Unfall darstellen (vgl. OLG Frankfurt NJW-RR 07, 603; KGR 06, 793; OLG Celle OLGR 04, 328; OLG Köln VersR 14, 996; OLG Hamm VRR 13, 422). Es handelt sich um einen einfachen Auffahrvorgang von einer Beschleunigungsspur auf die Fahrbahn der autobahnähnlich ausgebauten Bundesstraße, bei dem es zu einem Zusammenstoß mit dem auf dem rechten Fahrstreifen fahrenden PKW des Klägers kam. Ein solches Fahrverhalten der Versicherungsnehmerin des Beklagten führt dazu, dass sie zu 100%, d.h. allein, haftet. Es ist ein einfacher, mit wenigen Details belasteter Geschehensablauf, der einen Haftungsanspruch begründen kann. Im vorliegenden Fall ist auch nahezu ausgeschlossen, dass bei Zugrundelegen dieses behaupteten Geschehensablaufes ein Mitverschulden oder eine Anrechnung der Betriebsgefahr zu Lasten des Klägers/Geschädigten erfolgen wird.

g) Als weiteres Indiz ist das Verhalten des Klägers bei der Abrechnung des Schadens und dessen Geltendmachung gegenüber dem Beklagten heranzuziehen. Der Kläger hat das Vorliegen eines Vorschadens an dem Fahrzeug sowohl gegenüber dem Privatsachverständigen als auch gegenüber der Beklagten bei der Anmeldung und Belegung des Schadens verschwiegen. Dabei handelt es sich um einen nicht unerheblichen Schaden, der nach dem vorgelegten Privatgutachten nahezu 5.000,- € an Reparaturkosten erforderte. Der Kläger hat dargelegt, dass die Höhe des Schadens daraus resultiere, dass die hochwertigen und teuren Scheinwerfer des Fahrzeugs beschädigt worden seien. Auch nachdem vom Beklagten weitere Informationen in Bezug auf den Vorschaden, insbesonders zum Umfang und der Ordnungsgemäßheit der behaupteten Reparatur gefordert wurden, hat der Kläger hierzu keine weiteren Angaben gemacht. Er hat lediglich auf das mit Schreiben vom 30.10.2009 vorgelegte Privatgutachten, das zur Feststellung der Höhe des Schadens angefertigt wurde, verwiesen. Es wurde insbesondere vom Kläger nicht dargelegt, wer, in welchem Umfang und in welcher Art und Weise die Unfallschäden behoben hat. Weiter ist zu berücksichtigen, dass der Kläger zunächst die Zahlung von Ersatzteilen von dem Beklagten forderte, hinsichtlich derer er eine „Rechnung“ vorgelegt hat. Erst auf Nachfrage und Anforderung weiterer Auskünfte in Bezug auf Zeit der Lieferung der Ersatzteile, Vorlage einer Bestätigung des behaupteten Einbaus der Ersatzteile und einer ordnungsgemäß erfolgten Reparatur sowie der Benennung des Zeitraums, in der die behauptete Reparatur erfolgt ist, sowie die Forderung der Erklärung, ob die Ersatzteilrechnung bereits bezahlt wurde, hat der Kläger mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 20.11.2009 mitgeteilt, dass es sich „nicht um eine Rechnung im eigentlichen Sinne“ handele, sondern um eine Zusammenstellung benötigter Ersatzteile für eine Reparatur. Auch dieses Vorgehen zeigt zunächst, dass der Kläger durch Verschweigen wichtiger Einzelheiten versuchte, eine höhere Entschädigungsleistung zu erlangen.

h) Der Kläger hat im vorliegenden Fall die von der Beklagten gewünschte Nachbesichtigung durch einen von ihr benannten Fachmann nicht ermöglicht. Bittet der Versicherer eine Nachbesichtigung zu ermöglichen und kommt der Anspruchsteller dem nicht nach, so kann dies - wenn der Schaden unter ungewöhnlichen Umständen eingetreten ist - ebenfalls ein Indiz für eine Unfallmanipulation begründen (vgl. OLG Celle, Urteil vom 13.09.2012, 14 U 116/12). Als der Beklagte mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 10.09.2009 dem Kläger den Wunsch mitteilte, das Unfallfahrzeug durch einen von ihm beauftragen Sachverständigen nachbesichtigen zu lassen, nachdem zuvor mit Schreiben der Klägervertreter vom 21.08.2009 die Reparatur des Unfallfahrzeugs behauptet worden war, teilte der Kläger mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 18.09.2009 mit, dass das Fahrzeug verkauft worden sei. Hierdurch wurde eine Nachbesichtigung durch einen Sachverständigen, der von der Beklagten beauftragt wurde, vereitelt und es ihm unmöglich gemacht zu klären, ob und in welchem Umfang Reparaturarbeiten durchgeführt wurden und ob diese auf den Unfall zurückzuführen sind.

i) Gegen einen manipulierten Unfall kann sprechen, dass die Polizei gerufen wurde. Dieser Umstand hat hier jedoch keine Aussagekraft, da die Polizeibeamten, die am Unfallort waren, keine (genauen) Untersuchungen und Erhebungen zum Unfallablauf gemacht haben, weil aufgrund der Angaben der Beteiligten zum Unfallhergang der Unfallablauf klar gewesen sei. Da keine Verletzungen am Unfallort behauptet wurden, wurden keine Ermittlungen durch die Polizeibeamten und keine Feststellung von Spuren vorgenommen. Die Tätigkeit der Polizei beschränkt sich hauptsächlich darauf, die Personalien des Schädigers festzustellen und diese dem Geschädigten zur Verfügung zu stellen.

j) Gegen das Vorliegen eines gestellten Unfalls kann sprechen, dass der vom Kläger behauptete Unfallhergang, der vom Sachverständigen F. als unfalltechnisch möglich dargestellt wurde, eine nicht unerhebliche Gefährdung der Insassen des Fahrzeugs des Klägers mit sich brachte. Im vorliegenden Fall ist jedoch zu berücksichtigen, dass es sich bei der Unfallstelle um eine autobahnähnlich ausgebaute Bundesstraße handelt, an deren beiden Seiten Leitplanken vorhanden waren, so dass auch bei einem leichten Schleudervorgang und anschließenden spitzwinkligen Entlangstreifens des Fahrzeuges an der Leitplanke letztendlich in einem so großen, mit verschiedenen Sicherheitstechniken und Schutzvorrichtungen für den Fahrer ausgestatteten Fahrzeugs der Marke A. keine erheblichen gesundheitlichen Risiken für den Fahrer, den Kläger zu 2), bestanden. Tatsächlich sind auch keine schwerwiegenden Verletzungen hervorgerufen worden. Insbesonders wurde ein Krankenwagen nicht zu der Unfallstelle angefordert.

Auf der Grundlage der lebensnahen Gesamtschau dieser Umstände ist nach der Überzeugung des Senats der Beweis durch den Beklagten geführt, dass es sich um einen sog. „gestellten Unfall“ handelt, bei dem im Einverständnis mit dem Kläger die Beschädigung seines Fahrzeugs herbeigeführt wurde. Ausschlaggebend ist im vorliegenden Fall die Gesamtwürdigung aller Tatsachen und Beweise, bei der aus einer Indizienkette auf eine planmäßige Vorbereitung und Herbeiführung des vermeintlichen Unfalls geschlossen werden kann (vgl. OLG Köln VersR 14, 996; OLG Frankfurt NJW-RR 07, 603; OLG Koblenz NJW-RR 06, 95; OLG Köln, Urteil vom 19.07.2011, 4 U 25/10). Zum Nachweis einer Kollisionsabsprache bedarf es keiner lückenlosen Gewissheit im Sinne einer mathematischen Beweisführung. Es reicht vielmehr die Feststellung von Indizien aus, die in lebensnaher Zusammenschau und praktisch vernünftiger Gewichtung den Schluss auf ein kollusives Zusammenwirken zulassen, das die Rechtswidrigkeit der angeblichen Rechtsverletzung ausschließt (vgl. OLG Köln VersR 14, 996; OLG Köln, Urteil vom 19.07.2011, 4 U 25/10; OLG Hamm SB 04, 222). Der Nachweis einer erheblichen Wahrscheinlichkeit für unredliches Verhalten genügt (vgl. OLG München ZfS 13, 336; KG NZV 06, 429). Dabei kann nicht, wie der Kläger meint, jeweils jeder einzelne Punkt nur für sich alleine genommen betrachtet werden. Aufgrund der starken Häufung von Anzeichen, die auf eine Manipulation des Unfallgeschehens im vorliegenden Fall hindeuten, ist der Beweis durch den Beklagten geführt. Unerheblich ist dabei, ob diese Indizien bei isolierter Betrachtung jeweils auch als unverdächtig erklärt werden können. Die oben dargelegten gegen einen „gestellten Unfall“ sprechenden Umstände sind nicht ausreichend, um bei der Gesamtschau aller Indizien, die für einen „gestellten Unfall“ sprechen, diese in Frage zu stellen. Der Senat sieht den Nachweis des Vorliegens eines gestellten Unfalles durch den Beklagten als erbracht. Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Schadenersatz. Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Würzburg, das einen derartigen Anspruch bejaht hat, hat Erfolg. Das Urteil ist daher entsprechend abzuändern und die Klage ist abzuweisen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich der ersten Instanz auf §§ 91 Abs. 1, 100 ZPO. Die Kostenentscheidung für das Berufungsverfahren beruht auf §§ 91 Abs. 1, 516 Abs. 3 ZPO.

Die Revison ist nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern. Der Senat folgt der herrschenden Rechtsprechung der anderen Oberlandesgerichte (§ 543 Abs. 2 ZPO).

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(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

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(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. (2) Di

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Straßenverkehrsgesetz - StVG | § 7 Haftung des Halters, Schwarzfahrt


(1) Wird bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. (2) D

Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 115 Direktanspruch


(1) Der Dritte kann seinen Anspruch auf Schadensersatz auch gegen den Versicherer geltend machen, 1. wenn es sich um eine Haftpflichtversicherung zur Erfüllung einer nach dem Pflichtversicherungsgesetz bestehenden Versicherungspflicht handelt oder2.

Straßenverkehrs-Ordnung - StVO 2013 | § 18 Autobahnen und Kraftfahrstraßen


(1) Autobahnen (Zeichen 330.1) und Kraftfahrstraßen (Zeichen 331.1) dürfen nur mit Kraftfahrzeugen benutzt werden, deren durch die Bauart bestimmte Höchstgeschwindigkeit mehr als 60 km/h beträgt; werden Anhänger mitgeführt, gilt das Gleiche auch für

Gesetz über die Haftpflichtversicherung für ausländische Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuganhänger - AuslPflVG | § 6


(1) § 3 des Pflichtversicherungsgesetzes und die §§ 115, 116, 117 Absatz 1, die §§ 119, 120 und 124 Absatz 1 und 2 des Versicherungsvertragsgesetzes finden Anwendung. (2) Ein Umstand, der das Nichtbestehen oder die Beendigung des Versicherungsverhäl

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Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Nov. 2014 - IV ZR 317/13

bei uns veröffentlicht am 19.11.2014

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IV ZR317/13 vom 19. November 2014 in dem Rechtsstreit Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende Richterin Mayen, die Richter Wendt, Felsch, Lehmann und die Richterin Dr. Brockmöller am 19.

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(1) Wird bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.

(2) Die Ersatzpflicht ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch höhere Gewalt verursacht wird.

(3) Benutzt jemand das Kraftfahrzeug ohne Wissen und Willen des Fahrzeughalters, so ist er anstelle des Halters zum Ersatz des Schadens verpflichtet; daneben bleibt der Halter zum Ersatz des Schadens verpflichtet, wenn die Benutzung des Kraftfahrzeugs durch sein Verschulden ermöglicht worden ist. Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Benutzer vom Fahrzeughalter für den Betrieb des Kraftfahrzeugs angestellt ist oder wenn ihm das Kraftfahrzeug vom Halter überlassen worden ist.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Autobahnen (Zeichen 330.1) und Kraftfahrstraßen (Zeichen 331.1) dürfen nur mit Kraftfahrzeugen benutzt werden, deren durch die Bauart bestimmte Höchstgeschwindigkeit mehr als 60 km/h beträgt; werden Anhänger mitgeführt, gilt das Gleiche auch für diese. Fahrzeug und Ladung dürfen zusammen nicht höher als 4 m und nicht breiter als 2,55 m sein. Kühlfahrzeuge dürfen nicht breiter als 2,60 m sein.

(2) Auf Autobahnen darf nur an gekennzeichneten Anschlussstellen (Zeichen 330.1) eingefahren werden, auf Kraftfahrstraßen nur an Kreuzungen oder Einmündungen.

(3) Der Verkehr auf der durchgehenden Fahrbahn hat die Vorfahrt.

(4) (weggefallen)

(5) Auf Autobahnen darf innerhalb geschlossener Ortschaften schneller als 50 km/h gefahren werden. Auf ihnen sowie außerhalb geschlossener Ortschaften auf Kraftfahrstraßen mit Fahrbahnen für eine Richtung, die durch Mittelstreifen oder sonstige bauliche Einrichtungen getrennt sind, beträgt die zulässige Höchstgeschwindigkeit auch unter günstigsten Umständen

1.
für
a)
Kraftfahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 3,5 t, ausgenommen Personenkraftwagen,
b)
Personenkraftwagen mit Anhänger, Lastkraftwagen mit Anhänger, Wohnmobile mit Anhänger und Zugmaschinen mit Anhänger sowie
c)
Kraftomnibusse ohne Anhänger oder mit Gepäckanhänger
80 km/h,
2.
für
a)
Krafträder mit Anhänger und selbstfahrende Arbeitsmaschinen mit Anhänger,
b)
Zugmaschinen mit zwei Anhängern sowie
c)
Kraftomnibusse mit Anhänger oder mit Fahrgästen, für die keine Sitzplätze mehr zur Verfügung stehen,
60 km/h,
3.
für Kraftomnibusse ohne Anhänger, die
a)
nach Eintragung in der Zulassungsbescheinigung Teil I für eine Höchstgeschwindigkeit von100 km/hzugelassen sind,
b)
hauptsächlich für die Beförderung von sitzenden Fahrgästen gebaut und die Fahrgastsitze als Reisebestuhlung ausgeführt sind,
c)
auf allen Sitzen sowie auf Rollstuhlplätzen, wenn auf ihnen Rollstuhlfahrer befördert werden, mit Sicherheitsgurten ausgerüstet sind,
d)
mit einem Geschwindigkeitsbegrenzer ausgerüstet sind, der auf eine Höchstgeschwindigkeit von maximal 100 km/h (Vset) eingestellt ist,
e)
den Vorschriften der Richtlinie 2001/85/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. November 2001 über besondere Vorschriften für Fahrzeuge zur Personenbeförderung mit mehr als acht Sitzplätzen außer dem Fahrersitz und zur Änderung der Richtlinien 70/156/EWG und97/27/EG(ABl. L 42 vom 13.2.2002, S. 1) in der jeweils zum Zeitpunkt der Erstzulassung des jeweiligen Kraftomnibusses geltenden Fassung entsprechen und
f)
auf der vorderen Lenkachse nicht mit nachgeschnittenen Reifen ausgerüstet sind, oder
g)
für nicht in Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder in Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zugelassene Kraftomnibusse, wenn jeweils eine behördliche Bestätigung des Zulassungsstaates in deutscher Sprache über die Übereinstimmung mit den vorgenannten Bestimmungen und über jährlich stattgefundene Untersuchungen mindestens im Umfang der Richtlinie 96/96/EG des Rates vom 20. Dezember 1996 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die technische Überwachung der Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuganhänger (ABl. L 46 vom 17.2.1997, S. 1) in der jeweils geltenden Fassung vorgelegt werden kann,
100 km/h.

(6) Wer auf der Autobahn mit Abblendlicht fährt, braucht seine Geschwindigkeit nicht der Reichweite des Abblendlichts anzupassen, wenn

1.
die Schlussleuchten des vorausfahrenden Kraftfahrzeugs klar erkennbar sind und ein ausreichender Abstand von ihm eingehalten wird oder
2.
der Verlauf der Fahrbahn durch Leiteinrichtungen mit Rückstrahlern und, zusammen mit fremdem Licht, Hindernisse rechtzeitig erkennbar sind.

(7) Wenden und Rückwärtsfahren sind verboten.

(8) Halten, auch auf Seitenstreifen, ist verboten.

(9) Zu Fuß Gehende dürfen Autobahnen nicht betreten. Kraftfahrstraßen dürfen sie nur an Kreuzungen, Einmündungen oder sonstigen dafür vorgesehenen Stellen überschreiten; sonst ist jedes Betreten verboten.

(10) Die Ausfahrt von Autobahnen ist nur an Stellen erlaubt, die durch die Ausfahrttafel (Zeichen 332) und durch das Pfeilzeichen (Zeichen 333) oder durch eins dieser Zeichen gekennzeichnet sind. Die Ausfahrt von Kraftfahrstraßen ist nur an Kreuzungen oder Einmündungen erlaubt.

(11) Lastkraftwagen mit einer zulässigen Gesamtmasse über 7,5 t, einschließlich ihrer Anhänger, sowie Zugmaschinen dürfen, wenn die Sichtweite durch erheblichen Schneefall oder Regen auf 50 m oder weniger eingeschränkt ist, sowie bei Schneeglätte oder Glatteis den äußerst linken Fahrstreifen nicht benutzen.

(1) Der Dritte kann seinen Anspruch auf Schadensersatz auch gegen den Versicherer geltend machen,

1.
wenn es sich um eine Haftpflichtversicherung zur Erfüllung einer nach dem Pflichtversicherungsgesetz bestehenden Versicherungspflicht handelt oder
2.
wenn über das Vermögen des Versicherungsnehmers das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist oder ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt worden ist oder
3.
wenn der Aufenthalt des Versicherungsnehmers unbekannt ist.
Der Anspruch besteht im Rahmen der Leistungspflicht des Versicherers aus dem Versicherungsverhältnis und, soweit eine Leistungspflicht nicht besteht, im Rahmen des § 117 Abs. 1 bis 4. Der Versicherer hat den Schadensersatz in Geld zu leisten. Der Versicherer und der ersatzpflichtige Versicherungsnehmer haften als Gesamtschuldner.

(2) Der Anspruch nach Absatz 1 unterliegt der gleichen Verjährung wie der Schadensersatzanspruch gegen den ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer. Die Verjährung beginnt mit dem Zeitpunkt, zu dem die Verjährung des Schadensersatzanspruchs gegen den ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer beginnt; sie endet jedoch spätestens nach zehn Jahren von dem Eintritt des Schadens an. Ist der Anspruch des Dritten bei dem Versicherer angemeldet worden, ist die Verjährung bis zu dem Zeitpunkt gehemmt, zu dem die Entscheidung des Versicherers dem Anspruchsteller in Textform zugeht. Die Hemmung, die Ablaufhemmung und der Neubeginn der Verjährung des Anspruchs gegen den Versicherer wirken auch gegenüber dem ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer und umgekehrt.

(1) § 3 des Pflichtversicherungsgesetzes und die §§ 115, 116, 117 Absatz 1, die §§ 119, 120 und 124 Absatz 1 und 2 des Versicherungsvertragsgesetzes finden Anwendung.

(2) Ein Umstand, der das Nichtbestehen oder die Beendigung des Versicherungsverhältnisses zur Folge hat, kann dem Anspruch des Dritten nach § 115 Absatz 1 Satz 1 des Versicherungsvertragsgesetzes nur entgegengehalten werden, wenn er aus der Versicherungsbescheinigung ersichtlich oder wenn die Versicherungsbescheinigung dem Versicherer zurückgegeben worden ist. Weiterhin muß, wenn das Versicherungsverhältnis durch Zeitablauf beendet oder die Versicherungsbescheinigung dem Versicherer zurückgegeben worden ist, zwischen dem in der Versicherungsbescheinigung angegebenen Zeitpunkt der Beendigung des Versicherungsverhältnisses oder dem Zeitpunkt der Rückgabe der Versicherungsbescheinigung und dem Schadensereignis eine Frist von fünf Monaten, im Falle einer Gesamtlaufzeit des Versicherungsverhältnisses von weniger als zehn Tagen eine Frist von fünf Wochen verstrichen sein.

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZR317/13
vom
19. November 2014
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende
Richterin Mayen, die Richter Wendt, Felsch, Lehmann und die Richterin
Dr. Brockmöller
am 19. November 2014

beschlossen:
Auf die Beschwerde des Klägers wird die Revision gegen den Beschluss des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 29. Juli 2013 zugelassen.
Der vorbezeichnete Beschluss wird gemäß § 544 Abs. 7 ZPO aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Streitwert: 20.950 €

Gründe:


1
I. Der Kläger begehrt vom Beklagten, seinem Vater, die Rückzahlung eines ihm am 2. Juni 2005 überwiesenen Betrages von 20.950 € nebst Zinsen sowie den Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten. Die Parteien streiten darüber, ob der Geldbetrag, der aus der Auszahlung des Rückkaufswerts einer Lebensversicherung stammte, welche der Beklagte für den Kläger unterhalten hatte, dem Beklagten als Darlehen gegeben war oder ob es sich um eine Schenkung handelte.
2
II. Das Landgericht hat die Klage nach Vernehmung mehrerer Zeugen abgewiesen, weil es den Beweis einer Darlehensabsprache als nicht erbracht ansah. Die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers ist erfolglos geblieben.
3
Zur Begründung hat das Berufungsgericht ausgeführt, Fehler in der Beweiswürdigung des Landgerichts, das sich unter umfassender, widerspruchsfreier und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßender Würdigung der Zeugenaussagen und sonstigen Umstände keine hinreichende Überzeugung von einer darlehensweisen Überlassung des Geldbetrages habe bilden können, seien nicht zu erkennen. Die Umstände drängten eine Hingabe als Darlehen nicht auf, die Beweiswürdigung durch das Landgericht sei möglich und überzeugend.
4
III. Die gegen die Nichtzulassung der Revision gerichtete Beschwerde des Klägers ist begründet und führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.
5
1. Zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings entgegen der Auffassung der Beschwerde davon ausgegangen, dass den Kläger die Beweislast für eine Hingabe des Geldbetrages als Darlehen trifft. Wer die Rückzahlung eines Darlehens begehrt, muss nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs außer der Auszahlung der Valuta auch die Einigung der Parteien über die Hingabe als Darlehen beweisen und einen vom Beklagten behaupteten anderen Rechtsgrund ausschließen (Senatsbeschluss vom 26. September 2007 - IV ZR 145/07, juris Rn. 4 m.w.N.).

6
Anders als die Beschwerde meint, ergibt sich Gegenteiliges nicht aus dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 14. November 2006 (X ZR 34/05, BGHZ 169, 377). In jenem Fall ging es nicht um einen Darlehens-, sondern um einen Bereicherungsanspruch. Nur für die dort gegebene besondere Situation (Abhebungen vom Konto des Gläubigers durch den Zahlungsempfänger) ist dem Schuldner die Beweislast für das behauptete Schenkungsversprechen und damit das Bestehen des geltend gemachten Rechtsgrundes auferlegt worden. Dass dieses auch dann gilt, wenn der Anspruchsteller geltend macht, er habe ein Darlehen gewährt, lässt sich diesem Urteil nicht entnehmen.
7
2. Zu Recht rügt die Beschwerde aber, dass die angefochtene Entscheidung den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt (Art. 103 Abs. 1 GG), da die vom Kläger - bereits erstinstanzlich - für eine Darlehensabrede benannten Zeugen Sascha P. und Lydia F. nicht vernommen worden sind.
8
Insoweit hat das Berufungsgericht die Anforderungen an die Darlegungslast des Klägers überspannt. Eine Partei genügt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ihren Substantiierungspflichten, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als bestehend erscheinen zu lassen. Genügt das Parteivorbringen diesen Anforderungen an die Substantiierung , kann der Vortrag weiterer Einzeltatsachen nicht verlangt werden (Senatsurteil vom 18. April 2012 - IV ZR 147/10, VersR 2012, 1110 Rn. 17; Senatsbeschluss vom 21. September 2011 - IV ZR 95/10, VersR 2011, 1432 Rn. 8; jeweils m.w.N.). Der Pflicht zur Substantiierung ist nur dann nicht genügt, wenn das Gericht aufgrund der Darstellung nicht beurteilen kann, ob die gesetzlichen Voraussetzungen der an eine Behauptung geknüpften Rechtsfolgen erfüllt sind. Dagegen ist es Sache des Tatrichters, bei der Beweisaufnahme die Zeugen oder die zu vernehmende Partei nach allen Einzelheiten zu fragen, die ihm für die Beurteilung der Zuverlässigkeit der Bekundungen erforderlich erscheinen (BGH, Urteile vom 25. Juli 2005 - II ZR 199/03, BGH-Report 2005, 1589 unter II 2 b und vom 13. Juli 1998 - II ZR 131/97, VersR 1999, 1120 unter I; Beschluss vom 1. Juni 2005 - XII ZR 275/02, NJW 2005, 2710 unter II 2 a). Die Vernehmung der Zeugen - die schon im landgerichtlichen Verfahren ebenso zu der behaupteten Darlehensabrede benannt waren wie die vom Landgericht vernommenen Zeugen - durfte deshalb nicht davon abhängig gemacht werden, dass der Kläger weitere Anhaltspunkte zu ihrer Anwesenheit bei Unterredungen der Parteien im Zusammenhang mit der Geldübergabe vorträgt.
9
3. Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass die Prüfungskompetenz des Berufungsgerichts nicht auf die des Revisionsgerichts beschränkt ist. Das Berufungsgericht hat nicht nur zu überprüfen , ob der Tatrichter in erster Instanz den Prozessstoff und die Beweisergebnisse umfassend und widerspruchsfrei geprüft hat und seine Würdigung vollständig und rechtlich möglich ist, ohne gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze zu verstoßen, wie das Berufungsgericht insbesondere in seinem Hinweisbeschluss auf Seite 3 ausgeführt hat. Es hat vielmehr den Prozessstoff auf der Grundlage der nach § 529 ZPO berücksichtigungsfähigen Tatsachen auch dahin zu überprüfen, ob die Beweiswürdigung des erstinstanzlichen Gerichts bei Berücksichtigung aller Gesichtspunkte sachlich überzeugend ist (BGH, Urteil vom 12. April 2011 - VI ZR 300/09, VersR 2011, 769 Rn. 22 m.w.N.); die Berufung kann mit- hin - anders als eine Revision - auch auf eine von der ersten Instanz abweichende Würdigung von Zeugenaussagen gestützt werden.
10
Die Aufhebung und Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht zugleich Gelegenheit, die Beweiswürdigung des Landgerichts zu dem angeblich unüberbrückbaren Widerspruch zwischen den Erklärungen des Klägers und den Aussagen der beiden Zeuginnen P. zum Zeitpunkt der behaupteten Vereinbarung noch einmal unter Berücksichtigung der hiergegen in der Nichtzulassungsbeschwerde erhobenen Einwände zu prüfen.
Mayen Wendt Felsch
Lehmann Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
LG Koblenz, Entscheidung vom 14.02.2013- 1 O 314/12 -
OLG Koblenz, Entscheidung vom 29.07.2013- 3 U 252/13 -

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.