Oberlandesgericht Bamberg Urteil, 29. Feb. 2016 - 4 U 78/14
Gericht
Principles
Tenor
I.
Auf die Berufung der Klägerseite wird das Endurteil des Landgerichts Würzburg
II.
Entsprechend seinem Teilanerkenntnis wird der Beklagte verurteilt, an die Klägerinnen als Gesamtgläubigerinnen weitere 5.500,- Euro auf die geltend gemachten Zinsnutzungen zu zahlen.
III.
Im Übrigen bleibt die Klage hinsichtlich der Zinsnutzungen abgewiesen und wird die weitergehende Berufung zurückgewiesen.
IV.
Von den Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz tragen die Klägerinnen zu gleichen Teilen insgesamt 51% und der Beklagte 49%. Von den Kosten des Berufungsrechtszuges entfallen auf die Klägerinnen zu gleichen Teilen insgesamt 92% und auf den Beklagten 8%.
Die seit dem Beschluss des BGH vom 10.6.2015 angefallenen Kosten des Revisionsverfahrens tragen die Klägerinnen - wiederum zu gleichen Teilen - zu 78% und der Beklagte zu 22%.
V.
Das Urteil vorläufig vollstreckbar.
VI.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
a) Auf die Senatshinweise im Beschluss vom 24.11.2015 hat der Beklagte zur Entwicklung und zu den Rahmenbedingungen der Haushaltssituation im beurteilungserheblichen Zeitraum ergänzend vorgetragen. Danach sind im August 1988 bzw. im Juli 1989 zwei Darlehen der Landesbank mit einer Gesamtablösungssumme von rund 113 Millionen DM und einer jeweiligen Restlaufzeit von wenigen Monaten vorzeitig getilgt worden (Schriftsatz vom 19.01.2016, dort S. 2 ff. = Bl. 189 ff.). Dieses Vorbringen ist unbestritten geblieben. Außerdem hat der Beklagte nähere Einzelheiten zum Liquiditätsmanagement bei der täglichen „Gelddisposition“ im Bereich der Termingeldanlage mitgeteilt sowie Zeugenbeweis für sein Vorbringen zu den im Rahmen der Tagesgeldanlagen erzielten Zinssätzen angeboten (a. a. O. und Schriftsatz vom 19.02.2016, dort S. 2 = Bl. 207).
b) Auf der Grundlage dieses ergänzenden Sachvortrags der Beklagtenseite, mit der sie ihrer sekundären Darlegungslast auch nach den Vorgaben im RU nachgekommen ist, und des danach erreichten Sachstands ist in jedem Fall die Möglichkeit ausgeräumt, dass der verklagte Fiskus in nichtverjährter Zeit noch Nutzungen aus ersparten Kreditzinsen gezogen haben könnte. Im Hinblick auf die Größenordnung der beiden wenige Jahre nach dem Anfall der Erbschaft getilgten Kredite der Landesbank ist bereits auszuschließen, dass die Einnahme aus dem gegenständlichen Nachlass noch nach der vorzeitigen Tilgung des ersten Kredits (mit einer Valutierungssumme von rund 65 Millionen DM) zu einer fassbaren Verminderung der Kreditzinsen des Fiskus über die Restlaufzeit des abgelösten Darlehens bis Mitte November 1988 (Bl. 192) hinaus beigetragen haben könnte. Die diesbezüglichen Ausführungen der Klägerseite übergehen wiederum, dass der ausgleichspflichtige Nutzungsertrag auf diejenigen Kreditzinsen begrenzt ist, die innerhalb der Restlaufzeit von nur noch wenigen Monaten angefallen wären (vgl. oben 2b).
Darüber hinaus ist die innerhalb eines Jahres erfolgte Ablösung von zwei Krediten dieser Größenordnung ohne weiteres geeignet, das Vorbringen des Beklagten zu bestätigen, dass ihm eine Tilgung dieser beiden (oder anderer) Kredite ohne eine zusätzliche Kreditaufnahme auch dann möglich gewesen wäre, wenn die Mittel aus der vorliegenden Erbschaft nicht zur Verfügung gestanden hätten (S. 2 des Schriftsatzes vom 05.09.2014 = Bl. 135). Die Darstellung der Beklagtenseite fügt sich zudem in die senatsbekannten (§ 291 ZPO) Gegebenheiten der Haushaltslage des beklagten Freistaats ein, die sich schon in den ersten Etatjahren nach dem Anfall der Erbschaft von der Situation eines (massiv) überschuldeten Landes, wie sie etwa den erwähnten Entscheidungen des LG Potsdam und des LG Münster sowie dem in BGH WM 2012, 1208 beurteilten Sachverhalt zugrunde liegt, deutlich unterschieden und gerade in dem hier beurteilungserheblichen Zeitraum ab 2003 nochmals nachhaltig verbessert hatten. Es ist deshalb auch nicht mehr von Belang, dass das abschließende Vorbringen der Beklagtenseite im Schriftsatz vom 05.09.2014 vor dem ersten Senatstermin auch weiterhin unbestritten geblieben und schon aus diesem Grund der Beurteilung zugrunde zu legen ist.
Infolgedessen scheidet der Anfall eines erstattungspflichtigen Nutzungsertrages wegen ersparter Kreditzinsen zugleich deshalb aus, weil es bereits an dem erforderlichen ursächlichen Zusammenhang zwischen der Vereinnahmung des Nachlasses und einer zinsersparenden Schuldentilgung fehlt (vgl. hierzu BGHZ 118, 383, dort Rn.13-15; Palandt, 75. Aufl., Rn.41, 45 zu § 818 BGB). Darauf, dass nach dem Gesamtdeckungsprinzip ein etwaiger Nutzungszusammenhang ohnehin nur bis zur Höhe der (jeweiligen) Gesamtfinanzierungsquote im Raum steht, kommt es schon nicht mehr an.
c) Auch das - insoweit unbestritten gebliebene - Vorbringen des Beklagten zum Liquiditätsmanagement im Bereich der Sichteinlagen bietet keinen Anknüpfungspunkt für die Annahme, dass ein (alternativer) Nutzungszusammenhang mit solchen Anlagezinsen bestehen könnte, die in dem - nach der Einordnung im RU - nichtverjährten Zeitraum seit Mitte März 2003 angefallen waren. Das folgt wiederum aus den Vorgaben des Gesamtdeckungsprinzips und der Länge des Verjährungszeitraums von wenigstens (fast) 20 Jahren. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass nach der unbestrittenen Darstellung des Beklagten aus der Anlage von verzinslichen Termingeldern entsprechend der Vorgabe des Art. 43 II BayHO keine nachhaltigen Rücklagen gebildet werden können und dürfen, sondern dadurch jeweils nur kurzfristig disponible, nämlich in Abhängigkeit von der Entwicklung der unverzinslichen Sichteinlagen und der Situation des jeweiligen Jahresetats stehende Liquiditätsmittel erwirtschaftet werden.
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Ist zur Zeit des Erbfalls kein Verwandter, Ehegatte oder Lebenspartner des Erblassers vorhanden, erbt das Land, in dem der Erblasser zur Zeit des Erbfalls seinen letzten Wohnsitz oder, wenn ein solcher nicht feststellbar ist, seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Im Übrigen erbt der Bund.
(1) In 30 Jahren verjähren, soweit nicht ein anderes bestimmt ist,
- 1.
Schadensersatzansprüche, die auf der vorsätzlichen Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung beruhen, - 2.
Herausgabeansprüche aus Eigentum, anderen dinglichen Rechten, den §§ 2018, 2130 und 2362 sowie die Ansprüche, die der Geltendmachung der Herausgabeansprüche dienen, - 3.
rechtskräftig festgestellte Ansprüche, - 4.
Ansprüche aus vollstreckbaren Vergleichen oder vollstreckbaren Urkunden, - 5.
Ansprüche, die durch die im Insolvenzverfahren erfolgte Feststellung vollstreckbar geworden sind, und - 6.
Ansprüche auf Erstattung der Kosten der Zwangsvollstreckung.
(2) Soweit Ansprüche nach Absatz 1 Nr. 3 bis 5 künftig fällig werdende regelmäßig wiederkehrende Leistungen zum Inhalt haben, tritt an die Stelle der Verjährungsfrist von 30 Jahren die regelmäßige Verjährungsfrist.
Die Verjährung von Ansprüchen der in § 197 Abs. 1 Nr. 3 bis 6 bezeichneten Art beginnt mit der Rechtskraft der Entscheidung, der Errichtung des vollstreckbaren Titels oder der Feststellung im Insolvenzverfahren, nicht jedoch vor der Entstehung des Anspruchs. § 199 Abs. 5 findet entsprechende Anwendung.
(1) In 30 Jahren verjähren, soweit nicht ein anderes bestimmt ist,
- 1.
Schadensersatzansprüche, die auf der vorsätzlichen Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung beruhen, - 2.
Herausgabeansprüche aus Eigentum, anderen dinglichen Rechten, den §§ 2018, 2130 und 2362 sowie die Ansprüche, die der Geltendmachung der Herausgabeansprüche dienen, - 3.
rechtskräftig festgestellte Ansprüche, - 4.
Ansprüche aus vollstreckbaren Vergleichen oder vollstreckbaren Urkunden, - 5.
Ansprüche, die durch die im Insolvenzverfahren erfolgte Feststellung vollstreckbar geworden sind, und - 6.
Ansprüche auf Erstattung der Kosten der Zwangsvollstreckung.
(2) Soweit Ansprüche nach Absatz 1 Nr. 3 bis 5 künftig fällig werdende regelmäßig wiederkehrende Leistungen zum Inhalt haben, tritt an die Stelle der Verjährungsfrist von 30 Jahren die regelmäßige Verjährungsfrist.
Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.
(1) In 30 Jahren verjähren, soweit nicht ein anderes bestimmt ist,
- 1.
Schadensersatzansprüche, die auf der vorsätzlichen Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung beruhen, - 2.
Herausgabeansprüche aus Eigentum, anderen dinglichen Rechten, den §§ 2018, 2130 und 2362 sowie die Ansprüche, die der Geltendmachung der Herausgabeansprüche dienen, - 3.
rechtskräftig festgestellte Ansprüche, - 4.
Ansprüche aus vollstreckbaren Vergleichen oder vollstreckbaren Urkunden, - 5.
Ansprüche, die durch die im Insolvenzverfahren erfolgte Feststellung vollstreckbar geworden sind, und - 6.
Ansprüche auf Erstattung der Kosten der Zwangsvollstreckung.
(2) Soweit Ansprüche nach Absatz 1 Nr. 3 bis 5 künftig fällig werdende regelmäßig wiederkehrende Leistungen zum Inhalt haben, tritt an die Stelle der Verjährungsfrist von 30 Jahren die regelmäßige Verjährungsfrist.
Die Verjährung von Ansprüchen der in § 197 Abs. 1 Nr. 3 bis 6 bezeichneten Art beginnt mit der Rechtskraft der Entscheidung, der Errichtung des vollstreckbaren Titels oder der Feststellung im Insolvenzverfahren, nicht jedoch vor der Entstehung des Anspruchs. § 199 Abs. 5 findet entsprechende Anwendung.
Der Erbschaftsbesitzer hat dem Erben die gezogenen Nutzungen herauszugeben; die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auch auf Früchte, an denen er das Eigentum erworben hat.
Soweit der Erbschaftsbesitzer zur Herausgabe außerstande ist, bestimmt sich seine Verpflichtung nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung.
(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt.
(2) Ist die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich oder ist der Empfänger aus einem anderen Grunde zur Herausgabe außerstande, so hat er den Wert zu ersetzen.
(3) Die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatz des Wertes ist ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist.
(4) Von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an haftet der Empfänger nach den allgemeinen Vorschriften.
Der Erbe kann von jedem, der auf Grund eines ihm in Wirklichkeit nicht zustehenden Erbrechts etwas aus der Erbschaft erlangt hat (Erbschaftsbesitzer), die Herausgabe des Erlangten verlangen.
Der Erbschaftsbesitzer hat dem Erben die gezogenen Nutzungen herauszugeben; die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auch auf Früchte, an denen er das Eigentum erworben hat.
Soweit der Erbschaftsbesitzer zur Herausgabe außerstande ist, bestimmt sich seine Verpflichtung nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung.
Der Erbschaftsbesitzer hat dem Erben die gezogenen Nutzungen herauszugeben; die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auch auf Früchte, an denen er das Eigentum erworben hat.
Nutzungen sind die Früchte einer Sache oder eines Rechts sowie die Vorteile, welche der Gebrauch der Sache oder des Rechts gewährt.
Soweit der Erbschaftsbesitzer zur Herausgabe außerstande ist, bestimmt sich seine Verpflichtung nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung.
Der Erbschaftsbesitzer hat dem Erben die gezogenen Nutzungen herauszugeben; die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auch auf Früchte, an denen er das Eigentum erworben hat.
Soweit der Erbschaftsbesitzer zur Herausgabe außerstande ist, bestimmt sich seine Verpflichtung nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung.
Tatsachen, die bei dem Gericht offenkundig sind, bedürfen keines Beweises.
(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.
(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.