Oberlandesgericht Bamberg Endurteil, 04. Aug. 2015 - 5 U 272/14

bei uns veröffentlicht am04.08.2015

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Endurteil des Landgerichts Bayreuth vom 26.11.2014, Az.: 31 O 256/12, abgeändert und wie folgt neu gefasst:

II. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 12.739,31 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 8.721,97 € vom 28.03.2012 bis 05.04.2012, aus 11.555,26 € seit 06.04.2012 sowie aus weiteren 1.184,05 € seit 14.04.2012 zu bezahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

III. Die weitergehende Berufung der Klägerin und die weitergehende Anschlussberufung der Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts Bayreuth vom 26.11.2014, Az.: 31 O 256/12, werden zurückgewiesen.

IV. Von den Kosten des Rechtsstreits der ersten Instanz tragen die Klägerin 1/4 und die Beklagten als Gesamtschuldner 3/4.

Von den Kosten des Rechtsstreits des Berufungsverfahrens und des Teilvergleichs tragen die Klägerin 2/3 und die Beklagten als Gesamtschuldner 1/3.

V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

VI. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Gründe

Von der Darstellung des Tatbestands wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 ZPO i. V. m. § 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen, da weder die Revision gegen das Urteil zulässig ist noch gemäß § 544 ZPO dagegen die Nichtzulassungsbeschwerde erhoben werden kann.

Nach dem wirksamen Zustandekommen des Teilvergleichs vor dem Berufungsgericht gemäß § 278 Abs. 6 ZPO ist in der Berufungsinstanz (nur) noch über den Anspruch der Klägerin auf Ersatz weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 1.093,18 € ohne Mehrwertsteuer (in Höhe von 806,82 € hat das Landgericht der Klägerin Schadensersatz für die Anmietung des PKW rechtskräftig zugesprochen) zu entscheiden. Insoweit hat die zulässige Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Landgerichts Bayreuth vom 26.11.2014, Az.: 31 O 256/12, nur zu einem geringen Teil, in Höhe von weiteren 265,41 € Erfolg.

Die zulässige Anschlussberufung der Beklagten gegen die Kostenentscheidung des Urteils des Landgerichts Bayreuth hat ebenfalls nur teilweise Erfolg.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte zu 1) als Fahrerin und die Beklagte zu 2) als Halterin gemäß §§ 7 Abs. 1,18 Abs. 1, Abs. 3, 17 Abs. 1, Abs. 2 StVG sowie gegen die Beklagte zu 3) als Haftpflichtversicherer i. V. m. § 115 Abs. 1 Nr. 1 WG einen Anspruch auf Zahlung von weiteren 265,41 € als Schadensersatz für angefallene Mietwagenkosten.

1. Der Pkw der Klägerin wurde bei dem Betrieb des Kraftfahrzeugs der Beklagten beschädigt. Unstreitig haben die Beklagten den gesamten der Klägerin entstandenen Schaden zu ersetzen.

2. Gemäß § 249 Abs. 1 BGB hat der zum Schadensersatz Verpflichtete den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Ist wegen der Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Geschädigte gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Dementsprechend kann derjenige, der sein Fahrzeug infolge des schädigenden Ereignisses nicht nutzen kann, grundsätzlich Ersatz der für die Anmietung eines gleichwertigen Fahrzeugs entstehenden Kosten beanspruchen (vgl. BGH NJW 12, 2026 m. w. N.; Palandt, BGB, 74. Aufl., § 249 Rn. 31 m. w. N.).

a) Der Klägerin als Geschädigte steht nur der zur Behebung des Schadens erforderliche Aufwand zu. Die Geschädigte hat das in § 249 Abs. 2 S. 1 BGB verankerte Wirtschaftlichkeitsgebot zu beachten. Danach hat sie im Rahmen des ihr Zumutbaren stets den wirtschaftlichsten Weg der Schadensbehebung zu wählen. Für den Bereich der Mietwagenkosten bedeutet dies, dass als Ersatz nur diejenigen Kosten verlangt werden können, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage der Geschädigten zum Ausgleich des Gebrauchsentzugs seines Fahrzeugs für erforderlich halten durfte (vgl. BGH NJW 13, 1539; 12, 2026 jeweils m. w. N.). Bei einem geringen Fahrbedarf kann daher in der Regel kein Anspruch auf Ersatz von Mietwagen- kosten bestehen, da als wirtschaftlich günstigere Möglichkeit zum Ausgleich des erlittenen Schadens (Verlust der Gebrauchsmöglichkeit des beschädigten Fahrzeuges) die Inanspruchnahme von Taxen oder anderen öffentlichen Verkehrsmitteln in Betracht kommt. Die Grenze für das Vorliegen der Erforderlichkeit der Anmietung eines Ersatzfahrzeuges liegt in der Regel bei einem täglichen Fahrbedarf von etwa 20 km (vgl. Palandt a. a. O. § 249 Rn. 35 mit RsprN). Entscheidend sind aber stets die Umstände des Einzelfalls (vgl. BGH NJW 13, 1149). Im vorliegenden Fall hat die Klägerin während der Mietzeit vom 19.03.2012 bis 02.04.2012 insgesamt 463 km mit dem Mietfahrzeug zurückgelegt. Dies ergibt eine durchschnittliche Fahrleistung von ca. 30,86 km am Tag. Die Klägerin konnte daher einen Mietwagen in Anspruch nehmen, da es ihr nicht zumutbar war, die täglichen Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder Taxen zurückzulegen. Dabei ist auch im vorliegenden Fall zu berücksichtigen, dass die Klägerin in T., Landkreis H., wohnhaft war und zu ihrem Haushalt eine minderjährige Tochter gehörte, deren Mobilität auch zu gewährleisten war. Die Erreichbarkeit wichtiger Einrichtungen, insbesonders in der Stadt H., mit Öffentlichen Verkehrsmitteln ist, über den ganzen Tag betrachtet, nicht ausreichend vorhanden. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Klägerin ihre minderjährige Tochter zur Schule oder anderen Einrichtungen verbringen musste. Die Erforderlichkeit der Anmietung eines Mietwagens war daher auch unter dem Wirtschaftlichkeitsgebot gegeben.

Für die Anmietung des Pkw Opel Astra, einem Pkw der Gruppe 4, kann die Klägerin für den Zeitraum Montag 19.03.2012 bis Montag, 02.04.2012 insgesamt 1.072,23 € als Schadensersatz verlangen.

Den Ersatz eines sog. Unfallersatztarifes, der deutlich höher ist als der sog. „Normaltarif, den Kunden zahlen, wenn sie kein Ersatzfahrzeug als Folge der unfallbedingten Beschädigung ihres Fahrzeuges anmieten, kann die Klägerin nicht verlangen.

Die Geschädigte kann Ersatz der Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf. Nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot kann der Geschädigte für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeugs von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt - nicht nur für Unfallgeschädigte - erhältlichen Tarifen grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis verlangen (vgl. BGH NJW 13, 1539; 13,1870; 12, 2026 jeweils m. w. N.). Die höheren Sätze von Kfz.-Vermietern aus einseitig von ihnen festgesetzten Unfallersatztarifen sind nur zu ersetzen, soweit spezifische, im Normaltarif nicht berücksichtigte Leistungen bei der Vermietung einen Zuschlag rechtfertigen (vgl. BGH NJW 13, 1870; 07, 3782; 07, 1122). Die notwendigen Mehraufwendungen kann das Gericht - gegebenenfalls nach Beratung durch einen Sachverständigen - gemäß § 287 ZPO schätzen (vgl. BGH NJW-RR 10, 679; BGH VersR 10, 683; BGH NJW 13, 1870). Die über den wirtschaftlich angemessenen Preis hinausgehenden Mietwagenkosten kann der Geschädigte aus dem Blickwinkel der subjektbezogenen Schadensbetrachtung dann ersetzt verfangen, wenn er darlegt und erforderlichenfalls beweist, dass ihm unter Berücksichtigung seiner individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie der gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten und der ihm zumutbaren Anstrengung auf dem in seiner Lage zeitlich und örtlich relevanten Markt kein wesentlich günstigerer (Normal-)Tarif zugänglich war (vgl. BGH NJW 13, 1539; 09, 58, jeweils m. w. N.).

Unter Berücksichtigung dieser Rechtsgrundsätze kann die Klägerin keinen Unfallersatztarif als Schadensersatz ersetzt verlangen, da sie nicht vorgetragen und nachgewiesen hat, dass ihr kein günstigerer Tarif zugänglich war. Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass sie, bevor sie zwei Tage nach dem Unfall das Ersatzfahrzeug angemietet hat, zuvor auf dem örtlichen Markt versucht hat, ein Mietfahrzeug zu einem günstigeren Tarif, dem sog. „Normaltarif, zu erhalten und weshalb dies gescheitert ist. Sie kann daher nur den ortsüblichen Mietpreis verlangen, der im regionalen Markt von Selbstzahlern zu bezahlen war.

Bei der Bemessung der Höhe des Schadensersatzanspruches ist § 287 ZPO anzuwenden. Die Art der heranziehbaren Schätzgrundlage gibt § 287 ZPO nicht vor. Die Schadenshöhe darf lediglich nicht auf der Grundlage falscher oder offenbar unsachlicher Erwägungen festgesetzt werden und es dürfen wesentliche, die Entscheidung bedingende Tatsachen nicht außer Betracht bleiben. Das Gericht darf auch in für die Streitentscheidung zentralen Fragen auf nach Sachlage unerlässliche fachliche Erkenntnisse nicht verzichten. Gleichwohl können in geeigneten Fällen Listen oder Tabellen bei der Schadensschätzung verwendet werden. Nach diesen Grundsätzen ist das Gericht weder gehindert, seiner Schadensschätzung die Schwacke-Liste noch den Fraunhofer-Mietspiegel zugrunde zu legen. Der Umstand, dass die vorhandenen Markterhebungen im Einzelfall zu deutlich voneinander abweichenden Ergebnissen führen können, genügt nicht, um Zweifel an der Eignung der einen oder der anderen Erhebung als Schätzgrundlage zu begründen. Die Listen dienen nur als Grundlage für die Schätzung nach § 287 ZPO. Es kann dabei im Rahmen des Ermessens unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles von diesen - etwa durch Abschläge oder Zuschläge auf den sich aus ihnen ergebenden Normaltarif - abgewichen werden (vgl. BGH NJW 13, 1539 m. w. N.). Bedenken gegen die Schwacke-Liste oder anderen Listen sind nur zu berücksichtigen, wenn konkret aufgezeigt wird, dass sich ihre Mängel auf den zu entscheidenden Fall auswirken (vgl. BGH NJW 13, 1539; 11, 1947; BGH NJW-RR 11, 1109; 11, 823 jeweils m. w. N.). Es kann auch ein Mittelwert aus den verschiedenen Werten der Schwacke-Liste und Fraunhofer-Liste gebildet werden {vgl. BGH NJW-RR 11, 823; 10, 1251; OLG Köln NZV 14, 314 jeweils m. w. N.).

Der Senat bemisst im vorliegenden Fall die Höhe des Schadensersatzanspruchs gemäß § 287 ZPO dadurch, dass er aus den in den jeweiligen Tabellen der Schwacke-Liste und der Fraunhofer-Liste enthaltenen Mietpreisangaben das arithmetische Mittel für jede Liste bildet und aus den sich so ergebenden beiden Werten nochmal das arithmetische Mittel ermittelt. Dabei werden im Streitfall die Schwacke-Liste 2012 und die Fraunhofer-Liste 2012 herangezogen und die Werte nach dem für den Wohnort der Geschädigten geltenden Postleitzahlenbereich ermittelt, wobei die Werte aus der anzuwendenden Fahrzeugklass 4 zur Anwendung kommen. Danach ergibt sich nach der Fraunhofer-Liste für das Jahr 2012 ein Betrag von 276,69 € je Woche als arithmetisches Mittel. Für zwei Wochen, in denen die Klägerin das Fahrzeug angemietet hat, ergibt sich daher ein Betrag von 553,38 €. Nach der Schwacke-Liste 2012 beträgt das arithmetische Mittel der Wochenmiete 644,26 €. Für zwei Wochen ergibt dies einen Betrag von 1.288,52 €. Aus den beiden Beträgen von 553,38 € und 1.288,52 € ist das arithmetische Mittel zu bilden. Dieser Betrag von 920,95 € steht der Klägerin als Schadensersatz für die Miete des Ersatzfahrzeuges zu.

Hinzu kommen im konkreten Fall die Kosten, die für den Abschluss einer Haftungsbefreiung für das Mietfahrzeug angefallen sind. Die Klägerin kann daher für 15 Tage jeweils 21 €, insgesamt 315,- €, ersetzt verlangen.

Auch die Kosten für die Abholung und Zustellung des Fahrzeuges in Höhe von je 20,- € sind zu ersetzen.

Dies ergibt insgesamt einen Betrag in Höhe von 1.275,95 €. In diesem Betrag ist die Mehrwertsteuer enthalten. Da die Klägerin nur den Betrag ohne Mehrwertsteuer ersetzt verlangt, ist aus dem Betrag von 1.275,95 € die darin enthaltene Mehrwertsteuer in Höhe von 203,72 € abzuziehen. Dies ergibt einen zu ersetzenden Betrag für die Anmietung des Fahrzeugs in Höhe von 1.072,23 €. Hiervon wurden der Klägerin vom Landgericht bereits 806,82 € rechtskräftig zugesprochen, so dass sie weitere 265,41 € als Schadensersatz ersetzt verlangen kann. Der darüber hinausgehende Anspruch ist unbegründet und abzuweisen.

Die Berufung der Klägerin hat daher teilweise Erfolg und ist im Übrigen zurückzuweisen.

II. Die Zinsentscheidung beruht auf §§ 286, 288, 280 BGB.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 98 ZPO.

Die zulässige Anschlussberufung der Beklagten gegen die Kostenentscheidung des Landgerichts (vgl. Zöller, ZPO, 30A,§ 524 Rnr. 35 mit RsprN) hat nur teilweise Erfolg und ist im Übrigen zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Der Senat folgt der Rechtsprechung des BGH und der anderen Oberlandesgerichte und setzt sich nicht mit dieser in Widerspruch.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Bamberg Endurteil, 04. Aug. 2015 - 5 U 272/14

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht Bamberg Endurteil, 04. Aug. 2015 - 5 U 272/14

Referenzen - Gesetze

Oberlandesgericht Bamberg Endurteil, 04. Aug. 2015 - 5 U 272/14 zitiert 16 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 280 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung


(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Schadensersatz weg

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 288 Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden


#BJNR001950896BJNE028103377 (1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. (2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, betr

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 286 Verzug des Schuldners


#BJNR001950896BJNE027902377 (1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Z

Zivilprozessordnung - ZPO | § 287 Schadensermittlung; Höhe der Forderung


(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit e

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 249 Art und Umfang des Schadensersatzes


(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. (2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadenser

Zivilprozessordnung - ZPO | § 544 Nichtzulassungsbeschwerde


(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde). (2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn1.der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Eur

Straßenverkehrsgesetz - StVG | § 7 Haftung des Halters, Schwarzfahrt


(1) Wird bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. (2) D

Zivilprozessordnung - ZPO | § 278 Gütliche Streitbeilegung, Güteverhandlung, Vergleich


(1) Das Gericht soll in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits oder einzelner Streitpunkte bedacht sein. (2) Der mündlichen Verhandlung geht zum Zwecke der gütlichen Beilegung des Rechtsstreits eine Güteverhandlun

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Oberlandesgericht Bamberg Endurteil, 04. Aug. 2015 - 5 U 272/14 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

Oberlandesgericht Bamberg Endurteil, 04. Aug. 2015 - 5 U 272/14 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Landgericht Bayreuth Endurteil, 26. Nov. 2014 - 31 O 256/12

bei uns veröffentlicht am 26.11.2014

Tenor I. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 12.473,90 € (i. W.: zwölftausendvierhundertdreiundsiebzig 90/100 Euro) nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 8.721,

Referenzen

Tenor

I. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 12.473,90 € (i. W.: zwölftausendvierhundertdreiundsiebzig 90/100 Euro) nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 8.721,97 € vom 28.03.2012 bis 05.04.2012 und aus 11.289,85 € ab 06.04.2012 zu bezahlen. Der Betrag von 1.184,05 € ist ab 14.04.2012 mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinsatz zu verzinsen.

II. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits tragen

- die Klägerin zu 1/10 - die Beklagten zu 9/10.

IV. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Folgen eine Verkehrsunfalls.

Am 16.03.2012, 14:55 Uhr, befuhr die Klägerin mit ihrem PKW Renault Megan, 1,6 ltr, 83 kw, EZ Juni 2005 li(em) Dynamiqe Cabriolet, amtliches Kennzeichen …, die BAB A 73 aus Richtung Bayreuth kommend in Richtung Bamberg. Am sogenannnten „T. Berg“ fuhr sie mit einer Geschwindigkeit von ca. 112 km/h auf der linken Fahrspur. Auf der rechten Fahrspur fuhr mit erheblich geringerer Geschwindigkeit die Beklagte zu 1 mit dem PKW Suzuki, … Halterin dieses Fahrzeugs ist die Beklagte zu 2, die Beklagte zu 3 ist die Haftpflichtversicherin. Als sich die Klägerin dem Fahrzeug der Beklagten näherte, wechselte die Beklagte zu 1 von der rechten auf die linke Fahrspur, um den vor ihr fahrenden LKW mit Anhänger … und … zu überholen. Da die Klägerin ihr Fahrzeug nicht rechtzeigtig bremsen konnte, kolliedierte sie mit ihrer rechten Frontseite mit dem linken Heck des Beklagtenfahrzeuges. Dieses stieß anschließend auf den auf der rechten Fahrspur fahrenden LKW.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Beklagte in vollem Umfang den ihr entstandenen Schaden zu ersetzen hat. Denn die Beklagte zu 1 habe ihre Sorgfaltspflicht als Fahrerin eklatant verletzt, als sie plötzlich, ohne zu blinken und ohne sich nach hinten zu vergewissern, auf der Autobahn von der rechten auf die linke Fahrspur wechselte.

Mit Schreiben vom 30. März 2012 forderte die Klägerin die Beklagten zu Zahlung von 8.721,97 € bis 27. März 2012 (K17), mit Schreiben vom 3. April 2012 zur Zahlung von 13.131,28 € (K18) auf. Da die Beklagten dem nicht nachkamen, verlangt die Klägerin den ihr entstandenen materiellen und immateriellen Schaden gemäß Aufstellung in den Schriftsätzen vom 11. Juli 1202 (Bl. 131 d.A.) und 10. April 2012 (Bl. 12 bis 16 d. A.). Sie stellt folgenden Antrag (Bl. 349, 350 d. A.):

1. Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin 13.800,16 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinsatz aus 8.721,97 € seit 28.03.2012 sowie weiteren 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz aus 1.914,17 € seit 06.04.2012 sowie weiteren 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz aus 19,60 € seit Rechtshängigkeit der Klage vom 10.04.2012 sowie weiteren 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz aus 679,55 € seit Rechtshängigkeit der Klageerweiterung vom 24.04.2012 sowie weiteren 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz aus 2.144,87 € seit Rechtshängigkeit der Klageerweiterung vom 11.07.2012 zu bezahlen.

2. Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld nach Ermessen des Gerichts, mindestens jedoch in Höhe von 2.500,00 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz aus 1.500 € seit 06.04.2012 und weitere 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz aus 1000 € seit Rechtshängigkeit der Klageerweiterung vom 24.6.14 zu bezahlen.

3. Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin als Entschädigung für den im Zeitraum vom 16.03.2012 bis 17.04.2012 eingetretenen Haushaltsführungsschaden einen Betrag in Höhe von 1.345,29 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz aus 945,14 € seit 06.04.2012 sowie weiteren 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz aus 110,57 € seit Rechtshängigkeit der Klage vom 10.04.2012 sowie weiteren 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz aus 239,58 € seit Rechtshängigkeit der Klageerweiterung vom 24.04.2012 zu bezahlen.

4. Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin Fahrkosten für Arztbesuche in Höhe von 420,00 € nebst 5 Prozenktpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit der Klage vom 10.04.2012 zu bezahlen.

5. Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 1.096,04 € nbest 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit der Klage vom 10.04.2012 zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt die Klageabweisung.

Sie bestreitet die Aktivlegitimation der Klägerin (Bl. 59 d. A.). Im Übrigen habe die Klägerin die Folgen des Verkehrsunfalles alleine zu tragen, da sie mit überhöhter Geschwindigkeit auf das Fahrzeug der Beklagten zu 2 aufgefahren sei (Bl. 69 d. A.).

Das Gericht hat die Parteien am 25.07.2012 angehört (Bl. 134 ff. d. A.). Aufgrund des Beweisbeschlusses vom gleichen Tag hat der Sachverständige F. am 04.02.2013, 19.03.2013 und 29.05.2013 schriftliche Gutachten erstellt. Im Termin vom 26.03.2014 wurden die Zeugen L. Z., A. Z. und T. S. vernommen (Bl. 269 - 274 d. A.), im Termin vom 22. 10. 2014 die Zeugin S. B.. Auf das Ergebnis der Beweisaufnahme, die bis zum 22. 10. 2014 eingegangenen Schriftsätze der Parteien, insbesondere soweit auf sie Bezug genommen wurde, wird ergänzend Bezug genommen.

Gründe

1. Die Klägerin ist aktivlegitimiert, denn sie ist Eigentümerin des PKW Renault Megan, amliches Kennzeichen …

2. Die Beklagten haften als Fahrerin, Halterin und Versicherin des PKW Suzuki, …, gemäß den §§ 7 Abs. 1, 17 Abs. 1, Abs. 2, 18 StVG, 115 VVG, 5 Abs. 4, 7 Abs. 5 StVO der Klägerin in vollem Umfang.

a) Aufgrund des Gutachtens des Sachverständigen F. geht das Gericht davon aus, dass die Klägerin die BAB A 73 im Bereich der Unfallstelle auf linken Fahrspur mit einer Geschwindigkeit von 112 km/h fuhr, als sie sich dem Beklagtenfahrzeug näherte. Dieses fuhr auf der rechten Fahrspur mit einer Geschwindigkeit von ca. 62 km/h, bevor die Beklagte zu 1 von der von der rechten auf die linke Fahrspur wechselte, um den vor ihr fahrenden LKW-Zug zu überholen. Die Kollision erfolgte, als die Beklagte zu 1 noch hinter dem Anhänger war, also unmittelbar nach dem Fahrspurwechsel und nicht - wie die Beklagte zu 1 vorgetragen hat - auf Höhe des LKW-Anhängers.

b) Die Kammer geht weiter davon aus, dass die Beklagte zu 1 den Spurwechsel nicht durch Blinken angezeigt hat. Diese Frage ist zwischen der Beklagten zu 1 und der Klägerin streitig (Bl. 135 d. A.) Die Zeugen L. und A. Z., die hinter dem Klägerfahrzeug fuhren, konnten zu dieser Frage keine verlässlichen Angaben machen (Bl. 270 - 272 d. A.). Gemäß § 7 Abs. 5 Satz 2 StVO war die Beklagte zu 1 verpflichtet, den Fahrstreifenwechsel rechtzeitig anzuzeigen. Da die Kollision unmittelbar nach dem Fahrspurwechsel der Beklagten zu 1 erfolgte, spricht der erste Anschein dafür, dass sie ihre Sorgfaltspflichten verletzt hat, also nicht rechtzeitig geblinkt hat und nicht gewissenhaft eine Gefährdung des rückwärtigen Verkehrs ausgeschlossen hat (Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 42. Auflage, § 7 StVO, Rdnr. 14 m. w. N.). Das Gegenteil, nämlich dass sie rechtzeitig geblinkt hat, hat die Beklagte zu 1 nicht bewiesen.

c) Hieran anknüpfend war der Verkehrsunfall für die Klägerin unvermeidbar. Denn sie konnte erst eine Sekunde vor dem Anstoß, nämlich als die Beklagte damit begann ihr Fahrzeug nach links zu ziehen, erkennen, dass die Beklagte zu 1 den vor ihr fahrenden LKW überholen will. Ausgehend von einer Reaktionszeit von 0,8 Sekunden und einer Bremsanschwellzeit von 0,2 Sekunden, erfolgte der Anstoß ungebremst, d. h. die Annäherungsgeschwindigkeit entspricht der Kollisionsgeschwindigkeit. Dies ergibt sich aus dem Gutachten des Sachverständigen F. (insbesondere Gutachten vom 04.02.2013, Seite 16), dem das Gericht folgt.

d) Soweit die Zeugen L. und A. Z. den Unfallhergang anders schilderten, indem sie angaben, die Klägerin habe auf den ausscherenden PKW nicht reagiert, obwohl sei hierzu die Möglichkeit gehabt hätte, folgt das Gericht diesen Angaben nicht. Denn diese Schilderung stehen im Widerspruch zu den Erkenntnissen des Sachverständigen. Die entscheidende Frage, ob die Beklagte zu 1 vor dem Ausscheren geblinkt hat, konnten die Zeugen nicht verlässlich beantworten. Aufgrund des eindeutigen und nachvollziehbaren Gutachtens des Sachverständigen F. ist die Kammer der Ansicht, dass die Angaben der Zeugen L. und A. Z. auf einer Fehleinschätzung des Unfallgeschehens beruhen. Richtig an deren Aussage ist, dass die Klägerin ihr Fahrzeug vor der Kollision nicht abbremste. Wie der Sachverständige dargelegt hat, war ihr dies wegen des Verhaltens der Beklagten zu 1 nicht möglich.

e) Die Beklagten haben den Schaden der Klägerin in vollem Umfang zu ersetzen. Denn die Beklagte zu 1 hat sowohl gegen § 5 Abs. 4 StVO, als auch gegen § 7 Abs. 5 StVO verstoßen. Sie musste damit rechnen, dass auf der Überholspur der Autobahn andere Verkehrsteilnehmer mit höherer Geschwindigkeit fahren und dass daher ihr Wechsel auf die Überholspur gefährlich ist. Die Bekl. 1) fuhr mit einer Geschwindigkeit von nur 62 km/h. Sie hätte daher rechtzeitig blinken und durch eine sorgfältige Sicherung nach hinten eine Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer ausschließen müssen. Für die Klägerin stellt sich der Unfall als ein unabwendbares Ereignis dar (§ 17 Absatz 3 Satz 1 StVG). Ihr Vorrecht gemäß § 18 Absatz 3 StVO wurde verletzt. Die Klägerin selbst fuhr mit 112 km/h nur mäßiger Geschwindigkeit (Grünberg, Haftungsquoten, 13. Auflage Rz. 147 mwN).

3. Der Klägerin ist ein Schaden gemäß § 249 BGB in Höhe von 12.473,90 € entstanden.

a) Für das Fahrzeug der Klägerin ist unstreitig ein Wiederbeschaffungswert in Höhe von 7.020,73 € festzusetzen. Dies wurde von der Klägerin (unter Berücksichtigung eines Restwertes von 150,00 €) vorgetragen. Die Beklagten haben diesen Vortrag nicht bestritten (Bl. 76 und 70 d. A., K6).

b) Unstreitig sind der Klägerin Gutachterkosten in Höhe von 774,15 € netto entstanden (Bl. 26, 70 d. A.).

c) Die Beklagten haben der Klägerin für die Zeit, in der ihr kein Fahrzeug in Folge des Verkehrsunfalls zur Verfügung stand, einen Nutzungsausfallschaden in Höhe von 806,82 € netto zu bezahlen. Das Fahrzeug der Klägerin hatte nach dem Verkehrsunfall einen Totalschaden. Um ein gleichwertiges Fahrzeug auf dem Gebrauchtwagenmarkt zu besorgen, geht das Gericht von 17 Kalendertagen aus (vgl. Gutachten Sachverständiger B. vom 20.03.2012, Seite 12, K6 und Palandt, BGB 73. Auflage, § 249 Rdnr. 37). Dies ist zwischen den Parteien unstreitig (Bl, 207 und 228 d.A.). Der PKW der Klägerin ist gemäß Einordnung der Schwacke-Liste in die Fahrzeugklasse 06 einzuordnen (Schwacke-Liste I/2012, Seite 388). Gemäß dem „Marktpreisspiegel Mietwagen Deutschland 2013“ des Frauenhofer Instituts sind für das PC-Zahlgebiet 95 für 7 Tage 268,94 €, für 3 Wochen somit 806,82 € netto anzusetzen. Ein weiterer Anspruch auf Erstattung der Mietwagenkosten in Höhe von 1.900,00 € netto (K14, Bl. 9, 10 d. A.) besteht nicht. Die Klägerin hat nicht vorgetragen, dass sie von den Beklagten Vorschüsse verlangt hat, um den Erwerb eines Neufahrzeuges finanzieren zu können. Im Schreiben vom 28. März 2012 (K28) hat sie vielmehr auf die zur Finanzierung eines Ersatzfahrzeuges anfallenden Zinsen hingewiesen.

d) Der Klägerin sind weiter die entstandenen Abschleppkosten in Höhe von 320,00 € netto, sowie die An- und Abmeldekosten in Höhe von 80,00 € netto (§ 287 ZPO) zu ersetzen.

e) Die Beklagten haben der Klägerin zudem den beschädigten Einkaufskorb (10,00 €), die durch den Unfall beschädigte E.-Hose (20,00 €), die abhanden gekommene Garagenbedienung (39,00 €), das im Unfallfahrzeug verbliebene Benzin im Wert von 41,32 € (Summe 110,32 €) zu ersetzen. Denn es handelt sich insofern um Schäden infolge des streitgegenständlichen Verkehrsunfalls. Die Klägerin hat plausibel dargetan, dass ihr die genannten Schäden entstanden sind. Das Gericht hat keinen Zweifel daran, dass diese Angaben richtig sind (§ 286 ZPO). Die Höhe der geltend gemachten Schadenspositionen wird gemäß § 287 ZPO bestimmt.

f) Die Beklagten haben zudem die im Schriftsatz vom 11.07.2012, Seite 3 (Bl. 131 d. A.) dargestellte Medikamentenzuzahlung in Höhe von 5,00 €, die Gebühr für das Klinikum K. und die Praxis Dr. B. in Höhe von 20,00 € und den Eigenanteil für Physiotherapie in Höhe von 19,60 €, die Attestkosten in Höhe von 17,49 € (insgesamt 62,09 €) zu bezahlen (§§ 286, 287 ZPO).

g) Die Beklagten haben der Klägerin nicht den behaupteten entgangenen Nebenverdienst in Höhe von 180,00 € zu ersetzen, weil sie - gemäß ihrem Vortrag - unfallbedingt nicht in der Lage war, zwölf Aerobicstunden abzuhalten (Bl. 11 d. A.). Die Beklagten haben diesen Vortrag der Klägerin ausdrücklich bestritten (Bl. 75 d. A.). Die Klägerin ist insofern beweisfällig geblieben. Aus der schriftlichen Bestätigung ihres behandelnden Arztes Dr. B. vom 16.03.2012 (K 21) ergibt sich lediglich, dass sie dazu nicht in der Lage gewesen wäre.

h) Für den erlittenen immateriellen Schaden haben die Beklagten der Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von 1.500 € zu bezahlen. Die Klägerin hat unwidersprochen und plausibel dargetan, dass sie durch den Verkehrsunfall verletzt wurde (Platzwunden, Kopf- und Rückenschmerzen) und dass sie ca. 5 Wochen arbeitsunfähig war (Bl. 136 d. A.). Sie musste sich ärztlich behandeln lassen. Die Zeugin S. B. hat glaubhaft bekundet, dass die Klägerin längere Zeit bettlägrig war und oft weinte. Unter Berücksichtung der Verletzung der Klägerin einerseits, anderseits, dass ihr kein Dauerschaden entstanden ist, ist für den erlittenen immateriellen Schaden ein Schmerzensgeld in Höhe von 1.500,00 € angemessen.

i) Die Beklagten haben der Klägerin einen Haushaltsführungsschaden in Höhe von 573,74 € zu ersetzen (§§ 843, 249 BGB, 287 ZPO). Die Klägerin lebte im Frühjahr 2012 mit ihrer 16 Jahre alten Tochter, der Zeugen S. B., in einem ca. 130 m² Einfamilienhaus mit Garten in T.. Ihre Tochter besuchte das S.-Gymnasium in H.. Die Klägerin erledigte den Haushalt für sich und ihre Tochter. Sie ist bei der S. H. ganztätig beschäftigt.

Nach dem Unfall war die Klägerin nur eingeschränkt in der Lage den Haushalt zu erledigen. Arbeiten wie Fensterputzen waren nicht möglich, schwere Sachen konnte sie nicht tragen. Zum Einkaufen mussten ihr Freundinnen oder ihre Tochter helfen. Fenster konnte die Klägerin z. B. nicht putzen. Staubsaugen war möglich, wenn ihr jemand den Staubsauger in eine obere Etage trug. Schwere Gegenstände, wie z. B. Getränkekästen, konnte sie nicht tragen.

Das Gericht geht davon aus, dass die Klägerin für den beantragten Zeitraum vom 16.03.2012 bis 17.04.2012 (Bl. 26 d. A.) im Durchschnitt zu 50% in der Haushaltsführung beschränkt war. Hierbei wird berücksichtigt, dass die Beeinträchtigung unmittelbar nach dem Unfall über 50% lag, dass sie aber zum Ende des Veranlagungszeitraumes hin unter diesen Wert sank. Gemäß Schulz-Borck/Pardey, Der Haushaltsführungsschaden mit Berechnungstabellen, 7. Auflage, Tabelle 12.1, Seite 82, sind für eine erwärbstätige, alleinerziehende Mutter mit einem Kind zwischen 6 bis 18 Jahren, 28,7 Stunden Haushaltstätigkeit anzusetzen. Da der von der Klägerin betreute Haushalt als durchschnittlich einzustufen ist, ist die Haushaltstätigkeit in die Entgeltgruppe 5 TVöD einzuordnen (Schulz-Borck a. a. O, Seite 38). Aus der Tabelle 1.1 (2), Gruppe 5 (vgl. Herrmann/Schulz-Borck, Der Haushaltsführungsschaden, Entgelttabellen TVöD-Bund zur Bewertung von Personeschäden in der Haushaltsführung, August 2011, Seite 13) ergibt sich für 27 Stunden ein Entgelt von 1.147,67 € netto pro Monat. Der Nettobetrag ist anzusetzen, weil die Klägerin keine Ersatzkraft eingestellt hat (Schulz-Borck, a. a. O., Seite 36, Ziffer 2.3.3). Da die Klägerin zu 50% der Hausarbeiten im Durchschnitt selbst erledigen konnte, sind 573,84 € angemessen (§ 287 ZPO).

Das Gericht verkennt nicht, dass sich unfallbedingte Verletzungen bei der Haushaltsführung unterschiedlich stark auswirken können, so dass zu ihrer Bewertung grundsätzlich die Einholung eines Sachverständigengutachtens notwendig ist. Hiervon wird aber abgesehen, weil die Kosten eines solchen Gutachtens (ca. 3.000,00 €) in keinem Verhältnis zur Höhe des zugesprochenen Schadens stehen (hierzu Düsseldorf MDR 2004, 1235).

j) Die Beklagten haben der Klägerin Fahrtkosten in Höhe von 42,00 € zu bezahlen. Denn sie war unfallbedingt sechs Mal in der Praxis ihres Arztes Dr. B.. Dies ergibt sich aus dessen Bestätigung vom 02.04.2012 (K 19). Die Höhe der entstandenen Fahrtkosten wird gemäß § 287 ZPO bestimmt.

k) Die Beklagten haben der Klägerin vorprozessuale Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.184,05 € zu bezahlen (§ 249 BGB). Hierbei geht das Gericht von dem vorläufig angegebenen Streitwert in Höhe von 13.247,50 € und einer sich hieraus ergebenden Geschäftsgebühr von 975,00 € aus (1,5 Gebühr gemäß Nr. 2300 VV). Zudem ist eine Auslagenpauschale von 20,00 € und die Mehrwertsteuer in Höhe von 189,05 € zu berücksichtigen.

l) Die Entscheidung über die Zinsen ergibt sich aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB. Die Beklagten wurden zum 27.03. und 02.04.2012 gemahnt. Die Klage wurde am 17.04.2012 zugestellt.

4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 92 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

(1) Das Gericht soll in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits oder einzelner Streitpunkte bedacht sein.

(2) Der mündlichen Verhandlung geht zum Zwecke der gütlichen Beilegung des Rechtsstreits eine Güteverhandlung voraus, es sei denn, es hat bereits ein Einigungsversuch vor einer außergerichtlichen Gütestelle stattgefunden oder die Güteverhandlung erscheint erkennbar aussichtslos. Das Gericht hat in der Güteverhandlung den Sach- und Streitstand mit den Parteien unter freier Würdigung aller Umstände zu erörtern und, soweit erforderlich, Fragen zu stellen. Die erschienenen Parteien sollen hierzu persönlich gehört werden. § 128a Absatz 1 und 3 gilt entsprechend.

(3) Für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche soll das persönliche Erscheinen der Parteien angeordnet werden. § 141 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 3 gilt entsprechend.

(4) Erscheinen beide Parteien in der Güteverhandlung nicht, ist das Ruhen des Verfahrens anzuordnen.

(5) Das Gericht kann die Parteien für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche vor einen hierfür bestimmten und nicht entscheidungsbefugten Richter (Güterichter) verweisen. Der Güterichter kann alle Methoden der Konfliktbeilegung einschließlich der Mediation einsetzen.

(6) Ein gerichtlicher Vergleich kann auch dadurch geschlossen werden, dass die Parteien dem Gericht einen schriftlichen Vergleichsvorschlag unterbreiten oder einen schriftlichen oder zu Protokoll der mündlichen Verhandlung erklärten Vergleichsvorschlag des Gerichts durch Schriftsatz oder durch Erklärung zu Protokoll der mündlichen Verhandlung gegenüber dem Gericht annehmen. Das Gericht stellt das Zustandekommen und den Inhalt eines nach Satz 1 geschlossenen Vergleichs durch Beschluss fest. § 164 gilt entsprechend.

Tenor

I. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 12.473,90 € (i. W.: zwölftausendvierhundertdreiundsiebzig 90/100 Euro) nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 8.721,97 € vom 28.03.2012 bis 05.04.2012 und aus 11.289,85 € ab 06.04.2012 zu bezahlen. Der Betrag von 1.184,05 € ist ab 14.04.2012 mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinsatz zu verzinsen.

II. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits tragen

- die Klägerin zu 1/10 - die Beklagten zu 9/10.

IV. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Folgen eine Verkehrsunfalls.

Am 16.03.2012, 14:55 Uhr, befuhr die Klägerin mit ihrem PKW Renault Megan, 1,6 ltr, 83 kw, EZ Juni 2005 li(em) Dynamiqe Cabriolet, amtliches Kennzeichen …, die BAB A 73 aus Richtung Bayreuth kommend in Richtung Bamberg. Am sogenannnten „T. Berg“ fuhr sie mit einer Geschwindigkeit von ca. 112 km/h auf der linken Fahrspur. Auf der rechten Fahrspur fuhr mit erheblich geringerer Geschwindigkeit die Beklagte zu 1 mit dem PKW Suzuki, … Halterin dieses Fahrzeugs ist die Beklagte zu 2, die Beklagte zu 3 ist die Haftpflichtversicherin. Als sich die Klägerin dem Fahrzeug der Beklagten näherte, wechselte die Beklagte zu 1 von der rechten auf die linke Fahrspur, um den vor ihr fahrenden LKW mit Anhänger … und … zu überholen. Da die Klägerin ihr Fahrzeug nicht rechtzeigtig bremsen konnte, kolliedierte sie mit ihrer rechten Frontseite mit dem linken Heck des Beklagtenfahrzeuges. Dieses stieß anschließend auf den auf der rechten Fahrspur fahrenden LKW.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Beklagte in vollem Umfang den ihr entstandenen Schaden zu ersetzen hat. Denn die Beklagte zu 1 habe ihre Sorgfaltspflicht als Fahrerin eklatant verletzt, als sie plötzlich, ohne zu blinken und ohne sich nach hinten zu vergewissern, auf der Autobahn von der rechten auf die linke Fahrspur wechselte.

Mit Schreiben vom 30. März 2012 forderte die Klägerin die Beklagten zu Zahlung von 8.721,97 € bis 27. März 2012 (K17), mit Schreiben vom 3. April 2012 zur Zahlung von 13.131,28 € (K18) auf. Da die Beklagten dem nicht nachkamen, verlangt die Klägerin den ihr entstandenen materiellen und immateriellen Schaden gemäß Aufstellung in den Schriftsätzen vom 11. Juli 1202 (Bl. 131 d.A.) und 10. April 2012 (Bl. 12 bis 16 d. A.). Sie stellt folgenden Antrag (Bl. 349, 350 d. A.):

1. Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin 13.800,16 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinsatz aus 8.721,97 € seit 28.03.2012 sowie weiteren 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz aus 1.914,17 € seit 06.04.2012 sowie weiteren 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz aus 19,60 € seit Rechtshängigkeit der Klage vom 10.04.2012 sowie weiteren 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz aus 679,55 € seit Rechtshängigkeit der Klageerweiterung vom 24.04.2012 sowie weiteren 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz aus 2.144,87 € seit Rechtshängigkeit der Klageerweiterung vom 11.07.2012 zu bezahlen.

2. Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld nach Ermessen des Gerichts, mindestens jedoch in Höhe von 2.500,00 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz aus 1.500 € seit 06.04.2012 und weitere 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz aus 1000 € seit Rechtshängigkeit der Klageerweiterung vom 24.6.14 zu bezahlen.

3. Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin als Entschädigung für den im Zeitraum vom 16.03.2012 bis 17.04.2012 eingetretenen Haushaltsführungsschaden einen Betrag in Höhe von 1.345,29 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz aus 945,14 € seit 06.04.2012 sowie weiteren 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz aus 110,57 € seit Rechtshängigkeit der Klage vom 10.04.2012 sowie weiteren 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz aus 239,58 € seit Rechtshängigkeit der Klageerweiterung vom 24.04.2012 zu bezahlen.

4. Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin Fahrkosten für Arztbesuche in Höhe von 420,00 € nebst 5 Prozenktpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit der Klage vom 10.04.2012 zu bezahlen.

5. Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 1.096,04 € nbest 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit der Klage vom 10.04.2012 zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt die Klageabweisung.

Sie bestreitet die Aktivlegitimation der Klägerin (Bl. 59 d. A.). Im Übrigen habe die Klägerin die Folgen des Verkehrsunfalles alleine zu tragen, da sie mit überhöhter Geschwindigkeit auf das Fahrzeug der Beklagten zu 2 aufgefahren sei (Bl. 69 d. A.).

Das Gericht hat die Parteien am 25.07.2012 angehört (Bl. 134 ff. d. A.). Aufgrund des Beweisbeschlusses vom gleichen Tag hat der Sachverständige F. am 04.02.2013, 19.03.2013 und 29.05.2013 schriftliche Gutachten erstellt. Im Termin vom 26.03.2014 wurden die Zeugen L. Z., A. Z. und T. S. vernommen (Bl. 269 - 274 d. A.), im Termin vom 22. 10. 2014 die Zeugin S. B.. Auf das Ergebnis der Beweisaufnahme, die bis zum 22. 10. 2014 eingegangenen Schriftsätze der Parteien, insbesondere soweit auf sie Bezug genommen wurde, wird ergänzend Bezug genommen.

Gründe

1. Die Klägerin ist aktivlegitimiert, denn sie ist Eigentümerin des PKW Renault Megan, amliches Kennzeichen …

2. Die Beklagten haften als Fahrerin, Halterin und Versicherin des PKW Suzuki, …, gemäß den §§ 7 Abs. 1, 17 Abs. 1, Abs. 2, 18 StVG, 115 VVG, 5 Abs. 4, 7 Abs. 5 StVO der Klägerin in vollem Umfang.

a) Aufgrund des Gutachtens des Sachverständigen F. geht das Gericht davon aus, dass die Klägerin die BAB A 73 im Bereich der Unfallstelle auf linken Fahrspur mit einer Geschwindigkeit von 112 km/h fuhr, als sie sich dem Beklagtenfahrzeug näherte. Dieses fuhr auf der rechten Fahrspur mit einer Geschwindigkeit von ca. 62 km/h, bevor die Beklagte zu 1 von der von der rechten auf die linke Fahrspur wechselte, um den vor ihr fahrenden LKW-Zug zu überholen. Die Kollision erfolgte, als die Beklagte zu 1 noch hinter dem Anhänger war, also unmittelbar nach dem Fahrspurwechsel und nicht - wie die Beklagte zu 1 vorgetragen hat - auf Höhe des LKW-Anhängers.

b) Die Kammer geht weiter davon aus, dass die Beklagte zu 1 den Spurwechsel nicht durch Blinken angezeigt hat. Diese Frage ist zwischen der Beklagten zu 1 und der Klägerin streitig (Bl. 135 d. A.) Die Zeugen L. und A. Z., die hinter dem Klägerfahrzeug fuhren, konnten zu dieser Frage keine verlässlichen Angaben machen (Bl. 270 - 272 d. A.). Gemäß § 7 Abs. 5 Satz 2 StVO war die Beklagte zu 1 verpflichtet, den Fahrstreifenwechsel rechtzeitig anzuzeigen. Da die Kollision unmittelbar nach dem Fahrspurwechsel der Beklagten zu 1 erfolgte, spricht der erste Anschein dafür, dass sie ihre Sorgfaltspflichten verletzt hat, also nicht rechtzeitig geblinkt hat und nicht gewissenhaft eine Gefährdung des rückwärtigen Verkehrs ausgeschlossen hat (Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 42. Auflage, § 7 StVO, Rdnr. 14 m. w. N.). Das Gegenteil, nämlich dass sie rechtzeitig geblinkt hat, hat die Beklagte zu 1 nicht bewiesen.

c) Hieran anknüpfend war der Verkehrsunfall für die Klägerin unvermeidbar. Denn sie konnte erst eine Sekunde vor dem Anstoß, nämlich als die Beklagte damit begann ihr Fahrzeug nach links zu ziehen, erkennen, dass die Beklagte zu 1 den vor ihr fahrenden LKW überholen will. Ausgehend von einer Reaktionszeit von 0,8 Sekunden und einer Bremsanschwellzeit von 0,2 Sekunden, erfolgte der Anstoß ungebremst, d. h. die Annäherungsgeschwindigkeit entspricht der Kollisionsgeschwindigkeit. Dies ergibt sich aus dem Gutachten des Sachverständigen F. (insbesondere Gutachten vom 04.02.2013, Seite 16), dem das Gericht folgt.

d) Soweit die Zeugen L. und A. Z. den Unfallhergang anders schilderten, indem sie angaben, die Klägerin habe auf den ausscherenden PKW nicht reagiert, obwohl sei hierzu die Möglichkeit gehabt hätte, folgt das Gericht diesen Angaben nicht. Denn diese Schilderung stehen im Widerspruch zu den Erkenntnissen des Sachverständigen. Die entscheidende Frage, ob die Beklagte zu 1 vor dem Ausscheren geblinkt hat, konnten die Zeugen nicht verlässlich beantworten. Aufgrund des eindeutigen und nachvollziehbaren Gutachtens des Sachverständigen F. ist die Kammer der Ansicht, dass die Angaben der Zeugen L. und A. Z. auf einer Fehleinschätzung des Unfallgeschehens beruhen. Richtig an deren Aussage ist, dass die Klägerin ihr Fahrzeug vor der Kollision nicht abbremste. Wie der Sachverständige dargelegt hat, war ihr dies wegen des Verhaltens der Beklagten zu 1 nicht möglich.

e) Die Beklagten haben den Schaden der Klägerin in vollem Umfang zu ersetzen. Denn die Beklagte zu 1 hat sowohl gegen § 5 Abs. 4 StVO, als auch gegen § 7 Abs. 5 StVO verstoßen. Sie musste damit rechnen, dass auf der Überholspur der Autobahn andere Verkehrsteilnehmer mit höherer Geschwindigkeit fahren und dass daher ihr Wechsel auf die Überholspur gefährlich ist. Die Bekl. 1) fuhr mit einer Geschwindigkeit von nur 62 km/h. Sie hätte daher rechtzeitig blinken und durch eine sorgfältige Sicherung nach hinten eine Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer ausschließen müssen. Für die Klägerin stellt sich der Unfall als ein unabwendbares Ereignis dar (§ 17 Absatz 3 Satz 1 StVG). Ihr Vorrecht gemäß § 18 Absatz 3 StVO wurde verletzt. Die Klägerin selbst fuhr mit 112 km/h nur mäßiger Geschwindigkeit (Grünberg, Haftungsquoten, 13. Auflage Rz. 147 mwN).

3. Der Klägerin ist ein Schaden gemäß § 249 BGB in Höhe von 12.473,90 € entstanden.

a) Für das Fahrzeug der Klägerin ist unstreitig ein Wiederbeschaffungswert in Höhe von 7.020,73 € festzusetzen. Dies wurde von der Klägerin (unter Berücksichtigung eines Restwertes von 150,00 €) vorgetragen. Die Beklagten haben diesen Vortrag nicht bestritten (Bl. 76 und 70 d. A., K6).

b) Unstreitig sind der Klägerin Gutachterkosten in Höhe von 774,15 € netto entstanden (Bl. 26, 70 d. A.).

c) Die Beklagten haben der Klägerin für die Zeit, in der ihr kein Fahrzeug in Folge des Verkehrsunfalls zur Verfügung stand, einen Nutzungsausfallschaden in Höhe von 806,82 € netto zu bezahlen. Das Fahrzeug der Klägerin hatte nach dem Verkehrsunfall einen Totalschaden. Um ein gleichwertiges Fahrzeug auf dem Gebrauchtwagenmarkt zu besorgen, geht das Gericht von 17 Kalendertagen aus (vgl. Gutachten Sachverständiger B. vom 20.03.2012, Seite 12, K6 und Palandt, BGB 73. Auflage, § 249 Rdnr. 37). Dies ist zwischen den Parteien unstreitig (Bl, 207 und 228 d.A.). Der PKW der Klägerin ist gemäß Einordnung der Schwacke-Liste in die Fahrzeugklasse 06 einzuordnen (Schwacke-Liste I/2012, Seite 388). Gemäß dem „Marktpreisspiegel Mietwagen Deutschland 2013“ des Frauenhofer Instituts sind für das PC-Zahlgebiet 95 für 7 Tage 268,94 €, für 3 Wochen somit 806,82 € netto anzusetzen. Ein weiterer Anspruch auf Erstattung der Mietwagenkosten in Höhe von 1.900,00 € netto (K14, Bl. 9, 10 d. A.) besteht nicht. Die Klägerin hat nicht vorgetragen, dass sie von den Beklagten Vorschüsse verlangt hat, um den Erwerb eines Neufahrzeuges finanzieren zu können. Im Schreiben vom 28. März 2012 (K28) hat sie vielmehr auf die zur Finanzierung eines Ersatzfahrzeuges anfallenden Zinsen hingewiesen.

d) Der Klägerin sind weiter die entstandenen Abschleppkosten in Höhe von 320,00 € netto, sowie die An- und Abmeldekosten in Höhe von 80,00 € netto (§ 287 ZPO) zu ersetzen.

e) Die Beklagten haben der Klägerin zudem den beschädigten Einkaufskorb (10,00 €), die durch den Unfall beschädigte E.-Hose (20,00 €), die abhanden gekommene Garagenbedienung (39,00 €), das im Unfallfahrzeug verbliebene Benzin im Wert von 41,32 € (Summe 110,32 €) zu ersetzen. Denn es handelt sich insofern um Schäden infolge des streitgegenständlichen Verkehrsunfalls. Die Klägerin hat plausibel dargetan, dass ihr die genannten Schäden entstanden sind. Das Gericht hat keinen Zweifel daran, dass diese Angaben richtig sind (§ 286 ZPO). Die Höhe der geltend gemachten Schadenspositionen wird gemäß § 287 ZPO bestimmt.

f) Die Beklagten haben zudem die im Schriftsatz vom 11.07.2012, Seite 3 (Bl. 131 d. A.) dargestellte Medikamentenzuzahlung in Höhe von 5,00 €, die Gebühr für das Klinikum K. und die Praxis Dr. B. in Höhe von 20,00 € und den Eigenanteil für Physiotherapie in Höhe von 19,60 €, die Attestkosten in Höhe von 17,49 € (insgesamt 62,09 €) zu bezahlen (§§ 286, 287 ZPO).

g) Die Beklagten haben der Klägerin nicht den behaupteten entgangenen Nebenverdienst in Höhe von 180,00 € zu ersetzen, weil sie - gemäß ihrem Vortrag - unfallbedingt nicht in der Lage war, zwölf Aerobicstunden abzuhalten (Bl. 11 d. A.). Die Beklagten haben diesen Vortrag der Klägerin ausdrücklich bestritten (Bl. 75 d. A.). Die Klägerin ist insofern beweisfällig geblieben. Aus der schriftlichen Bestätigung ihres behandelnden Arztes Dr. B. vom 16.03.2012 (K 21) ergibt sich lediglich, dass sie dazu nicht in der Lage gewesen wäre.

h) Für den erlittenen immateriellen Schaden haben die Beklagten der Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von 1.500 € zu bezahlen. Die Klägerin hat unwidersprochen und plausibel dargetan, dass sie durch den Verkehrsunfall verletzt wurde (Platzwunden, Kopf- und Rückenschmerzen) und dass sie ca. 5 Wochen arbeitsunfähig war (Bl. 136 d. A.). Sie musste sich ärztlich behandeln lassen. Die Zeugin S. B. hat glaubhaft bekundet, dass die Klägerin längere Zeit bettlägrig war und oft weinte. Unter Berücksichtung der Verletzung der Klägerin einerseits, anderseits, dass ihr kein Dauerschaden entstanden ist, ist für den erlittenen immateriellen Schaden ein Schmerzensgeld in Höhe von 1.500,00 € angemessen.

i) Die Beklagten haben der Klägerin einen Haushaltsführungsschaden in Höhe von 573,74 € zu ersetzen (§§ 843, 249 BGB, 287 ZPO). Die Klägerin lebte im Frühjahr 2012 mit ihrer 16 Jahre alten Tochter, der Zeugen S. B., in einem ca. 130 m² Einfamilienhaus mit Garten in T.. Ihre Tochter besuchte das S.-Gymnasium in H.. Die Klägerin erledigte den Haushalt für sich und ihre Tochter. Sie ist bei der S. H. ganztätig beschäftigt.

Nach dem Unfall war die Klägerin nur eingeschränkt in der Lage den Haushalt zu erledigen. Arbeiten wie Fensterputzen waren nicht möglich, schwere Sachen konnte sie nicht tragen. Zum Einkaufen mussten ihr Freundinnen oder ihre Tochter helfen. Fenster konnte die Klägerin z. B. nicht putzen. Staubsaugen war möglich, wenn ihr jemand den Staubsauger in eine obere Etage trug. Schwere Gegenstände, wie z. B. Getränkekästen, konnte sie nicht tragen.

Das Gericht geht davon aus, dass die Klägerin für den beantragten Zeitraum vom 16.03.2012 bis 17.04.2012 (Bl. 26 d. A.) im Durchschnitt zu 50% in der Haushaltsführung beschränkt war. Hierbei wird berücksichtigt, dass die Beeinträchtigung unmittelbar nach dem Unfall über 50% lag, dass sie aber zum Ende des Veranlagungszeitraumes hin unter diesen Wert sank. Gemäß Schulz-Borck/Pardey, Der Haushaltsführungsschaden mit Berechnungstabellen, 7. Auflage, Tabelle 12.1, Seite 82, sind für eine erwärbstätige, alleinerziehende Mutter mit einem Kind zwischen 6 bis 18 Jahren, 28,7 Stunden Haushaltstätigkeit anzusetzen. Da der von der Klägerin betreute Haushalt als durchschnittlich einzustufen ist, ist die Haushaltstätigkeit in die Entgeltgruppe 5 TVöD einzuordnen (Schulz-Borck a. a. O, Seite 38). Aus der Tabelle 1.1 (2), Gruppe 5 (vgl. Herrmann/Schulz-Borck, Der Haushaltsführungsschaden, Entgelttabellen TVöD-Bund zur Bewertung von Personeschäden in der Haushaltsführung, August 2011, Seite 13) ergibt sich für 27 Stunden ein Entgelt von 1.147,67 € netto pro Monat. Der Nettobetrag ist anzusetzen, weil die Klägerin keine Ersatzkraft eingestellt hat (Schulz-Borck, a. a. O., Seite 36, Ziffer 2.3.3). Da die Klägerin zu 50% der Hausarbeiten im Durchschnitt selbst erledigen konnte, sind 573,84 € angemessen (§ 287 ZPO).

Das Gericht verkennt nicht, dass sich unfallbedingte Verletzungen bei der Haushaltsführung unterschiedlich stark auswirken können, so dass zu ihrer Bewertung grundsätzlich die Einholung eines Sachverständigengutachtens notwendig ist. Hiervon wird aber abgesehen, weil die Kosten eines solchen Gutachtens (ca. 3.000,00 €) in keinem Verhältnis zur Höhe des zugesprochenen Schadens stehen (hierzu Düsseldorf MDR 2004, 1235).

j) Die Beklagten haben der Klägerin Fahrtkosten in Höhe von 42,00 € zu bezahlen. Denn sie war unfallbedingt sechs Mal in der Praxis ihres Arztes Dr. B.. Dies ergibt sich aus dessen Bestätigung vom 02.04.2012 (K 19). Die Höhe der entstandenen Fahrtkosten wird gemäß § 287 ZPO bestimmt.

k) Die Beklagten haben der Klägerin vorprozessuale Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.184,05 € zu bezahlen (§ 249 BGB). Hierbei geht das Gericht von dem vorläufig angegebenen Streitwert in Höhe von 13.247,50 € und einer sich hieraus ergebenden Geschäftsgebühr von 975,00 € aus (1,5 Gebühr gemäß Nr. 2300 VV). Zudem ist eine Auslagenpauschale von 20,00 € und die Mehrwertsteuer in Höhe von 189,05 € zu berücksichtigen.

l) Die Entscheidung über die Zinsen ergibt sich aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB. Die Beklagten wurden zum 27.03. und 02.04.2012 gemahnt. Die Klage wurde am 17.04.2012 zugestellt.

4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 92 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.

(1) Wird bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.

(2) Die Ersatzpflicht ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch höhere Gewalt verursacht wird.

(3) Benutzt jemand das Kraftfahrzeug ohne Wissen und Willen des Fahrzeughalters, so ist er anstelle des Halters zum Ersatz des Schadens verpflichtet; daneben bleibt der Halter zum Ersatz des Schadens verpflichtet, wenn die Benutzung des Kraftfahrzeugs durch sein Verschulden ermöglicht worden ist. Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Benutzer vom Fahrzeughalter für den Betrieb des Kraftfahrzeugs angestellt ist oder wenn ihm das Kraftfahrzeug vom Halter überlassen worden ist.

(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.

(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.