Oberlandesgericht Bamberg Beschluss, 04. Apr. 2016 - 3 Ss OWi 1444/15

bei uns veröffentlicht am04.04.2016

Gericht

Oberlandesgericht Bamberg

Tenor

I.

Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts vom 03.09.2015 wird als unbegründet verworfen.

II.

Der Betroffene hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

I. Das Amtsgericht hat den Betroffenen am 03.09.2015 wegen fahrlässiger Überschreitung der außerhalb geschlossener Ortschaften zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 41 km/h zu einer Geldbuße von 160 Euro verurteilt und gegen ihn wegen eines groben Pflichtenverstoßes im Sinne der §§ 25 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. i. V. m. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1BKatV i. V. m. lfd.Nr. 11.3.7 der Tabelle 1c zum BKat ein Regelfahrverbot für die Dauer eines Monats nach Maßgabe des § 25 Abs. 2a Satz 1StVG angeordnet.

Nach den Feststellungen befuhr der seine Fahrereigenschaft einräumende, jedoch die Richtigkeit der mit dem Messgerät ES3.0 (Softwareversion 1.007.1) durchgeführten polizeilichen Geschwindigkeitsmessung bestreitende Betroffene am 01.09.2014 um 15.12 Uhr mit einem Pkw eine als zweispurige Kraftfahrstraße ohne Standstreifen ausgebaute Bundesstraße, wobei er die seit der letzten Auffahrt bis zur Messstelle zweimal beidseitig der Fahrbahn nach §§ 41 Abs. 1 i. V. m. Anlage 2 [Zeichen 274], 49 Abs. 3 Nr. 4 StVO angeordnete zulässige Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h abzüglich einer Messtoleranz von 6 km/h aus Fahrlässigkeit um (mindestens) 41 km/h überschritt.

Mit seiner gegen dieses Urteil gerichteten Rechtsbeschwerde rügt der Betroffene die Verletzung formellen und materiellen Rechts.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Rechtsbeschwerde als unbegründet zu verwerfen. Die hierzu abgegebene Gegenerklärung des Verteidigers des Betroffenen lag dem Senat vor.

II. Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der nach § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2OWiG statthaften und auch im Übrigen zulässigen, vom Einzelrichter gemäß § 80a Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 1 OWiG zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dem Bußgeldsenat in der Besetzung mit drei Richtern zur Entscheidung übertragene Rechtsbeschwerde deckt keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen auf (§ 79 Abs. 3 Satz 1OWiG i. V. m. § 349 Abs. 2StPO).

Anlass zu einer vertiefenden Erörterung gibt dem Senat allein die verfahrensrechtliche Beanstandung, mit welcher der Betroffene die Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren gemäß Art. 20 Abs. 3GG i. V. m. Art. 6 Abs. 3 Buchst. a und b MRK sowie des rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1GG mit der Begründung rügt, dass ihm die Überlassung der digitalen Messdatei in unverschlüsselter Form durch Gerichtsbeschluss rechtsfehlerhaft verweigert worden sei. Hierdurch sei die Verteidigung zugleich in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt im Sinne von § 79 Abs. 3 Satz 1OWiG i. V. m. § 338 Nr. 8StPO unzulässig beschränkt worden.

1. Es bestehen bereits Zweifel, ob die Verfahrensrüge in zulässiger Weise erhoben wurde.

a) Für die Annahme, die Verteidigung sei in einem für die „Entscheidung wesentlichen Punkt“ beschränkt worden, reicht es nicht aus, dass die Beschränkung nur abstrakt geeignet ist, das angefochtene Urteil zu beeinflussen. Denn der Rechtsbeschwerdegrund im Sinne von § 79 Abs. 3 Satz 1OWiG i. V. m. § 338 Nr. 8StPO ist nur gegeben, wenn die Möglichkeit eines kausalen Zusammenhangs zwischen dem geltend gemachten Verfahrensverstoß und dem Urteil konkret besteht, also die Sachentscheidung auf der Verteidigungsbeschränkung beruht. Im Rahmen der Begründung müssen daher wenigstens Tatsachen vortragen werden, aufgrund derer die Möglichkeit des Beruhens durch das Revisions- oder Rechtsbeschwerdegericht geprüft werden kann (st.Rspr., u. a. BGH, Urteil vom 26.05.1981 - 1 StR 48/81 = BGHSt30, 131/135 = NJW1981, 2267 = NStZ1981, 361 = StV1981, 500; BGH, Beschlüsse vom 11.02.2014 - 1 StR 355/13 = NStZ2014, 347 = BGHR StPO § 338 Nr. 8 = StV2015, 10 und vom 02.12.2015 - 4 StR 423/15 [bei juris]; vgl. auch LR/Franke StPO 26. Aufl. § 338 Rn. 125; KK/Gericke StPO 7. Aufl. § 338 Rn. 101; SSW/Widmaier/Momsen StPO 2. Aufl. § 338 Rn. 79; Meyer-Goßner/Schmitt § 338 Rn. 59, jeweils m. w. N.).

b) Die Erfüllung dieser Voraussetzungen erscheint schon deshalb fraglich, weil die Rechtsbeschwerde keine Anhaltspunkte dafür aufzeigt, dass die Ablehnung der Überlassung der digitalen Messdatei für die Sachentscheidung des Amtsgerichts eine konkretkausale Bedeutung erlangt hat.

Bei der Rüge der Ablehnung eines Antrags auf Beiziehung von Akten bzw. sonstigen Beweismitteln ist ein substantiierter Vortrag erforderlich, welche Tatsachen sich hieraus ergeben hätten und welche Konsequenzen für die Verteidigung daraus folgten (BGH, Beschluss vom 23.10.2010 - 4 StR 599/09 = NStZ2010, 530 = wistra2010, 232 = StV2010, 615 = BGHR StPO § 338 Nr. 8 Akteneinsicht 2 m. w. N.). Sollte der Verteidigung ein konkreter Vortrag nicht möglich sein, weil ihr die Unterlagen, in die sie Einsicht nehmen will, verschlossen geblieben sind, so muss sie sich - damit die Ausnahme von der an sich nach § 79 Abs. 3 Satz 1OWiG i. V. m. § 344 Abs. 2 Satz 2StPO bestehenden Vortragspflicht gerechtfertigt und belegt wird - jedenfalls bis zum Ablauf der Frist zur Erhebung der Verfahrensrüge weiter um die Einsicht bemüht haben und die entsprechenden Anstrengungen gegenüber dem Rechtsbeschwerdegericht auch dartun (BGH a. a. O. m. w. N.; OLG Hamm, Beschluss vom 03.09.2012 - 3 RBs 235/12 = NStZ-RR2013, 53).

c) Hier besteht die Besonderheit, dass dem Verteidiger die Rohmessdaten -allerdings lediglich in verschlüsselter Form - überlassen worden waren. Der vom Betroffenen beauftragte Sachverständige konnte diese nur deswegen nicht auswerten, weil ihm kein Entschlüsselungsprogramm zur Verfügung gestanden hatte. Die Rechtsbeschwerde trägt aber selbst vor, dass über die Firma ... GmbH eine derartige Entschlüsselungssoftware zum Preis von 185 EUR zu erwerben gewesen wäre.

c) Die Frage, ob es dem Betroffenen zumutbar gewesen wäre, diesen Betrag aufzubringen, kann letztlich dahinstehen, weil die Rüge jedenfalls unbegründet ist.

2. Mit der Ablehnung des Antrags des Betroffenen auf Überlassung der digitalen Messdatei einschließlich der (unverschlüsselten) Rohmessdaten ist bereits nicht gegen eine für das Eingreifen des Rechtsbeschwerdegrundes des § 338 Nr. 8StPO erforderliche besondere Verfahrensvorschrift verstoßen worden. Ferner kann auch nicht von einer unzulässigen Beschränkung der Verteidigung in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt, wie es § 338 Nr. 8StPO fordert, ausgegangen werden. Und schließlich kann das Urteil nicht auf der Ablehnung der beantragten Überlassung der digitalen Messdatei beruhen.

a) Ein Anspruch auf Überlassung der digitalen Messdatei folgt zunächst nicht aus dem in § 46 Abs. 1OWiG i. V. m. § 147 Abs. 1 1. Alt. StPO geregelten Akteneinsichtsrecht der Verteidigung, da die digitale Messdatei als solche nicht Bestandteil der dem Gericht vorliegenden Akten war (zum sog. formellen Aktenbegriff vgl. BGH, Urteil vom 26.05.1981 - 1 StR 48/81 = BGHSt30, 131/138 ff.; BGH, Beschluss vom 11.11.2004 - 5 StR 299/03 = BGHSt49, 317/327, jeweils m. w. N.).

b) Damit kommt der digitalen Messdatei allenfalls die Funktion eines, amtlich verwahrten Beweisstücks i. S. d. § 46 Abs. 1OWiG i. V. m. § 147 Abs. 1 2. Alt. StPO zu (in diesem Sinne jedenfalls für digital aufgezeichnete Audiodateien BGH, Beschluss vom 11.02.2014 - 1 StR 355/13 = NStZ2014, 347 = BGHR StPO § 338 Nr. 8 = StV2015, 10; vgl. auch OLG Nürnberg, Beschluss vom 11.02.2015 - 2 Ws 8/15 = StraFo 2015, 102 = wistra2015, 246 = OLGSt StPO § 147 Nr. 7). Für ein solches bestünde allerdings nur ein Besichtigungsrecht am amtlichen (hier: polizeilichen) Verwahrungsort und gerade nicht auf Überlassung der gegebenenfalls kopierfähigen Messdatei und der entschlüsselten Rohmessdaten (vgl. § 147 Abs. 4 Satz 1StPO). Mithin wäre die Frage der Überlassung bzw. Nichtüberlassung einer Kopie nur unter dem Gesichtspunkt des auch im gerichtlichen Bußgeldverfahren Geltung beanspruchenden (vgl. hierzu OLG Bamberg, Beschluss vom 04.12.2008 - 3 Ss OWi 1386/08 = NJW2009, 2468 = ZfS2009, 229 = OLGSt StVG § 25 Nr. 44; KK/Lampe OWiG 4. Aufl. § 46 Rn. 6 ff.; Cierniak ZfS2012, 664, 669) Rechts auf ein faires Verfahren in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 und Abs. 3 Buchst. b MRK zu beurteilen (BGH a. a. O.; LR/Lüderssen/Jahn § 147 Rn. 112, 117, jeweils m. w. N.; vgl. für digitale Tondateien OLG Karlsruhe, Beschluss vom 29.05.2012 - 2 Ws 146/12 = NJW2012, 2742 = StV2013, 74 = NStZ2012, 590).

c) Durch die Ablehnung des Antrags des Betroffenen, ihm die unverschlüsselte Messdatei zur Verfügung zu stellen, damit er diese durch einen von ihm beauftragten Sachverständigen auf etwaige Messfehler untersuchen lassen könne, wurde jedoch, nachdem der Tatrichter sich von der Richtigkeit der Geschwindigkeitsmessung durch die Beweisaufnahme überzeugt hatte, weder der Grundsatz des fairen Verfahrens verletzt noch wurde die Verteidigung hierdurch in einem wesentlichen Punkt beschränkt im Sinne des § 338 Nr. 8StPO. Darüber hinaus ist auszuschließen, dass das Urteil auf der Ablehnung des Antrags der Verteidigung im Sinne des § 337 Abs. 1StPO beruht. Denn es besteht nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Amtsgerichts kein Zweifel daran, dass der dem Betroffenen angelastete Geschwindigkeitswert zutreffend ermittelt wurde, so dass auch im Falle einer Überprüfung der Messdatei ein abweichendes Ergebnis auszuschließen ist.

aa) Der aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3GG) abzuleitende und in Art. 6 Abs. 1 MRK positivrechtlich normierte Grundsatz des fairen Verfahrens bedarf wegen der begrifflichen Unbestimmtheit der Konkretisierung durch die Fachgerichte im Einzelfall. In Straf- und Bußgeldverfahren ist dieser Grundsatz insbesondere dann tangiert, wenn dem Betroffenen die Möglichkeit zu effizienter Verteidigung nicht gewährt oder gar genommen wird. Eine effiziente Verteidigung beinhaltet ein Teilhaberecht des Betroffenen an der Sachaufklärung. Die Verfahrensregeln gewährleisten dies unter anderem durch die ihm eingeräumten Rechte, mit sachdienlichen Anträgen an der Ermittlung des tatsächlichen Geschehens mitzuwirken, um ihm so die Chance zu geben, ein für ihn günstiges Ergebnis zu erzielen.

bb) Das fairtrial-Prinzip verfolgt indes keinen Selbstzweck. Ein Angeklagter bzw. Betroffener kann hieraus nicht ableiten, dass die Gerichte jedwedem Begehren der Verteidigung, mag es auch aus seiner Sicht sinnvoll erscheinen, nachzukommen haben.

(a) Geht es dem Betroffenen - wie hier - darum, durch Einsicht in digitale Dateien unter Hinzuziehung von sachkundigen Personen den Nachweis der Unrichtigkeit des ihm vorgeworfenen Fehlverhaltens zu führen, ist der Grundsatz des fairen Verfahrens nur dann tangiert, wenn es möglich erscheint, dass er durch die begehrte Einsicht dieses Ziel überhaupt erreichen kann. Dies ist hier aber auszuschließen. Da das Amtsgericht rechtsfehlerfrei zu der Überzeugung gelangt ist, dass der dem Betroffenen zur Last gelegte Geschwindigkeitsverstoß begangen wurde, nachdem sich aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme keine Anhaltspunkte für etwaige Messfehler ergaben, ist davon auszugehen, dass ein Sachverständiger im Falle der Überprüfung der Messdatei zu keinem anderen Ergebnis gelangen würde. Dies ist - wie im Folgenden aufzuzeigen ist - die Konsequenz aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung zum standardisierten Messverfahren.

(b) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verfolgt die amtliche Zulassung von Geräten und Methoden ebenso wie die Reduzierung des gemessenen Wertes um einen - die systemimmanenten Messfehler erfassenden - Toleranzwert gerade den Zweck, Ermittlungsbehörden und Gerichte von der Sachverständigenbegutachtung und Erörterung des Regelfalles freizustellen (BGH, Beschluss vom 19.08.1993 - 4 StR 627/92 = BGHSt39, 291 = MDR1993, 1107 = VerkMitt 1993, Nr. 107 = NJW1993, 3081 = ZfS1993, 390 = NStZ1993, 592 = NZV1993, 485 = DAR1993, 474 = DRiZ1994, 58). Zwar hat der Bundesgerichtshof (a. a. O.) auch konstatiert, es bestehe kein Erfahrungssatz, dass die gebräuchlichen Geschwindigkeitsmessgeräte unter allen Umständen zuverlässige Ergebnisse liefern (ebenso Cierniak DAR2014, 2, 5). Vielmehr sei eine absolute Genauigkeit, d. h. eine sichere Übereinstimmung mit der tatsächlich gefahrenen Geschwindigkeit, nicht möglich. Allerdings kann den nach den jeweiligen technischnaturwissenschaftlichen Erkenntnissen möglichen Fehlerquellen hinreichend durch die Berücksichtigung von Messtoleranzen Rechnung getragen werden (BGH a. a. O). Darüber hinaus müsse sich der Tatrichter nur dann von der Zuverlässigkeit der Messungen überzeugen, wenn konkrete Anhaltspunkte für Messfehler gegeben seien. Diese vom Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätze wurden in einer weiteren höchstrichterlichen Entscheidung bestätigt (BGH, Beschluss vom 30.10.1997 - 4 StR 24/97 = BGHSt43, 277 = NJW1998, 321 = MDR1998, 214 = NZV1998, 120 = DAR1998, 110 = BGHR StPO § 267 Abs. 1 Satz 1 Beweisergebnis 11). Danach ist der Tatrichter nur dann gehalten, die Zuverlässigkeit von Messungen, die mit einem anerkannten und weitgehend standardisierten Messverfahren gewonnen worden sind, zu überprüfen, wenn konkrete Anhaltspunkte für Messfehler bestehen.

(c) Die vorgenannten Grundsätze finden ihre materielle Berechtigung in der Anerkennung des standardisierten Messverfahrens, bei dem durch Einhaltung der hierfür erforderlichen Prämissen (Bauartzulassung durch die ... [...]; Eichung des Messgeräts im Tatzeitpunkt; Aufbau und Bedienung des Messgeräts durch geschultes Personal unter Beachtung der Gebrauchsanweisung; Ausschluss etwaiger Anhaltspunkte für mögliche Fehlerquellen aufgrund der Beweisaufnahme sowie Vornahme des gebotenen Toleranzabzugs) die Richtigkeit der Messung gewährleistet ist. Dies hat wiederum seinen Grund darin, dass zum einen der Bauartzulassung durch die ... die Qualität eines antizipierten Sachverständigengutachtens zukommt (vgl. hierzu OLG Frankfurt, Beschluss vom 04.12.2014 - Ss OWi 1041/14 = DAR2015, 149; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.07.2014 - RBs 200/14 [bei juris]; OLG Bamberg, Beschluss vom 22.10.2015 - 2 Ss OWi 641/15 = DAR2016, 146), durch welches die generelle Eignung des Messgeräts überprüft und anerkannt wurde, und zum anderen durch die Eichung, durch welche die Zuverlässigkeit des verwendeten Messgeräts bestätigt wird. Flankierend muss zu diesen beiden Anforderungen treten, dass das Messgerät ordnungsgemäß durch geschultes Personal bedient und, um etwaige Messungenauigkeiten sicher auszuschließen, der erforderliche Toleranzabzug bei der Ermittlung des konkreten Geschwindigkeitswerts vorgenommen wurden. Zeigen sich bei Einhaltung dieser Bedingungen auch keine Anhaltspunkte, die auf eine Fehlfunktion des Messgeräts hinweisen, so ist der auf diese Weise ermittelte Messwert der Verurteilung zugrunde zu legen.

In einer solchen Situation entspricht es auch gefestigter obergerichtliche Rechtsprechung, dass entsprechende Beweisanträge, die etwa darauf gerichtet sind, den ermittelten Messwert durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu erschüttern, in rechtlich nicht zu beanstandender Weise nach § 77 Abs. 2 Nr. 1OWiG abgelehnt werden können (vgl. nur OLG Düsseldorf a. a. O.; OLG Hamm, Beschluss vom 29.01.2013 - 1 RBs 2/13 [bei juris]).

(d) Durfte der Tatrichter aber - in Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung - bei dieser Konstellation ohne weiter gehende Beweisaufnahme, insbesondere durch Einholung eines Sachverständigengutachtens, von der Richtigkeit des ermittelten Messwerts ausgehen und nicht nur auf das Gegenteil gerichtete Beweisanträge auf sachverständige Überprüfung der Messung nach § 77 Abs. 2 Nr. 1OWiG ablehnen, sondern sogar ein verurteilendes Erkenntnis aussprechen, so ist andererseits auszuschließen, dass die Überprüfung der Messdateien durch einen Sachverständigen zu einem abweichenden Ergebnis geführt hätte. Würde man dies anders sehen, käme man zu einem dem Rechtsstaatsprinzip grob zuwiderlaufenden Resultat: Es würde letztlich auf die Verurteilung eines möglicherweise Unschuldigen hinauslaufen. Dass dies nicht angeht, versteht sich von selbst. Unter Zugrundelegung dieser Ausgangssituation kann die höchstrichterliche Rechtsprechung nur dahingehend interpretiert werden, dass im Falle eines standardisierten Messverfahrens keine vernünftigen Zweifel mehr an dem Geschwindigkeitsverstoß gegeben sind, wenn und soweit das amtlich zugelassene Messgerät, das im Tatzeitpunkt geeicht war, unter Beachtung der Bedienungsanleitung des Zulassungsinhabers durch einen geschulten Messbeamten verwendet wurde, sich auch sonst keine von außen ergebenden Hinweise auf etwaige Messfehler gezeigt haben und der Tatrichter die vorgeschriebenen Messtoleranzen berücksichtigt hat. Dies hat aber die weitere Konsequenz, dass auch eine Überprüfung der Messdateien zu keinem abweichenden Resultat führen kann.

(e) Nach den Feststellungen des Amtsgerichts erfolgte die Geschwindigkeitsmessung mit einer als .standardisiertes Messverfahren im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannten und geeichten sog. Einseitensensormessanlage des Typs .ES3.0 und der zugehörigen Softwareversion 1.007.1 (OLG Hamm, Beschluss vom 29.01.2013 - 1 RBs 2/13 [bei juris]; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 19.10.2012 - 1 SsBs 12/12 = DAR2013, 38 = ZfS2013, 51; OLG Koblenz, Beschluss vom 16.10.2009 - 1 SsRS 71/09 [bei juris]).

Nach den aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen wurde das Messgerät nach den Vorgaben der Gebrauchsanweisung durch den mit der konkreten Messung betrauten und geschulten polizeilichen Messbeamten bedient und es ergaben sich keine Anhaltspunkte für eine Fehlfunktion.

Aufgrund dessen ist, nachdem auch der erforderliche Toleranzabzug vorgenommen wurde, von der Richtigkeit des Messergebnisses auszugehen mit der Folge, dass in der Ablehnung der Überlassung einer entschlüsselten Messdatei auch ein Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens nicht erblickt werden kann.

cc) Selbst wenn man dies anders sehen und im Hinblick auf das faire Verfahren einen unbedingten Anspruch auf Einsicht des Betroffenen in die Messdatei auch dann zubilligen wollte, wenn klar ist, dass er damit gerade nicht die Tatvorwürfe erschüttern könnte, weil diese aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme sich zur Überzeugung des Tatgerichts als zutreffend erwiesen haben, müssten jedenfalls -nachdem aufgrund der bisherigen Darlegungen die Richtigkeit der Verurteilung eben nicht in Zweifel steht - nicht nur eine unzulässige Beschränkung der Verteidigung in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt, sondern auch der für § 338 Nr. 8StPO erforderliche konkretkausale Zusammenhang zwischen der Ablehnung der beantragten Überlassung der Messdatei und dem Urteil verneint werden. Darüber hinaus ist aus denselben Gründen auszuschließen, dass das Urteil auf der Ablehnung des Einsichtsrechts i. S. d. § 337 Abs. 1StPO beruht, weil davon auszugehen ist, dass selbst die Überprüfung der Messdatei durch einen Sachverständigen zu keinem abweichenden Ergebnis führen würde.

d) Der Senat verkennt nicht, dass grundsätzlich die Reichweite der tatrichterlichen Aufklärungspflicht einerseits und das Recht des Betroffenen an der Mitwirkung der Sachaufklärung andererseits nicht miteinander vermengt werden dürfen in dem Sinne, dass dieses Mitwirkungsrecht a priori an den Grenzen der Aufklärungspflicht enden würde. Im Ansatz zu Recht wird deshalb in der Literatur darauf hingewiesen, dass dieses Recht in keinem Zusammenhang mit der Aufklärungspflicht des Gerichts stehe (vgl. Cierniak/Niehaus NStZ2014, 527).

aa) Wegen der aufgezeigten Besonderheiten des standardisierten Messverfahrens kommt es aber nach einer durchgeführten Beweisaufnahme, in der sich der Tatrichter zweifelsfrei von der Einhaltung der Prämissen für ein standardisiertes Messverfahren überzeugt hat, im Ergebnis zum Gleichlauf von Aufklärungspflicht und fairtrial-Grundsatz. Denn es würde einen nicht auflösbaren Wertungswiderspruch darstellen, wenn einerseits der durch ein standardisiertes Messverfahren ermittelte Geschwindigkeitswert ausreichende Grundlage für eine Verurteilung des Betroffenen sein soll, soweit die Beweisaufnahme die Einhaltung der Prämissen für ein standardisiertes Verfahren ergeben haben, andererseits aber gleichwohl einem Antrag auf Überlassung der Messdatei, der allein das Ziel hat, die Richtigkeit des so ermittelten Messwerts zu erschüttern, unter dem Gesichtspunkt des fairen Verfahrens stattgegeben werden müsste. Gänzlich unhaltbar, weil nicht mehr mit den Gesetzen der Logik vereinbar, wäre es aus den oben genannten Erwägungen überdies, wenn bei solchen Gegebenheiten gar angenommen würde, die tatrichterliche Entscheidung beruhte auf der Ablehnung des entsprechenden Antrags des Betroffenen auf Überlassung der digitalen Messdatei.

bb) Im Übrigen belegt die Vorschrift des § 77 Abs. 2 Nr. 1OWiG, dass im Bußgeldverfahren das Beweisantragsrecht, welches eine konkrete Ausprägung des Verfahrensgrundrechts des Betroffenen auf aktive Teilnahme an der Verfahrensgestaltung im Allgemeinen und der Sachaufklärung im Besonderen darstellt, deutlich eingeschränkter als im Strafverfahren ist. In diesem Punkt besteht ein nicht nur marginaler Unterschied zwischen dem Strafprozess und dem (gerichtlichen) Bußgeldverfahren. Beweisanträge im Bußgeldverfahren sind nach der genannten Bestimmung gerade nicht den strengen Vorgaben des § 244 Abs. 3 bis 6StPO unterworfen, die mit der Amtsaufklärungspflicht aus § 244 Abs. 2StPO zweifelsfrei nicht korrelieren. Vielmehr sind sie aufgrund der Spezialvorschrift des § 77 Abs. 2 Nr. 1OWiG unter dem Gesichtspunkt der Amtsaufklärungspflicht zu behandeln (vgl. KK/Senge OWiG 4. Aufl. § 77 Rn. 16 m. w. N.). Hieraus kann aber ohne weiteres der allgemeine Grundsatz abgeleitet werden, dass nach dem gesetzgeberischen Willen das Recht des Betroffenen zur Mitwirkung bei der Sachaufklärung bei dem Vorwurf einer Ordnungswidrigkeit dem Primat der Amtsaufklärungspflicht unterworfen ist.

e) Entgegen einer bisweilen in der Rechtsprechung von Amtsgerichten (AG Kassel, Beschluss vom 23.12.2015 - 381 OWi 315/15 [bei juris]; AG Emmendingen, Beschluss vom 13.11.2014 - 5 OWi 530 Js17298/13 [bei juris]) und der Literatur (Rinklin jurisPR-StrafR 6/2015 Anm. 3) geäußerten Auffassung resultiert das hier gefundene Ergebnis auch keineswegs aus einem „Zirkelschluss“; zutreffend ist vielmehr das Gegenteil.

aa) Schon der Ausgangspunkt dieser Ansicht trifft nicht zu. Es ist bereits nicht etwa so, dass ein Betroffener gehalten wäre, zu seiner Verteidigung Anhaltspunkte für Messfehler dem Gericht aufzuzeigen (so aber AG Bergisch Gladbach, Beschluss vom 02.10.2015 - 48 OWi 355/15 [bei juris], das sogar davon spricht, es bedürfe erst dann einer Beweisaufnahme zu der Frage, ob im konkreten Fall tatsächlich eine richtige Messung stattgefunden habe, wenn der Verteidigung es gelungen sei, Anhaltspunkte darzulegen, die für eine Unrichtigkeit der Messung sprechen könnten). Eine derartige Sichtweise widerspricht grundlegenden Rechtsstaatsprinzipien, weil sie darauf hinausläuft, dem Betroffenen eine Mitwirkungsobliegenheit in dem Sinne zu überbürden, dass er seine Unschuld nachzuweisen oder zumindest belastende Indizien zu erschüttern hätte. Vielmehr ist der Tatrichter sehr wohl verpflichtet, die Richtigkeit des durch das Messgerät ermittelten Geschwindigkeitswerts einer kritischen Überprüfung zu unterziehen.

bb) Die Anforderungen an die tatrichterliche Untersuchung sind allerdings - wie dargelegt - nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung bei standardisierten Messverfahren geringer, als dies sonst der Fall ist. Das Gericht muss in solchen Fällen nur dann Anhaltspunkten nachgehen, wenn sie sich aus den äußeren Umständen ergeben. Die Prüfung, ob derartige Anhaltspunkte gegeben sind, kann logischerweise nicht darauf hinauslaufen, dass die Messdatei mithilfe eines Sachverständigen überprüft werden müsste. Denn wollte man dies fordern, so wäre das standardisierte Messverfahren letztlich ad absurdum geführt. Durch dieses Instrument soll der Tatrichter gerade davon entbunden werden, in jedem Einzelfall die Messdatei auf etwaige Fehlerquellen durch einen Sachverständigen überprüfen zu lassen. Wenn aber die Überprüfung der Messdatei andererseits Prämisse für die Anerkennung eines standardisierten Messverfahrens wäre, welches gerade von der Verpflichtung zur Überprüfung der Messdatei entbinden sollte, so wäre allein bei einem derartigen Denkansatz der Vorwurf der Zirkelschlüssigkeit gerechtfertigt.

3. Der Anspruch des Betroffenen auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1GG) ist schon deshalb nicht beeinträchtigt worden, weil das Amtsgericht gemäß § 261StPO ausschließlich auf der Grundlage des in der Hauptverhandlung ausgebreiteten und abgehandelten Tatsachenstoffs entschieden und der Betroffene und seine Verteidigung insoweit hinreichende Gelegenheit hatten, sich zu diesem Tatsachenstoff um fassend zu äußern (st.Rspr., vgl. nur BVerfGE18, 399/405 f.; 34, 1/7 und 36, 92/97; ferner u. a. BGHSt30, 131/141). Die digitale Messdatei war aber gerade nicht Gegenstand der Urteilsfindung des Amtsgerichts. Im Übrigen vermittelte Art. 103 Abs. 1GG keinen - jedenfalls keinen über das Recht auf ein faires Verfahrens hinausgehenden - Anspruch auf Erweiterung der Gerichtsakten (BVerfGE63, 45/60 f.; Cierniak/Niehaus DAR2014, 2, 4 m. w. N.).

III. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1StPO i. V. m. § 46 Abs. 1OWiG.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Bamberg Beschluss, 04. Apr. 2016 - 3 Ss OWi 1444/15

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht Bamberg Beschluss, 04. Apr. 2016 - 3 Ss OWi 1444/15

Referenzen - Gesetze

Oberlandesgericht Bamberg Beschluss, 04. Apr. 2016 - 3 Ss OWi 1444/15 zitiert 9 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Strafprozeßordnung - StPO | § 267 Urteilsgründe


(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese

Strafprozeßordnung - StPO | § 338 Absolute Revisionsgründe


Ein Urteil ist stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen, 1. wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; war nach § 222a die Mitteilung der Besetzung vorgeschrieben, so kann die Revision auf die vorschriftswid

Straßenverkehrsgesetz - StVG | § 25 Fahrverbot


(1) Wird gegen die betroffene Person wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 24 Absatz 1, die sie unter grober oder beharrlicher Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, eine Geldbuße festgesetzt, so kann ihr die Verwaltungsbeh

Strafprozeßordnung - StPO | § 147 Akteneinsichtsrecht, Besichtigungsrecht; Auskunftsrecht des Beschuldigten


(1) Der Verteidiger ist befugt, die Akten, die dem Gericht vorliegen oder diesem im Falle der Erhebung der Anklage vorzulegen wären, einzusehen sowie amtlich verwahrte Beweisstücke zu besichtigen. (2) Ist der Abschluss der Ermittlungen noch nicht

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Oberlandesgericht Bamberg Beschluss, 04. Apr. 2016 - 3 Ss OWi 1444/15 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Oberlandesgericht Bamberg Beschluss, 04. Apr. 2016 - 3 Ss OWi 1444/15 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Feb. 2014 - 1 StR 355/13

bei uns veröffentlicht am 11.02.2014

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 S t R 3 5 5 / 1 3 vom 11. Februar 2014 in der Strafsache gegen wegen Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. Februar 2014 beschlossen : I. Auf die Revision des A

Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Nov. 2004 - 5 StR 299/03

bei uns veröffentlicht am 11.11.2004

Nachschlagewerk: ja BGHSt : ja Veröffentlichung: ja StGB § 266 Abs. 1; StPO § 147 Abs. 2, § 344 Abs. 2 Satz 2; AO § 370 Abs. 1; EStG § 11 Abs. 1 Satz 1; IRG § 72 1. Zulässigkeit der Verwertung von Unterlagen, die im Wege der Rechtshilfe in der Schw

Oberlandesgericht Nürnberg Beschluss, 11. Feb. 2015 - 2 Ws 8/15

bei uns veröffentlicht am 11.02.2015

Tenor 1. Es wird festgestellt, dass die Verfügung der Vorsitzenden der 3. großen Strafkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 03.12.2014 rechtswidrig war. 2. Die Staatskasse trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die notwendi

Referenzen

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 S t R 3 5 5 / 1 3
vom
11. Februar 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. Februar 2014 beschlossen
:
I. Auf die Revision des Angeklagten R. gegen das Urteil des
Landgerichts Augsburg vom 21. Dezember 2012 wird
1. das Verfahren unter Erstreckung auf die Angeklagten
H. und N. eingestellt, soweit in den Fällen B.I.6.a)
Nr. 1 bis 3 der Urteilsgründe die Angeklagten R. und
H. wegen Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr
bzw. der Angeklagte N. wegen Bestechung im geschäftlichen
Verkehr verurteilt worden sind; im Umfang der
Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen
Auslagen der Angeklagten der Staatskasse zur
Last;
2. das genannte Urteil unter Erstreckung auf die Angeklagten
H. und N. geändert,

a) im Schuldspruch dahin, dass der Angeklagte R. der
Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr in 60 Fällen,
der Angeklagte H. der Bestechlichkeit im geschäftlichen
Verkehr in 180 Fällen und der Angeklagte N.
der Bestechung im geschäftlichen Verkehr in 180 Fällen
schuldig sind, und

b) im Rechtsfolgenausspruch dahin, dass hinsichtlich der
Verfallsentscheidung festgestellt wird, dass hinsichtlich
des Angeklagten R. wegen eines Geldbetrages in
Höhe von 899.050 Euro sowie hinsichtlich des Ange-
klagten H. wegen eines Betrages in Höhe von
2.804.006,96 Euro, den die Angeklagten jeweils aus der
Tat erlangt haben, von der Anordnung von Wertersatzverfall
nur deshalb abgesehen wird, weil Ansprüche von
Verletzten entgegenstehen.
3. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.
II. Der Beschwerdeführer hat die verbleibenden Kosten seines
Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten R. wegen Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr in 63 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten verurteilt und ihn im Übrigen freigesprochen. Zugleich hat es den Angeklagten H. wegen Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr in 183 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten sowie den Angeklagten N. wegen Bestechung im geschäftlichen Verkehr in 183 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt und sie im Übrigen freigesprochen. Zudem hat es u.a. festgestellt , dass hinsichtlich des Angeklagten R. wegen eines Geldbetrages von 1.041.050 Euro sowie hinsichtlich des Angeklagten H. wegen eines Geldbetrages von 2.946.006,96 Euro nur deshalb nicht auf Wertersatzverfall erkannt wird, weil Ansprüche Verletzter entgegenstehen.
2
Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte R. mit seiner auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat nur in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO), im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

I.


3
Das Landgericht hat u.a. folgende, den Angeklagten R. betreffende Feststellungen und Wertungen getroffen:
4
1. Der Angeklagte R. war hochrangiger Manager des M. Konzerns. Als Geschäftsführer Vertrieb und Personal der M. Management GmbH war er Mitglied des Entscheidungsgremiums für die zukünftige Ausgestaltung des bundesweiten Vertriebs von DSL-Verträgen in den M. . Im zweiten Quartal 2005 wurde die Entscheidung für den externen Vertrieb der DSL-Verträge durch eine zentral für alle M. bundesweit zuständige Marketingagentur getroffen. Der Auftrag für den Vertrieb der DSL-Verträge wurde an eine vom Angeklagten N. geführte Agentur vergeben. Der Auftragsvergabe waren Gespräche des Angeklagten N. mit dem Angeklagten H. , der als Mitglied des M. Management Teams in die Entscheidungen des Projekts „DSL-Verträge“ in beratender Funktion ein- gebunden war, vorausgegangen, in denen der Angeklagte N. für den Fall der Auftragserteilung Schmiergeldzahlungen in Höhe von je 5 Euro pro „Manntag“ an die Angeklagten R. und H. in Aussicht stellte. Der Angeklagte H. gab dieses Angebot an den Angeklagten R. weiter, der sich ebenfalls mit dem Vorschlag einverstanden erklärte. In Umsetzung der Vereinbarung zahlte der Angeklagte N. im Zeitraum November 2005 bis März 2010 in 52 Fällen insgesamt 1.162.100 Euro in bar an den Angeklagten H. , der davon absprachegemäß jeweils wenige Tage nach der Geldübergabe die Hälfte der Schmiergelder an den Angeklagten R. weitergab.
5
Als Anfang des Jahres 2010 die Insolvenz der vom Angeklagten N. geführten Marketingagentur drohte, brachte er gegenüber dem Angeklagten H. die Übernahme des Vertriebs der DSL-Verträge durch die Agentur der früheren Mitangeklagten G. und L. unter Aufrechterhaltung der Schmiergeldabrede ins Spiel. Der Angeklagte H. besprach diesen Vorschlag mit dem Angeklagten R. . Beide kamen überein, den Auftragsübergang unternehmensintern zu unterstützen, wenn die Schmiergelder auch weiterhin gezahlt würden. Dies sagte der Angeklagte N. auch im Namen von G. und L. zu. Im April 2010 wurde der Auftrag - ohne dass der Auftrag ausgeschrieben oder Konkurrenzangebote eingeholt worden wären - an die Agentur von G. und L. vergeben, an der auch der Angeklagte N. über einen Strohmann beteiligt war. Hinsichtlich der Schmiergeldzahlungen einigten sich die Angeklagten auf ein modifiziertes Abrechnungsmodell, das vorsah, dass beginnend am 1. Juli 2010 quartalsweise zunächst 80.000 Euro an Schmiergeld ausgezahlt werden und mit Ablauf des Quartals eine Abrechnung auf Basis der tatsächlich geleisteten „Manntage“ erfolgen sollte. Im Zeitraum September 2010 bis Oktober 2011 wurden in 11 Fällen insgesamt 935.000 Euro in bar an den Angeklagten H. übergeben, von denen dieser 460.000 Euro teils bis zu mehreren Wochen nach der Geldübergabe an den Angeklagten R. weiterleitete.
6
2. Das Landgericht hat das Geschehen bezüglich des Angeklagten R. als Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr gemäß § 299 Abs. 1 StGB gewer- tet und dabei jede Geldübergabe als rechtlich selbständige Tat angesehen. Im Rahmen der Strafzumessung hat es den Strafrahmen des § 300 Satz 1 StGB zugrunde gelegt. Der Angeklagte R. habe gewerbsmäßig (§ 300 Satz 2 Nr. 2 Alt. 1 StGB) sowie als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat (§ 300 Satz 2 Nr. 2 Alt. 2 StGB), gehandelt. Zudem bezögen sich die Taten in Fällen, in denen dem Angeklagten R. Schmiergeldzahlungen von mehr als 50.000 Euro zugeflossen seien, auf einen Vorteil großen Ausmaßes (§ 300 Satz 2 Nr. 1 StGB).

II.


7
Die von der Revision geltend gemachten Rügen der Verletzung von Verfahrensrecht greifen nicht durch.
8
1. Die vom Angeklagten R. erhobene Verfahrensrüge, mit der er eine unzulässige Beschränkung der Verteidigung gemäß § 338 Nr. 8 StPO sowie eine Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren gemäß Art. 20 Abs. 3 GG, Art. 6 Abs. 3 Buchst. a und b MRK durch rechtsfehlerhafte Ablehnung eines Antrags auf Aussetzung des Verfahrens zur Gewährung vollständiger Akteneinsicht in zumutbarer Weise geltend macht, hat keinen Erfolg.
9
a) Der Verfahrensrüge liegt im Wesentlichen folgendes Geschehen zugrunde :
10
aa) Im Ermittlungsverfahren gegen den Angeklagten R. und die übrigen Angeklagten wurden umfangreiche Telekommunikationsüberwachungsmaßnahmen durchgeführt, im Rahmen derer ca. 45.000 Telefongespräche aufgezeichnet sowie ca. 34.000 weitere Datensätze (z.B. SMS/MMS, Systemdateien , Reportdateien) gespeichert wurden.
11
Anträge der Verteidigung auf Einsichtnahme in die Telekommunikationsüberwachung unter Überlassung der Tondateien auf einem Datenträger wurden von der Staatsanwaltschaft sowie durch das Landgericht unter Verweis auf Persönlichkeitsschutzinteressen Dritter abgelehnt und die Verteidigung auf die Möglichkeit verwiesen, die Aufzeichnungen der Telefongespräche in den Räumlichkeiten der Kriminalpolizei abzuhören. Im Dezember 2011 wurden dem Verteidiger Rechtsanwalt Dr. J. zunächst die Mitschnitte von 27 Telefongesprächen , im April 2012 von weiteren ca. 2.200 Gesprächen zur Verfügung gestellt. Auf Beschwerde des Angeklagten ordnete das Landgericht am 3. Mai 2012 - mithin einen Monat vor Beginn der Hauptverhandlung - das Aufspielen sämtlicher Tondateien auf ein Notebook und das Ermöglichen des Abhörens der Telefongespräche auch gemeinsam mit dem Angeklagten in der Justizvollzugsanstalt an. Im Übrigen blieb die Beschwerde ohne Erfolg.
12
Ab dem 9. Mai 2012 wurden die Tondateien auf dem Notebook in der Form zur Verfügung gestellt, dass die Gespräche aus einer Liste ausgewählt werden konnten, aus der sich Datum und Uhrzeit des Gesprächsbeginns, die Identnummer sowie der Dateiname ergaben. In der Liste waren auch aufgelaufene SMS enthalten, die jedoch aufgrund technischer Einschränkungen teilweise nicht in ihrem vollen Wortlaut abgedruckt waren. Anträge der Verteidigung auf Überlassung einer Auflistung sämtlicher Telefongespräche, in der auch die Gesprächsteilnehmer und deren Rufnummern sowie die Dauer des Gesprächs enthalten waren, blieben - auch im Beschwerdeverfahren - ohne Erfolg. Hinsichtlich der SMS wurde die Verteidigung auf eine Bereitstellung des vollen Wortlauts auf Einzelanforderung verwiesen.
13
Bis zum Beginn der Hauptverhandlung am 6. Juni 2012 wurden durch den Verteidiger Rechtsanwalt Dr. J. an sieben Terminen - davon zwei Termine nach Aufspielen der Audiodateien auf ein Notebook - Gespräche angehört. Während der laufenden Hauptverhandlung kamen weitere 16 Termine zustande, bei denen Rechtsanwalt Dr. J. sich teilweise durch einen Kollegen unterstützen ließ. Nach dem 31. Oktober 2012 wurden seitens der Verteidigung keine weiteren Termine zum Anhören von Telefongesprächen nachgefragt.
14
bb) Im Ermittlungsverfahren wurden zudem ca. 14 Mio. elektronische Dateien (z.B. Emails, Dokumente) sichergestellt. Diese wurden der Verteidigung am 22. Mai 2012 in durch das Landeskriminalamt aufbereiteter Form zur Verfügung gestellt, weshalb zur Auswertung der Daten eine spezielle Software mit Anschaffungskosten von ca. 4.000 Euro erforderlich war. Der Antrag der Verteidigung auf Zurverfügungstellung der Softwarelizenz bzw. auf Erklärung der Kostenübernahme wurde durch das Landgericht im Laufe der Hauptverhandlung mit Beschluss vom 16. Juli 2012 abgelehnt. Die Dateien wurden schließlich am 4. September 2012 - mithin knapp drei Monate nach Beginn der Hauptverhandlung - in ihrer ursprünglichen Form überlassen.
15
cc) Im März 2012 beantragte die Verteidigung, dem Angeklagten R. in der Justizvollzugsanstalt Einsicht in die elektronisch geführten Verfahrensakten zu gewähren. Der Vorsitzende der Strafkammer gestattete dies und übertrug die organisatorische Abwicklung der Justizvollzugsanstalt. Aufgrund technischer Schwierigkeiten wurde dem Angeklagten R. erstmals am 29. Mai 2012 - mithin eine Woche vor Beginn der Hauptverhandlung am 6. Juni 2012 - Akteneinsicht gewährt, wobei ein Computer nur von montags bis freitags in der Zeit von 9.00 Uhr bis 11.00 Uhr sowie von 13.00 Uhr bis 16.00 Uhr zur Verfügung stand und dieser auch von Mitgefangenen genutzt wurde.
16
dd) Den am zweiten Hauptverhandlungstag am 26. Juni 2012 gestellten und während des Fortgangs der Hauptverhandlung stetig erneuerten Antrag auf Aussetzung des Verfahrens, um die Auswertung der aufgezeichneten Telefongespräche und der sichergestellten Dateien in zumutbarer Weise zu ermöglichen und dem Angeklagten R. vollständige Einsicht in die elektronischen Akten zu gewähren, lehnte die Kammer am 14. November 2012 mit der Begründung ab, eine unzulässige Beschränkung des Akteneinsichtsrechts liege nicht vor. Der Verteidigung sei zeitnah die Möglichkeit gegeben worden, die Telefongespräche bei der Polizei, ab Mai 2012 auch gemeinsam mit dem Angeklagten in der Justizvollzugsanstalt anzuhören. Der Email-Verkehr sei der Verteidigung in aufbereiteter und zusätzlich in seiner ursprünglichen Form zur Verfügung gestellt worden, da der Angeklagte nicht bereit gewesen sei, die Auswertungssoftware anzuschaffen. Verzögerungen lägen in der Sphäre der Verteidigung, insbesondere habe der Verteidiger sich bei der Besichtigung nicht der Unterstützung durch Hilfspersonen bedient; die beiden weiteren Verteidiger hätten von ihrem Akteneinsichtsrecht gar keinen Gebrauch gemacht.
17
b) Es bestehen bereits Zweifel, ob die Verfahrensrüge den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügt.
18
Für die Annahme, die Verteidigung sei in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt beschränkt worden, reicht es nicht aus, dass diese Beschränkung nur generell (abstrakt) geeignet ist, die gerichtliche Entscheidung zu beeinflussen. Vielmehr ist der absolute Revisionsgrund des § 338 Nr. 8 StPO nur dann gegeben, wenn die Möglichkeit eines kausalen Zusammenhangs zwischen dem Verfahrensverstoß und dem Urteil konkret besteht (vgl. Nachweise bei Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl., § 338 Rn. 59 und Gericke in KK-StPO, 7. Aufl., § 338 Rn. 101). Bei der Rüge der Beschränkung der Verteidigung durch rechtsfehlerhafte Ablehnung eines Antrags auf Aussetzung des Verfahrens zur Gewährung vollständiger Akteneinsicht in zumutbarer Art und Weise (§ 265 Abs. 4, § 147 Abs. 1 StPO) ist daher ein substantiierter Vortrag erforderlich, welche Tatsachen sich aus welchen genau bezeichneten Stellen der Akten ergeben hätten und welche Konsequenzen für die Verteidigung daraus folgten (vgl. BGH, Beschlüsse vom 23. Februar 2010 - 4 StR 599/09, NStZ 2010, 530, 531 und vom 2. Februar 1999 - 1 StR 636/98, StV 2000, 248, 249 jeweils mwN).
19
Zwar trägt die Revision „exemplarisch“ drei Telefongespräche vor, die nach ihrer Auffassung die vom Landgericht angenommene Tatbeteiligung des Angeklagten R. widerlegen sollen. Jedoch war die Inaugenscheinnahme der Mitschnitte dieser Telefongespräche bereits Gegenstand eines bedingten Beweisantrags des Angeklagten R. vom 13. Dezember 2012, den das Landgericht in den Urteilsgründen rechtsfehlerfrei gemäß § 244 Abs. 5 Satz 1 StPO abgelehnt hat. Konkrete weitere Erkenntnisse, die sich aus der Einsichtnahme in die aufgezeichneten Telefongespräche oder die sonstigen sichergestellten Dateien ergeben hätten, trägt die Revision dagegen nicht vor.
20
Der Senat verkennt im Zusammenhang der Anforderungen an den Tatsachenvortrag (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO) bei der hier erhobenen Verfahrensrüge nicht, dass bei sehr umfangreichen Akten einschließlich umfänglichen Beweismaterials die Angabe konkreter Tatsachen sowie der sich daraus für den Revisionsvortrag ergebenden Konsequenzen für einen Revisionsführer mit erheblichem Aufwand verbunden sein kann. Welche aus § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO resultierenden Erfordernisse an die Zulässigkeit einer entsprechenden Rüge in derartigen Konstellationen zu stellen sind, bedarf jedoch vorliegend keiner Entscheidung.
21
c) Die Verfahrensrüge ist nämlich jedenfalls nicht begründet. Es fehlt an einer für die Annahme einer unzulässigen Beschränkung der Verteidigung erforderlichen Verletzung einer Verfahrensvorschrift (BGH, Beschluss vom 14. November 1997 - 3 StR 529/97, BGHR StPO § 338 Nr. 8 Beschränkung 5). Eine Verletzung des Rechts auf Akteneinsicht und Besichtigung amtlich verwahrter Beweisstücke gemäß § 147 Abs. 1 StPO liegt im Ergebnis nicht vor.
22
aa) Die Beanstandungen der Revision, es sei im Hinblick auf diegroße Datenmenge angesichts der eingeschränkten Dienst- und Öffnungszeiten nicht ausreichend gewesen, das Abhören nur in Räumlichkeiten der Kriminalinspektion oder der Justizvollzugsanstalt zu gestatten, greifen nicht durch.
23
(1) Die aufgezeichneten Daten der Telekommunikationsüberwachung unterliegen insgesamt dem Recht auf Akteneinsicht und Besichtigung amtlich verwahrter Beweisstücke gemäß § 147 Abs. 1 StPO, das - konkretisiert durch die Identität von Tat und Täter - jedenfalls das gesamte vom ersten Zugriff der Polizei (§ 163 StPO) an gesammelte Beweismaterial einschließlich etwaiger Bild- und Tonaufnahmen umfasst, das gerade in dem gegen den Angeklagten gerichteten Ermittlungsverfahren angefallen ist (BGH, Urteil vom 18. Juni 2009 - 3 StR 89/09, StV 2010, 228; vgl. auch Esser in Löwe/Rosenberg, StPO, Band 11, 26. Aufl., EMRK Art. 6 Rn. 636 mwN).
24
Bei den Tonaufzeichnungen handelt es sich um Augenscheinobjekte, die als Beweisstücke nach § 147 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 147 Abs. 1 StPO grund- sätzlich nur am Ort ihrer amtlichen Verwahrung besichtigt bzw. bei Tonaufzeichnungen angehört werden können. Der Senat kann offen lassen, ob in Fällen , in denen die bloße Besichtigung zu Informationszwecken nicht ausreichend ist, im Einzelfall zur Gewährleistung einer angemessenen Verteidigung und eines fairen Verfahrens ein Anspruch auf Anfertigung und Überlassung einer Kopie besteht (Meyer-Goßner aaO, § 147 Rn. 19; Laufhütte/Willnow in KK-StPO, 7. Aufl., § 147 Rn. 10; Lüderssen/Jahn in Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 147 Rn. 112, 117; Wessing in Beck-OK-StPO, Stand 30. September 2013, § 147 Rn. 19; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 29. Mai 2012 - 2 Ws 146/12, NJW 2012, 2742; OLG Frankfurt, Beschluss vom 13. September 2001 - 3 Ws 853/01, StV 2001, 611; für einen generellen Anspruch auf Überlassung einer Kopie: Beulke/Witzigmann, StV 2013, 75, Meyer-Mews, NJW 2012, 2743).
25
(2) Ein derartiger Ausnahmefall liegt hier nicht vor; das Recht auf Akteneinsicht und Besichtigung amtlich verwahrter Beweisstücke wurde in ausreichendem Umfang gewährt.
26
(a) Für die Verteidigung bestand zumindest seit dem 9. Mai 2012 die Möglichkeit, sämtliche im Ermittlungsverfahren aufgezeichneten Telefongespräche in den Räumlichkeiten der Kriminalinspektion anzuhören. Daneben war ab diesem Zeitpunkt auch sichergestellt, dass die Mitschnitte der Telefongespräche gemeinsam mit dem Angeklagten in der Justizvollzugsanstalt angehört werden konnten (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 30. September 1994 - 2 Ws 400/94, StV 1995, 12; OLG Frankfurt, Beschluss vom 13. September 2001 - 3 Ws 853/01, StV 2001, 611, Laufhütte/Willnow in KK-StPO, aaO, § 147 Rn. 10).
27
(b) Entgegen der Auffassung der Revision ist dabei nicht zu beanstanden , dass der Verteidigung keine Auflistung der aufgezeichneten Gespräche mit zusätzlichem Ausweis der Gesprächsteilnehmer und ihrer Rufnummern sowie der Gesprächsdauer zur Verfügung gestellt wurden. Das Recht auf Besichtigung von Beweisstücken erfasst diese lediglich in ihrem gegenwärtigen Zustand. Ein Anspruch auf Erstellung weiterer Aktenteile besteht nicht (vgl. zur Übersetzung von in fremder Sprache geführten Telefongesprächen BGH, Beschluss vom 4. Dezember 2007 - 3 StR 404/07, NStZ 2008, 230; OLG Koblenz, Beschluss vom 30. Juni 1995 - 1 Ws 322/95, NStZ 1995, 611).
28
(c) Bei der Gewährung des Akteneinsichtsrechts und des Rechts auf Besichtigung amtlich verwahrter Beweisstücke sind die in Art. 6 Abs. 1 und Abs. 3 Buchst. b EMRK enthaltenen Gewährleistungen zu berücksichtigen. Dabei muss der Verteidigung eine auch in zeitlicher Hinsicht ausreichende Gelegenheit gegeben werden, in die Akten und die Beweismittel Einblick zu nehmen (vgl. EGMR, Urteil vom 12. März 2003 - 46221/99 „Öcalan ./. Turkey“ Abs. 166169 ; bestätigend EGMR (Große Kammer), Urteil vom 12. Mai 2005 - 46221/09 „Öcalan ./. Turkey“ Abs. 146-148; siehe auch Esser aaO, Rn. 647 mwN).
29
Es lässt sich hier aber nicht erkennen, dass die Verteidigung in der Zeit vom 9. Mai 2012 bis zur Urteilsverkündung am 21. Dezember 2012 nicht in zumutbarer Weise in der Lage gewesen wäre, die Gesprächsaufzeichnungen abzuhören. Denn die Verteidigung hat aufgrund von ihr zu vertretener Umstände die gewährten Möglichkeiten zur Besichtigung der Beweismittel nicht ausgeschöpft. Insoweit treffen den Angeklagten und seine Verteidigung prozessuale Obliegenheiten, sich um die Erlangung der benötigten Informationen innerhalb einer angemessenen Frist zu bemühen (vgl. EGMR, Urteil vom 21. September 1993 - 12350/86 „Kremzow ./. Austria“ Abs. 48 und 50; SK-StPO/Paeffgen, 4. Aufl., Band X, EMRK Art. 6 Rn. 130 mwN). Zwar muss sich der Verteidiger Rechtsanwalt Dr. J. nicht darauf verweisen lassen, dass er sich bei der Sichtung der Beweismittel der Unterstützung weiterer Hilfspersonen hätte bedienen können (zur Zulässigkeit der Übertragung des Akteneinsichtsrechts auf juristische Mitarbeiter und Sachverständige vgl. OLG Brandenburg, Beschluss vom 20. September 1995 - 2 Ws 174/95; Esser, aaO, Rn. 647). Ebenso wenig kann ihm zum Vorwurf gemacht werden, dass die beiden anderen Verteidiger des Angeklagten nicht von ihrem Recht auf Besichtigung der Beweisstücke Gebrauch gemacht haben. Denn das Recht auf Akteneinsicht bzw. Besichtigung der Beweismittel besteht in vollem Umfang für jeden der Verteidiger in eigener Person (Laufhütte/Willnow in KK-StPO, aaO, § 147 Rn. 3).
30
Jedoch erfordert die Annahme einer unzureichenden Gewährung des Rechts auf Akteneinsicht bzw. auf Besichtigung von Beweisstücken, dass die Verteidigung durchgehend im Rahmen der Zumutbarkeit von den ihr eröffneten Möglichkeiten zur Akteneinsicht bzw. zur Besichtigung von Beweismitteln Gebrauch macht. Seitens der Verteidigung wurden nach dem 31. Oktober 2012 keine Termine mehr für das Abhören weiterer Gespräche durchgeführt.
31
bb) Mit der Beanstandung, die Bereitstellung der sonstigen sichergestell- ten elektronischen Dateien in „verschlüsselter“ Form sei nicht ausreichend ge- wesen, eine Auswertung der erst drei Monate nach Beginn der Hauptverhandlung in ihrer ursprünglichen Form zur Verfügung gestellten Dateien sei zeitlich nicht möglich gewesen, dringt die Revision im Ergebnis ebenfalls nicht durch.
32
In diesem Zusammenhang braucht der Senat nicht zu entscheiden, ob die Verteidigung auf die Anschaffung einer speziellen Auswertungssoftware zur Lesbarmachung entsprechender Dateien auf eigene Kosten verwiesen werden kann. Daran könnten Zweifel zumindest dann bestehen, wenn - wie hier - das fragliche Datenmaterial bei dem Zugriff der Ermittlungsbehörden darauf in einer mit Standardprogrammen lesbaren Form vorlagen und die Lesbarkeit allein mit einer speziellen Software erst durch Verschlüsselungsmaßnahmen der Polizei hervorgerufen worden ist. Auch wenn diese Vorgehensweise, die mit einer Verzögerung des Zugriffs auf die Beweismaterialien einhergehen kann, hier zu einer Verletzung des Akteneinsichtsrechts geführt haben sollte, beruhte das angefochtene Urteil auf einer solchen Rechtsverletzung nicht.
33
Denn die Dateien standen in ihrer ursprünglichen Form der Verteidigung seit dem 4. September 2012 und damit für einen Zeitraum von mehr als drei Monaten vor der Verkündung des Urteils zur Verfügung. Dass die Verteidigung in dieser Zeit nicht in ausreichendem Umfang in der Lage gewesen sein sollte, die Dateien einzusehen, ist nicht ersichtlich.
34
cc) Auch der von der Revision gerügte Umstand, dass dem Angeklagten die elektronische Ermittlungsakte erst eine Woche vor Beginn der Hauptverhandlung zugänglich gemacht wurde und ihm diese aufgrund der eingeschränkten Nutzungszeiten des Computers nicht jederzeit zur Verfügung stand, führt nicht zu einem Verstoß gegen § 147 StPO.
35
Das Recht auf Akteneinsicht gemäß § 147 Abs. 1 StPO steht grundsätzlich ausschließlich dem Verteidiger zu. Da sachgerechte Verteidigung voraussetzt , dass der Angeklagte weiß, worauf sich der gegen ihn gerichtete Vorwurf stützt, ist der Verteidiger in der Regel berechtigt und unter Umständen sogar verpflichtet, dem Angeklagten zu Verteidigungszwecken mitzuteilen, was er aus den Akten erfahren hat (BGH, Urteil vom 3. Oktober 1979 - 3 StR 264/79, BGHSt 29, 99, 102 f.; Laufhütte/Willnow in KK-StPO, aaO, § 147 Rn. 14). Lediglich der unverteidigte Angeklagte hat gemäß § 147 Abs. 7 StPO Anspruch auf Erteilung von Auskünften und Abschriften aus den Akten, soweit dies zu einer angemessenen Verteidigung erforderlich ist, der Untersuchungszweck nicht gefährdet wird und nicht überwiegende schutzwürdige Interessen Dritter entgegenstehen.
36
2. Soweit die Revision geltend macht, die Urteilsfeststellungen stünden im Widerspruch zu den mit Beweisantrag Anlage 46 zum Hauptverhandlungsprotokoll unter Beweis gestellten und im Ablehnungsbeschluss als bereits erwiesen angesehenen Tatsachen, verhilft dies der Verfahrensrüge nicht zum Erfolg.
37
Das Landgericht hat die Beweisbehauptung der Verteidigung, der Zeuge K. , Geschäftsführer der M. Management GmbH für den Bereich Einkauf, habe im Rahmen des Entscheidungsprozesses zur Vergabe des DSL-Projekts dem Entscheidungsgremium vorgetragen, dass nur die Agentur des Angeklagten N. bereit und in der Lage sei, das DSLProjekt in der geplanten Form umzusetzen und den Auftrag zu übernehmen, den Feststellungen in unveränderter Form zugrunde gelegt. Aus dieser als bereits erwiesen angesehenen Tatsache hat das Landgericht in nicht zu beanstandender Weise jedoch nicht die vom Angeklagten R. gewünschten Schlüsse - nämlich das Fehlen der für § 299 StGB erforderlichen Wettbewerbslage bzw. des auf das Bestehen einer Wettbewerbslage gerichteten Vorsatzes des Angeklagten R. - gezogen.
38
3. Die übrigen Verfahrensrügen haben aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 13. August 2013 zutreffend dargelegten Gründen keinen Erfolg.

III.


39
1. Auf die Revision des Angeklagten R. ist das Verfahren in den Fällen B.I.6.a) Nr. 1 bis 3 der Urteilsgründe - gemäß § 357 Satz 1 StPO auch hinsichtlich der nicht revidierenden Angeklagten N. und H. - wegen des Verfahrenshindernisses der Strafverfolgungsverjährung gemäß § 206a Abs. 1 i.V.m. § 354 Abs. 1 StPO einzustellen. In den verbleibenden Fällen ist die Verurteilung wegen Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
40
a) Das Landgericht hat hinsichtlich des Angeklagten R. zu Recht 63 Taten der Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr angenommen. Mehrere Vorteilsannahmen stehen untereinander grundsätzlich im Verhältnis der Tatmehrheit. Von einer tatbestandlichen Handlungseinheit hinsichtlich aller aus einer Unrechtsvereinbarung erlangten Vorteile ist nur auszugehen, wenn die Annahme auf eine Unrechtsvereinbarung zurückgeht, die den zu leistenden Vorteil genau festlegt, mag er auch in bestimmten Teilleistungen zu erbringen sein (BGH, Urteile vom 18. Oktober 1995 - 3 StR 324/94, BGHSt 41, 292, 302; 11. Mai 2001 - 3 StR 549/00, BGHSt 47, 22, 30, und vom 20. August 2003 - 2 StR 160/03, wistra 2004, 29).
41
Eine solch genaue Festlegung des Vorteils bei der Unrechtsvereinbarung hat das Landgericht nicht festgestellt. Bei Zustandekommen der Unrechtsvereinbarung mit dem Angeklagten N. war lediglich vereinbart, dass als Gegenleistung für die Auftragserteilung und dessen Aufrechterhaltung Schmiergelder in Höhe von je 5 Euro pro „Manntag“ zu zahlen sind (UA S. 34). Gleiches gilt hinsichtlich der Unrechtsvereinbarung mit den Angeklagten G. und L. , die zunächst quartalsweise 80.000 Euro zahlen sollten, bevor nach Ablauf des Quartals eine Abrechnung auf Basis der geleisteten „Manntage“ erfolgte (UA S. 59). Das genaue Volumen der Schmiergeldzahlungen war damit im Zeitpunkt der jeweiligen Unrechtsvereinbarung noch nicht abzusehen. Die getroffenen Vereinbarungen reichen nicht aus, die späteren Zahlungsannahmen zu einer Tat zu verbinden.
42
b) Hinsichtlich der Fälle B.I.6.a) Nr. 1 bis 3 der Urteilsgründe ist jedoch Verfolgungsverjährung eingetreten.
43
Die Einzeltaten waren bereits mit der Übergabe des Schmiergeldes an den Angeklagten H. i.S.v. § 78a StGB beendet. Nach der Unrechtsvereinbarung vereinnahmte der Angeklagte H. das Schmiergeld sowohl im eigenen Namen als auch im Namen des Angeklagten R. , weshalb die Angeklagten N. , G. und L. ihre Zahlungsverpflichtung bereits mit der Übergabe an H. als einen der Mittäter erfüllten. Die erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgte Auskehr seines Anteils an den Angeklagten R. muss daher außer Acht bleiben (vgl. auch BGH, Urteil vom 15. März 2001 - 5 StR 454/00, NJW 2001, 2102, 2105).
44
Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen ist in den Fällen B.I.6.a) Nr. 1 bis 3 der Urteilsgründe zugunsten des Angeklagten R. davon auszugehen, dass die Übergabe an den Angeklagten H. vor dem 22. Februar 2006 erfolgte (zur Anwendung des Zweifelssatzes auf die Verjährung begründende Tatsachen vgl. BGH, Urteil vom 15. März 2001 - 5 StR 454/00, NJW 2001, 2102, 2105). Die erste die Verjährung unterbrechende Handlung erfolgte durch den Erlass von Durchsuchungsbeschlüssen am 22. Februar 2011, so dass insoweit die fünfjährige Verjährungsfrist des § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB bereits vor der Unterbrechungshandlung abgelaufen war.
45
2. Dementsprechend war der Schuldspruch dahingehend zu ändern, dass der Angeklagte R. der Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr in lediglich 60 Fällen schuldig ist.
46
3. Die Teileinstellung des Verfahrens führt hinsichtlich des Angeklagten R. zum Wegfall der verhängten Einzelstrafen im Fall B.I.6.a) Nr. 1 der Urteilsgründe von einem Jahr und zehn Monaten und in den Fällen B.I.6.a) Nr. 2 und 3 der Urteilsgründe von jeweils einem Jahr und zwei Monaten. Der Gesamtstrafenausspruch bleibt hiervon unberührt, da der Senat angesichts der verbleibenden Einzelstrafen ausschließen kann, dass das Landgericht ohne die entfallenden Einzelstrafen auf eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte.
47
4. Die Einstellung des Verfahrens wegen Eintritts der Verfolgungsverjährung in den Fällen B.I.6.a) Nr. 1 bis 3 der Urteilsgründe war gemäß § 357 Satz 1 StPO auf die nichtrevidierenden Angeklagten H. und N. zu erstrecken.
48
a) Eine Erstreckung gemäß § 357 Satz 1 StPO hat auch in Fällen fehlender Verfahrensvoraussetzungen und bestehender Verfahrenshindernisse zu erfolgen, soweit diese auch für den Nichtrevidenten Bedeutung haben (vgl. Gericke in KK-StPO, aaO, § 357 Rn. 7, Meyer-Goßner, aaO, § 357 Rn. 10, BGH, Beschlüsse vom 31. März 2011 - 4 StR 657/10, wistra 2011, 308, 309; und vom 29. Juli 1998 - 2 StR 197/98). Der Eintritt der Verfolgungsverjährung ist regelmäßig vom konkreten Verfahrensgang hinsichtlich des jeweiligen Angeklagten abhängig, wobei sich in Bezug auf dieselbe Tat auch bei Mittätern unterschiedliche Verjährungszeitpunkte - z.B. aufgrund unterschiedlicher Unterbrechungshandlungen i.S.v. § 78c StGB - ergeben können. Vorliegend erfolgte jedoch die erste verjährungsunterbrechende Maßnahme auch hinsichtlich der Angeklagten H. und N. erst durch den Erlass der Durchsuchungsbeschlüsse am 22. Februar 2011, so dass sich die Gesetzesverletzung auch bei ihnen auswirkt.
49
b) Entsprechend war der Schuldspruch dahingehend zu ändern, dass der Angeklagte H. der Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr und der Angeklagte N. der Bestechung im geschäftlichen Verkehr in jeweils 180 Fällen schuldig ist.
50
c) Der Senat hat trotz des Wegfalls der in den Fällen B.I.6.a) Nr. 1 bis 3 der Urteilsgründe jeweils verhängten Einzelstrafen hinsichtlich der Angeklagten H. und N. von einer Aufhebung des Gesamtstrafausspruchs abgesehen , da er auch hier angesichts der in den übrigen Fällen verhängten Einzelstrafen ausschließen kann, dass das Landgericht ohne die drei entfallenden Einzelstrafen auf eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte.

IV.


51
1. Die vom Landgericht getroffene Feststellung, dass hinsichtlich des Angeklagten R. aufgrund entgegenstehender Ansprüche Verletzter wegen eines Betrages von 1.041.050 Euro nicht auf Wertersatzverfall erkannt werden konnte, hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht uneingeschränkt stand.
52
a) Die Regelung des § 111i Abs. 2 StPO ist erst durch das Gesetz zur Stärkung der Rückgewinnungshilfe und der Vermögensabschöpfung bei Straftaten vom 24. Oktober 2006 (BGBl. I 2350) geschaffen worden und am 1. Januar 2007 in Kraft getreten. Ihrer Anwendung auf bereits zuvor beendete Taten steht § 2 Abs. 5 i.V.m. Abs. 3 StGB entgegen, wonach insoweit das mildere alte Recht gilt, nach dem diese bedingte Verfallsanordnung nicht möglich war(vgl. BGH, Beschlüsse vom 10. April 2013 - 1 StR 22/13, NStZ-RR 2013, 254 mwN, und vom 23. Oktober 2008 - 1 StR 535/08, NStZ-RR 2009, 56).
53
b) Nach den landgerichtlichen Feststellungen erfolgte in den Fällen B.I.6.a) Nr. 1 bis 14 der Urteilsgründe die Übergabe an den Angeklagten H. und damit die Beendigung der Taten vor dem 1. Januar 2007 (UA S. 35 f.), so dass das Landgericht insoweit keine Feststellung nach § 111i Abs. 2 StPO treffen durfte. Der Senat reduziert daher den festgestellten Betrag um die in den Fällen B.I.6.a.) Nr. 1 bis 14 der Urteilsgründe an den Angeklagten R. weitergeleiteten hälftigen Schmiergeldzahlungen in Höhe von 142.000 Euro auf insgesamt 899.050 Euro.
54
2. Die Korrektur der Feststellung nach § 111i Abs. 2 StPO ist hinsichtlich der Fälle B.I.6.a) Nr. 1 bis 14 der Urteilsgründe gemäß § 357 Satz 1 StPO auf den Angeklagten H. zu erstrecken, da auch insoweit der Betrag aufgrund derselben Gesetzesverletzung zu hoch angesetzt wurde. Insoweit reduziert der Senat den festgestellten Betrag um 142.000 Euro auf insgesamt 2.804.006,96 Euro.

V.


55
Der nur geringe Teilerfolg der verbleibenden Revision rechtfertigt es nicht, den Angeklagten teilweise von den durch das Rechtsmittel entstandenen Kosten und Auslagen freizustellen (§ 473 Abs. 1 und Abs. 4 StPO).
Wahl Rothfuß Cirener
Radtke Mosbacher

Ein Urteil ist stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen,

1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; war nach § 222a die Mitteilung der Besetzung vorgeschrieben, so kann die Revision auf die vorschriftswidrige Besetzung nur gestützt werden, wenn
a)
das Gericht in einer Besetzung entschieden hat, deren Vorschriftswidrigkeit nach § 222b Absatz 2 Satz 2 oder Absatz 3 Satz 4 festgestellt worden ist, oder
b)
das Rechtsmittelgericht nicht nach § 222b Absatz 3 entschieden hat und
aa)
die Vorschriften über die Mitteilung verletzt worden sind,
bb)
der rechtzeitig und in der vorgeschriebenen Form geltend gemachte Einwand der vorschriftswidrigen Besetzung übergangen oder zurückgewiesen worden ist oder
cc)
die Besetzung nach § 222b Absatz 1 Satz 1 nicht mindestens eine Woche geprüft werden konnte, obwohl ein Antrag nach § 222a Absatz 2 gestellt wurde;
2.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen war;
3.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, nachdem er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt war und das Ablehnungsgesuch entweder für begründet erklärt war oder mit Unrecht verworfen worden ist;
4.
wenn das Gericht seine Zuständigkeit mit Unrecht angenommen hat;
5.
wenn die Hauptverhandlung in Abwesenheit der Staatsanwaltschaft oder einer Person, deren Anwesenheit das Gesetz vorschreibt, stattgefunden hat;
6.
wenn das Urteil auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind;
7.
wenn das Urteil keine Entscheidungsgründe enthält oder diese nicht innerhalb des sich aus § 275 Abs. 1 Satz 2 und 4 ergebenden Zeitraums zu den Akten gebracht worden sind;
8.
wenn die Verteidigung in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt durch einen Beschluß des Gerichts unzulässig beschränkt worden ist.

Nachschlagewerk: ja
BGHSt : ja
Veröffentlichung: ja
1. Zulässigkeit der Verwertung von Unterlagen, die im Wege der
Rechtshilfe in der Schweiz beschlagnahmt wurden, für ein Strafverfahren
wegen Untreue und Steuerhinterziehung.
2. Revisionsrechtliche Beanstandung unterbliebener Beiziehung
von Akten eines weiteren gegen den Angeklagten geführten Ermittlungsverfahrens
, deren Einsicht in jenem Verfahren von der
Staatsanwaltschaft wegen Gefährdung des Untersuchungszwecks
versagt wird.
3. Ein Nachteil im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB kann auch dann
vorliegen, wenn der Vermögensbetreuungspflichtige Provisionen
erhält, die zwar vom Vertragspartner seines Geschäftsherrn
stammen, aber über den Geschäftsherrn an einen Dritten ausbezahlt
und von dort an den Treupflichtigen weitergeleitet werden
4. Einkommensteuerrechtliche Relevanz eines nicht offengelegten
Treuhandverhältnisses.
BGH, Beschluß vom 11. November 2004 - 5 StR 299/03
LG Augsburg -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 11. November 2004
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Steuerhinterziehung u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. November 2004

beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 23. Juli 2002 gemäß § 349 Abs. 4 StPO mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben
a) hinsichtlich des Angeklagten M im gesamten Strafausspruch,
b) hinsichtlich des Angeklagten H , soweit dieser wegen Steuerhinterziehung für das Jahr 1993 verurteilt wurde, sowie im Einzelstrafausspruch bezüglich der Verurteilung wegen Untreue und im Ausspruch über die Gesamtstrafe.
Aufrechterhalten bleiben – nach näherer Maßgabe der Beschlußgründe (B II 2 c, 3) – die Feststellungen über die den Angeklagten gewährten tatsächlichen Zuwendungen , mit Ausnahme der Feststellungen im Zusammenhang mit den Barabhebungen S s vom Rubrikkonto „Winter“ im Jahre 1993.
2. Die weitergehenden Revisionen werden nach § 349 Abs. 2 StPO verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten M wegen Untreue und Steuerhinterziehung in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Gegen den Angeklagten H hat es wegen Untreue und Steuerhinterziehung in zwei Fällen eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten verhängt. Die Rechtsmittel der Angeklagten haben jeweils mit der Sachrüge in dem sich aus dem Beschlußtenor ergebenden Umfang Erfolg. Im übrigen sind ihre Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

A.


Das Landgericht hat die Verurteilung der Angeklagten darauf gestützt , daß sie als Manager des T -Konzerns aus dem Verkauf von Panzern Provisionen erhalten und diese in ihren Jahressteuererklärungen verschwiegen haben.

I.


Nach den Feststellungen des Landgerichts war der Angeklagte M seit Oktober 1988 Mitglied des Geschäftsbereichsvorstands der T H (künftig: T -H ) in Kassel und für den Bereich Wehrtechnik zuständig. Der Angeklagte H war seit April 1984 Mitglied des übergeordneten Gesamtvorstands der T I
AG Essen und dort als Arbeitsdirektor tätig; ab Anfang 1992 war er Vorstandsvorsitzender von T -H .
Im Vorfeld des Golfkrieges hatte das Königreich Saudi-Arabien starkes Interesse an dem Erwerb von Panzern, die von T -H geliefert werden sollten. Innerhalb des Gesamtkonzerns war der Angeklagte M für die Vorbereitung des Geschäftsabschlusses zuständig, der für den T -Konzern von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung war, weil man sich dadurch auch im Blick auf eventuelle spätere Verkäufe von Rüstungsgütern in den Nahen Osten Vorteile versprach. Am 17. Januar 1991 kam es zum Abschluß eines Liefer- und Leistungsvertrages über 36 Panzerfahrzeuge Typ Fuchs (26 Transport- und 10 Spürpanzer) zwischen T - H und dem Ministerium für Verteidigung und Luftfahrt der Regierung Saudi-Arabiens zu einem Gesamtpreis von 446 Mio. DM. Für T - H zeichneten der Angeklagte M und der mittlerweile verstorbene Zeuge B den Vertrag. Die Bundesregierung erteilte kurze Zeit später die erforderlichen Genehmigungen nach dem Kriegswaffenkontroll - und dem Außenwirtschaftsgesetz. Da T -H die benötigten Panzer nicht so schnell liefern konnte, wurden diese auf der Grundlage eines Sachdarlehens aus Bundeswehrbeständen nach Saudi-Arabien exportiert.
Als Preis für die Panzer, für die nach dem Sachdarlehensvertrag lediglich ein Wert von etwa 30 Mio. DM veranschlagt war, wurde ein Betrag von 227 Mio. DM vereinbart. Gleichzeitig veräußerte T -H ein sogenanntes „Logistikpaket“. Unter dieser Bezeichnung verbargen sich fast ausschließlich Vermittlungsprovisionen, die an verschiedene Adressaten gezahlt wurden, welche an der Ermöglichung des Geschäfts mitgewirkt hatten. Die Umschreibung wurde auch deshalb gewählt, weil nach Artikel 13.2 des Vertrages mit Saudi-Arabien solche Vermittlungsprovisionen verboten waren;
der Käufer war nach dieser Regelung – sollten dennoch Provisionen gezahlt werden – berechtigt, den Kaufpreis um den Provisionsbetrag zu reduzieren. Zur Kalkulation der vom „Logistikpaket“ erfaßten Kosten wurden in einem Projektleitblatt vom Angeklagten M am 12. Dezember 1990 die hierfür erforderlichen Beträge zusammengestellt. Nach dieser Aufstellung, die per Fax auch an den Angeklagten H übermittelt wurde, belief sich die Gesamtsumme der zu leistenden Provisionen auf 205 Mio. DM. Bis zum Abschluß des Vertrages erhöhten sich die in dem „Logistikpaket“ zusammengefaßten Aufwendungen auf 219 Mio. DM.
Ausweislich einer von T -H erstellten Provisionsliste aus dem Juli 1991 erhielten einzelne Firmengruppen, ohne daß deren Hintermänner aufgeklärt wurden, folgende Provisionszahlungen: O 67,5 Mio. DM, L 116,5 Mio. DM und G A 8,9 Mio. DM. Weiterhin vereinnahmten Firmen des anderweitig verfolgten Kaufmanns S ca. 28 Mio. DM an Provisionszahlungen. S , ein enger Freund beider Angeklagter, war in die Vermittlung des Verkaufs der Panzer einbezogen worden, weil er maßgeblich den Kontakt zu saudischen Regierungsstellen hatte herstellen können. Er beherrschte mehrere ausländische Gesellschaften, die lediglich für die Abwicklung entsprechender Provisionsgeschäfte vorgehalten wurden. Zu einer solchen Gesellschaft zählte die A. , eine Tochtergesellschaft der Liechtensteiner Handelsgesellschaft K . Diese wurde als bloße Briefkastenfirma von einem Verwaltungsrat geleitet; wirtschaftlich gehörte sie S .
Um im Hinblick auf die Anrechnungsklausel nach Artikel 13.2 des Liefer- und Leistungsvertrages die Aufdeckung zu erschweren, wurden mit den Empfängern der Provisionen – zeitlich nach dem Hauptvertrag mit Saudi -Arabien – sogenannte Marketingverträge abgeschlossen. Dabei war nicht T -H , sondern die T I AG Essen Vertragspartne-
rin. Für diese zeichnend, schloß der Angeklagte H am 24. Juli 1991 mit der A. einen Marketingvertrag, der den entsprechenden Deckmantel für den Großteil der S zugedachten Provisionszahlungen darstellen sollte. Dabei war den beiden Angeklagten, die maßgeblich in die Vertragsverhandlungen einbezogen waren, nach den Feststellungen des Landgerichts klar, daß ein Teil der an die A. geleisteten Provisionszahlungen an sie persönlich zurückfließen sollte.
Die T I AG überwies – jeweils nach Eingang der Zahlungen der saudischen Vertragspartner – auf ein für die A. eingerichtetes Rubrikkontodes S beim Schweizer Bankenverein in Zürich zwischen dem 13. August 1991 und Jahresende 1991 insgesamt 20 Mio. DM, am 1. Dezember 1992 nochmals 3 Mio. DM und am 30. November 1993 1,4 Mio. DM. S hatte dieses Rubrikkonto als Unterkonto für sein dort geführtes Konto (PO 47252) einrichten lassen. Für ein zweites Konto, das S beim Schweizer Bankenverein unterhielt (PO 18679), ließ er weitere Rubrikkonten einrichten, die er teilweise mit Decknamen bezeichnete, wie etwa: Mark, Master/Maxwell, Waldherr, Holgart oder Britan. Zugunsten des Angeklagten H legte S im September 1991 das Rubrikkonto „Winter“ an, zugunsten des Angeklagten M hatte er bereits im Januar 1991 das Rubrikkonto „Jürglund“ eingerichtet.
Nach Erhalt der ersten Teilzahlung des T -Konzerns in Höhe von 11 Mio. DM überwies S auf das Rubrikkonto „Winter“ am 2. September 1991 1,2 Mio. DM, auf das Rubrikkonto „Jürglund“ am selben Tag 4,125 Mio. DM. Am 25. Oktober 1991 wies S – nach Erhalt weiterer 5 Mio. DM – nochmals 2,375 Mio. DM auf das Rubrikkonto „Jürglund“ an. Nach einer weiteren Überweisung des T -Konzerns in Höhe von 4 Mio. DM erfolgte im Dezember 1991 eine Überweisung auf das
Konto „Jürglund“ in Höhe von 2 Mio. DM. Zum 21. Dezember 1992 veranlaßte S eine erneute Gutschrift auf das Konto „Jürglund“ in Höhe von 1,42 Mio. DM. Am 5. Januar 1993 kam es zu einer weiteren Überweisung in Höhe von 250.000 DM auf das Konto „Jürglund“ und am 1. Februar 1993 zu einer Überweisung von 170.000 DM auf das Konto „Winter“. Nach der letzten Zahlung durch den T -Konzern auf das Rubrikkonto A. überwies S am 10. Dezember 1993 auf das Konto „Jürglund“ 700.000 DM und am 28. Dezember 1993 auf das Konto „Winter“ 120.000 DM.
Nach den Feststellungen des Landgerichts erhielt der Angeklagte H noch im Jahre 1991 den auf das Rubrikkonto „Winter“ überwiesenen Provisionsanteil von 1,2 Mio. DM in voller Höhe von S bar ausgezahlt. Nach Überzeugung des Landgerichts gingen ihm auch im Jahr 1993 seine weiteren Provisionsanteile von insgesamt 290.000 DM nach zwei Barabhebungen durch S umfassend persönlich zu.
Der Angeklagte M hatte bis Juli 1991 aus drei Barabhebungen S s vom bereits vor der ersten Provisionsrate des T - Konzerns an die A. bestehenden Rubrikkonto „Jürglund“ insgesamt 200.000 DM erhalten, nachdem M schon zuvor an eine andere Firma S s Provisionszahlungen des T -Konzerns in Höhe von über 2 Mio. DM veranlaßt hatte. Danach erhielt M aus weiteren Barabhebungen S s im Jahre 1991 nochmals 100.000 DM, 1992 115.000 DM sowie 1994 mehr als 90.000 DM, in diesem Jahr zudem eine vom Rubrikkonto „Jürglund“ herrührende Scheckzahlung über 50.000 SFr. Im Dezember 1992 überwies S von dem Konto einen Betrag von 1,225 Mio. SFr für den Erwerb einer Ferienwohnung in der Schweiz durch M , zudem für Einrichtung und Ausbau dieser Wohnung 1993 insgesamt mehr als 540.000 DM und 1994 insgesamt mehr als 360.000 DM.
Schließlich wendete S dem Angeklagten M aus dem Guthaben des Kontos im Jahre 1992 über 35.000 DM für den Sohn des Angeklagten betreffende Internatskosten in Kanada zu. Insgesamt sind damit tatsächliche Zuwendungen an den Angeklagten M vom Rubrikkonto „Jürglund“ in einer Gesamthöhe von deutlich mehr als 2,7 Mio. DM festgestellt.
Auf der Basis eines Zuflusses in den Jahren 1991 bis 1993 von 10,875 Mio. DM auf das Konto „Jürglund“ und von 1,49 Mio. DM auf das Konto „Winter“ lastet das Landgericht den Angeklagten an, diese ihnen zuzurechnenden Gelder in den Jahressteuererklärungen 1991 bis 1993 verschwiegen zu haben. Dadurch stellt das Landgericht bei dem Angeklagten M für das Jahr 1991 eine Verkürzung der Einkommensteuer in Höhe von 4,5 Mio. DM fest, beim Angeklagten H eine solche in Höhe von 635.000 DM; im Jahre 1992 verkürzte der Angeklagte M entsprechend seine Steuer um 755.000 DM, und für 1993 wurde die Einkommensteuer beim Angeklagten H um 153.000 DM und beim Angeklagten M um 500.000 DM zu niedrig festgesetzt.

II.


Das Landgericht hat das Verhalten der Angeklagten jeweils als einheitliches Vergehen der Untreue im Sinne des § 266 StGB gewertet. Beide Angeklagten hätten aufgrund ihrer organschaftlichen oder – wie der Angeklagte M – jedenfalls herausgehobenen Stellung eine Treuepflicht gegenüber dem Vermögen des T -Konzerns gehabt. Durch die spätestens im Dezember 1990 fest vereinbarte Annahme der Gelder sei das Vermögen des T -Konzerns geschmälert worden. Hätte man innerhalb des T -Konzerns gewußt, daß die Beträge an die Angeklagten zurück-
flössen, wären diese Gelder nicht in die Provisionssummen eingestellt worden. Zudem lagen nach Auffassung des Landgerichts mehrere rechtlich selbständige Steuerhinterziehungen vor. Schon die Gutschrift auf den Rubrikkonten begründe bei den Angeklagten einen Zufluß dieses Vermögenswertes. Beide Angeklagten hätten – wie ihnen auch bewußt war – diese ihnen zugewandten Gelder in ihren Steuererklärungen offenlegen müssen, weil diese Zahlungen sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 Nr. 3 EStG gewesen seien. Durch die unvollständige Erklärung sei es zu den jeweiligen Steuerverkürzungen gekommen.

B.


Die Revisionen haben teilweise Erfolg. Die Begründung, mit der das Landgericht den Geldzufluß auf den beiden den Angeklagten zugerechneten Rubrikkonten diesen vollständig anlastet, ist sachlichrechtlich nicht tragfähig. Damit hat das Landgericht jeweils einen – bei dem Angeklagten M beträchtlichen – Teil des Schuldumfangs der Untreue, bei M auch der drei Steuerhinterziehungen, nicht ausreichend belegt; bei dem Angeklagten H bleibt eine Einkommensteuerhinterziehung für 1993 gänzlich unbelegt. Dies führt – unter Teilaufhebung der von dem Rechtsfehler betroffenen Feststellungen – hinsichtlich des Angeklagten M Aufhe- zur bung des landgerichtlichen Urteils im gesamten Strafausspruch. Bezüglich des Angeklagten H sind der Schuldspruch wegen Steuerhinterziehung im Jahre 1993 und der Einzelstrafausspruch aus der Verurteilung wegen Untreue sowie die Gesamtstrafe aufzuheben.

I.


Soweit die Revisionen mit Aufklärungsrügen die Feststellungen des Landgerichts zum Abfluß von 9 Mio. DM vom Rubrikkonto „Jürglund“ angreifen , bedarf es, weil die Revisionen insoweit mit der Sachrüge durchdringen, keiner Entscheidung über diese nicht weitergehenden Verfahrensrügen. Die übrigen Verfahrensrügen zeigen keinen Rechtsfehler auf. Ergänzend zu den Ausführungen des Generalbundesanwalts in seinem Verwerfungsantrag ist folgendes zu erörtern.
1. Ohne Erfolg rügen die Revisionen die Verwertung von Unterlagen, die in der Schweiz im Wege der Rechtshilfe beschlagnahmt worden sind.

a) Der Rüge liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde: Seit dem Jahre 1995 ermittelte die Staatsanwaltschaft Augsburg gegen die Angeklagten wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung und der Untreue. Im Rahmen der Ermittlungen, die sich auch gegen S sowie weitere Verdächtige richteten, erwirkte die Staatsanwaltschaft am 24. Mai 1996 Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlüsse der Ermittlungsrichterin am Amtsgericht Augsburg. Danach wurden die Durchsuchung der in der Schweiz gelegenen Wohnungen der Angeklagten und von S sowie die Beschlagnahme von konkret bezeichneten Konten bei Schweizer Banken angeordnet. Mit Schreiben vom 5. Juni 1996 ersuchte der Behördenleiter der Staatsanwaltschaft Augsburg das hierfür zuständige Schweizer Bundesamt für Polizeiwesen um Rechtshilfe zum Zwecke des Vollzugs der Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlüsse. Der zuständige Richter am Untersuchungsrichteramt Chur gab am 30. August 1996 hinsichtlich der Angeklagten sowie der Mitbeschuldigten S und P dem Rechtshilfeersuchen statt, hinsichtlich zweier Mitbeschuldigter wurde die Rechtshilfe abgelehnt. Nach dem Vollzug der Rechtshilfemaßnahmen legten die Angeklagten sowie S Beschwerde ein. Durch Entscheide der Beschwerdekammer des Kantonsgerichts von Grau-
bünden vom 27. August 1997 wurde „auf die Beschwerden nicht eingetreten“. Maßgeblicher Grund war, daß über die Zulässigkeit der Rechtshilfe im Beschwerdeverfahren erst dann befunden werden dürfe, wenn die Schlußverfügung vorliege. Am 2. März 1998 hat der Untersuchungsrichter in Chur eine Schlußverfügung erlassen und angeordnet, aufgefundenen Schriftwechsel aus der Wohnung von S in Pontresina sowie bestimmt bezeichnete Kontounterlagen an die Staatsanwaltschaft Augsburg zu übermitteln. Im Jahre 1999 wurden weitere Kontounterlagen von S im Wege der Rechtshilfe beschlagnahmt und der Staatsanwaltschaft Augsburg übermittelt. S s Beschwerden blieben im wesentlichen erfolglos.
Das Rechtshilfeverfahren gegen die Angeklagten wurde als erledigt angesehen, weil die Durchsuchungen im Vollzug der Rechtshilfe bei ihnen nicht zum Auffinden verfahrensrelevanter Unterlagen geführt hatten. Da im Blick auf die Angeklagten – wie das Schweizerische Bundesgericht in seinem Urteil vom 13. Januar 1999 (vgl. dort S. 6) ausgeführt hat – keine Beschlagnahme von Schriftstücken aus ihrem Rechtskreis stattgefunden hätte, seien die Angeklagten nicht beschwert. Deshalb habe es auch bezüglich ihrer Person keiner Schlußverfügung im Rechtshilfeverfahren mehr bedurft.

b) Die Verwertung der im Wege der Rechtshilfe erlangten Unterlagen erweist sich hier – in Übereinstimmung mit der Bewertung durch das Tatgericht und den Generalbundesanwalt – unter maßgeblicher Berücksichtigung der im Zusammenhang mit dieser Rechtshilfeangelegenheit in der Schweiz getroffenen Entscheidungen und von dortigen Behörden erfolgten Verlautbarungen als zulässig. Entgegen der Auffassung der Revisionen war die Verwertung der im Wege der Rechtshilfe aus der Schweiz erlangten Unterlagen weder unzulässig, noch hätte vorher die Zustimmung des Schweizer Bundesamtes eingeholt werden müssen.

aa) Bei der Prüfung der Rechtshilfe bestimmt sich die Frage der Zulässigkeit der Verwertung, insbesondere das Erfordernis einer vorgängigen Zustimmung durch das Bundesamt allein nach dem von den Schweizer Institutionen ausgesprochenen Spezialitätsvorbehalt, der die deutschen Strafverfolgungsbehörden gemäß § 72 IRG bindet, ohne daß es auf eine Vereinbarkeit des Spezialitätsvorbehalts mit dem zugrundeliegenden Schweizer Recht, insbesondere mit Art. 67 des Schweizer Bundesgesetzes über internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRSG), unmittelbar ankäme. Da insoweit jeweils in Auslegung des Schweizer Rechts der Spezialitätsvorbehalt für den hier zu beurteilenden Fall von den zuständigen Schweizer Gerichten und Behörden verbindlich festgelegt wurde, bildet der so umrissene Spezialitätsvorbehalt für die deutschen Gerichte den ausschließlichen Prüfungsmaßstab. Ein eigener Rekurs der deutschen Gerichte auf das zugrundeliegende Schweizer Recht ist damit unzulässig. Dessen Auslegung ist ausschließlich den zuständigen Schweizer Institutionen vorbehalten.
bb) Eine vorgängige Zustimmung des Schweizerischen Bundesamtes zur Verwertung der im Wege der Rechtshilfe übermittelten Unterlagen gegen die Angeklagten war hier nicht erforderlich. Dies ergibt sich schon aus der Formulierung der Spezialitätsvorbehalte der vom Schweizerischen Bundesgericht bestätigten Entscheidung des Kantonsgerichts Graubünden vom 24. Juni 1998 (insbesondere S. 24 der Entscheidungsgründe) sowie – ungeachtet geringfügiger und hier nicht bedeutsamer Abweichungen im Wortlaut – aus dem Schreiben des Bundesamtes für Polizeiwesen vom 24. März 1999. Danach durften die Unterlagen gegen die Angeklagten verwertet werden, soweit Gegenstand der Aburteilung eine rechtshilfefähige Tat ist. Beide Angeklagte waren nämlich in das einheitliche gegen mehrere Beschuldigte geführte Verfahren einbezogen, und die Schweizer Gerichte haben gegen beide Angeklagte auch die Rechtshilfe bewilligt (Entscheidung des Untersu-
chungsrichteramts Chur vom 30. August 1996). Eine anderweitige Verwendung der Unterlagen, die allein nach den insoweit ausformulierten Spezialitätsvorbehalten eine Zustimmungspflichtigkeit ausgelöst hätte, ist ersichtlich nicht gegeben. Keiner abschließenden Beurteilung bedarf die Frage, ob eine solche Zustimmung hier sogar konkludent als erteilt anzusehen wäre, was angesichts des erfolgten Informationsflusses über die Verwertung der aus der Rechtshilfe gewonnenen Erkenntnisse auch gegen die Angeklagten jedenfalls nicht als fernliegend erschiene.
cc) Hier konnten die Unterlagen sowohl hinsichtlich des Tatkomplexes der Untreue als auch in Bezug auf die Steuerhinterziehungen verwertet werden.
(1) Der Straftatbestand der Untreue nach § 266 StGB ist rechtshilfefähig. Er entsprach der zur Tatzeit geltenden Norm der „ungetreuen Geschäftsführung“ gemäß Art. 159 des Schweizer Strafgesetzbuches (vgl. Entscheid der Beschwerdekammer des Kantonsgerichts von Graubünden vom 15. Dezember 1999 auf die Beschwerde des früheren Mitangeschuldigten S , S. 16 der Entscheidungsgründe). Da die Untreue nicht den Ausschlußklauseln für die Rechtshilfe (militärische, politische oder fiskalische Delikte) unterfällt, konnten die Unterlagen insoweit auch verwertet werden.
(2) Gleiches gilt aber auch für die Verurteilungen wegen Steuerhinterziehungen. Zwar zählt die Steuerhinterziehung zu den sogenannten fiskalischen Delikten, die grundsätzlich nicht rechtshilfefähig sind. Eine Ausnahme (Art. 3 Abs. 3 IRSG) gilt nach dem Spezialitätsvorbehalt jedoch dann, wenn sich die Tat als Abgabebetrug gemäß Art. 14 Abs. 2 des Schweizer Bundesgesetzes über das Verwaltungsstrafrecht darstellt. Danach ist ein Abgabebetrug – u. a. – gegeben, wenn der Täter durch sein arglistiges Verhalten be-
wirkt, daß dem Gemeinwesen unrechtmäßig in einem erheblichen Betrage eine Leistung vorenthalten wird. Der Täter muß dabei nicht notwendig unter Verwendung falscher oder gefälschter Urkunden handeln. Denkbar sind auch andere Fälle der Arglist, soweit der Täter durch „besondere Machenschaften, Kniffe“ oder die Schaffung „ganzer Lügengebäude“ die Verkürzung bewirkt (so das Schreiben des Bundesamts für Polizei vom 14. April 2000 unter Bezug auf die ständige Rechtsprechung des Schweizerischen Bundesgerichts).
An dem Vorliegen dieser qualifizierten Voraussetzungen kann – gerade auch unter maßgeblicher Heranziehung der Rechtsauslegung durch die Schweizer Gerichte und Behörden – hier nicht gezweifelt werden. Die Steuerverkürzung ist erst dadurch ermöglicht worden, daß Provisionsansprüche ausländischer getarnter Domizilgesellschaften – jedenfalls wirtschaftlich betrachtet – zum Schein begründet wurden. Die Geldbeträge, die den Angeklagten zufließen sollten, wurden zunächst auf gezielt getarnte Konten transferiert. Die Angeklagten erlangten durch Barauszahlungen oder den verdeckten Kauf einer Wohnung einen steuerlich nur schwer nachvollziehbaren Vermögenszufluß im Ausland. Jedenfalls in der Gesamtschau ist das Verhalten der Angeklagten jeweils als betrügerische Machenschaft – mit dem erreichten Ziel der Steuerhinterziehung in beträchtlichem Umfang – zu werten. Dementsprechend hat auch das Schweizerische Bundesgericht in seinem Urteil vom 13. Januar 1999 hinsichtlich des Verhaltens von S einen Tatverdacht für das Vorliegen eines Abgabebetrugs bejaht. Das Vorgehen der Angeklagten, denen das Verhalten von S das , sie weitgehend zu ihren Gunsten ausnutzten, bekannt war und die ihrerseits die Gelder über S als eine noch zusätzliche Schaltstelle erlangt haben, kann deshalb nicht anders beurteilt werden.
2. Die Beanstandungen der Angeklagten, sie seien in einem wesentlichen Punkt in ihrer Verteidigung beschränkt worden (§ 338 Nr. 8 StPO), weil
ihnen die Einsichtnahme in die Akten eines Parallelverfahrens versagt und die Beweisaufnahme ohne Rücksicht auf ihre mangelnde Kenntnis hiervon durchgeführt und abgeschlossen worden sei, greifen nicht durch.
a) Gegen leitende Manager des T -Konzerns – unter anderem auch gegen die Angeklagten H und M – führt die Staatsanwaltschaft Düsseldorf ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Körperschaftsteuerhinterziehung. Gegenstand dieses Verfahrens ist der Vorwurf, daß für den Verkauf der Panzer gezahlte Provisionen zwar als sogenannte nützliche Aufwendungen von der Finanzverwaltung als steuerlich abzugsfähig anerkannt wurden, sie tatsächlich jedoch auf Schwarzgeldkonten vom T -Konzern „geparkt“ worden sein sollen.
Das Landgericht hatte die Beiziehung dieser Akten zunächst angeordnet. Die zuständige Staatsanwaltschaft Düsseldorf, die festgestellt hatte, daß die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen waren, war dann zwar bereit, dem Landgericht die Akten zu übersenden, aber nur unter der Auflage, die Akten mit Rücksicht auf eine angenommene Gefährdung des Untersuchungszwecks (§ 147 Abs. 2 StPO) nicht den Verteidigern der Angeklagten zur Verfügung zu stellen. Daraufhin hat das Landgericht von einer Beiziehung der Akten abgesehen.

b) Soweit die Beschwerdeführer geltend machen wollen, bereits mit der Anordnung der Aktenbeiziehung seien die Akten des anderen Ermittlungsverfahrens zu Beiakten geworden, deren uneingeschränkte Einsicht den Verteidigern nach § 147 Abs. 1 StPO zu gewähren gewesen wäre, trifft dies nicht zu. Der Anspruch auf Akteneinsicht bezieht sich nur auf die dem Gericht tatsächlich vorliegenden Akten (BGHSt 30, 131, 138; 42, 71; BGH NStZ 1999, 371). Insoweit ist der Akteneinsichtsanspruch freilich uneingeschränkt und auch nicht etwa im Wege eines „in camera“-Verfahrens beschränkbar (vgl. BGHR StPO § 96 Sperrerklärung 5; BGH NStZ 1998, 97).
Hier hat die Strafkammer hingegen von einer Beiziehung der Akten in mindestens schlüssiger Korrektur ihrer ursprünglich abweichenden Beiziehungsentscheidung abgesehen. Mit der Revision kann danach lediglich zur Prüfung gestellt werden, ob die Strafkammer – nach Maßgabe der gerichtlichen Aufklärungspflicht (§ 244 Abs. 2 StPO) oder zur Wahrung effektiver Verteidigung – zur unterbliebenen Aktenbeiziehung und zur damit einhergehenden anschließenden Gewährung von Akteneinsicht verpflichtet war.
aa) Insoweit bestehen durchgreifende Bedenken gegen die ausreichende Begründung der Verfahrensrügen (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Für die Annahme, die Verteidigung sei in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt beschränkt worden, genügt nicht, daß die Beschränkung nur generell (abstrakt) geeignet ist, die gerichtliche Entscheidung zu beeinflussen. Vielmehr ist § 338 Nr. 8 StPO nur dann gegeben, wenn die Möglichkeit eines kausalen Zusammenhangs zwischen dem Verfahrensverstoß und dem Urteil konkret besteht (BGHR StPO § 338 Nr. 8 Beschränkung 6 m. w. N.). Dies hat auch Auswirkungen auf die Vortragspflicht, weil die Revision dartun muß, welcher konkrete Zusammenhang zwischen dem geltend gemachten Verfahrensfehler und einem für die Entscheidung bedeutsamen Punkt besteht. Damit korrespondiert das Erfordernis möglichst konkreten Vortrages bei einer Rüge wegen unterlassener Beiziehung von Akten unter dem Aspekt der Verletzung der Aufklärungspflicht (vgl. BGHSt 30, 131, 136 ff.; BVerfGE 63, 45, 69 ff.).
Bedenken bestehen hier schon insoweit, als die Revisionen eine hinreichende Dokumentation vermissen lassen, inwieweit ihnen im Laufe des Verfahrens Einsicht in die begehrten Akten zuteil geworden ist – namentlich hat das Landgericht im Laufe der Hauptverhandlung bestimmte Teile aus den fraglichen Akten auf besonderen Wunsch der Verteidigung doch noch erfolgreich angefordert – und welche konkreten Hinweise sich aus den vorhande-
nen Akten oder dem Ablauf der Beweisaufnahme auf für die Verteidigung wesentliches vorenthaltenes Aktenmaterial geboten haben (vgl. BGH wistra 2004, 63). Im übrigen wird das Erfordernis der konkreten Bezeichnung wesentlichen vorenthaltenen Aktenmaterials dem Verteidiger nicht ohne weiteres möglich sein, wenn ihm die Akten, in die er Einsicht nehmen will, verschlossen geblieben sind. Er muß jedoch zumindest dann, sobald er Akteneinsicht erlangt hat, ein entsprechendes konkretes Ergebnis für den Fall vorheriger vollständiger Akteneinsicht vortragen (vgl. auch BGH NStZ-RR 2004, 50). Dies bedeutet, daß er sich grundsätzlich – jedenfalls bis zum Ablauf der Frist zur Erhebung der Verfahrensrüge – weiter um die bislang versagte Akteneinsicht bemühen und die entsprechenden Anstrengungen gegenüber dem Revisionsgericht auch dartun muß (vgl. auch BVerfGE 63, 45, 66 f., 70 ff.).
Hieran fehlt es in beiden Revisionsbegründungen. In der Revisionsbegründung des Angeklagten M werden im wesentlichen lediglich auf theoretischer Grundlage Schlüsse auf einen möglicherweise relevanten Inhalt der vorenthaltenen Akten gezogen. Die Revision des Angeklagten H weist zwar tatsächlich auf ein konkretes Ergebnis aus einer seiner Verteidigung vor Ablauf der Revisionsbegründungsfrist noch gewährten Einsicht in jene Akten hin. Dieser Vortrag ist indes offensichtlich unvollständig, da er sich auf ganz begrenzte Auszüge aus einer dort dokumentierten früheren Zeugenaussage beschränkt, ohne jene Erkenntnisse, wie es zur Beurteilung der tatsächlichen Relevanz unerläßlich gewesen wäre, vollständig darzulegen.
bb) Im übrigen wäre aber auch ein Erfolg der Rügen in der Sache höchst zweifelhaft.
Die Entscheidung der Staatsanwaltschaft Düsseldorf, die Akteneinsicht nach § 147 Abs. 2 StPO bis zum Abschluß der Ermittlungen zu versagen , entfaltet auch für das hiesige Verfahren Bindungswirkung. Schon daher kam eine Beschlagnahme dieser Ermittlungsakten durch das erkennende Gericht nicht in Betracht, deren Zulässigkeit bei Behördenakten, namentlich aber bei anderen Strafakten ohnehin grundsätzlich zweifelhaft erscheint (vgl. G. Schäfer in Löwe/Rosenberg, StPO 25. Aufl. § 96 Rdn. 8). Entgegen der Auffassung der Revisionen hätte das Landgericht nicht bei der obersten Dienstbehörde um eine Freigabe der Ermittlungsakte gemäß § 96 StPO nachsuchen müssen. Jedenfalls in dem vorliegenden Sonderfall, in dem sich staatsanwaltschaftliche Ermittlungsakten auf ein laufendes Ermittlungsverfahren beziehen, in dem Beschuldigtenidentität besteht, ist die Regelung des § 147 Abs. 2 StPO – wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat – lex specialis gegenüber den allgemeinen Herausgabe- und Beschlagnahmegrundsätzen (vgl. zudem § 477 Abs. 2 Satz 1 StPO).
Während des Laufs der Ermittlungen kann letztlich nur die ermittlungsführende Staatsanwaltschaft entscheiden, wann die Ermittlungen abgeschlossen sind und der Untersuchungszweck nicht mehr gefährdet ist. Eine solche Beurteilung hat allein aus dem Gesamtzusammenhang des Ermittlungsverfahrens zu erfolgen. Dabei begründet die Regelung des § 147 Abs. 2 StPO nur ein zeitweiliges Hindernis für die Akteneinsicht des Verteidigers. Der Beschuldigte soll erst dann uneingeschränkt Akteneinsicht verlangen dürfen, wenn die Ermittlungen abgeschlossen sind. Allein der Umstand, daß der Beschuldigte in einem anderen Verfahren bereits angeklagt ist, rechtfertigt nicht, ihm unter Gefährdung des Untersuchungszwecks in diesem Verfahren Akteneinsicht zu gewähren. Dies gilt auch, wenn zwischen den beiden Verfahren ein Zusammenhang besteht. Die Entscheidung, ob zugunsten des Angeklagten eine Gefährdung des Untersuchungszwecks in dem noch bei der Staatsanwaltschaft anhängigen Ermittlungsverfahren in Kauf genommen
werden kann, muß der ermittlungsführenden Staatsanwaltschaft nach § 147 Abs. 2 StPO vorbehalten bleiben und kann grundsätzlich nur von ihr getroffen werden, weil allein sie aufgrund ihrer Verfahrenskenntnis potentielle Beeinträchtigungen des Untersuchungszwecks abschätzen kann (vgl. auch § 478 Abs. 1 Satz 1 StPO). Eine Sachverhaltskonstellation, wie sie der – eine staatspolitische Abwägung erlaubenden – Vorschrift des § 96 StPO zugrunde liegt, wonach bestimmte Beweismittel aus übergeordnetem staatlichen Interesse für die Verwertung im Strafprozeß gesperrt werden sollen, beurteilt sich demgegenüber nach anderen allgemeineren Abwägungskriterien. Einen interjustiziellen Konflikt wie im vorliegenden Spezialfall erfaßt die Vorschrift – da hierfür eine ausreichend sachgerechte spezielle Regelung zur Verfügung steht – nicht.
Freilich wird die Staatsanwaltschaft bei ihrer nicht delegierbaren Entscheidung die Verteidigungsinteressen des Beschuldigten als Angeklagten des Parallelverfahrens, für das sein Verteidiger Akteneinsicht begehrt, zu beachten haben. Gegebenenfalls wird sie die Geheimhaltungsbedürfnisse im Rahmen des Ermittlungsfortgangs im Sinne einer – möglicherweise auch eingeschränkt zu gewährenden – Akteneinsicht (bzw. Aktenherausgabe an das Gericht der laufenden Hauptverhandlung mit der Konsequenz dort zu gewährender Akteneinsicht) ganz oder teilweise zurückzustellen, widrigenfalls die gebotene Geheimhaltung, die nicht etwa der Regelfall in nicht abgeschlossenen Ermittlungsverfahren ist, auch näher zu begründen haben. Der Senat hielte es zudem für erwägenswert, die Versagung der Akteneinsicht durch die Staatsanwaltschaft in dem vorliegenden ganz speziell und außergewöhnlich gelagerten Fall in erweiterter Auslegung des § 147 Abs. 5 Satz 2 StPO (bzw. nach § 478 Abs. 3 Satz 1 StPO; vgl. auch § 406e Abs. 4 Satz 2 StPO) oder gemäß § 23 EGGVG (vgl. BGHSt 46, 261; BVerfGE 63, 45, 66) sofortiger gerichtlicher Überprüfbarkeit zu unterwerfen.
Das die Hauptverhandlung im Parallelverfahren durchführende Gericht wird seinerseits je nach der Nähe des Sachbezugs und nach der Ersichtlichkeit der Relevanz der Geheimhaltung der Ermittlungsakten deren Freigabe weiter zu erstreben haben. Maßstab für das Gericht ist dabei die gerichtliche Aufklärungspflicht und das eine effektive Verteidigung erfordernde Recht des Angeklagten auf ein faires Verfahren. Dessen Bedeutung und die Anliegen der Wahrheitsermittlung auch in anderen Strafverfahren sind ihrerseits Richtschnur für die Entscheidung der aktenführenden Staatsanwaltschaft in dem parallelen Ermittlungsverfahren. Die Revisionen haben nicht verschwiegen, daß es – ersichtlich aus derartigen Erwägungen – auch im vorliegenden Verfahren während des Laufs der Hauptverhandlung zur Freigabe von besonders begehrten Teilen aus den geheimgehaltenen anderen Ermittlungsakten gekommen ist.
Es mag zudem Einzelfälle geben, in denen der Grundsatz des fairen Verfahrens ausnahmsweise eine Aussetzung des Verfahrens bis zur Freigabe der geheimgehaltenen Ermittlungsakten gebieten kann. Umstände, die das Landgericht zu einem solchen Vorgehen hätten anhalten können, sind hier nicht ersichtlich und auch nicht dargetan. Für eine offensichtlich fehlerhafte Annahme einer Gefährdung des Untersuchungszwecks in dem Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Düsseldorf und eine unvertretbare Hinnahme der darauf gegründeten Akteneinsichtsversagung durch das Landgericht fehlen ausreichende Anhaltspunkte.
Allgemein nimmt die Strafprozeßordnung abstrakt hin, daß die Wahrheitsermittlung durch die Anhängigkeit anderer Verfahren beeinträchtigt werden kann (z. B. durch die Gewährung eines Auskunftsverweigerungsrechts nach § 55 StPO). Die Gefahr, möglicherweise nicht alle Tatsachen oder Beweismittel in den Strafprozeß einbeziehen zu können, wird ganz wesentlich durch die Regelungen über die Wiederaufnahme ausgeglichen. Sol-
che, sich aus dem zum Zeitpunkt des Urteilserlasses noch im Ermittlungsstadium befindlichen Verfahren ergebenden Tatsachen und Beweismittel sind regelmäßig neu im Sinne des § 359 Nr. 5 StPO und rechtfertigen, soweit sie erheblich sind, die Wiederaufnahme des Verfahrens. 3. Zu den weiteren Verfahrensrügen beschränkt sich der Senat auf folgende Hinweise.

a) Die auf Verletzung der Vorschriften über die Gewährung des letzten Wortes gestützten Verfahrensrügen scheitern – unabhängig von BGHR StPO § 258 Abs. 3 Wiedereintritt 14 – daran, daß sich mit dem Generalbundesanwalt sicher ausschließen läßt, daß das Urteil auf dem geltend gemachten Verstoß beruhen kann. Irgendwelche Anhaltspunkte, daß die Angeklagten , die sich in der mehr als acht Monate andauernden Hauptverhandlung – auch bei früherer Erteilung des letzten Wortes – nur schweigend verteidigt haben, ihr Schweigen bei erneuter Erteilung des letzten Wortes nach der Stellung weiterer Hilfsbeweisanträge gebrochen und urteilsrelevante Bekundungen gemacht hätten, sind weder dargetan noch ersichtlich. Auf ausschließlich theoretisch-abstrakte Möglichkeiten muß sich das Revisionsgericht auch bei diesem relativen Revisionsgrund – ungeachtet seiner Bedeutung – nicht verweisen lassen.

b) Daß der in Kanada gegen seine Auslieferung kämpfende frühere Mitangeschuldigte und Zeuge S ungeachtet einer einem Verteidiger erteilten Zustellungsvollmacht ein Zeuge ist, dessen Ladung im Sinne des § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO im Ausland zu bewirken wäre – so daß nach dieser Vorschrift ein gegenüber § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO erweiterter Eignungsmaßstab Anwendung finden kann –, steht nach dem mit dem Wortlaut („bewirken“) im Einklang stehenden Sinn der Sondervorschrift außer Frage.

c) Im Rahmen der Entscheidung nach § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO über den Hilfsbeweisantrag auf Vernehmung des Zeugen J durfte das Landgericht ergänzend auch auf den späten Zeitpunkt der Beweisantragstellung Bedacht nehmen.

II.


Mit ihren Sachrügen haben die Angeklagten teilweise Erfolg.
1. Ohne Rechtsverstoß geht das Landgericht allerdings davon aus, daß sich die Angeklagten jeweils der Untreue gemäß § 266 StGB strafbar gemacht haben (vgl. jedoch zum Schuldumfang unten 3).

a) Mit der Vereinnahmung der „Kick-back“-Zahlungen haben die Angeklagten die gegenüber ihrem Dienstherrn bestehende Vermögensbetreuungspflicht verletzt und ihrem Dienstherrn einen Nachteil im Sinne des § 266 StGB zugefügt.
aa) Allerdings kann – und insoweit sind die Urteilsgründe mißverständlich – der Nachteil noch nicht darin gesehen werden, daß die Angeklagten die später an sie zurückfließenden Gelder vorher in die Provisionssummen eingestellt haben. Die Provisionen, die vom T -Konzern gezahlt werden sollten, wurden nämlich in einer Provisionsliste zusammengefaßt , die dann die Grundlage für den Preis des an die saudische Regierung verkauften „Logistikpakets“ bildete. Insoweit waren aber die einzelnen zu zahlenden Provisionen lediglich eine interne Kalkulationsgrundlage für den festzulegenden Preis des „Logistikpakets“. Allein hierdurch ist dem Dienstherrn der Angeklagten kein unmittelbarer Nachteil entstanden, weil die Gelder für die zu zahlenden Provisionen von dem saudischen Vertragspartner getragen wurden. Hätten die an die Angeklagten zurückgeflossenen Gelder schon hierbei keine Berücksichtigung gefunden, hätte sich dadurch nur der
Preis des „Logistikpakets“ reduziert; der Gewinn für den T -Konzern wäre hingegen unverändert geblieben.
(1) Zwar hat die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in der Regel einen Nachteil im Sinne des § 266 StGB bei Provisions- oder Schmiergeldzahlungen angenommen (vgl. BGHSt 47, 295, 299; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 49; vgl. zur identischen Problematik beim Ausschreibungsbetrug auch BGHSt 47, 83, 89). Dieser Rechtsprechung liegt die Erwägung zugrunde, daß jedenfalls mindestens der Betrag, den der Vertragspartner für Schmiergelder aufwendet, auch in Form eines Preisnachlasses – oder eines Preisaufschlages in der vorliegenden Fallkonstellation – dem Geschäftsherrn des Empfängers hätte gewährt werden können (vgl. Raum in Wabnitz /Janovski, Handbuch des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts, 2. Aufl. S. 304 m. w. N.). Der Grundsatz gilt jedoch nicht uneingeschränkt. Nicht jede Schmiergeldzahlung muß sich zwangsläufig bei dem Geschäftsherrn des Empfängers als Schaden auswirken. Eine Ausnahme gilt insbesondere dann, wenn Umstände erkennbar sind, die es nicht unbedingt nahelegen, daß die Leistungen in die Kalkulation zu Lasten des Geschäftsherrn eingestellt wurden (vgl. BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 49; BGH NStZ 1995, 233, 234).
(2) Ein solcher Ausnahmefall liegt hier vor. Das „Logistikpaket“, das einen in sich abgeschlossenen Teil der Preisvereinbarung betraf, sollte nahezu ausschließlich die aufzuwendenden Provisionszahlungen abdecken. Trotz einer Vertragsgestaltung, durch die Provisionszahlungen nach außen hin verdeckt wurden, liegt hier tatsächlich nahe, daß an einer solchen Preisgestaltung insbesondere auch die für die Käuferseite handelnden Personen ein erhebliches Interesse hatten. Eine gewollte Aufspaltung bei der Preisfestlegung in einerseits den eigentlichen Verkauf und andererseits das sich aus Provisionen zusammensetzende „Logistikpaket“ legt nahe, daß eine Redu-
zierung des Aufwands für das „Logistikpaket“ nicht zwangsläufig zu einer Erhöhung des Verkaufspreises der Panzer geführt hätte.
bb) Eine Untreuehandlung der Angeklagten liegt aber jedenfalls darin , daß mit ihrer Kenntnis und Billigung die an den T -Konzern gezahlten Gelder an die von S beherrschte Firma A. weitergereicht wurden, soweit die Angeklagten hieraus zeitnah Zahlungen erlangten. Insoweit hat eine Vermögenseinbuße auf Seiten des T -Konzerns stattgefunden, die einen Nachteil im Sinne des § 266 StGB darstellt.
(1) Die Annahme eines Nachteils ist hier auch nicht deshalb ausgeschlossen , weil der T -Konzern mit der Zahlung eine entsprechende Verbindlichkeit gegenüber der A. zum Erlöschen bringt. Zwar ist anerkannt , daß ein Nachteil dann entfällt, wenn das zu betreuende Vermögen von einer Verbindlichkeit in gleicher Höhe befreit wird (BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 55), weil in diesem Falle zugleich ein den Verlust aufwiegender Vermögenszuwachs begründet wird (BGHSt 15, 342, 343 f.; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 14). Selbst wenn im vorliegenden Fall aufgrund des Marketingvertrages eine vertragliche Verpflichtung des T -Konzerns gegenüber der von S beherrschten A. bestanden haben sollte, wäre eine entsprechende Vereinbarung jedenfalls teilweise nichtig (§ 139 BGB), soweit sie Gelder umfaßte, die an die Angeklagten weitergegeben werden sollten. Eine solche Vereinbarung würde nämlich nach ihrem wirtschaftlichen Sinngehalt bedeuten, daß die Angeklagten aus ihrer Tätigkeit für ihren Dienstherrn zu Lasten des Vermögens des T -Konzerns weitere Vergütungen erhielten. Dies widerspricht den Regelungen des Aktiengesetzes , das die Bestimmung der Vergütung der Vorstandsmitglieder dem Aufsichtsrat überträgt (§§ 84, 87, 112 AktG). Diese zwingenden gesetzlichen Regelungen, die eine ausschließliche Personalkompetenz des Aufsichtsrats festlegen (Hüffer, AktG 4. Aufl. § 84 Rdn. 1), dienen dem Schutz der Gesell-
schaft und sind insoweit auch Verbotsgesetze im Sinne des § 134 BGB. Umgeht das einzelne Vorstandsmitglied diese zwingenden Regelungen zur Bestimmung seiner Vergütung durch eine – hier gegebene – „Kick-back“Abrede , dann verstößt die Vereinbarung, nach der die „Kick-back“-Zahlung geleistet werden soll, gegen ein gesetzliches Verbot im Sinne des § 134 BGB.
Das Landgericht läßt in den Urteilsgründen letztlich offen, ob der Angeklagte M als Bereichsvorstand eine organschaftliche Stellung innehatte oder lediglich ein herausgehobener leitender Angestellter war. Für die hier zu entscheidende Frage kann dies ebenfalls offenbleiben, weil es auch dem Arbeitnehmer verwehrt ist, seinen Arbeitslohn durch den Abschluß entsprechender „Kick-back“-Vereinbarungen zu Lasten seines Arbeitgebers in zudem verdeckter Weise zu erhöhen.
(2) Entgegen der Auffassung der Revisionen sind die Provisionszahlungen , die vom T -Konzern aus dem „Logistikpaket“ geleistet wurden, nicht lediglich durchlaufende Posten. Vielmehr liegen ungeachtet des kalkulatorischen Zusammenhangs jeweils unterschiedliche Vertragsverhältnisse zugrunde, die auch rechtlich unterschiedlich zu beurteilen waren. Das „Logistikpaket“ war Bestandteil des Leistungs- und Lieferungsvertrages, aus dem T -H als Vertragspartner grundsätzlich der Gesamtkaufpreis zustand. Mit dem Zufluß des Gesamtkaufpreises ist deshalb bei T -H eine Vermögensmehrung eingetreten. Inwieweit der T -Konzern aus seinem Vermögen dann verpflichtet war, aufgrund der Marketingvereinbarung mit A. an diese zu leisten, ist davon unabhängig auf der Grundlage dieses Vertragsverhältnisses zu prüfen und aus den vorgenannten Gründen insoweit zu verneinen, als die Gelder „Kick-back“-Zahlungen zugunsten der Angeklagten sein sollten. Insoweit ist auch die Frage, ob die Provisionszahlungen direkt über die saudische Regierung als Käuferin oder über T -H als
Verkäuferin abgewickelt wurden, nicht lediglich eine Frage der technischen Ausgestaltung der Erfüllung der Provisionsversprechen. Vielmehr liegt der Unterschied in dem jeweils andersartigen vertraglichen Konstrukt, das auch den Bezugspunkt für die strafrechtliche Prüfung bilden muß.
(3) Das gefundene Ergebnis kollidiert nicht mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach die Nichtabführung von empfangenen Schmiergeldern oder Provisionen als solche nicht dem Untreuetatbestand des § 266 StGB unterfällt. In den von den Revisionen herangezogenen Entscheidungen führt der Bundesgerichtshof lediglich aus, daß die nach § 681 Satz 2, § 687 Abs. 2 i.V.m. § 667 BGB bestehende zivilrechtliche Pflicht des Schmiergeldempfängers zur Herausgabe der empfangenen Leistungen an seinen Geschäftsherrn keine Vermögensbetreuungspflicht im Sinne des § 266 StGB begründet (BGHSt 47, 295, 298; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 49; jeweils m. w. N.). Dies schließt aber nicht aus, daß eine Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht von dem Schmiergeldempfänger durch eine andere Handlung bewirkt wird. Daß die Angeklagten aufgrund ihrer herausgehobenen Positionen eine Vermögensbetreuungspflicht zugunsten des Vermögens des T -Konzerns hatten, unterliegt keinen Zweifeln. Diese Pflicht haben sie verletzt, indem sie mit S aus den versprochenen Provisionen „Kick-back“-Zahlungen vereinbarten und an dessen Firmen die Zahlung aus dem Vermögen des T -Konzerns veranlaßten. Diesen mehraktigen Geschehensablauf setzten die Angeklagten in Gang, um sich letztlich aus dem Vermögen des T -Konzerns in Form der „Kick-back“-Zahlungen zu bereichern.

b) Die Beweiswürdigung des Landgerichts ist aus Rechtsgründen gleichfalls nicht zu beanstanden, jedenfalls soweit nur die Schuldsprüche wegen Untreue betroffen sind. Das Landgericht hat aus einer Vielzahl von Indizien rechtsfehlerfrei geschlossen, daß die Angeklagten mit
S übereingekommen waren, einen Teil der an A. gezahlten Provisionen an sie zurückfließen zu lassen. Hinsichtlich des Angeklagten M hat sich das Landgericht auf dessen maßgeblichen Einfluß bei der Aushandlung des Gesamtvertragspakets gestützt, was auch die Festlegung der im einzelnen zu zahlenden Provisionen umfaßte. Schon diese Einwirkungsmöglichkeit legt nahe, daß der Angeklagte M bereits bei der Bemessung der S zugestandenen Provision eine später an ihn zu leistende „Kick-back“-Zahlung mitberücksichtigt hat, zumal zwischen dem Angeklagten M und S ein – durch die persönliche Korrespondenz belegtes – freundschaftliches Verhältnis bestand. Soweit das Landgericht auf das Rubrikkonto „Jürglund“ eingezahlte Gelder dem Angeklagten M zurechnet, stützt es sich gleichfalls grundsätzlich auf eine ausreichende Tatsachengrundlage. Neben der offensichtlichen Anlehnung der Kontenbezeichnung an den Vornamen des Angeklagten M sind hier noch die teilweise synonyme Verwendung der Namen „Jü “ und „Jürglund“ im Kalender von S aussagekräftig sowie der Umstand, daß sich hiernach in vertretbarer, naheliegender Auslegung einzelner Kalendereintragungen in Telefonaten mit „J “ ausgehandelte Summen kurze Zeit später in Beziehung zur Bezeichnung „Jürglund“ wiederfinden. Hinzu kommt der nahe zeitliche Zusammenhang zwischen den Überweisungen des T -Konzerns anA. und den Einzahlungen auf den Rubrikkonten „Jürglund“ und „Winter“. Einen Barzufluß eines Teils der Gelder an den Angeklagten M folgert das Landgericht aus der auffallenden zeitlichen Koinzidenz von Barabhebungen und belegten Treffen zwischen S und dem Angeklagten M .
Hinsichtlich des Angeklagten H schließt das Landgericht rechtsfehlerfrei dessen Einbeziehung in die „Kick-back“-Vereinbarung aus seiner – wiederum auf die persönliche Korrespondenz gestützten – freund-
schaftlichen Beziehung zu S . Er war auch frühzeitig in die Provisionsverhandlungen eingeweiht. Dies hat das Landgericht – entgegen der Auffassung der Revision – rechtsfehlerfrei nicht allein aus der Zusendung des Projektleitblatts per Telefax geschlossen, sondern hat es auch aus weitergehenden Überlegungen und Beweiserhebungen, namentlich der Aussage des Zeugen Kl hergeleitet. Zumal da der Angeklagte H nach den insoweit rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Landgerichts schon einmal anläßlich eines anderen Geschäfts von S eine Provisionszahlung in Höhe von 500.000 Kanada-Dollar erhalten hatte, konnte das Landgericht rechtsfehlerfrei davon ausgehen, daß der Angeklagte H in die Vereinbarungen mit S über die Höhe der Provision an A. – und den an ihn hieraus zurückzuführenden Anteil – einbezogen war, obwohl das Panzergeschäft seinen unmittelbaren Geschäftsbereich nicht betraf. Ebenso wie bei dem Angeklagten M konnte sich das Landgericht bei seiner Überzeugungsbildung auch auf die Kalendereintragungen S s und auf die Duplizität der Rubrikkontenbezeichnungen stützen, die auch beim Angeklagten H mit der Benennung „Winter“ in Anlehnung an seinen Vornamen „W “ erfolgte. Gleiches gilt für die vom Landgericht angenommene Geldübergabe am 6. November 1991 in Zürich, die durch Bank- und Reiseunterlagen sowohl von S als auch vom Angeklagten H rechtsfehlerfrei belegt ist.
2. Die Verurteilungen wegen Steuerhinterziehung begegnen aufgrund des vom Landgericht gewählten Begründungsansatzes durchgreifenden Bedenken, weil das Landgericht den Zeitpunkt des Zuflusses im Sinne des § 11 Abs. 1 EStG für die den Angeklagten zugewandten Vermögenswerte nicht rechtsfehlerfrei bestimmt hat.

a) Zutreffend ist zwar der Ansatz des Landgerichts, daß die den Angeklagten zugewendeten „Kick-Back“-Zahlungen als sonstige Einkünfte gemäß § 22 Nr. 3 EStG der Einkommensteuer unterliegen. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs sind Bestechungsgelder, die einem Arbeitnehmer von Dritten gezahlt werden, sonstige Einkünfte im Sinne von § 22 Nr. 3 EStG (BFH BStBl II 2000, 396 ff. m. w. N.; BFH/NV 2001, 25 f.); dementsprechend hat auch der Bundesgerichtshof für Schmiergeldzahlungen oder Bestechungsgelder angenommen, daß sie der Besteuerung unterliegen (vgl. zuletzt BGHR AO § 393 Abs. 1 Erklärungspflicht 4 m. w. N.). Für solche Provisionszahlungen, die nachträglich als „Kick-back“-Zahlungen an die Empfänger geleistet werden, gilt nichts anderes.
Entgegen der Auffassung der Revisionen ist insoweit auch das erforderliche Gegenseitigkeitsverhältnis gegeben. Die Leistung des Empfängers besteht zum einen darin, daß er den Geschäftsabschluß – mithin also den Erhalt von 28 Mio. DM Provisionsleistungen für S – ermöglicht hat. Zum anderen erfolgten die „Kick-back“-Zahlungen ersichtlich in der begründeten Erwartung, den Empfänger der Gelder auch im Blick auf zukünftige Geschäftsabschlüsse für sich zu verpflichten.
Die Angeklagten waren auch verpflichtet, die ihnen als „Kick-back“Zahlungen zugeflossenen Vermögenswerte der Finanzbehörde zu erklären. Dies folgt aus der ihnen obliegenden Pflicht zur Offenlegung der für die Besteuerung erheblichen Tatsachen (§ 90 Abs. 1 Satz 2 AO). Dem steht nicht entgegen, daß die Angeklagten mit der wahrheitsgemäßen Angabe dieser Einkünfte zugleich die Begehung eigener Straftaten aufdecken müßten. Der Senat kann dabei dahinstehen lassen, ob die Angeklagten durch das in § 30 AO niedergelegte Steuergeheimnis vor der Weitergabe entsprechender Informationen durch die Finanzbehörde an die Strafverfolgungsbehörden geschützt wären oder ob der Ausnahmetatbestand des § 30 Abs. 4 Nr. 5 lit. b
AO hier eine Weitergabe der Informationen ermöglichen würde. Selbst wenn nämlich ein entsprechender Schutz durch das Steuergeheimnis nicht bestünde , würde dem Steuerpflichtigen – freilich gegebenenfalls mit einem niedrigeren Konkretisierungsgrad – zugemutet, die Einkünfte zu offenbaren (BGHR aaO).

b) Nicht gefolgt werden kann allerdings dem Landgericht, soweit es die auf den Rubrikkonten „Jürglund“ und „Winter“ eingezahlten Gelder den Angeklagten als sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 Nr. 3 EStG zurechnet. Allein durch die Umbuchungen auf die Rubrikkonten sind die dort ausgewiesenen Guthaben den Angeklagten noch nicht als Einnahmen gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG zugeflossen.
aa) Eine Einnahme, die auch in einem geldwerten Vorteil bestehen kann, ist gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG zugeflossen, sobald der Empfänger wirtschaftlich über sie verfügen kann oder über sie verfügt hat (BFHE 195, 221, 223 f.; BFH/NV 2002, 643; jeweils m. w. N.). Die bloße Umbuchung auf ein Rubrikkonto, für welches die Angeklagten keinerlei Zeichnungsrechte hatten, genügt diesem Erfordernis nicht. Die Angeklagten waren nämlich wirtschaftlich nicht in der Lage, über die Gutschriften auf den Rubrikkonten zu verfügen.
bb) Nicht ausreichend belegt ist, wovon das Landgericht – ohne die entsprechenden Rechtsgrundlagen ausdrücklich zu nennen – allerdings auszugehen scheint, daß zwischen S und den Angeklagten eine treuhänderische Abrede im Sinne des § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO bestanden hat. In einem solchen Falle könnte in der Vereinbarung über das Treuhandverhältnis zugleich ein Zufluß im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG zu sehen sein, weil das treuhänderisch gebundene Wirtschaftsgut (hier: die Guthaben auf den Rubrikkonten) dann mit dem Abschluß einer ent-
sprechenden Treuhandvereinbarung nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO den Angeklagten auch zuzuordnen wäre.
Eine solche Vereinbarungstreuhand ist allerdings grundsätzlich möglich. Sie muß auf ernstgemeinten und klar nachweisbaren Vereinbarungen zwischen Treugeber und Treuhänder beruhen und tatsächlich durchgeführt werden. Das Handeln des Treuhänders im fremden Interesse muß wegen der vom zivilrechtlichen Eigentum abweichenden Zurechnungsfolge eindeutig erkennbar sein (BFH BStBl II 1998, 152, 156 und 2001, 468, 470). Wesentliches Kriterium für die Annahme eines Treuhandverhältnisses ist die Weisungsbefugnis des Treugebers gegenüber dem Treuhänder und damit korrespondierend die Weisungsgebundenheit des Treuhänders gegenüber dem Treugeber sowie – im Grundsatz – dessen Verpflichtung zur jederzeitigen Rückgabe des Treuguts. Der Treugeber muß demnach das Treuhandverhältnis beherrschen. Kann er dies aufgrund der getroffenen Absprachen nicht, so besteht kein steuerlich anzuerkennendes Treuhandverhältnis im Sinne des § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO (BFH BStBl II 1999, 514, 516). Schließlich muß das Treuhandverhältnis aber auch tatsächlich vollzogen worden sein (BFH BStBl II 1998, 152, 156 f.).
In dem hier in der Anlage eines Rubrikkontos liegenden Akt kann zwar eine entsprechende Absonderung der auf das Rubrikkonto transferierten Gelder gesehen werden. Eine klar nachweisbare Vereinbarung, wie der für diese Rubrikkonten weiterhin allein zeichnungsberechtigte S mit den Geldern hätte verfahren sollen, läßt sich jedoch nicht erkennen. Ebensowenig ist den Urteilsgründen zu entnehmen, wie der jeweilige Begünstigte auf der Grundlage entsprechender Absprachen das Treuhandverhältnis hätte beherrschen können. Eine solche Beherrschung ist schon deshalb zweifelhaft, weil bei derart kriminellen Absprachen eine rechtlich durchsetzbare Beherrschung ohnehin nicht in Betracht kommen wird.
Dennoch mag es in besonders gelagerten Ausnahmefällen Fallgestaltungen geben, die aufgrund der Gesamtumstände, namentlich im Hinblick auf wirtschaftliche Abhängigkeiten oder anderweitiges Druckpotential, dem „Treugeber“ ein solches Maß an Beherrschungsmöglichkeit vermitteln, daß faktisch von einem Weisungsrecht ausgegangen werden kann. Der Besteuerung eine solche rechtlich zwar unwirksame, aber praktisch durchgesetzte Treuhandbeziehung zugrunde zu legen, ist nach § 41 Abs.1 Satz 1 AO grundsätzlich möglich. An den tatsächlichen Vollzug einer solchen Abrede sind jedoch dann gesteigerte Anforderungen zu stellen.
cc) Das Landgericht geht wohl von einer Treuhandabrede zwischen und S den Angeklagten deshalb aus, weil die Rubrikkonten tatsächlich treuhänderisch geführt worden seien. Diese Wertung hält jedoch schon aufgrund von Beweiswürdigungsmängeln rechtlicher Überprüfung nicht stand. Das Landgericht belegt zwar rechtsfehlerfrei in einer erheblichen Anzahl von Fällen, in denen Gelder von den Rubrikkonten in bar abgehoben und an die Angeklagten weitergegeben oder aus dem Guthaben in sonstiger Weise in das Vermögen der Angeklagten überführt wurden, daß die auf dem Rubrikkonto vorhandenen Gelder zugunsten der Angeklagten verwandt wurden. Insbesondere hinsichtlich einer nach ihrer Größenordnung ganz bedeutenden Transaktion ist die Beweiswürdigung des Landgerichts aber – wie die Revisionen zutreffend aufzeigen – lückenhaft und widersprüchlich.
(1) Nach den landgerichtlichen Feststellungen erfolgte am 13. Januar 1994 ein Abfluß in Höhe von 9 Mio. DM vom Konto „Jürglund“ zugunsten eines anderen Kontos von S . Dieser Betrag diente zur Deckung eines auf jenem Konto belasteten Schecks, den S am 30. Juni 1992 ausgestellt und an den Zeugen Le zur Anschubfinanzierung eines Rußlandgeschäfts übergeben hatte.
Das Landgericht geht davon aus, daß dieser Betrag durch den Übertrag einer Festgeldanlage am 18. Januar 1994 alsbald wieder ausgeglichen worden sei. Woher die Festgeldanlage stammte, ist den Urteilsgründen nicht zu entnehmen. Die naheliegende Möglichkeit, daß – weil Gelder auf dem Rubrikkonto „Jürglund“ durchgehend als Festgelder angelegt waren – es sich um genau solche Gelder gehandelt hatte, läßt das Landgericht unerörtert. Hierfür hätte aber insbesondere auch die vom Landgericht festgestellte Höhe des Schlußsaldos gesprochen, der sich auf nur noch 389.000 DM belief; dies ist jedenfalls der Betrag, den S auf das Konto seiner Ehefrau vom Rubrikkonto „Jürglund“ überwies. Daß der Betrag von 9 Mio. DM aus festgelegten Teilbeträgen des Guthabens des Rubrikkontos „Jürglund“ stammt, drängt sich im übrigen auch auf, wenn man die Gesamtbeträge vergleicht. Insgesamt sind auf dieses Konto 10,875 Mio. DM geflossen, die weitgehend zwischenzeitlich als Festgeldanlagen verzinst wurden. Abgeflossen sind nach den Feststellungen des Landgerichts zugunsten des Angeklagten M höchstens etwa 3 Mio. DM. Berücksichtigt man die angefallenen Zinsen, liegt nahe, daß die auf das Konto von S überführten 9 Mio. DM genau demjenigen Betrag entsprechen, dessen Verbleib nach den Urteilsfeststellungen ungeklärt ist.
Widersprüchlich sind zudem die weiteren Feststellungen des Landgerichts im Zusammenhang mit dem Abfluß der 9 Mio. DM. Das Landgericht stellt nämlich einerseits fest, daß die entsprechenden Investitionen S s ohne Risiko gewesen seien, da die Firma Li eine Bürgschaft gestellt habe. Andererseits seien für diesen Betrag keine Rückzahlungen geleistet worden, mithin müßte also das Darlehen für die Anschubfinanzierung weiter offen geblieben sein. Ob die Bürgschaft in Anspruch genommen wurde und vor allem an wen gegebenenfalls die Gelder hieraus geflossen sind, läßt das Landgericht unerörtert. Gerade dieser Gesichtspunkt hätte aber dar-
über Aufschluß geben können, wer wirtschaftlich hinter der Darlehensgewährung gestanden hat.
(2) Gleichfalls läßt sich den Urteilsgründen nicht entnehmen, inwieweit der Mittelabfluß etwa im Interesse des Angeklagten M gestanden haben könnte. Das Landgericht hat insoweit lediglich festgestellt, daß der Zeuge Bä , der seit 1990/1991 Geschäftsführer bei Li war, den Angeklagten M einige Male getroffen habe. Inwiefern gerade der Angeklagte M an diesem Geschäft eigene Interessen hatte, vermochte der Zeuge nicht anzugeben. Wäre dies der Fall gewesen, hätte es im übrigen nahe gelegen, daß der Scheck sogleich auf das Rubrikkonto „Jürglund“ gezogen worden wäre, wenn S insoweit im Interesse des Angeklagten M zu Lasten eines treuhänderisch geführten Kontos dieses Geschäft hätte durchführen wollen.
cc) Selbst wenn man hinsichtlich des ungeklärten Differenzbetrages von 9 Mio. DM keine Verfügung im alleinigen Interesse von S annähme, bliebe die Verwendung von ca. 70 % des auf dem Konto „Jürglund“ eingegangenen Geldes offen. Dann fehlt aber die zentrale Voraussetzung für die Annahme eines Treuhandverhältnisses. Allein die festgestellten Zuwendungen belegen kein Treuhandverhältnis. Dies gilt umso mehr, als diese Abflüsse in der Summe nicht einmal annähernd der Höhe des Betrages entsprechen, hinsichtlich dessen überhaupt keine Beziehung zu dem Angeklagten M aufgezeigt ist.
Das muß sich auch auf die Beurteilung der Rechtslage hinsichtlich des Kontos „Winter“ auswirken, zumal insoweit ein vollständiger Zufluß der auf dieses Konto gelangten Zahlungsbeträge an den Angeklagten H ebenfalls nicht mit umfassend rechtsfehlerfreier Beweiswürdigung festgestellt
ist – ohne daß freilich hier ein derart krasses Mißverhältnis wie bei dem Angeklagten M vorläge.
Letztlich ist danach bei beiden Konten weder eine ausdrückliche Treuhandabrede belegt, noch läßt sich aus den Verfügungen über die Kontenguthaben auf eine solche Treuhandabrede rückschließen.

c) Dieser Begründungsmangel nötigt jedoch hinsichtlich der Verurteilung wegen Steuerhinterziehung nicht generell zu einer Aufhebung der Schuldsprüche. Maßgebend sind die vom Landgericht im übrigen rechtsfehlerfrei festgestellten Zuflüsse. Daraus ergibt sich folgendes:
aa) Hinsichtlich des Angeklagten M sind für die Jahre 1991, 1992 und 1993, die als Veranlagungszeiträume den Verurteilungen zugrunde liegen, jeweils Vermögenszuflüsse festgestellt. Diese rechtsfehlerfreien Feststellungen können aufrecht erhalten bleiben. Danach ergeben sich folgende als sicher zugrunde zu legende Vermögenszuflüsse hinsichtlich des Angeklagten M :
(1) Für das Jahr 1991 bleiben die Feststellungen über die Geldübergaben im Zusammenhang mit den Barabhebungen vom 11. Juni 1991 (50.000 DM – UA S. 177 ff.), vom 1. Juli 1991 (50.000 DM – UA S. 183), vom 24. Juli 1991 (100.000 DM – UA S. 186) und vom 6. November 1991 (100.000 DM – UA S. 189) bestehen, die Beträge in Höhe von insgesamt 300.000 DM umfassen.
(2) Hinsichtlich des Veranlagungszeitraums 1992 sind die aufrecht erhaltenen Feststellungen über die als Darlehenshingabe getarnte Kaufpreiszahlung in Höhe von 1,225 Mio. SFr (UA S. 133 bis
146), über die Bezahlung der Internatskosten (35.594 DM – UA S. 171) sowie eine Geldübergabe nach der Barabhebung vom 17. Dezember 1992 (115.000 DM – UA S. 194 f.) als Grundlage für einen Mindestzufluß im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG heranzuziehen.
(3) In Bezug auf den Veranlagungszeitraum 1993 bilden die Überweisungen an die Firma R (9. Februar 1993 – 86.909,30 DM; 23. April 1993 – 55.617,35 DM; 18. Mai 1993 – 50.000 DM; 26. Oktober 1993 – 104.783,60 DM), an die Firma
I
S W I (19. April 1993 – 55.126,80 DM) sowie an die I I AG (26. Oktober 1993 – 193.621,85 DM), die jeweils vom Rubrikkonto „Jürglund“ zugunsten des Angeklagten M erfolgt sind (UA S. 147), als jedenfalls rechtsfehlerfrei festgestellter Mindestzufluß die Grundlage für den Schuldspruch wegen Steuerhinterziehung.
Soweit das Landgericht weitere Bargeldabhebungen (10. Dezember 1991, 28. April 1992, 27. Juli 1993 und 4. Oktober 1994) keinen zeitnahen Geldübergaben zuordnen konnte, brauchten die Feststellungen hierzu nicht aufrechterhalten werden. Insoweit läßt sich nämlich nicht hinreichend sicher ein Zufluß im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG an den Angeklagten M erkennen. Gleiches gilt im übrigen auch für die Einkäufe in Kanada (UA S. 174 f.), weil auch hier die Urteilsgründe es letztlich offenlassen, ob es zu den Zahlungen zugunsten des Angeklagten M gekommen ist.
bb) Hinsichtlich des Angeklagten H ist für den Veranlagungszeitraum 1991 eine Überweisung auf das Konto „Winter“ festgestellt. Diese entspricht dem Betrag, der am 6. November 1991 in Zürich abgehoben und – wie das Landgericht rechtsfehlerfrei festgestellt hat – an den Angeklagten
H übergeben wurde, so daß sich bezüglich der im Jahre 1991 begangenen Steuerhinterziehung auch im Schuldumfang nichts ändert. Insoweit ist die Revision – da andere Rechtsfehler im Rechtsfolgenausspruch (Einzelund Einsatzstrafe: ein Jahr sechs Monate Freiheitsstrafe) nicht ersichtlich sind – im vollen Umfang zu verwerfen.
Bezüglich der für das Jahr 1993 ausgeurteilten Steuerhinterziehung finden sich allerdings keine tragfähigen Feststellungen, die eine Aufrechterhaltung des Schuldspruchs erlauben. Das Landgericht stellt zwar fest, daß S am 3. Februar 1993 in Buchs 170.000 DM und am 28. Dezember 1993 in Zürich 120.000 DM (insoweit sind die Urteilsfeststellungen zudem nicht ganz widerspruchsfrei, vgl. UA S. 91, 93) vom Konto „Winter“ bar abgehoben hat. Hinsichtlich der ersten Abhebung hat sich kein Nachweis für ein zeitnahes Treffen mit dem Angeklagten H ergeben. Im Anschluß an die Abhebung vom Dezember 1993 leitet das Landgericht eine Geldübergabe daraus ab, daß der Angeklagte H sich in seinem Weihnachtsurlaub in Pontresina aufgehalten hat. Ob S allerdings selbst in Pontresina war, hat das Landgericht nicht mehr aufklären können. Allein die Abhebung in Zürich und der Urlaubsaufenthalt des Angeklagten H in Pontresina reichen als Tatsachengrundlage angesichts der erheblichen Entfernung der Orte nicht aus, um einen Geldzufluß beim Angeklagten H sicher belegen zu können. Insoweit beschränken sich die Urteilsgründe auf bloße Vermutungen, die letztlich nicht mehr als einen Verdacht zu begründen vermögen (vgl. BGHR StPO § 261 Überzeugungsbildung 26). Hinzu kommt, daß auch nicht erkennbar ist, ob die Übergabe noch im Jahre 1993 stattgefunden hat oder erst im Jahre 1994, weil der Urlaub des Angeklagten H bis 2. Januar 1994 angedauert hat. Der Veranlagungszeitraum 1994 lag aber der Verurteilung nicht zugrunde. Deshalb muß die Verurteilung hinsichtlich der Steuerhinterziehung 1993 beim Angeklagten
H auch im Schuldspruch aufgehoben und die Sache insoweit zu neuer tatrichterlichen Aufklärung an das Landgericht zurückverwiesen werden.

d) Die Einzelstrafaussprüche wegen Steuerhinterziehung können dagegen keinen Bestand haben, soweit das Urteil den Angeklagten M betrifft. Der Fehler bei der Bestimmung des Zuflusses wirkt sich insoweit bei der Bestimmung des Schuldumfangs der jeweiligen Taten unmittelbar aus.
3. Gleichfalls aufzuheben waren die Einzelstrafen, die das Landgericht gegen die Angeklagten wegen Untreue verhängt hat. Zwar kommt es für die Verwirklichung des Tatbestands der Untreue nicht darauf an, in welchem Umfang sich die Angeklagten persönlich bereichert haben. Maßgeblich ist insoweit nur der dem Dienstherrn zugefügte Nachteil im Sinne des § 266 StGB. Im vorliegenden Fall besteht jedoch die Besonderheit, daß die Vermögenseinbuße T s sich aus den vereinbarten „Kick-back“Zahlungen ergibt. Hier geht das Landgericht rechtlich bedenkenfrei davon aus, daß die später gezahlten Gelder den vorher vereinbarten Provisionsleistungen in der Höhe entsprachen. Insoweit bilden die tatsächlich an die Angeklagten geflossenen Zuwendungen auch den Mindestschuldumfang für die Untreue.
Das Landgericht lastet hinsichtlich der Untreue ebenfalls den Angeklagten alle auf die Rubrikkonten umgebuchten Gelder an. Dies begegnet den bereits oben dargestellten durchgreifenden Bedenken, weil das Landgericht nicht hinreichend belegt hat, daß die auf die Rubrikkonten eingezahlten Gelder tatsächlich im vollen Umfang den Angeklagten zugute kamen oder zumindest zugute kommen sollten. Da das Landgericht den Umfang der den Angeklagten zugewandten Vermögenswerte nicht rechtsfehlerfrei ermittelt
hat, setzt sich dieser Mangel auch in der Bestimmung des Schuldumfangs der Untreue fort.
Im Blick auf die Bestimmung des Schuldumfangs hinsichtlich der Untreue hält der Senat bezüglich des Angeklagten M zusätzlich die Feststellungen zu den Geldübergaben im Anschluß an die Barabhebungen vom 23. Juni 1994 (50.000 DM – UA S. 195 f.) und vom 18. August 1994 (39.300 SFr – UA S. 197 f.) aufrecht, ferner zur Zuwendung eines Schecks am 8./10. Januar 1994 über 50.000 SFr (UA S. 167). Gleiches gilt für die zugunsten des AngeklagtenM vorgenommenen Überweisungen vom Rubrikkonto „Jürglund“, die am 7. April 1994 (285.714,30 DM) und am 22. August 1994 (35.971,20 DM) an die Firma R erfolgten, sowie im Hinblick auf die beiden Überweisungen an die I I GmbH vom 7. April 1994 (35.547,60 DM) und vom 6. Juni 1994 (12.920,35 DM), mit denen nach der insoweit rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung des Landgerichts Leistungen des Angeklagten M an die Empfänger der Gelder erbracht werden sollten (UA S. 147 ff.).

III.


Der neue Tatrichter wird – sofern er das Verfahren nicht auch im Blick auf den Zeitablauf auf der Grundlage der aufrechterhaltenen Feststellungen nach §§ 154, 154a StPO beschränkt – zu prüfen haben, ob zwischen und S den Angeklagten eine entsprechende faktische Treuhandabrede bestanden hat. Dabei wird insbesondere zu klären sein, welche Einflußmöglichkeiten die Angeklagten hinsichtlich der Verwendung der auf den Rubrikkonten eingezahlten Gelder hatten und ob diese die Annahme eines jedenfalls tatsächlichen Beherrschungsverhältnisses rechtfertigen können. Dabei werden auch hinsichtlich des bislang unzulänglich erörterten Differenzbetrages von 9 Mio. DM auf dem Rubrikkonto „Jürglund“ nä-
here Feststellungen zu treffen sein. Sollte sich eine Treuhandabrede nicht nachweisen lassen, werden nur jeweils weitere konkret ermittelte Zuwendungen für die Bestimmung eines weitergehenden Schuldumfangs zugrundezulegen sein. Zur Strafzumessung weist der Senat auf die in seinem Urteil vom 5. Mai 2004 (BGHR AO § 393 Abs. 1 Erklärungspflicht 4) genannten Grundsätze hin. Danach gebietet der enge zeitliche und sachliche Zusammenhang zwischen dem Vermögensdelikt und der Steuerhinterziehung wegen Nichterklärung der Einnahmen hieraus eine straffe Zusammenziehung der zu verhängenden Einzelstrafen.
Harms Häger Basdorf Gerhardt Raum

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 S t R 3 5 5 / 1 3
vom
11. Februar 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. Februar 2014 beschlossen
:
I. Auf die Revision des Angeklagten R. gegen das Urteil des
Landgerichts Augsburg vom 21. Dezember 2012 wird
1. das Verfahren unter Erstreckung auf die Angeklagten
H. und N. eingestellt, soweit in den Fällen B.I.6.a)
Nr. 1 bis 3 der Urteilsgründe die Angeklagten R. und
H. wegen Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr
bzw. der Angeklagte N. wegen Bestechung im geschäftlichen
Verkehr verurteilt worden sind; im Umfang der
Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen
Auslagen der Angeklagten der Staatskasse zur
Last;
2. das genannte Urteil unter Erstreckung auf die Angeklagten
H. und N. geändert,

a) im Schuldspruch dahin, dass der Angeklagte R. der
Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr in 60 Fällen,
der Angeklagte H. der Bestechlichkeit im geschäftlichen
Verkehr in 180 Fällen und der Angeklagte N.
der Bestechung im geschäftlichen Verkehr in 180 Fällen
schuldig sind, und

b) im Rechtsfolgenausspruch dahin, dass hinsichtlich der
Verfallsentscheidung festgestellt wird, dass hinsichtlich
des Angeklagten R. wegen eines Geldbetrages in
Höhe von 899.050 Euro sowie hinsichtlich des Ange-
klagten H. wegen eines Betrages in Höhe von
2.804.006,96 Euro, den die Angeklagten jeweils aus der
Tat erlangt haben, von der Anordnung von Wertersatzverfall
nur deshalb abgesehen wird, weil Ansprüche von
Verletzten entgegenstehen.
3. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.
II. Der Beschwerdeführer hat die verbleibenden Kosten seines
Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten R. wegen Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr in 63 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten verurteilt und ihn im Übrigen freigesprochen. Zugleich hat es den Angeklagten H. wegen Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr in 183 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten sowie den Angeklagten N. wegen Bestechung im geschäftlichen Verkehr in 183 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt und sie im Übrigen freigesprochen. Zudem hat es u.a. festgestellt , dass hinsichtlich des Angeklagten R. wegen eines Geldbetrages von 1.041.050 Euro sowie hinsichtlich des Angeklagten H. wegen eines Geldbetrages von 2.946.006,96 Euro nur deshalb nicht auf Wertersatzverfall erkannt wird, weil Ansprüche Verletzter entgegenstehen.
2
Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte R. mit seiner auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat nur in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO), im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

I.


3
Das Landgericht hat u.a. folgende, den Angeklagten R. betreffende Feststellungen und Wertungen getroffen:
4
1. Der Angeklagte R. war hochrangiger Manager des M. Konzerns. Als Geschäftsführer Vertrieb und Personal der M. Management GmbH war er Mitglied des Entscheidungsgremiums für die zukünftige Ausgestaltung des bundesweiten Vertriebs von DSL-Verträgen in den M. . Im zweiten Quartal 2005 wurde die Entscheidung für den externen Vertrieb der DSL-Verträge durch eine zentral für alle M. bundesweit zuständige Marketingagentur getroffen. Der Auftrag für den Vertrieb der DSL-Verträge wurde an eine vom Angeklagten N. geführte Agentur vergeben. Der Auftragsvergabe waren Gespräche des Angeklagten N. mit dem Angeklagten H. , der als Mitglied des M. Management Teams in die Entscheidungen des Projekts „DSL-Verträge“ in beratender Funktion ein- gebunden war, vorausgegangen, in denen der Angeklagte N. für den Fall der Auftragserteilung Schmiergeldzahlungen in Höhe von je 5 Euro pro „Manntag“ an die Angeklagten R. und H. in Aussicht stellte. Der Angeklagte H. gab dieses Angebot an den Angeklagten R. weiter, der sich ebenfalls mit dem Vorschlag einverstanden erklärte. In Umsetzung der Vereinbarung zahlte der Angeklagte N. im Zeitraum November 2005 bis März 2010 in 52 Fällen insgesamt 1.162.100 Euro in bar an den Angeklagten H. , der davon absprachegemäß jeweils wenige Tage nach der Geldübergabe die Hälfte der Schmiergelder an den Angeklagten R. weitergab.
5
Als Anfang des Jahres 2010 die Insolvenz der vom Angeklagten N. geführten Marketingagentur drohte, brachte er gegenüber dem Angeklagten H. die Übernahme des Vertriebs der DSL-Verträge durch die Agentur der früheren Mitangeklagten G. und L. unter Aufrechterhaltung der Schmiergeldabrede ins Spiel. Der Angeklagte H. besprach diesen Vorschlag mit dem Angeklagten R. . Beide kamen überein, den Auftragsübergang unternehmensintern zu unterstützen, wenn die Schmiergelder auch weiterhin gezahlt würden. Dies sagte der Angeklagte N. auch im Namen von G. und L. zu. Im April 2010 wurde der Auftrag - ohne dass der Auftrag ausgeschrieben oder Konkurrenzangebote eingeholt worden wären - an die Agentur von G. und L. vergeben, an der auch der Angeklagte N. über einen Strohmann beteiligt war. Hinsichtlich der Schmiergeldzahlungen einigten sich die Angeklagten auf ein modifiziertes Abrechnungsmodell, das vorsah, dass beginnend am 1. Juli 2010 quartalsweise zunächst 80.000 Euro an Schmiergeld ausgezahlt werden und mit Ablauf des Quartals eine Abrechnung auf Basis der tatsächlich geleisteten „Manntage“ erfolgen sollte. Im Zeitraum September 2010 bis Oktober 2011 wurden in 11 Fällen insgesamt 935.000 Euro in bar an den Angeklagten H. übergeben, von denen dieser 460.000 Euro teils bis zu mehreren Wochen nach der Geldübergabe an den Angeklagten R. weiterleitete.
6
2. Das Landgericht hat das Geschehen bezüglich des Angeklagten R. als Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr gemäß § 299 Abs. 1 StGB gewer- tet und dabei jede Geldübergabe als rechtlich selbständige Tat angesehen. Im Rahmen der Strafzumessung hat es den Strafrahmen des § 300 Satz 1 StGB zugrunde gelegt. Der Angeklagte R. habe gewerbsmäßig (§ 300 Satz 2 Nr. 2 Alt. 1 StGB) sowie als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat (§ 300 Satz 2 Nr. 2 Alt. 2 StGB), gehandelt. Zudem bezögen sich die Taten in Fällen, in denen dem Angeklagten R. Schmiergeldzahlungen von mehr als 50.000 Euro zugeflossen seien, auf einen Vorteil großen Ausmaßes (§ 300 Satz 2 Nr. 1 StGB).

II.


7
Die von der Revision geltend gemachten Rügen der Verletzung von Verfahrensrecht greifen nicht durch.
8
1. Die vom Angeklagten R. erhobene Verfahrensrüge, mit der er eine unzulässige Beschränkung der Verteidigung gemäß § 338 Nr. 8 StPO sowie eine Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren gemäß Art. 20 Abs. 3 GG, Art. 6 Abs. 3 Buchst. a und b MRK durch rechtsfehlerhafte Ablehnung eines Antrags auf Aussetzung des Verfahrens zur Gewährung vollständiger Akteneinsicht in zumutbarer Weise geltend macht, hat keinen Erfolg.
9
a) Der Verfahrensrüge liegt im Wesentlichen folgendes Geschehen zugrunde :
10
aa) Im Ermittlungsverfahren gegen den Angeklagten R. und die übrigen Angeklagten wurden umfangreiche Telekommunikationsüberwachungsmaßnahmen durchgeführt, im Rahmen derer ca. 45.000 Telefongespräche aufgezeichnet sowie ca. 34.000 weitere Datensätze (z.B. SMS/MMS, Systemdateien , Reportdateien) gespeichert wurden.
11
Anträge der Verteidigung auf Einsichtnahme in die Telekommunikationsüberwachung unter Überlassung der Tondateien auf einem Datenträger wurden von der Staatsanwaltschaft sowie durch das Landgericht unter Verweis auf Persönlichkeitsschutzinteressen Dritter abgelehnt und die Verteidigung auf die Möglichkeit verwiesen, die Aufzeichnungen der Telefongespräche in den Räumlichkeiten der Kriminalpolizei abzuhören. Im Dezember 2011 wurden dem Verteidiger Rechtsanwalt Dr. J. zunächst die Mitschnitte von 27 Telefongesprächen , im April 2012 von weiteren ca. 2.200 Gesprächen zur Verfügung gestellt. Auf Beschwerde des Angeklagten ordnete das Landgericht am 3. Mai 2012 - mithin einen Monat vor Beginn der Hauptverhandlung - das Aufspielen sämtlicher Tondateien auf ein Notebook und das Ermöglichen des Abhörens der Telefongespräche auch gemeinsam mit dem Angeklagten in der Justizvollzugsanstalt an. Im Übrigen blieb die Beschwerde ohne Erfolg.
12
Ab dem 9. Mai 2012 wurden die Tondateien auf dem Notebook in der Form zur Verfügung gestellt, dass die Gespräche aus einer Liste ausgewählt werden konnten, aus der sich Datum und Uhrzeit des Gesprächsbeginns, die Identnummer sowie der Dateiname ergaben. In der Liste waren auch aufgelaufene SMS enthalten, die jedoch aufgrund technischer Einschränkungen teilweise nicht in ihrem vollen Wortlaut abgedruckt waren. Anträge der Verteidigung auf Überlassung einer Auflistung sämtlicher Telefongespräche, in der auch die Gesprächsteilnehmer und deren Rufnummern sowie die Dauer des Gesprächs enthalten waren, blieben - auch im Beschwerdeverfahren - ohne Erfolg. Hinsichtlich der SMS wurde die Verteidigung auf eine Bereitstellung des vollen Wortlauts auf Einzelanforderung verwiesen.
13
Bis zum Beginn der Hauptverhandlung am 6. Juni 2012 wurden durch den Verteidiger Rechtsanwalt Dr. J. an sieben Terminen - davon zwei Termine nach Aufspielen der Audiodateien auf ein Notebook - Gespräche angehört. Während der laufenden Hauptverhandlung kamen weitere 16 Termine zustande, bei denen Rechtsanwalt Dr. J. sich teilweise durch einen Kollegen unterstützen ließ. Nach dem 31. Oktober 2012 wurden seitens der Verteidigung keine weiteren Termine zum Anhören von Telefongesprächen nachgefragt.
14
bb) Im Ermittlungsverfahren wurden zudem ca. 14 Mio. elektronische Dateien (z.B. Emails, Dokumente) sichergestellt. Diese wurden der Verteidigung am 22. Mai 2012 in durch das Landeskriminalamt aufbereiteter Form zur Verfügung gestellt, weshalb zur Auswertung der Daten eine spezielle Software mit Anschaffungskosten von ca. 4.000 Euro erforderlich war. Der Antrag der Verteidigung auf Zurverfügungstellung der Softwarelizenz bzw. auf Erklärung der Kostenübernahme wurde durch das Landgericht im Laufe der Hauptverhandlung mit Beschluss vom 16. Juli 2012 abgelehnt. Die Dateien wurden schließlich am 4. September 2012 - mithin knapp drei Monate nach Beginn der Hauptverhandlung - in ihrer ursprünglichen Form überlassen.
15
cc) Im März 2012 beantragte die Verteidigung, dem Angeklagten R. in der Justizvollzugsanstalt Einsicht in die elektronisch geführten Verfahrensakten zu gewähren. Der Vorsitzende der Strafkammer gestattete dies und übertrug die organisatorische Abwicklung der Justizvollzugsanstalt. Aufgrund technischer Schwierigkeiten wurde dem Angeklagten R. erstmals am 29. Mai 2012 - mithin eine Woche vor Beginn der Hauptverhandlung am 6. Juni 2012 - Akteneinsicht gewährt, wobei ein Computer nur von montags bis freitags in der Zeit von 9.00 Uhr bis 11.00 Uhr sowie von 13.00 Uhr bis 16.00 Uhr zur Verfügung stand und dieser auch von Mitgefangenen genutzt wurde.
16
dd) Den am zweiten Hauptverhandlungstag am 26. Juni 2012 gestellten und während des Fortgangs der Hauptverhandlung stetig erneuerten Antrag auf Aussetzung des Verfahrens, um die Auswertung der aufgezeichneten Telefongespräche und der sichergestellten Dateien in zumutbarer Weise zu ermöglichen und dem Angeklagten R. vollständige Einsicht in die elektronischen Akten zu gewähren, lehnte die Kammer am 14. November 2012 mit der Begründung ab, eine unzulässige Beschränkung des Akteneinsichtsrechts liege nicht vor. Der Verteidigung sei zeitnah die Möglichkeit gegeben worden, die Telefongespräche bei der Polizei, ab Mai 2012 auch gemeinsam mit dem Angeklagten in der Justizvollzugsanstalt anzuhören. Der Email-Verkehr sei der Verteidigung in aufbereiteter und zusätzlich in seiner ursprünglichen Form zur Verfügung gestellt worden, da der Angeklagte nicht bereit gewesen sei, die Auswertungssoftware anzuschaffen. Verzögerungen lägen in der Sphäre der Verteidigung, insbesondere habe der Verteidiger sich bei der Besichtigung nicht der Unterstützung durch Hilfspersonen bedient; die beiden weiteren Verteidiger hätten von ihrem Akteneinsichtsrecht gar keinen Gebrauch gemacht.
17
b) Es bestehen bereits Zweifel, ob die Verfahrensrüge den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügt.
18
Für die Annahme, die Verteidigung sei in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt beschränkt worden, reicht es nicht aus, dass diese Beschränkung nur generell (abstrakt) geeignet ist, die gerichtliche Entscheidung zu beeinflussen. Vielmehr ist der absolute Revisionsgrund des § 338 Nr. 8 StPO nur dann gegeben, wenn die Möglichkeit eines kausalen Zusammenhangs zwischen dem Verfahrensverstoß und dem Urteil konkret besteht (vgl. Nachweise bei Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl., § 338 Rn. 59 und Gericke in KK-StPO, 7. Aufl., § 338 Rn. 101). Bei der Rüge der Beschränkung der Verteidigung durch rechtsfehlerhafte Ablehnung eines Antrags auf Aussetzung des Verfahrens zur Gewährung vollständiger Akteneinsicht in zumutbarer Art und Weise (§ 265 Abs. 4, § 147 Abs. 1 StPO) ist daher ein substantiierter Vortrag erforderlich, welche Tatsachen sich aus welchen genau bezeichneten Stellen der Akten ergeben hätten und welche Konsequenzen für die Verteidigung daraus folgten (vgl. BGH, Beschlüsse vom 23. Februar 2010 - 4 StR 599/09, NStZ 2010, 530, 531 und vom 2. Februar 1999 - 1 StR 636/98, StV 2000, 248, 249 jeweils mwN).
19
Zwar trägt die Revision „exemplarisch“ drei Telefongespräche vor, die nach ihrer Auffassung die vom Landgericht angenommene Tatbeteiligung des Angeklagten R. widerlegen sollen. Jedoch war die Inaugenscheinnahme der Mitschnitte dieser Telefongespräche bereits Gegenstand eines bedingten Beweisantrags des Angeklagten R. vom 13. Dezember 2012, den das Landgericht in den Urteilsgründen rechtsfehlerfrei gemäß § 244 Abs. 5 Satz 1 StPO abgelehnt hat. Konkrete weitere Erkenntnisse, die sich aus der Einsichtnahme in die aufgezeichneten Telefongespräche oder die sonstigen sichergestellten Dateien ergeben hätten, trägt die Revision dagegen nicht vor.
20
Der Senat verkennt im Zusammenhang der Anforderungen an den Tatsachenvortrag (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO) bei der hier erhobenen Verfahrensrüge nicht, dass bei sehr umfangreichen Akten einschließlich umfänglichen Beweismaterials die Angabe konkreter Tatsachen sowie der sich daraus für den Revisionsvortrag ergebenden Konsequenzen für einen Revisionsführer mit erheblichem Aufwand verbunden sein kann. Welche aus § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO resultierenden Erfordernisse an die Zulässigkeit einer entsprechenden Rüge in derartigen Konstellationen zu stellen sind, bedarf jedoch vorliegend keiner Entscheidung.
21
c) Die Verfahrensrüge ist nämlich jedenfalls nicht begründet. Es fehlt an einer für die Annahme einer unzulässigen Beschränkung der Verteidigung erforderlichen Verletzung einer Verfahrensvorschrift (BGH, Beschluss vom 14. November 1997 - 3 StR 529/97, BGHR StPO § 338 Nr. 8 Beschränkung 5). Eine Verletzung des Rechts auf Akteneinsicht und Besichtigung amtlich verwahrter Beweisstücke gemäß § 147 Abs. 1 StPO liegt im Ergebnis nicht vor.
22
aa) Die Beanstandungen der Revision, es sei im Hinblick auf diegroße Datenmenge angesichts der eingeschränkten Dienst- und Öffnungszeiten nicht ausreichend gewesen, das Abhören nur in Räumlichkeiten der Kriminalinspektion oder der Justizvollzugsanstalt zu gestatten, greifen nicht durch.
23
(1) Die aufgezeichneten Daten der Telekommunikationsüberwachung unterliegen insgesamt dem Recht auf Akteneinsicht und Besichtigung amtlich verwahrter Beweisstücke gemäß § 147 Abs. 1 StPO, das - konkretisiert durch die Identität von Tat und Täter - jedenfalls das gesamte vom ersten Zugriff der Polizei (§ 163 StPO) an gesammelte Beweismaterial einschließlich etwaiger Bild- und Tonaufnahmen umfasst, das gerade in dem gegen den Angeklagten gerichteten Ermittlungsverfahren angefallen ist (BGH, Urteil vom 18. Juni 2009 - 3 StR 89/09, StV 2010, 228; vgl. auch Esser in Löwe/Rosenberg, StPO, Band 11, 26. Aufl., EMRK Art. 6 Rn. 636 mwN).
24
Bei den Tonaufzeichnungen handelt es sich um Augenscheinobjekte, die als Beweisstücke nach § 147 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 147 Abs. 1 StPO grund- sätzlich nur am Ort ihrer amtlichen Verwahrung besichtigt bzw. bei Tonaufzeichnungen angehört werden können. Der Senat kann offen lassen, ob in Fällen , in denen die bloße Besichtigung zu Informationszwecken nicht ausreichend ist, im Einzelfall zur Gewährleistung einer angemessenen Verteidigung und eines fairen Verfahrens ein Anspruch auf Anfertigung und Überlassung einer Kopie besteht (Meyer-Goßner aaO, § 147 Rn. 19; Laufhütte/Willnow in KK-StPO, 7. Aufl., § 147 Rn. 10; Lüderssen/Jahn in Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 147 Rn. 112, 117; Wessing in Beck-OK-StPO, Stand 30. September 2013, § 147 Rn. 19; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 29. Mai 2012 - 2 Ws 146/12, NJW 2012, 2742; OLG Frankfurt, Beschluss vom 13. September 2001 - 3 Ws 853/01, StV 2001, 611; für einen generellen Anspruch auf Überlassung einer Kopie: Beulke/Witzigmann, StV 2013, 75, Meyer-Mews, NJW 2012, 2743).
25
(2) Ein derartiger Ausnahmefall liegt hier nicht vor; das Recht auf Akteneinsicht und Besichtigung amtlich verwahrter Beweisstücke wurde in ausreichendem Umfang gewährt.
26
(a) Für die Verteidigung bestand zumindest seit dem 9. Mai 2012 die Möglichkeit, sämtliche im Ermittlungsverfahren aufgezeichneten Telefongespräche in den Räumlichkeiten der Kriminalinspektion anzuhören. Daneben war ab diesem Zeitpunkt auch sichergestellt, dass die Mitschnitte der Telefongespräche gemeinsam mit dem Angeklagten in der Justizvollzugsanstalt angehört werden konnten (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 30. September 1994 - 2 Ws 400/94, StV 1995, 12; OLG Frankfurt, Beschluss vom 13. September 2001 - 3 Ws 853/01, StV 2001, 611, Laufhütte/Willnow in KK-StPO, aaO, § 147 Rn. 10).
27
(b) Entgegen der Auffassung der Revision ist dabei nicht zu beanstanden , dass der Verteidigung keine Auflistung der aufgezeichneten Gespräche mit zusätzlichem Ausweis der Gesprächsteilnehmer und ihrer Rufnummern sowie der Gesprächsdauer zur Verfügung gestellt wurden. Das Recht auf Besichtigung von Beweisstücken erfasst diese lediglich in ihrem gegenwärtigen Zustand. Ein Anspruch auf Erstellung weiterer Aktenteile besteht nicht (vgl. zur Übersetzung von in fremder Sprache geführten Telefongesprächen BGH, Beschluss vom 4. Dezember 2007 - 3 StR 404/07, NStZ 2008, 230; OLG Koblenz, Beschluss vom 30. Juni 1995 - 1 Ws 322/95, NStZ 1995, 611).
28
(c) Bei der Gewährung des Akteneinsichtsrechts und des Rechts auf Besichtigung amtlich verwahrter Beweisstücke sind die in Art. 6 Abs. 1 und Abs. 3 Buchst. b EMRK enthaltenen Gewährleistungen zu berücksichtigen. Dabei muss der Verteidigung eine auch in zeitlicher Hinsicht ausreichende Gelegenheit gegeben werden, in die Akten und die Beweismittel Einblick zu nehmen (vgl. EGMR, Urteil vom 12. März 2003 - 46221/99 „Öcalan ./. Turkey“ Abs. 166169 ; bestätigend EGMR (Große Kammer), Urteil vom 12. Mai 2005 - 46221/09 „Öcalan ./. Turkey“ Abs. 146-148; siehe auch Esser aaO, Rn. 647 mwN).
29
Es lässt sich hier aber nicht erkennen, dass die Verteidigung in der Zeit vom 9. Mai 2012 bis zur Urteilsverkündung am 21. Dezember 2012 nicht in zumutbarer Weise in der Lage gewesen wäre, die Gesprächsaufzeichnungen abzuhören. Denn die Verteidigung hat aufgrund von ihr zu vertretener Umstände die gewährten Möglichkeiten zur Besichtigung der Beweismittel nicht ausgeschöpft. Insoweit treffen den Angeklagten und seine Verteidigung prozessuale Obliegenheiten, sich um die Erlangung der benötigten Informationen innerhalb einer angemessenen Frist zu bemühen (vgl. EGMR, Urteil vom 21. September 1993 - 12350/86 „Kremzow ./. Austria“ Abs. 48 und 50; SK-StPO/Paeffgen, 4. Aufl., Band X, EMRK Art. 6 Rn. 130 mwN). Zwar muss sich der Verteidiger Rechtsanwalt Dr. J. nicht darauf verweisen lassen, dass er sich bei der Sichtung der Beweismittel der Unterstützung weiterer Hilfspersonen hätte bedienen können (zur Zulässigkeit der Übertragung des Akteneinsichtsrechts auf juristische Mitarbeiter und Sachverständige vgl. OLG Brandenburg, Beschluss vom 20. September 1995 - 2 Ws 174/95; Esser, aaO, Rn. 647). Ebenso wenig kann ihm zum Vorwurf gemacht werden, dass die beiden anderen Verteidiger des Angeklagten nicht von ihrem Recht auf Besichtigung der Beweisstücke Gebrauch gemacht haben. Denn das Recht auf Akteneinsicht bzw. Besichtigung der Beweismittel besteht in vollem Umfang für jeden der Verteidiger in eigener Person (Laufhütte/Willnow in KK-StPO, aaO, § 147 Rn. 3).
30
Jedoch erfordert die Annahme einer unzureichenden Gewährung des Rechts auf Akteneinsicht bzw. auf Besichtigung von Beweisstücken, dass die Verteidigung durchgehend im Rahmen der Zumutbarkeit von den ihr eröffneten Möglichkeiten zur Akteneinsicht bzw. zur Besichtigung von Beweismitteln Gebrauch macht. Seitens der Verteidigung wurden nach dem 31. Oktober 2012 keine Termine mehr für das Abhören weiterer Gespräche durchgeführt.
31
bb) Mit der Beanstandung, die Bereitstellung der sonstigen sichergestell- ten elektronischen Dateien in „verschlüsselter“ Form sei nicht ausreichend ge- wesen, eine Auswertung der erst drei Monate nach Beginn der Hauptverhandlung in ihrer ursprünglichen Form zur Verfügung gestellten Dateien sei zeitlich nicht möglich gewesen, dringt die Revision im Ergebnis ebenfalls nicht durch.
32
In diesem Zusammenhang braucht der Senat nicht zu entscheiden, ob die Verteidigung auf die Anschaffung einer speziellen Auswertungssoftware zur Lesbarmachung entsprechender Dateien auf eigene Kosten verwiesen werden kann. Daran könnten Zweifel zumindest dann bestehen, wenn - wie hier - das fragliche Datenmaterial bei dem Zugriff der Ermittlungsbehörden darauf in einer mit Standardprogrammen lesbaren Form vorlagen und die Lesbarkeit allein mit einer speziellen Software erst durch Verschlüsselungsmaßnahmen der Polizei hervorgerufen worden ist. Auch wenn diese Vorgehensweise, die mit einer Verzögerung des Zugriffs auf die Beweismaterialien einhergehen kann, hier zu einer Verletzung des Akteneinsichtsrechts geführt haben sollte, beruhte das angefochtene Urteil auf einer solchen Rechtsverletzung nicht.
33
Denn die Dateien standen in ihrer ursprünglichen Form der Verteidigung seit dem 4. September 2012 und damit für einen Zeitraum von mehr als drei Monaten vor der Verkündung des Urteils zur Verfügung. Dass die Verteidigung in dieser Zeit nicht in ausreichendem Umfang in der Lage gewesen sein sollte, die Dateien einzusehen, ist nicht ersichtlich.
34
cc) Auch der von der Revision gerügte Umstand, dass dem Angeklagten die elektronische Ermittlungsakte erst eine Woche vor Beginn der Hauptverhandlung zugänglich gemacht wurde und ihm diese aufgrund der eingeschränkten Nutzungszeiten des Computers nicht jederzeit zur Verfügung stand, führt nicht zu einem Verstoß gegen § 147 StPO.
35
Das Recht auf Akteneinsicht gemäß § 147 Abs. 1 StPO steht grundsätzlich ausschließlich dem Verteidiger zu. Da sachgerechte Verteidigung voraussetzt , dass der Angeklagte weiß, worauf sich der gegen ihn gerichtete Vorwurf stützt, ist der Verteidiger in der Regel berechtigt und unter Umständen sogar verpflichtet, dem Angeklagten zu Verteidigungszwecken mitzuteilen, was er aus den Akten erfahren hat (BGH, Urteil vom 3. Oktober 1979 - 3 StR 264/79, BGHSt 29, 99, 102 f.; Laufhütte/Willnow in KK-StPO, aaO, § 147 Rn. 14). Lediglich der unverteidigte Angeklagte hat gemäß § 147 Abs. 7 StPO Anspruch auf Erteilung von Auskünften und Abschriften aus den Akten, soweit dies zu einer angemessenen Verteidigung erforderlich ist, der Untersuchungszweck nicht gefährdet wird und nicht überwiegende schutzwürdige Interessen Dritter entgegenstehen.
36
2. Soweit die Revision geltend macht, die Urteilsfeststellungen stünden im Widerspruch zu den mit Beweisantrag Anlage 46 zum Hauptverhandlungsprotokoll unter Beweis gestellten und im Ablehnungsbeschluss als bereits erwiesen angesehenen Tatsachen, verhilft dies der Verfahrensrüge nicht zum Erfolg.
37
Das Landgericht hat die Beweisbehauptung der Verteidigung, der Zeuge K. , Geschäftsführer der M. Management GmbH für den Bereich Einkauf, habe im Rahmen des Entscheidungsprozesses zur Vergabe des DSL-Projekts dem Entscheidungsgremium vorgetragen, dass nur die Agentur des Angeklagten N. bereit und in der Lage sei, das DSLProjekt in der geplanten Form umzusetzen und den Auftrag zu übernehmen, den Feststellungen in unveränderter Form zugrunde gelegt. Aus dieser als bereits erwiesen angesehenen Tatsache hat das Landgericht in nicht zu beanstandender Weise jedoch nicht die vom Angeklagten R. gewünschten Schlüsse - nämlich das Fehlen der für § 299 StGB erforderlichen Wettbewerbslage bzw. des auf das Bestehen einer Wettbewerbslage gerichteten Vorsatzes des Angeklagten R. - gezogen.
38
3. Die übrigen Verfahrensrügen haben aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 13. August 2013 zutreffend dargelegten Gründen keinen Erfolg.

III.


39
1. Auf die Revision des Angeklagten R. ist das Verfahren in den Fällen B.I.6.a) Nr. 1 bis 3 der Urteilsgründe - gemäß § 357 Satz 1 StPO auch hinsichtlich der nicht revidierenden Angeklagten N. und H. - wegen des Verfahrenshindernisses der Strafverfolgungsverjährung gemäß § 206a Abs. 1 i.V.m. § 354 Abs. 1 StPO einzustellen. In den verbleibenden Fällen ist die Verurteilung wegen Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
40
a) Das Landgericht hat hinsichtlich des Angeklagten R. zu Recht 63 Taten der Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr angenommen. Mehrere Vorteilsannahmen stehen untereinander grundsätzlich im Verhältnis der Tatmehrheit. Von einer tatbestandlichen Handlungseinheit hinsichtlich aller aus einer Unrechtsvereinbarung erlangten Vorteile ist nur auszugehen, wenn die Annahme auf eine Unrechtsvereinbarung zurückgeht, die den zu leistenden Vorteil genau festlegt, mag er auch in bestimmten Teilleistungen zu erbringen sein (BGH, Urteile vom 18. Oktober 1995 - 3 StR 324/94, BGHSt 41, 292, 302; 11. Mai 2001 - 3 StR 549/00, BGHSt 47, 22, 30, und vom 20. August 2003 - 2 StR 160/03, wistra 2004, 29).
41
Eine solch genaue Festlegung des Vorteils bei der Unrechtsvereinbarung hat das Landgericht nicht festgestellt. Bei Zustandekommen der Unrechtsvereinbarung mit dem Angeklagten N. war lediglich vereinbart, dass als Gegenleistung für die Auftragserteilung und dessen Aufrechterhaltung Schmiergelder in Höhe von je 5 Euro pro „Manntag“ zu zahlen sind (UA S. 34). Gleiches gilt hinsichtlich der Unrechtsvereinbarung mit den Angeklagten G. und L. , die zunächst quartalsweise 80.000 Euro zahlen sollten, bevor nach Ablauf des Quartals eine Abrechnung auf Basis der geleisteten „Manntage“ erfolgte (UA S. 59). Das genaue Volumen der Schmiergeldzahlungen war damit im Zeitpunkt der jeweiligen Unrechtsvereinbarung noch nicht abzusehen. Die getroffenen Vereinbarungen reichen nicht aus, die späteren Zahlungsannahmen zu einer Tat zu verbinden.
42
b) Hinsichtlich der Fälle B.I.6.a) Nr. 1 bis 3 der Urteilsgründe ist jedoch Verfolgungsverjährung eingetreten.
43
Die Einzeltaten waren bereits mit der Übergabe des Schmiergeldes an den Angeklagten H. i.S.v. § 78a StGB beendet. Nach der Unrechtsvereinbarung vereinnahmte der Angeklagte H. das Schmiergeld sowohl im eigenen Namen als auch im Namen des Angeklagten R. , weshalb die Angeklagten N. , G. und L. ihre Zahlungsverpflichtung bereits mit der Übergabe an H. als einen der Mittäter erfüllten. Die erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgte Auskehr seines Anteils an den Angeklagten R. muss daher außer Acht bleiben (vgl. auch BGH, Urteil vom 15. März 2001 - 5 StR 454/00, NJW 2001, 2102, 2105).
44
Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen ist in den Fällen B.I.6.a) Nr. 1 bis 3 der Urteilsgründe zugunsten des Angeklagten R. davon auszugehen, dass die Übergabe an den Angeklagten H. vor dem 22. Februar 2006 erfolgte (zur Anwendung des Zweifelssatzes auf die Verjährung begründende Tatsachen vgl. BGH, Urteil vom 15. März 2001 - 5 StR 454/00, NJW 2001, 2102, 2105). Die erste die Verjährung unterbrechende Handlung erfolgte durch den Erlass von Durchsuchungsbeschlüssen am 22. Februar 2011, so dass insoweit die fünfjährige Verjährungsfrist des § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB bereits vor der Unterbrechungshandlung abgelaufen war.
45
2. Dementsprechend war der Schuldspruch dahingehend zu ändern, dass der Angeklagte R. der Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr in lediglich 60 Fällen schuldig ist.
46
3. Die Teileinstellung des Verfahrens führt hinsichtlich des Angeklagten R. zum Wegfall der verhängten Einzelstrafen im Fall B.I.6.a) Nr. 1 der Urteilsgründe von einem Jahr und zehn Monaten und in den Fällen B.I.6.a) Nr. 2 und 3 der Urteilsgründe von jeweils einem Jahr und zwei Monaten. Der Gesamtstrafenausspruch bleibt hiervon unberührt, da der Senat angesichts der verbleibenden Einzelstrafen ausschließen kann, dass das Landgericht ohne die entfallenden Einzelstrafen auf eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte.
47
4. Die Einstellung des Verfahrens wegen Eintritts der Verfolgungsverjährung in den Fällen B.I.6.a) Nr. 1 bis 3 der Urteilsgründe war gemäß § 357 Satz 1 StPO auf die nichtrevidierenden Angeklagten H. und N. zu erstrecken.
48
a) Eine Erstreckung gemäß § 357 Satz 1 StPO hat auch in Fällen fehlender Verfahrensvoraussetzungen und bestehender Verfahrenshindernisse zu erfolgen, soweit diese auch für den Nichtrevidenten Bedeutung haben (vgl. Gericke in KK-StPO, aaO, § 357 Rn. 7, Meyer-Goßner, aaO, § 357 Rn. 10, BGH, Beschlüsse vom 31. März 2011 - 4 StR 657/10, wistra 2011, 308, 309; und vom 29. Juli 1998 - 2 StR 197/98). Der Eintritt der Verfolgungsverjährung ist regelmäßig vom konkreten Verfahrensgang hinsichtlich des jeweiligen Angeklagten abhängig, wobei sich in Bezug auf dieselbe Tat auch bei Mittätern unterschiedliche Verjährungszeitpunkte - z.B. aufgrund unterschiedlicher Unterbrechungshandlungen i.S.v. § 78c StGB - ergeben können. Vorliegend erfolgte jedoch die erste verjährungsunterbrechende Maßnahme auch hinsichtlich der Angeklagten H. und N. erst durch den Erlass der Durchsuchungsbeschlüsse am 22. Februar 2011, so dass sich die Gesetzesverletzung auch bei ihnen auswirkt.
49
b) Entsprechend war der Schuldspruch dahingehend zu ändern, dass der Angeklagte H. der Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr und der Angeklagte N. der Bestechung im geschäftlichen Verkehr in jeweils 180 Fällen schuldig ist.
50
c) Der Senat hat trotz des Wegfalls der in den Fällen B.I.6.a) Nr. 1 bis 3 der Urteilsgründe jeweils verhängten Einzelstrafen hinsichtlich der Angeklagten H. und N. von einer Aufhebung des Gesamtstrafausspruchs abgesehen , da er auch hier angesichts der in den übrigen Fällen verhängten Einzelstrafen ausschließen kann, dass das Landgericht ohne die drei entfallenden Einzelstrafen auf eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte.

IV.


51
1. Die vom Landgericht getroffene Feststellung, dass hinsichtlich des Angeklagten R. aufgrund entgegenstehender Ansprüche Verletzter wegen eines Betrages von 1.041.050 Euro nicht auf Wertersatzverfall erkannt werden konnte, hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht uneingeschränkt stand.
52
a) Die Regelung des § 111i Abs. 2 StPO ist erst durch das Gesetz zur Stärkung der Rückgewinnungshilfe und der Vermögensabschöpfung bei Straftaten vom 24. Oktober 2006 (BGBl. I 2350) geschaffen worden und am 1. Januar 2007 in Kraft getreten. Ihrer Anwendung auf bereits zuvor beendete Taten steht § 2 Abs. 5 i.V.m. Abs. 3 StGB entgegen, wonach insoweit das mildere alte Recht gilt, nach dem diese bedingte Verfallsanordnung nicht möglich war(vgl. BGH, Beschlüsse vom 10. April 2013 - 1 StR 22/13, NStZ-RR 2013, 254 mwN, und vom 23. Oktober 2008 - 1 StR 535/08, NStZ-RR 2009, 56).
53
b) Nach den landgerichtlichen Feststellungen erfolgte in den Fällen B.I.6.a) Nr. 1 bis 14 der Urteilsgründe die Übergabe an den Angeklagten H. und damit die Beendigung der Taten vor dem 1. Januar 2007 (UA S. 35 f.), so dass das Landgericht insoweit keine Feststellung nach § 111i Abs. 2 StPO treffen durfte. Der Senat reduziert daher den festgestellten Betrag um die in den Fällen B.I.6.a.) Nr. 1 bis 14 der Urteilsgründe an den Angeklagten R. weitergeleiteten hälftigen Schmiergeldzahlungen in Höhe von 142.000 Euro auf insgesamt 899.050 Euro.
54
2. Die Korrektur der Feststellung nach § 111i Abs. 2 StPO ist hinsichtlich der Fälle B.I.6.a) Nr. 1 bis 14 der Urteilsgründe gemäß § 357 Satz 1 StPO auf den Angeklagten H. zu erstrecken, da auch insoweit der Betrag aufgrund derselben Gesetzesverletzung zu hoch angesetzt wurde. Insoweit reduziert der Senat den festgestellten Betrag um 142.000 Euro auf insgesamt 2.804.006,96 Euro.

V.


55
Der nur geringe Teilerfolg der verbleibenden Revision rechtfertigt es nicht, den Angeklagten teilweise von den durch das Rechtsmittel entstandenen Kosten und Auslagen freizustellen (§ 473 Abs. 1 und Abs. 4 StPO).
Wahl Rothfuß Cirener
Radtke Mosbacher

Ein Urteil ist stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen,

1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; war nach § 222a die Mitteilung der Besetzung vorgeschrieben, so kann die Revision auf die vorschriftswidrige Besetzung nur gestützt werden, wenn
a)
das Gericht in einer Besetzung entschieden hat, deren Vorschriftswidrigkeit nach § 222b Absatz 2 Satz 2 oder Absatz 3 Satz 4 festgestellt worden ist, oder
b)
das Rechtsmittelgericht nicht nach § 222b Absatz 3 entschieden hat und
aa)
die Vorschriften über die Mitteilung verletzt worden sind,
bb)
der rechtzeitig und in der vorgeschriebenen Form geltend gemachte Einwand der vorschriftswidrigen Besetzung übergangen oder zurückgewiesen worden ist oder
cc)
die Besetzung nach § 222b Absatz 1 Satz 1 nicht mindestens eine Woche geprüft werden konnte, obwohl ein Antrag nach § 222a Absatz 2 gestellt wurde;
2.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen war;
3.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, nachdem er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt war und das Ablehnungsgesuch entweder für begründet erklärt war oder mit Unrecht verworfen worden ist;
4.
wenn das Gericht seine Zuständigkeit mit Unrecht angenommen hat;
5.
wenn die Hauptverhandlung in Abwesenheit der Staatsanwaltschaft oder einer Person, deren Anwesenheit das Gesetz vorschreibt, stattgefunden hat;
6.
wenn das Urteil auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind;
7.
wenn das Urteil keine Entscheidungsgründe enthält oder diese nicht innerhalb des sich aus § 275 Abs. 1 Satz 2 und 4 ergebenden Zeitraums zu den Akten gebracht worden sind;
8.
wenn die Verteidigung in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt durch einen Beschluß des Gerichts unzulässig beschränkt worden ist.

Tenor

1. Es wird festgestellt, dass die Verfügung der Vorsitzenden der 3. großen Strafkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 03.12.2014 rechtswidrig war.

2. Die Staatskasse trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die notwendigen Auslagen der Angeklagten im Beschwerdeverfahren.

Gründe

I.

In dem gegen die Angeklagten vor der 3. großen Strafkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth geführten Verfahren u. a. wegen gewerbsmäßigen Schmuggels hat die Vorsitzende während der Hauptverhandlung mit Verfügung vom 03.12.2014 angeordnet, dass den Verteidigern der Angeklagten jeweils 2 CDs mit Kopien der Daten aus der Telekommunikationsüberwachung (Telefongespräche und andere Verbindungsdaten) betreffend den Komplex „TKÜ G.“ und jeweils fünf CDs mit derartigen Daten betreffend den Komplex „TKÜ L.“ auszuhändigen sind. Dafür mussten die Verteidiger schriftlich erklären, dass sie die Daten nicht über das zur Verteidigung erforderliche Maß hinaus vervielfältigen, außer an den Mandanten und dessen weitere Verteidiger nicht weitergeben und dass die Datenträger nach Abschluss des Verfahrens an das Landgericht zurückgegeben werden. Den Verteidigern wurden im Anschluss jeweils sieben CDs ausgehändigt.

In derselben Verfügung kündigte die Vorsitzende an, dass die Daten aus den Telekommunikationsüberwachungen betreffend den Komplex „TKÜ N.“ auf USB-Sticks kopiert und ebenfalls an die Verteidiger übergeben werden sollen. Von einer Übergabe der USB-Sticks hat die Vorsitzende im Hinblick auf die vorliegende Beschwerde zunächst abgesehen.

Gegen die Verfügung der Vorsitzenden hat die Staatsanwaltschaft mit Schreiben vom 16.12.2014 Beschwerde eingelegt. Sie beantragt, festzustellen, dass die Anordnung der Herausgabe der CDs mit den Kopien der Telekommunikationsdaten durch die Vorsitzende und die Übergabe der CDs an die Verteidiger rechtswidrig waren. Die Staatsanwaltschaft ist der Ansicht, die Beschwerde sei zulässig, insbesondere werde das Beschwerderecht durch § 305 StPO nicht eingeschränkt. Zum einen stehe die Entscheidung über die Herausgabe der Datensätze nicht in einem inneren Zusammenhang mit der Urteilsfällung und könne nicht im Rahmen des gegen das Urteil möglichen Rechtsmittels überprüft werden. Zum anderen seien durch die Herausgabe die Grundrechte der Gesprächspartner betroffen, die am Strafverfahren nicht beteiligt seien. Das Feststellungsinteresse ergebe sich aus der drohenden Herausgabe der Daten betreffend die „TKÜ N.“ und dem damit verbundenen Eingriff in die Grundrechte der am Verfahren nicht beteiligten Gesprächspartner. Bereits durch die Aufzeichnung der Telefongespräche werde in das Grundrecht der unbeteiligten Dritten (Art. 10 Abs. 1 GG) eingegriffen. Der Eingriff werde durch eine Herausgabe der Daten noch vertieft. Bei den Daten der Telekommunikationsüberwachung handele es sich nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 11.02.2014, 1 StR 355/13) um Augenscheinsobjekte, die als Beweisstücke nach § 147 Abs. 4, 1 StPO grundsätzlich nur am Ort ihrer amtlichen Verwahrung angehört werden können. Nur in ganz begrenzten Ausnahmefällen könne sich zur Gewährleistung einer angemessenen Verteidigung und eines fairen Verfahrens sowie zur Verfahrensvereinfachung und -beschleunigung ein derartiger Anspruch ergeben, was vorliegend aber nicht der Fall sei. Zudem könne die Staatsanwaltschaft nach der Herausgabe und der Möglichkeit des Kopierens der Daten nicht mehr verlässlich ihrer grundrechtsichernden Pflicht zur Datenlöschung nach § 101 Abs. 8 StPO nachkommen.

Die Vorsitzende der Strafkammer hat der Beschwerde mit Verfügung vom 22.12.2014 nicht abgeholfen. Sie ist der Ansicht, dass den Verteidigern bekannt sei, dass sie nach Abschluss des Verfahrens zur Rückgabe der zur Verfügung gestellten Datenträger und sämtlicher angefertigter Kopien verpflichtet sind und dass diese Verpflichtung auch Datenträger betreffe, die an ihre Mandanten weitergegeben worden seien. Aufgrund des großen Umfangs der aufgezeichneten Gespräche, die zu einem beträchtlichen Teil nicht in deutscher Sprache geführt worden seien, und der Vielzahl der Angeklagten und Verteidiger (zehn Angeklagte mit 20 Verteidigern), von denen die meisten nicht aus dem Großraum Nürnberg kommen, sei die Aushändigung der Kopien der aufgezeichneten Gespräche sachgerecht und angemessen. Die Herausgabe der weiteren Gesprächsaufzeichnungen der „TKÜ N.“ hat die Vorsitzende bis zur Entscheidung im Beschwerdeverfahren zurückgestellt und den Verteidigern die Möglichkeit gegeben, sich die Gespräche in den Räumen des Landgerichts anzuhören.

Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt, auf die Beschwerde die Verfügung der Vorsitzenden aufzuheben und festzustellen, dass die Herausgabe von elektronischen Kopien der Originalaufnahmen der Telekommunikationsüberwachungsmaßnahmen, gespeichert auf sieben CDs (zwei CDs „TKÜ G.“ und fünf CDs „TKÜ L.“) und deren Vollzug rechtswidrig war.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet.

1. Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft ist zulässig, § 304 Abs. 1 StPO.

§ 305 StPO steht der Zulässigkeit der Beschwerde nicht entgegen. Zwar handelt es sich um eine Entscheidung des erkennenden Gerichts, das auch der funktional zuständige Kammervorsitzende sein kann (OLG Hamm, NStZ-RR 2009, 352; OLG Frankfurt, StV 2001, 611; OLG Karlsruhe NJW 2012, 2742; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Auflage, Rn. 3 zu § 305 m. w. N.). Durch die Anordnung der Vorsitzenden, Kopien der Gesprächsaufzeichnungen und der sonstigen Daten der Telefongespräche an die Verteidiger der Angeklagten herauszugeben, werden die Rechte der am Verfahren nicht beteiligten Telefongesprächspartner betroffen, so dass die Entscheidung nach § 305 Satz 2 StPO schon aus diesem Grund der Überprüfung im Beschwerdeverfahren unterliegt.

Aufgrund der zwischenzeitlichen Aushändigung der Kopien der Gesprächsdaten ist die Beschwerde als Fortsetzungsfeststellungsbeschwerde statthaft (§ 98 Abs. 2 Satz 2 StPO analog). Das Feststellungsinteresse ergibt sich aus der unmittelbar drohenden Herausgabe weiterer Telekommunikationsdaten betreffend die „TKÜ N.“.

2. Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.

Die Verteidiger haben gemäß § 147 Abs. 4 Satz 1 StPO nicht nur keinen Anspruch auf Herausgabe der Telekommunikationsdaten, vielmehr dürfen aufgrund dieser Vorschrift derartige Daten nicht aus dem Kontrollbereich der Justiz gegeben werden.

a. Aufgezeichnete Daten der Telekommunikationsüberwachung unterliegen insgesamt dem Recht auf Akteneinsicht und Besichtigung amtlich verwahrter Beweisstücke gemäß § 147 Abs. 1 StPO. Allerdings handelt es sich bei dabei gewonnenen Tonaufzeichnungen um Augenscheinobjekte, die als Beweisstücke nach § 147 Abs. 4 Satz 1, Abs. 1 StPO grundsätzlich nur am Ort ihrer amtlichen Verwahrung besichtigt bzw. bei Tonaufzeichnungen angehört werden können (BGH NStZ 2014, 347).

b. Die Regelung des § 147 Abs. 4 Satz 1 StPO gibt dabei nicht nur keinen Anspruch des Verteidigers auf Herausgabe derartiger Daten sondern stellt ein Verbot für die Herausgabe dar. Die Aufzeichnung von Telefongesprächen führt zu einem Eingriff in das grundrechtlich geschützte Fernmeldegeheimnis (Art. 10 Abs. 1 GG) Dritter. Deshalb können derartige Maßnahmen nach der Abwägung des Grundrechtseingriffs mit dem staatlichen Strafverfolgungsinteresse durch den Gesetzgeber nach § 100a StPO nur für die dort genannten schweren Straftaten und nur durch einen Richter angeordnet werden (§ 100b Abs. 1 StPO). Betroffene Personen sind von der Maßnahme zu unterrichten, allerdings erst, wenn dies ohne Gefährdung des Untersuchungszwecks, des Lebens, der körperlichen Unversehrtheit und der persönlichen Freiheit einer Person und von bedeutenden Vermögenswerten möglich ist (§ 101 Abs. 5 Satz 1 StPO). Wenn die Daten nicht mehr erforderlich sind, sind sie zu löschen, was aktenkundig zu machen ist (§ 101 Abs. 8 Satz 1, 2 StPO).

Ausfluss der zum Schutz der Rechte der betroffenen Dritten vorhandenen Regelungen ist, dass die gewonnenen Daten stets der vollen staatlichen Kontrolle unterliegen und eine vollständige Vernichtung der Daten nach Abschluss des Verfahrens gewährleistet wird. Dies ist nur möglich, wenn eine Herausgabe der Daten an Verteidiger oder Angeklagte ausgeschlossen ist. Die von der Vorsitzenden getroffenen Maßnahmen zum Schutz der Telekommunikationsdaten, insbesondere die Pflicht zur Rückgabe der Datenträger und aller gewonnener Kopien, sind für den gebotenen Grundrechtsschutz nicht ausreichend. Eine Kontrolle, wie viele Kopien der Datensätze hergestellt werden und ob sämtliche Kopien nach Abschluss des Verfahrens zur Vernichtung zurückgegeben werden, ist dabei nicht möglich.

Ob im Einzelfall dem Recht des Angeklagten auf Gewährung einer angemessenen Verteidigung Vorrang vor dem Grundrechtsschutz der betroffenen Dritten zukommt und die Daten bei Vorliegen besonderer Umstände an den Verteidiger zu übergeben sind (BGH a. a. O.), kann dahinstehen. Gründe für einen derartigen Ausnahmefall liegen nicht vor. Dass das Strafverfahren gegen zehn Angeklagte mit 20 Verteidigern geführt wird und eine Vielzahl von Gesprächen aufgezeichnet wurde, genügt dafür jedenfalls nicht. Es ist regelmäßig ausreichend, wenn die Verteidigung die Möglichkeit hat, mit den Angeklagten die im Ermittlungsverfahren aufgezeichneten Telefongespräche in vom Gericht zur Verfügung gestellten Räumen anzuhören (BGH a. a. O.).

c. Es ist daher festzustellen, dass die Verfügung der Vorsitzenden rechtswidrig war. Da die Anordnung bereits vollzogen ist, ist eine Aufhebung der Verfügung nicht veranlasst.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO analog.

Die Staatsanwaltschaft hat ihr Rechtsmittel weder zugunsten noch zu Ungunsten der Angeklagten eingelegt sondern damit eine den Belangen der Verfahrensbeteiligten übergeordnete Aufgabe der Strafrechtspflege wahrgenommen, Entscheidungen von Gerichten ohne Rücksicht darauf, welche Wirkung damit für die Angeklagten erzielt wird, mit dem Gesetz in Einklang zu bringen. Bei einem Erfolg eines derartigen Rechtsmittels dürfen die Angeklagten nicht belastet werden, so dass die Gesetzeslücke durch eine entsprechende Anwendung des § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO zugunsten der Angeklagten auszufüllen ist (BGHSt 18, 268).

(1) Der Verteidiger ist befugt, die Akten, die dem Gericht vorliegen oder diesem im Falle der Erhebung der Anklage vorzulegen wären, einzusehen sowie amtlich verwahrte Beweisstücke zu besichtigen.

(2) Ist der Abschluss der Ermittlungen noch nicht in den Akten vermerkt, kann dem Verteidiger die Einsicht in die Akten oder einzelne Aktenteile sowie die Besichtigung von amtlich verwahrten Beweisgegenständen versagt werden, soweit dies den Untersuchungszweck gefährden kann. Liegen die Voraussetzungen von Satz 1 vor und befindet sich der Beschuldigte in Untersuchungshaft oder ist diese im Fall der vorläufigen Festnahme beantragt, sind dem Verteidiger die für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Freiheitsentziehung wesentlichen Informationen in geeigneter Weise zugänglich zu machen; in der Regel ist insoweit Akteneinsicht zu gewähren.

(3) Die Einsicht in die Protokolle über die Vernehmung des Beschuldigten und über solche richterlichen Untersuchungshandlungen, bei denen dem Verteidiger die Anwesenheit gestattet worden ist oder hätte gestattet werden müssen, sowie in die Gutachten von Sachverständigen darf dem Verteidiger in keiner Lage des Verfahrens versagt werden.

(4) Der Beschuldigte, der keinen Verteidiger hat, ist in entsprechender Anwendung der Absätze 1 bis 3 befugt, die Akten einzusehen und unter Aufsicht amtlich verwahrte Beweisstücke zu besichtigen, soweit der Untersuchungszweck auch in einem anderen Strafverfahren nicht gefährdet werden kann und überwiegende schutzwürdige Interessen Dritter nicht entgegenstehen. Werden die Akten nicht elektronisch geführt, können ihm an Stelle der Einsichtnahme in die Akten Kopien aus den Akten bereitgestellt werden.

(5) Über die Gewährung der Akteneinsicht entscheidet im vorbereitenden Verfahren und nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens die Staatsanwaltschaft, im Übrigen der Vorsitzende des mit der Sache befassten Gerichts. Versagt die Staatsanwaltschaft die Akteneinsicht, nachdem sie den Abschluss der Ermittlungen in den Akten vermerkt hat, versagt sie die Einsicht nach Absatz 3 oder befindet sich der Beschuldigte nicht auf freiem Fuß, so kann gerichtliche Entscheidung durch das nach § 162 zuständige Gericht beantragt werden. Die §§ 297 bis 300, 302, 306 bis 309, 311a und 473a gelten entsprechend. Diese Entscheidungen werden nicht mit Gründen versehen, soweit durch deren Offenlegung der Untersuchungszweck gefährdet werden könnte.

(6) Ist der Grund für die Versagung der Akteneinsicht nicht vorher entfallen, so hebt die Staatsanwaltschaft die Anordnung spätestens mit dem Abschluß der Ermittlungen auf. Dem Verteidiger oder dem Beschuldigten, der keinen Verteidiger hat, ist Mitteilung zu machen, sobald das Recht zur Akteneinsicht wieder uneingeschränkt besteht.

(7) (weggefallen)

(1) Wird gegen die betroffene Person wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 24 Absatz 1, die sie unter grober oder beharrlicher Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, eine Geldbuße festgesetzt, so kann ihr die Verwaltungsbehörde oder das Gericht in der Bußgeldentscheidung für die Dauer von einem Monat bis zu drei Monaten verbieten, im Straßenverkehr Kraftfahrzeuge jeder oder einer bestimmten Art zu führen. Wird gegen die betroffene Person wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 24a eine Geldbuße festgesetzt, so ist in der Regel auch ein Fahrverbot anzuordnen.

(2) Das Fahrverbot wird mit der Rechtskraft der Bußgeldentscheidung wirksam. Für seine Dauer werden von einer deutschen Behörde ausgestellte nationale und internationale Führerscheine amtlich verwahrt. Dies gilt auch, wenn der Führerschein von einer Behörde eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ausgestellt worden ist, sofern der Inhaber seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland hat. Wird er nicht freiwillig herausgegeben, so ist er zu beschlagnahmen.

(2a) Ist in den zwei Jahren vor der Ordnungswidrigkeit ein Fahrverbot gegen die betroffene Person nicht verhängt worden und wird auch bis zur Bußgeldentscheidung ein Fahrverbot nicht verhängt, so bestimmt die Verwaltungsbehörde oder das Gericht abweichend von Absatz 2 Satz 1, dass das Fahrverbot erst wirksam wird, wenn der Führerschein nach Rechtskraft der Bußgeldentscheidung in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von vier Monaten seit Eintritt der Rechtskraft.

(2b) Werden gegen die betroffene Person mehrere Fahrverbote rechtskräftig verhängt, so sind die Verbotsfristen nacheinander zu berechnen. Die Verbotsfrist auf Grund des früher wirksam gewordenen Fahrverbots läuft zuerst. Werden Fahrverbote gleichzeitig wirksam, so läuft die Verbotsfrist auf Grund des früher angeordneten Fahrverbots zuerst, bei gleichzeitiger Anordnung ist die frühere Tat maßgebend.

(3) In anderen als in Absatz 2 Satz 3 genannten ausländischen Führerscheinen wird das Fahrverbot vermerkt. Zu diesem Zweck kann der Führerschein beschlagnahmt werden.

(4) Wird der Führerschein in den Fällen des Absatzes 2 Satz 4 oder des Absatzes 3 Satz 2 bei der betroffenen Person nicht vorgefunden, so hat sie auf Antrag der Vollstreckungsbehörde (§ 92 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten) bei dem Amtsgericht eine eidesstattliche Versicherung über den Verbleib des Führerscheins abzugeben. § 883 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.

(5) Ist ein Führerschein amtlich zu verwahren oder das Fahrverbot in einem ausländischen Führerschein zu vermerken, so wird die Verbotsfrist erst von dem Tag an gerechnet, an dem dies geschieht. In die Verbotsfrist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt wird.

(6) Die Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a der Strafprozessordnung) wird auf das Fahrverbot angerechnet. Es kann jedoch angeordnet werden, dass die Anrechnung ganz oder zum Teil unterbleibt, wenn sie im Hinblick auf das Verhalten der betroffenen Person nach Begehung der Ordnungswidrigkeit nicht gerechtfertigt ist. Der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis steht die Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 94 der Strafprozessordnung) gleich.

(7) Wird das Fahrverbot nach Absatz 1 im Strafverfahren angeordnet (§ 82 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten), so kann die Rückgabe eines in Verwahrung genommenen, sichergestellten oder beschlagnahmten Führerscheins aufgeschoben werden, wenn die betroffene Person nicht widerspricht. In diesem Fall ist die Zeit nach dem Urteil unverkürzt auf das Fahrverbot anzurechnen.

(8) Über den Zeitpunkt der Wirksamkeit des Fahrverbots nach Absatz 2 oder 2a Satz 1 und über den Beginn der Verbotsfrist nach Absatz 5 Satz 1 ist die betroffene Person bei der Zustellung der Bußgeldentscheidung oder im Anschluss an deren Verkündung zu belehren.

(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.

(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.

(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.

(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.

(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.

(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.