Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 31. Mai 2016 - L 2 AL 12/14

ECLI:ECLI:DE:LSGST:2016:0531.L2AL12.14.0A
bei uns veröffentlicht am31.05.2016

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) für die Klägerin zu ihren Gunsten zu korrigieren ist.

2

Die Klägerin war bis Ende Juni 2012 Arbeitnehmerin bei der T. s. center L. GmbH (im Folgenden als Arbeitgeberin bezeichnet) und dort als Kundenberaterin beschäftigt. Die Arbeitgeberin war ein Tochterunternehmen der T. S. C. M. GmbH in H., die jeweils mit der Rechtsform der GmbH fünf Service Center in Deutschland betrieb. Vorausgegangen waren Arbeitsverhältnisse der Klägerin mit der D. T. AG und der V. C. Service GmbH, die jeweils durch Betriebsübergang nach § 613a des Bürgerlichen Gesetzbuches auf das nachfolgende Unternehmen übergegangen waren.

3

Im Dezember 2009 schlossen die Geschäftsführung der Arbeitgeberin und der Betriebsrat am Standort L. eine Vereinbarung "mit dem Ziel der Sicherung der Arbeitsplätze und zur Vermeidung einer in Aussicht gestellten Betriebsstilllegung" ab. Danach sollten die Bruttojahresgehälter der Arbeitnehmer beginnend mit dem 1. Januar 2010 abgesenkt werden. Für Kundenberater und Kundenberaterinnen war eine Absenkung auf ein Bruttojahresgehalt von 25.000,00 EUR vorgesehen. Dabei sollte die Absenkung in Stufen und zwar in der Zeit vom 1. Januar bis zum 30. März 2010 um 25%, in der Zeit vom 1. April bis zum 30. Juni 2010 um 50%, in der Zeit vom 1. bis zum 30. September 2010 um 75% und dann ab dem 1. Oktober 2010 um den vollen Absenkungsbetrag erfolgen. Zur Umsetzung sollten allen Mitarbeitern des Betriebes neue Arbeitsverträge angeboten werden. Die Arbeitgeberin erklärte sich im Gegenzug bereit, den Standort in L. bis zum 30. November 2013 weiterzuführen. Zugleich war nach der Vereinbarung bis 30. November 2013 der Ausspruch betriebsbedingter Beendigungskündigungen ausgeschlossen. Für Arbeitnehmer, die nicht zum Abschluss neuer Verträge bereit waren, waren betriebsbedingte Kündigungen und Abfindungen vorgesehen. Die Vereinbarung enthielt weiter die Bestimmung:

4

"Wird der Betrieb, was weiter zulässig bleibt, wider Erwarten dennoch bis zum 30.11.2013 geschlossen, wird zur Kompensation des zum Zweck der Standortsicherung erklärten Lohnverzichts folgender Lohn als einmalige Bruttolohnzahlung im letzten Lohnmonat im Jahr der Schließung nachgezahlt: Die Differenz der gezahlten Bruttolöhne der letzten 12 Monate vor Ausscheiden zu dem Betrag des Brutto-Jahreslohns 2009 nach folgender Staffel:

5

bei Ausscheiden bis zum 31.12.2011 in voller Höhe,

6

bei Ausscheiden bis zum 31.12.2012 in Höhe von 2/3 und

7

bei Ausscheiden bis zum 31.12.2013 in Höhe von 1/3 der Differenz." Wegen des näheren Inhalts der Vereinbarung wird auf Blatt 18 bis 22 der Gerichtsakte Bezug genommen.

8

Die Klägerin schloss mit der Arbeitgeberin im Dezember 2009 einen neuen Arbeitsvertrag im Zuge der Umsetzung der Betriebsvereinbarung mit Wirkung ab dem 1. Januar 2010 ab. Darin war ein monatliches Bruttogehalt von 2.083,34 EUR vereinbart, das damit um 1.239,16 EUR unter dem bisher maßgeblichen monatlichen Bruttogehalt lag. Im Hinblick auf die in der Betriebsvereinbarung festgelegte Absenkung in drei Stufen waren zeitlich gestaffelte monatliche Lohnzulagen vereinbart, die mit dem Ende des Monats September 2010 ausliefen. Unter der Überschrift "§ 2 Kündigungsschutz" enthielt der Arbeitsvertrag folgende Regelung:

9

"Der Arbeitgeber verzichtet gegenüber dem Mitarbeiter bis zum 30.11.2013 auf den Ausspruch betriebsbedingter Kündigungen am Standort mit Ausnahme einer Betriebsstilllegung.

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Sollte der Arbeitsvertrag wegen einer Betriebsstilllegung vor dem 30.11.2013 beendet werden, so gewährt der Arbeitgeber dem Mitarbeiter mit Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis eine Lohnnachzahlung in Höhe der Differenz der gezahlten Bruttolöhne der letzten 12 Monate vor dem Ausscheiden zu dem Betrag von 39.970,08 EUR nach folgender Staffel: bei Ausscheiden bis zum 31.12.2011 in voller Höhe, bei Ausscheiden bis zum 31.12.2012 in Höhe von 2/3 und bei Ausscheiden bis zum 31.12.2013 in Höhe von 1/3 der Differenz."

11

Die regelmäßige Arbeitszeit betrug nach dem Arbeitsvertrag 39 Stunden in der Woche. Für die geleistete Arbeitszeit war ein Arbeitszeitkonto vorgesehen, wobei anfallende Plus- bzw. Minussalden im Jahresverlauf möglichst durch einen flexiblen Einsatz ausgeglichen werden sollten. Wegen der genaueren Einzelheiten des neuen Arbeitsvertrags wird auf Blatt 23 bis 29 der Gerichtsakten Bezug genommen.

12

Am 30. November 2011 kündigte die Arbeitgeberin im Hinblick auf eine aus ihrer Sicht trotz der geschlossenen Vereinbarung erforderliche Betriebsstilllegung die Arbeitsverhältnisse der Mitarbeiter am Standort L. . Gegenüber der Klägerin erfolgte die Kündigung zum 30. Juni 2012.

13

Die Klägerin meldete sich am 21. Juni 2012 bei der Beklagten zum 1. Juli 2012 arbeitslos und beantragte die Zahlung von Alg. Sie gab an, verheiratet zu sein und dass für sie ohne Änderungen während des laufenden Jahres die Lohnsteuerklasse IV bei einem zu berücksichtigenden Kind maßgeblich sei. Die Arbeitgeberin bescheinigte der Klägerin ein für den Zeitraum 1. Juli 2011 bis 30. Juni 2012 abgerechnetes beitragspflichtiges Bruttoarbeitsentgelt von insgesamt 34.913,41 EUR. Dabei wies die Bescheinigung für die Monate Juli bis Mai 2012 jeweils ein Bruttoentgelt von 2.083,34 EUR aus. Für den Monat Juni 2012, den letzten Monat des Arbeitsverhältnisses, wies die Bescheinigung ein Bruttoentgelt von 11.996,67 EUR aus. Auf der Grundlage der bescheinigten Beträge hatte die Arbeitgeberin auch jeweils Beträge zur Sozialversicherung abgeführt sowie das Nettoentgelt der Klägerin berechnet und an diese überwiesen.

14

Die Beklagte bewilligte der Klägerin mit Bescheid vom 20. Juli 2012 Alg für die Zeit ab dem 1. Juli 2012 in Höhe von 30,73 EUR täglich. Dabei berücksichtigte sie bei der Leistungsbemessung abweichend von den Angabe in der Arbeitsbescheinigung auch für Juni 2012 nur ein Bruttoarbeitsentgelt von 2.083,34 EUR und insgesamt für den Zeitraum vom 1. Juli 2011 bis zum 30. Juni 2012 ein Bemessungsentgelt von 25.000,08 EUR. Daraus errechnete die Beklagte ein tägliches Bemessungsentgelt von gerundet 68,31 EUR (25.000,08 EUR durch 366 (Tage)). Dieser Bewilligungsbescheid wurde bestandskräftig. Die Klägerin bezog Alg bis zum 29. Juli 2012, weil sie ab dem 30. Juli 2012 eine neue versicherungspflichtige Beschäftigung aufnahm.

15

Nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses erstellte die Arbeitgeberin für die Klägerin eine neue Gehaltsabrechnung für den Monat Juni 2012. In dieser erfolgte aufgrund einer Nachberechnung des Entgelts für diesen Monat die Bescheinigung eines Bruttoentgelts von 12.071,88 EUR (statt vorher 11.996,67 EUR). Die Erhöhung des Bruttoentgelts um 75,21 EUR resultierte aus einer vorher nicht erfolgten Berücksichtigung eines Guthabens auf dem Arbeitszeitkonto (AZK) der Klägerin von 6,1 Stunden, das nun mit einem Stundensatz von 12,33 EUR vergütet wurde. Aufgrund der neuen Lohnberechnung ergab sich ein zusätzlicher Nettolohnanspruch der Klägerin von 38,33 EUR. Diesen Betrag überwies die Arbeitgeberin an die Klägerin.

16

Im Hinblick auf diese neue Bescheinigung beantragte die Klägerin am 28. September 2012 unter Beifügung einer Kopie der neuen Abrechnung für Juni 2012 "eine Überprüfung der Berechnung meines Arbeitslosengeldes für den Zeitraum 01.07.2012 – 29.07.2012."

17

Die Beklagte lehnte auf diesen Antrag hin eine Korrektur des Bewilligungsbescheides vom 20. Juli 2012 mit Bescheid vom 8. Oktober 2012 ab. Den hiergegen von der Klägerin am 5. November 2012 erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 5. Dezember 2012 als unbegründet zurück und führte aus: Die Lohnnachzahlung bleibe als Einmalzahlung außer Betracht, weil die Klägerin diese "einzig und allein" wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhalten" habe.

18

Die Klägerin hat am 11. Dezember 2012 Klage beim Sozialgericht Halle (SG) erhoben. Diese Klage hatte Erfolg. Das SG hat die Beklagte mit Urteil vom 19. November 2013 antragsgemäß bei Aufhebung des Bescheides vom 8. Oktober 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Dezember 2012 verurteilt, den Bescheid vom 20. Juli 2012 abzuändern und der Klägerin Alg in gesetzlicher Höhe unter Zugrundelegung eines Bemessungsentgelts von 95,60 EUR täglich für den Zeitraum vom 1. Juli bis zum 29. Juli 2012 zu gewähren. In den Entscheidungsgründen wird ausgeführt: Das der Klägerin nachgezahlte Arbeitsentgelt sei bei der Leistungsbemessung zu berücksichtigen. Dem stehe nicht entgegen, dass bei der Leistungsbemessung Arbeitsentgelte außer Betracht blieben, die die Arbeitnehmer wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhielten oder die im Hinblick auf die Arbeitslosigkeit vereinbart worden seien. Es fehle hier an einem solchen Zusammenhang. Die Zahlung sei nicht erfolgt, um die Bereitschaft der Klägerin zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses zu fördern. Es handele sich um die Nachzahlung von Geldern, die die Klägerin und ihre Kollegen eingesetzt hätten, um die Arbeitsplätze zu sichern. Die Berufung hat das SG im Urteilstenor zugelassen.

19

Gegen das ihr am 10. März 2014 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 27. März 2014 Berufung eingelegt. Sie meint: Bei der Leistungsbemessung scheide die Berücksichtigung des über 2.083,34 EUR hinausgehenden Betrages, den die Klägerin im Juni 2012 erhalten habe, aus. Die Zahlung dieses Betrages sei wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erfolgt. Ohne die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses wäre es nicht zu der Nachzahlung gekommen. Die Bezeichnung als Nachzahlung sei falsch. Tatsächlich handele es sich um eine zusätzliche Abfindung.

20

Die Beklagte beantragt,

21

das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 19. November 2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

22

Die Klägerin beantragt,

23

die Berufung zurückzuweisen.

24

Sie meint: Es handele sich bei der im Juni 2012 erfolgten Zahlung über das normale Entgelt hinaus um die Nachzahlung vom Arbeitsentgelt, welches infolge des vereinbarten Lohnverzichts nicht zur Auszahlung gekommen sei. Durch die Betriebsstillegung sei eine auflösende Bedingung für die zur Sicherung des Standorts geschlossene Lohnverzichtsvereinbarung eingetreten.

25

Wegen weiter Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und den von der Beklagten übersandten Ausdruck der elektronischen Verwaltungsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe

26

Die vom SG zugelassene Berufung ist auch form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG).

27

Die Berufung ist aber nicht begründet.

28

Das SG hat die Beklagte zu Recht verurteilt, der Klägerin unter Abänderung des bestandskräftig gewordenen Bewilligungsbescheides vom 20. Juli 2012 für den Zeitraum der Arbeitslosigkeit vom 1. Juli bis zum 29. Juli 2012 Alg nach einem Bemessungsentgelt von 95,60 EUR täglich (bei Zugrundelegung eines im Bemessungszeitraums insgesamt erzielten Bemessungsentgelts von insgesamt 34.988,62 EUR) zu gewähren.

29

Die Rechtsgrundlage für die Berücksichtigung des vollen von der Arbeitgeberin mit der im Antragsverfahren vorgelegten Arbeitsbescheinigung für den Zeitraum vom 1. Juli 2011 bis zum 30. Juni 2012 ausgewiesenen, abgerechneten Bruttoarbeitsentgelts von insgesamt 34.913,41 EUR ergibt sich aus § 44 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 2 und Abs. 4 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch - Verwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X). Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt wurde und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Der Verwaltungsakt ist in einem solchen Fall nach § 44 Abs. 2 Satz 1 SGB X auch für die Zukunft zurückzunehmen. Nach § 44 Abs. 4 SGB X werden bei einer Rücknahme des Verwaltungsakts auf Antrag die nicht gewährten Leistungen längstens für einen Zeitraum von bis zu vier Jahren von Beginn des Jahres an, in dem der Antrag gestellt wurde, erbracht. Der von der Klägerin am 28. September 2012 gestellte Antrag erfolgte zwar anlässlich der nach Erlass des Bewilligungsbescheides vom 20. Juli 2012 von der Arbeitgeberin nach Ende des Arbeitsverhältnisses neu erstellten, korrigierten Entgeltabrechnung für Juni 2012. Der Antrag war seinem Inhalt nach aber auf eine Überprüfung der bestandskräftigen Bewilligung insgesamt gerichtet, so dass ein Antrag nach § 44 SGB X vorlag. Über einen solchen Antrag hat die Beklagte mit Bescheid vom 8. Oktober 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Dezember 2012 auch ablehnend entschieden.

30

Diese Entscheidung der Beklagten war rechtswidrig, weil der Überprüfungsantrag in der Sache begründet war und ein Anspruch der Klägerin auf Abänderung der Bewilligungsentscheidung vom 20. Juli 2012 verbunden mit einem Anspruch auf die Erbringung von zusätzlichem Alg bestand. Denn die Beklagte hat bei Erlass des Bewilligungsbescheides vom 20. Juli 2012 das Recht unrichtig angewandt mit der Folge, dass deshalb das der Klägerin zustehende Alg zum Teil nicht erbracht wurde.

31

Für den Anspruch der Klägerin auf Alg für die Zeit ab dem 1. Juli 2012 sind die §§ 136ff. des Dritten Buches Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung (SGB III) in der Fassung durch das Gesetz zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt vom 20. Dezember 2012, BGBl. I, S.2854 maßgeblich. Der Klägerin stand danach ein Anspruch auf Alg zu, denn sie war im Sinne des § 137 SGB III arbeitslos, hatte sich bei der Beklagten arbeitslos gemeldet und durch ihre vorangegangene versicherungspflichtige Beschäftigung bei der Arbeitgeberin die Anwartschaftszeit erfüllt. Für die Leistungsbemessung gilt nach § 151 Abs. 1 SGB III, dass Bemessungsentgelt das durchschnittlich auf den Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt ist, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat. Arbeitsentgelte, auf die der Arbeitslose beim Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis Anspruch hatte, gelten nach Satz 2 der Vorschrift als erzielt, wenn sie zugeflossen oder nur wegen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers nicht zugeflossen sind.

32

Nach § 150 Abs. 1 SGB III umfasst der Bemessungszeitraum die bei Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltzeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigung im Bemessungsrahmen. Der Bemessungsrahmen umfasst ein Jahr und endet mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs auf Alg.

33

Für den insoweit relevanten Bemessungszeitraum vom 1. Juli 2011 bis zum 30. Juni 2012 hatte die Arbeitgeberin ein abgerechnetes Bemessungsentgelt von insgesamt 34.913,41 EUR mitgeteilt. Hiervon hat die Beklagte zu Unrecht nur 25.000,08 EUR bei der Leistungsbemessung berücksichtigt. Auch das für Juni 2012 mitgeteilte abgerechnete Bemessungsentgelt von 11.996,67 EUR war in vollem Umfang zu berücksichtigen.

34

Die Klägerin hatte im Bemessungszeitraum den vollen von der Arbeitgeberin bescheinigten Betrag von 34.913,41 EUR, einschließlich des in die Abrechnung für Juni 2012 eingegangenen erhöhten Betrages, erzielt. Auf den um 9.913,33 EUR über das ansonsten vereinbarte Monatsbruttogehalt von 2.083,34 EUR hinausgehenden im Juli 2012 abgerechneten Betrag bestand ein Anspruch der Klägerin aus § 2 der Arbeitsvertrages, weil die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis wegen einer Betriebsstilllegung zum 30. Juni 2012 gekündigt hatte. Damit ergab sich nach der Regelung im Arbeitsvertrag ein zusätzlicher im Monat Juni 2012 fälliger Anspruch in Höhe von 2/3 der Differenz der in den letzten 12 Monaten vor dem Ausscheiden entsprechend der Entgeltvereinbarung im Arbeitsvertrag gezahlten Bruttolöhne von insgesamt 25.000,08 EUR (2.083,34 EUR x 12) zur Summe von 39.870,08 EUR, mithin 9.913,33 EUR (39.970,08 EUR minus 25.000,08 EUR = 14.870,00 EUR geteilt durch 3 mal 2). Dieser Betrag war der Klägerin auch überwiesen worden und damit zugeflossen.

35

Einer Berücksichtigung steht hier nicht § 151 Abs. 2 Nr. 1 SGB III entgegen, wonach bei der Bemessung Arbeitsentgelte außer Betracht bleiben, die Arbeitslose wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhalten oder die im Hinblick auf die Arbeitslosigkeit vereinbart worden sind. Die Beklagte weist zutreffend darauf hin, dass ohne die Beendigung des Arbeitsverhältnisses der zusätzliche Entgeltanspruch der Klägerin entsprechend § 2 des Arbeitsvertrages nicht entstanden wäre. Insofern ist die Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine für die Anspruchsentstehung notwendige Bedingung. Dennoch wurde das zusätzliche Arbeitsentgelt nicht "wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses" gezahlt. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses war der Anlass, dass entsprechend der Formulierung der bereits im Dezember 2009 geschlossenen Betriebsvereinbarung der besondere Zahlungsanspruch "zur Kompensation des zum Zwecke der Standortsicherung erklärten Lohnverzichts" entstand. In diesem Sinne erfolgt die Zahlung entsprechend § 2 des Arbeitsvertrages wegen der Erfolglosigkeit des verabredeten Lohnverzichts zur Sicherung des Standorts und der dort vorhandenen Arbeitsplätze. Es liegt somit kein Anwendungsfall des § 151 Abs. 2 Nr. 1 SGB III vor.

36

Diese Auslegung entspricht auch dem Sinne und Zweck der Regelung. Mit dieser sollen "kurzfristige Manipulationen des Arbeitsentgelts mit dem Ziel, ein höheres Arbeitslosengeld zu erzielen, verhindert werden." (so die Begründung zur entsprechenden Regelung in § 134 Abs. 1 SGB III im Entwurf eines Gesetzes zur Reform der Arbeitsförderung vom 18. Juni 1996, BT-Drs. 13/4941, S. 179). Bei der Bestimmung des § 2 des Arbeitsvertrages bzw. der entsprechenden Bestimmung in der Betriebsvereinbarung stand gerade die Hoffnung auf einen Erhalt der Arbeitsplätze auch durch den vereinbarten Lohnverzicht im Vordergrund. Die Kompensationsregelung sollte den durch den Verzicht entstandenen Verlust bei einem Fehlschlagen der Arbeitsplatzsicherung ausgleichen. Wertungsmäßig stand die getroffene Reglung einem bedingten Verzicht auf Arbeitsentgelt gleich, bei dem mit dem Nichterreichen des Zwecks einer Sicherung der Arbeitsplätze eine auflösende Bedingung eintritt. Insofern zielte die Regelung nicht auf eine Manipulation des Arbeitsentgelts mit dem Ziel, höheres Alg zu erhalten, ab. Im Hinblick auf die Zielsetzung des § 151 Abs. 2 Nr. 1 SGB III wird auch gefordert, dass die vereinbarte Zahlung zumindest geeignet war, die Beendigung zu fördern (Brand in Brand, SGB III, 7. Aufl., § 151 Rn. 16). Auch dies war im konkreten Fall nicht gegeben. Die betriebsbedingte Kündigung der Klägerin und die damit verbundene Beendigung des Arbeitsverhältnisses waren alternativlos. Auf eine Förderung der Beendigungsbereitschaft kam es nicht an.

37

Der hier vertretenen Auslegung steht das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 11. Juni 2015 (B 11 AL 13/14 R, zitiert nach juris) nicht entgegen. In dem vom BSG entschiedenen Fall war zur Arbeitsplatzsicherung ein Verzicht auf Arbeitsentgelt mit der Maßgabe vereinbart worden, dass die Ansprüche im Falle der Insolvenz des Arbeitgebers wieder aufleben. Nach Insolvenz des Arbeitgebers war aber keine Zahlung entsprechend dieser Regelung erfolgt. Das BSG hat seiner Entscheidung, dass eine Berücksichtigung der "wiederaufgelebten" Entgeltansprüche bei der Leistungsbemessung ausscheide, darauf gestützt, dass der Zufluss nicht nur "monokausal" wegen der Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers unterblieben sei, sondern zunächst aus einem anderen Grund (wegen des Verzichts), so dass kein Anwendungsfall des § 131 Abs. 1 Satz 2 SGB III 2. Alternative a.F. (Ausbleiben des Zuflusses nur wegen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers – nun geregelt in § 151 Abs. 1 Satz 2 SGB III) vorliege. Zudem hat das BSG auch darauf abgestellt, dass für das nicht gezahlte Entgelt auch keine Beiträge zur Sozialversicherung abgeführt worden waren. Insofern lag der Fall grundlegend anders als im hier zu entscheidenden Fall, wo die in § 2 des Arbeitsvertrages vereinbarte Zahlung sowohl zugeflossen ist als auch Beträge für dieses Entgelt entrichtet wurden.

38

Soweit darüber hinaus auch der in der korrigierten Entgeltabrechnung für den Monat Juni 2012 zusätzlich berücksichtigte Betrag von 75,21 EUR ebenfalls bei der Leistungsbemessung zu berücksichtigen ist, ergibt sich die Rechtsgrundlage hierfür aus § 48 Abs. 1 SGB X i.V.m. § 330 Abs. 3 SGB III. Denn diese Neuberechnung des Entgeltanspruchs durch den Arbeitgeber und die daraus resultierende Nachzahlung stellt eine wesentlichen Änderung der tatsächlichen Verhältnisse nach Erlass des Bewilligungsbescheides vom 20. Juli 2012 dar. Diese Änderung erfolgte auch nach § 48 Abs. 2 Ziffer 1 SGB X zugunsten der betroffenen Klägerin. Die Wesentlichkeit der Änderung ergibt sich daraus, dass auch das nachträglich von der Arbeitgeberin berücksichtigtes Bruttoentgelt in das Bemessungsentgelt eingeht. Der Begriff "erzielt" wird nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) so ausgelegt, dass darunter auch noch Arbeitsentgelt fällt, welches erst nach dem Ausscheiden aus der Beschäftigung zur nachträglichen Vertragserfüllung für den Bemessungszeitraum zufließt (vgl. BSG, Urteil vom 28. Juni 1995, 7 RAr 102/94, zitiert nach juris, Brand in Brand, SGB III, 7. Auflage, § 151, Rn. 10). Eine solche nachträgliche Vertragserfüllung stellt die Berücksichtigung des erhöhten Betrages für Juni 2012 durch die Arbeitgeberin dar. Nach Ende des Beschäftigungsverhältnisses konnte das Guthaben auf dem Arbeitszeitkonto nicht mehr durch Minderarbeit auszugleichen werden, so dass eine Vergütung nach dem maßgeblichen Stundenlohn erfolgte. Das verhältnismäßig geringe Arbeitszeitguthaben bezog sich auch auf den Bemessungszeitraum, in dem es erarbeitet worden war. Auch insoweit greift § 151 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB III nicht ein, denn die Zahlung erfolgte hier wegen der nicht mehr bestehenden Möglichkeit des Ausgleichs durch Minderarbeit und nicht wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

39

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

40

Der Senat hat die Revision nach § 160 Abs. 2 Ziffer 1 SGB III wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.


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(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

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(2) Außer Betracht bleiben Arbeitsentgelte,

1.
die Arbeitslose wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhalten oder die im Hinblick auf die Arbeitslosigkeit vereinbart worden sind,
2.
die als Wertguthaben einer Vereinbarung nach § 7b des Vierten Buches nicht nach dieser Vereinbarung verwendet werden.

(3) Als Arbeitsentgelt ist zugrunde zu legen

1.
für Zeiten, in denen Arbeitslose Kurzarbeitergeld oder eine vertraglich vereinbarte Leistung zur Vermeidung der Inanspruchnahme von Saison-Kurzarbeitergeld bezogen haben, das Arbeitsentgelt, das Arbeitslose ohne den Arbeitsausfall und ohne Mehrarbeit erzielt hätten; dies gilt auch, wenn die Entscheidung über den Anspruch auf Kurzarbeitergeld rückwirkend aufgehoben wird oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist,
2.
für Zeiten einer Vereinbarung nach § 7b des Vierten Buches das Arbeitsentgelt, das Arbeitslose für die geleistete Arbeitszeit ohne eine Vereinbarung nach § 7b des Vierten Buches erzielt hätten; für Zeiten einer Freistellung das erzielte Arbeitsentgelt,
3.
für Zeiten einer Berufsausbildung, die im Rahmen eines Berufsausbildungsvertrages nach dem Berufsbildungsgesetz in einer außerbetrieblichen Einrichtung durchgeführt wurde (§ 25 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1), die erzielte Ausbildungsvergütung; wurde keine Ausbildungsvergütung erzielt, der nach § 17 Absatz 2 des Berufsbildungsgesetzes als Mindestvergütung maßgebliche Betrag.

(4) Haben Arbeitslose innerhalb der letzten zwei Jahre vor der Entstehung des Anspruchs Arbeitslosengeld bezogen, ist Bemessungsentgelt mindestens das Entgelt, nach dem das Arbeitslosengeld zuletzt bemessen worden ist; dies gilt auch, wenn sie das Arbeitslosengeld nur deshalb nicht bezogen haben, weil der Anspruch geruht hat.

(5) Ist die oder der Arbeitslose nicht mehr bereit oder in der Lage, die im Bemessungszeitraum durchschnittlich auf die Woche entfallende Zahl von Arbeitsstunden zu leisten, vermindert sich das Bemessungsentgelt für die Zeit der Einschränkung entsprechend dem Verhältnis der Zahl der durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitsstunden, die die oder der Arbeitslose künftig leisten will oder kann, zu der Zahl der durchschnittlich auf die Woche entfallenden Arbeitsstunden im Bemessungszeitraum. Einschränkungen des Leistungsvermögens bleiben unberücksichtigt, wenn Arbeitslosengeld nach § 145 geleistet wird. Bestimmt sich das Bemessungsentgelt nach § 152, ist insoweit die tarifliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit maßgebend, die bei Entstehung des Anspruchs für Angestellte im öffentlichen Dienst des Bundes gilt.

(1) Der Bemessungszeitraum umfasst die beim Ausscheiden aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Bemessungsrahmen. Der Bemessungsrahmen umfasst ein Jahr; er endet mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs.

(2) Bei der Ermittlung des Bemessungszeitraums bleiben außer Betracht

1.
Zeiten einer Beschäftigung, neben der Übergangsgeld wegen einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben, Teilübergangsgeld oder Teilarbeitslosengeld geleistet worden ist,
2.
Zeiten einer Beschäftigung als Freiwillige oder Freiwilliger im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes oder des Bundesfreiwilligendienstgesetzes, wenn sich die beitragspflichtige Einnahme nach § 344 Absatz 2 bestimmt,
3.
Zeiten, in denen Arbeitslose Elterngeld oder Erziehungsgeld bezogen oder nur wegen der Berücksichtigung von Einkommen nicht bezogen haben oder ein Kind unter drei Jahren betreut und erzogen haben, wenn wegen der Betreuung und Erziehung des Kindes das Arbeitsentgelt oder die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit gemindert war,
4.
Zeiten, in denen Arbeitslose eine Pflegezeit nach § 3 Absatz 1 Satz 1 des Pflegezeitgesetzes in Anspruch genommen haben sowie Zeiten einer Familienpflegezeit oder Nachpflegephase nach dem Familienpflegezeitgesetz, wenn wegen der Pflege das Arbeitsentgelt oder die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit gemindert war; insoweit gilt § 151 Absatz 3 Nummer 2 nicht,
5.
Zeiten, in denen die durchschnittliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit auf Grund einer Teilzeitvereinbarung nicht nur vorübergehend auf weniger als 80 Prozent der durchschnittlichen regelmäßigen Arbeitszeit einer vergleichbaren Vollzeitbeschäftigung, mindestens um fünf Stunden wöchentlich, vermindert war, wenn die oder der Arbeitslose Beschäftigungen mit einer höheren Arbeitszeit innerhalb der letzten dreieinhalb Jahre vor der Entstehung des Anspruchs während eines sechs Monate umfassenden zusammenhängenden Zeitraums ausgeübt hat.
Satz 1 Nummer 5 gilt nicht in Fällen einer Teilzeitvereinbarung nach dem Altersteilzeitgesetz, es sei denn, das Beschäftigungsverhältnis ist wegen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers beendet worden.

(3) Der Bemessungsrahmen wird auf zwei Jahre erweitert, wenn

1.
der Bemessungszeitraum weniger als 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthält,
2.
in den Fällen des § 142 Absatz 2 der Bemessungszeitraum weniger als 90 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthält oder
3.
es mit Rücksicht auf das Bemessungsentgelt im erweiterten Bemessungsrahmen unbillig hart wäre, von dem Bemessungsentgelt im Bemessungszeitraum auszugehen.
Satz 1 Nummer 3 ist nur anzuwenden, wenn die oder der Arbeitslose dies verlangt und die zur Bemessung erforderlichen Unterlagen vorlegt.

(1) Bemessungsentgelt ist das durchschnittlich auf den Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das die oder der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat; Besonderheiten des Übergangsbereichs nach § 20 Absatz 2 des Vierten Buches sind nicht zu berücksichtigen. Arbeitsentgelte, auf die die oder der Arbeitslose beim Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis Anspruch hatte, gelten als erzielt, wenn sie zugeflossen oder nur wegen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers nicht zugeflossen sind.

(2) Außer Betracht bleiben Arbeitsentgelte,

1.
die Arbeitslose wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhalten oder die im Hinblick auf die Arbeitslosigkeit vereinbart worden sind,
2.
die als Wertguthaben einer Vereinbarung nach § 7b des Vierten Buches nicht nach dieser Vereinbarung verwendet werden.

(3) Als Arbeitsentgelt ist zugrunde zu legen

1.
für Zeiten, in denen Arbeitslose Kurzarbeitergeld oder eine vertraglich vereinbarte Leistung zur Vermeidung der Inanspruchnahme von Saison-Kurzarbeitergeld bezogen haben, das Arbeitsentgelt, das Arbeitslose ohne den Arbeitsausfall und ohne Mehrarbeit erzielt hätten; dies gilt auch, wenn die Entscheidung über den Anspruch auf Kurzarbeitergeld rückwirkend aufgehoben wird oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist,
2.
für Zeiten einer Vereinbarung nach § 7b des Vierten Buches das Arbeitsentgelt, das Arbeitslose für die geleistete Arbeitszeit ohne eine Vereinbarung nach § 7b des Vierten Buches erzielt hätten; für Zeiten einer Freistellung das erzielte Arbeitsentgelt,
3.
für Zeiten einer Berufsausbildung, die im Rahmen eines Berufsausbildungsvertrages nach dem Berufsbildungsgesetz in einer außerbetrieblichen Einrichtung durchgeführt wurde (§ 25 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1), die erzielte Ausbildungsvergütung; wurde keine Ausbildungsvergütung erzielt, der nach § 17 Absatz 2 des Berufsbildungsgesetzes als Mindestvergütung maßgebliche Betrag.

(4) Haben Arbeitslose innerhalb der letzten zwei Jahre vor der Entstehung des Anspruchs Arbeitslosengeld bezogen, ist Bemessungsentgelt mindestens das Entgelt, nach dem das Arbeitslosengeld zuletzt bemessen worden ist; dies gilt auch, wenn sie das Arbeitslosengeld nur deshalb nicht bezogen haben, weil der Anspruch geruht hat.

(5) Ist die oder der Arbeitslose nicht mehr bereit oder in der Lage, die im Bemessungszeitraum durchschnittlich auf die Woche entfallende Zahl von Arbeitsstunden zu leisten, vermindert sich das Bemessungsentgelt für die Zeit der Einschränkung entsprechend dem Verhältnis der Zahl der durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitsstunden, die die oder der Arbeitslose künftig leisten will oder kann, zu der Zahl der durchschnittlich auf die Woche entfallenden Arbeitsstunden im Bemessungszeitraum. Einschränkungen des Leistungsvermögens bleiben unberücksichtigt, wenn Arbeitslosengeld nach § 145 geleistet wird. Bestimmt sich das Bemessungsentgelt nach § 152, ist insoweit die tarifliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit maßgebend, die bei Entstehung des Anspruchs für Angestellte im öffentlichen Dienst des Bundes gilt.

(1) Bemessungsentgelt ist das durchschnittlich auf den Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das die oder der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat; Besonderheiten des Übergangsbereichs nach § 20 Absatz 2 des Vierten Buches sind nicht zu berücksichtigen. Arbeitsentgelte, auf die die oder der Arbeitslose beim Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis Anspruch hatte, gelten als erzielt, wenn sie zugeflossen oder nur wegen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers nicht zugeflossen sind.

(2) Außer Betracht bleiben Arbeitsentgelte,

1.
die Arbeitslose wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhalten oder die im Hinblick auf die Arbeitslosigkeit vereinbart worden sind,
2.
die als Wertguthaben einer Vereinbarung nach § 7b des Vierten Buches nicht nach dieser Vereinbarung verwendet werden.

(3) Als Arbeitsentgelt ist zugrunde zu legen

1.
für Zeiten, in denen Arbeitslose Kurzarbeitergeld oder eine vertraglich vereinbarte Leistung zur Vermeidung der Inanspruchnahme von Saison-Kurzarbeitergeld bezogen haben, das Arbeitsentgelt, das Arbeitslose ohne den Arbeitsausfall und ohne Mehrarbeit erzielt hätten; dies gilt auch, wenn die Entscheidung über den Anspruch auf Kurzarbeitergeld rückwirkend aufgehoben wird oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist,
2.
für Zeiten einer Vereinbarung nach § 7b des Vierten Buches das Arbeitsentgelt, das Arbeitslose für die geleistete Arbeitszeit ohne eine Vereinbarung nach § 7b des Vierten Buches erzielt hätten; für Zeiten einer Freistellung das erzielte Arbeitsentgelt,
3.
für Zeiten einer Berufsausbildung, die im Rahmen eines Berufsausbildungsvertrages nach dem Berufsbildungsgesetz in einer außerbetrieblichen Einrichtung durchgeführt wurde (§ 25 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1), die erzielte Ausbildungsvergütung; wurde keine Ausbildungsvergütung erzielt, der nach § 17 Absatz 2 des Berufsbildungsgesetzes als Mindestvergütung maßgebliche Betrag.

(4) Haben Arbeitslose innerhalb der letzten zwei Jahre vor der Entstehung des Anspruchs Arbeitslosengeld bezogen, ist Bemessungsentgelt mindestens das Entgelt, nach dem das Arbeitslosengeld zuletzt bemessen worden ist; dies gilt auch, wenn sie das Arbeitslosengeld nur deshalb nicht bezogen haben, weil der Anspruch geruht hat.

(5) Ist die oder der Arbeitslose nicht mehr bereit oder in der Lage, die im Bemessungszeitraum durchschnittlich auf die Woche entfallende Zahl von Arbeitsstunden zu leisten, vermindert sich das Bemessungsentgelt für die Zeit der Einschränkung entsprechend dem Verhältnis der Zahl der durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitsstunden, die die oder der Arbeitslose künftig leisten will oder kann, zu der Zahl der durchschnittlich auf die Woche entfallenden Arbeitsstunden im Bemessungszeitraum. Einschränkungen des Leistungsvermögens bleiben unberücksichtigt, wenn Arbeitslosengeld nach § 145 geleistet wird. Bestimmt sich das Bemessungsentgelt nach § 152, ist insoweit die tarifliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit maßgebend, die bei Entstehung des Anspruchs für Angestellte im öffentlichen Dienst des Bundes gilt.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten werden die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 22. August 2014 sowie des Sozialgerichts Karlsruhe vom 5. Juni 2013 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind dem Kläger nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Der Kläger macht für die Zeit vom 1. bis 3.7.2011 einen Anspruch auf höheres Arbeitslosengeld (Alg) geltend.

2

Der 1979 geborene Kläger war seit 2.9.1996 als Flachdrucker bei der schlott GmbH (S GmbH) in F. versicherungspflichtig beschäftigt. Die schlott gruppe AG (im Folgenden: AG), zu der die S GmbH als Konzernunternehmen gehörte, und die Gewerkschaft V. schlossen zur Abwendung einer existenzbedrohenden Situation mit Wirkung für die Zeit vom 1.7.2009 bis 31.12.2013 einen Konzerntarifvertrag (KTV), der neben der S GmbH auch Konzernunternehmen in N. und H. betraf. Ua war vereinbart worden:

3

"§ 2 Konsolidierungsbeitrag der Beschäftigten
2.1 Die nachfolgenden Vereinbarungen werden in den tarifgebunden Unternehmen in ergänzenden Firmentarifverträgen konkretisiert und abgeschlossen.
2.2 In den tarifgebunden Unternehmen […] werden die Konsolidierungsbeiträge der tarifgebundenen Beschäftigten entsprechend § 1 des Ergebnisprotokolls vom 26.06.2009 vorgenommen. […]

§ 3 Beschäftigungssicherung
3.1 Ab Inkrafttreten dieses Konzerntarifvertrages, d.h. dem 01.07.2009 bis 31.12.2013, ist der Ausspruch betriebsbedingter Kündigungen in den Unternehmen S GmbH, […] ausgeschlossen. Der tarifliche Kündigungsschutz endet zum 31.12.2013. Dies gilt nicht, soweit in den jeweiligen Firmentarifverträgen-Konsolidierung gem. Ziff. 7.2 dieses Konzerntarifvertrages, anderweitige Regelungen getroffen werden.
3.2 Für jeden Arbeitnehmer, der in den Unternehmen […] der AG auf Entgelt nach diesem Tarifvertrag verzichtet, gilt ab der rechtswirksamen Vereinbarung über diesen Verzicht ebenfalls das Verbot des Ausspruches betriebsbedingter Kündigungen bis 31.12.2013. […]
3.3 Meldet die […] AG Insolvenz an, leben die vollen Ansprüche auf die tariflichen Leistungen bzw. Entgeltleistungen in sämtlichen betroffenen Unternehmen wieder auf. Wenn eines der in § 1 Ziffer 1.1 genannten Unternehmen Insolvenz anmeldet, leben die vollen Ansprüche auf Entgeltleistungen für die von betriebsbedingten Kündigungen betroffenen Mitarbeiter dieses Unternehmens wieder auf. Die […] AG muss die gekürzten Beträge wieder zurückzahlen. V. hat in diesem Fall das Recht auf fristlose Kündigung dieses Tarifvertrages."

4

Zudem schlossen die S GmbH und V. im Oktober 2009 mit Wirkung zum 1.7.2009 einen "Firmentarifvertrag Konsolidierung" (FTV). Darin vereinbarten sie jeweils eine anteilige Kürzung der tariflichen Jahresleistung 2009 bis 2011 sowie des zusätzlichen Urlaubsgelds 2010 bis 2012 und in § 3 FTV (wiederum) den Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen bis 31.12.2013 sowie das Aufleben der Ansprüche auf die tariflichen Leistungen im Falle der Insolvenzanmeldung der Arbeitgeberin. Von November 2009 bis Dezember 2010 zahlte die S GmbH die Konsolidierungsbeträge entsprechend den tariflichen Regelungen an den Kläger nicht aus.

5

Am 18.1.2011 beantragte die S GmbH ebenso wie die AG die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens, denen das Amtsgericht Stuttgart am 1.4.2011 stattgab. Die S GmbH und V. hatten zuvor am 18.3.2011 noch eine "Vereinbarung" zur Auslegung des KTV geschlossen, die ua folgende Regelung enthielt:

6

"§ 1 Auslegung des Konzerntarifvertrages
[...]
Für die Zeit ab … Insolvenzeröffnung gelten die tarifvertraglichen Absenkungen nach … § 3 Ziffer 3.3 des Konzerntarifvertrages … wieder. Dies bedeutet, dass ab dem 01.04.2011 die 2%ige Tariflohnerhöhung nicht mehr erfolgt und die tarifliche Jahressonderzahlung und das zusätzliche tarifliche Urlaubsgeld jeweils nur zu 30% geschuldet werden."

7

Der Insolvenzverwalter kündigte dem Kläger am 27.5. ordentlich aus betrieblichen Gründen zum 31.10.2011. Am 31.5.2011 vereinbarten beide jedoch die vorzeitige Aufhebung des Arbeitsverhältnisses zum 30.6.2011, weil der Kläger eine Anschlussbeschäftigung gefunden habe. Am 8.6.2011 meldete sich der Kläger gleichwohl zum 1.7.2011 arbeitslos, weil er erst zum 4.7.2011 eine neue Beschäftigung aufnehmen könne.

8

Die Beklagte bewilligte dem Kläger Alg für die Zeit vom 1. bis 3.7.2011 unter Berücksichtigung der in der Arbeitsbescheinigung angegebenen Entgelte (Bemessungszeitraum 1.7.2010 bis 30.6.2011; Bemessungsentgelt 140,65 Euro; zu Jahresbeginn eingetragene Lohnsteuerklasse III; erhöhter Leistungssatz) in Höhe von 61,95 Euro täglich (Bescheid vom 27.10.2011; Widerspruchsbescheid vom 28.12.2011). Die Entgeltbestandteile, auf die der Kläger verzichtet hatte, wurden nicht berücksichtigt.

9

Das Sozialgericht (SG) Karlsruhe hat die Beklagte verurteilt, dem Kläger Alg unter Berücksichtigung eines um 2843,82 Euro erhöhten Bemessungsentgelts zu zahlen (Urteil vom 5.6.2013). Das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (Urteil vom 22.8.2014). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, das Bemessungsentgelt sei um 2843,82 Euro zu erhöhen. Die Ansprüche auf höheres Arbeitsentgelt seien wieder existent. Die Folgen des Gehaltsverzichts würden durch diese Gestaltung zwar vergesellschaftet, dies sei aber nicht rechtsmissbräuchlich.

10

Mit der Revision rügt die Beklagte eine Verletzung von § 131 Abs 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III). Für die Berücksichtigung von Entgeltanteilen genüge es nicht, dass deren Zahlung zunächst aus anderen Gründen (zB Unkenntnis, Zahlungsunwilligkeit, Verzicht) unterblieben sei und sich erst im weiteren Verlauf auch Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers einstelle. Der Kläger habe zunächst gemäß § 3 Ziffer 3.3 KTV auf einen Teil seiner Entgeltansprüche verzichtet, womit die Zahlung aus anderen Gründen als der Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers unterblieben sei.

11

Die Beklagte beantragt,
die Urteile des LSG sowie des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

12

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

13

Er hält die Entscheidung des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision der Beklagten ist zulässig und begründet. Die Urteile des LSG und des SG sind aufzuheben und die Klage ist abzuweisen (§ 170 Abs 2 Satz 1 SGG); der Kläger hat für die Zeit vom 1. bis 3.7.2011 keinen Anspruch auf höheres Alg.

15

Gegenstand des Rechtsstreits und des Revisionsverfahrens ist der Bescheid vom 27.10.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.12.2011 (§ 95 SGG), soweit darin eine höhere Leistung abgelehnt worden ist; dagegen wendet sich der Kläger mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 und Abs 4 SGG, § 56 SGG).

16

Der Kläger hat keinen Anspruch auf höheres Alg. Nach § 129 Nr 1 SGB III(in der ab 1.8.2001 geltenden Normfassung des Gesetzes über Eingetragene Lebenspartnerschaften vom 1.2.2001 - BGBl I 266) beträgt das Alg für Arbeitslose, die - wie der Kläger - mindestens ein Kind iS des § 32 Abs 1, 3, 5 Einkommensteuergesetz haben, 67 vH des pauschalierten Nettoentgelts (erhöhter Leistungssatz), das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat.

17

Der Bemessungszeitraum erstreckt sich hier vom 1.7.2010 bis 30.6.2011. Das Bemessungsent-gelt ist gemäß § 131 Abs 1 Satz 1 SGB III(in der Normfassung des Gesetzes zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Absicherung flexibler Arbeitszeitregelungen und zur Änderung anderer Gesetze vom 21.12.2008 - BGBl I 2940) das durchschnittlich auf den Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat. Im Bemessungszeitraum hat der Kläger ein Entgelt von 51 335,83 Euro erzielt, woraus sich (dividiert durch 365 Beschäftigungstage) ein durchschnittliches tägliches Entgelt von 140,65 Euro errechnet. Von diesem Betrag sind die Sozialversicherungspauschale (21 vH = 29,54 Euro), der Lohnsteuerabzug bei Steuerklasse III (17,67 Euro) und der Solidaritätszuschlag (0,97 Euro) in Abzug zu bringen, sodass sich ein Leistungsentgelt von 92,47 Euro ergibt, was bei einer Entgeltersatzquote von 67 vH zu dem von der Beklagten zuerkannten täglichen Leistungssatz von 61,95 Euro führt (zur Unbeachtlichkeit unterschiedlicher Lohnsteuertabellen für ein Grundurteil über höhere Leistungen vgl BSG SozR 4-4300 § 132 Nr 3 RdNr 16 ff).

18

Aus § 131 Abs 1 Satz 2 SGB III ergibt sich kein höheres Bemessungsentgelt. Nach dieser Vorschrift gilt Arbeitsentgelt, auf das der Arbeitslose beim Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis Anspruch hatte, als erzielt, wenn es ihm entweder zugeflossen (Alt 1) oder nur wegen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers nicht zugeflossen (Alt 2) ist. Die nicht berücksichtigten Entgeltansprüche in Höhe von 2843,82 Euro erhöhen das Bemessungsentgelt nach Alt 1 der Vorschrift nicht; denn sie sind dem Kläger nicht zugeflossen. Diese Lohnanteile sind auch nicht nach Alt 2 der Vorschrift als Bemessungsentgelt zu berücksichtigen.

19

In der Zeit vom 1.7. bis 31.12.2010 sind dem Kläger die hier streitigen Entgeltanteile nicht zugeflossen, weil die Arbeitgeberin sie dem tarifgebundenen Kläger in Ausführung des KTV nicht ausgezahlt hat. Solche tariflichen Verzichtsregelungen, die unter einer auflösenden Bedingung stehen, sind arbeitsrechtlich möglich (vgl dazu BAGE 117, 1 ff RdNr 27 f und 39; vgl auch: BSGE 103, 284 ff RdNr 26 ff = SozR 4-7837 § 2 Nr 1); für die Entscheidung des Senats ist dies jedoch ohne Bedeutung.

20

Auch wenn die fraglichen Entgeltansprüche nach Maßgabe des KTV mit Stellung des Insolvenzantrags wieder aufgelebt sein sollten, wäre damit kein Anspruch auf weiteres Entgelt entstanden, das als Bemessungsentgelt zu berücksichtigen wäre. Denn die Arbeitsentgelte gelten nach Alt 2 des § 131 Abs 1 Satz 2 SGB III bemessungsrechtlich nur dann als erzielt, wenn sie dem Arbeitslosen "nur" wegen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers nicht zugeflossen sind. Maßgeblich für die Beurteilung, welche Gründe für den fehlenden Zufluss von Entgelt ursächlich sind, ist nicht die Lehre von der Theorie der wesentlichen Bedingung; vielmehr sind die Voraussetzungen der Alt 2 - wie der Senat schon entschieden hat - nur erfüllt, wenn der unterbliebene Zufluss allein auf der Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers beruht (Monokausalität; BSG SozR 4-4300 § 134 Nr 1, RdNr 22, 24; dazu Behrend in jurisPR SozR 23/2007 Anm 2).

21

Der Gesetzgeber hat zu Sinn und Zweck der (Vorgänger-)Regelung (§ 134 Abs 1 Satz 3 SGB III in der ab 1.1.1998 geltenden alten Fassung) in der Begründung des Gesetzentwurfs ausgeführt (BT-Drucks 13/4941, S 179), die Berücksichtigung von Entgeltansprüchen werde auf (ggf nachträglich) zugeflossene oder allein wegen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers nicht zugeflossene Entgelte beschränkt. Dies solle verhindern, dass sich die Parteien eines Arbeitsverhältnisses rückwirkend und einvernehmlich auf ein höheres Arbeitsentgelt mit dem Ziel verständigten, höheres Alg zu erlangen, ohne dass der Arbeitgeber einen höheren Betrag an den Arbeitnehmer auszahlen müsse (BT-Drucks aaO).

22

Der Wortlaut des § 131 Abs 1 Satz 2 SGB III ("nur wegen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers nicht zugeflossen") entspricht demjenigen in § 134 Abs 1 Satz 3 SGB III aF. Der Gesetzgeber hat mit den Regelungen die zeitlich zurückwirkende Begründung von arbeitsrechtlichen Ansprüchen ausschließen wollen. Von diesem Regelungszweck ausgehend hat das Bundessozialgericht (BSG) entschieden, dass die Monokausalität der Zahlungsunfähigkeit für den Nichtzufluss von Entgelt zu verneinen ist, wenn - wie hier - die Zahlung zunächst aus anderen Gründen unterblieben ist, später aber die Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers hinzutritt (BSG SozR 4-4300 § 134 Nr 1; BSG, Urteil vom 14.12.2006 - B 7a AL 54/05 R -, NZA 2007, 430 ff).

23

Wiederaufgelebte Ansprüche auf Arbeitsentgelt, die zur Insolvenztabelle angemeldet, aber nicht erfüllt wurden, sind dem Kläger nicht nur wegen der Zahlungsunfähigkeit der S GmbH nicht zugeflossen. Vielmehr haben die Tarifvertragspartner für die tarifgebundenen Arbeitnehmer zum Zweck der Sanierung des Konzerns auflösend bedingt auf Teile des Entgelts verzichtet. Diese Tarifregelung wurde auch im Betrieb des Klägers umgesetzt. Die tarifvertragliche Gestaltung war faktisch der Grund dafür, dass die S GmbH die betreffenden Entgeltanteile in der Zeit vom 1.7. bis 31.12.2010 nicht an den Kläger ausgezahlt hat. Nach Eintritt der vereinbarten Bedingung (Insolvenzanmeldung) wären die Entgeltansprüche so wieder aufgelebt, wie sie ohne den Verzicht bestanden hätten. Der Kläger hätte dann für das 2. Halbjahr 2010 weitere Entgeltansprüche, die nunmehr nicht erfüllt worden sind, weil die Arbeitgeberin inzwischen zahlungsunfähig geworden war. Das Entgelt ist ihm im Bemessungszeitraum damit aber nicht allein wegen der Zahlungsunfähigkeit der Arbeitgeberin nicht zugeflossen. Ursächlich für das Ausbleiben der Zahlung war auch der Umstand, dass die Arbeitnehmer auf die Ansprüche in dem Zeitraum, in dem sie eigentlich entstanden wären und in dem die Arbeitgeberin noch nicht zahlungsunfähig war, mit dem Ziel der Sanierung des Unternehmens verzichtet und diesen Verzicht auch praktiziert haben.

24

Die Betrachtung der Beitragsseite führt zu keinem anderen Ergebnis. Bevor der Gesetzgeber das zuvor herrschende strenge Zuflussprinzip erweitert hat, hatte dies bereits die Rechtsprechung getan. Im Lichte des Art 3 Abs 1 Grundgesetz bestehe kein hinreichender sachlicher Grund, zunächst vorenthaltendes, vom Arbeitgeber aber nachträglich gezahltes Entgelt bei der Leistungsbemessung des Alg unberücksichtigt zu lassen (BSGE 76, 162 ff = SozR 3-4100 § 112 Nr 22 S 94, dem folgend BSGE 78, 109, 112 f = BSG SozR 3-1300 § 48 Nr 48 S 113). Das BSG hat in der Begründung dieser Entscheidung insbesondere auf die Einmalzahlungs-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts Bezug genommen (BVerfGE 92, 53 ff = BVerfG SozR 3-2200 § 385 Nr 6), nach der Entgelt, für das Beiträge gezahlt worden ist, nicht ohne sachlichen Grund bei der Bemessung der Leistung - hier Alg - unberücksichtigt bleiben darf. Diese verfassungsrechtliche Überlegung gebietet es vorliegend aber nicht, Entgeltanteile, auf die Arbeitnehmer im Rahmen eines Sanierungsbeitrags verzichteten, bei der Bemessung der Leistung zu berücksichtigen, weil diese Entgeltanteile gerade nicht gezahlt und hierauf Beiträge weder entrichtet noch nachentrichtet worden sind.

25

Beim Insolvenzgeld (Insg) ist zwar anerkannt, dass nach bedingtem Lohnverzicht und Eintritt eines Insolvenzereignisses die Entgeltansprüche wieder aufleben und durch Insg ersetzt werden können (BSGE 102, 303 ff = SozR 4-4300 § 183 Nr 10; vgl auch BAGE 117, 1 ff, dort auch RdNr 36); allerdings ist die Systematik der Berechnung des Insg auf die Bemessung des Alg nicht übertragbar. Das Insg soll gerade das ausgefallene Arbeitsentgelt ersetzen. Beim Insg sind Sanierungsbeiträge zu berücksichtigen, wenn und soweit der Entgeltanspruch im Insolvenzzeitraum erarbeitet worden ist. Demgegenüber stellt Alg eine Sozialleistung mit prozentualem Entgeltersatz dar, deren Berechnung im Einzelnen anders geregelt ist (§§ 130 f SGB III).

26

§ 421t Abs 7 Satz 1 SGB III(idF des Gesetzes zur Sicherung von Beschäftigung und Stabilität in Deutschland vom 2.3.2009 - BGBl I 416; jetzt § 419 Abs 7 SGB III) steht diesem Ergebnis ebenfalls nicht entgegen. Die Vorschrift findet schon nach ihren tatbestandlichen Voraussetzungen keine Anwendung, weil eine Reduzierung von Arbeitszeit nicht stattgefunden hat. Die Regelung und ihr Außerkrafttreten sprechen sogar dafür, dass der Gesetzgeber die Problematik des Sanierungsbeitrags der Arbeitnehmer für ein wirtschaftlich angeschlagenes Unternehmen und dessen Auswirkungen auf die Bemessung des Alg gesehen hat. Dennoch hat er (nur) für den dort beschriebenen Fall und eine begrenzte zeitliche Dauer die Frage abweichend von den §§ 129 f SGB III geregelt.

27

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.

(1) Bemessungsentgelt ist das durchschnittlich auf den Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das die oder der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat; Besonderheiten des Übergangsbereichs nach § 20 Absatz 2 des Vierten Buches sind nicht zu berücksichtigen. Arbeitsentgelte, auf die die oder der Arbeitslose beim Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis Anspruch hatte, gelten als erzielt, wenn sie zugeflossen oder nur wegen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers nicht zugeflossen sind.

(2) Außer Betracht bleiben Arbeitsentgelte,

1.
die Arbeitslose wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhalten oder die im Hinblick auf die Arbeitslosigkeit vereinbart worden sind,
2.
die als Wertguthaben einer Vereinbarung nach § 7b des Vierten Buches nicht nach dieser Vereinbarung verwendet werden.

(3) Als Arbeitsentgelt ist zugrunde zu legen

1.
für Zeiten, in denen Arbeitslose Kurzarbeitergeld oder eine vertraglich vereinbarte Leistung zur Vermeidung der Inanspruchnahme von Saison-Kurzarbeitergeld bezogen haben, das Arbeitsentgelt, das Arbeitslose ohne den Arbeitsausfall und ohne Mehrarbeit erzielt hätten; dies gilt auch, wenn die Entscheidung über den Anspruch auf Kurzarbeitergeld rückwirkend aufgehoben wird oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist,
2.
für Zeiten einer Vereinbarung nach § 7b des Vierten Buches das Arbeitsentgelt, das Arbeitslose für die geleistete Arbeitszeit ohne eine Vereinbarung nach § 7b des Vierten Buches erzielt hätten; für Zeiten einer Freistellung das erzielte Arbeitsentgelt,
3.
für Zeiten einer Berufsausbildung, die im Rahmen eines Berufsausbildungsvertrages nach dem Berufsbildungsgesetz in einer außerbetrieblichen Einrichtung durchgeführt wurde (§ 25 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1), die erzielte Ausbildungsvergütung; wurde keine Ausbildungsvergütung erzielt, der nach § 17 Absatz 2 des Berufsbildungsgesetzes als Mindestvergütung maßgebliche Betrag.

(4) Haben Arbeitslose innerhalb der letzten zwei Jahre vor der Entstehung des Anspruchs Arbeitslosengeld bezogen, ist Bemessungsentgelt mindestens das Entgelt, nach dem das Arbeitslosengeld zuletzt bemessen worden ist; dies gilt auch, wenn sie das Arbeitslosengeld nur deshalb nicht bezogen haben, weil der Anspruch geruht hat.

(5) Ist die oder der Arbeitslose nicht mehr bereit oder in der Lage, die im Bemessungszeitraum durchschnittlich auf die Woche entfallende Zahl von Arbeitsstunden zu leisten, vermindert sich das Bemessungsentgelt für die Zeit der Einschränkung entsprechend dem Verhältnis der Zahl der durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitsstunden, die die oder der Arbeitslose künftig leisten will oder kann, zu der Zahl der durchschnittlich auf die Woche entfallenden Arbeitsstunden im Bemessungszeitraum. Einschränkungen des Leistungsvermögens bleiben unberücksichtigt, wenn Arbeitslosengeld nach § 145 geleistet wird. Bestimmt sich das Bemessungsentgelt nach § 152, ist insoweit die tarifliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit maßgebend, die bei Entstehung des Anspruchs für Angestellte im öffentlichen Dienst des Bundes gilt.

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

(1) Liegen die in § 44 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes vor, weil er auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt oder in ständiger Rechtsprechung anders als durch die Agentur für Arbeit ausgelegt worden ist, so ist der Verwaltungsakt, wenn er unanfechtbar geworden ist, nur mit Wirkung für die Zeit nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder ab dem Bestehen der ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen.

(2) Liegen die in § 45 Abs. 2 Satz 3 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes vor, ist dieser auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.

(3) Liegen die in § 48 Abs. 1 Satz 2 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vor, ist dieser mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben. Abweichend von § 48 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches ist mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an ein Verwaltungsakt auch aufzuheben, soweit sich das Bemessungsentgelt auf Grund einer Absenkung nach § 200 Abs. 3 zu Ungunsten der Betroffenen oder des Betroffenen ändert.

(4) Liegen die Voraussetzungen für die Rücknahme eines Verwaltungsaktes vor, mit dem ein Anspruch auf Erstattung des Arbeitslosengeldes durch Arbeitgeber geltend gemacht wird, ist dieser mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.

(5) (weggefallen)

(1) Bemessungsentgelt ist das durchschnittlich auf den Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das die oder der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat; Besonderheiten des Übergangsbereichs nach § 20 Absatz 2 des Vierten Buches sind nicht zu berücksichtigen. Arbeitsentgelte, auf die die oder der Arbeitslose beim Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis Anspruch hatte, gelten als erzielt, wenn sie zugeflossen oder nur wegen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers nicht zugeflossen sind.

(2) Außer Betracht bleiben Arbeitsentgelte,

1.
die Arbeitslose wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhalten oder die im Hinblick auf die Arbeitslosigkeit vereinbart worden sind,
2.
die als Wertguthaben einer Vereinbarung nach § 7b des Vierten Buches nicht nach dieser Vereinbarung verwendet werden.

(3) Als Arbeitsentgelt ist zugrunde zu legen

1.
für Zeiten, in denen Arbeitslose Kurzarbeitergeld oder eine vertraglich vereinbarte Leistung zur Vermeidung der Inanspruchnahme von Saison-Kurzarbeitergeld bezogen haben, das Arbeitsentgelt, das Arbeitslose ohne den Arbeitsausfall und ohne Mehrarbeit erzielt hätten; dies gilt auch, wenn die Entscheidung über den Anspruch auf Kurzarbeitergeld rückwirkend aufgehoben wird oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist,
2.
für Zeiten einer Vereinbarung nach § 7b des Vierten Buches das Arbeitsentgelt, das Arbeitslose für die geleistete Arbeitszeit ohne eine Vereinbarung nach § 7b des Vierten Buches erzielt hätten; für Zeiten einer Freistellung das erzielte Arbeitsentgelt,
3.
für Zeiten einer Berufsausbildung, die im Rahmen eines Berufsausbildungsvertrages nach dem Berufsbildungsgesetz in einer außerbetrieblichen Einrichtung durchgeführt wurde (§ 25 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1), die erzielte Ausbildungsvergütung; wurde keine Ausbildungsvergütung erzielt, der nach § 17 Absatz 2 des Berufsbildungsgesetzes als Mindestvergütung maßgebliche Betrag.

(4) Haben Arbeitslose innerhalb der letzten zwei Jahre vor der Entstehung des Anspruchs Arbeitslosengeld bezogen, ist Bemessungsentgelt mindestens das Entgelt, nach dem das Arbeitslosengeld zuletzt bemessen worden ist; dies gilt auch, wenn sie das Arbeitslosengeld nur deshalb nicht bezogen haben, weil der Anspruch geruht hat.

(5) Ist die oder der Arbeitslose nicht mehr bereit oder in der Lage, die im Bemessungszeitraum durchschnittlich auf die Woche entfallende Zahl von Arbeitsstunden zu leisten, vermindert sich das Bemessungsentgelt für die Zeit der Einschränkung entsprechend dem Verhältnis der Zahl der durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitsstunden, die die oder der Arbeitslose künftig leisten will oder kann, zu der Zahl der durchschnittlich auf die Woche entfallenden Arbeitsstunden im Bemessungszeitraum. Einschränkungen des Leistungsvermögens bleiben unberücksichtigt, wenn Arbeitslosengeld nach § 145 geleistet wird. Bestimmt sich das Bemessungsentgelt nach § 152, ist insoweit die tarifliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit maßgebend, die bei Entstehung des Anspruchs für Angestellte im öffentlichen Dienst des Bundes gilt.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.