Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht Urteil, 16. Dez. 2011 - L 3 AS 74/10

ECLI: ECLI:DE:LSGSH:2011:1216.L3AS74.10.0A
published on 16/12/2011 00:00
Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht Urteil, 16. Dez. 2011 - L 3 AS 74/10
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Gericht

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Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Lübeck vom 12. Juli 2010 aufgehoben. Die Sache wird an das Sozialgericht Lübeck zurückverwiesen.

Die Kostenentscheidung bleibt der Entscheidung des Sozialgerichts vorbehalten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid. Vorrangig geht es im Berufungsverfahren zunächst um die Frage, ob das Verfahren in erster Instanz durch fiktive Klagrücknahme (§ 102 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) beendet worden ist.

2

Die ...1952 geborene Klägerin bezog von der Arbeitsgemeinschaft L... als Rechtsvorgängerin des Beklagten (im Folgenden einheitlich „der Beklagte“) seit dem 1. Januar 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Im ersten Antragsvordruck hatte sie angegeben, dass sie geschieden und alleinerziehende Mutter ihrer beiden Kinder sei. Nachdem dem Beklagten bekannt geworden war, dass in der seinerzeitigen Wohnung der Klägerin auch Herr K... C... (C.) als gleichberechtigter Mieter wohnte und Herr C. auch der Vater der Kinder ist, erließ er in der Annahme einer eheähnlichen Gemeinschaft bei anzurechnendem Einkommen des Herrn C. den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 17. Juni 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 4. Januar 2007. Damit nahm der Beklagte die für die Zeit vom 1. Januar 2005 bis 31. Juli 2006 ergangenen Bewilligungsentscheidungen zurück und machte eine eingetretene Überzahlung in Höhe von 17.819,20 EUR geltend.

3

Hiergegen hat die Klägerin durch ihren damaligen Prozessbevollmächtigten am 6. Februar 2007 Klage bei dem Sozialgericht Schleswig erhoben. Mit Beschluss vom 9. März 2007 wurde der Rechtsstreit an das örtlich zuständige Sozialgericht Lübeck verwiesen.

4

Zur Begründung ihrer Klage hat die Klägerin ausgeführt, dass zwar bis 1992 eine Lebensgemeinschaft bestanden habe, seither jedoch in der ehemals gemeinsamen Wohnung getrennt gelebt worden sei. Hierzu hat die Klägerin Herrn C., ihre Kinder und eine Nachbarin als Zeugen benannt.

5

Mit Schriftsatz vom 17. Juli 2007 ist der Beklagte der Klage inhaltlich entgegengetreten und hat sich dabei im Wesentlichen auf die Gründe des Widerspruchsbescheides sowie eines zwischenzeitlich zu Lasten der Klägerin entschiedenen Eilverfahrens bezogen. Ergänzend hat er einen Bescheid vom 9. Juli 2007 zur Akte gereicht, mit dem der Beklagte die Erstattungsforderung zwischen der Klägerin und ihren Kindern im Einzelnen aufgeteilt hat. Mit gerichtlicher Verfügung vom 23. August 2007 ist der Schriftsatz vom 17. Juli 2007 dem damaligen Prozessbevollmächtigten der Klägerin zur Kenntnis- und Stellungnahme (ohne Fristsetzung) übersandt worden. Mit Verfügungen vom 1. Februar 2008, 27. März 2008 und 3. Juni 2008 hat das Sozialgericht den damaligen Prozessbevollmächtigten der Klägerin an eine Stellungnahme erinnert; eine Reaktion erfolgte nicht. Mit weiterer Verfügung vom 5. August 2008 nahm das Sozialgericht auf die gerichtliche Verfügung vom 23. August 2007 und die danach erfolgten Erinnerungen Bezug und forderte die Klägerseite auf, das Verfahren zu betreiben und zu dem Schreiben des Beklagten vom 17. Juli 2007 Stellung zu nehmen. In der von dem zuständigen Richter mit vollem Namen unterzeichneten Verfügung heißt es weiter: „Vorsorglich weise ich darauf hin, dass die Klage nach § 102 Abs. 2 Satz 1 SGG als zurückgenommen gilt, wenn die Klägerseite das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als drei Monate nicht betreibt“. Die Verfügung wurde dem damaligen Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 6. August 2008 zugestellt. Nachdem eine Reaktion nicht erfolgt war, teilte das Sozialgericht dem damaligen Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit Schreiben vom 11. November 2008 mit, dass die Klage gemäß § 102 Abs. 2 Satz 1 SGG als zurückgenommen gelte; damit sei der Rechtsstreit erledigt. Mit Schreiben vom 21. November 2008 widersprach der damalige Prozessbevollmächtigte der Klägerin der Erledigung und führte aus, dass er mit einem in Kopie beigefügten Schreiben vom 17. Oktober 2008 die geforderte Erwiderung vorgelegt habe. Das Sozialgericht wertete dies als Antrag auf Fortsetzung des Verfahrens und wies darauf hin, dass der Schriftsatz vom 17. Oktober 2008 nicht zu den Gerichtsakten gelangt sei.

6

Der jetzige Prozessbevollmächtigte der Klägerin teilte nach erfolgtem Mandatswechsel sinngemäß mit, dass alle für die Klagebegründung erforderlichen Angaben einschließlich entsprechender Beweisangebote bereits in der Klageschrift enthalten gewesen seien. Das Sozialgericht hätte deshalb Beweis über das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft erheben müssen. Es handele sich nicht um einen Fall des § 102 SGG.

7

Nach weiterer Korrespondenz und Anhörung der Beteiligten zum beabsichtigten Verfahren hat das Sozialgericht mit Gerichtsbescheid vom 12. Juli 2010 festgestellt, dass die Klage als zurückgenommen gelte. Zur Begründung hat das Sozialgericht im Wesentlichen ausgeführt: Die Voraussetzungen von § 102 Abs. 2 Satz 1 SGG seien erfüllt. Nachdem die Klägerin auf die gerichtliche Verfügung vom 23. August 2007 trotz dreimaliger Erinnerung nicht reagiert habe, habe das Gericht die Klägerin mit Verfügung vom 5. August 2008 aufgefordert, das Verfahren zu betreiben und zu dem Schreiben des Beklagten vom 17. Juli 2007 Stellung zu nehmen. Diese Verfügung sei dem damaligen Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 6. August 2008 zugestellt worden. Bis zum Ende der dreimonatigen Frist mit Ablauf des 6. November 2011 habe weder ein Posteingang noch ein sonstiges Tätigwerden der Klägerin festgestellt werden können. Soweit die Klägerin behaupte, mit Schreiben vom 17. Oktober 2008 die geforderte Erwiderung an das Gericht gesendet zu haben, so sei dieses Schreiben jedenfalls nicht rechtzeitig bei Gericht eingegangen. Die Klägerin habe auch trotz Nachfrage keine Angaben dazu gemacht, in welcher Form das Schreiben dem Gericht übermittelt worden sein solle, so dass ihre konkludente Behauptung einer Verfahrensbetreibung nicht habe verifiziert werden können. Es lägen auch die von Literatur und Rechtsprechung über den Wortlaut von § 102 Abs. 2 SGG hinaus geforderten konkreten Zweifel am Fortbestehen des Rechtsschutzinteresses vor. Konkrete Zweifel am Fortbestehen des Rechtsschutzinteresses seien u. a. zu bejahen, wenn der Kläger seinen prozessualen Mitwirkungspflichten nicht nachkomme. Das sei beispielsweise der Fall, wenn der Kläger auf eine Anforderung des Gerichts, zu bestimmten Tatsachen Stellung zu nehmen oder näher bezeichnete Unterlagen vorzulegen, nicht reagiere oder nicht zu einem Erörterungstermin erscheine. Hier sei die Klägerin aufgefordert worden, zu dem Vorbringen der Beklagten im Schreiben vom 17. Juli 2007 Stellung zu nehmen. Die Tatsache, dass sie trotz Aufforderung und dreimaliger Erinnerung nicht reagiert habe, spreche für sich.

8

Gegen diese ihrem Prozessbevollmächtigten am 19. Juli 2010 zugestellte Entscheidung richtet sich die am 12. August 2010 bei dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht (LSG) eingegangene Berufung der Klägerin.

9

Zur Begründung macht sie geltend: Die Betreibensaufforderung des Sozialgerichts sei nicht rechtmäßig gewesen und habe die Wirkung des § 102 Abs. 2 Satz 1 SGG nicht auslösen können. Sie - die Klägerin - habe bereits in der Klageschrift Beweis dafür angeboten, dass keine Bedarfsgemeinschaft mit Herrn C. vorgelegen habe. Die Beweisaufnahme sei nicht dadurch entbehrlich geworden, dass der Beklagte der Klagebegründung entgegengetreten sei. Bei Erlass der Betreibensaufforderung habe es keine Anhaltspunkte dafür gegeben, dass ihr Rechtsschutzinteresse weggefallen sei. Ihrer prozessualen Mitwirkungspflicht habe sie genügt. Es sei auch zu berücksichtigen, dass die Klagrücknahmefiktion Ausnahmecharakter habe.

10

Die Klägerin beantragt wörtlich,

11

unter Aufhebung des Gerichtsbescheides vom 12. Juli 2010 die Sache an eine Kammer des Sozialgerichts Lübeck zurück zu verweisen und eine Entscheidung in dieser Sache zu treffen.

12

Der Beklagte beantragt,

13

die Berufung zurückzuweisen.

14

Er stützt den angefochtenen Gerichtsbescheid.

15

Dem Senat haben die die Klägerin betreffenden Verwaltungsvorgänge des Beklagten und die Gerichtsakten vorgelegen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird hierauf Bezug genommen.

16

Die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 26. Oktober 2011 (Beklagter) und 2. November 2011 (Klägerin) auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Entscheidungsgründe

17

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann (§ 124 Abs. 2 SGG), ist zulässig. Ein Fall der gesetzlichen Berufungsbeschränkung nach § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG liegt nicht vor, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes deutlich mehr als 750,00 EUR beträgt. Denn der angefochtene Bescheid vom 17. Juni 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 4. Januar 2007 macht eine eingetretene Überzahlung in Höhe von 17.819,20 EUR geltend.

18

Die Berufung ist im Sinne der Zurückverweisung an das Sozialgericht begründet. Der Senat macht von der Möglichkeit Gebrauch, den Gerichtsbescheid nach § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG aufzuheben und die Sache zurückzuverweisen, da das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet. Denn das Sozialgericht ist zu Unrecht vom Vorliegen einer Klagrücknahme im Sinne von § 102 Abs. 2 SGG ausgegangen. Durch die Zurückverweisung wird dem Sozialgericht Gelegenheit gegeben, die bisher unterbliebene Sachentscheidung nachzuholen. Dies erscheint angezeigt, weil der Klägerin anderenfalls bei einer Sachentscheidung durch den Senat eine Instanz genommen würde.

19

Nach § 102 Abs. 2 Satz 1 SGG gilt die Klage als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als drei Monate nicht betreibt. Zwar liegen diese Voraussetzungen bei rein formaler Betrachtung vor, weil die Klägerin bzw. ihr damaliger Prozessbevollmächtigter auf die Betreibensaufforderung vom 5. August 2008 nicht innerhalb der gesetzten Frist reagiert haben; zumindest ist der Eingang der wiederholt angeforderten Stellungnahme zum Schriftsatz des Beklagten vom 17. Juli 2007 nicht innerhalb der Frist von drei Monaten zur Gerichtsakte gelangt. Insbesondere lässt sich der Eingang der vom damaligen Prozessbevollmächtigten der Klägerin geltend gemachten Stellungnahme vom 17. Oktober 2008 bei Gericht nicht feststellen; ob der Schriftsatz vom 17. Oktober 2008 überhaupt abgesandt worden ist, ist nicht belegt.

20

Die Betreibensaufforderung, die vom zuständigen Richter mit vollem Namenszug unterschrieben ist, den nach § 102 Abs. 2 SGG erforderlichen Inhalt aufweist und wirksam an den damaligen Prozessbevollmächtigten der Klägerin zugestellt worden ist, ist auch in formaler Hinsicht nicht zu beanstanden (vgl. dazu allg. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 1. Juli 2010, B 13 R 58/09 R, BSGE 106, 254-264 = SozR 4-1500 § 102 Nr. 1).

21

Zu beachten ist aber, dass § 102 Abs. 2 SGG eine Ausnahmevorschrift ist, die aus verfassungsrechtlichen Gründen eng auszulegen ist (vgl. BVerfG [Kammer], Beschluss vom 27. Oktober 1998, 2 BvR 2662/95, DVBl. 1999, S. 167; BSG, Urteil vom 1. Juli 2010, B 13 R 74/09 R, veröffentlicht in juris, jeweils m.w.N.). Denn der durch Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) gewährleistete Rechtsschutz gilt nicht nur für den Weg zu den Gerichten, sondern auch innerhalb des jeweils eingeleiteten Verfahrens, wobei der gerichtlichen Durchsetzung des materiellen Anspruchs nicht unangemessen hohe verfahrensrechtliche Hindernisse in den Weg gelegt werden dürfen (BVerfG a.a.O.). Zwar setzt jede an einen Antrag gebundene Entscheidung ein Rechtsschutzbedürfnis voraus, und ein Gericht kann im Einzelfall von einem Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses ausgehen, wenn das Verhalten eines Verfahrensbeteiligten Anlass zu der Annahme bietet, dass ihm an einer Sachentscheidung nicht mehr gelegen ist (BVerfG a.a.O.). Es muss aber im Zeitpunkt der Betreibensaufforderung das vom BVerfG für eine Rechtsmittel-rücknahmefiktion geforderte ungeschriebene Tatbestandsmerkmal erfüllt sein, dass nach dem prozessualen Verhalten des Klägers hinreichender Anlass bestand, von einem Wegfall des Rechtsschutzinteresses auszugehen (so auch BSG, Urteil vom 1. Juli 2010, B 13 R 58/09 R, a.a.O.). Entgegen der vom Sozialgericht vertretenen Auffassung fehlt es hier daran.

22

Es liegt auf der Hand, dass ein Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid über eine Summe von 17.819,20 EUR die Klägerin erheblich belastet. Schon hieraus folgt unzweifelhaft ein Rechtsschutzinteresse bei Erhebung der dagegen gerichteten Klage. Die Klägerin hat auch in ihrer Klagebegründung im Einzelnen dargelegt, aus welchen Gründen sie den angefochtenen Bescheid für rechtswidrig hält. Insbesondere hat sie geltend gemacht, dass eine eheähnliche Gemeinschaft mit Herrn C. nicht mehr bestehe, so dass dessen Einkommen nicht auf ihren Leistungsanspruch angerechnet werden dürfe. Denn Herr C. sei nicht Mitglied ihrer Bedarfsgemeinschaft. Zur Frage der nicht mehr bestehenden eheähnlichen Gemeinschaft hat die Klägerin in der Klageschrift mehrerer Zeugen benannt.

23

In seiner Gegenerklärung vom 17. Juli 2007 hat der Beklagte demgegenüber im Wesentlichen nur ausgeführt, dass neue rechtserhebliche Gesichtspunkte nicht vorgetragen worden seien und er deshalb zur Vermeidung von Wiederholungen auf den Inhalt des Widerspruchsbescheides Bezug nehme. Es ist schon nicht ersichtlich, welchen verfahrensfördernden Inhalt eine Stellungnahme der Klägerin zu dieser Erwiderung haben sollte. Keinesfalls kann jedoch angenommen werden, dass ein - aus welchen Gründen auch immer erfolgendes - Schweigen auf die Aufforderung zur Stellungnahme auf einen Fortfall des Rechtsschutzinteresses an der Klage schließen ließe. Die zunächst völlig fehlende Reaktion des damaligen Prozessbevollmächtigten mag die unterschiedlichsten Gründe gehabt habe (z. B. fehlender Kontakt zur Klägerin, Unterbleiben weiterer Informationen oder auch schlichte Nachlässigkeit des Anwalts). Gerade im Hinblick auf die Höhe der in Streit befindlichen Rückforderungssumme hätte es allerdings zur Überzeugung des Senats weiter gehender Umstände bedurft, um nach der angemessen begründeten Klage auf einen Fortfall des Rechtsschutzbedürfnisses schließen zu können.

24

Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass der Beklagte mit seiner Klageerwiderung einen Individualisierungsbescheid vom 9. Juli 2007 eingereicht hat, der nach § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden sein dürfte. Zum einen hat das Sozialgericht seine Aufforderung nie in dem Sinne konkretisiert, dass gerade hierzu eine ergänzende Stellungnahme der Klägerin erwartet werde; zum anderen ließ auch das Schweigen der Klägerin bzw. ihres damaligen Prozessbevollmächtigten zu diesem ergänzenden Bescheid keineswegs darauf schließen, dass die Klägerin den Ausgangsbescheid nicht weiter im Klagewege anfechten wolle.

25

Nach allem vermag der Senat nicht davon auszugehen, dass im Zeitpunkt der Betreibensaufforderung das ungeschriebene Tatbestandsmerkmal erfüllt war, wonach angesichts des prozessualen Verhaltens der Klägerin von einem Wegfall ihres Rechtsschutzinteresses auszugehen war. Insoweit war die Betreibensaufforderung nicht geeignet, die Rechtsfolge einer fiktiven Klagrücknahme auszulösen, so dass die gegenteilige Feststellung des Sozialgerichts fehlerhaft ist.

26

Das zurückverweisende Urteil des Senats enthält keine Kostentscheidung, weil diese der Entscheidung des Sozialgerichts vorbehalten bleibt (vgl. allg. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer, SGG, 9. Aufl. § 159 Rz 5f.).

27

Der Senat hat keinen Anlass, die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen.


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published on 01/07/2010 00:00

Tenor Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 24. September 2009 aufgehoben.
published on 01/07/2010 00:00

Tenor Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 18. März 2009 aufgehoben. D
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Annotations

(1) Der Kläger kann die Klage bis zur Rechtskraft des Urteils zurücknehmen. Die Klagerücknahme erledigt den Rechtsstreit in der Hauptsache.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als drei Monate nicht betreibt. Absatz 1 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und gegebenenfalls aus § 197a Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 155 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren auf Antrag durch Beschluss ein und entscheidet über Kosten, soweit diese entstanden sind. Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

(1) Das Landessozialgericht kann durch Urteil die angefochtene Entscheidung aufheben und die Sache an das Sozialgericht zurückverweisen, wenn

1.
dieses die Klage abgewiesen hat, ohne in der Sache selbst zu entscheiden,
2.
das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist.

(2) Das Sozialgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(1) Der Kläger kann die Klage bis zur Rechtskraft des Urteils zurücknehmen. Die Klagerücknahme erledigt den Rechtsstreit in der Hauptsache.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als drei Monate nicht betreibt. Absatz 1 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und gegebenenfalls aus § 197a Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 155 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren auf Antrag durch Beschluss ein und entscheidet über Kosten, soweit diese entstanden sind. Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Nach Klageerhebung wird ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt.

(2) Eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts ist dem Gericht mitzuteilen, bei dem das Verfahren anhängig ist.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.