Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht Urteil, 14. Nov. 2014 - L 3 AL 28/12

ECLI:ECLI:DE:LSGSH:2014:1114.L3AL28.12.0A
bei uns veröffentlicht am14.11.2014

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 20. April 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Insolvenzgeld (Insg).

2

Der ... 1983 geborene Kläger stand in einem Beschäftigungsverhältnis als Bauhelfer bei der Firma S R M u E in Q.... Am 8. Juli 2010 wurde über das Vermögen des Arbeitgebers das Insolvenzverfahren eröffnet. Bereits zum 31. Oktober 2009 war das Beschäftigungsverhältnis des Klägers durch den Arbeitgeber gekündigt worden. Am 30. September 2010 ging bei der Beklagten ein von dem Arbeitgeber S R eingereichter Insg-Antrag des Klägers ein. In seinem Anschreiben führte der Arbeitgeber aus, dass die zeitliche Verzögerung bis zur Beantragung nicht im Verschulden des Klägers begründet sei, sondern vielmehr in der bedauerlichen und versehentlichen Verzögerung bis zur Weiterleitung der Unterlagen durch ihn – den ehemaligen Arbeitgeber – . Der Kläger habe auf seine – des Arbeitgebers – Initiative hin die Unterlagen bereits am 27. August 2010 an ihn zurückgesandt; versehentlich habe er – Rados – diese nicht zeitgerecht an die Arbeitsagentur weitergeleitet. Daran treffe den Kläger keine Schuld.

3

Mit dem Antrag wurde nicht gezahltes Arbeitsentgelt für die Monate August bis Oktober 2009 (in Gehaltsabrechnungen bezifferte Auszahlungsbeträge: 226,34 EUR, 364,26 EUR und 360,89 EUR) geltend gemacht. Beigefügt war die Abschrift eines Schreibens des ehemaligen Arbeitgebers an den Kläger vom 26. August 2010, mit dem der Kläger aufgefordert wurde, den vorbereiteten Insg-Antrag zu ergänzen (Bankverbindung), zu unterschreiben und unter Beifügung der Lohnabrechnungen für die Monate August bis Oktober 2009 zurückzusenden. Die Angelegenheit eile; er – Rados – benötige die Unterlagen in der nächsten Woche und werde dann alles Weitere veranlassen. Die Unterschriften des Klägers auf dem Insg-Antrag tragen das Datum 28. August 2010.

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Mit Bescheid vom 5. Oktober 2010 lehnte die Beklagte den Insg-Antrag mit der Begründung ab, dass Insg nach § 324 Abs. 3 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Monaten nach dem Insolvenzereignis zu beantragen sei. Habe der Arbeitnehmer die Frist aus Gründen versäumt, die er nicht zu vertreten habe, werde Insg geleistet, wenn der Antrag innerhalb von zwei Monaten nach Wegfall des Hinderungsgrundes gestellt werde. Der Arbeitnehmer habe die Versäumung der Frist zu vertreten, wenn er sich nicht mit der erforderlichen Sorgfalt um die Durchsetzung seiner Ansprüche bemüht habe. Insolvenztag (Insolvenzereignis) sei hier der 8. Juli 2010 (Eröffnung des Insolvenzverfahrens). Der Kläger habe den Antrag erst am 30. September 2010 und somit mehr als zwei Monate nach dem Insolvenztag gestellt. Ein Anspruch auf Insg sei somit nicht gegeben. Der Kläger habe innerhalb der Antragsfrist Kenntnis von der Insolvenz des Arbeitgebers erlangt, da er innerhalb dieses Zeitraums einen Insg-Antrag ausgefüllt und an seinen ehemaligen Arbeitgeber gesandt habe. Damit sei die Einräumung einer Nachfrist grundsätzlich ausgeschlossen. Der ehemalige Arbeitgeber habe es dann versäumt, den Antrag fristgerecht bei der Agentur für Arbeit einzureichen. Dieses Versäumnis müsse der Kläger sich anrechnen lassen. Es obliege seiner Sorgfaltspflicht, die fristgerechte Antragstellung sicherzustellen.

5

Am 29. Oktober 2010 legte der Kläger hiergegen Widerspruch ein und wies darauf hin, dass er sich nichts habe zu Schulden kommen lassen. Er habe nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt, indem er alle erforderlichen Unterlagen fristgerecht bei seinem ehemaligen Arbeitgeber eingereicht habe. Dass er die Unterlagen nicht direkt an die Agentur für Arbeit übersandt habe, hänge mit seiner Unsicherheit im Zusammenhang mit Behörden und amtlichen Erfordernissen zusammen. Dass sein ehemaliger Arbeitgeber den Antrag verspätet weitergeleitet habe, habe er – der Kläger – nicht verschuldet. Aus seiner Sicht habe er seinen Sorgfaltspflichten genügt.

6

Mit Widerspruchsbescheid vom 11. November 2010 wies die Beklagte den Widerspruch unter Wiederholung und Vertiefung der Gründe des Ausgangsbescheides als unbegründet zurück. Dabei führte sie aus, dass dem Kläger keine Nachfrist eingeräumt werden könne. Er habe die Versäumung der zweimonatigen Ausschlussfrist zu vertreten, weil er sich nicht mit der erforderlichen Sorgfalt um die Durchsetzung seiner Ansprüche bemüht habe. Zu vertreten habe er jede Fahrlässigkeit; er müsse also die nach den Umständen erforderliche und nach seiner Persönlichkeit zumutbare Sorgfalt anwenden. Hätte er sich bemüht, seine Entgeltansprüche durchzusetzen, wäre ihm die Zahlungsunfähigkeit seines ehemaligen Arbeitgebers bekannt geworden. Erfolglos gebliebene Versuche um die Durchsetzung der Arbeitsentgeltansprüche stellten für sich keine ausreichende Entschuldigung dar; vielmehr hätte er sich bei einer sachkundigen Stelle wie Amtsgericht, Arbeitsgericht oder Agentur für Arbeit informieren können. Der Kläger sei am 26. August 2010 im Besitz aller erforderlichen Unterlagen (Insg-Antrag) gewesen. In seinem Anschreiben an den Arbeitgeber habe er darauf hingewiesen, dass die Angelegenheit eile und dass die entsprechende Frist einzuhalten sei. Aus dem Schreiben des Klägers sei somit ersichtlich, dass ihm die Ausschlussfrist bekannt gewesen sei. Die Ausführungen zur Widerspruchsbegründung könnten insoweit nur als Schutzbehauptung gewertet werden.

7

Der Kläger hat am 23. November 2010 bei dem Sozialgericht Lübeck Klage erhoben. Zur Begründung hat er den tatsächlichen Ablauf der Ereignisse noch einmal zusammengefasst und wiederholt, dass ihm das Fristversäumnis durch seinen ehemaligen Arbeitgeber nicht angelastet werden könne. Er habe darauf vertraut, dass der Arbeitgeber den Antrag entsprechend seiner Ankündigung unverzüglich an die Agentur für Arbeit weiterleiten würde. Wenn ein Insg-Berechtigter sich auch grundsätzlich ein Verschulden seines Bevollmächtigten zurechnen lassen müsse, so sei sein Vertrauen schutzwert, zumal er relativ rechtsunkundig sei. Zwar sei er auf die Eilbedürftigkeit der Angelegenheit hingewiesen worden; er selbst habe die ausgefüllten Unterlagen dann allerdings auch postwendend an seinen ehemaligen Arbeitgeber zurückgereicht. Nachdem sein Arbeitgeber ihm das weitere Tätigwerden ausdrücklich angeboten habe, habe er – der Kläger – darauf vertrauen dürfen, dass die Antragsunterlagen dann zeitnah an die Agentur für Arbeit weitergeleitet würden. Es sei ihm nicht zuzumuten gewesen, das weitere Tätigwerden seines ehemaligen Arbeitgebers zu kontrollieren, zumal dieser sich in der Vergangenheit in Personalangelegenheiten immer seriös verhalten habe.

8

Der Kläger hat sinngemäß beantragt,

9

den Bescheid vom 5. Oktober 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. November 2010 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm Insolvenzgeld in gesetzlicher Höhe zu zahlen.

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Die Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

12

Zur Begründung hat sie auf die Gründe des angefochtenen Widerspruchsbescheides Bezug genommen und dessen Inhalt unter Bezugnahme auf Rechtsprechung zur Versäumung der Antragsfrist weiter vertieft.

13

Hierzu hat der Kläger erwidert, dass die von der Beklagten zitierte Rechtsprechung wegen anders gelagerter zugrunde liegender Sachverhalte hier nicht einschlägig sei.

14

Mit Urteil vom 20. April 2012, das im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung ergangen ist, hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Klage sei zulässig, aber nicht begründet. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Zahlung von Insg, weil er seinen Antrag erst nach Ablauf der Ausschlussfrist des § 324 Abs. 3 Satz 1 SGB III gestellt und er keinen Anspruch auf Gewährung einer Nachfrist (§ 324 Abs. 3 Satz 2 SGB III) habe. Denn er habe die Versäumung der Frist zu vertreten; das Verschulden seines ehemaligen Arbeitgebers sei ihm zuzurechnen. Der Arbeitgeber habe die Frist des § 324 Abs. 3 Satz 1 SGB III zumindest leicht fahrlässig versäumt, indem er nach eigenen Angaben die Unterlagen versehentlich nicht zeitgerecht weitergeleitet habe. Das hierin liegende Verschulden sei in entsprechender Anwendung von § 27 Abs. 1 Satz 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zuzurechnen. Es bestehe kein Grund, einen Antragsteller von seinen Obliegenheiten – hier: der rechtzeitigen Antragstellung – freizustellen, bloß weil er sich für die Erfüllung seiner eigenen Obliegenheit einer anderen Person bediene. Insoweit folge die Kammer der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 29. Oktober 1992, 10 RAr 14/91). Als Vertreter in diesem Sinne sei auch der bloße Bote zu behandeln, da sich der Bote nur insoweit vom Vertreter unterscheide, als der Vertreter eine eigene Willenserklärung abgebe, der Bote jedoch eine fremde Erklärung übermittele. Hier habe der Kläger sich des Arbeitgebers hinsichtlich der Übermittlung seiner Willenserklärung – des Antrags auf Insg – insoweit als Boten bedient, als er ihm zumindest konkludent den Auftrag erteilt habe, seinen Antrag bei der Beklagten einzureichen.

15

Gegen diese seinem Prozessbevollmächtigten am 2. Mai 2012 zugestellte Entscheidung richtet sich die am 30. Mai 2012 bei dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht (LSG) eingegangene Berufung des Klägers.

16

Zur Begründung vertieft er im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen und macht geltend: Ihm sei durch den ehemaligen Arbeitgeber innerhalb der Ausschlussfrist ausdrücklich angeboten worden, die notwendigen Antragsunterlagen nach Rückgabe an ihn an die zuständige Agentur für Arbeit weiterzuleiten. Der hierdurch eingetretene Vertrauenstatbestand sei schutzwürdig; die in der Sphäre des ehemaligen Arbeitgebers dann eingetretene Nachlässigkeit sei ihm nicht zuzurechnen. Stattdessen sei ihm eine Nachfrist im Sinne von § 324 Abs. 3 Satz 2 SGB III einzuräumen. Sein Vertrauen darauf, dass der Arbeitgeber entsprechend seinem Angebot auf Weiterleitung tätig werde, sei vorliegend auch unter Berücksichtigung von Treu und Glauben schützenswert zu berücksichtigen. Er sei relativ rechtsunkundig. Zwar sei er auf die Eilbedürftigkeit der Angelegenheit hingewiesen worden; er sei dieser Eilbedürftigkeit dann aber auch durch postwendende Rückgabe der Unterlagen an den Arbeitgeber nachgekommen. Nach dem ausdrücklichen Angebot des Arbeitgebers habe er darauf vertrauen dürfen, dass die Unterlagen dann auch entsprechend zeitnah an die Beklagte weitergeleitet würden. Die Entscheidung des Sozialgerichts sei in ihrer kategorischen Schlussfolgerung unzutreffend; nicht jedes Verschulden einer nachfolgenden Organisationseinheit könne im Rahmen der Prüfung zur Gewährung einer Nachfrist nach § 324 SGB III einem Antragsteller zugerechnet werden. Es bedürfe vielmehr einer Differenzierung unter Berücksichtigung unter anderem des mitwirkenden Vorverhaltens des Antragstellers oder auch seiner persönlichen und sozialen Situation. Unter Berücksichtigung aller Umstände habe er sich mit der erforderlichen Sorgfalt um die Durchsetzung seiner Ansprüche bemüht. Die Versäumung des mit-/nachwirkenden Arbeitgebers habe er nicht zu vertreten, zumal dessen Angebot eher aus Gründen einer Gefälligkeit erfolgt sei.

17

Ergänzend nimmt der Kläger Bezug auf eine Entscheidung des LSG Sachsen-Anhalt vom 22. September 2011, Az. L 2 AL 87/08, in der unter Hinweis auf europäisches Gemeinschaftsrecht eine zu strenge Überprüfung, ob der Betroffene sich mit der erforderlichen Sorgfalt um die Durchsetzung seiner Ansprüche bemüht habe, gerügt worden sei.

18

Auf Nachfrage des Gerichts führt der Kläger mit Schriftsatz vom 12. November 2014 aus, dass er kein arbeitsgerichtliches Verfahren gegen seinen früheren Arbeitgeber angestrengt habe. Hierzu habe für ihn zunächst auch keine Veranlassung bestanden, da ihm dessen Angebot vorgelegen habe, die Antragsunterlagen fristgerecht an die Beklagte weiterzuleiten. Auf die Erklärung seines ehemaligen Arbeitgebers, sich um alles Weitere zu kümmern und dessen Erklärung, dass er seinen Lohn dann über die Behörde – dann in Form von Insg – erhalten würde, habe er vertraut.

19

Zu § 324 Abs. 3 Satz 3 SGB III vertritt der Kläger die Auffassung, dass diese Vorschrift sich nur auf Ansprüche nach dem SGB III, nicht aber auf die Ansprüche gegen den Arbeitgeber beziehe.

20

Der Kläger beantragt,

21

das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 20. April 2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 5. Oktober 2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11. November 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Insolvenzgeld in gesetzlicher Höhe zu zahlen.

22

Die Beklagte beantragt,

23

die Berufung zurückzuweisen.

24

Sie stützt das angefochtene Urteil und vertieft weiter ihre bisherige Rechtsauffassung. Dem Kläger sei die Eilbedürftigkeit der Antragstellung bzw. das Erfordernis der Einhaltung der Ausschlussfrist durchaus bekannt gewesen. Trotzdem habe er den Antrag nicht selbst bei der Beklagten eingereicht, sondern darauf vertraut, dass sein ehemaliger Arbeitgeber die rechtzeitige Beantragung des Insg dort vornehme. Der Kläger habe sich in der Folge nicht weiter um die Angelegenheit gekümmert, insbesondere darum, dass die Antragstellung auch tatsächlich rechtzeitig erfolge, zum Beispiel durch zeitnahe Sachstandsanfrage bei dem ehemaligen Arbeitgeber. Der Kläger habe – vor dem Hintergrund der ihm bekannten Eilbedürftigkeit – zur sicheren Fristwahrung auch nicht mündlich oder telefonisch Kontakt zu der Beklagten aufgenommen. Da er sich nicht mit der erforderlichen Sorgfalt um die Durchsetzung seiner Ansprüche bemüht habe, habe er die Versäumung der Antragsfrist zu vertreten. Denn es sei ihm durchaus möglich gewesen, den Antrag selbst rechtzeitig bei der Beklagten zu stellen. Die Beauftragung seines ehemaligen Arbeitgebers als Boten habe den Kläger nicht von der Verantwortung entbunden, eine rechtzeitige Antragstellung sicherzustellen. Im Übrigen sei ihm das Verschulden des ehemaligen Arbeitgebers – seinem Boten – zuzurechnen. Nach allem habe kein Hinderungsgrund vorgelegen, der nach § 324 Abs. 3 Satz 2 SGB III hätte wegfallen können. Eine Nachfrist werde nicht in Gang gesetzt.

25

In der Berufungsverhandlung hat die Beklagte ergänzend darauf hingewiesen, dass dem Kläger ausweislich von Beratungsvermerken bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses seine Wiedereinstellung im Frühjahr 2010 in Aussicht gestellt worden sei. Vor diesem Hintergrund werde ihm die Insolvenz seines früheren Arbeitgebers nicht verborgen geblieben sein.

26

Dem Senat haben die den Kläger betreffenden Verwaltungsvorgänge des Beklagten und die Gerichtsakten vorgelegen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird hierauf Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

27

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Eine Berufungsbeschränkung nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegt nicht vor, weil es um Insg für drei Monate auf der Grundlage von Brutto- /Nettoverdiensten von 228,15 EUR, 367,20 EUR und 363,80 EUR geht und der Wert des Beschwerdegegenstandes damit den Wert des § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG von 750,00 EUR übersteigt.

28

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat wegen Versäumung der Antragsfrist, für die ihm auch keine Nachfrist gesetzt werden kann, keinen Anspruch auf Insg.

29

Rechtsgrundlage des Anspruchs auf Insg ist § 183 Abs. 1 Satz 1 SGB III, wobei hier und im Folgenden die bis 31. März 2012 geltende Fassung des SGB III maßgebend ist. Danach haben Arbeitnehmer Anspruch auf Insg, wenn sie im Inland beschäftigt waren und – unter anderem – bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen ihres Arbeitgebers (Insolvenzereignis) für die vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt haben. Insolvenzereignis war hier die Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 8. Juli 2010. Zu diesem Zeitpunkt war das Arbeitsverhältnis des Klägers bereits beendet; die Kündigung war arbeitgeberseitig bereits zum 31. Oktober 2009 erfolgt. War das Arbeitsverhältnis vor dem Insolvenztag bereits beendet, endet die Dreimonatsfrist des Insg-Zeitraums mit dem letzten Tag des Arbeitsverhältnisses (Krodel in Niesel/Brand, SGB III, 5. Aufl. § 183 Rz 56). Für die Monate August bis Oktober 2009 ist das dem Kläger zustehende Arbeitsentgelt nach dem Inhalt der vorliegenden Verwaltungsvorgänge nicht ausgezahlt worden, so dass insoweit die materiellrechtlichen Voraussetzungen eines Anspruchs auf Insg vorliegen.

30

Der Antrag auf Insg ist jedoch nicht rechtzeitig gestellt worden. Nach § 324 Abs. 3 Satz 1 SGB III ist Insg innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Monaten nach dem Insolvenzereignis zu beantragen. Nach dem Insolvenzereignis am 8. Juli 2010 endete diese Frist am 8. September 2010. Diese Frist hat der Kläger mit dem am 30. September 2010 bei der Beklagten eingegangenen Antrag unzweifelhaft und unbestritten nicht gewahrt. Für eine frühere Antragstellung, die auch der Kläger nicht behauptet, bestehen keine Anhaltspunkte.

31

Eine Nachfrist kann dem Kläger nicht eingeräumt werden. Nach § 324 Abs. 3 Satz 2 SGB III wird, wenn der Arbeitnehmer die Frist aus Gründen versäumt hat, die er nicht zu vertreten hat, Insg geleistet, wenn der Antrag innerhalb von zwei Monaten nach Wegfall des Hinderungsgrundes gestellt wird. Ergänzend bestimmt § 324 Abs. 3 Satz 3 SGB III, dass der Arbeitnehmer die Versäumung der Frist zu vertreten hat, wenn er sich nicht mit der erforderlichen Sorgfalt um die Durchsetzung seiner Ansprüche bemüht hat.

32

Hier hat der Kläger die Fristversäumung schon deshalb zu vertreten, weil er sich nicht mit der erforderlichen Sorgfalt um die Durchsetzung seiner Ansprüche bemüht hat. Wie der Kläger auf Nachfrage des Senats mit Schriftsatz vom 12. November 2014 klargestellt hat, hat er wegen seines ausstehenden Arbeitsentgelts kein arbeitsgerichtliches Verfahren gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber eingeleitet. Auch sonst ist weder dargetan noch sonst ersichtlich, dass er sich nach seinem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis zum 31. Oktober 2009 hinreichend um die Durchsetzung seiner Arbeitsentgeltansprüche bemüht hätte. Nach den im Schriftsatz vom 12. November 2014 gemachten Angaben hat der Kläger wegen seines Vertrauens auf Angaben seines Arbeitgebers, er würde sich um alles kümmern, damit er – der Kläger – den ausstehendend Lohn dann im Wege des Insg erhalten werde, ersichtlich keinen Anlass zu weiteren Bemühungen um die Durchsetzung seiner Arbeitsentgeltansprüche gesehen. Dies überzeugt schon insoweit nicht, als bei Fälligwerden der Arbeitsentgeltansprüche für den Zeitraum August bis Oktober 2009 wie auch bei Ausscheiden des Klägers aus dem Arbeitsverhältnis zum 31. Oktober 2009 das Insolvenzverfahren noch gar nicht eröffnet war; dies erfolgte erst mehr als acht Monate später. Insbesondere ausgeschiedene Arbeitnehmer müssen sich allerdings zügig um die Durchsetzung ihrer rückständigen Ansprüche im Insg-Zeitraum bemühen, zumal Zurückhaltung den Arbeitsplatz nicht mehr sichern kann (Stratmann in Niesel/Brand a.a.O., § 324 Rz 23). Das BSG hat bereits zu der Vorläuferregelung des § 141e Abs. 1 Satz 4 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) Ausführungen zu der erforderlichen Sorgfalt bei der Durchsetzung rückständiger Arbeitsentgeltansprüche gemacht und dabei einem ausgeschiedenen Arbeitnehmer nach Ablauf von drei Monaten nach einer letzten Abschlagzahlung „entschiedeneres Handeln“ abverlangt, als sich mit telefonischen Mahnungen und weiteren Vertröstungen zufrieden zu geben (Urteil vom 30. April 1996, 10 RAr 8/94, zitiert nach juris). Nach Kündigung und Ausscheiden aus dem Betrieb hätte es die erforderliche Sorgfalt geboten, sich energischer als bisher um die Durchsetzung rückständiger Arbeitsentgeltansprüche zu bemühen. Nach diesen Maßstäben ist der Senat davon überzeugt, dass der Kläger die nach § 324 Abs. 3 Satz 3 SGB III erforderliche Sorgfalt verletzt hat, so dass ihm eine Nachfrist nach § 324 Abs. 3 Satz 2 SGB III dann nicht zugutekommen kann. Soweit die Berufungsbegründung sich auf das Urteil des LSG Sachsen-Anhalt vom 22. September 2011 (a.a.O.) beruft und geltend macht, damit sei eine zu strenge Überprüfung, ob der Betroffene sich mit der erforderlichen Sorgfalt um die Durchsetzung seiner Ansprüche bemüht habe, gerügt worden, ist dem Urteil eine derartige Aussage jedenfalls in dieser Allgemeinheit nicht zu entnehmen. Das LSG Sachsen-Anhalt hat ausdrücklich ausgeführt, dass sich bei der Verschuldensprüfung auch die Frage des Einflusses einer europarechtskonformen Auslegung nicht allgemein beantworten lasse, sondern der Entscheidung im Einzelfall vorbehalten bleiben müsse. Im Übrigen behandelt das Urteil Fragen des Vertrauens eines rechtsunkundigen Arbeitnehmers auf den unvollständigen Hinweis einer rechtskundigen Person, wobei der dort zugrunde liegende Sachverhalt mit dem hier in Rede stehenden nicht vergleichbar ist. Etwas anderes folgt auch nicht aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Zwar hat der EuGH in seinem Urteil vom 18. September 2003, C- 125/01, zitiert nach juris, ausgeführt, dass die Zweimonatsfrist des § 141e Abs. 1 AFG für die Beantragung von Konkursausfallgeld (das im Wesentlichen dem heutigen Insg entspricht) die praktische Wirksamkeit des mit der Richtlinie 80/987/EWG des Rates vom 20. Oktober 1980 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers gewährten Schutzes nur dann gewährleisten könne, wenn die zuständigen Stellen nicht übermäßig streng beurteilten, ob der Betroffene sich mit der erforderlichen Sorgfalt um die Durchsetzung seiner Ansprüche bemüht habe. Auch unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung hat der Senat indessen keinen Zweifel, dass der Kläger sich nicht mit der erforderlichen Sorgfalt um die Durchsetzung seiner Ansprüche bemüht hat, wenn er wegen des noch ausstehenden Arbeitsentgelt praktisch nichts unternommen und letztlich nur auf die Gewährung von Insg nach (rechtzeitiger) Antragsweiterleitung durch seinen ehemaligen Arbeitgeber vertraut hat.

33

Entgegen der vom Prozessbevollmächtigten des Klägers in der Berufungsverhandlung vertretenen Auffassung bezieht sich § 324 Abs. 3 Satz 3 SGB III auch nicht nur auf Ansprüche nach dem SGB III. Vielmehr geht es in dieser Bestimmung gerade um die rückständigen arbeitsrechtlichen Ansprüche (vgl. Stratmann a.a.O. § 324 Rz 23, Leitherer in Eicher/Schlegel, SGB III, Stand Juni 2014, § 324 Rz 54 m.w.N.).

34

Angesichts der in § 324 Abs. 3 Satz 3 SGB III enthaltenen Regelung ist dem Kläger eigenes Verschulden bei der Versäumung der Antragsfrist anzulasten. Auf die Zurechnung eines Verschuldens seines ehemaligen Arbeitgebers kommt es insoweit nicht an; die von den Beteiligten hierzu diskutierten Fragen und die hierzu vom Sozialgericht gemachten Ausführungen bedürfen hier keiner Vertiefung.

35

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und 4 SGG und orientiert sich am Ausgang des Rechtsstreits.

36

Der Senat hat keinen Anlass gesehen, gemäß § 160 Abs. 2 SGG die Revision zuzulassen.


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Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht Urteil, 14. Nov. 2014 - L 3 AL 28/12 zitiert 9 §§.

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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 160


(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bu

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(1) Leistungen der Arbeitsförderung werden nur erbracht, wenn sie vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses beantragt worden sind. Zur Vermeidung unbilliger Härten kann die Agentur für Arbeit eine verspätete Antragstellung zulassen. (2)

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(1) Leistungen der Arbeitsförderung werden nur erbracht, wenn sie vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses beantragt worden sind. Zur Vermeidung unbilliger Härten kann die Agentur für Arbeit eine verspätete Antragstellung zulassen.

(2) Berufsausbildungsbeihilfe, Ausbildungsgeld und Arbeitslosengeld können auch nachträglich beantragt werden. Kurzarbeitergeld, die Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge und Lehrgangskosten für die Bezieherinnen und Bezieher von Kurzarbeitergeld und ergänzende Leistungen nach § 102 sind nachträglich zu beantragen.

(3) Insolvenzgeld ist abweichend von Absatz 1 Satz 1 innerhalb einer Ausschlußfrist von zwei Monaten nach dem Insolvenzereignis zu beantragen. Wurde die Frist aus nicht selbst zu vertretenden Gründen versäumt, wird Insolvenzgeld geleistet, wenn der Antrag innerhalb von zwei Monaten nach Wegfall des Hinderungsgrundes gestellt worden ist. Ein selbst zu vertretender Grund liegt vor, wenn sich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht mit der erforderlichen Sorgfalt um die Durchsetzung ihrer Ansprüche bemüht haben.

(1) War jemand ohne Verschulden verhindert, eine gesetzliche Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen.

(2) Der Antrag ist innerhalb von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrages sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen. Ist dies geschehen, kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder die versäumte Handlung nicht mehr nachgeholt werden, außer wenn dies vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.

(4) Über den Antrag auf Wiedereinsetzung entscheidet die Behörde, die über die versäumte Handlung zu befinden hat.

(5) Die Wiedereinsetzung ist unzulässig, wenn sich aus einer Rechtsvorschrift ergibt, dass sie ausgeschlossen ist.

(1) Leistungen der Arbeitsförderung werden nur erbracht, wenn sie vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses beantragt worden sind. Zur Vermeidung unbilliger Härten kann die Agentur für Arbeit eine verspätete Antragstellung zulassen.

(2) Berufsausbildungsbeihilfe, Ausbildungsgeld und Arbeitslosengeld können auch nachträglich beantragt werden. Kurzarbeitergeld, die Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge und Lehrgangskosten für die Bezieherinnen und Bezieher von Kurzarbeitergeld und ergänzende Leistungen nach § 102 sind nachträglich zu beantragen.

(3) Insolvenzgeld ist abweichend von Absatz 1 Satz 1 innerhalb einer Ausschlußfrist von zwei Monaten nach dem Insolvenzereignis zu beantragen. Wurde die Frist aus nicht selbst zu vertretenden Gründen versäumt, wird Insolvenzgeld geleistet, wenn der Antrag innerhalb von zwei Monaten nach Wegfall des Hinderungsgrundes gestellt worden ist. Ein selbst zu vertretender Grund liegt vor, wenn sich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht mit der erforderlichen Sorgfalt um die Durchsetzung ihrer Ansprüche bemüht haben.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

(1) Die Agentur für Arbeit kann die Durchführung einer Maßnahme nach § 176 Absatz 2 prüfen und deren Erfolg beobachten. Sie kann insbesondere

1.
von dem Träger der Maßnahme sowie den Teilnehmenden Auskunft über den Verlauf der Maßnahme und den Eingliederungserfolg verlangen und
2.
die Einhaltung der Voraussetzungen für die Zulassung des Trägers und der Maßnahme prüfen, indem sie Einsicht in alle die Maßnahme betreffenden Unterlagen des Trägers nimmt.

(2) Die Agentur für Arbeit ist berechtigt, zum Zweck nach Absatz 1 Grundstücke, Geschäfts- und Unterrichtsräume des Trägers während der Geschäfts- oder Unterrichtszeit zu betreten. Wird die Maßnahme bei einem Dritten durchgeführt, ist die Agentur für Arbeit berechtigt, die Grundstücke, Geschäfts- und Unterrichtsräume des Dritten während dieser Zeit zu betreten. Stellt die Agentur für Arbeit bei der Prüfung der Maßnahme hinreichende Anhaltspunkte für Verstöße gegen datenschutzrechtliche Vorschriften fest, soll sie die zuständige Kontrollbehörde für den Datenschutz hiervon unterrichten.

(3) Die Agentur für Arbeit kann vom Träger die Beseitigung festgestellter Mängel innerhalb einer angemessenen Frist verlangen. Die Agentur für Arbeit kann die Geltung des Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheins oder des Bildungsgutscheins für einen Träger ausschließen und die Entscheidung über die Förderung aufheben, wenn

1.
der Träger dem Verlangen nach Satz 1 nicht nachkommt,
2.
die Agentur für Arbeit schwerwiegende und kurzfristig nicht zu behebende Mängel festgestellt hat,
3.
die in Absatz 1 genannten Auskünfte nicht, nicht rechtzeitig oder nicht vollständig erteilt werden oder
4.
die Prüfungen oder das Betreten der Grundstücke, Geschäfts- und Unterrichtsräume durch die Agentur für Arbeit nicht geduldet werden.

(4) Die Agentur für Arbeit teilt der fachkundigen Stelle und der Akkreditierungsstelle die nach den Absätzen 1 bis 3 gewonnenen Erkenntnisse mit.

(1) Leistungen der Arbeitsförderung werden nur erbracht, wenn sie vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses beantragt worden sind. Zur Vermeidung unbilliger Härten kann die Agentur für Arbeit eine verspätete Antragstellung zulassen.

(2) Berufsausbildungsbeihilfe, Ausbildungsgeld und Arbeitslosengeld können auch nachträglich beantragt werden. Kurzarbeitergeld, die Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge und Lehrgangskosten für die Bezieherinnen und Bezieher von Kurzarbeitergeld und ergänzende Leistungen nach § 102 sind nachträglich zu beantragen.

(3) Insolvenzgeld ist abweichend von Absatz 1 Satz 1 innerhalb einer Ausschlußfrist von zwei Monaten nach dem Insolvenzereignis zu beantragen. Wurde die Frist aus nicht selbst zu vertretenden Gründen versäumt, wird Insolvenzgeld geleistet, wenn der Antrag innerhalb von zwei Monaten nach Wegfall des Hinderungsgrundes gestellt worden ist. Ein selbst zu vertretender Grund liegt vor, wenn sich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht mit der erforderlichen Sorgfalt um die Durchsetzung ihrer Ansprüche bemüht haben.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.