Landessozialgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 28. Mai 2015 - L 1 AL 33/14
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 08.04.2014 - S 5 AL 396/12 - aufgehoben. Die Beklagte wird unter Aufhebung ihres Bescheids vom 27.09.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.10.2012 verpflichtet, den Antrag des Klägers auf Weitergewährung des Gründungszuschusses ab dem 15.07.2012 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senates neu zu bescheiden.
2. Die Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens sowie die Hälfte der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klageverfahrens zu erstatten.
Tatbestand
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Der Kläger wendet sich gegen die Ablehnung der Weitergewährung des ihm bis zum 14.07.2012 bewilligten Gründungszuschusses (GZ).
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Der Kläger hat sich zum 15.01.2012 mit der Unternehmensberatung „T P C " selbständig gemacht. Auf seinen Antrag vom 08.12.2011 war ihm mit Bescheid vom 20.02.2012 für die Zeit vom 15.01.2012 bis zum 14.07.2012 zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit ein GZ in Höhe von (iHv) monatlich 2.568,00 € - einschließlich einer monatlichen Pauschale iHv 300,00 € zur sozialen Sicherung - als Zuschuss bewilligt worden.
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Auf die Anforderung des Klägers vom 28.06.2012 ist ihm der Formularantrag auf Weitergewährung des GZ zugesandt worden. Dieser ging mit Datum vom 21.08.2012 bei der Beklagten am 22.08.2012 ein. Der auf die Aufforderung der Beklagten vorgelegten Gewinn- und Verlustrechnung ist für Januar 2012 ein Verlust iHv 1.666,00 € sowie für die Monate Februar bis Juni 2012 ein monatlicher Gewinn iHv 8.333,00 € zu entnehmen.
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Mit Bescheid vom 27.09.2012 lehnte die Beklagte die Weiterbewilligung des GZ ab. Ein GZ könne für weitere neun Monate iHv monatlich 300,00 € gewährt werden, wenn die geförderte Person ihre Geschäftstätigkeit anhand geeigneter Unterlagen nachweise. Der Gewinn habe ausweislich der vorliegenden Unterlagen in den letzten drei Monaten der Existenzgründung im Schnitt 8.333,00 € betragen, so dass sich die Geschäftstätigkeit des Klägers derart gefestigt und am Markt bewährt habe, dass er seinen Lebensunterhalt allein aus der selbständigen Tätigkeit bestreiten könne. Die Weitergewährung des GZ sei daher abzulehnen.
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Mit seinem hiergegen gerichteten Widerspruch machte der Kläger geltend, richtig sei, dass er erfreulicherweise einen monatlichen Gewinn iHv 8.333,00 € in den letzten drei Monaten ausgewiesen habe. Jedoch sei dieser durch seine Beratertätigkeit in nur zwei Firmen erwirtschaftet worden. Seine Beratertätigkeit könne firmenseitig jederzeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist beendet werden. Damit sei sie nicht als gefestigt anzusehen. Auch habe er darauf hingewiesen, dass zur Etablierung eines nachhaltigen Geschäftsmodells eine breite Kundenbasis notwendig sei. Zudem gebe er zu bedenken, dass es sich bei den beiden von ihm beratenen Firmen um Unternehmen der Biotechnologieindustrie handele, die keine Umsätze erwirtschafteten, sondern ihre Ausgaben allein durch das von Wagniskapitalinvestoren bereitgestellte Kapital deckten mit der Folge eines erheblichen finanziellen Risikos. Bei beiden Firmen sei das Kapital in absehbarer Zeit aufgebraucht, so dass derzeit - mit unklarem Ausgang - Gespräche mit Investoren zur Weiterfinanzierung geführt würden. In den Unterlagen zur Weitergewährung des Gründungzuschusses werde als Kriterium der Nachweis einer intensiven Geschäftstätigkeit und einer hauptberuflichen unternehmerischen Aktivität gefordert. Dies sei seinerseits erfolgt. Das Kriterium der gefestigten Geschäftstätigkeit als Ablehnungsgrund sei ihm nicht bekannt. Selbst wenn es als ein zulässiges Kriterium anzusehen sei, gebe er zu bedenken, dass angesichts seiner besonderen Situation dieses Kriterium nicht erfüllt sei.
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Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 09.10.2012 im Wesentlichen mit der Begründung zurückgewiesen, um die Nachhaltigkeit der Gründung zu stärken, könne gemäß § 93 Abs 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) zur sozialen Absicherung der GZ für weitere neun Monate iHv 300,00 € gewährt werden. Ein Rechtsanspruch bestehe auf die Weitergewährung nicht. Es liege vielmehr im Ermessen der Agentur für Arbeit, ob der GZ weiter gewährt werde. Dabei habe die Agentur für Arbeit ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigungsgrundlage auszuüben und die Interessen der Versichertengemeinschaft gegenüber den Interessen des Klägers abzuwägen. Das Interesse des Klägers bestehe darin, dass die zweckgebundene Leistung zur sozialen Sicherung weiter gewährt werde. Das Interesse der Versichertengemeinschaft bestehe darin, dass möglichst viele Antragsteller gefördert werden könnten und die begrenzt zur Verfügung stehenden Mittel nur dann ausgezahlt würden, wenn zu erwarten sei, dass nur dann eine Zahlung erfolge, wenn der Lebensunterhalt aus den Einnahmen aus der selbständigen Tätigkeit bestritten werden könne und die zweckgebundenen Mittel lediglich zur sozialen Absicherung eingesetzt würden. Bei der Ausübung des Ermessens seien nicht nur die jeweiligen Umstände des Einzelfalles, sondern auch die generellen Rahmenbedingungen, wie beispielsweise der Umfang der im Rahmen des Haushaltsplans der Bundesagentur für Arbeit zugewiesenen und damit verfügbaren Haushaltsmittel zu beachten. Dabei seien die verfügbaren Mittel so zu bewirtschaften, dass eine Bewilligung und Erbringung der einzelnen Leistungen im gesamten Haushaltsjahr gewährleistet sei (§ 71b Abs 4 Viertes Buch Sozialgesetzbuch
). Es sei sicherzustellen, dass die verfügbaren Ausgabemittel für das laufende Jahr nicht überschritten würden. Die Einhaltung des Finanzierungsrahmens werde entsprechend der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) durch sogenannte ermessenslenkende Maßnahmen sichergestellt, da es ermessensfehlerhaft wäre, Leistungen allein wegen der Erschöpfung der Haushaltsmittel gegen Ende des Jahres abzulehnen. Sie habe sich daher entschlossen, den GZ für weitere neun Monate nur dann zu gewähren, wenn aufgrund der bisherigen Geschäftstätigkeit und der beschriebenen zukünftigen Aktivitäten zu erwarten sei, dass der Lebensunterhalt aus den Einkünften der selbständigen Tätigkeit nach der sechsmonatigen Anlaufphase bestritten werden könne und der weitere GZ ausschließlich für die nachhaltige Stärkung der Gründung sowie die soziale Absicherung erforderlich sei. Im Rahmen der Ermessensentscheidung fordere sie grundsätzlich, dass aufgrund der bisherigen Umsatzentwicklung und der weiteren unternehmerischen Tätigkeit von einer durchschnittlichen Gewinnerwartung von mindestens 650,00 € monatlich ausgegangen werden könne. Bei diesem Betrag könne nach den von den Zivilgerichten entwickelten Unterhaltsgrundsätzen (so genannte „Düsseldorfer Tabelle") davon ausgegangen werden, dass ein Erwerbstätiger seinen Lebensunterhalt selbst bestreiten könne. Im Rahmen der Ermessenentscheidung gehe sie weiterhin davon aus, dass ein Selbständiger, dessen Gewinn mehr als 1.800,00 € monatlich betrage, diese soziale Absicherung aus eigenen finanziellen Mitteln übernehmen könne. Der Betrag von 1.800,00 € orientiere sich an dem monatlichen Durchschnittsbetrag des Arbeitslosengeldes zuzüglich der Sozialversicherungen und zu entrichtender Steuern. Als Entscheidungsgrundlage diene ausschließlich der nachgewiesene Gewinn in den letzten drei Monaten des bisherigen Förderungszeitraums der Existenzgründung. Gemäß der dem Antrag auf Weitergewährung eines GZ beigefügten Unterlagen über Einnahmen und Ausgaben habe der Kläger in den maßgeblichen vorangegangenen drei Monaten (01.04.2012 bis 30.06.2012) einen monatlichen durchschnittlichen Gewinn iHv 8.333,00 € erwirtschaftet. Es sei daher davon auszugehen, dass die Geschäftstätigkeit derart gefestigt sei und sich am Markt bewährt habe, dass der Kläger seinen Lebensunterhalt aus den Einkünften der selbständigen Tätigkeit bestreiten könne.
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Der Kläger hat am 09.11.2012 beim Sozialgericht Speyer (SG) Klage erhoben. Er ist der Ansicht, die Entscheidung der Beklagte sei ermessensfehlerhaft, da sie sich nicht ausschließlich vom Zweck der Ermessensvorschrift habe leiten lassen und ihre Entscheidung auf sachfremde Erwägungen stütze. Das Gesetz stelle allein darauf ab, dass eine intensive Geschäftstätigkeit und hauptberuflich unternehmerische Aktivitäten dargelegt würden. In welcher Höhe ein Gewinn erzielt werde, sei nach den Vorgaben des Gesetzgebers nicht relevant. Die Beklagte beziehe sich auf ermessenslenkende Weisungen der Arbeitsagentur Landau. Gefördert würden hiernach Existenzgründer weitere neun Monate, deren Selbständigkeit einerseits aufgrund des nachgewiesenen Gewinns tragfähig sei und die andererseits eine weitere Förderung zur Sicherung des Lebensunterhalts benötigten. Als Entscheidungsgrundlage diene ausschließlich der Gewinn der letzten drei Monate. Diese ermessenslenkenden Weisungen seien widersprüchlich und führten letztlich dazu, dass keinerlei weitere Förderung stattfinde. Der Gewinn eines Unternehmensgründers sei nur dann tragfähig, wenn er in einer Höhe ausfalle, dass keine weitere Sicherung des Lebensunterhalts benötigt werde. Beide Punkte - tragfähiger Gewinn und Bedürftigkeit - gleichzeitig zu erfüllen, sei unmöglich. Im Umkehrschluss folge hieraus, dass die Höhe des erzielten Gewinns keine Rolle spielen dürfe. Im Übrigen sei die Einkommenssituation in einem Zeitraum von drei Monaten nicht geeignet und ausreichend, die langfristige Tragfähigkeit eines Unternehmens zu beurteilen. Da keine weiteren Ablehnungsgründe ersichtlich oder von der Beklagten vorgetragen seien, ergebe sich insoweit eine Ermessensreduzierung aus dem gesetzgeberischen Zweck, die im Ergebnis zu der begehrten Bewilligung führe. Vorsorglich werde nochmals darauf hingewiesen, dass die Geschäftstätigkeit sich zwar erfreulich entwickelt habe, jedoch keineswegs derart gefestigt und am Markt bewährt sei, dass er keine weiteren Leistungen benötige.
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Das SG hat die Klage mit Urteil vom 08.04.2014 abgewiesen. Die Existenzgründung des Klägers sei nach § 94 Abs 1 SGB III gefördert worden. Der GZ könne nach Absatz 2 Satz 1 der Vorschrift für weitere neun Monate iHv monatlich 300,00 € geleistet werden, wenn die geförderte Person ihre Geschäftstätigkeit anhand geeigneter Unterlagen darlege. Ein Rechtsanspruch auf eine Weitergewährung bestehe nicht. Vielmehr liege es im Ermessen des Beklagten, ob der GZ weiter gewährt werde. Dabei habe die Beklagte ihr Ermessen entsprechend des Zwecks der Ermächtigung auszuüben und dabei die Interessen der Versichertengemeinschaft gegenüber den Interessen des Klägers abzuwägen. Eine Ermessensreduzierung auf Null sei in keiner Weise ersichtlich. Es bestehe daher kein Anspruch des Klägers auf einen GZ für weitere neun Monate. Auch der Hilfsantrag des Klägers auf Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts sei unbegründet. Ermessensentscheidungen der Behörden seien gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar. Es komme lediglich darauf an, ob die Behörde die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von ihrem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Art und Weise Gebrauch gemacht habe. Ermessensfehler lägen nicht vor. Die Beklagte sei sich ihres Entscheidungsspielraums bewusst gewesen. Ihre Entscheidung sei auch nicht ermessensfehlerhaft oder ermessensmissbräuchlich. Sie habe zutreffend die Interessen der Versichertengemeinschaft mit denen des Klägers abgewogen. Die Beklagte habe sich in nicht zu beanstandender Weise entschlossen, den GZ für weitere neun Monate nur dann zu gewähren, wenn aufgrund der bisherigen Geschäftstätigkeit und der beschriebenen zukünftigen Aktivitäten zu erwarten sei, dass der Lebensunterhalt aus den Einkünften der selbständigen Tätigkeit nach der sechsmonatigen Anlaufphase bestritten werden könne und der weitere GZ ausschließlich für die nachhaltige Stärkung der Gründung und die soziale Absicherung erforderlich sei. Im Rahmen der Ermessenentscheidung fordere die Beklagte daher zu Recht, dass aufgrund der bisherigen Umsatzentwicklung und der weiteren unternehmerischen Tätigkeit von einer durchschnittlichen Gewinnerwartung von mindestens 650,00 € ausgegangen werden könne. Im Rahmen der Ermessensentscheidung gehe sie weiterhin davon aus, dass ein Selbständiger, dessen Gewinn 1.800,00 € betrage, diese soziale Absicherung aus eigenen finanziellen Mitteln übernehmen könne. Angesichts eines monatlichen Gewinns des Klägers in den letzten drei Monaten der Existenzgründung iHv 8.333,00 € sei davon auszugehen, dass die Geschäftstätigkeit derart gefestigt sei und sich am Markt bewährt habe, dass der Kläger seinen Lebensunterhalt aus den Einkünften der selbständigen Tätigkeit bestreiten könne.
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Der Kläger hat am 14.05.2014 gegen das ihm am 14.04.2014 zugestellte Urteil unter Wiederholung und Vertiefung seines bisherigen Vortrags Berufung eingelegt. Er ist weiterhin der Auffassung, die Entscheidung der Beklagten sei ermessensfehlerhaft, da sie sich auf sachfremde Erwägungen stütze. Die Eigenleistungsfähigkeit dürfe bei der Prüfung der Gewährung eines GZ bzw der Weitergewährung keine Berücksichtigung finden. Entscheidungskriterien sollten nach dem Willen des Gesetzgebers die Tragfähigkeit des Geschäftsmodells und die persönliche Eignung des Gründers für die Durchführung des Konzepts sein. In der Gesetzesbegründung finde sich kein Hinweis, dass die Bedürftigkeit des Gründers zu prüfen sei. Diese Voraussetzung finde sich allein in den Geschäftsanweisungen der Beklagten. Fehlerhaft sei weiterhin, dass der Entscheidung allein der nachgewiesene Gewinn der letzten drei Monate zugrunde gelegt werde. Es sei der Geschäftsplan für die gesamten sechs Monate zu berücksichtigen. Weiterhin müsse ein Ausblick auf die Entwicklung für die folgenden sechs Monate erfolgen. Mit der Reduzierung auf die letzten drei Monate der Existenzgründung werde nicht das Gesamtkonzept in den Blick genommen. Insoweit sei, wie bereits vorgetragen, zu berücksichtigen, dass seine Einnahmen in dem maßgeblichen Drei-Monats-Zeitraum allein auf zwei, jederzeit kündbaren, Beratungsverträgen beruhten. Von einer Verfestigung könne daher nicht die Rede sein.
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Der Kläger beantragt,
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das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 08.04.2014 - S 5 AL 396/12 - abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 27.09.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.10.2012 zu verpflichten, seinen Antrag auf Weitergewährung des Gründungszuschusses unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu bescheiden.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Er war Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Beratung.
Entscheidungsgründe
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Die gemäß § 143 ff Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung ist begründet. Das SG hat die zulässige Verpflichtungsklage im Sinne des § 54 Abs 1 Satz 1 2. Alt SGG zu Unrecht abgewiesen. Dem Kläger steht der mit der Berufung allein geltend gemachte Anspruch auf Neubescheidung seines Antrags auf Weitergewährung des GZ für die Dauer von neun Monaten ab dem 15.07.2012 zu. Der Bescheid der Beklagten vom 27.09.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.10.2012 ist rechtswidrig und verletzt daher den Kläger in seinen Rechten (§ 54 Abs 2 SGG).
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Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers auf Weitergewährung des GZ ist gemäß § 422 Abs 2 SGB III § 94 Abs 2 SGB III in der zum 01.04.2012 in Kraft getretenen Fassung (idF) des Gesetzes zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt vom 20.12.2011 (BGBl I, Seite 2854). Danach kann der GZ für weitere neun Monate iHv monatlich 300,00 € gewährt werden, wenn die geförderte Person ihre Geschäftstätigkeit anhand geeigneter Unterlagen darlegt. Bestehen begründete Zweifel, kann die Agentur für Arbeit die erneute Vorlage einer Stellungnahme einer fachkundigen Stelle verlangen.
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Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 94 Abs 2 SGB III liegen vor. Der Kläger hat gegenüber der Beklagten seine (erfolgreiche) Geschäftstätigkeit durch geeignete Unterlagen nachgewiesen.
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Auf der Rechtsfolgenseite sieht § 94 Abs 2 SGB III jedoch Ermessen vor, dh, trotz des Vorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen kann die Beklagte die Weitergewährung des Gründungszuschusses ablehnen. Das Gericht kann die Entscheidung der Beklagten nur im Sinne einer Rechtskontrolle daraufhin überprüfen, ob die Beklagte ihr Ermessen entsprechend den Vorgaben von § 39 Abs 1 Satz 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) rechtmäßig ausgeübt hat oder ob ein Ermessensfehler im Sinne von § 54 Abs 2 Satz 2 SGG vorliegt und der Kläger hierdurch beschwert ist. Es hat jedoch keine eigenen Ermessens- und Zweckmäßigkeitserwägungen anzustellen (vgl Keller, in Meyer-Ladewig/Kel- ler/Leitherer, SGG, 11. Aufl, 2014, § 54 Rn 28).
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Bei Ermessensleistungen ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung über die Leistung bekanntgegeben wird, es sei denn, dass in der Entscheidung ein anderer Zeitpunkt bestimmt ist (§ 40 Abs 2 SGB I). Aus § 39 Abs 1 Satz 1 SGB I und § 54 Abs 2 Satz 2 SGG ergeben sich zwei Schranken der Ermessensausübung. Das Ermessen ist entsprechend dem Zweck der gesetzlichen Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens sind einzuhalten. Hieraus haben Rechtsprechung und Literatur verschiedene Kategorien von Ermessensfehlern (Ermessensnichtgebrauch, Ermessensüberschreitung, Ermessensunterschreitung, Ermessensfehlgebrauch) entwickelt, wobei die Begrifflichkeiten und Unterteilung in die einzelnen Fallgruppen zT nicht einheitlich sind (vgl insoweit BSG, Urteil vom 18.03.2008 - B 2 U 1/07 R -, juris; Gutzler, in BeckOK SozR, SGB I, § 39, Rn 7).
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Ein Ermessensnichtgebrauch oder Ermessensausfall ist nicht gegeben. Die Beklagte hat ihr Ermessen ausweislich der Begründung der angefochtenen Bescheide tatsächlich ausgeübt und sich nicht nur mit formelhaften Erwägungen begnügt.
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Eine Ermessensunter- oder -überschreitung liegt nicht vor. Die Beklagte hat keine Rechtsfolge gesetzt, die im Gesetz nicht vorgesehen ist. Sie war sich auch dessen bewusst, dass sie den GZ hätte bewilligen können, und hat ihr Ermessen folglich auch nicht zu eng ausgelegt.
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Der Beklagten ist jedoch ein Ermessensfehlgebrauch vorzuwerfen. Ein Ermessensfehlgebrauch liegt zum einen vor, wenn die Behörde ein unsachliches Motiv oder einen sachfremden Zweck verfolgt (Ermessensmissbrauch). Zum anderen liegt der Fehlgebrauch als Abwägungsdefizit vor, wenn sie nicht alle Ermessensgesichtspunkte, die nach der Lage des Falls zu berücksichtigen sind, in die Entscheidungsfindung einbezogen hat. Der Fehlgebrauch kann zudem als Abwägungsdisproportionalität vorliegen, wenn die Behörde die abzuwägenden Gesichtspunkte rechtlich fehlerhaft gewichtet hat. Des Weiteren kann ein Fehlgebrauch erfolgt sein, wenn die Behörde ihrer Ermessensbetätigung einen unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt zugrunde gelegt hat (vgl zum Ganzen BSG, Urteil vom 09.11.2010 - B 2 U 10/10 R -, juris; Keller, in Meyer- Ladewig/Keller/Leitherer, aaO, § 54, Rn 28b).
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Soweit die Beklagte sich bei der Ausübung ihres Ermessens auf ermessenslenkende Weisungen beruft, ist dieses grundsätzlich nicht zu beanstanden. Dies ist nach der Rechtsprechung des BSG zulässig, wenn nicht sogar zur Gewährleistung einer dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG) entsprechenden Ermessensausübung geboten. Entscheidend ist, dass die Behörde neben ihren internen Weisungen die Besonderheiten des Einzelfalles beachtet (vgl zum Ganzen BSG, Urteil vom 16.06.1999 - B 9 V 4/99 -, juris mwN).
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Indem die Beklagte darauf abgestellt hat, ob der Kläger mit den Einnahmen aus seiner selbstständigen Tätigkeit seinen Lebensunterhalt und die für ihn notwendige soziale Sicherung sicherstellen konnte, hat sie einen legitimen, der Teleologie des § 94 Abs 2 SGB III entsprechenden Zweck verfolgt und damit ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der gesetzlichen Ermächtigung ausgeübt (vgl Landessozialgericht
Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 17.10.2013 - L 9 AL 150/12 -, juris zu der bis zum 31.03.2012 geltenden wortgleichen Vorgängerreglung in § 58 Abs 2 SGB III).
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Ziele der zweiten Förderphase des Gründungszuschusses sind die Stärkung der Nachhaltigkeit der Gründung und die soziale Absicherung der Gründerinnen und Gründer (BT-Drs 17/6277, Seite 86). Mit der Pauschale von 300,00 € soll die Absicherung der Existenzgründer in der Sozialversicherung ermöglicht werden, wobei der Gesetzgeber davon ausgeht, dass nach Abschluss der ersten Förderungsphase das Unternehmen derart gefestigt ist, dass der Lebensunterhalt aus den Einnahmen aus der selbstständigen Tätigkeit bestritten werden kann und (allenfalls) noch ein Bedürfnis für die Gewährung von Leistungen zur sozialen Absicherung besteht (vgl BT-Drs 16/1696, Seite 31). Wenn der Gesetzgeber in Anbetracht dieser Erwägungen die Weitergewährung des auf die pauschale soziale Absicherung reduzierten Gründungszuschusses in das Ermessen der Beklagten stellt, so entspricht es dem Sinn und Zweck dieser Ermächtigung, dass die Weitergewährung abgelehnt werden kann, wenn die Absicherung schon über die eigenen Einnahmen aus der geförderten Geschäftstätigkeit gewährleistet werden kann (vgl LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 17.10.2013, aaO; SG Berlin, Urteil vom 08.02.2010 - S 70 AL 3675/07 -, juris; SG Duisburg, Urteil vom 05.11.2014 - S 16 AL 594/12 -, juris, jeweils zu der bis zum 31.03.2012 geltenden wortgleichen Vorgängerreglung in § 58 Abs 2 SGB III; Link, in Eicher/Schlegel, SGB III nF, § 94, Rn 46).
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Der Zweck des § 94 Abs 4 SGB III gebietet - entgegen der Auffassung des Klägers - gerade nicht, bei der Ermessensentscheidung allein auf die Tragfähigkeit
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sowie den bisherigen und den zukünftig zu erwartenden Erfolg der geförderten Tätigkeit abzustellen. Die Gesetzgebungsmaterialien enthalten insoweit keine Anhaltspunkte. Soweit es in der Begründung des Entwurfs zu § 94 SGB III heißt, jenseits der Beurteilung der Tagfähigkeit des Geschäftskonzepts ist durch den Vermittler die persönliche Eignung der Gründerin oder des Gründers einzuschätzen (BT-Drs 17/6277, Seite 86), beziehen sich diese Ausführungen auf die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 94 Abs 2 SGB III, wonach die geförderte Person ihre Geschäftstätigkeit anhand geeigneter Unterlagen darzulegen hat. Die fehlende Tragfähigkeit des Unternehmens ist nach dem Willen des Gesetzgebers vielmehr ein negatives Ausschlusskriterium, das jedenfalls im Rahmen der Ermessensentscheidung zur Ablehnung der Weitergewährung des Gründungszuschusses führen kann oder sogar im Sinne einer Ermessensreduzierung auf Null führen muss. Ist das Unternehmen tragfähig, bedeutet dies jedoch nicht zwangsläufig, dass der reduzierte Gründungszuschuss weiterzuzahlen ist.
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Das Ermessen ist in diesem Fall im Sinne einer Weitergewährung auch kein intendiertes. Dagegen spricht bereits der Wortlaut des § 94 Abs 2 SGB III, wonach der Gründungszuschuss weitergewährt werden "kann" und nicht "soll". Aus den Gesetzgebungsmaterialien ergibt sich nichts anderes. Mit der Normierung einer maximalen Gesamtförderungsdauer von 15 Monaten ist der Gesetzgeber zwar davon ausgegangen, dass dieser Förderungszeitraum sowohl ausreichend als auch im Regelfall erforderlich ist, um den Erfolg einer Existenzgründung zu sichern. Er hat darüber hinaus angenommen, dass ein Existenzgründer nach Ablauf der ersten Förderungsphase regelmäßig noch Förderungsbedarf im Hinblick auf die soziale Absicherung haben wird. Wenn dies jedoch nicht der Fall ist, weil der Existenzgründer ein hohes Einkommen aus der geförderten selbständigen Tätigkeit erzielt, sind die Regelannahmen des Gesetzgebers widerlegt. Gerade um diesen Fällen Rechnung zu tragen, hat der Gesetzgeber der Beklagten Ermessen eingeräumt. Der Gründungszuschuss ist gerade nicht als Belohnung für eine erfolgreiche Tätigkeit gedacht, sondern impliziert einen
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Förderungsbedarf, der dann nicht besteht, wenn das erzielte Einkommen zur sozialen Sicherung ausreicht (vgl LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 17.10.2013, aaO; SG Duisburg, Urteil vom 05.11.2014 - S 16 AL 594/12 -, juris).
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Die Beklagte hat allerdings ihrer Ermessensentscheidung allein die ermessenslenkenden Weisungen zugrunde gelegt, ohne zu prüfen, ob die Besonderheiten des Einzelfalls eine andere Bewertung bedingen. Den Ausführungen im Bescheid vom 27.09.2012 sowie im Widerspruchsbescheid vom 09.10.2012 ist nicht zu entnehmen, dass die Beklagte über den nach ihren ermessenlenkenden Weisungen allein maßgebenden nachgewiesenen Gewinn in den letzten drei Monaten der Existenzförderung weitere Gesichtspunkte in ihre Betrachtung eingestellt hat. So hat sie sich nicht mit dem Einwand des Klägers, der generierte monatliche Gewinn iHv 8.333,00 € resultiere aus lediglich zwei Beraterverträgen, die jederzeit kündbar seien, auseinander gesetzt. Ob dieser Einwand im Ergebnis zu einer andere Beurteilung führt, hat die Beklagte bei ihrer erneuten Ermessensentscheidung zu prüfen.
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(1) Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbständigen, hauptberuflichen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden, können zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung einen Gründungszuschuss erhalten.
(2) Ein Gründungszuschuss kann geleistet werden, wenn die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer
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bis zur Aufnahme der selbständigen Tätigkeit einen Anspruch auf Arbeitslosengeld hat, dessen Dauer bei Aufnahme der selbständigen Tätigkeit noch mindestens 150 Tage beträgt und nicht allein auf § 147 Absatz 3 beruht, - 2.
der Agentur für Arbeit die Tragfähigkeit der Existenzgründung nachweist und - 3.
ihre oder seine Kenntnisse und Fähigkeiten zur Ausübung der selbständigen Tätigkeit darlegt.
(3) Der Gründungszuschuss wird nicht geleistet, solange Ruhenstatbestände nach den §§ 156 bis 159 vorliegen oder vorgelegen hätten.
(4) Die Förderung ist ausgeschlossen, wenn nach Beendigung einer Förderung der Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit nach diesem Buch noch nicht 24 Monate vergangen sind; von dieser Frist kann wegen besonderer in der Person der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers liegender Gründe abgesehen werden.
(5) Geförderte Personen, die das für die Regelaltersrente im Sinne des Sechsten Buches erforderliche Lebensjahr vollendet haben, können vom Beginn des folgenden Monats an keinen Gründungszuschuss erhalten.
(1) Die für Ermessensleistungen der aktiven Arbeitsförderung veranschlagten Mittel mit Ausnahme der Mittel für
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die Erstattung von Maßnahmekosten nach § 54 des Dritten Buches, - 2.
die Berufsausbildungsbeihilfe nach § 57 Absatz 2 Satz 2 des Dritten Buches, - 3.
die allgemeinen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 113 Absatz 1 Nummer 1 des Dritten Buches, - 4.
den Zuschuss zur Ausbildungsvergütung für schwerbehinderte Menschen nach § 73 des Dritten Buches und den Eingliederungszuschuss nach § 90 Absatz 2 bis 4 des Dritten Buches und - 5.
Leistungen der Trägerförderung nach § 440 Absatz 5 des Dritten Buches - 6.
(weggefallen) - 7.
(weggefallen)
(2) Die in dem Eingliederungstitel veranschlagten Mittel sind den Agenturen für Arbeit zur Bewirtschaftung zuzuweisen, soweit nicht andere Dienststellen die Aufgaben wahrnehmen. Bei der Zuweisung der Mittel sind insbesondere die regionale Entwicklung der Beschäftigung, die Nachfrage nach Arbeitskräften, Art und Umfang der Arbeitslosigkeit sowie die jeweilige Ausgabenentwicklung im abgelaufenen Haushaltsjahr zu berücksichtigen. Agenturen für Arbeit, die im Vergleich zu anderen Agenturen für Arbeit schneller und wirtschaftlicher Arbeitslose eingliedern, sind bei der Mittelzuweisung nicht ungünstiger zu stellen.
(3) Die Agenturen für Arbeit stellen für jede Art dieser Ermessensleistungen der Arbeitsförderung Mittel unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Lage und Entwicklung des regionalen Arbeitsmarktes bereit. Dabei ist ein angemessener Anteil für die Förderung der Anbahnung und Aufnahme einer nach dem Dritten Buch versicherungspflichtigen Beschäftigung sicherzustellen (Vermittlungsbudget).
(4) Die zugewiesenen Mittel sind so zu bewirtschaften, dass eine Bewilligung und Erbringung der einzelnen Leistungen im gesamten Haushaltsjahr gewährleistet ist.
(5) Die Ausgabemittel des Eingliederungstitels sind nur in das nächste Haushaltsjahr übertragbar. Die jeweiligen nicht verausgabten Mittel der Agenturen für Arbeit werden diesen im nächsten Haushaltsjahr zusätzlich zu den auf sie entfallenden Mitteln zugewiesen. Verpflichtungsermächtigungen für folgende Jahre sind im gleichen Verhältnis anzuheben.
(1) Als Gründungszuschuss wird für die Dauer von sechs Monaten der Betrag geleistet, den die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer als Arbeitslosengeld zuletzt bezogen hat, zuzüglich monatlich 300 Euro.
(2) Der Gründungszuschuss kann für weitere neun Monate in Höhe von monatlich 300 Euro geleistet werden, wenn die geförderte Person ihre Geschäftstätigkeit anhand geeigneter Unterlagen darlegt. Bestehen begründete Zweifel an der Geschäftstätigkeit, kann die Agentur für Arbeit verlangen, dass ihr erneut eine Stellungnahme einer fachkundigen Stelle vorgelegt wird.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.
(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.
(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.
(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.
(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.
(1) Wird dieses Gesetzbuch geändert, so sind, soweit nichts Abweichendes bestimmt ist, auf Leistungen der aktiven Arbeitsförderung bis zum Ende der Leistungen oder der Maßnahme die Vorschriften in der vor dem Tag des Inkrafttretens der Änderung geltenden Fassung weiter anzuwenden, wenn vor diesem Tag
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der Anspruch entstanden ist, - 2.
die Leistung zuerkannt worden ist oder - 3.
die Maßnahme begonnen hat, wenn die Leistung bis zum Beginn der Maßnahme beantragt worden ist.
(2) Ist eine Leistung nur für einen begrenzten Zeitraum zuerkannt worden, richtet sich eine Verlängerung nach den zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Verlängerung geltenden Vorschriften.
(1) Als Gründungszuschuss wird für die Dauer von sechs Monaten der Betrag geleistet, den die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer als Arbeitslosengeld zuletzt bezogen hat, zuzüglich monatlich 300 Euro.
(2) Der Gründungszuschuss kann für weitere neun Monate in Höhe von monatlich 300 Euro geleistet werden, wenn die geförderte Person ihre Geschäftstätigkeit anhand geeigneter Unterlagen darlegt. Bestehen begründete Zweifel an der Geschäftstätigkeit, kann die Agentur für Arbeit verlangen, dass ihr erneut eine Stellungnahme einer fachkundigen Stelle vorgelegt wird.
(1) Sind die Leistungsträger ermächtigt, bei der Entscheidung über Sozialleistungen nach ihrem Ermessen zu handeln, haben sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten. Auf pflichtgemäße Ausübung des Ermessens besteht ein Anspruch.
(2) Für Ermessensleistungen gelten die Vorschriften über Sozialleistungen, auf die ein Anspruch besteht, entsprechend, soweit sich aus den Vorschriften dieses Gesetzbuchs nichts Abweichendes ergibt.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.
(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.
(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.
(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.
(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.
(1) Ansprüche auf Sozialleistungen entstehen, sobald ihre im Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen.
(2) Bei Ermessensleistungen ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung über die Leistung bekanntgegeben wird, es sei denn, daß in der Entscheidung ein anderer Zeitpunkt bestimmt ist.
(1) Sind die Leistungsträger ermächtigt, bei der Entscheidung über Sozialleistungen nach ihrem Ermessen zu handeln, haben sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten. Auf pflichtgemäße Ausübung des Ermessens besteht ein Anspruch.
(2) Für Ermessensleistungen gelten die Vorschriften über Sozialleistungen, auf die ein Anspruch besteht, entsprechend, soweit sich aus den Vorschriften dieses Gesetzbuchs nichts Abweichendes ergibt.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.
(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.
(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.
(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.
(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.
Tenor
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Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 15. April 2010 aufgehoben.
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Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
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Umstritten ist die Abfindung einer so genannten kleinen Verletztenrente. Der im Jahre 1958 geborene Kläger erlitt am 4.10.2002 einen Arbeitsunfall, aufgrund dessen die Rechtsvorgängerin der beklagten Berufsgenossenschaft (BG; im Folgenden: Beklagte) ihm gegenüber ein Recht auf Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20 vH auf unbestimmte Zeit feststellte (Bescheid vom 18.8.2005). Die vom Kläger Anfang Februar 2007 beantragte Abfindung seiner Rente lehnte die Beklagte unter Hinweis auf ein bei Dr. R. eingeholtes internistisches Gutachten ab, da die Lebenserwartung des Klägers aufgrund dessen Adipositas, Nikotin- und Alkoholkonsums erheblich herabgesetzt sei (Bescheid vom 20.4.2007, Widerspruchsbescheid vom 29.6.2007).
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Das SG hat nach Einholung eines Gutachtens bei Privatdozent Dr. S. die Klage abgewiesen, weil die Beklagte ermessensfehlerfrei gehandelt habe (Urteil vom 27.5.2009). Das LSG hat auf die Berufung des Klägers die Beklagte verurteilt, dessen Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden (Urteil vom 15.4.2010), und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Nach § 76 Abs 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) stehe die Entscheidung über einen Abfindungsantrag im Ermessen des Unfallversicherungsträgers. Eine Ablehnung komme in Betracht, wenn die Lebenserwartung des Antragstellers erheblich geringer sei als die altersübliche und die Zeit unterschreite, die dem für die Abfindung festgesetzten Kapitalwert entspreche. Sei diese Voraussetzung nicht erfüllt, könne der Gesichtspunkt der Lebenserwartung des Versicherten das Interesse des Unfallversicherungsträgers an der Verweigerung einer Abfindung nicht begründen. Der Kapitalwert der Verletztenrente des Klägers betrage 14,5 Jahre nach der Anlage 1 der Verordnung über die Berechnung des Kapitalwertes bei Abfindung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung vom 17.8.1965 (BGBl I S 894, idF aufgrund von Art 21 Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz vom 7.8.1996, BGBl I S 1254, im Folgenden: Abfindungsverordnung), weil der Kläger bei Eintritt des Arbeitsunfalls zwischen 40 und 45 Jahre alt gewesen sei und zur Zeit der mündlichen Verhandlung mehr als sieben Jahre seit dem Arbeitsunfall vergangen seien. Welche genaue Lebenserwartung der Kläger im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung habe, könne dahingestellt bleiben, da sie zumindest nicht niedriger als 14,5 Jahre sei, auch wenn von einer durchschnittlichen Lebenserwartung von 29,75 Jahren bei einem Mann im Alter des Klägers und einer nikotinbedingten Verkürzung von 8 Jahren ausgegangen werde und die weiteren Risiken berücksichtigt würden. Die Beklagte sei folglich bei ihrer Ermessensentscheidung von unzutreffenden Voraussetzungen ausgegangen, sodass der angefochtene Bescheid aufzuheben und sie zur Neubescheidung zu verurteilen sei.
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Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Sie macht geltend, entgegen der Auffassung des LSG müsse die Verkürzung der Lebenserwartung nicht den für die Abfindung festgesetzten Kapitalwert unterschreiten. Beim Vorliegen von gesundheitlichen Risikofaktoren und Krankheitsanlagen, die eine erhebliche Verkürzung der Lebenserwartung bedingten, könne nur eine ablehnende Entscheidung ergehen und zwar nicht nur in klaren Missbrauchsfällen, wie zB nach dem Bekanntwerden einer Geschwulsterkrankung. Das LSG habe nicht festgestellt, zu welcher Verkürzung der Lebenserwartung in Jahren die neben dem Nikotinkonsum bestehenden anderen Risikofaktoren beim Kläger führen würden, und hätte hierzu weitere Ermittlungen anstellen müssen.
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Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 15. April 2010 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Ulm vom 27. Mai 2009 zurückzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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Die Revision der Beklagten ist insoweit begründet, als das angefochtene Urteil des LSG aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen ist. Das Urteil des LSG ist aufzuheben, weil das LSG die Bescheide der Beklagten wegen fehlerhafter Ermessenausübung aufgehoben hat, ohne zuvor alle tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Ermessensausübung festzustellen (dazu 1.). Zur Vermeidung weiterer Verfahrensverzögerungen hat der Senat beschlossen, Hinweise zu Inhalt und Grenzen der richterlichen Überprüfung der im Ermessen des Unfallversicherungsträgers stehenden Entscheidung nach § 76 SGB VII zu geben(dazu 2.).
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1. Rechtsgrundlage für die vom Kläger begehrte Abfindung ist § 76 Abs 1 Satz 1 SGB VII, der lautet: Versicherte, die Anspruch auf eine Rente wegen einer MdE von weniger als 40 vH haben, können auf ihren Antrag mit einem dem Kapitalwert der Rente entsprechenden Betrag abgefunden werden. Die Berechnung des Kapitalwerts ist durch Rechtsverordnung zu bestimmen (Abs 1 Satz 3). Eine Abfindung darf nur bewilligt werden, wenn nicht zu erwarten ist, dass die MdE wesentlich absinkt (Abs 2).
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Dass der Beklagten im Hinblick auf die Gewährung einer Abfindung Ermessen eingeräumt ist, folgt zunächst aus dem Wortlaut des § 76 Abs 1 Satz 1 SGB VII mit dem Gebrauch des Wortes "können", das kein bloßes "Kompetenz-Kann" beinhaltet - so die Rechtsprechung des Senats(BSG vom 18.4.2000 - B 2 U 19/99 R - SozR 3-2700 § 76 Nr 2; BSG vom 28.4.2004 - B 2 U 10/03 R - SozR 4-2700 § 76 Nr 1 RdNr 8)sowie die Literatur (Burchardt in Becker/ Burchardt/Krasney/Kruschinsky, Gesetzliche Unfallversicherung, SGB VII-Komm, § 76 RdNr 10; Jung in Juris-PK SGB VII, § 76 RdNr 12; Kranig in Hauck/Noftz, SGB VII, § 76 RdNr 12; Mehrtens in Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, § 76 SGB VII RdNr 3.1; Ricke in Kasseler Komm, SGB VII, § 76 RdNr 4; Sacher in Lauterbach, Unfallversicherung - SGB VII, § 76 RdNr 19) und die Auslegung der im Wortlaut vergleichbaren Vorläufervorschrift des § 604 Reichsversicherungsordnung(vgl insofern BSG vom 24.6.1987 - 5a RKnU 2/86 - SozR 1200 § 40 Nr 3; Wiesner, BG 1985, 327).
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Davon ist das LSG bei seiner Entscheidung auch ausgegangen. Denn es hat den Bescheid der Beklagten in der Gestalt des Widerspruchsbescheides aufgehoben und sie zur Neubescheidung verurteilt, weil sie bei ihrer Ermessensentscheidung von unzutreffenden Voraussetzungen ausgegangen sei. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Bewilligung eines Anspruchs auf eine Abfindung sind aber den Feststellungen des LSG nur zum Teil zu entnehmen: Nach den für den Senat bindenden (§ 163 SGG) tatsächlichen Feststellungen des LSG hat der Kläger gegen die Beklagte Anspruch auf eine Rente nach einer MdE von 20 vH, und er hat auch einen Abfindungsantrag gestellt. Hinsichtlich des negativen Tatbestandsmerkmals (so schon im Urteil des Senats vom 18.4.2000 - B 2 U 19/99 R - SozR 3-2700 § 76 Nr 2; ebenso: Sacher in Lauterbach, Unfallversicherung - SGB VII, § 76 RdNr 24), dass eine Abfindung nur bewilligt werden darf, wenn nicht zu erwarten ist, dass die MdE wesentlich sinkt (§ 76 Abs 2 SGB VII), hat das LSG keine Feststellungen getroffen.
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Solange aber nicht feststeht, ob der Tatbestand der Rechtsgrundlage erfüllt ist, mangelt es an den Voraussetzungen der Ermessenseinräumung und damit auch für eine Ermessensausübung und an den Grundlagen für ein dem Kläger günstiges Bescheidungsurteil, das die Behörde verpflichtet, eine Ermessensentscheidung zu treffen. Die Tatbestandserfüllung kann nicht durch - stets unzulässige - gerichtliche Ermessenserwägungen ersetzt werden. Dementsprechend ist das Urteil des LSG aufzuheben, damit das LSG im wiedereröffneten Berufungsverfahren zunächst klären kann, ob die genannte (negative) Tatbestandsvoraussetzung erfüllt ist. Erst wenn alle Tatbestandsvoraussetzungen des § 76 SGB VII gegeben sind, wird das LSG die Ermessensausübung der Beklagten auf Ermessensfehler überprüfen dürfen.
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2. Im Hinblick auf das Gebot, einer überlangen Verfahrensdauer entgegenzuwirken (Art 19 Abs 4 Satz 1 Grundgesetz
, Art 6 Abs 1 Satz 1 Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten) , hat der Senat beschlossen, Hinweise zu geben zu Inhalt und Grenzen der richterlichen Überprüfung einer im Ermessen des Unfallversicherungsträgers stehenden Entscheidung (dazu a) sowie zu den Ermessenszwecken des § 76 Abs 1 SGB VII und den deshalb von dem Träger jeweils abzuwägenden Ermessensgesichtspunkten(dazu b).
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a) Soweit die Leistungsträger ermächtigt sind, bei der Entscheidung über Sozialleistungen nach ihrem Ermessen zu handeln, haben sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten (§ 39 Abs 1 Satz 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch
) . Der Versicherte hat Anspruch auf eine pflichtgemäße Ausübung des Ermessens (§ 39 Abs 1 Satz 2 SGB I). Hingegen entsteht ein Anspruch auf eine bestimmte Sozialleistung nur aufgrund der Bewilligungsentscheidung (§ 40 Abs 2 SGB I). Darüber hinaus kann im Einzelfall ein Rechtsanspruch auf die Leistung ausnahmsweise bei einer "Ermessensreduzierung auf Null" bestehen, bei der es nur ein ermessensgerechtes Ergebnis gibt (vgl dazu nur Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 54 RdNr 29). Feststellungen, die vorliegend für eine solche Ermessensreduzierung auf Null sprechen, hat das LSG nicht getroffen; der Kläger hat derartiges im Revisionsverfahren nicht behauptet und keine entsprechenden Rügen erhoben.
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Zur Sicherung der Funktionentrennung (Art 20 Abs 2 Satz 2 GG) und der Entscheidungsfreiheit des Leistungsträgers über die Zweckmäßigkeit seines Handelns ist die Überprüfung seiner Ermessensentscheidung durch die Gerichte auf die Rechtmäßigkeitsprüfung begrenzt. Das Gericht hat nur zu prüfen, ob der Träger sein Ermessen überhaupt ausgeübt, er die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder ob er von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (§ 54 Abs 2 Satz 2 SGG; "Rechtmäßigkeit-, aber keine Zweckmäßigkeitskontrolle").
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Dass die Beklagte Ermessen ausgeübt hat, ist den Feststellungen des LSG hinsichtlich des Inhalts der angefochtenen Bescheide der Beklagten zu entnehmen. Denn sie hat nicht nur - was allein nicht ausreichend ist - auf das eingeräumte Ermessen hingewiesen, sondern auch (zumindest) einen Ermessensgesichtspunkt genannt. Ebenso ist ein Überschreiten der Grenzen des Ermessens zu verneinen, weil § 76 SGB VII nur zwei Rechtsfolgen zulässt, entweder den Anspruch auf die Abfindung zu gewähren oder nicht, und die Beklagte sich für Letzteres entschieden hat. Ferner hat das LSG keine Tatsachen festgestellt, die für eine Verletzung der objektiven verfassungsrechtlichen Schranken (Gleichheitsgebote, Übermaßverbot) jeder Ermessensausübung sprechen könnten.
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Als Ermessensfehler kommt nur eine dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechende Ermessensausübung in Betracht. Ein Ermessensfehlgebrauch liegt zum einen vor, wenn die Behörde ein unsachliches Motiv oder einen sachfremden Zweck verfolgt (Ermessensmissbrauch). Zum anderen liegt der Fehlgebrauch als Abwägungsdefizit vor, wenn sie nicht alle Ermessensgesichtspunkte, die nach der Lage des Falls zu berücksichtigen sind, in die Entscheidungsfindung einbezogen hat. Der Fehlgebrauch kann zudem als Abwägungsdisproportionalität vorliegen, wenn die Behörde die abzuwägenden Gesichtspunkte rechtlich fehlerhaft gewichtet hat. Diese beiden letztgenannten Arten des Ermessensfehlgebrauchs kommen hier nach den bisherigen Feststellungen des LSG in Betracht. Des Weiteren kann ein Fehlgebrauch erfolgt sein, wenn die Behörde ihrer Ermessensbetätigung einen unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt zugrunde gelegt hat. Deshalb haben die Tatsacheninstanzen in tatsächlicher Hinsicht zu überprüfen, ob die Behörde die Tatsachen, die sie ihrer Ermessensentscheidung zugrunde gelegt hat, zutreffend und vollständig ermittelt hat (Meyer-Ladewig/ Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 54 RdNr 28b; Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, 16. Aufl 2009, § 114 RdNr 12 mwN).
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Wenn der eine Sozialleistung regelnde Verwaltungsakt wegen Ermessensnicht- oder -fehlgebrauchs rechtswidrig ist, darf das Gericht nur den Verwaltungsakt aufheben und den Träger zur Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts verurteilen, nicht aber eigene Ermessenserwägungen anstellen und sein Ermessen an die Stelle des Ermessens des Leistungsträgers setzen (vgl Urteil des Senats vom 18.3.2008 - B 2 U 1/07 R - BSGE 100, 124 = SozR 4-2700 § 101 Nr 1, jeweils RdNr 14 ff).
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b) Zur Konkretisierung der Ermessenszwecke des § 76 SGB VII ist von Folgendem auszugehen: Dem Wortlaut der Vorschrift selbst ist kein Ermessenszweck zu entnehmen und auch die Gesetzesmaterialien zum Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz vom 7.8.1996 (BGBl I 1254) sind insofern unergiebig (vgl zB Begründung der Bundesregierung, BT-Drucks 13/2204 S 94 zu § 76). Eingeführt worden ist die Möglichkeit der Abfindung von Verletztenrenten schon mit dem Unfallversicherungsgesetz vom 6.7.1884 (RGBl 69) und später wurde die Regelung durch die nachfolgenden Gesetze ausgebaut.
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Zusammengefasst zeigt die Gesetzesgeschichte, dass bei der Ermessensausübung über die Bewilligung eines Abfindungsanspruchs neben den Interessen der Allgemeinheit folgende Zwecke abzuwägen sind. Auf Seiten des Versicherten besteht das Interesse, seine wirtschaftlichen Verhältnisse durch eine Verfügungsmacht über einen erheblichen Geldbetrag im Unterschied zu laufenden, ggf nicht allzu hohen monatlichen Rentenzahlungen zu verbessern. Auf Seiten der Verwaltung geht es um die Verringerung des Verwaltungsaufwandes, um eine Bemessung der Höhe des Kapitalbetrags nach der durch das Lebensalter und die körperliche Beschaffenheit des Berechtigten bedingten voraussichtlichen Dauer des Rentenbezugs - also der weiteren Lebenserwartung - des Versicherten sowie um die finanzielle Leistungsfähigkeit des Unfallversicherungsträgers (vgl Reichstag, 10. Legislaturperiode, I. Session 1898/1900, Drucksache Nr 523 S 96 f; Reichstag, 12. Legislaturperiode, II. Session 1909/1910, Drucksache zu Nr 340 S 307, 300 ff; Reichstag, III. Wahlperiode 1924/25, Drucksache Nr 691 S 32; BT-Drucks IV/938
S 15 f zu § 601) . Diese Zwecke werden auch heute noch in der Literatur angeführt (vgl Burchardt in Becker/Burchardt/Krasney/Kruschinsky, Gesetzliche Unfallversicherung SGB VII-Komm, § 76 RdNr 10 f; Jung in Juris-PK SGB VII, § 76 RdNr 13 ff; Kranig in Hauck/Noftz, SGB VII, § 76 RdNr 13 ff; Mehrtens in Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, § 76 SGB VII RdNr 3.1 f; Ricke in Kasseler Komm, SGB VII, § 76 RdNr 4; Sacher in Lauterbach, Unfallversicherung SGB VII, § 76 RdNr 20 ff; Plagemann, NJW 1996, 3173, 3176; Wiesner, BG 1985, 327 f).
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Soweit in der Literatur weitere Zwecke genannt werden, sind diese zum Teil mit den gesetzgeberischen Zielen vereinbar, zB ob in absehbarer Zeit der Bezug anderer steuerfinanzierter Sozialleistungen droht, womit die Allgemeinheit belastet werden würde, der aber durch den Bezug einer Verletztenrente zumindest verringert würde, während es für andere genannte Zwecke, wie zB eine Berücksichtigung des von dem Versicherten beabsichtigten Verwendungszwecks der Abfindung bei einer so genannten kleinen Verletztenrente, keine erkennbare Begründung gibt.
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Inwieweit die Beklagte bei ihrer Ermessensentscheidung die angeführten gesetzgeberischen Zwecke für die Einräumung des Ermessens richtig gewichtet abgewogen hat (vgl zu den Anforderungen an die Begründung einer solchen Entscheidung: BSG vom 18.4.2000 - B 2 U 19/99 R - SozR 3-2700 § 76 Nr 2), wird das LSG - nach Feststellung der Tatbestandsvoraussetzungen und der formellen Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides in der Gestalt des Widerspruchsbescheides - in einem weiteren Schritt zu überprüfen haben. Dabei wird zu beachten sein, dass die den Interessen des Unfallversicherungsträgers dienenden Ermessensgesichtspunkte (anders als § 76 Abs 2 SGB VII)keine "negativen Tatbestandsmerkmale" sind, sondern gegen das Interesse des Versicherten abzuwägen sind und dass nur die Ermessensausübung der Beklagten im vorgezeigten Rahmen zu überprüfen ist, nicht aber eigene Ermessenserwägungen seitens des LSG zur Ausfüllung der aufgezeigten Zwecke anzustellen sind.
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Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
(1) Als Gründungszuschuss wird für die Dauer von sechs Monaten der Betrag geleistet, den die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer als Arbeitslosengeld zuletzt bezogen hat, zuzüglich monatlich 300 Euro.
(2) Der Gründungszuschuss kann für weitere neun Monate in Höhe von monatlich 300 Euro geleistet werden, wenn die geförderte Person ihre Geschäftstätigkeit anhand geeigneter Unterlagen darlegt. Bestehen begründete Zweifel an der Geschäftstätigkeit, kann die Agentur für Arbeit verlangen, dass ihr erneut eine Stellungnahme einer fachkundigen Stelle vorgelegt wird.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Düsseldorf vom 25.04.2012 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
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Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten über die Weitergewährung eines Gründungszuschusses nach Ablauf der neunmonatigen ersten Phase der Förderung.
3Der am 00.00.1979 geborene Kläger ist seit dem 11.06.2010 zur Rechtsanwaltschaft von der Rechtsanwaltskammer E zugelassen. Am 03.08.2010 gründete er mit der Diplom-Kauffrau und Steuerberaterin, Frau E, eine Partnerschaftsgesellschaft, die in das Partnerschaftsregister beim Amtsgericht Essen eingetragen wurde. Der Partnerschaftsvertrag sah eine Beteiligung der beiden Partner am Gewinn und Verlust in Höhe von jeweils 50% vor. Für jeden Partner war eine Tätigkeitsvergütung als Vorabentnahme auf den Gewinnanteil in Höhe von 3.000,- Euro monatlich vereinbart. In § 10 Abs. 2 bis 4 des Vertrages war weiterhin vereinbart, dass die Gesellschaft für jeden Partner die Kosten einer privaten Krankenvollversicherung, begrenzt auf die Höhe der Beiträge zur freiwilligen gesetzlichen Krankenversicherung, sowie die Beiträge zum jeweiligen Versorgungswerk bezahlt und trägt. Gegenüber dem zuständigen Finanzamt gab der Kläger einen voraussichtlichen Gewinnanteil für das Kalenderjahr 2010 in Höhe von 10.000,- Euro und für das Kalenderjahr 2011 in Höhe von 30.000,- Euro an.
4Nach Arbeitslosengeldbezug ab 29.04.2010 bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 11.08.2010 für die Aufnahme der selbständigen Tätigkeit des Klägers als Rechtsanwalt einen Gründungszuschuss nach Maßgabe von § 57 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) - hier in der bis zum 27.12.2011 geltenden Fassung (SGB III a.F.) - für den Zeitraum vom 01.07.2010 bis 31.03.2011 in Höhe von 748,80 EUR monatlich (448,80 EUR entsprechend dem Arbeitslosengeldbezug zzgl. 300 EUR für die soziale Absicherung). Der für die Bewilligung des Gründungszuschusses bei der Beklagten eingereichte Businessplan des Klägers prognostizierte für das Kalenderjahr 2010 einen Gewinn für die Partnerschaftsgesellschaft in Höhe von 112.222,- Euro. Der Kläger veranschlagte seine Lebenshaltungskosten mit monatlich 2.200,- Euro und ging von einem Gewinnüberschuss zwischen 1.449,- und 2.934,- Euro aus.
5Der Kläger beantragte die Weitergewährung des Gründungszuschusses. Nach dem in den Akten befindlichen Antragsformular wurde dem Kläger am 01.04.2011 das Formular für den Antrag auf Weitergewährung eines Gründungszuschusses ausgehändigt. Das vom Kläger ausgefüllte Formular ist in der Verwaltungsakte der Beklagten mit dem Eingangsstempel "04.Mai 2001" versehen. Auf ihm befindet sich außerdem der Stempel "Eingegangen 06. April 2011". Zusätzlich führte der Kläger aus, dass die laufenden Umsätze kontinuierlich wenigstens 15.000 Euro monatlich betrügen und er bei der Auftragsentwicklung von konstanten Umsätzen zwischen etwa 15.000 und 25.000 Euro ausgehe. Er legte seinem Antrag eine betriebswirtschaftliche Auswertung vor, aus der sich ein vorläufiges Betriebsergebnis nach Abzug der Kosten für die Zeit von Juli 2010 bis Dezember 2010 in Höhe von 62.251,23 Euro und für das erste Quartal 2011 in Höhe von 45.718,01 Euro ergab.
6Mit Bescheid vom 16.05.2011 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Zur Begründung verwies sie darauf, dass die Weitergewährung des Gründungszuschusses gemäß § 58 Abs. 2 SGB III a.F. in ihrem Ermessen stehe. Im Hinblick auf die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit müsse sie den Förderaufwand und den damit zu erreichenden Erfolg sorgfältig abwägen. Sie fördere daher für weitere sechs Monate solche Existenzgründer, deren Selbstständigkeit einerseits aufgrund des erzielten Gewinns tragfähig sei und die andererseits eine weitere Förderung zur Sicherung ihres Lebensunterhalts benötigten. Nach den von dem Kläger eingereichten Unterlagen habe sich seine Geschäftstätigkeit derart gefestigt und am Markt bewährt, dass dadurch sein Lebensunterhalt und die Aufwendungen zur sozialen Sicherung aus eigenen Mitteln bestritten werden könnten. Die Weitergewährung des Gründungszuschusses sei daher nicht möglich.
7Hiergegen legte der Kläger am 19.05.2011 Widerspruch ein, in dem er u.a. ausführte, es komme nicht darauf an, ob er der wirtschaftlichen Förderung bedürfe. Vielmehr sei der Gesetzgeber grundsätzlich von einem 15monatigen Förderzeitraum ausgegangen. Im Übrigen habe die Beklagte seine hohen Fahrtkosten und die Liquiditätsabflüsse der Gesellschaft wegen der Anschaffung von Mobiliar und EDV-Anlage sowie auch die konkreten Kosten seiner sozialen Sicherung, die sich derzeit auf 1.200,- Euro im Monat beliefen, nicht hinreichend berücksichtigt. Er fügte seinem Widerspruch eine weitere betriebswirtschaftliche Auswertung bei, die für das Jahr 2010 betreffend die Geschäftstätigkeit von Juli bis Dezember 2010 eine Gewinn nach Abzug der Umsatzsteuer von 36.398,30 Euro und für die Zeit vom 01.01.2011 bis zum 30.04.2011 einen Gewinn von 45.928,27 Euro auswies. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Bl. 149 bis 159 der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
8Diesen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23.05.2011 als unbegründet zurück. Darin führte die Beklagte u.a. aus, bei der Beurteilung der "Bestreitung des Lebensunterhalts" aus der selbständigen Tätigkeit orientiere sie sich im Rahmen der Ausübung ihres Ermessens an dem Selbstbehalt der E Tabelle für Erwerbstätige (Stand 01.01.2010). Dieser Betrag belaufe sich auf monatlich 900 Euro (incl. der 300 Euro für die soziale Absicherung). Eine Anschlussförderung sei nach den durch die Agentur für Arbeit festgelegten ermessenslenkenden Weisungen nur dann möglich, wenn die Gewinnerwartung mindestens 600 Euro bzw. maximal 1.800 Euro monatlich betrage. Aufgrund der eingereichten Unterlagen habe die Tragfähigkeit im maßgeblichen Zeitraum von Januar bis März 2011 aufgrund eines durchschnittlichen Gewinns von weit über den festgelegten 1.800 Euro monatlich festgestellt werden können, so dass die Förderung zur Bestreitung der sozialen Absicherung nicht notwendig sei.
9Hiergegen hat der Kläger am 27.06.2010 Klage beim Sozialgericht (SG) Düsseldorf erhoben, mit der er zum einen seine Ausführungen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt hat. Er hat weiterhin die Auffassung vertreten, bereits die Berufung auf ermessenslenkende Weisungen gehe am Sinn einer jeden Ermessen einräumenden Vorschrift vorbei. Darüber hinaus komme es nach dem Willen des Gesetzgebers nur darauf an, ob eine intensive und tragfähige Geschäftstätigkeit vorliege. Wenn dies, wie bei ihm, der Fall sei, reduziere sich das Ermessen auf Null. Der Verweis auf die E Tabelle sei ebenfalls sachfremd, zumal dort nur Nettobeträge genannt seien. Die Beklagte habe auch keine Ermittlungen zu seinen sonstigen Verbindlichkeiten aus diversen Krediten, die monatlich insgesamt 530,- Euro betrügen, vorgenommen und auch seine Kosten für die soziale Sicherung, die monatlich über 1.200,- Euro betrügen, nicht gewürdigt. Auch die von ihm zu zahlenden Steuern habe sie nicht berücksichtigt. Den (vorläufigen) Gewinn für 2010 hat er mit monatlich 3.033,19 Euro veranschlagt, den für Januar bis März 2011 auf monatlich 5.847,17 Euro (vor Steuern). Die Ausgaben für die soziale Sicherung hat er mit Auszügen zweier Rechnungskonten der Partnerschaftgesellschaft belegt.
10Der Kläger hat schriftsätzlich beantragt,
111. den Bescheid der Beklagten vom 16.05.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.05.2011 aufzuheben und
122. die Beklagte zu verpflichten, einen dem Antrag des Klägers vom 01.04.2011 entsprechenden stattgebenden Bescheid zu erlassen.
13Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
14die Klage abzuweisen.
15Sie ist bei ihrer Auffassung verblieben und hat ergänzend die Ermessensrichtlinien zu §§ 57, 58 SGB III vom 31.05.2010 in der Fassung vom 15.10.2010 vorgelegt.
16Das SG hat die Beteiligten mit Schreiben vom 09.03.2012 zu dem beabsichtigten Erlass eines Gerichtsbescheides angehört. Hierzu haben die Beteiligten sich nicht geäußert.
17Mit Gerichtsbescheid vom 25.04.2012 hat das SG die Klage als unbegründet abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Weitergewährung des Gründungszuschusses nach der Maßgabe des § 58 Abs. 2 Satz 1 SGB III a.F.
18Dabei könne dahingestellt bleiben, ob ein solcher Anspruch bereits daran scheitere, dass der entsprechende Antrag erst am 04.05.2011 gestellt worden sei, obwohl der maßgebliche Leistungszeitraum bereits am 01.04.2011 begonnen habe.
19Denn bei der angefochtenen Entscheidung handele es sich um eine Ermessensentscheidung ("kann ... geleistet werden"), die von dem Gericht nur eingeschränkt überprüft werden könne, nämlich dahingehend, ob zunächst die Tatbestandsvoraussetzungen der fraglichen Norm (Ermessensvoraussetzungen) geprüft worden seien und alsdann, ob die Behörde überhaupt von dem eingeräumten Ermessen im Rahmen der Grenzen der Vorschrift Gebrauch gemacht habe (Ermessensnichtgebrauch, Ermessensunterschreitung, Ermessensüberschreitung, Ermessensfehlgebrauch). Ob die Entscheidung der Beklagten dann zweckmäßig sei, sei dagegen von den Gerichten nicht zu überprüfen.
20Danach sei die Entscheidung der Beklagten nicht zu beanstanden. Sowohl in dem streitigen Ausgangsbescheid als auch in dem Widerspruchsbescheid habe die Beklagte ausdrücklich auf den Charakter der Anspruchsnorm als Ermessensvorschrift hingewiesen sowie darauf, dass sie eine Ermessensentscheidung zu treffen habe. Im Rahmen dieser Ermessensentscheidung sei es nicht sachwidrig gewesen, sich inhaltlich auf sog. ermessenslenkende Weisungen/Richtlinien zu beziehen und dabei die Weiterzahlung des Gründungszuschusses auch von Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten abhängig zu machen. Da § 58 Abs. 2 SGB III keine eigenständigen Kriterien für die Ermessensausübung benenne, sei u.a. auf allgemeine Kriterien wie den in § 7 SGB III verankerten Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zurückzugreifen. Dies bedeute für den vorliegenden Sachverhalt: Da der Gründungszuschuss zur Sicherung des Lebensunterhalts und der sozialen Absicherung diene (Verweis auf BT-Drucksache 16/1696 Seite 30), bedürfe es einer solchen Absicherung nicht (mehr), wenn diese schon über die eigenen Einnahmen aus der geförderten Geschäftstätigkeit gewährleistet werden könne (Verweis auf SG Berlin, Urteil vom 08.02.2010 - S 70 AL 3675/07 - Orientierungssatz und Rdnr. 19). Hiervon sei vorliegend auszugehen. Der Kläger selbst gehe von erheblichen (vorläufigen) Gewinnen aus seiner selbständigen Tätigkeit aus, nämlich von durchschnittlich monatlich 3.000 Euro im Jahr 2010 und von etwa 5.800 Euro monatlich in den ersten 3 Monaten des Jahres 2011. Dass sich hieran in der Folgezeit etwas zu Ungunsten des Klägers ändern würde, habe er nicht vorgetragen. Selbst unter Berücksichtigung der tatsächlichen Aufwendungen des Klägers für die soziale Absicherung (ca. 1.200 Euro) verblieben ihm deutlich mehr als die notwendigen Mittel zum Lebensunterhalt. Damit komme aber - wie von der Beklagten zutreffend entschieden - eine weitere Gewährung des Gründungszuschusses nach Maßgabe des § 58 Abs. 2 SGB III nicht in Betracht; dies wäre wegen eines Verstoßes gegen das Wirtschaftlichkeits- und Sparsamkeitsgebot ermessensfehlerhaft.
21Soweit demgegenüber in der Literatur vereinzelt der Eindruck vermittelt werde, für eine weitere Förderung komme es alleine darauf an, dass der Existenzgründer seine erfolgreiche Geschäftstätigkeit dargelegt habe, so entspriche dies nicht der gesetzlichen Regelung. Die (erfolgreiche) Geschäftstätigkeit sei vielmehr bereits Tatbestandsvoraussetzung. Sie eröffne erst die Ermessensbetätigung durch die Beklagte. Diese sei grundsätzlich nicht eingeschränkt. Denn der Gesetzgeber habe die Vorschrift gerade nicht als sog. "Soll-Vorschrift" konzipiert.
22Gegen diesen ihm am 28.04.2012 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 24.05.2012 Berufung eingelegt. Er nimmt auf sein erstinstanzliches Vorbringen Bezug und trägt ergänzend vor, der Beklagten sei es unmöglich gewesen, ihr Ermessen auszuüben, da keinerlei Ermittlungen zu dem ihm zur Verfügung stehenden Einkommen erfolgt seien. Sein Nettoeinkommen im Jahre 2010 sei unbekannt gewesen, da der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2010 erst im Mai 2012 erlassen worden sei. Die Beklagte habe auch keine Auskünfte zu den tatsächlichen Kosten der sozialen Sicherung und den tatsächlichen Lebenshaltungskosten eingeholt. Ohne entsprechende Ermittlungen sei es gar nicht möglich, eine einzelfallbezogene Beurteilung vorzunehmen. Die Beklagte dürfe sich auch nicht allein auf ihre ermessenslenkenden Weisungen berufen, ohne sich mit den Besonderheiten des Sachverhalts auseinanderzusetzen. Im Übrigen dürfe die Förderung nach dem Willen des Gesetzgebers nicht mit der Begründung abgelehnt werden, eine Förderung scheide aus, wenn der Förderungsempfänger die Kosten seiner sozialen Sicherung selbst tragen könne. Vielmehr sei nur eine erfolgreiche selbstständige Tätigkeit förderungsfähig. Auf fehlende finanzielle Ausstattung dürfe sich die Beklagte nicht berufen. Im Übrigen sei die exakte Höhe seines Einkommens irrelevant. Er begehre die kostenpflichtige Rückverweisung und Neubescheidung. An einer Abänderung der Entscheidung durch die Beklagte habe er kein Interesse. In der mündlichen Verhandlung hat er dann klargestellt, dass es ihm ausschließlich um die Leistung gehe.
23Der Kläger beantragt,
24den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Düsseldorf vom 25.04.2012 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 16.05.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.05.2011 zu verurteilen, seinen Antrag auf Weiterbewilligung des Gründungsschusses für weitere sechs Monate ab dem 01.04.2011 unter der Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
25Die Beklagte beantragt,
26die Berufung zurückzuweisen.
27Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für rechtmäßig.
28Der Kläger hat auf Verlangen des Senats eine Einnahmen-Überschussrechnung seiner Partnerschaftsgesellschaft für das Kalenderjahr 2011 eingereicht. Hieraus ergibt sich ein vorläufiger Gewinn nach Abzug von Umsatzsteuer in Höhe von 117.693,14 Euro.
29Der Senat hat den Kläger ferner in der mündlichen Verhandlung vom 17.10.2013 angehört. Der Kläger hat dabei u.a. angegeben, im Jahre 2011 habe er durchschnittlich 3000,- Euro monatlich zur Verfügung gehabt. Dabei sei die soziale Sicherung bereits geleistet worden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.
30Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes nimmt der Senat auf die Prozessakte und die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug. Die Akten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
31Entscheidungsgründe:
32Die nach Klarstellung des Begehrens in der mündlichen Verhandlung zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat die zulässige Verpflichtungsklage im Sinne von § 54 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. SGG zu Recht abgewiesen, weil sie unbegründet ist. Dem Kläger steht der nach seinem eindeutigen Begehren im Sinne von § 123 SGG allein geltend gemachte Anspruch auf Neubescheidung seines Antrags auf Weitergewährung des Gründungszuschusses für die Dauer von sechs Monaten ab dem 01.04.2011 nicht zu.
33Es kann dahinstehen, ob dem Anspruch des Klägers bereits die Vorschrift des § 324 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) entgegen steht, wonach Leistungen der Arbeitsförderung nur erbracht werden, wenn sie vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses beantragt worden sind. Es braucht insoweit nicht geklärt werden, ob § 324 Abs. 1 Satz 1 SGB III auf die Weitergewährung eines Gründungszuschusses anwendbar ist (vgl. hierzu Link, in Eicher/Schlegel, SGB III, § 58 Rn. 32, Stand: März 2011, einerseits und Winkler, in: Gagel, SGB II/SGB III, § 94 SGB III Rn. 9, Stand: April 2012, andererseits) und wann genau der Kläger die Weitergewährung beantragt hat. Ebenso wenig muss entschieden werden, ob eine etwaige verspätete Antragstellung gemäß § 324 Abs. 1 Satz 2 SGB III zur Vermeidung unbilliger Härten zuzulassen wäre, z.B. weil der Kläger auf das etwaige Erfordernis der Stellung eines Weitergewährungsantrags vor Ablauf der ersten Förderungsphase am 31.03.2011 nicht ausreichend hingewiesen worden ist.
34Auch unabhängig von der Vorschrift des § 324 Abs. 1 SGB III ist der Kläger durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 SGG beschwert. Die Beklagte hat den Antrag des Klägers in jedem Fall ermessensfehlerfrei und damit rechtmäßig abgelehnt, so dass der Kläger auch nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG beschwert ist.
351. Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers ist § 58 Abs. 2 SGB III in der hier anwendbaren, bis zum 27.12.2011 geltenden Fassung (SGB III a.F.). Danach kann der Gründungszuschuss für weitere sechs Monate in Höhe von monatlich 300 Euro geleistet werden, wenn die geförderte Person ihre Geschäftstätigkeit anhand geeigneter Unterlagen darlegt. Bestehen begründete Zweifel, kann die Agentur für Arbeit die erneute Vorlage einer Stellungnahme einer fachkundigen Stelle verlangen.
362. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 58 Abs. 2 SGB III a.F. liegen vor. Der Kläger hat gegenüber der Beklagten seine (erfolgreiche) Geschäftstätigkeit durch geeignete Unterlagen dargelegt.
373. Auf der Rechtsfolgenseite sieht § 58 Abs. 2 SGB III jedoch Ermessen vor, d.h. trotz des Vorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen kann die Beklagte die Weitergewährung des Gründungszuschusses ablehnen. Das Gericht kann die Entscheidung der Beklagten nur im Sinne einer Rechtskontrolle daraufhin überprüfen, ob die Beklagte ihr Ermessen entsprechend den Vorgaben von § 39 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) rechtmäßig ausgeübt hat oder ob ein Ermessensfehler im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG vorliegt und der Kläger hierdurch beschwert ist. Es hat jedoch keine eigenen Ermessens- und Zweckmäßigkeitserwägungen anzustellen (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, § 54 Rn. 28). Die Beklagte hat hier ihr Ermessen fehlerfrei ausgeübt.
38Aus § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB I und § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG ergeben sich zwei Schranken der Ermessensausübung: Das Ermessen ist entsprechend dem Zweck der gesetzlichen Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens sind einzuhalten. Hieraus haben Rechtsprechung und Literatur verschiedene Kategorien von Ermessensfehlern (Ermessensnichtgebrauch, Ermessensüberschreitung, Ermessensunterschreitung, Ermessensfehlgebrauch) entwickelt, wobei die Begrifflichkeiten und Unterteilung in die einzelnen Fallgruppen z.T. nicht einheitlich vorgenommen wird (vgl. insoweit BSG, Urt. v. 18.03.2008 - B 2 U 1/07 R -, juris Rn. 16; Keller, a.a.O., Rn. 27). Keiner dieser Ermessensfehler liegt hier vor.
39a) Von einem Ermessensnichtgebrauch oder Ermessensausfall kann entgegen der Auffassung des Klägers keine Rede sein. Die Beklagte hat ihr Ermessen ausweislich der Begründung der angefochtenen Bescheide tatsächlich ausgeübt und sich nicht nur mit formelhaften Erwägungen begnügt. Sie hat sich zwar auf ermessenslenkende Weisungen berufen. Dies ist jedoch nach der Rechtsprechung des BSG zulässig, wenn nicht sogar zur Gewährleistung einer dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) entsprechenden Ermessensausübung geboten. Entscheidend ist, dass die Behörde neben ihren internen Weisungen die Besonderheiten des Einzelfalles beachtet (vgl. zum Ganzen BSG, Urt. v. 16.06.1999 - B 9 V 4/99 R -, juris Rn. 27 m.w.N.). Dies hat die Beklagte getan, indem sie entscheidend darauf abgestellt hat, dass das konkret vom Kläger erzielte Einkommen aus der geförderten selbstständigen Tätigkeit zur sozialen Absicherung ausreicht.
40b) Ebenso wenig liegt eine Ermessensunter- oder überschreitung vor. Die Beklagte hat keine Rechtsfolge gesetzt, die im Gesetz nicht vorgesehen ist. Sie war sich auch dessen bewusst, dass sie den Gründungszuschuss hätte weiterbewilligen können und hat ihr Ermessen folglich auch nicht zu eng ausgelegt.
41c) Der Beklagten kann schließlich auch kein Ermessensfehlgebrauch vorgeworfen werden.
42Ein Ermessensfehlgebrauch liegt zum einen vor, wenn die Behörde ein unsachliches Motiv oder einen sachfremden Zweck verfolgt (Ermessensmissbrauch). Zum anderen liegt der Fehlgebrauch als Abwägungsdefizit vor, wenn sie nicht alle Ermessensgesichtspunkte, die nach der Lage des Falls zu berücksichtigen sind, in die Entscheidungsfindung einbezogen hat. Der Fehlgebrauch kann zudem als Abwägungsdisproportionalität vorliegen, wenn die Behörde die abzuwägenden Gesichtspunkte rechtlich fehlerhaft gewichtet hat. Des Weiteren kann ein Fehlgebrauch erfolgt sein, wenn die Behörde ihrer Ermessensbetätigung einen unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt zugrunde gelegt hat. Deshalb haben die Tatsacheninstanzen in tatsächlicher Hinsicht zu überprüfen, ob die Behörde die Tatsachen, die sie ihrer Ermessensentscheidung zugrunde gelegt hat, zutreffend und vollständig ermittelt hat (vgl. zum Ganzen BSG, Urt. v. 09.11.2010 - B 2 U 10/10 R -, juris Rn. 15). Das Gericht darf dabei die maßgebenden Tatsachen anders feststellen und Beweismittel anders würdigen. Ist die Behörde von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen oder hat sie andere vom Gericht festgestellten Tatsachen nicht berücksichtigt, ist die Entscheidung der Behörde aufzuheben, wenn dadurch die Ermessensentscheidung beeinflusst wurde oder hätte beeinflusst werden können (vgl. Keller, a.a.O., Rn. 28b).
43Ein Ermessenfehlgebrauch in diesem Sinne kann der Beklagten nicht zu Last gelegt werden.
44aa) Indem die Beklagte darauf abgestellt hat, ob der Kläger mit den Einnahmen aus seiner selbstständigen Tätigkeit seinen Lebensunterhalt und die für ihn notwendige soziale Sicherung sicherstellen konnte, hat sie einen legitimen, der Teleologie des § 58 Abs. 2 SGB III a.F. entsprechenden Zweck verfolgt und damit ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der gesetzlichen Ermächtigung ausgeübt (in diesem Sinne auch SG Berlin, Urt. v. 08.02.2010 - S 70 AL 3675/07 -, juris Rn. 19 f.; Winkler, in: Gagel, SGB II/SGB III, § 94 SGB III, Rn. 11, Stand: April 2012).
45Ziele der zweiten Förderphase des Gründungszuschusses sind die Stärkung der Nachhaltigkeit der Gründung und die soziale Absicherung der Gründerinnen und Gründer (BT-Drucks 17/6277, S. 86). Mit der Pauschale von 300,- Euro soll die Absicherung der Existenzgründer in der Sozialversicherung ermöglicht werden, wobei der Gesetzgeber davon ausgeht, dass nach Abschluss der ersten Förderungsphase das Unternehmen derart gefestigt ist, dass der Lebensunterhalt aus den Einnahmen aus der selbstständigen Tätigkeit bestritten werden kann und (allenfalls) noch ein Bedürfnis für die Gewährung von Leistungen zur sozialen Absicherung besteht (vgl. BT-Drucks 16/1696, S. 31). Wenn der Gesetzgeber in Anbetracht dieser Erwägungen die Weitergewährung des auf die pauschale soziale Absicherung reduzierten Gründungszuschusses in das Ermessen der Beklagten stellt, so entspricht es dem Sinn und Zweck dieser Ermächtigung, dass die Weitergewährung abgelehnt werden kann, wenn die Absicherung schon über die eigenen Einnahmen aus der geförderten Geschäftstätigkeit gewährleistet werden kann (vgl. SG Berlin, a.a.O., Rn. 19 a.E.).
46Entgegen der Auffassung des Klägers gebietet der Zweck des § 58 Abs. 2 SGB III a.F. gerade nicht, bei der Ermessensentscheidung allein auf die Tragfähigkeit sowie den bisherigen und den zukünftig zu erwartenden Erfolg der geförderten Tätigkeit abzustellen. Die Gesetzgebungsmaterialien enthalten insoweit keine Anhaltspunkte. Soweit es in der Begründung des Entwurfs zu § 58 SGB III a.F. heißt, Gründungen sollten nur weiter gefördert werden, wenn eine intensive Geschäftstätigkeit und hauptberufliche unternehmerische Aktivitäten vorlägen, beziehen sich diese Ausführungen eindeutig auf die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 58 Abs. 2 SGB III, wonach die geförderte Person ihre Geschäftstätigkeit anhand geeigneter Unterlagen darzulegen hat. Die fehlende Tragfähigkeit des Unternehmens ist nach dem Willen des Gesetzgebers vielmehr ein negatives Ausschlusskriterium, das jedenfalls im Rahmen der Ermessensentscheidung zur Ablehnung der Weitergewährung des Gründungszuschusses führen kann oder sogar im Sinne einer Ermessensreduzierung auf Null führen muss. Ist das Unternehmen tragfähig, bedeutet dies jedoch nicht zwangsläufig, dass der reduzierte Gründungszuschuss weiterzuzahlen ist.
47Es kann noch nicht einmal davon ausgegangen werden, dass das Ermessen in diesem Fall im Sinne einer Weitergewährung intendiert ist. Dagegen spricht bereits der Wortlaut des § 58 Abs. 2 SGB III a.F., wonach der Gründungszuschuss weitergewährt werden "kann" und nicht "soll". Aus den Gesetzgebungsmaterialien ergibt sich nichts anderes. Mit der Normierung einer maximalen Gesamtförderungsdauer von 15 Monaten ist der Gesetzgeber zwar davon ausgegangen, dass dieser Förderungszeitraum sowohl ausreichend als auch im Regelfall erforderlich ist, um den Erfolg einer Existenzgründung zu sichern. Er hat darüber hinaus angenommen, dass ein Existenzgründer nach Ablauf der ersten Förderungsphase regelmäßig noch Förderungsbedarf im Hinblick auf die soziale Absicherung haben wird. Wenn dies jedoch nicht der Fall ist, weil der Existenzgründer ein hohes Einkommen aus der geförderten selbstständigen Tätigkeit erzielt, sind die Regelannahmen des Gesetzgebers widerlegt. Gerade um diesen Fällen Rechnung zu tragen, hat der Gesetzgeber der Beklagten Ermessen eingeräumt. Der Gründungszuschuss ist gerade nicht als Belohnung für eine erfolgreiche Tätigkeit gedacht, sondern impliziert einen Förderungsbedarf, der dann nicht besteht, wenn das erzielte Einkommen zur sozialen Sicherung ausreicht.
48Dass die Beklagte darauf abgestellt hat, dass dem Kläger eine ausreichende soziale Absicherung aus seinem Einkommen aus seiner selbstständigen Tätigkeit möglich ist, verstößt schließlich entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht gegen höherrangiges Recht. Der aus Sicht der Beklagten maßgebliche ermessensleitende Gesichtspunkt findet seine rechtliche Grundlage im gesetzlichen Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (vgl. § 7 Satz 1 SGB III) und ergibt sich unmittelbar aus den Gesetzgebungsmaterialien. Von Willkür kann deshalb ebenso wenig die Rede sein wie von einem Verstoß gegen rechtsstaatliche Prinzipien. Vertrauensschutzgesichtspunkten zugunsten der Geförderten wird dadurch hinreichend Rechnung getragen, dass vor der Entscheidung über den Weiterbewilligungsantrag in Gestalt einer Prognose geprüft wird, ob das Einkommen aus der selbstständigen Tätigkeit voraussichtlich zur sozialen Absicherung ausreicht.
49bb) Die Beklagte hat auch keinen Abwägungsfehler gemacht. Ein für die Weiterbewilligung sprechender Gesichtspunkt, der mindestens ebenso gewichtig wäre wie der für die Ablehnung maßgebliche Gesichtspunkt der ausreichenden Möglichkeiten des Klägers, aus dem Einkommen aus seiner selbstständigen Tätigkeit die Aufwendungen für die soziale Absicherung zu tragen, ist nicht ersichtlich. Dass sich die Tätigkeit des Klägers in der ersten Förderungsphase als tragfähig und erfolgreich erwiesen hat, stand der Ablehnung der Weiterbewilligung nicht entgegen, da die zweite Förderungsphase nach den vorstehenden Ausführungen dazu dient, eine ausreichende soziale Absicherung zu gewährleisten, jedoch keine Belohnung für erfolgreiches Wirtschaften darstellt.
50cc) Die Beklagte ist schließlich auch nicht von einem unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt ausgegangen.
51(1) Ein unvollständiger Sachverhalt liegt nicht bereits deshalb vor, weil die Beklagte das genaue Nettojahreseinkommen des Klägers unter Berücksichtigung der maßgeblichen Jahressteuerlast im Jahre 2011 bei Erlass des Bescheides vom 16.05.2011 nicht kannte, da sogar der Steuerbescheid für das Jahr 2010 erst im Jahre 2012 erlassen wurde. Die Beklagte hatte vielmehr von vornherein eine Prognose darüber zu treffen, welche Einnahmen der Kläger voraussichtlich in der möglichen zweiten Förderungsphase vom 01.04.2011 bis zum 30.09.2011 zur Verfügung haben würde und ob diese voraussichtlich verfügbaren Einnahmen für eine angemessene soziale Absicherung ausreichen würden. Für die Richtigkeit dieser Prognose kam es nicht auf das tatsächlich zu versteuernde Gesamtjahreseinkommen oder sogar den Steuerbescheid für das Jahr 2011 an. Vielmehr konnten allein die bei Erlass des Bescheids vom 16.05.2011 bzw. des Widerspruchsbescheids vom 23.05.2011 (vgl. zum maßgeblichen Zeitpunkt für eine Prognoseentscheidung BSG, Urt. v. 03.07.2003 - B 7 AL 66/02 R -, juris Rn. 24 f. m.w.N.) bekannten Umstände Grundlage für die Prognoseentscheidung der Beklagten sein.
52(2) Die Prognose der Beklagten, dass das Einkommen des Klägers aus seiner selbstständigen Tätigkeit zur sozialen Absicherung im möglichen sechsmonatigen Förderungszeitraum vom 01.04.2011 bis zum 30.09.2011 ausreichen würde, beruhte auf einer hinreichend sicheren Tatsachengrundlage und war im Ergebnis auch zutreffend.
53Dies folgt schon daraus, dass der Kläger nach dem Partnerschaftsgesellschaftvertrag eine Vorabentnahme auf seinen Gewinnanteil in Höhe von 3.000,- Euro brutto monatlich zu erhalten hatte und die Gesellschaft nach § 10 Abs. 2 bis 4 des Vertrages darüber hinaus die Kosten für eine private Vollversicherung bis zur Höhe der Beiträge zur freiwilligen gesetzlichen Krankenversicherung und die Beiträge zum Versorgungswerk der Rechtsanwälte zu tragen und zu zahlen hatte. Der Kläger hatte dementsprechend aus seinem zu erwartenden privaten Monatseinkommen aus selbstständiger Tätigkeit in Gestalt der Vorabentnahme in Höhe von 3.000,- Euro gar keine Aufwendungen für seine soziale Sicherung mehr zu bestreiten.
54Diese vertraglichen Regelungen konnten nach der wirtschaftlichen Lage der Partnerschaftsgesellschaft, wie sie sich im Zeitpunkt der Entscheidungen der Beklagten darstellte, im Jahre 2011 auch voraussichtlich umgesetzt werden. Aus den bei der Beklagten zuletzt eingereichten Unterlagen des Klägers, die mit den im Berufungsverfahren eingereichten Unterlagen übereinstimmen, ergab sich im Zeitraum vom 01.01.2011 bis zum 31.03.2011 ein vorläufiger Gesellschaftsgewinn im ersten Quartal von 35.083,- Euro, bei dessen Ermittlung allerdings die Kosten für die Krankenversicherung und die Altersversorgung des Klägers offensichtlich nicht berücksichtigt wurden. Für den Kläger ergab sich damit ein rechnerischer Bruttogewinn von monatlich 5847,17 Euro. Nach Abzug der Beiträge zur Krankenversicherung und zum Versorgungswerk (rund 1.200,- Euro) betrug der verbleibende Bruttogewinn 4.647,17 Euro. Hiervon waren dann noch die quartalsweise abzuführenden Vorauszahlungen auf die Einkommensteuer abzuziehen. Diese wurden im Jahre 2011, da noch kein Einkommensteuerbescheid vorlag, offensichtlich auf der Grundlage des vom Kläger gegenüber dem zuständigen Finanzamt angegebenen voraussichtlichen Jahresgewinns in Höhe von 30.000 Euro festgesetzt. Ausgehend von dem im Internet veröffentlichten Einkommensteuerrechner des Bundesfinanzministeriums (https://www.bmf-steuerrechner.de/ekst/ekst.jsp) ergab sich bei einem zu versteuernden Jahreseinkommen von 30.000,- Euro im Jahre 2011 eine Jahressteuerlast inklusive Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer von 6.468,43 Euro im Jahr und 539,04 Euro im Monat. Selbst unter Berücksichtigung der Einkommensteuervorauszahlungen verblieb dem Kläger deshalb ausgehend von den bei Entscheidung der Beklagten vorliegenden Daten ein voraussichtlicher Nettogewinn, der die vertraglich vereinbarten monatlichen Vorabentnahmen deutlich überstieg.
55Der Einwand des Klägers, die vorläufige Gewinnberechnung sei allein nach steuerrechtlichen Vorschriften erfolgt, die die realen Betriebsausgaben nicht hinreichend spiegelten, führt zu keiner anderen Bewertung.
56Zum einen hat der Kläger insoweit bereits nicht schlüssig vorgetragen. Es trifft zwar zu, dass größere Anschaffungen, z.B. Einrichtungsgegenstände für das Büro der Partnerschaftsgesellschaft, nicht mit ihrem Kaufpreis als Betriebsausgaben anzusetzen sind, sondern über Jahre hinweg mit Teilbeträgen abzuschreiben sind. Der Kläger hat jedoch auch auf Befragen des Senats in der mündlichen Verhandlung nicht ansatzweise darzulegen vermocht, welche tatsächlichen Ausgaben ihm und seiner Partnerin in Bezug auf abzuschreibende Gegenstände im Jahre 2011 tatsächlich entstanden sind. Die wesentlichen Einrichtungsgegenstände, wie z.B. die EDV-Anlage, dürfte der Kläger bereits im Jahre 2010 angeschafft haben. Dies hat der Kläger auf Befragen des Senats auch zunächst so bestätigt. Hieraus wären im Jahre 2011 aber nur dann Belastungen erwachsen, wenn der Kläger für die Anschaffung ein Darlehen hätte aufnahmen müssen. Nach seinen eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung hat der Kläger jedoch insoweit kein Darlehen aufgenommen. Der Kläger hat sodann seinen Vortrag ergänzt und behauptet, er habe aus den laufenden Einnahmen auch im Jahre 2011 weitere Gegenstände für die Gesellschaft angeschafft. Er hat seinen Vortrag insoweit jedoch nicht konkretisiert. Nicht zuletzt deshalb drängt sich dem Senat der Eindruck auf, dass der Kläger seinen Vortrag dem jeweiligen Verfahrensstand entsprechend anpasst, um eine für ihn günstige Entscheidung zu erhalten.
57Zum anderen und vor allem hat der Kläger auf Befragen des Senats ausdrücklich angegeben, er habe im Jahre 2011 nach Abzug der Ausgaben für die soziale Sicherung durchschnittlich 3000,- Euro monatlich zur Verfügung gehabt. Damit hat der Kläger in der Sache bestätigt, dass die Vereinbarungen aus dem Gesellschaftvertrag im Jahre 2011 auch tatsächlich umgesetzt wurden. Seine Einwände gegen die Heranziehung der vorläufigen Gewinnermittlung als Grundlage der Ermessensentscheidung sind deshalb unerheblich.
58Ob der dem Kläger vertraglich zustehende und auch offensichtlich tatsächlich ausgezahlte Gewinnanteil von 3000,- Euro monatlich ausreichte, um den Lebensunterhalt des Klägers - ohne die soziale Absicherung - sicherzustellen, ist nach den maßgeblichen Ermessenerwägungen der Beklagten und auch nach dem unter aa) dargelegten Zweck der Ermessenregelung nicht relevant, da der Gründungszuschuss in der zweiten Förderungsphase nicht mehr der Sicherstellung des Lebensunterhaltes dient.
59Im Übrigen konnte der Kläger seinen Lebensunterhalt offensichtlich aus den monatlichen Gewinnentnahmen decken. Selbst unter Berücksichtigung der oben errechneten Einkommensteuervorauszahlungen ergibt sich ein monatliches Nettoeinkommen von mindestens 2.400,- Euro. Dies übersteigt die vom Kläger in dem bei der Beklagten eingereichten Businessplan in Höhe von 2.200,- Euro monatlich veranschlagten Lebenshaltungskosten einschließlich 500,- Euro monatlich Fahrtkosten und 400,- Euro monatlich Kreditkosten deutlich.
60(3) Die Entscheidung der Beklagten ist entsprechend den vorstehenden Ausführungen auch nicht wegen etwaiger unzureichender Ermittlungen in tatsächlicher Hinsicht ermessensfehlerhaft. Die Beklagte hat zwar die Regelungen im Partnerschaftsgesellschaftsvertrag übersehen und bei ihrer Entscheidung augenscheinlich nur auf den rechnerischen monatlichen Bruttogewinnanteil des Klägers abgestellt. Dem Kläger ist auch zuzugeben, dass die Beklagte bei dieser Vorgehensweise konsequenterweise Überlegungen und Ermittlungen zu dem verfügbaren Nettoeinkommen des Klägers und seinen tatsächlichen Ausgaben für die soziale Sicherung hätte anstellen müssen. Der Kläger ist hierdurch aber nicht beschwert, denn nach den vorstehenden Ausführungen zu (2) war die Prognose der Beklagten im Ergebnis zutreffend. Der Senat ist an die Methode der Beklagten zur Ermittlung, ob der Kläger aus seinem Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit eine angemessene soziale Absicherung bewerkstelligen kann, nicht gebunden, sondern ist nicht nur berechtigt, sondern gemäß § 103 SGG auch verpflichtet, eigene Ermittlungen anzustellen. Erweist sich, wie hier, der von der Beklagten im Rahmen ihrer Ermessenentscheidung angenommene Sachverhalt nach den gerichtlichen Ermittlungen als zutreffend, scheidet eine Verpflichtung der Beklagten zur Neubescheidung aus, weil die Beklagte aufgrund des durch die gerichtlichen Ermittlungen im Ergebnis bestätigten Sachverhalts die Weiterbewilligung wiederum deshalb ablehnen könnte und würde, weil der Kläger wegen ausreichender Möglichkeiten der sozialen Absicherung aus seiner selbstständigen Tätigkeit keiner weiteren Förderung bedurfte. Im Übrigen war das Ermessen der Beklagten deshalb auch im Sinne einer Ablehnung der Weiterbewilligung auf Null reduziert.
61(4) Aus den gleichen Erwägungen kann auch dahinstehen, ob die von der Beklagten angenommenen Grenzbeträge rechtmäßig sind, denn auf sie kommt es im vorliegenden Fall nicht an.
624. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
635. Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.
(1) Eine Berufsausbildung, die teilweise im Ausland durchgeführt wird, ist auch für den im Ausland durchgeführten Teil förderungsfähig, wenn dieser Teil im Verhältnis zur Gesamtdauer der Berufsausbildung angemessen ist und die Dauer von einem Jahr nicht übersteigt.
(2) Eine betriebliche Berufsausbildung, die vollständig im angrenzenden Ausland oder in den übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union durchgeführt wird, ist förderungsfähig, wenn
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin wendet sich gegen die Ablehnung der weiteren Förderung durch Gründungszuschuss (GZ) in Höhe von 300 Euro monatlich für sechs Monate.
3Für die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit durch Betrieb einer Hundepension bewilligte die Beklagte GZ mit Bescheid vom 27.04.2011 für die Zeit vom 29.05.2011 bis 28.02.2011 in Höhe von 1.575,90 Euro. Darin enthalten war eine Pauschale in Höhe von 300 Euro für die soziale Sicherung. Der Bescheid enthielt den Hinweis auf die Möglichkeit einer weiteren Förderung auf Antrag rechtzeitig vor Ablauf des Bewilligungszeitraumes.
4Am 10.07.2012 beantragte die Klägerin Weitergewährung des GZ ab März 2011. Sie legte einen betriebswirtschaftlichen Kurzbericht über die Einnahmen und Ausgaben für den Monat Mai 2012 sowie den Zeitraum Januar bis Mai 2012 vor. Aus dem Bericht für den Zeitraum Januar bis Mai ergab sich nach Abzug der Ausgaben inklusive der Abschreibungen ein Gewinn in Höhe von 728,90 Euro.
5Mit Bescheid vom 25.07.2012 lehnte die Beklagte die Weitergewährung des GZ mit der Begründung ab, die selbständige Tätigkeit sei angesichts des Gewinnes von durchschnittlich nur 145,78 Euro nicht tragfähig.
6Mit ihrem Widerspruch wies die Klägerin darauf hin, dass sich zuzüglich der Abschreibungen für Januar bis Juli ein Durchschnittsgewinn in Höhe von 1.440,12 Euro ergebe. Sie legte eine betriebswirtschaftliche Berechnung für Januar bis Juli vor.
7Mit Widerspruchsbescheid vom 17.10.2012, abgesandt am 18.10.2012, wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, im Rahmen ihres Ermessens komme eine Förderung grundsätzlich nur dann in Betracht, wenn die durchschnittliche Gewinnerwartung den Betrag von 694 Euro, der sich aus dem Regelbedarf und der ortsüblichen Miete ergebe, monatlich übersteige. Hier sei nach den vorgelegten Unterlagen im Widerspruch durchschnittlich zwar ein Gewinn von 795,70 Euro anzunehmen, zuzüglich der Abschreibungen, wie von der Klägerin gefordert, ergebe sich aber ein Durchschnittsbetrag von 1.440,72 Euro. Damit aber sei die Klägerin in der Lage, ihren Lebensunterhalt einschließlich der sozialen Sicherung zu gewährleisten. Auch die späte Antragstellung sei ein Indiz dafür, dass die Einkommensverhältnisse ausreichend gewesen seien und so der weitere GZ nicht benötigt werde.
8Hiergegen richtet sich die am 22.11.2012 erhobene Klage. Die Klägerin trägt vor, die Beklagte argumentiere im Bescheid und Widerspruchsbescheid widersprüchlich. Sie orientiere sich richtigerweise am SGB II-Regelsatz. Tatsächlich habe die Klägerin einen durchschnittlichen Gewinn von 795 Euro = 708,46 Euro netto gemacht und liege damit über dem Regelsatz von 694 Euro monatlich. Die Ablehnung sei daher ermessensfehlerhaft.
9Sie legt einen Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 2012 vor, wonach Einkommenssteuer nicht erhoben wurde.
10Die Klägerin beantragt schriftsätzlich,
11den Bescheid der Beklagten vom 25.07.2012 in der Fassung des Wider-spruchsbescheides vom 17.10.2012 aufzuheben und ihr den beantragten Gründungszuschuss zu gewähren.
12Die Beklagte beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Sie bezweifelt die Einhaltung der Klagefrist. Eine Weitergewährung komme nicht mehr in Betracht, wenn der Antragsteller aufgrund der vorhandenen Einnahmen auch zur Finanzierung der sozialen Absicherung in der Lage sei. Dabei komme es darauf an, was die Klägerin tatsächlich zur Verfügung habe, so dass auf den Gewinn von rund 1.400 Euro abzustellen sei. Im Übrigen sei auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin den Antrag monatelang nicht gestellt habe. Dabei gehe es nicht um eine Verspätung oder Ausschlussfrist, sondern darum, dass die Klägerin auf weiteren Zuschuss nicht angewiesen sei.
15Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakte verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
16Entscheidungsgründe:
17Das Gericht konnte in Abwesenheit der Klägerin und ihres Bevollmächtigten verhandeln und entscheiden (§ 126 Sozialgerichtsgesetz). Die Klägerin und ihr Bevollmächtigter sind hierauf in der Ladung hingewiesen worden. Angesichts der auf Nachfrage erfolgten Mitteilung, dass zum Termin keiner erscheinen werde, ist davon auszugehen, dass die Klägerin die Ladung trotz fehlender förmlicher Zustellung erhalten hat und damit den Hinweis zur Kenntnis nehmen konnte.
18Die Klage ist zulässig. Sie ist insbesondere fristgerecht erhoben. Gemäß § 87 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist die Klage binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides zu erheben. Nach dem Eingangsstempel des Klägerbevollmächtigten ist der Widerspruchsbescheid am 22.10.2012, einem Montag, zugegangen. Die am 22.11.2012 erhobene Klage ist daher fristgerecht.
19Die Klage ist jedoch nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 25.07.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.10.2012 ist rechtmäßig und beschwert die Klägerin nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 SGG in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Weiterzahlung des GZ. Weder liegt eine Ermessensreduzierung auf Null vor, noch ist der Klage teilweise stattzugeben dahingehend, dass die Beklagte infolge eines Ermessensfehlers zur Neubescheidung zu verurteilen wäre.
20Gemäß § 58 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) in der bis zum 27.12.2011 geltenden Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitssu-chende vom 20.07.2006, die gemäß § 132 SGB III n.F. anzuwenden ist, kann der Gründungszuschuss für weitere sechs Monate in Höhe von monatlich 300 Euro geleistet werden, wenn die geförderte Person ihre Geschäftstätigkeit anhand geeigneter Unterlagen darlegt.
21Ob diese weitere Förderung gemäß § 324 Abs. 1 Satz 1 SGB III unter dem Vorbehalt einer - hier nicht erfolgten – rechtzeitigen Antragsstellung vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses stehen, kann hier offenbleiben (vgl. Landessozialgericht NRW (LSG NRW), Urteil vom 17.10.2013 – L 9 AL 150/12, juris Randnr. 31 mit Hinweisen zum Meinungsstreit, dort ebenfalls offen gelassen). Denn auch unabhängig hiervon ist die Klägerin durch den angefochtenen Bescheid nicht beschwert, weil die Beklagte den Antrag ermessensfehlerfrei und damit rechtmäßig abgelehnt hat. Ein Ermessensfehler ist nicht ersichtlich.
22Da die Weitergewährung des Gründungszuschusses im Ermessen der Beklagten steht, kann die Beklagte trotz des Vorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen die Gewährung ablehnen. Das Gericht kann diese Entscheidung nur im Sinne einer Rechtskontrolle daraufhin überprüfen, ob die Beklagte ihr Ermessen entsprechend den Vorgaben von § 39 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) rechtmäßig ausgeübt hat oder ob ein Ermessensfehler im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG vorliegt und der Kläger hierdurch beschwert ist. Nach § 39 SGB I haben die Leistungsträger, soweit sie ermächtigt sind, bei der Entscheidung nach ihrem Ermessen zu handeln, ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten. Auf die pflichtgemäße Ausübung des Ermessens besteht danach ein Anspruch. Nach § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG ist Rechtswidrigkeit dann, soweit die Behörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist. Eigenen Ermessens- und Zweckmäßigkeitserwägungen hat das Gericht demgegenüber nicht anzustellen. Aus § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB I und § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG ergeben sich damit zwei Schranken der Ermessensausübung: Das Ermessen ist entsprechend dem Zweck der gesetzlichen Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens sind einzuhalten. Hieraus haben Rechtsprechung und Literatur verschiedene Kategorien von Ermessensfehlern (Ermessensnichtgebrauch, Ermessensüberschreitung, Ermessensunterschreitung, Ermessensfehlgebrauch) entwickelt, wobei die Begrifflichkeiten und Unterteilung in die einzelnen Fallgruppen z.T. nicht einheitlich vorgenommen wird (vgl. insoweit BSG, Urt. v. 18.03.2008 - B 2 U 1/07 R -, juris Rn. 16; LSG NRW, Urteil vom 17. Oktober 2013 – L 9 AL 150/12 –, juris Rn. 35ff, m.w.N ; Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer, Kommentar zu § 54 SGG,10. Auflage 2012, Rn. 27; Kuhnke in jurisPK-SGB III, 1. Aufl. 2014, § 93 SGB III, Rn. 35 ). a) Ein Ermessensnichtgebrauch oder Ermessensausfall liegt vor, wenn die Behörde ihr Ermessen nicht ausgeübt hat oder dies im Bescheid nicht zum Ausdruck gebracht hat; er liegt dann nicht vor, wenn die Beklagte ihr Ermessen ausweislich der Begründung der angefochtenen Bescheide tatsächlich ausgeübt und sich nicht nur mit formelhaften Erwägungen begnügt hat. Entscheidend ist, dass die Behörde neben eventuellen, zur Wahrung des Gleichheitsgebotes zulässigen internen Weisungen die Besonderheiten des Einzelfalles beachtet. b) Eine Ermessensunter- oder -überschreitung liegt vor, wenn die Beklagte eine Rechtsfolge gesetzt hat, die im Gesetz nicht vorgesehen ist oder sich nicht bewusst ist, dass sie den Gründungszuschuss hätte bewilligen können oder ihr Ermessen zu eng ausgelegt hat. c) Ein Ermessensfehlgebrauch liegt zum einen vor, wenn die Behörde ein unsachliches Motiv oder einen sachfremden Zweck verfolgt (Ermessensmissbrauch). Zum anderen liegt der Fehlgebrauch als Abwägungsdefizit vor, wenn sie nicht alle Ermessensgesichtspunkte, die nach der Lage des Falls zu berücksichtigen sind, in die Entscheidungsfindung einbezogen hat. Der Fehlgebrauch kann zudem als Abwägungsdisproportionalität vorliegen, wenn die Behörde die abzuwägenden Gesichtspunkte rechtlich fehlerhaft gewichtet hat. Des Weiteren kann ein Fehlgebrauch erfolgt sein, wenn die Behörde ihrer Ermessensbetätigung einen unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt zugrunde gelegt hat. Ist die Behörde von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen oder hat sie andere vom Gericht festgestellte Tatsachen nicht berücksichtigt, ist die Entscheidung der Behörde aufzuheben, wenn dadurch die Ermessensentscheidung beeinflusst wurde oder hätte beeinflusst werden können (vgl. LSG NRW, Urteil vom 17. Oktober 2013 – L 9 AL 150/12 –, juris Rn. 35ff, m.w.N.; Keller, a.a.O., Rn. 27ff.).
23Die Beklagte hat erkannt, dass Ermessen auszuüben ist und hat weder eine nicht vorgesehene Rechtsfolge gesetzt noch ihr Ermessen zu eng ausgelegt. Auch ein Ermessensfehlgebrauch liegt nicht vor. Die Beklagte hat, indem sie die sich aus der selbständigen Tätigkeit ergebende Leistungsfähigkeit unter dem Gesichtspunkt der Erforderlichkeit der Leistung zur Sicherung des Lebensunterhaltes und der sozialen Sicherung geprüft hat, von einem durch den Zweck des § 58 Abs. 2 SGB III gerechtfertigten Ermessensgesichts-punkt Gebrauch gemacht hat (LSG NRW, Urteil vom 17. Oktober 2013 – L 9 AL 150/12 –, juris Rn. 42ff ; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 28.02.2014 – L 8 AL 1515/13, juris Rn. 35, Sozialgericht Chemnitz, Urteil vom 12.06.2014 – S 26 AL 863/12, juris Rn. 41 f.; Kuhnke in jurisPK-SGB III, § 93 SGB III Rn. 36). Die Kammer verweist hierzu auf die zu-treffenden und ausführlichen Erläuterungen in der angegebenen Entscheidung des LSG NRW im Urteil vom 17.10.2013 (a.a.O., juris Rn. 42 ff.) und macht sich diese zu Eigen. Das Landessozialgericht hat dort ausgeführt:
24"Indem die Beklagte darauf abgestellt hat, ob der Kläger mit den Einnahmen aus seiner selbstständigen Tätigkeit seinen Lebensunterhalt und die für ihn notwendige soziale Sicherung sicherstellen konnte, hat sie einen legitimen, der Teleologie des § 58 Abs. 2 SGB III a.F. entsprechenden Zweck verfolgt und damit ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der gesetzlichen Ermächtigung ausgeübt (in diesem Sinne auch SG Berlin, Urt. v. 08.02.2010 - S 70 AL 3675/07 -, juris Rn. 19 f.; Winkler, in: Gagel, SGB II/SGB III, § 94 SGB III, Rn. 11, Stand: April 2012). Ziele der zweiten Förderphase des Gründungszuschusses sind die Stärkung der Nachhaltigkeit der Gründung und die soziale Absicherung der Gründerinnen und Gründer (BT-Drucks 17/6277, S. 86). Mit der Pauschale von 300,- Euro soll die Absicherung der Existenzgründer in der Sozialversicherung ermöglicht werden, wobei der Gesetzgeber davon ausgeht, dass nach Abschluss der ersten Förderungsphase das Unternehmen derart gefestigt ist, dass der Lebensunterhalt aus den Einnahmen aus der selbstständigen Tätigkeit bestritten werden kann und (allenfalls) noch ein Bedürfnis für die Gewährung von Leistungen zur sozialen Absicherung besteht (vgl. BT-Drucks 16/1696, S. 31). Wenn der Gesetzgeber in Anbetracht dieser Erwägungen die Weitergewährung des auf die pauschale soziale Absicherung reduzierten Gründungszuschusses in das Ermessen der Beklagten stellt, so entspricht es dem Sinn und Zweck dieser Ermächtigung, dass die Weitergewährung abgelehnt werden kann, wenn die Absicherung schon über die eigenen Einnahmen aus der geförderten Geschäftstätigkeit gewährleistet werden kann (vgl. SG Berlin, a.a.O., Rn. 19 a.E.). Entgegen der Auffassung des Klägers gebietet der Zweck des § 58 Abs. 2 SGB III a.F. gerade nicht, bei der Ermessensentscheidung allein auf die Tragfähigkeit sowie den bisherigen und den zukünftig zu erwartenden Erfolg der geförderten Tätigkeit abzustellen. Die Gesetzgebungsmaterialien enthalten insoweit keine Anhaltspunkte. Soweit es in der Begründung des Entwurfs zu § 58 SGB III a.F. heißt, Gründungen sollten nur weiter gefördert werden, wenn eine intensive Geschäftstätigkeit und hauptberufliche unternehmerische Aktivitäten vorlägen, beziehen sich diese Ausführungen eindeutig auf die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 58 Abs. 2 SGB III, wonach die geförderte Person ihre Geschäftstätigkeit anhand geeigneter Unterlagen darzulegen hat. Die fehlende Tragfähigkeit des Unternehmens ist nach dem Willen des Gesetzgebers vielmehr ein negatives Ausschlusskriterium, das jedenfalls im Rahmen der Ermessensentscheidung zur Ablehnung der Weitergewährung des Gründungszuschusses führen kann oder sogar im Sinne einer Ermessensreduzierung auf Null führen muss. Ist das Unternehmen tragfähig, bedeutet dies jedoch nicht zwangsläufig, dass der reduzierte Gründungszuschuss weiterzuzahlen ist. Es kann noch nicht einmal davon ausgegangen werden, dass das Ermessen in diesem Fall im Sinne einer Weitergewährung intendiert ist. Dagegen spricht bereits der Wortlaut des § 58 Abs. 2 SGB III a.F., wonach der Gründungszuschuss weitergewährt werden "kann" und nicht "soll". Aus den Gesetzgebungsmaterialien ergibt sich nichts anderes. Mit der Normierung einer maximalen Gesamtförderungsdauer von 15 Monaten ist der Gesetzgeber zwar davon ausgegangen, dass dieser Förderungszeitraum sowohl ausreichend als auch im Regelfall erforderlich ist, um den Erfolg einer Existenzgründung zu sichern. Er hat darüber hinaus angenommen, dass ein Existenzgründer nach Ablauf der ersten Förderungsphase regelmäßig noch Förderungsbedarf im Hinblick auf die soziale Absicherung haben wird. Wenn dies jedoch nicht der Fall ist, weil der Existenzgründer ein hohes Einkommen aus der geförderten selbstständigen Tätigkeit erzielt, sind die Regelannahmen des Gesetzgebers widerlegt. Gerade um diesen Fällen Rechnung zu tragen, hat der Gesetzgeber der Beklagten Ermessen eingeräumt. Der Gründungszuschuss ist gerade nicht als Belohnung für eine erfolgreiche Tätigkeit gedacht, sondern impliziert einen Förderungsbedarf, der dann nicht besteht, wenn das erzielte Einkommen zur sozialen Sicherung ausreicht.
25Dass die Beklagte darauf abgestellt hat, dass dem Kläger eine ausreichende soziale Absicherung aus seinem Einkommen aus seiner selbstständigen Tätigkeit möglich ist, verstößt schließlich entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht gegen höherrangiges Recht. Der aus Sicht der Beklagten maßgebliche ermessensleitende Gesichtspunkt findet seine rechtliche Grundlage im gesetzlichen Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (vgl. § 7 Satz 1 SGB III) und ergibt sich unmittelbar aus den Gesetzgebungsmaterialien. Von Willkür kann deshalb ebenso wenig die Rede sein wie von einem Verstoß gegen rechtsstaatliche Prinzipien. Vertrauensschutzgesichtspunkten zugunsten der Geförderten wird dadurch hinreichend Rechnung getragen, dass vor der Entscheidung über den Weiterbewilligungsantrag in Gestalt einer Prognose geprüft wird, ob das Einkommen aus der selbstständigen Tätigkeit voraussichtlich zur sozialen Absicherung ausreicht" (LSG NRW, Urteil vom 17. Oktober 2013 – L 9 AL 150/12 –, juris Rn. 42 bis 46).
26Im hier zu entscheidenden Fall hat die Beklagte unter Anwendung dieser Grundsätze keinen Abwägungsfehler vorgenommen. Entgegen der Auffassung der Klägerin liegt kein Widerspruch in der Tatsache, dass die Beklagte die Auffassung der Klägerin im Widerspruch, dass die Abschreibungen tatsächlich abzuziehen seien und ihr daher monatlich durchschnittlich 1.440,12 Euro zustehen, berücksichtigt hat und der Entscheidung über den Widerspruch zugrunde gelegt hat. Sie hat sich damit die Argumentation der Klägerin zu Eigen gemacht, was Ziel eines jeden Widerspruchs sein dürfte. Die Beklagte ist jedoch nicht verpflichtet, mit dieser Argumentation zu dem gleichen Schluss zu gelangen, zu dem die Klägerin gelangt ist. Richtig ist zwar, dass eine Ablehnung mit der Begründung fehlender Tragfähigkeit damit nicht mehr in Betracht kam. Die Beklagte konnte ihre Ermessenserwägungen jedoch noch bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens ändern. Es ist nicht nachvollziehbar, aus welchen Gründen sie die Argumentation der Klägerin nicht berücksichtigen dürfte. Fraglich könnte allenfalls sein, welcher Betrag für die Beurteilung, ob der Lebensunterhalt nunmehr ausreichend gesichert ist, zugrunde zu legen ist. Dienstanweisungen hierzu, die als ermessenslenkende Richtlinien hätten erlassen dürfen, sofern darin die Prüfung besonderer Umstände des Einzelfalles ermöglicht wird (vgl. BSG, Urteil vom 11.11.1993 – 7 RAr 52/93, juris Rn. 29ff sowie vom 01.06.2006 – B 7 a AL 34/05 R – juris Rn. 12) sind nicht vorhanden. Ob Beklagte verpflichtet ist, Überlegungen und Ermittlungen zu dem verfügbaren Nettoeinkommen der Klägerin und ihren tatsächlichen Ausgaben für die soziale Sicherung anzustellen (so LSG NRW, Urteil vom 17.10.2013, a.a.O., Rn. 58), und ob dies grundsätzlich zu erfolgen hat oder nur im Falle konkreter Anhaltspunkte, kann hier offen bleiben. Dass dies hier nicht geschehen ist, ist jedenfalls nicht ermessensfehlerhaft. Denn zum Einen hat die Klägerin hier selbst den Sozialhilfebedarf als korrekten Maßstab angesehen und keinerlei Tatsachen vorgetragen, die auf einen höheren Bedarf schließen ließen. Zum anderen liegt dieser Betrag lediglich knapp unterhalb des zuvor geleisteten Gründungszuschusses. Die Höhe des für die erste Phase gewährten Gründungszuschusses, mit dem der Gesetzgeber eine Förderung der selbständigen Tätigkeit als ausreichend angesehen hat, kann nämlich auch als Maßstab für die Frage der ausreichenden Absicherung zugrunde gelegt werden, (vgl. Entscheidung der Kammer vom 25.04.2014 – S 16 AL 300/12), jedenfalls dann, wenn die Grenze der Sozialhilfebedürftigkeit damit nicht unterschritten wird. Angesichts der nur sehr geringen Unterschreitung dieses Betrages und der Tatsache, dass die Klägerin sich für die Beurteilung der Deckung ihres Lebensunterhaltes ausdrücklich mit der Zugrundelegung des Sozialhilfesatzes einverstanden erklärt hat, sieht das Gericht hier keinen Anlass, eine Überschreitung der Grenzen des Ermessens anzunehmen.
27Da nach alledem bereits kein Anspruch auf Neubescheidung besteht, besteht erst recht kein Anspruch auf die beantragte Auszahlung im Wege einer hierfür erforderlichen Ermessensreduzierung auf Null.
28Die Klage war daher mit der auf § 193 SGG beruhenden Kostenfolge abzuweisen.
(1) Eine Berufsausbildung, die teilweise im Ausland durchgeführt wird, ist auch für den im Ausland durchgeführten Teil förderungsfähig, wenn dieser Teil im Verhältnis zur Gesamtdauer der Berufsausbildung angemessen ist und die Dauer von einem Jahr nicht übersteigt.
(2) Eine betriebliche Berufsausbildung, die vollständig im angrenzenden Ausland oder in den übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union durchgeführt wird, ist förderungsfähig, wenn
(1) Als Gründungszuschuss wird für die Dauer von sechs Monaten der Betrag geleistet, den die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer als Arbeitslosengeld zuletzt bezogen hat, zuzüglich monatlich 300 Euro.
(2) Der Gründungszuschuss kann für weitere neun Monate in Höhe von monatlich 300 Euro geleistet werden, wenn die geförderte Person ihre Geschäftstätigkeit anhand geeigneter Unterlagen darlegt. Bestehen begründete Zweifel an der Geschäftstätigkeit, kann die Agentur für Arbeit verlangen, dass ihr erneut eine Stellungnahme einer fachkundigen Stelle vorgelegt wird.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin wendet sich gegen die Ablehnung der weiteren Förderung durch Gründungszuschuss (GZ) in Höhe von 300 Euro monatlich für sechs Monate.
3Für die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit durch Betrieb einer Hundepension bewilligte die Beklagte GZ mit Bescheid vom 27.04.2011 für die Zeit vom 29.05.2011 bis 28.02.2011 in Höhe von 1.575,90 Euro. Darin enthalten war eine Pauschale in Höhe von 300 Euro für die soziale Sicherung. Der Bescheid enthielt den Hinweis auf die Möglichkeit einer weiteren Förderung auf Antrag rechtzeitig vor Ablauf des Bewilligungszeitraumes.
4Am 10.07.2012 beantragte die Klägerin Weitergewährung des GZ ab März 2011. Sie legte einen betriebswirtschaftlichen Kurzbericht über die Einnahmen und Ausgaben für den Monat Mai 2012 sowie den Zeitraum Januar bis Mai 2012 vor. Aus dem Bericht für den Zeitraum Januar bis Mai ergab sich nach Abzug der Ausgaben inklusive der Abschreibungen ein Gewinn in Höhe von 728,90 Euro.
5Mit Bescheid vom 25.07.2012 lehnte die Beklagte die Weitergewährung des GZ mit der Begründung ab, die selbständige Tätigkeit sei angesichts des Gewinnes von durchschnittlich nur 145,78 Euro nicht tragfähig.
6Mit ihrem Widerspruch wies die Klägerin darauf hin, dass sich zuzüglich der Abschreibungen für Januar bis Juli ein Durchschnittsgewinn in Höhe von 1.440,12 Euro ergebe. Sie legte eine betriebswirtschaftliche Berechnung für Januar bis Juli vor.
7Mit Widerspruchsbescheid vom 17.10.2012, abgesandt am 18.10.2012, wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, im Rahmen ihres Ermessens komme eine Förderung grundsätzlich nur dann in Betracht, wenn die durchschnittliche Gewinnerwartung den Betrag von 694 Euro, der sich aus dem Regelbedarf und der ortsüblichen Miete ergebe, monatlich übersteige. Hier sei nach den vorgelegten Unterlagen im Widerspruch durchschnittlich zwar ein Gewinn von 795,70 Euro anzunehmen, zuzüglich der Abschreibungen, wie von der Klägerin gefordert, ergebe sich aber ein Durchschnittsbetrag von 1.440,72 Euro. Damit aber sei die Klägerin in der Lage, ihren Lebensunterhalt einschließlich der sozialen Sicherung zu gewährleisten. Auch die späte Antragstellung sei ein Indiz dafür, dass die Einkommensverhältnisse ausreichend gewesen seien und so der weitere GZ nicht benötigt werde.
8Hiergegen richtet sich die am 22.11.2012 erhobene Klage. Die Klägerin trägt vor, die Beklagte argumentiere im Bescheid und Widerspruchsbescheid widersprüchlich. Sie orientiere sich richtigerweise am SGB II-Regelsatz. Tatsächlich habe die Klägerin einen durchschnittlichen Gewinn von 795 Euro = 708,46 Euro netto gemacht und liege damit über dem Regelsatz von 694 Euro monatlich. Die Ablehnung sei daher ermessensfehlerhaft.
9Sie legt einen Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 2012 vor, wonach Einkommenssteuer nicht erhoben wurde.
10Die Klägerin beantragt schriftsätzlich,
11den Bescheid der Beklagten vom 25.07.2012 in der Fassung des Wider-spruchsbescheides vom 17.10.2012 aufzuheben und ihr den beantragten Gründungszuschuss zu gewähren.
12Die Beklagte beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Sie bezweifelt die Einhaltung der Klagefrist. Eine Weitergewährung komme nicht mehr in Betracht, wenn der Antragsteller aufgrund der vorhandenen Einnahmen auch zur Finanzierung der sozialen Absicherung in der Lage sei. Dabei komme es darauf an, was die Klägerin tatsächlich zur Verfügung habe, so dass auf den Gewinn von rund 1.400 Euro abzustellen sei. Im Übrigen sei auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin den Antrag monatelang nicht gestellt habe. Dabei gehe es nicht um eine Verspätung oder Ausschlussfrist, sondern darum, dass die Klägerin auf weiteren Zuschuss nicht angewiesen sei.
15Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakte verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
16Entscheidungsgründe:
17Das Gericht konnte in Abwesenheit der Klägerin und ihres Bevollmächtigten verhandeln und entscheiden (§ 126 Sozialgerichtsgesetz). Die Klägerin und ihr Bevollmächtigter sind hierauf in der Ladung hingewiesen worden. Angesichts der auf Nachfrage erfolgten Mitteilung, dass zum Termin keiner erscheinen werde, ist davon auszugehen, dass die Klägerin die Ladung trotz fehlender förmlicher Zustellung erhalten hat und damit den Hinweis zur Kenntnis nehmen konnte.
18Die Klage ist zulässig. Sie ist insbesondere fristgerecht erhoben. Gemäß § 87 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist die Klage binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides zu erheben. Nach dem Eingangsstempel des Klägerbevollmächtigten ist der Widerspruchsbescheid am 22.10.2012, einem Montag, zugegangen. Die am 22.11.2012 erhobene Klage ist daher fristgerecht.
19Die Klage ist jedoch nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 25.07.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.10.2012 ist rechtmäßig und beschwert die Klägerin nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 SGG in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Weiterzahlung des GZ. Weder liegt eine Ermessensreduzierung auf Null vor, noch ist der Klage teilweise stattzugeben dahingehend, dass die Beklagte infolge eines Ermessensfehlers zur Neubescheidung zu verurteilen wäre.
20Gemäß § 58 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) in der bis zum 27.12.2011 geltenden Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitssu-chende vom 20.07.2006, die gemäß § 132 SGB III n.F. anzuwenden ist, kann der Gründungszuschuss für weitere sechs Monate in Höhe von monatlich 300 Euro geleistet werden, wenn die geförderte Person ihre Geschäftstätigkeit anhand geeigneter Unterlagen darlegt.
21Ob diese weitere Förderung gemäß § 324 Abs. 1 Satz 1 SGB III unter dem Vorbehalt einer - hier nicht erfolgten – rechtzeitigen Antragsstellung vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses stehen, kann hier offenbleiben (vgl. Landessozialgericht NRW (LSG NRW), Urteil vom 17.10.2013 – L 9 AL 150/12, juris Randnr. 31 mit Hinweisen zum Meinungsstreit, dort ebenfalls offen gelassen). Denn auch unabhängig hiervon ist die Klägerin durch den angefochtenen Bescheid nicht beschwert, weil die Beklagte den Antrag ermessensfehlerfrei und damit rechtmäßig abgelehnt hat. Ein Ermessensfehler ist nicht ersichtlich.
22Da die Weitergewährung des Gründungszuschusses im Ermessen der Beklagten steht, kann die Beklagte trotz des Vorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen die Gewährung ablehnen. Das Gericht kann diese Entscheidung nur im Sinne einer Rechtskontrolle daraufhin überprüfen, ob die Beklagte ihr Ermessen entsprechend den Vorgaben von § 39 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) rechtmäßig ausgeübt hat oder ob ein Ermessensfehler im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG vorliegt und der Kläger hierdurch beschwert ist. Nach § 39 SGB I haben die Leistungsträger, soweit sie ermächtigt sind, bei der Entscheidung nach ihrem Ermessen zu handeln, ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten. Auf die pflichtgemäße Ausübung des Ermessens besteht danach ein Anspruch. Nach § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG ist Rechtswidrigkeit dann, soweit die Behörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist. Eigenen Ermessens- und Zweckmäßigkeitserwägungen hat das Gericht demgegenüber nicht anzustellen. Aus § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB I und § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG ergeben sich damit zwei Schranken der Ermessensausübung: Das Ermessen ist entsprechend dem Zweck der gesetzlichen Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens sind einzuhalten. Hieraus haben Rechtsprechung und Literatur verschiedene Kategorien von Ermessensfehlern (Ermessensnichtgebrauch, Ermessensüberschreitung, Ermessensunterschreitung, Ermessensfehlgebrauch) entwickelt, wobei die Begrifflichkeiten und Unterteilung in die einzelnen Fallgruppen z.T. nicht einheitlich vorgenommen wird (vgl. insoweit BSG, Urt. v. 18.03.2008 - B 2 U 1/07 R -, juris Rn. 16; LSG NRW, Urteil vom 17. Oktober 2013 – L 9 AL 150/12 –, juris Rn. 35ff, m.w.N ; Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer, Kommentar zu § 54 SGG,10. Auflage 2012, Rn. 27; Kuhnke in jurisPK-SGB III, 1. Aufl. 2014, § 93 SGB III, Rn. 35 ). a) Ein Ermessensnichtgebrauch oder Ermessensausfall liegt vor, wenn die Behörde ihr Ermessen nicht ausgeübt hat oder dies im Bescheid nicht zum Ausdruck gebracht hat; er liegt dann nicht vor, wenn die Beklagte ihr Ermessen ausweislich der Begründung der angefochtenen Bescheide tatsächlich ausgeübt und sich nicht nur mit formelhaften Erwägungen begnügt hat. Entscheidend ist, dass die Behörde neben eventuellen, zur Wahrung des Gleichheitsgebotes zulässigen internen Weisungen die Besonderheiten des Einzelfalles beachtet. b) Eine Ermessensunter- oder -überschreitung liegt vor, wenn die Beklagte eine Rechtsfolge gesetzt hat, die im Gesetz nicht vorgesehen ist oder sich nicht bewusst ist, dass sie den Gründungszuschuss hätte bewilligen können oder ihr Ermessen zu eng ausgelegt hat. c) Ein Ermessensfehlgebrauch liegt zum einen vor, wenn die Behörde ein unsachliches Motiv oder einen sachfremden Zweck verfolgt (Ermessensmissbrauch). Zum anderen liegt der Fehlgebrauch als Abwägungsdefizit vor, wenn sie nicht alle Ermessensgesichtspunkte, die nach der Lage des Falls zu berücksichtigen sind, in die Entscheidungsfindung einbezogen hat. Der Fehlgebrauch kann zudem als Abwägungsdisproportionalität vorliegen, wenn die Behörde die abzuwägenden Gesichtspunkte rechtlich fehlerhaft gewichtet hat. Des Weiteren kann ein Fehlgebrauch erfolgt sein, wenn die Behörde ihrer Ermessensbetätigung einen unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt zugrunde gelegt hat. Ist die Behörde von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen oder hat sie andere vom Gericht festgestellte Tatsachen nicht berücksichtigt, ist die Entscheidung der Behörde aufzuheben, wenn dadurch die Ermessensentscheidung beeinflusst wurde oder hätte beeinflusst werden können (vgl. LSG NRW, Urteil vom 17. Oktober 2013 – L 9 AL 150/12 –, juris Rn. 35ff, m.w.N.; Keller, a.a.O., Rn. 27ff.).
23Die Beklagte hat erkannt, dass Ermessen auszuüben ist und hat weder eine nicht vorgesehene Rechtsfolge gesetzt noch ihr Ermessen zu eng ausgelegt. Auch ein Ermessensfehlgebrauch liegt nicht vor. Die Beklagte hat, indem sie die sich aus der selbständigen Tätigkeit ergebende Leistungsfähigkeit unter dem Gesichtspunkt der Erforderlichkeit der Leistung zur Sicherung des Lebensunterhaltes und der sozialen Sicherung geprüft hat, von einem durch den Zweck des § 58 Abs. 2 SGB III gerechtfertigten Ermessensgesichts-punkt Gebrauch gemacht hat (LSG NRW, Urteil vom 17. Oktober 2013 – L 9 AL 150/12 –, juris Rn. 42ff ; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 28.02.2014 – L 8 AL 1515/13, juris Rn. 35, Sozialgericht Chemnitz, Urteil vom 12.06.2014 – S 26 AL 863/12, juris Rn. 41 f.; Kuhnke in jurisPK-SGB III, § 93 SGB III Rn. 36). Die Kammer verweist hierzu auf die zu-treffenden und ausführlichen Erläuterungen in der angegebenen Entscheidung des LSG NRW im Urteil vom 17.10.2013 (a.a.O., juris Rn. 42 ff.) und macht sich diese zu Eigen. Das Landessozialgericht hat dort ausgeführt:
24"Indem die Beklagte darauf abgestellt hat, ob der Kläger mit den Einnahmen aus seiner selbstständigen Tätigkeit seinen Lebensunterhalt und die für ihn notwendige soziale Sicherung sicherstellen konnte, hat sie einen legitimen, der Teleologie des § 58 Abs. 2 SGB III a.F. entsprechenden Zweck verfolgt und damit ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der gesetzlichen Ermächtigung ausgeübt (in diesem Sinne auch SG Berlin, Urt. v. 08.02.2010 - S 70 AL 3675/07 -, juris Rn. 19 f.; Winkler, in: Gagel, SGB II/SGB III, § 94 SGB III, Rn. 11, Stand: April 2012). Ziele der zweiten Förderphase des Gründungszuschusses sind die Stärkung der Nachhaltigkeit der Gründung und die soziale Absicherung der Gründerinnen und Gründer (BT-Drucks 17/6277, S. 86). Mit der Pauschale von 300,- Euro soll die Absicherung der Existenzgründer in der Sozialversicherung ermöglicht werden, wobei der Gesetzgeber davon ausgeht, dass nach Abschluss der ersten Förderungsphase das Unternehmen derart gefestigt ist, dass der Lebensunterhalt aus den Einnahmen aus der selbstständigen Tätigkeit bestritten werden kann und (allenfalls) noch ein Bedürfnis für die Gewährung von Leistungen zur sozialen Absicherung besteht (vgl. BT-Drucks 16/1696, S. 31). Wenn der Gesetzgeber in Anbetracht dieser Erwägungen die Weitergewährung des auf die pauschale soziale Absicherung reduzierten Gründungszuschusses in das Ermessen der Beklagten stellt, so entspricht es dem Sinn und Zweck dieser Ermächtigung, dass die Weitergewährung abgelehnt werden kann, wenn die Absicherung schon über die eigenen Einnahmen aus der geförderten Geschäftstätigkeit gewährleistet werden kann (vgl. SG Berlin, a.a.O., Rn. 19 a.E.). Entgegen der Auffassung des Klägers gebietet der Zweck des § 58 Abs. 2 SGB III a.F. gerade nicht, bei der Ermessensentscheidung allein auf die Tragfähigkeit sowie den bisherigen und den zukünftig zu erwartenden Erfolg der geförderten Tätigkeit abzustellen. Die Gesetzgebungsmaterialien enthalten insoweit keine Anhaltspunkte. Soweit es in der Begründung des Entwurfs zu § 58 SGB III a.F. heißt, Gründungen sollten nur weiter gefördert werden, wenn eine intensive Geschäftstätigkeit und hauptberufliche unternehmerische Aktivitäten vorlägen, beziehen sich diese Ausführungen eindeutig auf die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 58 Abs. 2 SGB III, wonach die geförderte Person ihre Geschäftstätigkeit anhand geeigneter Unterlagen darzulegen hat. Die fehlende Tragfähigkeit des Unternehmens ist nach dem Willen des Gesetzgebers vielmehr ein negatives Ausschlusskriterium, das jedenfalls im Rahmen der Ermessensentscheidung zur Ablehnung der Weitergewährung des Gründungszuschusses führen kann oder sogar im Sinne einer Ermessensreduzierung auf Null führen muss. Ist das Unternehmen tragfähig, bedeutet dies jedoch nicht zwangsläufig, dass der reduzierte Gründungszuschuss weiterzuzahlen ist. Es kann noch nicht einmal davon ausgegangen werden, dass das Ermessen in diesem Fall im Sinne einer Weitergewährung intendiert ist. Dagegen spricht bereits der Wortlaut des § 58 Abs. 2 SGB III a.F., wonach der Gründungszuschuss weitergewährt werden "kann" und nicht "soll". Aus den Gesetzgebungsmaterialien ergibt sich nichts anderes. Mit der Normierung einer maximalen Gesamtförderungsdauer von 15 Monaten ist der Gesetzgeber zwar davon ausgegangen, dass dieser Förderungszeitraum sowohl ausreichend als auch im Regelfall erforderlich ist, um den Erfolg einer Existenzgründung zu sichern. Er hat darüber hinaus angenommen, dass ein Existenzgründer nach Ablauf der ersten Förderungsphase regelmäßig noch Förderungsbedarf im Hinblick auf die soziale Absicherung haben wird. Wenn dies jedoch nicht der Fall ist, weil der Existenzgründer ein hohes Einkommen aus der geförderten selbstständigen Tätigkeit erzielt, sind die Regelannahmen des Gesetzgebers widerlegt. Gerade um diesen Fällen Rechnung zu tragen, hat der Gesetzgeber der Beklagten Ermessen eingeräumt. Der Gründungszuschuss ist gerade nicht als Belohnung für eine erfolgreiche Tätigkeit gedacht, sondern impliziert einen Förderungsbedarf, der dann nicht besteht, wenn das erzielte Einkommen zur sozialen Sicherung ausreicht.
25Dass die Beklagte darauf abgestellt hat, dass dem Kläger eine ausreichende soziale Absicherung aus seinem Einkommen aus seiner selbstständigen Tätigkeit möglich ist, verstößt schließlich entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht gegen höherrangiges Recht. Der aus Sicht der Beklagten maßgebliche ermessensleitende Gesichtspunkt findet seine rechtliche Grundlage im gesetzlichen Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (vgl. § 7 Satz 1 SGB III) und ergibt sich unmittelbar aus den Gesetzgebungsmaterialien. Von Willkür kann deshalb ebenso wenig die Rede sein wie von einem Verstoß gegen rechtsstaatliche Prinzipien. Vertrauensschutzgesichtspunkten zugunsten der Geförderten wird dadurch hinreichend Rechnung getragen, dass vor der Entscheidung über den Weiterbewilligungsantrag in Gestalt einer Prognose geprüft wird, ob das Einkommen aus der selbstständigen Tätigkeit voraussichtlich zur sozialen Absicherung ausreicht" (LSG NRW, Urteil vom 17. Oktober 2013 – L 9 AL 150/12 –, juris Rn. 42 bis 46).
26Im hier zu entscheidenden Fall hat die Beklagte unter Anwendung dieser Grundsätze keinen Abwägungsfehler vorgenommen. Entgegen der Auffassung der Klägerin liegt kein Widerspruch in der Tatsache, dass die Beklagte die Auffassung der Klägerin im Widerspruch, dass die Abschreibungen tatsächlich abzuziehen seien und ihr daher monatlich durchschnittlich 1.440,12 Euro zustehen, berücksichtigt hat und der Entscheidung über den Widerspruch zugrunde gelegt hat. Sie hat sich damit die Argumentation der Klägerin zu Eigen gemacht, was Ziel eines jeden Widerspruchs sein dürfte. Die Beklagte ist jedoch nicht verpflichtet, mit dieser Argumentation zu dem gleichen Schluss zu gelangen, zu dem die Klägerin gelangt ist. Richtig ist zwar, dass eine Ablehnung mit der Begründung fehlender Tragfähigkeit damit nicht mehr in Betracht kam. Die Beklagte konnte ihre Ermessenserwägungen jedoch noch bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens ändern. Es ist nicht nachvollziehbar, aus welchen Gründen sie die Argumentation der Klägerin nicht berücksichtigen dürfte. Fraglich könnte allenfalls sein, welcher Betrag für die Beurteilung, ob der Lebensunterhalt nunmehr ausreichend gesichert ist, zugrunde zu legen ist. Dienstanweisungen hierzu, die als ermessenslenkende Richtlinien hätten erlassen dürfen, sofern darin die Prüfung besonderer Umstände des Einzelfalles ermöglicht wird (vgl. BSG, Urteil vom 11.11.1993 – 7 RAr 52/93, juris Rn. 29ff sowie vom 01.06.2006 – B 7 a AL 34/05 R – juris Rn. 12) sind nicht vorhanden. Ob Beklagte verpflichtet ist, Überlegungen und Ermittlungen zu dem verfügbaren Nettoeinkommen der Klägerin und ihren tatsächlichen Ausgaben für die soziale Sicherung anzustellen (so LSG NRW, Urteil vom 17.10.2013, a.a.O., Rn. 58), und ob dies grundsätzlich zu erfolgen hat oder nur im Falle konkreter Anhaltspunkte, kann hier offen bleiben. Dass dies hier nicht geschehen ist, ist jedenfalls nicht ermessensfehlerhaft. Denn zum Einen hat die Klägerin hier selbst den Sozialhilfebedarf als korrekten Maßstab angesehen und keinerlei Tatsachen vorgetragen, die auf einen höheren Bedarf schließen ließen. Zum anderen liegt dieser Betrag lediglich knapp unterhalb des zuvor geleisteten Gründungszuschusses. Die Höhe des für die erste Phase gewährten Gründungszuschusses, mit dem der Gesetzgeber eine Förderung der selbständigen Tätigkeit als ausreichend angesehen hat, kann nämlich auch als Maßstab für die Frage der ausreichenden Absicherung zugrunde gelegt werden, (vgl. Entscheidung der Kammer vom 25.04.2014 – S 16 AL 300/12), jedenfalls dann, wenn die Grenze der Sozialhilfebedürftigkeit damit nicht unterschritten wird. Angesichts der nur sehr geringen Unterschreitung dieses Betrages und der Tatsache, dass die Klägerin sich für die Beurteilung der Deckung ihres Lebensunterhaltes ausdrücklich mit der Zugrundelegung des Sozialhilfesatzes einverstanden erklärt hat, sieht das Gericht hier keinen Anlass, eine Überschreitung der Grenzen des Ermessens anzunehmen.
27Da nach alledem bereits kein Anspruch auf Neubescheidung besteht, besteht erst recht kein Anspruch auf die beantragte Auszahlung im Wege einer hierfür erforderlichen Ermessensreduzierung auf Null.
28Die Klage war daher mit der auf § 193 SGG beruhenden Kostenfolge abzuweisen.
(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.
(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.
(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.
(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.