Landessozialgericht NRW Urteil, 29. Jan. 2015 - L 16 KR 530/13

ECLI:ECLI:DE:LSGNRW:2015:0129.L16KR530.13.00
bei uns veröffentlicht am29.01.2015

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 06.06.2013 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.


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Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 160


(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bu

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 54


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 153


(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt. (2) Das Landessozialgericht

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 13 Kostenerstattung


(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht. (2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 2 Leistungen


(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. B

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 27 Krankenbehandlung


(1) Versicherte haben Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfaßt 1. Ärztliche Behandlung einsc

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 33 Hilfsmittel


(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen od

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 135 Bewertung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden


(1) Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürfen in der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss auf Antrag eines Unparteiischen nach § 91 Abs.

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 34 Ausgeschlossene Arznei-, Heil- und Hilfsmittel


(1) Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sind von der Versorgung nach § 31 ausgeschlossen. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 fest, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei

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(1) Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürfen in der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss auf Antrag eines Unparteiischen nach § 91 Abs. 2 Satz 1, einer Kassenärztlichen Bundesvereinigung, einer Kassenärztlichen Vereinigung oder des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Empfehlungen abgegeben hat über

1.
die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit - auch im Vergleich zu bereits zu Lasten der Krankenkassen erbrachte Methoden - nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der jeweiligen Therapierichtung,
2.
die notwendige Qualifikation der Ärzte, die apparativen Anforderungen sowie Anforderungen an Maßnahmen der Qualitätssicherung, um eine sachgerechte Anwendung der neuen Methode zu sichern, und
3.
die erforderlichen Aufzeichnungen über die ärztliche Behandlung.
Der Gemeinsame Bundesausschuss überprüft die zu Lasten der Krankenkassen erbrachten vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Leistungen daraufhin, ob sie den Kriterien nach Satz 1 Nr. 1 entsprechen. Falls die Überprüfung ergibt, daß diese Kriterien nicht erfüllt werden, dürfen die Leistungen nicht mehr als vertragsärztliche oder vertragszahnärztliche Leistungen zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden. Die Beschlussfassung über die Annahme eines Antrags nach Satz 1 muss spätestens drei Monate nach Antragseingang erfolgen. Das sich anschließende Methodenbewertungsverfahren ist innerhalb von zwei Jahren abzuschließen. Bestehen nach dem Beratungsverlauf im Gemeinsamen Bundesausschuss ein halbes Jahr vor Fristablauf konkrete Anhaltspunkte dafür, dass eine fristgerechte Beschlussfassung nicht zustande kommt, haben die unparteiischen Mitglieder gemeinsam einen eigenen Beschlussvorschlag für eine fristgerechte Entscheidung vorzulegen; die Geschäftsführung ist mit der Vorbereitung des Beschlussvorschlags zu beauftragen. Der Beschlussvorschlag der unparteiischen Mitglieder muss Regelungen zu den notwendigen Anforderungen nach Satz 1 Nummer 2 und 3 enthalten, wenn die unparteiischen Mitglieder vorschlagen, dass die Methode die Kriterien nach Satz 1 Nummer 1 erfüllt. Der Beschlussvorschlag der unparteiischen Mitglieder muss Vorgaben für einen Beschluss einer Richtlinie nach § 137e Absatz 1 und 2 enthalten, wenn die unparteiischen Mitglieder vorschlagen, dass die Methode das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, ihr Nutzen aber noch nicht hinreichend belegt ist. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat innerhalb der in Satz 5 genannten Frist über den Vorschlag der unparteiischen Mitglieder zu entscheiden.

(1a) Für ein Methodenbewertungsverfahren, für das der Antrag nach Absatz 1 Satz 1 vor dem 31. Dezember 2018 angenommen wurde, gilt Absatz 1 mit der Maßgabe, dass das Methodenbewertungsverfahren abweichend von Absatz 1 Satz 5 erst bis zum 31. Dezember 2020 abzuschließen ist.

(2) Für ärztliche und zahnärztliche Leistungen, welche wegen der Anforderungen an ihre Ausführung oder wegen der Neuheit des Verfahrens besonderer Kenntnisse und Erfahrungen (Fachkundenachweis), einer besonderen Praxisausstattung oder anderer Anforderungen an die Versorgungsqualität bedürfen, können die Partner der Bundesmantelverträge einheitlich entsprechende Voraussetzungen für die Ausführung und Abrechnung dieser Leistungen vereinbaren. Soweit für die notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen, welche als Qualifikation vorausgesetzt werden müssen, in landesrechtlichen Regelungen zur ärztlichen Berufsausübung, insbesondere solchen des Facharztrechts, bundesweit inhaltsgleich und hinsichtlich der Qualitätsvoraussetzungen nach Satz 1 gleichwertige Qualifikationen eingeführt sind, sind diese notwendige und ausreichende Voraussetzung. Wird die Erbringung ärztlicher Leistungen erstmalig von einer Qualifikation abhängig gemacht, so können die Vertragspartner für Ärzte, welche entsprechende Qualifikationen nicht während einer Weiterbildung erworben haben, übergangsweise Qualifikationen einführen, welche dem Kenntnis- und Erfahrungsstand der facharztrechtlichen Regelungen entsprechen müssen. Abweichend von Satz 2 können die Vertragspartner nach Satz 1 zur Sicherung der Qualität und der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung Regelungen treffen, nach denen die Erbringung bestimmter medizinisch-technischer Leistungen den Fachärzten vorbehalten ist, für die diese Leistungen zum Kern ihres Fachgebietes gehören. Die nach der Rechtsverordnung nach § 140g anerkannten Organisationen sind vor dem Abschluss von Vereinbarungen nach Satz 1 in die Beratungen der Vertragspartner einzubeziehen; die Organisationen benennen hierzu sachkundige Personen. § 140f Absatz 5 gilt entsprechend. Das Nähere zum Verfahren vereinbaren die Vertragspartner nach Satz 1. Für die Vereinbarungen nach diesem Absatz gilt § 87 Absatz 6 Satz 10 entsprechend.

(3) bis (6) (weggefallen)

(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 ausgeschlossen sind. Die Hilfsmittel müssen mindestens die im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 2 festgelegten Anforderungen an die Qualität der Versorgung und der Produkte erfüllen, soweit sie im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 1 gelistet oder von den dort genannten Produktgruppen erfasst sind. Der Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln zum Behinderungsausgleich hängt bei stationärer Pflege nicht davon ab, in welchem Umfang eine Teilhabe am Leben der Gemeinschaft noch möglich ist; die Pflicht der stationären Pflegeeinrichtungen zur Vorhaltung von Hilfsmitteln und Pflegehilfsmitteln, die für den üblichen Pflegebetrieb jeweils notwendig sind, bleibt hiervon unberührt. Für nicht durch Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 Abs. 1 unberührt. Der Anspruch umfasst auch zusätzlich zur Bereitstellung des Hilfsmittels zu erbringende, notwendige Leistungen wie die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln, die Ausbildung in ihrem Gebrauch und, soweit zum Schutz der Versicherten vor unvertretbaren gesundheitlichen Risiken erforderlich, die nach dem Stand der Technik zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit und der technischen Sicherheit notwendigen Wartungen und technischen Kontrollen. Ein Anspruch besteht auch auf solche Hilfsmittel, die eine dritte Person durch einen Sicherheitsmechanismus vor Nadelstichverletzungen schützen, wenn der Versicherte selbst nicht zur Anwendung des Hilfsmittels in der Lage ist und es hierfür einer Tätigkeit der dritten Person bedarf, bei der durch mögliche Stichverletzungen eine Infektionsgefahr besteht oder angenommen werden kann. Zu diesen Tätigkeiten gehören insbesondere Blutentnahmen und Injektionen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in seiner Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 bis zum 31. Januar 2020 die Tätigkeiten, bei denen eine erhöhte Infektionsgefährdung angenommen werden kann. Wählen Versicherte Hilfsmittel oder zusätzliche Leistungen, die über das Maß des Notwendigen hinausgehen, haben sie die Mehrkosten und dadurch bedingte höhere Folgekosten selbst zu tragen. § 18 Absatz 6a des Elften Buches ist zu beachten.

(2) Versicherte haben bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen entsprechend den Voraussetzungen nach Absatz 1. Für Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, besteht der Anspruch auf Sehhilfen, wenn sie

1.
nach ICD 10-GM 2017 auf Grund ihrer Sehbeeinträchtigung oder Blindheit bei bestmöglicher Brillenkorrektur auf beiden Augen eine schwere Sehbeeinträchtigung mindestens der Stufe 1 oder
2.
einen verordneten Fern-Korrekturausgleich für einen Refraktionsfehler von mehr als 6 Dioptrien bei Myopie oder Hyperopie oder mehr als 4 Dioptrien bei Astigmatismus
aufweisen; Anspruch auf therapeutische Sehhilfen besteht, wenn diese der Behandlung von Augenverletzungen oder Augenerkrankungen dienen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen therapeutische Sehhilfen verordnet werden. Der Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen umfaßt nicht die Kosten des Brillengestells.

(3) Anspruch auf Versorgung mit Kontaktlinsen besteht für anspruchsberechtigte Versicherte nach Absatz 2 nur in medizinisch zwingend erforderlichen Ausnahmefällen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen Kontaktlinsen verordnet werden. Wählen Versicherte statt einer erforderlichen Brille Kontaktlinsen und liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 nicht vor, zahlt die Krankenkasse als Zuschuß zu den Kosten von Kontaktlinsen höchstens den Betrag, den sie für eine erforderliche Brille aufzuwenden hätte. Die Kosten für Pflegemittel werden nicht übernommen.

(4) Ein erneuter Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen nach Absatz 2 besteht für Versicherte, die das vierzehnte Lebensjahr vollendet haben, nur bei einer Änderung der Sehfähigkeit um mindestens 0,5 Dioptrien; für medizinisch zwingend erforderliche Fälle kann der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Ausnahmen zulassen.

(5) Die Krankenkasse kann den Versicherten die erforderlichen Hilfsmittel auch leihweise überlassen. Sie kann die Bewilligung von Hilfsmitteln davon abhängig machen, daß die Versicherten sich das Hilfsmittel anpassen oder sich in seinem Gebrauch ausbilden lassen.

(5a) Eine vertragsärztliche Verordnung ist für die Beantragung von Leistungen nach den Absätzen 1 bis 4 nur erforderlich, soweit eine erstmalige oder erneute ärztliche Diagnose oder Therapieentscheidung medizinisch geboten ist. Abweichend von Satz 1 können die Krankenkassen eine vertragsärztliche Verordnung als Voraussetzung für die Kostenübernahme verlangen, soweit sie auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichtet haben. § 18 Absatz 6a und § 40 Absatz 6 des Elften Buches sind zu beachten.

(5b) Sofern die Krankenkassen nicht auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichten, haben sie den Antrag auf Bewilligung eines Hilfsmittels mit eigenem weisungsgebundenem Personal zu prüfen. Sie können in geeigneten Fällen durch den Medizinischen Dienst vor Bewilligung eines Hilfsmittels nach § 275 Absatz 3 Nummer 1 prüfen lassen, ob das Hilfsmittel erforderlich ist. Eine Beauftragung Dritter ist nicht zulässig.

(6) Die Versicherten können alle Leistungserbringer in Anspruch nehmen, die Vertragspartner ihrer Krankenkasse sind. Vertragsärzte oder Krankenkassen dürfen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt ist oder aus medizinischen Gründen im Einzelfall eine Empfehlung geboten ist, weder Verordnungen bestimmten Leistungserbringern zuweisen, noch die Versicherten dahingehend beeinflussen, Verordnungen bei einem bestimmten Leistungserbringer einzulösen. Die Sätze 1 und 2 gelten auch bei der Einlösung von elektronischen Verordnungen.

(7) Die Krankenkasse übernimmt die jeweils vertraglich vereinbarten Preise.

(8) Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, leisten zu jedem zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegebenen Hilfsmittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag zu dem von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrag an die abgebende Stelle. Der Vergütungsanspruch nach Absatz 7 verringert sich um die Zuzahlung; § 43c Abs. 1 Satz 2 findet keine Anwendung. Die Zuzahlung bei zum Verbrauch bestimmten Hilfsmitteln beträgt 10 vom Hundert des insgesamt von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrags, jedoch höchstens 10 Euro für den gesamten Monatsbedarf.

(9) Absatz 1 Satz 9 gilt entsprechend für Intraokularlinsen beschränkt auf die Kosten der Linsen.

(1) Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürfen in der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss auf Antrag eines Unparteiischen nach § 91 Abs. 2 Satz 1, einer Kassenärztlichen Bundesvereinigung, einer Kassenärztlichen Vereinigung oder des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Empfehlungen abgegeben hat über

1.
die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit - auch im Vergleich zu bereits zu Lasten der Krankenkassen erbrachte Methoden - nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der jeweiligen Therapierichtung,
2.
die notwendige Qualifikation der Ärzte, die apparativen Anforderungen sowie Anforderungen an Maßnahmen der Qualitätssicherung, um eine sachgerechte Anwendung der neuen Methode zu sichern, und
3.
die erforderlichen Aufzeichnungen über die ärztliche Behandlung.
Der Gemeinsame Bundesausschuss überprüft die zu Lasten der Krankenkassen erbrachten vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Leistungen daraufhin, ob sie den Kriterien nach Satz 1 Nr. 1 entsprechen. Falls die Überprüfung ergibt, daß diese Kriterien nicht erfüllt werden, dürfen die Leistungen nicht mehr als vertragsärztliche oder vertragszahnärztliche Leistungen zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden. Die Beschlussfassung über die Annahme eines Antrags nach Satz 1 muss spätestens drei Monate nach Antragseingang erfolgen. Das sich anschließende Methodenbewertungsverfahren ist innerhalb von zwei Jahren abzuschließen. Bestehen nach dem Beratungsverlauf im Gemeinsamen Bundesausschuss ein halbes Jahr vor Fristablauf konkrete Anhaltspunkte dafür, dass eine fristgerechte Beschlussfassung nicht zustande kommt, haben die unparteiischen Mitglieder gemeinsam einen eigenen Beschlussvorschlag für eine fristgerechte Entscheidung vorzulegen; die Geschäftsführung ist mit der Vorbereitung des Beschlussvorschlags zu beauftragen. Der Beschlussvorschlag der unparteiischen Mitglieder muss Regelungen zu den notwendigen Anforderungen nach Satz 1 Nummer 2 und 3 enthalten, wenn die unparteiischen Mitglieder vorschlagen, dass die Methode die Kriterien nach Satz 1 Nummer 1 erfüllt. Der Beschlussvorschlag der unparteiischen Mitglieder muss Vorgaben für einen Beschluss einer Richtlinie nach § 137e Absatz 1 und 2 enthalten, wenn die unparteiischen Mitglieder vorschlagen, dass die Methode das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, ihr Nutzen aber noch nicht hinreichend belegt ist. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat innerhalb der in Satz 5 genannten Frist über den Vorschlag der unparteiischen Mitglieder zu entscheiden.

(1a) Für ein Methodenbewertungsverfahren, für das der Antrag nach Absatz 1 Satz 1 vor dem 31. Dezember 2018 angenommen wurde, gilt Absatz 1 mit der Maßgabe, dass das Methodenbewertungsverfahren abweichend von Absatz 1 Satz 5 erst bis zum 31. Dezember 2020 abzuschließen ist.

(2) Für ärztliche und zahnärztliche Leistungen, welche wegen der Anforderungen an ihre Ausführung oder wegen der Neuheit des Verfahrens besonderer Kenntnisse und Erfahrungen (Fachkundenachweis), einer besonderen Praxisausstattung oder anderer Anforderungen an die Versorgungsqualität bedürfen, können die Partner der Bundesmantelverträge einheitlich entsprechende Voraussetzungen für die Ausführung und Abrechnung dieser Leistungen vereinbaren. Soweit für die notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen, welche als Qualifikation vorausgesetzt werden müssen, in landesrechtlichen Regelungen zur ärztlichen Berufsausübung, insbesondere solchen des Facharztrechts, bundesweit inhaltsgleich und hinsichtlich der Qualitätsvoraussetzungen nach Satz 1 gleichwertige Qualifikationen eingeführt sind, sind diese notwendige und ausreichende Voraussetzung. Wird die Erbringung ärztlicher Leistungen erstmalig von einer Qualifikation abhängig gemacht, so können die Vertragspartner für Ärzte, welche entsprechende Qualifikationen nicht während einer Weiterbildung erworben haben, übergangsweise Qualifikationen einführen, welche dem Kenntnis- und Erfahrungsstand der facharztrechtlichen Regelungen entsprechen müssen. Abweichend von Satz 2 können die Vertragspartner nach Satz 1 zur Sicherung der Qualität und der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung Regelungen treffen, nach denen die Erbringung bestimmter medizinisch-technischer Leistungen den Fachärzten vorbehalten ist, für die diese Leistungen zum Kern ihres Fachgebietes gehören. Die nach der Rechtsverordnung nach § 140g anerkannten Organisationen sind vor dem Abschluss von Vereinbarungen nach Satz 1 in die Beratungen der Vertragspartner einzubeziehen; die Organisationen benennen hierzu sachkundige Personen. § 140f Absatz 5 gilt entsprechend. Das Nähere zum Verfahren vereinbaren die Vertragspartner nach Satz 1. Für die Vereinbarungen nach diesem Absatz gilt § 87 Absatz 6 Satz 10 entsprechend.

(3) bis (6) (weggefallen)

(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt.

(2) Das Landessozialgericht kann in dem Urteil über die Berufung von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(3) Das Urteil ist von den Mitgliedern des Senats zu unterschreiben. Ist ein Mitglied verhindert, so vermerkt der Vorsitzende, bei dessen Verhinderung der dienstälteste beisitzende Berufsrichter, dies unter dem Urteil mit Angabe des Hinderungsgrunds.

(4) Das Landessozialgericht kann, außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1, die Berufung durch Beschluß zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören. § 158 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5) Der Senat kann in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1 durch Beschluss die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 26. September 2011 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Im Streit sind (noch) höhere Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) für Januar 2007.

2

Die Klägerin ist 1932 geboren, Witwe und lebt als Ausländerin seit 1993 in der Bundesrepublik Deutschland; ein Asylverfahren wurde nicht durchgeführt. Sie ist im Besitz von Pässen der Republik Bosnien-Herzegowina sowie der Republik Kroatien. Seit 14.3.2005 verfügt sie über eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs 5 Aufenthaltsgesetz ( Aufenthaltserlaubnis für vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer, deren Ausreise aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist).

3

Die vermögenslose Klägerin, der Renten von insgesamt 162,41 Euro monatlich gezahlt wurden (Rente der Deutschen Rentenversicherung in Höhe von 52,55 Euro; kroatische Witwenrente in Höhe von 109,87 Euro), lebte im streitbefangenen Monat in einer Mietwohnung zusammen mit ihrem Sohn, der Schwiegertochter und der minderjährigen Enkelin. Es fielen Kosten von insgesamt 712 Euro für Unterkunft und Heizung an. Sohn und Schwiegertochter erzielten im Januar 2007 Einkommen aus Erwerbstätigkeit und verfügten über Vermögen in Form einer Lebensversicherung sowie eines Investmentkontos zur Anlage vermögenswirksamer Leistungen.

4

Von Januar 2003 bis einschließlich Dezember 2004 hatte die Klägerin Leistungen nach dem Gesetz über eine bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (GSiG) bezogen, auf die lediglich ihre Renten angerechnet worden waren. Ab Januar 2005 gewährte die Beklagte wegen einer Änderung des AsylblG für einzelne Monate (nur noch) Grundleistungen nach § 3 AsylbLG, allerdings unter Berücksichtigung auch des Einkommens von Sohn und Schwiegertochter; für Januar 2007 bewilligte sie nach Ablauf eines Bewilligungsabschnitts mit dieser Maßgabe Leistungen in Höhe von 92,61 Euro (Bescheid vom 21.2.2007; Widerspruchsbescheid vom 31.7.2007).

5

Das Sozialgericht (SG) Aachen - im Klageverfahren waren neben Januar 2007 noch weitere Leistungszeiträume streitbefangen - hat die Beklagte "unter Abänderung des Bescheids vom 21.2.2007 und des Widerspruchsbescheids vom 31.7.2007 und unter Abänderung aller entgegenstehenden nicht rechtskräftigen Ablehnungsbescheide bis 18.6.2008 verpflichtet, der Klägerin Leistungen nach § 3 AsylbLG ohne Anrechnung des Einkommens der Familie des Sohnes zu bewilligen"(Urteil vom 18.6.2008). Das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen hat die auf den Monat Januar 2007 beschränkte Berufung der Beklagten zurückgewiesen (Urteil vom 26.9.2011). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, der Klägerin stünden Leistungen nach § 3 AsylbLG ohne Anrechnung des Einkommens von Sohn und Schwiegertochter zu, weil diese nicht als "Familienangehörige" iS des § 7 Abs 1 Satz 1 AsylbLG anzusehen seien, deren Einkommen und Vermögen zu berücksichtigen seien. Denn darunter sei im engeren Sinne nur die "Kernfamilie" des Leistungsberechtigten, Ehegatte bzw Lebenspartner und minderjährige Kinder, zu verstehen.

6

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte einen Verstoß gegen § 7 Abs 1 Satz 1 AsylbLG. Sie ist der Ansicht, Familienangehörige, deren Einkommen und Vermögen zu berücksichtigen seien, seien auch (sonstige) Verwandte und Verschwägerte. Dies ergebe sich vor allem aus dem allgemeinen Sprachgebrauch sowie aus systematischen Erwägungen. Es stelle ein für das AsylbLG geltendes allgemeines Prinzip (sog Nachrang- und Selbsthilfegrundsatz) dar, dass Ausländer auf öffentliche Leistungen nur dann Anspruch hätten, wenn sie keine Leistungen Dritter erhielten. Zudem spreche der Umstand, dass mit der Schaffung des AsylbLG eine Loslösung vom Bundessozialhilfegesetz (BSHG) sowie eine Leistungskürzung beabsichtigt gewesen sei, gegen die vom LSG entstehungsgeschichtlich hergeleitete Beschränkung des Familienbegriffs auf die Kernfamilie.

7

Die Beklagte beantragt,
die Urteile des LSG und SG aufzuheben, soweit sie durch diese zu höheren Leistungen für Januar 2007 verurteilt worden ist, und die Klage insoweit abzuweisen.

8

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Sie hält die Entscheidungen für zutreffend.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Beklagten ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtgesetz). Es kann aufgrund fehlender tatsächlicher Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) zu einem eventuellen Bezug von Grundleistungen nach § 3 AsylbLG vor 2003 sowie dem tatsächlichen Bedarf im Januar 2007 nicht abschließend entschieden werden, ob der Klägerin in diesem Monat dem Grunde nach höhere Leistungen zustehen. Einkommen und Vermögen des Sohnes und der Schwiegertochter sind jedoch unabhängig davon nicht bedarfsmindernd zu berücksichtigen.

11

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist der Bescheid vom 21.2.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31.7.2007 (§ 95 SGG), wobei der streitbefangene Zeitraum im Berufungsverfahren im Wege eines Vergleichs zulässigerweise beschränkt worden ist auf Januar 2007. Dagegen wendet sich die Klägerin mit der Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4, § 56 SGG),gerichtet auf den Erlass eines Grundurteils auf höhere Leistungen (§ 130 Abs 1 Satz 1 SGG). Die Klage umfasst dabei die Höhe der Leistungen unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt (zum Höhenstreit im Rahmen des § 3 AsylbLG vgl BSGE 101, 49 ff RdNr 14 = SozR 4-3520 § 2 Nr 2)ohne Bindung an die Anträge (§ 123 SGG). Deshalb ist nach dem sog Meistbegünstigungsprinzip (vgl nur: BSGE 74, 77 ff = SozR 3-4100 § 104 Nr 11 S 49 ff; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 92 RdNr 12 und § 123 RdNr 3, jeweils mwN; Roller in Handkommentar SGG, 4. Aufl 2012, § 123 RdNr 5) aufgrund des Klageantrags der Klägerin nicht allein darüber zu entscheiden, ob ihr höhere Leistungen nach § 3 AsylbLG zustehen, sondern auch, ob höhere Leistungen in Form sog Analog-Leistungen nach § 2 AsylbLG iVm §§ 41 ff Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) in Betracht kommen(für eine ähnliche Fallgestaltung im Verhältnis Arbeitslosenhilfe und Arbeitslosengeld BSGE 74, 77 ff, 79 = SozR 3-4100 § 104 Nr 11; bei der Verurteilung des Beigeladenen BSGE 106, 268 ff RdNr 19 = SozR 4-3500 § 19 Nr 2). Denn der Klägerin ging es von Anfang an um die Gewährung (höherer) existenzsichernder Leistungen (überhaupt) ohne Berücksichtigung des Einkommens ihres Sohnes und der Schwiegertochter, gleichgültig, aus welchem Rechtsgrund. Davon ist nicht zuletzt deshalb auszugehen, weil die Klägerin bis 31.12.2004 existenzsichernde Leistungen nach dem GSiG gemäß § 2 Abs 1 GSiG unter Anrechnung nur ihres eigenen Renteneinkommens bezogen hatte. Dahinter wollte sie - jedenfalls hinsichtlich der Einkommensberücksichtigung - nach ihrem gesamten Vorbringen im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren auch beim Bezug von Leistungen nach dem AsylbLG nicht zurückbleiben. Der Höhe nach ist die Prüfung jedoch auf den von § 3 AsylbLG vorgegebenen Leistungsrahmen beschränkt, weil die Klägerin gegen die Entscheidung des SG, das nur über einen Leistungsanspruch nach § 3 AsylbLG entschieden hat, keine Berufung eingelegt hat. Dabei hat das SG jedoch einen falschen Urteilstenor gewählt; es hätte "zu höheren Leistungen" verurteilen müssen. Diese falsche Tenorierung verhindert nicht eine umfassende, auf andere Anspruchsnormen bezogene Prüfung durch den Senat.

12

Richtiger Klagegegner ist die sachlich (§ 10 AsylbLG iVm § 1 Abs 1 Satz 1 Gesetz zur Ausführung des AsylbLG vom 29.11.1994 - Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Nordrhein-Westfalen 1087 -, zuletzt geändert durch Art 20 des Gesetzes vom 8.12.2009 - GVBl 765) und örtlich zuständige Beklagte; denn die Klägerin hielt sich nach den Feststellungen des LSG im Januar 2007 tatsächlich in Aachen auf (§ 10a Abs 1 Satz 2 AsylbLG), ohne dass eine Verteilung oder Zuweisung iS von § 10a Abs 1 Satz 1 AsylbLG vorliegt.

13

Ob der Klägerin höhere Leistungen in Form von Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (Grundsicherungsleistungen) nach § 2 AsylbLG iVm § 19 Abs 2, §§ 41 ff SGB XII zustehen, kann der Senat allerdings nicht abschließend entscheiden. Nach § 2 AsylbLG(in der hier maßgeblichen Fassung des Zuwanderungsgesetzes vom 30.7.2004 - BGBl I 1950) ist abweichend von den §§ 3 bis 7 AsylbLG das SGB XII auf diejenigen Leistungsberechtigten (des § 1 AsylbLG) entsprechend anzuwenden, die über eine Dauer von insgesamt 36 Monaten (ab 28.8.2007 von 48 Monaten) Grundleistungen nach § 3 AsylbLG(in der Fassung der Neunten Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom 31.10.2006 - BGBl I 2407) erhalten und die Dauer des Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst haben. Nach Aktenlage dürfte zwar nichts für Letzteres sprechen; das LSG mag dies aber noch verifizieren. Ob die Klägerin vor 2003 Grundleistungen nach dem AsylbLG bezogen hat, hat das LSG jedoch nicht festgestellt. Der Zeitraum des Leistungsvorbezugs kann jedenfalls nach der einfachrechtlichen Gesetzeslage nicht als reine Warte- oder Anwartschaftszeit ohne oder mit dem Bezug anderer Leistungen, zB der an die Klägerin in den Jahren 2003 und 2004 gezahlten Grundsicherungsleistungen, erfüllt werden (vgl: BSGE 101, 49 ff RdNr 19 = SozR 4-3520 § 2 Nr 2; vgl dazu auch § 2 Abs 1 AsylbLG in Art 1 Nr 1 des Referentenentwurfs des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales zu einem Dritten Gesetz zur Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes, Bearbeitungsstand 4.12.2012); ohnehin reicht die Bezugsdauer (24 Monate) nicht aus.

14

Sollte die Klägerin allerdings vor Januar 2007 mindestens 36 Monate (zur Berechnung vgl BSGE 103, 28 ff RdNr 14 = SozR 4-3520 § 2 Nr 3) Grundleistungen nach § 3 AsylbLG bezogen und ihren Aufenthalt nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst haben, würde sich ihr Leistungsanspruch nach § 2 AsylbLG iVm § 19 Abs 2 und §§ 41 ff SGB XII bestimmen. Die Voraussetzungen hierfür dürften erfüllt sein. Grundsicherung ist danach auf Antrag ua Personen zu leisten, die - wie die Klägerin - die nach § 41 Abs 1 SGB XII in der bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung (aF) maßgebliche Altersgrenze erreicht haben und ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen und Vermögen (nach den §§ 82 bis 84 und 90 SGB XII) bestreiten können(Abs 2 aF). Daneben sind gemäß § 43 Abs 1 SGB XII(in der Normfassung des Verwaltungsvereinfachungsgesetzes vom 21.3.2005 - BGBl I 818) nur das Einkommen und Vermögen eines nicht getrennt lebenden Ehegatten zu berücksichtigen; die Klägerin war indes verwitwet.

15

Das Einkommen und Vermögen von Sohn und Schwiegertochter wären für einen eventuellen Anspruch der Klägerin nach § 2 AsylbLG iVm §§ 41 ff SGB XII gänzlich ohne Belang; dies gilt auch für die Bedarfsdeckungsvermutung des § 36 SGB XII. Denn § 43 Abs 1 Halbsatz 2 SGB XII nimmt die mittlerweile in § 39 SGB XII, bis 31.12.2010 in § 36 SGB XII geregelte (doppelte) Bedarfsdeckungsvermutung beim Zusammenleben von Leistungsberechtigten und Dritten in einem Haushalt (sog Haushaltsgemeinschaft) - wie hier der Klägerin mit der Familie ihres Sohnes - aus dem Anwendungsbereich der §§ 41 ff SGB XII aus. Angesichts des umfassenden Verweises in § 2 AsylbLG auf die Regelungen des SGB XII gilt § 43 Abs 1 Halbsatz 2 SGB XII für sog Analog-Leistungsberechtigte gleichermaßen. Vergleichbar war die Situation im Übrigen im GSiG geregelt (vgl § 2 Abs 1 GSiG), wonach nur auf das Einkommen und Vermögen des Leistungsberechtigten selbst und seines Partners abzustellen war. Ziel der gegenüber der Hilfe zum Lebensunterhalt nur eingeschränkten Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen Dritter im GSiG war (und ist es im Rahmen der §§ 41 ff SGB XII noch immer), älteren Menschen eine eigenständige soziale Sicherung ohne Angst vor Unterhaltsrückgriffen gegenüber Kindern zu ermöglichen(vgl Schoch in Lehr- und Praxiskommentar GSiG, 1. Aufl 2003, § 2 RdNr 46).

16

Einem Anspruch nach § 2 AsylbLG iVm §§ 41 ff SGB XII könnte nicht entgegengehalten werden, die Klägerin habe neben dem verfahrensrechtlichen keinen (ausdrücklichen) materiellrechtlichen Antrag auf entsprechende Leistungen nach dem SGB XII gestellt(vgl § 41 Abs 1 SGB XII). Denn nach dem Meistbegünstigungsprinzip ist in ihrem Leistungsantrag vom Dezember 2006 nicht nur ein Antrag auf Leistungen nach § 2 AsylbLG zu sehen; konkludent ist vielmehr auch ein solcher auf Leistungen nach §§ 41 ff SGB XII mit enthalten. Konkrete Anhaltspunkte für einen gegenteiligen Willen sind nicht erkennbar.

17

Allerdings ergäbe sich bei Vorliegen aller Anspruchsvoraussetzungen nicht zwangsläufig ein höherer Leistungsanspruch. Denn nach § 42 Satz 1 Nr 2 SGB XII umfassen die Leistungen der Grundsicherungsleistung im Alter und bei Erwerbsminderung nur die angemessenen tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung entsprechend § 29 SGB XII(beide in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 2.12.2006 - BGBl I 2670). Schon nach dem Wortlaut des § 42 Satz 1 Nr 2 iVm § 29 SGB XII kommt allein die Berücksichtigung tatsächlich anfallender Kosten als die Hilfebedürftigkeit begründender Bedarf in Betracht, wenn - wie hier - eine volljährige hilfebedürftige Person (die Klägerin) mit nicht hilfebedürftigen Personen in einer Haushaltsgemeinschaft zusammenlebt(BSG SozR 4-3500 § 29 Nr 3 RdNr 15; SozR 4-4200 § 9 Nr 9 RdNr 14) und weder die Konstellation einer Bedarfsgemeinschaft nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) noch einer Einsatzgemeinschaft nach dem SGB XII noch einer sog gemischten Bedarfsgemeinschaft besteht, bei der mindestens eine Person dem System des SGB II bzw des AsylbLG und mindestens eine andere dem System des SGB XII zuzuordnen ist (zum Ganzen: BSG SozR 4-3500 § 29 Nr 3; Senatsurteil vom 25.8.2011 - B 8 SO 29/10 R).

18

Die Klägerin müsste demnach zumindest einem ernsthaften Zahlungsverlangen ihres Sohnes bzw der Schwiegertochter hinsichtlich (anteiliger) Kosten für Unterkunft und Heizung ausgesetzt gewesen sein, um einen entsprechenden Bedarf bejahen zu können. Den Feststellungen des LSG kann nur entnommen werden, in welcher Höhe monatlich Kosten für Unterkunft und Heizung insgesamt angefallen sind, nicht aber, wer diese Kosten getragen hat oder ob die Klägerin zu einer anteiligen Kostentragung verpflichtet war; es finden sich auch keine Feststellungen zur Beurteilung der Angemessenheit der Unterkunftskosten und Heizkosten selbst. Sollte die Klägerin hinsichtlich dieser Kosten nach den nachzuholenden Feststellungen des LSG einerseits einem ernsthaften Zahlungsverlangen ausgesetzt gewesen sein, angesichts der ihr aber zu Unrecht (dazu gleich) nicht oder nur in zu geringem Umfang gewährten Leistungen nach § 3 AsylbLG andererseits tatsächlich keine Zahlungen geleistet haben, stünde dies aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes(Art 19 Abs 4 Grundgesetz) der nachträglichen Leistungsgewährung jedenfalls nicht entgegen (vgl nur BSGE 110, 301 ff RdNr 26 mwN = SozR 4-3500 § 54 Nr 8).

19

Eine abschließende Entscheidung darüber, ob der Klägerin bei fehlender Grundsicherungsleistungsberechtigung höhere Leistungen nach § 3 AsylbLG(hier in der Normfassung der Neunten Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom 31.10.2006 - BGBl I 2407) zustehen, ist dem Senat wegen der fehlenden tatsächlichen Feststellungen des LSG zum Bedarf der Klägerin im Hinblick auf die Unterkunft und Heizung (§ 3 Abs 2 Satz 1 iVm Abs 1 Satz 1 AsylbLG) im Januar 2007 ebenfalls verwehrt. Denn wäre die Klägerin nicht anteilig an den Kosten beteiligt (dazu oben), könnte auch insoweit bei Berücksichtigung nur ihres Einkommens nicht zwangsläufig von einem höheren Leistungsanspruch ausgegangen werden, was Voraussetzung für ein zusprechendes Grundurteil im Höhenstreit wäre (vgl: BSGE 94, 109 RdNr 12 = SozR 4-4220 § 3 Nr 1; BSG SozR 4-4300 § 132 Nr 3 RdNr 17).

20

Die übrigen Voraussetzungen für den Bezug höherer Leistungen nach § 3 AsylbLG sind hingegen erfüllt. Die Klägerin gehört zum Kreis der Leistungsberechtigten nach § 1 Abs 1 Nr 3 AsylbLG. Auch ist die Gewährung von Geldleistungen anstelle von Sachleistung schon wegen ihres langen Aufenthalts im Bundesgebiet (seit 1993) und des Vorbezugs von Grundsicherungsleistungen erforderlich (§ 3 Abs 2 Satz 1 AsylbLG) und die einzig denkbare Leistungsart, zumal die Beklagte selbst die Form der Geldleistung gewählt hat.

21

Einkommen und Vermögen des Sohnes und der Schwiegertochter können allerdings einem nach § 3 AsylbLG zu bestimmenden Bedarf der Klägerin nicht entgegengehalten werden. Dafür bieten, anders als die Beklagte meint, weder § 7 Abs 1 Satz 1 AsylbLG noch andere Vorschriften des AsylbLG eine hinreichende Basis. Vielmehr ist für die Frage, wessen Einkommen und Vermögen zu berücksichtigen sind, auf das Regelungskonzept des SGB XII abzustellen, das das Vermögen und Einkommen dieser Personen in die Leistungsberechnung gerade nicht einbezieht.

22

Der Wortlaut des § 7 Abs 1 Satz 1 AsylbLG ist indifferent, lässt also keinen sicheren Schluss zu. Danach sind Einkommen und Vermögen, über das verfügt werden kann, vom Leistungsberechtigten und seinen Familienangehörigen, die im selben Haushalt leben, vor Eintritt von Leistungen nach diesem Gesetz aufzubrauchen. Ausdrücklich ist in § 7 Abs 1 Satz 1 AsylbLG folglich nur normiert, wer verfügbares Einkommen und Vermögen aufzubrauchen hat, nämlich der Leistungsberechtigte und seine Familienangehörigen. Hingegen werden weder die Begriffe des (verfügbaren) Einkommens und Vermögens noch die Frage, wessen Einkommen für den geltend gemachten Bedarf maßgeblich ist, in § 7 Abs 1 Satz 1 AsylbLG ausdrücklich geregelt. Entsprechendes gilt für die Frage, wer als Familienangehöriger anzusehen ist (so im Ergebnis auch: Hohm, AsylbLG, § 7 RdNr 48 ff mwN zu den in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Auffassungen, Stand Oktober 2006, Schmidt in juris PraxisKommentar SGB XII, § 7 AsylbLG RdNr 23 f, und Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, § 7 AsylbLG RdNr 15; unklar Adolph in Linhart/Adolph, SGB II/SGB XII/AsylbLG, § 7 AsylbLG RdNr 24 f, Stand Januar 2008).

23

Auch aus weiteren Regelungen des AsylbLG kann ein einheitliches, eigenes Begriffsverständnis nicht abgeleitet werden. Während § 1a Halbsatz 1 iVm § 1 Abs 1 Nr 6 AsylbLG Ehegatten und minderjährige Kinder als Familienangehörige nennt, fasst § 2 Abs 3 AsylbLG nur minderjährige Kinder und ihre Eltern, soweit sie in einer Haushaltsgemeinschaft leben, als Familie zusammen. § 7a AsylbLG schließlich verwendet wiederum lediglich den Begriff des Familienangehörigen, ohne ihn näher zu bestimmen. Da auch die Gesetzesbegründung zu § 7 AsylbLG(BT-Drucks 12/4451 S 10) keine nähere Antwort gibt, finden sich im AsylbLG weder zu der Frage des (verfügbaren) Einkommens und Vermögens noch dazu, wessen Einkommen und Vermögen zu berücksichtigen ist, bereichsspezifische Regelungen.

24

Soweit es um die Definition des Einkommensbegriffs geht, hat deshalb der 9. Senat des Bundessozialgerichts bereits zutreffend entschieden, dass mangels eigenständiger Regelung im AsylbLG vor dem Hintergrund seiner Entstehungsgeschichte auf den sozialhilferechtlichen Einkommensbegriff abzustellen ist (vgl BSGE 111, 79 = SozR 4-3520 § 7 Nr 1 RdNr 22 mwN). Was für die Frage der Definition des Einkommens gilt, gilt gleichermaßen für die Frage, wessen Einkommen und Vermögen für den Bedarf eines Asylleistungsberechtigten relevant ist, weil das AsylbLG angesichts der aufgezeigten Lücken in den hier maßgeblichen Bereichen nur mit einem Rückgriff auf das Sozialhilferecht überhaupt umsetzbar wird. Dies führt in der Konsequenz dazu, dass dort, wo eigenständige Regelungen im AsylbLG fehlen, auf das Regelungskonzept des BSHG, ab 1.1.2005 auf das des SGB XII, im Sinne eines dynamischen Konzepts abzustellen ist (zum Wandel der Normsituation als Ausgangspunkt der Gesetzesauslegung: Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Aufl 1991, 350 f; Biaggini, Methodik in der Rechtsanwendung, Grundprobleme der Auslegung aus Sicht des öffentlichen Rechts, Symposium zum 60. Geburtstag von René Rhinow, 2004, S 27 ff, 41 f).

25

Für den Rückgriff auf das Sozialhilferecht spricht maßgeblich die Entstehungsgeschichte des AsylbLG. Ausländern, auch Asylbewerbern, wurden nämlich bis zur Schaffung des AsylbLG zum 1.11.1993 Leistungen nach Maßgabe des § 120 BSHG unter der Überschrift "Sozialhilfe für Ausländer" erbracht. Mit der steigenden Zahl von Ausländern und Asylsuchenden in der Bundesrepublik nahm man die Notwendigkeit einer differenzierten Behandlung von Ausländern, orientiert an der Verfestigung ihres Aufenthaltsstatus, an, die normativ zunächst in einem Abschnitt 10a des BSHG (§§ 117 ff BSHG) ihren Niederschlag finden sollte (vgl den Entwurf eines Gesetzes über Leistungen der Sozialhilfe an Ausländer vom 10.11.1992 - BT-Drucks 12/3686 ) und nur unter Bezugnahme auf die sonstigen Regelungen des BSHG in § 118 Abs 2 des Entwurfs ua die Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt vorgesehen hatte. Das Vorhaben einer in das BSHG integrierten Sonderregelung für Ausländer wurde jedoch nicht weiter verfolgt und im Frühjahr 1993 zunächst der Entwurf eines eigenständigen Gesetzes zur Neuregelung der Leistungen an Asylbewerber (BT-Drucks 12/4451) vorgelegt, dieser auf Grundlage der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Familien und Senioren (BT-Drucks 12/5008) nochmals verschärft und dann zur Grundlage des Gesetzes zur Neuregelung der Leistungen an Asylbewerber vom 30.6.1993 gemacht (BGBl I 1074). Mit der Herausnahme der Sonderregelungen aus dem BSHG ging aber keine Anpassung der ursprünglichen Konzeption einher, alle Vorschriften, auf die innerhalb des BSHG hätte zurückgegriffen werden können und müssen, um die Höhe des Leistungsanspruchs des Ausländers zu bestimmen, in das AsylbLG zu übernehmen. Dies macht deutlich, dass trotz der normativen Lösung des Leistungsanspruchs der unter das AsylbLG fallenden Personen vom BSHG dessen Regelungskonzept, soweit nicht, insbesondere zur Absenkung des Leistungsanspruchs oder zur Verschärfung der Anspruchsvoraussetzungen, Sonderregelungen geschaffen worden sind, weiterhin die Grundlage für den Leistungsanspruch der Ausländer darstellen sollte.

26

Für die Frage, wessen Einkommen und Vermögen bei der Klägerin leistungsmindernd zu berücksichtigen ist, bedeutet dies zunächst: Hilfe zum Lebensunterhalt erhielt bzw erhält nach den maßgeblichen Vorschriften des BSHG und ab 1.1.2005 des SGB XII ein erwachsener Ausländer nur, wenn er seinen Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen und Vermögen oder aus Einkommen und Vermögen des nicht getrennt lebenden Ehegatten oder einer mit ihm in eheähnlicher Gemeinschaft lebenden Person bestreiten konnte (§ 11 Abs 1 Satz 1 und 2, § 122 BSHG; § 19 Abs SGB XII); dies gilt auch für das AsylbLG. Anders als das LSG meint, dürfte im Hinblick auf die dargestellte gesetzgeberische Vorstellung darüber hinaus nicht davon auszugehen sein, dass der Gesetzgeber mit Einführung des AsylbLG von der Bedarfsdeckungsvermutung des § 16 Abs 1 Satz 1 BSHG (ab 1.1.2005 § 36 SGB XII, heute § 39 SGB XII), anknüpfend an ein Zusammenleben Verwandter und Verschwägerter in einer Haushaltsgemeinschaft, abrücken wollte. In der Begründung zur Einführung des AsylbLG ist im Gegenteil als gesetzgeberisches Ziel festgehalten, Asylbewerbern im Vergleich zum BSHG geringere Leistungen zukommen lassen zu wollen (BT-Drucks 12/4451, S 5 Allgemeiner Teil), um damit den Anreiz zur Einreise aus wirtschaftlichen Gründen zu verringern (zur verfassungsrechtlich unzulässigen Absenkung des Leistungsstandards unter das soziokulturelle Existenzminimum aus migrationspolitischen Erwägungen vgl aber Bundesverfassungsgericht , Urteil vom 18.7.2012 - BGBl I 1715 ff - SozR 4-3520 § 3 Nr 2 RdNr 119). Diesem gesetzgeberischen Willen, Personen, die unter das AsylbLG fallen, im Ergebnis jedenfalls nicht besser zu stellen als Sozialhilfebezieher, würde es erkennbar zuwiderlaufen, wenn zwar bei in einer Haushaltsgemeinschaft lebenden Sozialhilfeempfängern die Sicherung des Lebensunterhalts vermutet werden könnte, nicht aber bei unter das AsylbLG fallenden Personen in vergleichbarer Lebenssituation (aA Hohm, aaO, § 7 RdNr 64 f einerseits, § 2 RdNr 237 andererseits). Dafür spricht auch, dass § 2 Abs 3 AsylbLG die Haushaltsgemeinschaft ausdrücklich erwähnt und offenbar als durch das Sozialhilferecht normativ umschrieben voraussetzt(so auch: Hohm, aaO, § 2 RdNr 237 ff; Wahrendorf, aaO, § 2 AsylbLG RdNr 48).

27

Letztlich kann dies vorliegend dahinstehen. In gleichem Maß, wie das vom AsylbLG vorausgesetzte Sozialhilferecht Änderungen unterzogen wurde, die zum 1.1.2005 sogar zur Ablösung durch das SGB XII führten, wäre auch insoweit der dynamischen Konzeption des AsylbLG Rechnung zu tragen. Dies hätte nur dann nicht zu gelten, wenn im Zuge der Änderungen des BSHG/SGB XII Anpassungen des AsylbLG vorgenommen worden wären, die den gesetzgeberischen Willen erkennen ließen, eine vom Sozialhilferecht abgelöste, eigenständige Regelung zu schaffen; dies ist nicht der Fall.

28

Für den hier streitgegenständlichen Leistungsanspruch (Januar 2007) wäre deshalb nur noch das Konzept des zum 1.1.2005 in Kraft getretenen SGB XII maßgeblich, sodass Neugestaltungen des SGB XII im Vergleich zum BSHG und des GSiG - für die Klägerin, die zuvor Leistungen nach dem GSiG erhalten hat, in besonderer Weise - wie die Integrierung der Leistungen für Ältere und Erwerbsgeminderte nach den §§ 41 ff SGB XII (verbunden mit der Abschaffung des GSiG in das SGB XII), bei der Prüfung des Anspruchs nach § 3 AsylbLG zu berücksichtigen wären. Dies müsste dann sowohl für das verfügbare Einkommen und Vermögen als auch für Regelungen der Bedarfsdeckungsvermutung gelten. Auch bei § 3 AsylbLG wäre ab 1.1.2005 auf §§ 41 ff SGB XII zurückzugreifen. Sollten der Klägerin keine Leistungen nach § 2 AsylbLG iVm § 19 Abs 2, §§ 41 ff SGB XII zustehen, sondern - wohl allenfalls wegen der fehlenden Vorbezugszeit - nur nach § 3 AsylbLG, wären auch hier einzig ihr eigenes Renteneinkommen und Vermögen anzurechnen. Denn wegen § 43 Abs 1 Halbsatz 2 SGB XII wäre nicht von einer Bedarfsdeckung durch Sohn und Schwiegertochter auszugehen; die Anwendung des § 36 SGB XII aF bzw § 39 SGB XII nF wird darin gerade ausgenommen. Diese Privilegierung müsste auch der Klägerin zugestanden werden, die ohnedies vor dem 1.1.2005 Grundsicherungsleistungen erhalten hat.

29

Dem Rückbezug auf die Regelungen des SGB XII stehen systematische Erwägungen, insbesondere § 23 Abs 2 SGB XII, nicht entgegen, wonach Leistungsberechtigte nach § 1 AsylbLG keinen Anspruch auf Leistungen der Sozialhilfe haben. Denn der Leistungsanspruch der Klägerin bleibt auch dann nach Grund und Höhe ein Anspruch nach § 3 AsylbLG, wenn zur Spezifizierung des AsylbLG und zur Prüfung der für die Einkommens- und Vermögensberücksichtigung maßgeblichen Vorschriften des AsylbLG § 19 Abs 2, §§ 41 ff SGB XII zugrunde gelegt werden. Dies trägt zudem auf leistungsrechtlicher Ebene den Erwägungen des BVerfG Rechnung, die hinter § 1 AsylbLG stehende gesetzgeberische Vermutung, dass der Kreis der davon erfassten Personen sich nur kurzzeitig in Deutschland aufhalte und deshalb in der Regel einen von Sozialhilfebeziehern abweichenden, geringeren Bedarf habe, angesichts der auch im vorliegenden Verfahren erkennbaren, häufig anders gelagerten Lebenswirklichkeit sei verfassungsrechtlich bedenklich(vgl BVerfG, aaO, RdNr 119). Es bedarf - unter Berücksichtigung des Umstands, dass nur über der Höhe nach auf Grundleistungen beschränkte (höhere) Leistungen zu befinden ist - gegenwärtig keiner Entscheidung, ob bzw inwieweit die Regelung des § 1 AsylbLG verfassungsgemäß ist(dazu allgemein Frerichs in jurisPK-SGB XII, § 1 AsylbLG RdNr 105 mwN), weil dem Anliegen der Klägerin uU auch so Rechnung getragen werden kann.

30

Käme mithin auch im Rahmen des § 3 AsylbLG iVm § 19 Abs 2, §§ 41 ff SGB XII die Bedarfsdeckungsvermutung unter Berücksichtigung des Einkommens und Vermögens von Sohn und Schwiegertochter nicht in Betracht, kann auch dahinstehen, welche Anforderungen an die Widerlegung dieser Vermutung nach § 36 SGB XII aF zu stellen sind und wie das verfügbare Einkommen bzw Vermögen der im Haushalt lebenden Familienangehörigen rechtlich zu bestimmen ist, wenn diese dem SGB II oder dem SGB XII unterfallen.

31

Das LSG wird ggf über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

Tenor

Auf die Sprungrevision der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 20. März 2012 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob die Klägerin im Zeitraum vom 1.4.2011 bis zum 30.9.2011 höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II beanspruchen kann.

2

Die im Jahre 1957 geborene Klägerin bezieht eine Witwenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von monatlich 370,90 Euro. Für die von ihr allein bewohnte Wohnung fallen Mietkosten in Höhe von 300 Euro einschließlich einer Heizkostenpauschale an. Der Beklagte bewilligte ihr für die Zeit vom 1.4.2011 bis zum 30.9.2011 zunächst SGB II-Leistungen in Höhe von 318,10 Euro monatlich (Bescheid vom 9.3.2011). Nach der Neufestsetzung der Regelbedarfe ab 1.1.2011 erbrachte er Leistungen in Höhe von 323,10 Euro monatlich (23,10 Euro Regelbedarf zzgl 300 Euro für die Kosten der Unterkunft und Heizung). Die Witwenrente rechnete er unter Abzug einer Versicherungspauschale von monatlich 30 Euro an (Bescheid vom 26.3.2011; Widerspruchsbescheid vom 6.5.2011).

3

Das SG hat die auf höhere Leistungen gerichtete Klage abgewiesen und zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, die Klägerin habe weder nach dem SGB II noch aus dem Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum einen Anspruch auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Urteil vom 20.3.2012). Die Witwenrente sei unter Abzug der Versicherungspauschale gemäß § 11b Abs 1 S 1 Nr 3 SGB II iVm § 6 Abs 1 Nr 1 Alg II-V zutreffend angerechnet worden. Nach dem SGB II stehe der Klägerin ein Regelbedarf in Höhe von 364 Euro zu. Ein Mehrbedarf sei weder geltend gemacht worden noch bestünden Anhaltspunkte für einen solchen. Die Bemessung der Höhe der Regelbedarfe nach dem SGB II verstoße nicht gegen die Vorgaben des BVerfG in seinem Urteil vom 9.2.2010. Die Zusammensetzung der in die Einkommens- und Verbrauchsstatistik (EVS) 2008 einbezogenen Referenzhaushalte sei ebenso wie die Entscheidung des Gesetzgebers, die unteren 15 % der nach ihrem Nettoeinkommen geschichteten Einpersonenhaushalte als Grundlage für die Bedarfsermittlung anzusetzen, verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. In der Nichtberücksichtigung einzelner Produkte bei der Auswertung der EVS 2008 liege ebenfalls kein Verstoß gegen das Grundgesetz.

4

Mit ihrer Sprungrevision trägt die Klägerin vor, problematisch sei der fehlende Ausschluss von Leistungsbeziehern nach dem BAföG, deren Lebensstandard unter dem der Bezieher von Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII liege, bei der Referenzgruppenbildung. Zudem hätten Studenten relativ hohe Ausgaben für Gaststättendienstleistungen, die jedoch im Regelbedarf erheblich gekürzt worden seien. Durch die Herausnahme einzelner Positionen als nicht regelbedarfsrelevant habe der Gesetzgeber das gewählte Statistikmodell verfälscht und unzulässig mit dem Warenkorbmodell vermischt. Dies treffe zB auf die Positionen für Tabakwaren und alkoholische Getränke zu. Alkoholkonsum decke auch den Kalorienbedarf eines Menschen und hätte daher durch nahrhafte Getränke und nicht durch Wasser ersetzt werden müssen. Den Kürzungen des Regelbedarfs bei Gaststättendienstleistungen liege ein zu niedriger Warenwert zugrunde. Es sei auch unberücksichtigt geblieben, dass beim Zubereiten von Mahlzeiten über den Warenwert hinausgehende Kosten entstünden, etwa für Wasser und Elektrizität. Würden - im Bereich des Verkehrs - Kosten für die Benutzung von Kraftfahrzeugen als nicht regelbedarfsrelevant behandelt, müssten umgekehrt Beträge für fremde Verkehrsdienstleistungen berücksichtigt werden. Wie das SG Berlin in seinem Vorlagebeschluss an das BVerfG vom 25.4.2012 (S 55 AS 9238/12) ausgeführt habe, ergäben diese Fehler einen Betrag von mindestens 100 Euro monatlich, um welchen das Existenzminimum unterschritten werde. Dies mache eine Überprüfung des Regelbedarfs durch das BVerfG notwendig.

5

Die Klägerin hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 20. März 2012 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 26. März 2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 6. Mai 2011 zu verurteilen, höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II, mindestens einen Betrag in Höhe von 407 Euro monatlich zuzüglich der gewährten Kosten der Unterkunft und Heizung zu bewilligen.

6

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Der Beklagte trägt vor, das BSG habe bereits mit Urteil vom 12.7.2012 (B 14 AS 153/11 R) entschieden, dass der Regelbedarf für Alleinstehende vom Gesetzgeber für die Zeit ab 1.1.2011 nicht in verfassungswidriger Weise zu niedrig festgesetzt worden sei.

8

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe

9

Die Sprungrevision ist zulässig. Die Klägerin hat mit der Einlegung der Sprungrevision die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem SG vom 20.3.2012 vorgelegt. Hiernach haben die Beteiligten "ihr Einverständnis mit der Einlegung der Sprungrevision bei dem Bundessozialgericht unter Umgehung der Berufungsinstanz" erklärt; dies ist als Zustimmungserklärung ausreichend (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leiterer, SGG, 10. Aufl 2012, § 161 RdNr 4b mwN)

10

1. Die Sprungrevision ist insoweit begründet, als das Urteil des SG aufzuheben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückzuverweisen ist (§ 170 Abs 2 S 2 SGG). Die bisher getroffenen Feststellungen lassen keine abschließende - positive oder negative - Entscheidung darüber zu, ob der geltend gemachte Anspruch auf höhere SGB II-Leistungen in dem Zeitraum vom 1.4.2011 bis 30.9.2011 begründet ist.

11

Gegenstand des Verfahrens ist - nach den tatsächlichen Feststellungen des SG, an die der Senat gebunden ist (§ 163 SGG) - allein der Bescheid vom 26.3.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6.5.2011. Hiergegen wendet sich die Klägerin zu Recht mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 S 1 iVm 4, § 56 SGG). Ihr Begehren ist auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gerichtet und nach dem sog "Meistbegünstigungsprinzip" unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt zu prüfen (BSGE 97, 217 ff = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 11; BSG SozR 4-4200 § 21 Nr 9 RdNr 11). Vor diesem Hintergrund fehlen Feststellungen des SG zu einem möglichen Anspruch auf einen - ab 1.1.2011 - gesetzlich vorgesehenen Mehrbedarf für Kosten des Warmwassers bei dezentraler Warmwassererzeugung nach § 21 Abs 7 SGB II, die der Senat im Revisionsverfahren nicht nachholen kann(2). Die Höhe des Regelbedarfs für Alleinstehende ist nach der Rechtsprechung der beiden für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des BSG dagegen nicht verfassungswidrig zu niedrig festgesetzt (3).

12

2. Ob die Klägerin Anspruch auf einen Mehrbedarf für Kosten des Warmwasserverbrauchs bei dezentraler Warmwassererzeugung hat, bedarf noch weiterer Feststellungen des SG. Das SG hat zwar in seinem Urteil festgestellt, dass die Klägerin leistungsberechtigt iS des § 7 Abs 1 S 1 SGB II ist, weil sie die in dieser Norm genannten Voraussetzungen sämtlich erfüllt. Insbesondere ist sie hilfebedürftig iS des § 7 Abs 1 S 1 Nr 3 iVm § 9 SGB II, weil sie neben ihrem monatlichen Einkommen aus einer Witwenrente in Höhe von 370,90 Euro über kein weiteres Einkommen, etwa aus einer Erwerbstätigkeit, verfügt. Ihr Bedarf übersteigt das abzüglich der gemäß § 11b Abs 1 S 1 Nr 3 SGB II iVm § 6 Abs 1 Nr 1 Alg II-V anzusetzenden Versicherungspauschale in Höhe von 30 Euro monatlich anzurechnende Einkommen. Der Beklagte hat die Regelungen des SGB II bei der Berechnung der der Klägerin zustehenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zutreffend angewandt und einen Regelbedarf in Höhe von 364 Euro sowie die Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe der sich aus dem Mietvertrag ergebenden tatsächlichen Verpflichtungen berücksichtigt.

13

Soweit das SG allerdings ausgeführt hat, ein Mehrbedarf sei weder geltend gemacht worden noch bestünden Anhaltspunkte für das Bestehen eines solchen, reichen diese Feststellungen nicht, um einen möglichen Anspruch der Klägerin auf einen Mehrbedarf wegen dezentraler Warmwasserversorgung auszuschließen. Zwar kann der Gebrauch von Rechtsgriffen (hier: "Mehrbedarf") nach den Gesamtumständen des jeweiligen Sachverhalts eine für die Auslegung bindende Tatsachenfeststellung beinhalten, wenn sicher ist, dass dem Begriff ein bestimmtes definitorisches Verständnis zugrunde liegt (BSG SozR 4-4300 § 64 Nr 2 RdNr 8 mwN). Hier bleibt jedoch auch unter Berücksichtigung der weiteren Feststellungen des SG unklar, ob das SG auch einen eventuellen Anspruch der Klägerin auf einen Mehrbedarf wegen dezentraler Warmwasserversorgung geprüft hat.

14

Nach § 21 Abs 7 S 1 SGB II(idF des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011, BGBl I 453) wird bei Leistungsberechtigten ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Unterkunft installierte Vorrichtungen erzeugt wird (dezentrale Warmwasserversorgung) und deshalb keine Bedarfe für zentral bereitgestelltes Warmwasser nach § 22 SGB II als Kosten der Unterkunft und Heizung anerkannt werden. Aus den Ausführungen des SG zu den Kosten der Unterkunft und Heizung, wonach "die Grundmiete inklusive Heizkostenpauschale 300 Euro beträgt", ist nicht ersichtlich, ob eine zentrale oder dezentrale Warmwasserversorgung bestand. Es ist nicht klar, ob von der "Heizkostenpauschale" auch die Kosten für Warmwasser umfasst waren. Ist dies nicht der Fall, sondern bestand eine dezentrale Warmwasserversorgung, ist die vom Gesetzgeber nunmehr regelmäßig vorgesehene Übernahme der tatsächlich anfallenden und angemessenen Kosten hierfür gemeinsam mit den übrigen Kosten für die Heizung als Mietnebenkosten nach § 22 SGB II nicht möglich(vgl Brehm/Schifferdecker SGb 2011, 505, 506). Auch soweit das SG festgestellt hat, dass ein Mehrbedarf nicht geltend gemacht worden sei, ermöglicht dies hier keinen Rückschluss auf einen eventuellen Bedarf nach § 21 Abs 7 SGB II. Das Antragsformular, welches der Leistungsbeantragung der Klägerin am 1.3.2011 zugrunde lag und auf welches das SG offenbar Bezug genommen hat, enthielt nur eine Beantragungsmöglichkeit für Mehrbedarfe nach § 21 Abs 1 bis 6 SGB II und auch keine Rubrik, in der die Art der Warmwasserversorgung abgefragt wurde(vgl zur ergänzenden Heranziehung von Schriftstücken, auf die das Vordergericht im Urteil bei seiner Tatsachenwürdigung abgestellt hat: Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 163 RdNr 4 mwN). Vor dem Hintergrund des mit Wirkung zum 1.1.2011 erst durch das Gesetz vom 24.3.2011 (BGBl I 453) eingeführten Mehrbedarfs bei dezentraler Warmwasserversorgung nach § 21 Abs 7 SGB II bestand grundsätzlich eine Hinweis-, Aufklärungs- und Informationspflicht des Beklagten über diese neue Mehrbedarfsleistung. Allein aus fehlenden Angaben der Klägerin hierzu ist daher ein Rückschluss nicht möglich, dass ein Bedarf bei dezentraler Warmwasserversorgung nicht besteht. Die hierzu notwendigen Feststellungen kann der Senat nicht nachholen.

15

3. Bei der Prüfung, ob der Gesetzgeber die ab 1.1.2011 neu festgesetzte Höhe der Regelbedarfe für Alleinstehende zu niedrig festgesetzt hat, wird das SG - ohne Bindung an die folgenden Ausführungen des Senats gemäß § 170 Abs 5 SGG - unter Berücksichtigung des weiteren Urteils des Senats vom 28.3.2013 (B 4 AS 12/12 R) an seiner Rechtsauffassung festhalten dürfen, dass der Regelbedarf für Alleinerziehende in dem hier streitigen Zeitraum nicht verfassungswidrig zu niedrig festgelegt war. Der erkennende Senat hat sich insofern dem 14. Senat des BSG angeschlossen, der dies im Juli 2012 in zwei Entscheidungen im Einzelnen dargelegt hat (BSGE 111, 211 = SozR 4-4200 § 20 Nr 17, RdNr 19 ff; vom 12.7.2012 - B 14 AS 189/11 R - RdNr 14). Die Verfassungsbeschwerden gegen die benannten Urteile sind nicht zur Entscheidung angenommen worden (BVerfG Beschluss vom 20.11.2012 - 1 BvR 2203/12 - unveröffentlicht; BVerfG Beschluss vom 27.12.2012 - 1 BvR 2471/12 - unveröffentlicht; zur Bedeutung dessen: Rixen, SozSich 2013, 73 ff).

16

Der Gesetzgeber hat den ihm vom BVerfG in dessen Urteil vom 9.2.2010 (1 BvL 1/09 ua - BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12) erteilten Auftrag, das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum zu gewährleisten, erfüllt. Der 14. Senat hat hierzu ausgeführt, dass bei der verfassungsrechtlichen Überprüfung der Neuermittlung der Regelbedarfe der Entscheidungsprozess des Gesetzgebers bei der Neuordnung der §§ 28 ff SGB XII auf die Bemessung des Regelbedarfs in § 20 Abs 2 S 1 SGB II zu übertragen sei. Der Gesetzgeber habe den Umfang des konkreten gesetzlichen Auftrags auch in einem transparenten und sachgerechten Verfahren ermittelt, das den Vorgaben des BVerfG nach realitätsgerechten sowie nachvollziehbaren Feststellungen auf der Grundlage verlässlicher Zahlen und schlüssiger Berechnungsverfahren entspreche. Dabei habe er sich des vom BVerfG gebilligten "Statistikmodells mit begründeter Herausnahme einzelner Positionen" bedienen können. Innerhalb dieses Ansatzes habe er - ausgehend von der EVS 2008 - die Referenzgruppe anhand der unteren Einkommensgruppen bestimmt, ohne seinen gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum zu überschreiten. Den Maßstab der sachlichen Angemessenheit und Vertretbarkeit habe er bei der Veränderung der Bezugsgröße von 20 % auf 15 % der Einpersonenhaushalte gemäß § 4 S 2 Nr 1 RBEG nicht verlassen. Diese Anpassung der Referenzgruppe führe nicht zu einer Verringerung, sondern zu einer Erhöhung des absoluten oberen Grenzwertes der betrachteten Haushalte im Vergleich zu 2003 von 20,4 % auf 22,3 % aller nach dem Nettoeinkommen geschichteten Haushalte (Hinweis auf BT-Drucks 17/3404 S 89; BSGE 111, 211 = SozR 4-4200 § 20 Nr 17, RdNr 37 f).

17

Soweit die Klägerin den fehlenden Ausschluss sog "atypischer Haushalte", insbesondere von Leistungsbeziehern nach dem BAföG, kritisiert, hat der 14. Senat des BSG im Einzelnen ausgeführt, dass die mögliche Einbeziehung sog "atypischer Haushalte", insbesondere von Auszubildenden, die Berufsausbildungsbeihilfe nach dem SGB III oder Leistungen nach dem BAföG erhielten, nach dem Erkenntnisstand des Gesetzgebers des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des SGB II und des SGB XII (vom 24.3.2011, BGBl I 453) nicht zu einer signifikanten Verschiebung der Referenzgruppe auf der Einkommensskala führe (BSGE 111, 211 = SozR 4-4200 § 20 Nr 17, RdNr 46 f). Dem folgt der erkennende Senat, der in seinem Urteil vom 28.3.2013 (B 4 AS 12/12 R) in Auseinandersetzung mit den vorhandenen Forschungsansätzen zur Ermittlung der "verdeckt Armen" ausgeführt hat, dass der Gesetzgeber wegen des nur zur Verfügung stehenden knappen Zeitrahmens in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise von einer Korrektur der Referenzgruppe abgesehen habe. Der Auftrag des BVerfG, seine Abgrenzungssystematik über § 3 RBEG hinaus fortzuentwickeln, bezieht sich auf die Auswertung künftiger EVS, und nicht bereits auf diejenige der EVS 2008(BSGE 111, 211 = SozR 4-4200 § 20 Nr 17, RdNr 44). Beide für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des BSG haben betont, dass der Gesetzgeber mit § 10 Abs 2 Nr 1 iVm Abs 1 RBEG das Bundesministerium für Arbeit und Soziales verpflichtet habe, in dem bis zum 1.7.2013 vorzulegenden Bericht über die Weiterentwicklung der für die Ermittlung von Regelbedarfen anzuwendenden Methodik Vorschläge für die Abgrenzung der Referenzhaushalte nach § 3 Abs 1 RBEG hinsichtlich der Bestimmung von Haushalten der EVS zu unterbreiten, die nicht als Referenzhaushalte zu berücksichtigen seien, weil deren eigene Mittel nicht zur Deckung des jeweils zu unterstellenden Bedarfs nach dem SGB II oder SGB XII ausreichten(BSGE 111, 211 = SozR 4-4200 § 20 Nr 17, RdNr 45; BSG Urteil vom 28.3.2013 - B 4 AS 12/12 R).

18

Soweit die Klägerin einwendet, der Gesetzgeber habe durch die Herausnahme einzelner Positionen aus der EVS 2008 das Statistikmodell mit dem Warenkorbmodell in verfassungsrechtlich unzulässiger Weise vermischt, lässt sie unberücksichtigt, dass der verfassungsrechtlich verbürgte Anspruch auf ein menschenwürdiges Existenzminimum gemäß Art 1 Abs 1 GG iVm Art 20 Abs 1 GG ua von den gesellschaftlichen Anschauungen über das für ein menschenwürdiges Dasein Erforderliche abhängt. Dies beinhaltet auch eine wertende Entscheidung des Gesetzgebers, welche Waren und Güter als zur Wahrung des menschenwürdigen Existenzminimums erforderlich angesehen werden (BSGE 111, 211 = SozR 4-4200 § 20 Nr 17, RdNr 51 ff). Einzelne Positionen der EVS dürfen herausgenommen werden, wenn der Gesetzgeber hierfür eine nachvollziehbare Begründung gibt und ein solch wertender Eingriff des Gesetzgebers in die EVS nicht dazu führt, dass ein interner Ausgleich nicht mehr möglich ist (BVerfG Urteil vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09 ua - BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12 RdNr 170 ff; BSGE 111, 211 = SozR 4-4200 § 20 Nr 17, RdNr 53). Der 14. Senat des BSG, dessen Rechtsprechung sich der erkennende Senat auch insoweit angeschlossen hat, hat ausgeführt, dass der auf Grundlage des Regelbedarfsermittlungsgesetzes festgelegte Regelbedarf für alleinstehende Erwachsene in Höhe von 364 Euro monatlich ab 1.1.2011 insgesamt nicht evident unzureichend sei (BSGE 111, 211 = SozR 4-4200 § 20 Nr 17, RdNr 60; BSG Urteil vom 28.3.2013 - B 4 AS 12/12 R).

19

Dass die einzelnen regelbedarfsrelevanten Verbrauchsgruppen innerhalb der Grenzen, welche die Verfassung dem Gesetzgeber zieht, zutreffend ermittelt und in nicht evident unzureichender Höhe festgesetzt wurden, hat der 14. Senat des BSG gleichfalls bereits dargelegt (BSGE 111, 211 = SozR 4-4200 § 20 Nr 17, RdNr 64 ff). Soweit sich die Klägerin gegen die Herausnahme und Substituierung alkoholischer Getränke und Tabakwaren aus der EVS 2008 bei der Bemessung der Regelbedarfshöhe wendet, hat der Gesetzgeber seiner Pflicht zur nachvollziehbaren Begründung der - verfassungsrechtlich zulässigen - wertenden Entscheidung, Bedarfe für Alkoholika aus dem Regelbedarf zu streichen, genügt. Er hat im Einzelnen dargelegt, aus welchen Gründen diese Bedarfe als regelbedarfsirrelevant unberücksichtigt bleiben (vgl BT-Drucks 17/3404 S 53). Eine Substituierung alkoholischer Getränke in der Verbrauchsgruppe durch andere Flüssigkeiten als Wasser (vgl hierzu BT-Drucks 17/3404 S 53) ist nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten. Auch durch die von der Klägerin weiter beanstandete Nichtberücksichtigung eines Bedarfs für Schwund und Verderb von Lebensmitteln hat der Gesetzgeber den ihm zukommenden Gestaltungsspielraum nicht unter- bzw überschritten. Schließlich bestehen gegen die Berücksichtigung eines Bedarfs für Verkehr in der aus § 5 RBEG ersichtlichen Höhe ebenfalls keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Hierzu hat sich der 14. Senat des BSG (BSGE 111, 211 = SozR 4-4200 § 20 Nr 17, RdNr 72 f) bereits ausführlich geäußert. Der erkennende Senat schließt sich den dortigen Ausführungen an (BSG Urteil vom 28.3.2013 - B 4 AS 12/12 R).

20

Das SG wird ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahren zu entscheiden haben.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob die vom Kläger geltend gemachten Gesundheitsstörungen Folgen einer Wehrdienstbeschädigung (WDB) sind.

2

Der 1942 geborene Kläger war vom 1.10.1959 bis 30.9.1963 bei der Bundeswehr Soldat auf Zeit, dabei zuletzt als Radarflugmelder eingesetzt.

3

Im Juli 2001 beantragte der Kläger beim beigeladenen Land die Gewährung von Leistungen der Beschädigtenversorgung nach dem Soldatenversorgungsgesetz (SVG) iVm dem Bundesversorgungsgesetz (BVG). Er machte geltend, die bei ihm vorliegenden Gesundheitsstörungen seien Folgen einer WDB, denn er sei an den Radarüberwachungsgeräten mit Leuchtschriften in Kontakt gekommen und einer zu hohen Strahlenbelastung ausgesetzt gewesen. Das Amt für Versorgung und Soziales Halle übersandte den Antrag samt Akte an die Wehrbereichsverwaltung V (Süd), weil diese nach § 88 Abs 1 und 2 SVG für die Erstentscheidung zuständig sei.

4

Nachdem die vom Bundesministerium der Verteidigung eingesetzte Radarkommission am 2.7.2003 ihren Bericht vorgelegt hatte, lehnte die beklagte Bundesrepublik Deutschland sowohl die Feststellung der beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen "dilatative Kardiomyopathie mit linksventrikulärer Pumpstörung, Herzrhythmusstörungen" als Folgen einer WDB iS des § 81 SVG als auch die Gewährung von Ausgleich nach § 85 SVG ab(Bescheid vom 21.11.2003). Die geltend gemachten Gesundheitsstörungen gehörten nicht zu den qualifizierenden Krankheiten aufgrund ionisierender Strahlung im Sinne des Berichts der Radarkommission. Ein Ursachenzusammenhang zwischen einer etwaigen Strahleneinwirkung während der dienstlichen Tätigkeit und den Erkrankungen sei somit auszuschließen.

5

Das beigeladene Land versagte daraufhin unter Berufung auf die Bindungswirkung der Entscheidung der Beklagten auch die Gewährung von Leistungen der Beschädigtenversorgung (Bescheid vom 30.1.2004).

6

Nachdem der Kläger im Widerspruchsverfahren weitere Gesundheitsstörungen geltend gemacht hatte, die er ursächlich auf die Strahlenbelastung während seiner Dienstzeit bei der Bundeswehr zurückführte, lehnte die beklagte Bundesrepublik Deutschland außerdem die Feststellung der Gesundheitsstörungen "beginnender Altersstar beidseits, multiple Bandscheibenvorfälle in allen Wirbelsäulenabschnitten, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, beginnende Gelenkversteifungen in den oberen und unteren Extremitäten, rezidivierende Nerven- und Muskelreizerscheinungen, Impotenz, wiederkehrende Sehstörungen, chronische Nasennebenhöhlenentzündungen bei Nasenscheidewandfehlstellung" als Folgen einer WDB sowie auch insoweit die Gewährung eines Ausgleichs ab (Bescheid vom 22.2.2006). Zwar habe die ausgeübte Tätigkeit zu den qualifizierenden Tätigkeiten gehört, bei denen Personen einer gesundheitsschädigenden Strahleneinwirkung ausgesetzt gewesen seien. Ebenso liege mit dem Katarakt (grauer Star) eine qualifizierende Krankheit vor, für die ionisierende Strahlung ursächlich sein könnte. Bei einer Zeitspanne von 40 Jahren zwischen der dienstlichen Verwendung und der erstmaligen Diagnose dieser Erkrankung könne jedoch kein ursächlicher Zusammenhang hergestellt werden.

7

Die Widersprüche des Klägers gegen die Bescheide vom 21.11.2003 und 22.2.2006 wies die Beklagte zurück (Widerspruchsbescheid vom 19.6.2006).

8

Der Kläger hat zur Begründung seiner dagegen erhobenen Klage ua vorgetragen: Er sei während seiner Dienstzeit als Operator und Controller Röntgenstrahlen, radioaktiver Strahlung aus der Leuchtfarbe Ra 226 und gepulster Hochfrequenz (elektromagnetischer Strahlung) ausgesetzt gewesen. Diese Strahlungen hätten ab 1961 Krankheitsbilder verursacht (zunächst Probleme im Magenbereich, Krämpfe, Erbrechen, Durchfall, Blut teilweise im Stuhl). Schon während des Wehrdienstes habe er auch Probleme mit den Augen gehabt (Lichtempfindlichkeit, Tränen, Augenbrennen). Seit 1975 bestünden Sehstörungen. Seit Anfang der achtziger Jahre trage er eine Brille.

9

Das SG Dessau hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 24.1.2007). Zur Begründung seiner dagegen eingelegten Berufung hat der Kläger im Wesentlichen sein Vorbringen aus dem Klageverfahren wiederholt. Er hat in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG Sachsen-Anhalt beantragt, (1) das Urteil des SG sowie die Bescheide der beklagten Bundesrepublik Deutschland aufzuheben, (2) bei ihm festzustellen, dass die von ihm geltend gemachten Gesundheitsstörungen Folgen einer WDB sind, und (3) das beigeladene Land zu verurteilen, ihm ab 1.7.2001 Beschädigtenrente nach einem Grad der Schädigungsfolgen (GdS) von mindestens 30 zu gewähren.

10

Das LSG hat unter Abänderung der Entscheidung des SG die angefochtenen Bescheide der Beklagten aufgehoben. Im Übrigen hat es die Berufung zurückgewiesen und die gegen den Beigeladenen gerichteten Klagen abgewiesen (Urteil vom 7.8.2008). Zur Begründung hat es ua ausgeführt:

11

Die gegen die beklagte Bundesrepublik Deutschland gerichtete Anfechtungsklage sei zulässig und begründet. Diese sei zu einer Entscheidung über einen Ausgleich nach § 85 Abs 1 SVG nicht befugt gewesen, denn insoweit fehle es schon an einem rechtlich beachtlichen Antrag. Sie sei auch nicht befugt gewesen, durch Verwaltungsakt festzustellen, dass die vom Kläger geltend gemachten Gesundheitsstörungen nicht Folgen einer WDB iS des § 81 SVG seien. Nach dem Urteil des BSG vom 5.7.2007 - B 9/9a VS 3/06 R - sei die Bundeswehrverwaltung für die Feststellung, ob eine Gesundheitsstörung Folge einer WDB sei, nur zuständig, soweit Leistungen nach § 41 Abs 2, §§ 85, 86 SVG in Betracht kämen. Feststellende Verwaltungsakte zu Zusammenhangsfragen dürfe die Beklagte nur erlassen, wenn sie für die betreffende Leistungsbewilligung zuständig sei. Hier begehre der Kläger jedoch die Gewährung von Leistungen der Beschädigtenversorgung nach § 80 BVG; hierfür sei das beigeladene Land zuständig.

12

Der Einwand der Beklagten, das Urteil des BSG vom 5.7.2007 könne für die Beurteilung der Zuständigkeit bei ehemaligen Berufs- und Zeitsoldaten nicht herangezogen werden, weil die Wehrverwaltung bei diesen nach § 88 Abs 2 Satz 1 Buchst a SVG immer die "Erstentscheidungsbefugnis" habe, greife nicht durch. Diese Regelung betreffe nur die zeitliche Reihenfolge der Entscheidungen. Zudem seien die vom Kläger geltend gemachten Gesundheitsstörungen erst nach Beendigung des Wehrdienstverhältnisses eingetreten. Die Beklagte könne sich auch nicht auf den Rechtsstandpunkt zurückziehen, sie sei zu einer auf das Vorliegen einer WDB beschränkten Feststellung berechtigt, denn sie habe in den angefochtenen Bescheiden über die Folgen einer WDB entschieden.

13

Aus der Rechtsprechung des BSG ergebe sich nichts anderes. Diese habe zwar für das nach § 55 Abs 1 Nr 3 SGG erforderliche Feststellungsinteresse die Besorgnis von Spätschäden ausreichen lassen(BSG, Urteil vom 16.3.1994 - 9 RV 2/93). Soweit ersichtlich, sei jedoch in allen von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entschiedenen Fällen die Gesundheitsstörung schon während der Dienstzeit eingetreten. Für die Begründung der Zuständigkeit der beklagten Bundesrepublik Deutschland reiche es nicht aus, dass der Kläger Jahrzehnte nach dem Dienstende behaupte, schon während der Dienstzeit seien Beschwerden aufgetreten, die er auf die Einwirkung von Strahlen zurückführe. Denn der Zweck eines von der Bundeswehrverwaltung durchgeführten Feststellungsverfahrens, wegen möglicher Spätschäden rechtzeitig Beweis zu sichern, sei nicht mehr erreichbar.

14

Die Beklagte könne sich schließlich auch nicht auf eine einheitliche Rechtsauffassung aller mit der Versorgung befassten Behörden berufen. Das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherheit sei in seinem Rundschreiben vom 20.10.2003 von Fällen einer Erstentscheidung durch die Versorgungsverwaltung bei lange zurückliegenden Schädigungen durch den Betrieb von Radargeräten der Bundeswehr ausgegangen; es habe angeordnet, dass in diesen Fällen die Bundeswehrverwaltung um Sachverhaltsaufklärung und Amtshilfe zu bitten sei.

15

Die mit der Anfechtungsklage verbundene, gegen die Beklagte gerichtete Feststellungsklage sei zwar nach § 55 Abs 1 Nr 3 SGG statthaft, es fehle jedoch wegen der mangelnden Entscheidungsbefugnis der Beklagten das erforderliche Feststellungsinteresse.

16

Die gegen das beigeladene Land gerichteten Klagen seien ebenfalls unzulässig. Für die erstmals vor dem LSG erhobene Leistungsklage seien schon die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen des § 75 Abs 5 SGG nicht erfüllt. Im Übrigen fehle es an der Durchführung eines vorherigen Vorverfahrens gemäß § 78 SGG, denn das beigeladene Land habe den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 30.1.2004 noch nicht beschieden.

17

Der Senat sei zwar nicht gehindert, über die vom Kläger nachrangig gegen das beigeladene Land gerichtete Feststellungsklage nach § 75 Abs 5 SGG zu entscheiden. Der Gesetzgeber habe jedoch die Verurteilung des beigeladenen Landes in das Ermessen des Gerichts ("kann") gestellt. Der Zweck dieser Vorschrift, aus prozessökonomischen Gründen einen neuen Rechtsstreit zu vermeiden, rechtfertige eine Durchbrechung des Grundsatzes, dass dem sozialgerichtlichen Verfahren ein förmliches Vorverfahren vorauszugehen habe, dann nicht, wenn das Ziel der Gewährung gerichtlichen Rechtsschutzes und der Durchsetzung des materiellen Rechts ohne ein vorangegangenes Verwaltungsverfahren schwerer erreichbar sei. Eine Prognose der aus rechtlicher Sicht noch erforderlichen Sachaufklärung ergebe hier, dass eine umfassende Sachprüfung durchzuführen sei, für die das Vorverfahren geeigneter sei als das gerichtliche Verfahren. Der Senat habe zwar kaum Zweifel, dass die Beklagte im Ergebnis zutreffend entschieden habe, dass die Katarakt-Erkrankung, die beim Kläger allein als qualifizierende Krankheit im Sinne des Berichts der Radarkommission in Betracht komme, nicht Folge einer WDB durch Strahleneinwirkung sei. Es fehle jedoch bislang an einer Prüfung, ob die vom Kläger neben der Katarakt-Erkrankung als WDB-Folgen geltend gemachten Gesundheitsstörungen mit Wahrscheinlichkeit durch Strahleneinwirkungen bei Dienstverrichtungen an Radargeräten verursacht worden seien.

18

Kläger und Beklagte haben jeweils die vom Senat zugelassene Revision eingelegt.

19

Der Kläger rügt mit seiner Revision sinngemäß eine Verletzung des § 88 Abs 2 Satz 1 Buchst a SVG. Die beklagte Bundesrepublik Deutschland sei für die Feststellung der WDB zuständig gewesen. Nach dem eindeutigen Wortlaut dieser Bestimmung sei die Bundeswehrverwaltung auch nach Beendigung des Wehrdienstes bei Soldaten auf Zeit für die Erstentscheidung zuständig, wenn Ansprüche nach § 41 Abs 2 SVG sowie den §§ 85, 86 SVG infrage kämen. Dieser Wortlaut sei dahingehend auszulegen, dass die Bundeswehrverwaltung für die Feststellung einer WDB zuständig sei, die Versorgungsverwaltung für die Entscheidung über die zu gewährenden Leistungen. Soweit sich das LSG auf die Entscheidung des BSG vom 5.7.2007 - B 9/9a VS 3/06 R - stütze, habe dieser Fall einen Wehrdienstleistenden und nicht - wie bei ihm - einen Soldaten auf Zeit betroffen.

20

Weiter rügt der Kläger eine Verletzung des § 75 Abs 5 SGG. Nach dieser Vorschrift könne ein Land nach notwendiger Beiladung verurteilt werden. Die Verurteilung sei nicht unbedingt auf eine Verurteilung zur Leistung beschränkt. Das LSG habe deshalb auch zutreffend festgestellt, dass es nach § 75 Abs 5 SGG möglich sei, über die von ihm begehrte Feststellung von Folgen einer WDB im Rechtsverhältnis zum Beigeladenen durch ein Sachurteil zu entscheiden. Es habe es jedoch im vorliegenden Fall nicht für zweckmäßig gehalten, von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen. Er (der Kläger) habe jedoch mehrfach schriftlich vorgetragen, dass er diesbezüglich auf einen mit einer weiteren Verzögerung verbundenen vollständigen "Instanzenzug" verzichte. Der bisherige Verlauf des Verfahrens habe gezeigt, dass ein Vorverfahren gerade nicht zu einer Sachverhaltsaufklärung führe. Bislang sei kein einziges Gutachten zur Frage der Kausalität zwischen Schädigung und Gesundheitsstörung eingeholt worden. Bei zutreffender Anwendung des § 75 Abs 5 SGG hätte das LSG das beigeladene Land verurteilen müssen.

21

Der Kläger rügt außerdem eine Verletzung der §§ 103, 109, 128 SGG. Es sei ausdrücklich die Einholung eines Sachverständigengutachtens nach § 109 SGG beantragt worden. Das LSG hätte zudem (von Amts wegen) ein Sachverständigengutachten einholen und die von ihm benannten Zeugen hören müssen.

22

Schließlich stellt der Kläger klar, dass die Bescheide der Beklagten insoweit von ihm nicht angefochten worden seien, als sie die Ablehnung der Gewährung von Ausgleich nach § 85 SVG betreffen.

23

Der Kläger beantragt,

        

1.   

die Urteile des LSG Sachsen-Anhalt vom 7.8.2008 und des SG Dessau vom 24.1.2007 zu ändern, soweit die Berufung zurückgewiesen und seine Klagen abgewiesen worden sind,

        

2.   

die Beklagte zu verpflichten, die Gesundheitsstörungen "dilatative Kardiomyopathie mit linksventrikulärer Pumpstörung, Herzrhythmusstörungen, multiple Bandscheibenvorfälle in allen Wirbelsäulenabschnitten, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, beginnende Gelenkversteifung in den oberen und unteren Extremitäten, rezidivierende Nerven- und Muskelreizerscheinungen, Impotenz, wiederkehrende Sehstörungen, grauer Star, chronische Nasennebenhöhlenentzündungen bei Nasenscheidewandfehlstellung und Immunschwäche" im Sinne der Entstehung als Folgen einer Wehrdienstbeschädigung im Sinne des § 81 Abs 1 SVG festzustellen,

        

3.   

den Beigeladenen zu verurteilen, ihm wegen der erlittenen Wehrdienstbeschädigung Versorgung zu gewähren,

        

4.   

die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

24

Die Beklagte beantragt,

        

1.   

das Urteil des LSG Sachsen-Anhalt vom 7.8.2008 zu ändern und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Dessau vom 24.1.2007 in vollem Umfang zurückzuweisen,

        

2.   

die Revision des Klägers zurückzuweisen.

25

Sie rügt mit ihrer Revision eine Verletzung der § 88 Abs 2 Satz 1 Buchst a, § 87 Abs 1 Satz 1 SVG iVm §§ 85, 86 SVG. Nach dem eindeutigen Wortlaut dieser Bestimmungen stehe ihr eine "Erstentscheidungsbefugnis" auch in den Fällen von Berufs- und Zeitsoldaten zu, in denen Leistungen für die Zeit des Wehrdienstverhältnisses nicht zu erwarten seien. Auch nach Beendigung des Wehrdienstes sei sie befugt, über die Grundvoraussetzungen der Beschädigtenversorgung auf der Grundlage der § 41 Abs 2, §§ 85, 86 SVG zu entscheiden, unabhängig davon, ob die Folge der WDB vor oder nach Wehrdienstende eingetreten sei. Dies sei seit dem Inkrafttreten des § 88 Abs 2 Satz 1 Buchst a SVG am 1.1.1981 (durch das Siebente Gesetz zur Änderung des SVG vom 7.7.1980, BGBl I 851) einhellige Rechtsauffassung und gefestigte Verwaltungspraxis aller mit der Beschädigtenversorgung befassten Behörden. Die Entscheidung des LSG sei deshalb schon nicht vom Wortlauf des Gesetzes gedeckt. Das LSG habe im Wege der Auslegung aus den Wörtern "entscheiden…nach § 41 Abs 2 sowie den §§ 85 und 86" ein "entscheiden über Ansprüche/Leistungen nach.." gemacht. Die Wehrverwaltung könne jedoch nach dem Ausscheiden auch ablehnend über etwaige Ansprüche entscheiden und vor allem über das Vorliegen einer WDB befinden.

26

Auch die Gesetzesmaterialien bestätigten dieses Rechtsverständnis. In der Beschlussempfehlung und dem Bericht des Verteidigungsausschusses zu dem eingebrachten Entwurf eines Siebenten Gesetzes zur Änderung des SVG (BT-Drucks 8/4030, S 26) heiße es ausdrücklich, dass die Bundeswehrverwaltung bei ehemaligen Berufssoldaten und Zeitsoldaten über die Frage der Wehrdienstbeschädigung und deren Folgen jeweils vor der Versorgungsverwaltung zu entscheiden habe. Diese Regelung entspreche der in § 31 Soldatengesetz normierten besonderen Fürsorgepflicht des Dienstherrn. Mit diesem Verfahren würden unterschiedliche Entscheidungen über die Beschädigtenversorgung und die Dienstzeitversorgung, für die die Bundeswehrverwaltung nach § 87 SVG allein zuständig sei, vermieden. Mit der Änderung des § 88 Abs 2 SVG sei der Gesetzgeber einer Anregung des Bundesrates und einem Hinweis des BSG in seinem Urteil vom 17.5.1977 - 10 RV 53/76 - nachgekommen.

27

Das LSG könne sich in diesem Zusammenhang nicht auf das Urteil des BSG vom 5.7.2007 - 9/9a VS 3/06 R - stützen, weil dieses über die Zuständigkeit bei einem Soldaten, der aufgrund der Wehrpflicht Wehrdienst geleistet habe, zu entscheiden gehabt habe. Bei diesem Personenkreis sei die zwingend vorgesehene "Erstentscheidungsbefugnis" auf Seiten der Bundeswehrverwaltung nicht notwendig, weil eine Dienstzeitversorgung für diesen Personenkreis nicht in Betracht komme. Soweit das LSG die Auffassung vertrete, aus den Gesetzesmaterialien ergebe sich, dass die Bundeswehrverwaltung ausschließlich in denjenigen Fällen für Entscheidungen zuständig sei, wenn Leistungen überhaupt in Betracht kämen, sei dies nicht nachvollziehbar. Die Bindung der Bundeswehrverwaltung nach einer möglicherweise fehlerhaften Entscheidung der Versorgungsverwaltung sei vor allem dann problematisch, wenn ein Dienstunfall vorliege, der zugleich eine Wehrdienstbeschädigung sei. Ziel der Regelung des § 88 Abs 3 SVG sei es nicht nur, der Gefahr voneinander abweichender Entscheidungen entgegenzuwirken, sondern auch eine Schlechterstellung von Soldaten nach dem Ausscheiden zu verhindern. Durch Bindung - in erster Linie der Versorgungsverwaltung - soll die weitere Versorgung der aus dem Dienst der Bundeswehr ausgeschiedenen Soldaten sichergestellt werden.

28

Das LSG sei ferner unzutreffend davon ausgegangen, dass eine Entscheidungsbefugnis der Bundeswehrverwaltung über einen Anspruch nach § 85 SVG auch deshalb ausscheide, weil die Gesundheitsstörungen erst nach Beendigung des Wehrdienstverhältnisses eingetreten seien. Diese Vorschrift stelle nach ihrem Wortlaut "Folgen einer Wehrdienstbeschädigung" allein darauf ab, dass das schädigende Ereignis vor Ablauf des Wehrdienstverhältnisses eingetreten sei und deshalb ggf auch eine Negativentscheidung hinsichtlich der Leistungen für die Zeit des Wehrdienstes zu treffen sei. Nach der Intention des Gesetzgebers sei demnach für die Zuständigkeit der Zeitpunkt des Eintritts des schädigenden Ereignisses maßgebend.

29

Die Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 16.3.1994 - 9 RV 2/93) habe die Bundeswehrverwaltung außerdem auch dann zu einer Entscheidung ("isolierte Feststellung") über das Vorliegen einer WDB verpflichtet, wenn die Gewährung eines Ausgleichs wegen eines GdS von unter 25 nicht in Betracht komme. Ein "Bagatellbescheid" sei demnach nur noch dann zulässig, wenn aus medizinischer Sicht zweifelsfrei sichergestellt sei, dass mit keinerlei Schädigungsfolge zu rechnen sei. Um die Möglichkeit einer späteren Erkrankung auszuschließen, müsse nach dem gegenwärtigen Stand der medizinischen Wissenschaft gesagt werden können, dass mit Spätschäden nicht zu rechnen sei. Daraus folge, dass es für einen Anspruch auf Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer WDB nicht darauf ankomme, ob eine Gesundheitsstörung aktuell feststellbar sei. Denn nicht diese, sondern der Ursachenzusammenhang einer Gesundheitsstörung mit einer WDB begründe im Hinblick auf mögliche künftige Ansprüche den Feststellungsanspruch des Klägers. Die Feststellung der Schädigungsfolge sei nach der Rechtsprechung des BSG zu § 55 Abs 1 Nr 3 SGG(Urteil vom 15.12.1999 - B 9 VS 2/98 R) im sozialen Entschädigungsrecht - und damit auch im Recht der Soldatenversorgung - mehr als nur die Feststellung einer Vorfrage für das Leistungsverhältnis; sie sei Gegenstand einer selbstständigen Feststellung.

30

Das beigeladene Land stellt keinen Antrag. Es hält die Auslegung des § 88 Abs 2 Satz 1 SVG durch das LSG für zutreffend. Das LSG habe ermessensfehlerfrei von der Möglichkeit einer Verurteilung nach § 75 Abs 5 SGG keinen Gebrauch gemacht. Inzwischen sei unter dem 11.5.2009 der Widerspruch gegen ihren Bescheid vom 11.2.2004 als unbegründet zurückgewiesen worden. Die hiergegen vor dem SG Dessau-Roßlau erhobene Klage ruhe wegen des Revisionsverfahrens.

Entscheidungsgründe

31

Die Revision des Klägers ist zulässig und im Sinne der Aufhebung des angefochtenen Urteils des LSG und der Zurückverweisung der Sache an dieses Gericht begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG), soweit der Kläger eine Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung von Folgen einer WDB für die Zeit bis zum 30.9.1963 begehrt. Der Urteilsausspruch des LSG ist außerdem insoweit aufzuheben, als dieses die gegen das beigeladene Land gerichteten Klagen abgewiesen und über die Kosten des Verfahrens entschieden hat. Im Übrigen sind die Revisionen des Klägers und der Beklagten unbegründet.

32

1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist zunächst die Anfechtungsklage gegen die Bescheide der Beklagten vom 21.11.2003 und 22.2.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.6.2006, soweit darin über die Feststellung von Folgen einer WDB entschieden worden ist. Die damit ebenfalls erfolgte Versagung von Ausgleich nach § 85 SVG ist vom Kläger von vornherein nicht angegriffen worden. Diese Anfechtungsklage ist verbunden mit einer auf Feststellung von Schädigungsfolgen iS des SVG gerichteten Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1 SGG). Dabei ist es unschädlich, dass der Kläger insoweit im Revisionsverfahren von einer Feststellungs- zu einer Verpflichtungsklage übergegangen ist (vgl zB Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 55 RdNr 13c). Eine im Revisionsverfahren unzulässige Klageänderung liegt darin nicht (vgl dazu Leitherer in Meyer-Ladewig, aaO, § 168 RdNr 2b).

33

a) Wie das LSG zutreffend entschieden hat, ist die Anfechtungsklage schon deshalb begründet, weil die Beklagte bei Erlass der angefochtenen Verwaltungsakte die ihr gesetzlich eingeräumte Entscheidungsbefugnis überschritten hat, indem sie eine Feststellung der beim Kläger in der Zeit ab Antragstellung (Juli 2001) vorliegenden Gesundheitsstörungen als Folgen einer WDB abgelehnt hat. Die dagegen - insbesondere von der Beklagten - vorgebrachten Argumente greifen nicht durch.

34

Die Durchführung der Beschädigtenversorgung für ehemalige Soldaten auf Zeit wie den Kläger richtet sich nach § 88 SVG in der zur Zeit der Entscheidungen der Beklagten (vom 1.2.2003 bis 20.12.2007) geltenden Fassung vom 21.12.2004 (BGBl I 3592), die in der Folgezeit im Wesentlichen unverändert geblieben ist (vgl Gesetze vom 12.12.2007, BGBl I 2861, vom 13.12.2007, BGBl I 2904, und vom 16.9.2009, BGBl I 3054). Abs 1 dieser Vorschrift regelt die Aufgabenverteilung zwischen den Behörden der beklagten Bundesrepublik Deutschland und denen des beigeladenen Landes, also deren jeweiligen Zuständigkeitsbereich. Nach Satz 1 dieser gesetzlichen Bestimmung führt das Bundesministerium der Verteidigung die §§ 85 bis 86 SVG (Ausgleich, Wohnungshilfe, Erstattung von Sachschäden und Ersatz besonderer Aufwendungen) bei Behörden der Bundeswehrverwaltung durch. Im Übrigen wird der Dritte Teil des SVG (Beschädigtenversorgung iS der §§ 80 ff SVG) von den zur Durchführung des BVG zuständigen Behörden (hier der Versorgungsverwaltung des beigeladenen Landes) im Auftrag des Bundes durchgeführt(§ 88 Abs 1 Satz 2 SVG).

35

Ausgehend von dieser zwischen Bund und Land aufgespaltenen Zuständigkeit bestimmt § 88 Abs 2 SVG die zeitliche Reihenfolge der zu treffenden Entscheidungen, wenn diese nach Beendigung des Wehrdienstverhältnisses erfolgen. Nach Satz 1 entscheidet in bestimmten Fällen auch nach Beendigung des Wehrdienstverhältnisses zunächst die Bundeswehrverwaltung "nach § 41 Abs 2 sowie den §§ 85 und 86" SVG, bevor die nach § 88 Abs 1 Satz 2 SVG zuständigen Behörden (hier die Versorgungsverwaltung des beigeladenen Landes) über die Beschädigtenversorgung für die Zeit nach Beendigung des Wehrdienstverhältnisses entscheiden. Diese zeitliche Reihenfolge der Entscheidungen gilt nach Buchst a (ohne weitere Einschränkungen) für ehemalige Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit sowie nach Buchst b für ehemalige Soldaten, die aufgrund der Wehrpflicht Wehrdienst geleistet haben, wenn das Verfahren bei Beendigung des Wehrdienstverhältnisses eingeleitet, aber noch nicht abgeschlossen worden ist oder das Verfahren aufgrund des Todes einzuleiten ist und ein Antrag nach § 80 und § 82 SVG noch nicht vorliegt. In allen anderen Fällen entscheiden gemäß § 88 Abs 2 Satz 2 SVG nach Beendigung des Wehrdienstverhältnisses die zur Durchführung des BVG zuständigen Behörden (hier die Versorgungsverwaltung des beigeladenen Landes) vor der Bundeswehrverwaltung.

36

Nach dem Wortlaut des hier einschlägigen § 88 Abs 2 Satz 1 Buchst a SVG besteht demnach eine zeitlich vorrangige Zuständigkeit der Beklagten ("Erstentscheidungsbefugnis") bei ehemaligen Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit ua dann, wenn nach Beendigung des Wehrdienstverhältnisses "nach § 85" SVG zu entscheiden ist. Eine Entscheidung nach § 85 SVG umfasst grundsätzlich den Erlass zweier Verwaltungsakte iS des § 31 SGB X: zum einen über die Feststellung von Gesundheitsstörungen als Folgen einer WDB, zum anderen über die Gewährung einer Leistung (Ausgleich) wegen der Folgen der WDB(vgl zur Feststellung von Schädigungsfolgen als eigenständiger Verwaltungsakt bereits BSGE 9, 80, 83 f = SozR Nr 17 zu § 55 SGG; BSGE 12, 25, 26; BSGE 27, 22, 23 = SozR Nr 59 zu § 77 SGG; zur Feststellung von WDB-Folgen etwa BSGE 57, 171, 172 = SozR 1500 § 55 Nr 24 S 17; BSGE 68, 128, 129 f = SozR 3-3200 § 81 Nr 1 S 3; zum Ausgleich als dienstrechtliche Leistung BSGE 64, 225, 227 f = SozR 7610 § 291 Nr 2 S 3).

37

Beide nach § 85 SVG ergehenden Verwaltungsakte beziehen sich ausschließlich auf die Zeit des Wehrdienstverhältnisses. Für die Gewährung oder Versagung von Ausgleich versteht sich das von selbst. Denn Soldaten erhalten nach § 85 Abs 1 SVG wegen der Folgen einer WDB nur während ihrer Dienstzeit einen Ausgleich in Höhe der Grundrente und der Schwerstbeschädigtenzulage nach § 30 Abs 1 und § 31 BVG. Derselben zeitlichen Beschränkung unterliegt auch die auf § 85 SVG gestützte Entscheidung über die Feststellung von Folgen einer WDB. Wie der erkennende Senat bereits entschieden hat, kann nämlich die Feststellungsbefugnis nicht weiter reichen als die Befugnis, über die Leistung zu entscheiden. Feststellungsbefugt ist demnach die Verwaltung, die für die Entscheidung über das stets vorrangige Leistungsbegehren zuständig ist (vgl BSG, Urteil vom 16.3.1994 - 9 RV 2/93 - SozR 3-1500 § 55 Nr 18 S 41; BSG, Urteil vom 5.7.2007 - B 9/9a VS 3/06 R - BSGE 99, 1 = SozR 4-3200 § 81 Nr 3, jeweils RdNr 13). Für die Entscheidungen im Anwendungsbereich des § 85 SVG bedeutet dies, dass auch nach Beendigung des Wehrdienstverhältnisses die beklagte Bundesrepublik Deutschland feststellende Verwaltungsakte zu Zusammenhangsfragen (als etwaige Vorstufe einer Leistungsgewährung) nur für Gesundheitsstörungen treffen darf, die während der Dienstzeit vorgelegen haben. Sie hat hingegen keine Kompetenz, positiv oder negativ über gesundheitliche Folgen einer WDB zu entscheiden, die nach Beendigung des Wehrdienstverhältnisses eingetreten sind.

38

Auch der Entstehungsgeschichte des § 88 Abs 2 SVG lässt sich nicht entnehmen, dass die beklagte Bundesrepublik Deutschland für die Feststellung von Gesundheitsstörungen als Folgen einer WDB zuständig sein soll, die nach Beendigung des Wehrdienstverhältnisses aufgetreten sind. Die mit Wirkung zum 1.1.1981 durch Art 1 Nr 33 Buchst b Siebentes Gesetz zur Änderung des SVG vom 7.7.1980 (BGBl I 851) eingefügte Neufassung des § 88 Abs 2 SVG, mit der die vorgenannte zeitliche Reihenfolge für Entscheidungen nach Beendigung des Wehrdienstverhältnisses festgelegt worden ist, wurde in den Gesetzesmaterialien(vgl BT-Drucks 8/4030, S 26) damit begründet, dass bei ehemaligen Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit grundsätzlich vorgesehen sei, dass die Behörden der Bundeswehrverwaltung über die Frage der WDB und deren Folgen jeweils "vor der Entscheidung der Behörden der Versorgungsverwaltung über die Beschädigtenversorgung nach Beendigung des Wehrdienstverhältnisses" entschieden.

39

Diese Ausführungen können entsprechend dem Wortlaut des § 88 Abs 2 SVG nur so verstanden werden, dass die Bundeswehrverwaltung zunächst zu prüfen und zu entscheiden hat, ob eine WDB iS des § 81 Abs 1 SVG vorliegt, also eine (primäre) gesundheitliche Schädigung, die durch eine Wehrdienstverrichtung, durch einen während der Ausübung des Wehrdienstes erlittenen Unfall oder die dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnisse herbeigeführt worden ist. Außerdem hat sie zu prüfen und zu entscheiden, ob bereits während der Dienstzeit (weitere) Gesundheitsstörungen als Folgen der WDB aufgetreten und ggf deswegen nach § 85 SVG Ausgleich (in Höhe der Grundrente und der Schwerstbeschädigtenzulagen nach § 30 Abs 1 und § 31 BVG) zu gewähren ist. Erst danach dürfen die für die Durchführung des BVG zuständigen Behörden (hier die Versorgungsverwaltung) über die Beschädigtenversorgung für die Zeit nach Beendigung des Wehrdienstverhältnisses iS der §§ 80 ff SVG - also über gesundheitliche und wirtschaftliche Folgen, die nach Beendigung der Dienstzeit eingetreten sind - entscheiden, wobei sie nach Maßgabe des § 88 Abs 3 Satz 1 SVG an die Entscheidung der Bundeswehrverwaltung gebunden sind (vgl dazu allerdings BSG SozR 4-3200 § 88 Nr 1).

40

Abhängig von der Art der während des Wehrdienstes erfolgenden Einwirkungen kann die Feststellung einer bis zum Ende der Dienstzeit eingetretenen WDB Schwierigkeiten bereiten. Bei Unfällen im Sinne von zeitlich begrenzten, auf den Soldaten einwirkenden Ereignissen (s Definition des Unfalls in § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII) wird die erforderliche Primärschädigung einfacher festzustellen sein als bei einer sich über einen längeren Zeitraum erstreckenden, generell schädlichen Einwirkung. Dabei können (wie bei bestimmten Berufskrankheiten) erste Krankheitssymptome durchaus erst längere Zeit nach dem Ende solcher Einwirkungen eintreten. Angesichts der strikten Vorgaben des § 88 Abs 2 Satz 1 SVG ist die Bundeswehrverwaltung indes nur zuständig für die Feststellung von Gesundheitsschäden, die sich während der Dienstzeit des Soldaten manifestiert haben. Verneint sie für diesen Zeitraum das Vorliegen von wehrdienstbedingten Gesundheitsstörungen, so ist danach die Versorgungsverwaltung nicht gehindert, darüber zu entscheiden, ob die Wehrdienstverrichtung oder dem Wehrdienst eigentümliche Verhältnisse nach Beendigung der Dienstzeit zu einer Erkrankung geführt haben.

41

Bei dieser Vorgehensweise lässt sich zugleich der vom Gesetzgeber mit dieser Verfahrensregelung verfolgte Zweck erreichen, unterschiedliche Entscheidungen über die Beschädigtenversorgung iS der §§ 80 ff SVG und die Dienstzeitversorgung iS der §§ 3 ff SVG, für die nach § 87 SVG die Bundeswehrverwaltung allein zuständig ist, zu vermeiden (vgl BT-Drucks 8/4030, S 26). Dagegen ist der Regelung des § 88 SVG nicht zu entnehmen, dass sich die Entscheidungsbefugnis der Bundeswehrverwaltung zur Feststellung von Schädigungsfolgen auf alle Gesundheitsstörungen erstrecken soll, die im Zeitpunkt der betreffenden Entscheidung vorliegen, auch wenn dieser - wie hier - Jahrzehnte nach dem Ende des Wehrdienstes liegt. Die zeitliche Reihenfolge der Entscheidungen von Bundeswehrverwaltung und Versorgungsverwaltung (§ 88 Abs 2 SVG) ändert grundsätzlich nicht die in § 88 Abs 1 SVG vorgenommene Zuständigkeitsverteilung. Insbesondere soll der Umfang der Befugnis der Bundeswehrverwaltung über das Vorliegen von Folgen einer WDB zu entscheiden, nicht davon abhängen, wann der (ehemalige) Soldat einen Versorgungsantrag stellt.

42

Da die vom Kläger angefochtenen Bescheide der Beklagten vom 21.11.2003 und 22.2.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.6.2006 keine (positiven oder negativen) Feststellungen zu während der Dienstzeit des Klägers vom 1.10.1959 bis 30.9.1963 eingetretenen gesundheitlichen Folgen einer WDB, sondern lediglich negative Feststellungen zu nach Beendigung des Wehrdienstverhältnisses aufgetretenen Gesundheitsstörungen enthalten, hat das LSG diese Verwaltungsakte insoweit im Ergebnis zu Recht aufgehoben.

43

b) Soweit der Kläger die Feststellung begehrt, dass die bei ihm in der Zeit ab Juli 2001 vorliegenden Gesundheitsstörungen Folgen einer WDB sind, kann seine gegen die Beklagte gerichtete Verpflichtungsklage - wie das LSG zutreffend erkannt hat - schon deshalb keinen Erfolg haben, weil der Beklagten insoweit eine Entscheidungszuständigkeit fehlt. Denn diese ist gemäß § 88 Abs 1 und 2 iVm § 85 SVG nur befugt, über Schädigungsfolgen zu befinden, die während des Wehrdienstverhältnisses des Klägers vorgelegen haben.

44

Da der Kläger bereits im Widerspruchs-, Klage- und Berufungsverfahren geltend gemacht hat, dass bestimmte Gesundheitsstörungen, für die schädigende Einwirkungen durch dienstliche Strahlenbelastung ursächlich seien, bereits während des Wehrdienstes aufgetreten seien, kann sein mit der (gegen die Beklagte gerichteten) Verpflichtungsklage verfolgtes Begehren (§ 123 SGG)nach seinem objektiven Erklärungswert und der recht verstandenen Interessenlage des Klägers (§ 133 BGB)nur so verstanden werden, dass dieser unter Berücksichtigung des Meistbegünstigungsprinzips alles begehrt, was ihm aufgrund des von ihm geschilderten Sachverhalts rechtlich zusteht: Er beansprucht deshalb hilfsweise auch, die Beklagte zu verpflichten, die während der Dienstzeit aufgetretenen, auf eine dienstliche Strahlenbelastung zurückzuführenden Gesundheitsstörungen als Folgen einer WDB festzustellen (zum Anspruch auf Feststellung aller Schädigungsfolgen bereits BSGE 9, 80, 82; BSG, Urteil vom 25.4.1961 - 11 RV 198/61 - juris RdNr 7). Insoweit kommt es nicht darauf an, ob die Beklagte über diese Gesundheitsstörungen in den angefochtenen Bescheiden bereits ausdrücklich entschieden hat. Vielmehr darf der Kläger auch noch während des gerichtlichen Verfahrens weitere Gesundheitsstörungen "nachschieben", die er ursächlich auf eine WDB zurückführt (hierzu bereits BSG, Urteil vom 18.1.1961 - 11 RV 1020/60 - juris RdNr 9; BSG, Urteil vom 25.4.1961 - 11 RV 198/61 - juris RdNr 7 f).

45

Über dieses Begehren hat das LSG zu Unrecht keine Sachentscheidung getroffen. Zwar handelt es sich hier nicht um den Fall einer alsbaldigen Feststellung dazu, ob eine Körperverletzung, die noch keine Leistungsansprüche auslöst, eine Wehrdienstbeschädigung ist (vgl dazu BSG SozR 3-1500 § 55 Nr 18). Insofern geht es vorliegend nicht um eine rechtzeitige Beweissicherung wegen möglicher Spätschäden. Vielmehr macht der Kläger - Jahrzehnte nach seiner Dienstzeit - Schädigungsfolgen geltend, die er auf eine dienstliche Strahlenbelastung zurückführt. Auch und gerade in solch einem Fall ist - nicht zuletzt wegen der sich aus § 88 Abs 3 SVG ergebenden Bindungswirkung - die (auf die Verhältnisse während der Dienstzeit beschränkte) Erstentscheidungsbefugnis der Beklagten zu beachten. Daraus ergibt sich wiederum ein Anspruch des Klägers auf eine entsprechende Verwaltungsentscheidung der Beklagten.

46

Das LSG hat - nach seiner Rechtsauffassung folgerichtig - weder festgestellt, ob beim Kläger eine WDB iS des § 81 Abs 1 SVG vorliegt, also eine (primäre) gesundheitliche Schädigung, die "durch eine Wehrdienstverrichtung … oder durch die dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnisse herbeigeführt worden ist" (hier durch schädigende Einwirkungen einer Strahlenbelastung während der Dienstzeit des Klägers bei der Bundeswehr), noch hat es darüber befunden, ob bereits während der Dienstzeit (weitere) Gesundheitsstörungen aufgetreten sind, für die eine Strahlenbelastung oder darauf beruhende Schädigungsfolgen mit (hinreichender) Wahrscheinlichkeit ursächlich im Sinne der Theorie der wesentlichen Bedingung gewesen sind. Da es mithin an für eine abschließende Entscheidung erforderlichen Tatsachenfeststellungen mangelt, ist das Berufungsurteil insoweit aufzuheben und die Sache in diesem Umfang zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG).

47

2. Soweit der Kläger mit der Revision erreichen will, unter Aufhebung des entgegenstehenden Urteils des LSG das beigeladene Land zu verurteilen, ihm wegen der nach Beendigung des Wehrdienstverhältnisses erlittenen Folgen einer WDB Leistungen der Beschädigtenversorgung nach §§ 80 ff SVG in Verbindung mit den Vorschriften des BVG zu gewähren, hat seine Revision im Ergebnis keinen Erfolg. Allerdings hat das LSG zu Unrecht angenommen, dass der Kläger damit eigenständige Klagen erhoben habe, die gesondert abgewiesen werden könnten.

48

Nach § 75 Abs 5 SGG kann ua in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts ein Land nach Beiladung verurteilt werden. Diese Vorschrift gibt den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit aus prozessökonomischen Gründen nur die Befugnis, in Fällen, in denen der Kläger einen nicht passiv legitimierten Leistungsträger verklagt, den in Wirklichkeit passiv legitimierten, aber nicht verklagten Leistungsträger nach Beiladung zu verurteilen, um einen neuen Rechtsstreit und damit auch die Möglichkeit sich praktisch widersprechender Urteile verschieden besetzter Spruchkörper zu vermeiden (vgl BSGE 9, 67, 69; BSGE 49, 143, 145 = SozR 5090 § 6 Nr 4; BSGE 57, 1, 2 = SozR 2200 § 1237a Nr 25; BSG, Urteil vom 8.5.2007 - B 2 U 3/06 R - SozR 4-2700 § 136 Nr 3 RdNr 26). Demnach kommt eine Verurteilung des Beigeladenen nur subsidiär in Betracht. Sie darf erst stattfinden, soweit die Klage gegen den ursprünglich Beklagten keinen Erfolg hat. Zudem muss es sich um Ansprüche handeln, die sich gegenseitig ausschließen, also nicht nebeneinander bestehen (vgl BSGE 49, 143, 146 = SozR 5090 § 6 Nr 4).

49

Danach ist der Kläger grundsätzlich nicht gehindert - wie hier sowohl im Berufungs- als auch im Revisionsverfahren - Anträge gegen das beigeladene Land zu stellen. Bei diesen Anträgen handelt es sich jedoch nicht, wie das LSG meint, um neue, erstmals vor dem LSG erhobene Klagen, sondern um die ursprünglich gegen die beklagte Bundesrepublik Deutschland erhobenen Klagen, die sich nach Beiladung - hilfsweise - auch gegen das beigeladene Land richten. Bei einer abschlägigen Entscheidung über diese Anträge ist deshalb eine gesonderte Klageabweisung, wie sie hier im Berufungsurteil erfolgt ist, nicht angebracht. Vielmehr hat sich das Gericht in den Entscheidungsgründen auf Ausführungen dazu zu beschränken, warum es eine Verurteilung des Beigeladenen nach § 75 Abs 5 SGG ablehnt.

50

Hinsichtlich des gegen den Beigeladenen gerichteten Leistungsbegehrens sind - wie das LSG zutreffend erkannt hat - die Voraussetzungen für eine Verurteilung nach § 75 Abs 5 SGG schon deshalb nicht gegeben, weil es sich bei dem dienstrechtlichen Ausgleich nach § 85 SVG und den entschädigungsrechtlichen Leistungen der Beschädigtenversorgung nach §§ 80 ff SVG iVm den Vorschriften des BVG um verschiedene Ansprüche handelt, die unterschiedliche Zeiträume betreffen und nebeneinander bestehen können. Im Übrigen hat der Kläger zum jetzigen Zeitpunkt auch deshalb keinen spruchreifen Anspruch auf Leistungen der Beschädigtenversorgung gegen das beigeladene Land, weil nach § 88 Abs 2 Satz 1 Buchst a SVG (im Hinblick auf die Bindungswirkung des § 88 Abs 3 Satz 1 SVG) zunächst die beklagte Bundesrepublik Deutschland über die Ansprüche des Klägers wegen während der Dienstzeit aufgetretener Folgen einer WDB(§ 85 Abs 1 SVG) entscheiden muss, bevor der Beigeladene über die Leistungen der Beschädigtenversorgung für die Zeit nach Beendigung des Wehrdienstverhältnisses (§§ 80 ff SVG)befinden darf.

51

3. Im wieder eröffneten Berufungsverfahren wird das LSG auch erneut über die Kosten des Verfahrens, jetzt einschließlich der Revision, zu entscheiden haben, so dass die Kostenentscheidung im angefochtenen Urteil des LSG ebenfalls aufzuheben ist.

(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfaßt

1.
Ärztliche Behandlung einschließlich Psychotherapie als ärztliche und psychotherapeutische Behandlung,
2.
zahnärztliche Behandlung,
2a.
Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen,
3.
Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln sowie mit digitalen Gesundheitsanwendungen,
4.
häusliche Krankenpflege, außerklinische Intensivpflege und Haushaltshilfe,
5.
Krankenhausbehandlung,
6.
Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und ergänzende Leistungen.
Zur Krankenbehandlung gehört auch die palliative Versorgung der Versicherten. Bei der Krankenbehandlung ist den besonderen Bedürfnissen psychisch Kranker Rechnung zu tragen, insbesondere bei der Versorgung mit Heilmitteln und bei der medizinischen Rehabilitation. Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur Herstellung der Zeugungs- oder Empfängnisfähigkeit, wenn diese Fähigkeit nicht vorhanden war oder durch Krankheit oder wegen einer durch Krankheit erforderlichen Sterilisation verlorengegangen war. Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur vertraulichen Spurensicherung am Körper, einschließlich der erforderlichen Dokumentation sowie Laboruntersuchungen und einer ordnungsgemäßen Aufbewahrung der sichergestellten Befunde, bei Hinweisen auf drittverursachte Gesundheitsschäden, die Folge einer Misshandlung, eines sexuellen Missbrauchs, eines sexuellen Übergriffs, einer sexuellen Nötigung oder einer Vergewaltigung sein können.

(1a) Spender von Organen oder Geweben oder von Blut zur Separation von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen (Spender) haben bei einer nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes erfolgenden Spende von Organen oder Geweben oder im Zusammenhang mit einer im Sinne von § 9 des Transfusionsgesetzes erfolgenden Spende zum Zwecke der Übertragung auf Versicherte (Entnahme bei lebenden Spendern) Anspruch auf Leistungen der Krankenbehandlung. Dazu gehören die ambulante und stationäre Behandlung der Spender, die medizinisch erforderliche Vor- und Nachbetreuung, Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sowie die Erstattung des Ausfalls von Arbeitseinkünften als Krankengeld nach § 44a und erforderlicher Fahrkosten; dies gilt auch für Leistungen, die über die Leistungen nach dem Dritten Kapitel dieses Gesetzes, auf die ein Anspruch besteht, hinausgehen, soweit sie vom Versicherungsschutz des Spenders umfasst sind. Zuzahlungen sind von den Spendern nicht zu leisten. Zuständig für Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 ist die Krankenkasse der Empfänger von Organen, Geweben oder Blutstammzellen sowie anderen Blutbestandteilen (Empfänger). Im Zusammenhang mit der Spende von Knochenmark nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes, von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen nach § 9 des Transfusionsgesetzes können die Erstattung der erforderlichen Fahrkosten des Spenders und die Erstattung der Entgeltfortzahlung an den Arbeitgeber nach § 3a Absatz 2 Satz 1 des Entgeltfortzahlungsgesetzes einschließlich der Befugnis zum Erlass der hierzu erforderlichen Verwaltungsakte auf Dritte übertragen werden. Das Nähere kann der Spitzenverband Bund der Krankenkassen mit den für die nationale und internationale Suche nach nichtverwandten Spendern von Blutstammzellen aus Knochenmark oder peripherem Blut maßgeblichen Organisationen vereinbaren. Für die Behandlung von Folgeerkrankungen der Spender ist die Krankenkasse der Spender zuständig, sofern der Leistungsanspruch nicht nach § 11 Absatz 5 ausgeschlossen ist. Ansprüche nach diesem Absatz haben auch nicht gesetzlich krankenversicherte Personen. Die Krankenkasse der Spender ist befugt, die für die Leistungserbringung nach den Sätzen 1 und 2 erforderlichen personenbezogenen Daten an die Krankenkasse oder das private Krankenversicherungsunternehmen der Empfänger zu übermitteln; dies gilt auch für personenbezogene Daten von nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Krankenversicherungspflichtigen. Die nach Satz 9 übermittelten Daten dürfen nur für die Erbringung von Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 verarbeitet werden. Die Datenverarbeitung nach den Sätzen 9 und 10 darf nur mit schriftlicher Einwilligung der Spender, der eine umfassende Information vorausgegangen ist, erfolgen.

(2) Versicherte, die sich nur vorübergehend im Inland aufhalten, Ausländer, denen eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt wurde, sowie

1.
asylsuchende Ausländer, deren Asylverfahren noch nicht unanfechtbar abgeschlossen ist,
2.
Vertriebene im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 2 und 3 des Bundesvertriebenengesetzes sowie Spätaussiedler im Sinne des § 4 des Bundesvertriebenengesetzes, ihre Ehegatten, Lebenspartner und Abkömmlinge im Sinne des § 7 Abs. 2 des Bundesvertriebenengesetzes haben Anspruch auf Versorgung mit Zahnersatz, wenn sie unmittelbar vor Inanspruchnahme mindestens ein Jahr lang Mitglied einer Krankenkasse (§ 4) oder nach § 10 versichert waren oder wenn die Behandlung aus medizinischen Gründen ausnahmsweise unaufschiebbar ist.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 ausgeschlossen sind. Die Hilfsmittel müssen mindestens die im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 2 festgelegten Anforderungen an die Qualität der Versorgung und der Produkte erfüllen, soweit sie im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 1 gelistet oder von den dort genannten Produktgruppen erfasst sind. Der Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln zum Behinderungsausgleich hängt bei stationärer Pflege nicht davon ab, in welchem Umfang eine Teilhabe am Leben der Gemeinschaft noch möglich ist; die Pflicht der stationären Pflegeeinrichtungen zur Vorhaltung von Hilfsmitteln und Pflegehilfsmitteln, die für den üblichen Pflegebetrieb jeweils notwendig sind, bleibt hiervon unberührt. Für nicht durch Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 Abs. 1 unberührt. Der Anspruch umfasst auch zusätzlich zur Bereitstellung des Hilfsmittels zu erbringende, notwendige Leistungen wie die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln, die Ausbildung in ihrem Gebrauch und, soweit zum Schutz der Versicherten vor unvertretbaren gesundheitlichen Risiken erforderlich, die nach dem Stand der Technik zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit und der technischen Sicherheit notwendigen Wartungen und technischen Kontrollen. Ein Anspruch besteht auch auf solche Hilfsmittel, die eine dritte Person durch einen Sicherheitsmechanismus vor Nadelstichverletzungen schützen, wenn der Versicherte selbst nicht zur Anwendung des Hilfsmittels in der Lage ist und es hierfür einer Tätigkeit der dritten Person bedarf, bei der durch mögliche Stichverletzungen eine Infektionsgefahr besteht oder angenommen werden kann. Zu diesen Tätigkeiten gehören insbesondere Blutentnahmen und Injektionen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in seiner Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 bis zum 31. Januar 2020 die Tätigkeiten, bei denen eine erhöhte Infektionsgefährdung angenommen werden kann. Wählen Versicherte Hilfsmittel oder zusätzliche Leistungen, die über das Maß des Notwendigen hinausgehen, haben sie die Mehrkosten und dadurch bedingte höhere Folgekosten selbst zu tragen. § 18 Absatz 6a des Elften Buches ist zu beachten.

(2) Versicherte haben bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen entsprechend den Voraussetzungen nach Absatz 1. Für Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, besteht der Anspruch auf Sehhilfen, wenn sie

1.
nach ICD 10-GM 2017 auf Grund ihrer Sehbeeinträchtigung oder Blindheit bei bestmöglicher Brillenkorrektur auf beiden Augen eine schwere Sehbeeinträchtigung mindestens der Stufe 1 oder
2.
einen verordneten Fern-Korrekturausgleich für einen Refraktionsfehler von mehr als 6 Dioptrien bei Myopie oder Hyperopie oder mehr als 4 Dioptrien bei Astigmatismus
aufweisen; Anspruch auf therapeutische Sehhilfen besteht, wenn diese der Behandlung von Augenverletzungen oder Augenerkrankungen dienen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen therapeutische Sehhilfen verordnet werden. Der Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen umfaßt nicht die Kosten des Brillengestells.

(3) Anspruch auf Versorgung mit Kontaktlinsen besteht für anspruchsberechtigte Versicherte nach Absatz 2 nur in medizinisch zwingend erforderlichen Ausnahmefällen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen Kontaktlinsen verordnet werden. Wählen Versicherte statt einer erforderlichen Brille Kontaktlinsen und liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 nicht vor, zahlt die Krankenkasse als Zuschuß zu den Kosten von Kontaktlinsen höchstens den Betrag, den sie für eine erforderliche Brille aufzuwenden hätte. Die Kosten für Pflegemittel werden nicht übernommen.

(4) Ein erneuter Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen nach Absatz 2 besteht für Versicherte, die das vierzehnte Lebensjahr vollendet haben, nur bei einer Änderung der Sehfähigkeit um mindestens 0,5 Dioptrien; für medizinisch zwingend erforderliche Fälle kann der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Ausnahmen zulassen.

(5) Die Krankenkasse kann den Versicherten die erforderlichen Hilfsmittel auch leihweise überlassen. Sie kann die Bewilligung von Hilfsmitteln davon abhängig machen, daß die Versicherten sich das Hilfsmittel anpassen oder sich in seinem Gebrauch ausbilden lassen.

(5a) Eine vertragsärztliche Verordnung ist für die Beantragung von Leistungen nach den Absätzen 1 bis 4 nur erforderlich, soweit eine erstmalige oder erneute ärztliche Diagnose oder Therapieentscheidung medizinisch geboten ist. Abweichend von Satz 1 können die Krankenkassen eine vertragsärztliche Verordnung als Voraussetzung für die Kostenübernahme verlangen, soweit sie auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichtet haben. § 18 Absatz 6a und § 40 Absatz 6 des Elften Buches sind zu beachten.

(5b) Sofern die Krankenkassen nicht auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichten, haben sie den Antrag auf Bewilligung eines Hilfsmittels mit eigenem weisungsgebundenem Personal zu prüfen. Sie können in geeigneten Fällen durch den Medizinischen Dienst vor Bewilligung eines Hilfsmittels nach § 275 Absatz 3 Nummer 1 prüfen lassen, ob das Hilfsmittel erforderlich ist. Eine Beauftragung Dritter ist nicht zulässig.

(6) Die Versicherten können alle Leistungserbringer in Anspruch nehmen, die Vertragspartner ihrer Krankenkasse sind. Vertragsärzte oder Krankenkassen dürfen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt ist oder aus medizinischen Gründen im Einzelfall eine Empfehlung geboten ist, weder Verordnungen bestimmten Leistungserbringern zuweisen, noch die Versicherten dahingehend beeinflussen, Verordnungen bei einem bestimmten Leistungserbringer einzulösen. Die Sätze 1 und 2 gelten auch bei der Einlösung von elektronischen Verordnungen.

(7) Die Krankenkasse übernimmt die jeweils vertraglich vereinbarten Preise.

(8) Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, leisten zu jedem zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegebenen Hilfsmittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag zu dem von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrag an die abgebende Stelle. Der Vergütungsanspruch nach Absatz 7 verringert sich um die Zuzahlung; § 43c Abs. 1 Satz 2 findet keine Anwendung. Die Zuzahlung bei zum Verbrauch bestimmten Hilfsmitteln beträgt 10 vom Hundert des insgesamt von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrags, jedoch höchstens 10 Euro für den gesamten Monatsbedarf.

(9) Absatz 1 Satz 9 gilt entsprechend für Intraokularlinsen beschränkt auf die Kosten der Linsen.

(1) Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sind von der Versorgung nach § 31 ausgeschlossen. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 fest, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können. Dabei ist der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat auf der Grundlage der Richtlinie nach Satz 2 dafür Sorge zu tragen, dass eine Zusammenstellung der verordnungsfähigen Fertigarzneimittel erstellt, regelmäßig aktualisiert wird und im Internet abruffähig sowie in elektronisch weiterverarbeitbarer Form zur Verfügung steht. Satz 1 gilt nicht für:

1.
versicherte Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr,
2.
versicherte Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr mit Entwicklungsstörungen.
Für Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, sind von der Versorgung nach § 31 folgende verschreibungspflichtige Arzneimittel bei Verordnung in den genannten Anwendungsgebieten ausgeschlossen:
1.
Arzneimittel zur Anwendung bei Erkältungskrankheiten und grippalen Infekten einschließlich der bei diesen Krankheiten anzuwendenden Schnupfenmittel, Schmerzmittel, hustendämpfenden und hustenlösenden Mittel,
2.
Mund- und Rachentherapeutika, ausgenommen bei Pilzinfektionen,
3.
Abführmittel,
4.
Arzneimittel gegen Reisekrankheit.
Von der Versorgung sind außerdem Arzneimittel ausgeschlossen, bei deren Anwendung eine Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund steht. Ausgeschlossen sind insbesondere Arzneimittel, die überwiegend zur Behandlung der erektilen Dysfunktion, der Anreizung sowie Steigerung der sexuellen Potenz, zur Raucherentwöhnung, zur Abmagerung oder zur Zügelung des Appetits, zur Regulierung des Körpergewichts oder zur Verbesserung des Haarwuchses dienen. Das Nähere regeln die Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6.

(2) Abweichend von Absatz 1 haben Versicherte, bei denen eine bestehende schwere Tabakabhängigkeit festgestellt wurde, Anspruch auf eine einmalige Versorgung mit Arzneimitteln zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung. Eine erneute Versorgung nach Satz 1 ist frühestens drei Jahre nach Abschluss der Behandlung nach Satz 1 möglich. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 fest, welche Arzneimittel und unter welchen Voraussetzungen Arzneimittel zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung verordnet werden können.

(3) Der Ausschluss der Arzneimittel, die in Anlage 2 Nummer 2 bis 6 der Verordnung über unwirtschaftliche Arzneimittel in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 21. Februar 1990 (BGBl. I S. 301), die zuletzt durch die Verordnung vom 9. Dezember 2002 (BGBl. I S. 4554) geändert worden ist, aufgeführt sind, gilt als Verordnungsausschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses und ist Teil der Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Bei der Beurteilung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen wie homöopathischen, phytotherapeutischen und anthroposophischen Arzneimitteln ist der besonderen Wirkungsweise dieser Arzneimittel Rechnung zu tragen.

(4) Das Bundesministerium für Gesundheit kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Hilfsmittel von geringem oder umstrittenem therapeutischen Nutzen oder geringem Abgabepreis bestimmen, deren Kosten die Krankenkasse nicht übernimmt. Die Rechtsverordnung kann auch bestimmen, inwieweit geringfügige Kosten der notwendigen Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung sowie der Ausbildung im Gebrauch der Hilfsmittel von der Krankenkasse nicht übernommen werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für die Instandsetzung von Hörgeräten und ihre Versorgung mit Batterien bei Versicherten, die das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Für nicht durch Rechtsverordnung nach Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 unberührt.

(5) (weggefallen)

(6) Pharmazeutische Unternehmer können beim Gemeinsamen Bundesausschuss Anträge zur Aufnahme von Arzneimitteln in die Zusammenstellung nach Absatz 1 Satz 2 und 4 stellen. Die Anträge sind ausreichend zu begründen; die erforderlichen Nachweise sind dem Antrag beizufügen. Sind die Angaben zur Begründung des Antrags unzureichend, teilt der Gemeinsame Bundesausschuss dem Antragsteller unverzüglich mit, welche zusätzlichen Einzelangaben erforderlich sind. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat über ausreichend begründete Anträge nach Satz 1 innerhalb von 90 Tagen zu bescheiden und den Antragsteller über Rechtsmittel und Rechtsmittelfristen zu belehren. Eine ablehnende Entscheidung muss eine auf objektiven und überprüfbaren Kriterien beruhende Begründung enthalten. Für das Antragsverfahren sind Gebühren zu erheben. Das Nähere insbesondere zur ausreichenden Begründung und zu den erforderlichen Nachweisen regelt der Gemeinsame Bundesausschuss.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 ausgeschlossen sind. Die Hilfsmittel müssen mindestens die im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 2 festgelegten Anforderungen an die Qualität der Versorgung und der Produkte erfüllen, soweit sie im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 1 gelistet oder von den dort genannten Produktgruppen erfasst sind. Der Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln zum Behinderungsausgleich hängt bei stationärer Pflege nicht davon ab, in welchem Umfang eine Teilhabe am Leben der Gemeinschaft noch möglich ist; die Pflicht der stationären Pflegeeinrichtungen zur Vorhaltung von Hilfsmitteln und Pflegehilfsmitteln, die für den üblichen Pflegebetrieb jeweils notwendig sind, bleibt hiervon unberührt. Für nicht durch Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 Abs. 1 unberührt. Der Anspruch umfasst auch zusätzlich zur Bereitstellung des Hilfsmittels zu erbringende, notwendige Leistungen wie die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln, die Ausbildung in ihrem Gebrauch und, soweit zum Schutz der Versicherten vor unvertretbaren gesundheitlichen Risiken erforderlich, die nach dem Stand der Technik zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit und der technischen Sicherheit notwendigen Wartungen und technischen Kontrollen. Ein Anspruch besteht auch auf solche Hilfsmittel, die eine dritte Person durch einen Sicherheitsmechanismus vor Nadelstichverletzungen schützen, wenn der Versicherte selbst nicht zur Anwendung des Hilfsmittels in der Lage ist und es hierfür einer Tätigkeit der dritten Person bedarf, bei der durch mögliche Stichverletzungen eine Infektionsgefahr besteht oder angenommen werden kann. Zu diesen Tätigkeiten gehören insbesondere Blutentnahmen und Injektionen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in seiner Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 bis zum 31. Januar 2020 die Tätigkeiten, bei denen eine erhöhte Infektionsgefährdung angenommen werden kann. Wählen Versicherte Hilfsmittel oder zusätzliche Leistungen, die über das Maß des Notwendigen hinausgehen, haben sie die Mehrkosten und dadurch bedingte höhere Folgekosten selbst zu tragen. § 18 Absatz 6a des Elften Buches ist zu beachten.

(2) Versicherte haben bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen entsprechend den Voraussetzungen nach Absatz 1. Für Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, besteht der Anspruch auf Sehhilfen, wenn sie

1.
nach ICD 10-GM 2017 auf Grund ihrer Sehbeeinträchtigung oder Blindheit bei bestmöglicher Brillenkorrektur auf beiden Augen eine schwere Sehbeeinträchtigung mindestens der Stufe 1 oder
2.
einen verordneten Fern-Korrekturausgleich für einen Refraktionsfehler von mehr als 6 Dioptrien bei Myopie oder Hyperopie oder mehr als 4 Dioptrien bei Astigmatismus
aufweisen; Anspruch auf therapeutische Sehhilfen besteht, wenn diese der Behandlung von Augenverletzungen oder Augenerkrankungen dienen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen therapeutische Sehhilfen verordnet werden. Der Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen umfaßt nicht die Kosten des Brillengestells.

(3) Anspruch auf Versorgung mit Kontaktlinsen besteht für anspruchsberechtigte Versicherte nach Absatz 2 nur in medizinisch zwingend erforderlichen Ausnahmefällen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen Kontaktlinsen verordnet werden. Wählen Versicherte statt einer erforderlichen Brille Kontaktlinsen und liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 nicht vor, zahlt die Krankenkasse als Zuschuß zu den Kosten von Kontaktlinsen höchstens den Betrag, den sie für eine erforderliche Brille aufzuwenden hätte. Die Kosten für Pflegemittel werden nicht übernommen.

(4) Ein erneuter Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen nach Absatz 2 besteht für Versicherte, die das vierzehnte Lebensjahr vollendet haben, nur bei einer Änderung der Sehfähigkeit um mindestens 0,5 Dioptrien; für medizinisch zwingend erforderliche Fälle kann der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Ausnahmen zulassen.

(5) Die Krankenkasse kann den Versicherten die erforderlichen Hilfsmittel auch leihweise überlassen. Sie kann die Bewilligung von Hilfsmitteln davon abhängig machen, daß die Versicherten sich das Hilfsmittel anpassen oder sich in seinem Gebrauch ausbilden lassen.

(5a) Eine vertragsärztliche Verordnung ist für die Beantragung von Leistungen nach den Absätzen 1 bis 4 nur erforderlich, soweit eine erstmalige oder erneute ärztliche Diagnose oder Therapieentscheidung medizinisch geboten ist. Abweichend von Satz 1 können die Krankenkassen eine vertragsärztliche Verordnung als Voraussetzung für die Kostenübernahme verlangen, soweit sie auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichtet haben. § 18 Absatz 6a und § 40 Absatz 6 des Elften Buches sind zu beachten.

(5b) Sofern die Krankenkassen nicht auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichten, haben sie den Antrag auf Bewilligung eines Hilfsmittels mit eigenem weisungsgebundenem Personal zu prüfen. Sie können in geeigneten Fällen durch den Medizinischen Dienst vor Bewilligung eines Hilfsmittels nach § 275 Absatz 3 Nummer 1 prüfen lassen, ob das Hilfsmittel erforderlich ist. Eine Beauftragung Dritter ist nicht zulässig.

(6) Die Versicherten können alle Leistungserbringer in Anspruch nehmen, die Vertragspartner ihrer Krankenkasse sind. Vertragsärzte oder Krankenkassen dürfen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt ist oder aus medizinischen Gründen im Einzelfall eine Empfehlung geboten ist, weder Verordnungen bestimmten Leistungserbringern zuweisen, noch die Versicherten dahingehend beeinflussen, Verordnungen bei einem bestimmten Leistungserbringer einzulösen. Die Sätze 1 und 2 gelten auch bei der Einlösung von elektronischen Verordnungen.

(7) Die Krankenkasse übernimmt die jeweils vertraglich vereinbarten Preise.

(8) Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, leisten zu jedem zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegebenen Hilfsmittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag zu dem von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrag an die abgebende Stelle. Der Vergütungsanspruch nach Absatz 7 verringert sich um die Zuzahlung; § 43c Abs. 1 Satz 2 findet keine Anwendung. Die Zuzahlung bei zum Verbrauch bestimmten Hilfsmitteln beträgt 10 vom Hundert des insgesamt von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrags, jedoch höchstens 10 Euro für den gesamten Monatsbedarf.

(9) Absatz 1 Satz 9 gilt entsprechend für Intraokularlinsen beschränkt auf die Kosten der Linsen.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfaßt

1.
Ärztliche Behandlung einschließlich Psychotherapie als ärztliche und psychotherapeutische Behandlung,
2.
zahnärztliche Behandlung,
2a.
Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen,
3.
Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln sowie mit digitalen Gesundheitsanwendungen,
4.
häusliche Krankenpflege, außerklinische Intensivpflege und Haushaltshilfe,
5.
Krankenhausbehandlung,
6.
Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und ergänzende Leistungen.
Zur Krankenbehandlung gehört auch die palliative Versorgung der Versicherten. Bei der Krankenbehandlung ist den besonderen Bedürfnissen psychisch Kranker Rechnung zu tragen, insbesondere bei der Versorgung mit Heilmitteln und bei der medizinischen Rehabilitation. Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur Herstellung der Zeugungs- oder Empfängnisfähigkeit, wenn diese Fähigkeit nicht vorhanden war oder durch Krankheit oder wegen einer durch Krankheit erforderlichen Sterilisation verlorengegangen war. Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur vertraulichen Spurensicherung am Körper, einschließlich der erforderlichen Dokumentation sowie Laboruntersuchungen und einer ordnungsgemäßen Aufbewahrung der sichergestellten Befunde, bei Hinweisen auf drittverursachte Gesundheitsschäden, die Folge einer Misshandlung, eines sexuellen Missbrauchs, eines sexuellen Übergriffs, einer sexuellen Nötigung oder einer Vergewaltigung sein können.

(1a) Spender von Organen oder Geweben oder von Blut zur Separation von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen (Spender) haben bei einer nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes erfolgenden Spende von Organen oder Geweben oder im Zusammenhang mit einer im Sinne von § 9 des Transfusionsgesetzes erfolgenden Spende zum Zwecke der Übertragung auf Versicherte (Entnahme bei lebenden Spendern) Anspruch auf Leistungen der Krankenbehandlung. Dazu gehören die ambulante und stationäre Behandlung der Spender, die medizinisch erforderliche Vor- und Nachbetreuung, Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sowie die Erstattung des Ausfalls von Arbeitseinkünften als Krankengeld nach § 44a und erforderlicher Fahrkosten; dies gilt auch für Leistungen, die über die Leistungen nach dem Dritten Kapitel dieses Gesetzes, auf die ein Anspruch besteht, hinausgehen, soweit sie vom Versicherungsschutz des Spenders umfasst sind. Zuzahlungen sind von den Spendern nicht zu leisten. Zuständig für Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 ist die Krankenkasse der Empfänger von Organen, Geweben oder Blutstammzellen sowie anderen Blutbestandteilen (Empfänger). Im Zusammenhang mit der Spende von Knochenmark nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes, von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen nach § 9 des Transfusionsgesetzes können die Erstattung der erforderlichen Fahrkosten des Spenders und die Erstattung der Entgeltfortzahlung an den Arbeitgeber nach § 3a Absatz 2 Satz 1 des Entgeltfortzahlungsgesetzes einschließlich der Befugnis zum Erlass der hierzu erforderlichen Verwaltungsakte auf Dritte übertragen werden. Das Nähere kann der Spitzenverband Bund der Krankenkassen mit den für die nationale und internationale Suche nach nichtverwandten Spendern von Blutstammzellen aus Knochenmark oder peripherem Blut maßgeblichen Organisationen vereinbaren. Für die Behandlung von Folgeerkrankungen der Spender ist die Krankenkasse der Spender zuständig, sofern der Leistungsanspruch nicht nach § 11 Absatz 5 ausgeschlossen ist. Ansprüche nach diesem Absatz haben auch nicht gesetzlich krankenversicherte Personen. Die Krankenkasse der Spender ist befugt, die für die Leistungserbringung nach den Sätzen 1 und 2 erforderlichen personenbezogenen Daten an die Krankenkasse oder das private Krankenversicherungsunternehmen der Empfänger zu übermitteln; dies gilt auch für personenbezogene Daten von nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Krankenversicherungspflichtigen. Die nach Satz 9 übermittelten Daten dürfen nur für die Erbringung von Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 verarbeitet werden. Die Datenverarbeitung nach den Sätzen 9 und 10 darf nur mit schriftlicher Einwilligung der Spender, der eine umfassende Information vorausgegangen ist, erfolgen.

(2) Versicherte, die sich nur vorübergehend im Inland aufhalten, Ausländer, denen eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt wurde, sowie

1.
asylsuchende Ausländer, deren Asylverfahren noch nicht unanfechtbar abgeschlossen ist,
2.
Vertriebene im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 2 und 3 des Bundesvertriebenengesetzes sowie Spätaussiedler im Sinne des § 4 des Bundesvertriebenengesetzes, ihre Ehegatten, Lebenspartner und Abkömmlinge im Sinne des § 7 Abs. 2 des Bundesvertriebenengesetzes haben Anspruch auf Versorgung mit Zahnersatz, wenn sie unmittelbar vor Inanspruchnahme mindestens ein Jahr lang Mitglied einer Krankenkasse (§ 4) oder nach § 10 versichert waren oder wenn die Behandlung aus medizinischen Gründen ausnahmsweise unaufschiebbar ist.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 ausgeschlossen sind. Die Hilfsmittel müssen mindestens die im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 2 festgelegten Anforderungen an die Qualität der Versorgung und der Produkte erfüllen, soweit sie im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 1 gelistet oder von den dort genannten Produktgruppen erfasst sind. Der Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln zum Behinderungsausgleich hängt bei stationärer Pflege nicht davon ab, in welchem Umfang eine Teilhabe am Leben der Gemeinschaft noch möglich ist; die Pflicht der stationären Pflegeeinrichtungen zur Vorhaltung von Hilfsmitteln und Pflegehilfsmitteln, die für den üblichen Pflegebetrieb jeweils notwendig sind, bleibt hiervon unberührt. Für nicht durch Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 Abs. 1 unberührt. Der Anspruch umfasst auch zusätzlich zur Bereitstellung des Hilfsmittels zu erbringende, notwendige Leistungen wie die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln, die Ausbildung in ihrem Gebrauch und, soweit zum Schutz der Versicherten vor unvertretbaren gesundheitlichen Risiken erforderlich, die nach dem Stand der Technik zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit und der technischen Sicherheit notwendigen Wartungen und technischen Kontrollen. Ein Anspruch besteht auch auf solche Hilfsmittel, die eine dritte Person durch einen Sicherheitsmechanismus vor Nadelstichverletzungen schützen, wenn der Versicherte selbst nicht zur Anwendung des Hilfsmittels in der Lage ist und es hierfür einer Tätigkeit der dritten Person bedarf, bei der durch mögliche Stichverletzungen eine Infektionsgefahr besteht oder angenommen werden kann. Zu diesen Tätigkeiten gehören insbesondere Blutentnahmen und Injektionen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in seiner Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 bis zum 31. Januar 2020 die Tätigkeiten, bei denen eine erhöhte Infektionsgefährdung angenommen werden kann. Wählen Versicherte Hilfsmittel oder zusätzliche Leistungen, die über das Maß des Notwendigen hinausgehen, haben sie die Mehrkosten und dadurch bedingte höhere Folgekosten selbst zu tragen. § 18 Absatz 6a des Elften Buches ist zu beachten.

(2) Versicherte haben bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen entsprechend den Voraussetzungen nach Absatz 1. Für Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, besteht der Anspruch auf Sehhilfen, wenn sie

1.
nach ICD 10-GM 2017 auf Grund ihrer Sehbeeinträchtigung oder Blindheit bei bestmöglicher Brillenkorrektur auf beiden Augen eine schwere Sehbeeinträchtigung mindestens der Stufe 1 oder
2.
einen verordneten Fern-Korrekturausgleich für einen Refraktionsfehler von mehr als 6 Dioptrien bei Myopie oder Hyperopie oder mehr als 4 Dioptrien bei Astigmatismus
aufweisen; Anspruch auf therapeutische Sehhilfen besteht, wenn diese der Behandlung von Augenverletzungen oder Augenerkrankungen dienen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen therapeutische Sehhilfen verordnet werden. Der Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen umfaßt nicht die Kosten des Brillengestells.

(3) Anspruch auf Versorgung mit Kontaktlinsen besteht für anspruchsberechtigte Versicherte nach Absatz 2 nur in medizinisch zwingend erforderlichen Ausnahmefällen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen Kontaktlinsen verordnet werden. Wählen Versicherte statt einer erforderlichen Brille Kontaktlinsen und liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 nicht vor, zahlt die Krankenkasse als Zuschuß zu den Kosten von Kontaktlinsen höchstens den Betrag, den sie für eine erforderliche Brille aufzuwenden hätte. Die Kosten für Pflegemittel werden nicht übernommen.

(4) Ein erneuter Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen nach Absatz 2 besteht für Versicherte, die das vierzehnte Lebensjahr vollendet haben, nur bei einer Änderung der Sehfähigkeit um mindestens 0,5 Dioptrien; für medizinisch zwingend erforderliche Fälle kann der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Ausnahmen zulassen.

(5) Die Krankenkasse kann den Versicherten die erforderlichen Hilfsmittel auch leihweise überlassen. Sie kann die Bewilligung von Hilfsmitteln davon abhängig machen, daß die Versicherten sich das Hilfsmittel anpassen oder sich in seinem Gebrauch ausbilden lassen.

(5a) Eine vertragsärztliche Verordnung ist für die Beantragung von Leistungen nach den Absätzen 1 bis 4 nur erforderlich, soweit eine erstmalige oder erneute ärztliche Diagnose oder Therapieentscheidung medizinisch geboten ist. Abweichend von Satz 1 können die Krankenkassen eine vertragsärztliche Verordnung als Voraussetzung für die Kostenübernahme verlangen, soweit sie auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichtet haben. § 18 Absatz 6a und § 40 Absatz 6 des Elften Buches sind zu beachten.

(5b) Sofern die Krankenkassen nicht auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichten, haben sie den Antrag auf Bewilligung eines Hilfsmittels mit eigenem weisungsgebundenem Personal zu prüfen. Sie können in geeigneten Fällen durch den Medizinischen Dienst vor Bewilligung eines Hilfsmittels nach § 275 Absatz 3 Nummer 1 prüfen lassen, ob das Hilfsmittel erforderlich ist. Eine Beauftragung Dritter ist nicht zulässig.

(6) Die Versicherten können alle Leistungserbringer in Anspruch nehmen, die Vertragspartner ihrer Krankenkasse sind. Vertragsärzte oder Krankenkassen dürfen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt ist oder aus medizinischen Gründen im Einzelfall eine Empfehlung geboten ist, weder Verordnungen bestimmten Leistungserbringern zuweisen, noch die Versicherten dahingehend beeinflussen, Verordnungen bei einem bestimmten Leistungserbringer einzulösen. Die Sätze 1 und 2 gelten auch bei der Einlösung von elektronischen Verordnungen.

(7) Die Krankenkasse übernimmt die jeweils vertraglich vereinbarten Preise.

(8) Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, leisten zu jedem zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegebenen Hilfsmittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag zu dem von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrag an die abgebende Stelle. Der Vergütungsanspruch nach Absatz 7 verringert sich um die Zuzahlung; § 43c Abs. 1 Satz 2 findet keine Anwendung. Die Zuzahlung bei zum Verbrauch bestimmten Hilfsmitteln beträgt 10 vom Hundert des insgesamt von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrags, jedoch höchstens 10 Euro für den gesamten Monatsbedarf.

(9) Absatz 1 Satz 9 gilt entsprechend für Intraokularlinsen beschränkt auf die Kosten der Linsen.

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

(1) Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürfen in der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss auf Antrag eines Unparteiischen nach § 91 Abs. 2 Satz 1, einer Kassenärztlichen Bundesvereinigung, einer Kassenärztlichen Vereinigung oder des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Empfehlungen abgegeben hat über

1.
die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit - auch im Vergleich zu bereits zu Lasten der Krankenkassen erbrachte Methoden - nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der jeweiligen Therapierichtung,
2.
die notwendige Qualifikation der Ärzte, die apparativen Anforderungen sowie Anforderungen an Maßnahmen der Qualitätssicherung, um eine sachgerechte Anwendung der neuen Methode zu sichern, und
3.
die erforderlichen Aufzeichnungen über die ärztliche Behandlung.
Der Gemeinsame Bundesausschuss überprüft die zu Lasten der Krankenkassen erbrachten vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Leistungen daraufhin, ob sie den Kriterien nach Satz 1 Nr. 1 entsprechen. Falls die Überprüfung ergibt, daß diese Kriterien nicht erfüllt werden, dürfen die Leistungen nicht mehr als vertragsärztliche oder vertragszahnärztliche Leistungen zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden. Die Beschlussfassung über die Annahme eines Antrags nach Satz 1 muss spätestens drei Monate nach Antragseingang erfolgen. Das sich anschließende Methodenbewertungsverfahren ist innerhalb von zwei Jahren abzuschließen. Bestehen nach dem Beratungsverlauf im Gemeinsamen Bundesausschuss ein halbes Jahr vor Fristablauf konkrete Anhaltspunkte dafür, dass eine fristgerechte Beschlussfassung nicht zustande kommt, haben die unparteiischen Mitglieder gemeinsam einen eigenen Beschlussvorschlag für eine fristgerechte Entscheidung vorzulegen; die Geschäftsführung ist mit der Vorbereitung des Beschlussvorschlags zu beauftragen. Der Beschlussvorschlag der unparteiischen Mitglieder muss Regelungen zu den notwendigen Anforderungen nach Satz 1 Nummer 2 und 3 enthalten, wenn die unparteiischen Mitglieder vorschlagen, dass die Methode die Kriterien nach Satz 1 Nummer 1 erfüllt. Der Beschlussvorschlag der unparteiischen Mitglieder muss Vorgaben für einen Beschluss einer Richtlinie nach § 137e Absatz 1 und 2 enthalten, wenn die unparteiischen Mitglieder vorschlagen, dass die Methode das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, ihr Nutzen aber noch nicht hinreichend belegt ist. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat innerhalb der in Satz 5 genannten Frist über den Vorschlag der unparteiischen Mitglieder zu entscheiden.

(1a) Für ein Methodenbewertungsverfahren, für das der Antrag nach Absatz 1 Satz 1 vor dem 31. Dezember 2018 angenommen wurde, gilt Absatz 1 mit der Maßgabe, dass das Methodenbewertungsverfahren abweichend von Absatz 1 Satz 5 erst bis zum 31. Dezember 2020 abzuschließen ist.

(2) Für ärztliche und zahnärztliche Leistungen, welche wegen der Anforderungen an ihre Ausführung oder wegen der Neuheit des Verfahrens besonderer Kenntnisse und Erfahrungen (Fachkundenachweis), einer besonderen Praxisausstattung oder anderer Anforderungen an die Versorgungsqualität bedürfen, können die Partner der Bundesmantelverträge einheitlich entsprechende Voraussetzungen für die Ausführung und Abrechnung dieser Leistungen vereinbaren. Soweit für die notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen, welche als Qualifikation vorausgesetzt werden müssen, in landesrechtlichen Regelungen zur ärztlichen Berufsausübung, insbesondere solchen des Facharztrechts, bundesweit inhaltsgleich und hinsichtlich der Qualitätsvoraussetzungen nach Satz 1 gleichwertige Qualifikationen eingeführt sind, sind diese notwendige und ausreichende Voraussetzung. Wird die Erbringung ärztlicher Leistungen erstmalig von einer Qualifikation abhängig gemacht, so können die Vertragspartner für Ärzte, welche entsprechende Qualifikationen nicht während einer Weiterbildung erworben haben, übergangsweise Qualifikationen einführen, welche dem Kenntnis- und Erfahrungsstand der facharztrechtlichen Regelungen entsprechen müssen. Abweichend von Satz 2 können die Vertragspartner nach Satz 1 zur Sicherung der Qualität und der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung Regelungen treffen, nach denen die Erbringung bestimmter medizinisch-technischer Leistungen den Fachärzten vorbehalten ist, für die diese Leistungen zum Kern ihres Fachgebietes gehören. Die nach der Rechtsverordnung nach § 140g anerkannten Organisationen sind vor dem Abschluss von Vereinbarungen nach Satz 1 in die Beratungen der Vertragspartner einzubeziehen; die Organisationen benennen hierzu sachkundige Personen. § 140f Absatz 5 gilt entsprechend. Das Nähere zum Verfahren vereinbaren die Vertragspartner nach Satz 1. Für die Vereinbarungen nach diesem Absatz gilt § 87 Absatz 6 Satz 10 entsprechend.

(3) bis (6) (weggefallen)

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Kosten der Lagerung von Eierstockgewebe durch Kryokonservierung.

2

Die am 14.4.1980 geborene, bei der beklagten Ersatzkasse versicherte Klägerin erkrankte im Jahre 2006 an einem Mammakarzinom. Am 3.1.2007 beantragte sie bei der Beklagten, die Kosten für die Entnahme und Aufbewahrung von Gewebe aus den Eierstöcken zu übernehmen. Sie legte eine ärztliche Bescheinigung der Dres B. und M. vom 4.1.2007 vor: Die Kryokonservierung von Eierstockgewebe sei erforderlich, weil die Klägerin nach der Chemotherapie mit einer Wahrscheinlichkeit von 90 % nie mehr einen Eisprung haben werde und somit im späteren Leben keine eigenen Kinder mehr gebären könne. Deshalb solle eizellbildendes Gewebe entnommen, eingefroren, später aufgetaut und in den Körper der Klägerin reimplantiert werden; Ziel sei es, die Fertilität der Klägerin wenigstens teilweise zu erhalten. Die Beklagte lehnte die "Übernahme von Kosten, die im Zusammenhang mit einer Kryokonservierung von Eierstockgewebe … entstehen," ab, weil sie keine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sei (Bescheid vom 4.1.2007, Widerspruchsbescheid vom 20.2.2007).

3

Am 10.1.2007 wurde das Mammakarzinom operativ entfernt und gleichzeitig durch Biopsie Ovargewebe zur Kryokonservierung entnommen. Danach wurde die Chemotherapie durchgeführt. Das der Klägerin entnommene Eierstockgewebe wurde bei der I. GbR eingelagert. Am 17.7.2007, 19.1.2008, 7.7.2008 und 14.1.2009 bezahlte die Klägerin für die Lagerung inklusive des Verbrauchs von Flüssig-Stickstoff und die Bereitstellung in der Zeit vom 1.7.2007 bis zum 30.6.2009 jeweils für das laufende Halbjahr 142,80 Euro.

4

Das Sozialgericht hat die Klage unter Berufung auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG SozR 4-2500 § 27a Nr 1) abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 26.10.2007). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen: Die Kryokonservierung sei keine Krankenbehandlung, die unter § 27 Abs 1 Satz 1 und 4 SGB V falle, denn die Empfängnisunfähigkeit als Folge der Chemotherapie werde dadurch nicht geheilt. Auch gehöre die begehrte Konservierung nicht zu den Leistungen nach § 27a SGB V, weil sich eine künstliche Befruchtung nur auf Maßnahmen erstrecke, die dem Zeugungsakt entsprächen und unmittelbar der Befruchtung dienten (Urteil vom 20.2.2009).

5

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung des § 27 Abs 1 Satz 1 und Satz 4 SGB V: Die Einlagerung von Eierstockgewebe sei eine originäre Krankenbehandlung, sie sei nicht mit Maßnahmen der künstlichen Befruchtung verbunden. Wegen der damals drohenden, inzwischen eingetretenen Unfruchtbarkeit durch die Chemotherapie sei die Kryokonservierung eine für die Wiederherstellung der Empfängnisfähigkeit notwendige Krankenbehandlung; sie diene zumindest der Linderung von Krankheitsfolgen. Anders als die Einlagerung von männlichem Samen, der "hilfsmittelgleich" der späteren (künstlichen) Befruchtung diene, unterscheide sich die Konservierung von weiblichem Eierstockgewebe nicht von der als Leistung nach dem SGB V anerkannten präoperativen Eigenblutspende nebst Einlagerung.

6

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 20. Februar 2009 und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 26. Oktober 2007 aufzuheben sowie die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 4. Januar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Februar 2007 zu verurteilen, ihr 571,20 Euro zu erstatten und sie von der Tragung der Kosten für die Lagerung des Ovargewebes für die Zeit vom 10. Januar 2007 bis 30. Juni 2007 und vom 1. Juli 2009 bis längstens zum Ablauf des 13. April 2020 freizustellen.

7

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

8

Sie hält das LSG-Urteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision der Klägerin ist im Sinne der Zurückverweisung der Sache an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG).

10

Das angefochtene LSG-Urteil ist aufzuheben, weil es auf der Verletzung des § 27 Abs 1 Satz 1 und Satz 4 SGB V iVm § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V beruht und sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig erweist. Wegen fehlender Tatsachenfeststellungen des LSG kann der Senat nicht in der Sache selbst abschließend über den Erfolg der Berufung gegen den die Klage abweisenden Gerichtsbescheid entscheiden.

11

Allein in Betracht kommende Rechtsgrundlage des Kostenerstattungsanspruchs ist § 13 Abs 3 Satz 1 Fall 2 SGB V. Diese Vorschrift bestimmt: Hat die Krankenkasse (KK) eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der KK in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Der Kostenerstattungsanspruch reicht nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch; er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die KKn allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (stRspr, vgl zB BSGE 79, 125, 126 f = SozR 3-2500 § 13 Nr 11 S 51 f mwN; BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, jeweils RdNr 11 mwN - LITT; zuletzt zB BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 16 RdNr 8 mwN; vgl zum Ganzen: E. Hauck in H. Peters, Handbuch der Krankenversicherung Bd 1, 19. Aufl, 68. Lfg, Stand: 1.9.2008, § 13 SGB V RdNr 233 ff).

12

Es fehlt an den notwendigen Feststellungen des LSG, um abschließend zu entscheiden, ob die Voraussetzungen dieser Norm erfüllt sind. Der Senat kann auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen nicht beurteilen, ob die beklagte Ersatzkasse die begehrte Kryokonservierung und Lagerung von Eierstockgewebe zu Unrecht abgelehnt hat, weil die bei ihr versicherte Klägerin diese Naturalleistung als Teil einer Krankenbehandlung iS des § 27 Abs 1 SGB V beanspruchen kann. Insbesondere fehlt es an hinreichenden Feststellungen zum Eintritt des Versicherungsfalls "Krankheit" (dazu 1.) und zur Beachtung des Qualitätsgebots (dazu 2.). Ebenso liegen keine Feststellungen zu den weiteren Voraussetzungen des § 13 Abs 3 Satz 1 Fall 2 SGB V vor (dazu 3.).

13

1. Es steht bereits nicht fest, dass die Klägerin an einer Krankheit leidet, deren Beschwerden die Kryokonservierung lindern soll, wie von § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V vorausgesetzt. Hiernach haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern; nach Satz 4 dieser Vorschrift gehören zur Krankenbehandlung auch Leistungen zu Herstellung der Zeugungs- oder Empfängnisfähigkeit, wenn diese Fähigkeit nicht vorhanden war oder durch Krankheit oder wegen einer durch Krankheit erforderlichen Sterilisation verloren gegangen war.

14

a) Festzustellen hat das LSG zunächst, ob die Klägerin hier die Behandlung einer Krankheit iS des § 27 Abs 1 SGB V verlangt. Abzugrenzen ist der Ansprüche nach § 27 SGB V auslösende Versicherungsfall der Krankheit von dem Versicherungsfall des § 27a SGB V: der Unfähigkeit eines Ehepaares, auf natürlichem Wege Kinder zu zeugen nebst der daraus resultierenden Notwendigkeit einer künstlichen Befruchtung (vgl zB BSGE 88, 62, 64 = SozR 3-2500 § 27a Nr 3, stRspr; BVerfG NJW 2007, 1343, 1344; E. Hauck SGb 2009, 321, 322) . Die in § 27a SGB V geregelten medizinischen Maßnahmen dienen nicht der Beseitigung einer Krankheit iS von § 11 Abs 1 Nr 4 und § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V. Der Gesetzgeber hat medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft vielmehr nur den für Krankheiten geltenden Regelungen des SGB V unterstellt (vgl Gesetzentwurf der Bundesregierung zum KOV-Anpassungsgesetz 1990, BT-Drucks 11/6760, S 14 zu Nr 2) .

15

Ginge es der Klägerin bloß um Leistungen nach § 27a SGB V, hätte sie keinen Naturalleistungsanspruch auf Kryokonservierung. Denn diese Regelung erfasst nur Maßnahmen, die dem einzelnen natürlichen Zeugungsakt entsprechen und unmittelbar der Befruchtung dienen, nicht aber Kryokonservierung und Lagerung (BSGE 86, 174 = SozR 3-2500 § 27a Nr 1 - Kryokonservierung vorsorglich gewonnener imprägnierter Eizellen; BSG SozR 4-2500 § 27a Nr 1 RdNr 8 f - Kryokonservierung von Ei- und Samenzellen; BSG SozR 3-2200 § 182 Nr 3 - Kryokonservierung von männlichen Samenzellen; BSG, Beschluss vom 9.12.2004 - B 1 KR 95/03 B - Kryokonservierung von männlichen Samenzellen). Auch die Klägerin geht im Revisionsverfahren von dieser Rechtslage aus. Um Klarheit darüber zu erlangen, ob die Reimplantation des Eierstockgewebes bloß zu einer Empfängnisfähigkeit auf künstlichem Wege führt oder eine Schwangerschaft durch natürlichen Zeugungsakt ermöglicht, bedarf es noch näherer Feststellungen, die das LSG zu treffen hat.

16

b) Festzustellen hat das LSG ferner, dass die Klägerin bei der Entnahme und Einlagerung des Eierstockgewebes an einer Krankheit litt. Nach ihrem Vorbringen bestand aufgrund ihrer vorhandenen Krebserkrankung und der Behandlungsfolgen eine unmittelbare, konkrete Gefahr, dass ihre Empfängnisfähigkeit verloren gehen würde. Sollte sich dieser Sachverhalt als zutreffend erweisen, genügte dies für die Annahme einer "Krankheit". Denn nicht nur eine eingetretene krankheitsbedingte Empfängnisunfähigkeit ist gemäß § 27 Abs 1 Satz 4 SGB V eine Krankheit (Begründung der Bundesregierung zum Entwurf des SGB V, BT-Drucks 11/2237 S 170 zu § 27; vgl zur eingetretenen schicksalhaften Unfruchtbarkeit zB BSGE 59, 119, 121 f = SozR 2200 § 182 Nr 101; vgl auch BSGE 85, 36, 42 f = SozR 3-2500 § 27 Nr 11 S 42 f), sondern auch bereits der therapiebedingt drohende Eintritt der Empfängnisunfähigkeit. Zieht eine Krankheit in unbehandeltem oder behandeltem Zustand zwangsläufig oder mit hoher Wahrscheinlichkeit weitere Erkrankungen nach sich, so sind medizinische Maßnahmen, die dem entgegenwirken und eine Verschlechterung des Gesamtgesundheitszustandes verhüten sollen, als Behandlung der Grundkrankheit und damit als Krankenbehandlung iS des § 27 Abs 1 SGB V aufzufassen (vgl BSGE 85, 132, 137 = SozR 3-2500 § 27 Nr 12 - medizinische Fußpflege unter Hinweis auf BSGE 39, 167 = SozR 2200 § 182 Nr 9 - Maßnahmen zur Verhütung der Schwangerschaft wegen der Gefahr einer schwerwiegenden Schädigung des körperlichen oder geistig-seelischen Zustandes des Versicherten; BSGE 66, 163 = SozR 3-2200 § 182 Nr 1 - empfängnisverhütende Maßnahmen wegen drohender Schädigung der Leibesfrucht) . Die fehlenden erforderlichen Feststellungen dazu, dass der Klägerin aufgrund der Chemotherapie zur Behandlung der Folgen ihres Mammakarzinoms die unmittelbare, konkrete Gefahr drohte, die Empfängnisfähigkeit zu verlieren, wird das LSG nachzuholen haben.

17

c) Ist die Lagerung des Eierstockgewebes zusammen mit der späteren Reimplantation auf die Wiederherstellung der Empfängnisfähigkeit durch natürlichen Zeugungsakt gerichtet, scheitert eine Leistungspflicht der Beklagten allerdings nicht etwa daran, dass das Einfrieren und die Lagerung von Eierstockgewebe als Teilausschnitt der Gesamtbehandlung keine "ärztliche" Behandlung iS von § 27 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB V darstellt (vgl BSG SozR 3-2200 § 182 Nr 3 S 6 f) . Denn sie wäre in diesem Falle eine unselbstständige Vorbereitungshandlung der späteren (eigentlichen) ärztlichen Krankenbehandlung, die in Form der Implantation des Gewebes stattfindet. Auch steht eine möglicherweise lediglich vorübergehende Behebung der Unfruchtbarkeit der Leistungspflicht der KK nicht entgegen. Nicht nur die Heilung einer Krankheit, sondern auch die Linderung von Krankheitsbeschwerden gehört zur Krankenbehandlung iS des § 27 Abs 1 SGB V.

18

Dass die Kryokonservierung erst zusammen mit dem weiteren, derzeit noch ungewissen Ereignis der Implantation des Gewebes zur Realisierung eines erst künftig auftretenden Kinderwunsches die Wiederherstellung der Fruchtbarkeit ermöglichen soll, hindert die Entstehung eines Anspruchs ebenfalls nicht. Insoweit ist nämlich nicht an die Verwirklichung des Kinderwunsches anzuknüpfen, sondern an die konkrete Möglichkeit, die Empfängnisfähigkeit wiederherzustellen. Anders als Maßnahmen nach § 27a SGB V, die auf die Herbeiführung einer Schwangerschaft gerichtet sein müssen, zielt die Krankenbehandlung zur Beseitigung der Unfruchtbarkeit auf die Wiederherstellung der Empfängnisfähigkeit. Dies ist ausreichend, falls durch Reimplantation des Eierstockgewebes die Fruchtbarkeit wiederhergestellt werden kann.

        
19

2. Falls die Ermittlungen des LSG zu dem Ergebnis führen sollten, dass bei der Klägerin im og Sinne eine Krankheit bestand und die Lagerung des Eierstockgewebes zusammen mit der späteren Reimplantation auf die Wiederherstellung der Empfängnisfähigkeit durch natürlichen Zeugungsakt gerichtet ist, fehlt es noch an weiteren Feststellungen, um entscheiden zu können, ob die Entnahme, Lagerung und spätere Reimplantation des Eierstockgewebes unter dem Aspekt des Qualitätsgebots (§ 2 Abs 1 Satz 3 SGB V) eine von der Leistungspflicht der KK umfasste Behandlungsmethode bereits zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs war, also bei der Entnahme und dem (erstmaligen) Einfrieren des Eierstockgewebes ( vgl etwa BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, jeweils RdNr 15 f - LITT; BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 8 RdNr 23 - Brachytherapie ). Dies hängt auch davon ab, ob die Reimplantation als wesentlicher Teil der Behandlungsmaßnahme, etwa durch Bauchspiegelung oder Bauchschnitt (vgl die Beschreibung des Verfahrens durch das Universitätsklinikum Erlangen: http://www.kinderwunsch-nach-krebserkrankung.de/e1662/e321/e333/index_print_ger.html, recherchiert am 26.1.2010) - entsprechend den Regeln der ärztlichen Kunst regelmäßig als ambulante Behandlung (dazu a) durchzuführen ist oder als stationäre Krankenhausbehandlung (dazu b).

20

a) Ein Anspruch auf ambulante ärztliche Implantation des Eierstockgewebes könnte daran scheitern, dass es sich um eine neue Behandlungsmethode handelt, der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) die Methode nicht positiv zur Anwendung in der GKV empfohlen hat, und dass kein Ausnahmefall vorliegt, in welchem dies entbehrlich ist.

21

Die sich aus § 2 Abs 1 und § 12 Abs 1 SGB V ergebenden Anforderungen sind bei neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung gemäß § 135 Abs 1 Satz 1 SGB V nur dann gewahrt, wenn der GBA in Richtlinien (RL) nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 5 SGB V eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode abgegeben hat. Durch RL nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 5 iVm § 135 Abs 1 SGB V wird nämlich nicht nur geregelt, unter welchen Voraussetzungen die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringer (Ärzte, Zahnärzte usw) neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zu Lasten der KKn erbringen und abrechnen dürfen. Vielmehr wird durch diese RL auch der Umfang der den Versicherten von den KKn geschuldeten ambulanten Leistungen verbindlich festgelegt (stRspr, vgl zB BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12 , jeweils RdNr 12 mwN - LITT; BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 20 , RdNr 20 mwN - Magenhand) . Ärztliche “Behandlungsmethoden” iS der GKV sind medizinische Vorgehensweisen, denen ein eigenes theoretisch-wissenschaftliches Konzept zugrunde liegt, das sie von anderen Therapieverfahren unterscheidet und das ihre systematische Anwendung in der Behandlung bestimmter Krankheiten rechtfertigen soll (vgl BSGE 82, 233, 237 = SozR 3-2500 § 31 Nr 5 - Jomol; vgl auch BSGE 88, 51, 60 = SozR 3-2500 § 27a Nr 2 mwN ; BSG SozR 3-5533 Nr 2449 Nr 2 S 9 f; BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 8 RdNr 17). Darum geht es ggf bei der von der Klägerin selbst beschafften Leistung als Teil der anvisierten Gesamtleistung einschließlich der Reimplantation. "Neu" ist eine Methode, wenn sie - wie hier die streitige Methode - zum Zeitpunkt der Leistungserbringung nicht als abrechnungsfähige ärztliche Leistung im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen enthalten ist (vgl BSG, Urteil vom 27.9.2005 - B 1 KR 28/03 R - USK 2005-77; BSGE 81, 54, 58 = SozR 3-2500 § 135 Nr 4 ; BSGE 81, 73, 75 f = SozR 3-2500 § 92 Nr 7 ) . Als nicht vom GBA empfohlene neue Methode ist die ambulante Reimplantation des Gewebes grundsätzlich kein Leistungsgegenstand der GKV.

22

Es fehlt indes an Feststellungen des LSG dazu, dass die Voraussetzungen von Ausnahmefällen erfüllt sind, in denen es keiner Empfehlung des GBA bedarf (vgl insoweit zur Seltenheit einer Erkrankung: BSGE 93, 236 = SozR 4-2500 § 27 Nr 1 , jeweils RdNr 21 ff - Visudyne; zum Systemversagen: BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12 , jeweils RdNr 17 mwN - LITT). Eine grundrechtsorientierte Auslegung des Leistungsrechts der GKV (vgl zB im Anschluss an BVerfGE 115, 25 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5 : BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12 , jeweils RdNr 20 ff mwN - LITT) kommt allerdings nicht Betracht. Eine solche verfassungskonforme Auslegung setzt nämlich ua voraus, dass eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende (vgl BSGE 96, 170 = SozR 4-2500 § 31 Nr 4 , jeweils RdNr 21 und 30 mwN - Tomudex) oder eine zumindest wertungsmäßig damit vergleichbare Erkrankung vorliegt (vgl BSGE 96, 153 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7 , jeweils RdNr 31-32 - D-Ribose). Daran fehlt es bei einem drohenden Eintritt der Unfruchtbarkeit (vgl zu den bereits vom BSG entschiedenen Fällen: SozR 4-2500 § 27 Nr 16 RdNr 13 ff - ICL).

23

b) Für den (alternativ in Betracht kommenden) Anspruch der Klägerin auf Reimplantation des Gewebes in Form einer Krankenhausbehandlung steht nicht fest, dass die Behandlungsmethode dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht (§ 2 Abs 1 Satz 3; § 12 Abs 1, § 27 Abs 1 Satz 1, § 39 Abs 1 Satz 2 SGB V). Dies ist zweifelhaft. So wird die Methode der fertilitätserhaltenden Kryokonservierung von dem Universitätsklinikum Erlangen "immer noch als experimentell" eingestuft (vgl zB http://www.kinderwunsch-nach-krebserkrankung. de/e1662/e321/e333/index_print_ger.html; vgl auch den Bericht des Universitätsklinikums Erlangen vom 7.4.2008 "Kinderwunsch nach Krebs - Erste erfolgreiche Wiedereinpflanzung von tiefgefrorenem Eierstockgewebe macht krebskranken Frauen Mut", http://www.kinderwunsch-nach-krebserkrankung.de/e1852/e1855/e744/index_ger.html; jeweils recherchiert am 26.1.2010). Der Anspruch auf Krankenhausbehandlung setzt zwar keine positive Empfehlung des GBA voraus, erfordert aber dennoch abgesehen von den hier nicht einschlägigen Fällen eines Negativvotums des GBA nach § 137c SGB V, dass die streitige Maßnahme nach Überprüfung im Einzelfall dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht (vgl BSGE 101, 177 = SozR 4-2500 § 109 Nr 6 jeweils RdNr 52 unter Aufgabe von BSGE 90, 289 = SozR 4-2500 § 137c Nr 1) . Den insoweit bestehenden Hinweisen auf den experimentellen Charakter der Methode muss im weiteren Verfahren nachgegangen werden, soweit die Frage entscheidungserheblich sein sollte.

24

3. Sollte ein Naturalleistungsanspruch der Klägerin bestehen, müsste das LSG schließlich feststellen, dass die weiteren Voraussetzungen des § 13 Abs 3 Satz 1 Fall 2 SGB V gegeben sind. Die zeitliche Dauer des Anspruchs - abhängend von dem Zeitpunkt der Herstellung der Fruchtbarkeit und damit des Zeitraums der Lagerung - hätte sich in diesem Fall (nur) an der typischen Dauer der natürlichen Konzeptionsfähigkeit einer gesunden Frau zu orientieren. Die beantragte Lagerung des Eierstockgewebes längstens bis zur Vollendung des 40. Lebensjahrs der Klägerin erscheint nicht unangemessen. Die Orientierung an der Altersgrenze, ab der ein Anspruch einer weiblichen Versicherten auf Maßnahmen der künstlichen Befruchtung nach § 27a Abs 3 Satz 1 SGB V ausgeschlossen sind, ist vielmehr sachgerecht. Bei der Festlegung dieser Grenze hat der Gesetzgeber sich auch an der höheren Konzeptionswahrscheinlichkeit bis zu diesem Alter orientiert (vgl BSG SozR 4-2500 § 27a Nr 7 RdNr 15 f).

25

4. In der abschließenden Entscheidung muss das LSG auch über die Kosten des Revisionsverfahrens befinden.

(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt.

(2) Das Landessozialgericht kann in dem Urteil über die Berufung von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(3) Das Urteil ist von den Mitgliedern des Senats zu unterschreiben. Ist ein Mitglied verhindert, so vermerkt der Vorsitzende, bei dessen Verhinderung der dienstälteste beisitzende Berufsrichter, dies unter dem Urteil mit Angabe des Hinderungsgrunds.

(4) Das Landessozialgericht kann, außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1, die Berufung durch Beschluß zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören. § 158 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5) Der Senat kann in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1 durch Beschluss die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.

(1) Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürfen in der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss auf Antrag eines Unparteiischen nach § 91 Abs. 2 Satz 1, einer Kassenärztlichen Bundesvereinigung, einer Kassenärztlichen Vereinigung oder des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Empfehlungen abgegeben hat über

1.
die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit - auch im Vergleich zu bereits zu Lasten der Krankenkassen erbrachte Methoden - nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der jeweiligen Therapierichtung,
2.
die notwendige Qualifikation der Ärzte, die apparativen Anforderungen sowie Anforderungen an Maßnahmen der Qualitätssicherung, um eine sachgerechte Anwendung der neuen Methode zu sichern, und
3.
die erforderlichen Aufzeichnungen über die ärztliche Behandlung.
Der Gemeinsame Bundesausschuss überprüft die zu Lasten der Krankenkassen erbrachten vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Leistungen daraufhin, ob sie den Kriterien nach Satz 1 Nr. 1 entsprechen. Falls die Überprüfung ergibt, daß diese Kriterien nicht erfüllt werden, dürfen die Leistungen nicht mehr als vertragsärztliche oder vertragszahnärztliche Leistungen zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden. Die Beschlussfassung über die Annahme eines Antrags nach Satz 1 muss spätestens drei Monate nach Antragseingang erfolgen. Das sich anschließende Methodenbewertungsverfahren ist innerhalb von zwei Jahren abzuschließen. Bestehen nach dem Beratungsverlauf im Gemeinsamen Bundesausschuss ein halbes Jahr vor Fristablauf konkrete Anhaltspunkte dafür, dass eine fristgerechte Beschlussfassung nicht zustande kommt, haben die unparteiischen Mitglieder gemeinsam einen eigenen Beschlussvorschlag für eine fristgerechte Entscheidung vorzulegen; die Geschäftsführung ist mit der Vorbereitung des Beschlussvorschlags zu beauftragen. Der Beschlussvorschlag der unparteiischen Mitglieder muss Regelungen zu den notwendigen Anforderungen nach Satz 1 Nummer 2 und 3 enthalten, wenn die unparteiischen Mitglieder vorschlagen, dass die Methode die Kriterien nach Satz 1 Nummer 1 erfüllt. Der Beschlussvorschlag der unparteiischen Mitglieder muss Vorgaben für einen Beschluss einer Richtlinie nach § 137e Absatz 1 und 2 enthalten, wenn die unparteiischen Mitglieder vorschlagen, dass die Methode das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, ihr Nutzen aber noch nicht hinreichend belegt ist. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat innerhalb der in Satz 5 genannten Frist über den Vorschlag der unparteiischen Mitglieder zu entscheiden.

(1a) Für ein Methodenbewertungsverfahren, für das der Antrag nach Absatz 1 Satz 1 vor dem 31. Dezember 2018 angenommen wurde, gilt Absatz 1 mit der Maßgabe, dass das Methodenbewertungsverfahren abweichend von Absatz 1 Satz 5 erst bis zum 31. Dezember 2020 abzuschließen ist.

(2) Für ärztliche und zahnärztliche Leistungen, welche wegen der Anforderungen an ihre Ausführung oder wegen der Neuheit des Verfahrens besonderer Kenntnisse und Erfahrungen (Fachkundenachweis), einer besonderen Praxisausstattung oder anderer Anforderungen an die Versorgungsqualität bedürfen, können die Partner der Bundesmantelverträge einheitlich entsprechende Voraussetzungen für die Ausführung und Abrechnung dieser Leistungen vereinbaren. Soweit für die notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen, welche als Qualifikation vorausgesetzt werden müssen, in landesrechtlichen Regelungen zur ärztlichen Berufsausübung, insbesondere solchen des Facharztrechts, bundesweit inhaltsgleich und hinsichtlich der Qualitätsvoraussetzungen nach Satz 1 gleichwertige Qualifikationen eingeführt sind, sind diese notwendige und ausreichende Voraussetzung. Wird die Erbringung ärztlicher Leistungen erstmalig von einer Qualifikation abhängig gemacht, so können die Vertragspartner für Ärzte, welche entsprechende Qualifikationen nicht während einer Weiterbildung erworben haben, übergangsweise Qualifikationen einführen, welche dem Kenntnis- und Erfahrungsstand der facharztrechtlichen Regelungen entsprechen müssen. Abweichend von Satz 2 können die Vertragspartner nach Satz 1 zur Sicherung der Qualität und der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung Regelungen treffen, nach denen die Erbringung bestimmter medizinisch-technischer Leistungen den Fachärzten vorbehalten ist, für die diese Leistungen zum Kern ihres Fachgebietes gehören. Die nach der Rechtsverordnung nach § 140g anerkannten Organisationen sind vor dem Abschluss von Vereinbarungen nach Satz 1 in die Beratungen der Vertragspartner einzubeziehen; die Organisationen benennen hierzu sachkundige Personen. § 140f Absatz 5 gilt entsprechend. Das Nähere zum Verfahren vereinbaren die Vertragspartner nach Satz 1. Für die Vereinbarungen nach diesem Absatz gilt § 87 Absatz 6 Satz 10 entsprechend.

(3) bis (6) (weggefallen)

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 23. Februar 2012 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

I. Der am 2.5.2006 geborene, bei der Rechtsvorgängerin der beklagten Krankenkasse versichert gewesene Kläger begehrt die Erstattung der Kosten einer Kopforthese in Höhe von 1819 Euro, die wegen einer Schädelasymmetrie auf Verordnung der Universitätsklinik Gießen und Marburg angefertigt und im Rahmen einer entsprechenden Behandlung eingesetzt worden ist. Nach den Feststellungen des LSG ist die Beklagte mit diesem Begehren am 10.11.2006 erstmals und zu einem Zeitpunkt befasst worden, als mit der Behandlung bereits begonnen worden war. Der Kläger beruft sich hingegen darauf, seiner Mutter sei von einer Mitarbeiterin der Rechtsvorgängerin der Beklagten vor Behandlungsbeginn die Übernahme der Kosten fernmündlich in Aussicht gestellt worden. Während er damit beim SG erfolgreich gewesen ist, hat das LSG die Klage nach schriftlicher Befragung dieser Mitarbeiterin abgewiesen (Urteile vom 30.9.2010 und 23.2.2012): Die Voraussetzungen von § 13 Abs 3 SGB V als einzig in Betracht kommender Anspruchsgrundlage seien nicht erfüllt. Die Behandlung mit der Kopforthese sei weder als unaufschiebbare Leistung im Sinne der 1. Alternative der Vorschrift anzusehen noch sei im Sinne deren 2. Alternative ein Ursachenzusammenhang zwischen der Leistungsablehnung und der Kostenbelastung des Klägers gegeben. Vielmehr sei die Rechtsvorgängerin der Beklagten erst nach Behandlungsbeginn mit dem Leistungsbegehren befasst worden. Eine vorherige Anfrage sei nicht nachgewiesen, nachdem sich die befragte Zeugin an den Vorgang nicht mehr habe erinnern können. Ungeachtet dessen bestehe der geltend gemachte Anspruch auch in der Sache nicht, weil die Kopforthesenbehandlung als neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode iS von § 135 SGB V anzusehen sei und das dazu notwendige positive Votum des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) nicht vorliege.

2

Mit seiner Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG und beruft sich sinngemäß auf einen Verfahrensfehler, und zwar auf die Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG).

3

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil sie nicht in der durch § 160 Abs 2, § 160a Abs 2 SGG normierten Form begründet worden ist. Sie ist deshalb ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 S 1, § 169 SGG). Der Kläger weist zwar sinngemäß auf einen gesetzlichen Zulassungsgrund hin, nämlich auf einen Verfahrensmangel iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG. Jedoch ist der Zulassungsgrund nicht so dargelegt, wie § 160a Abs 2 S 3 SGG dies verlangt.

4

Die Rüge eines Verstoßes gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 103 SGG) ist schon deshalb unzulässig, weil eine Verletzung dieser Verfahrensnorm gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 2. Alt SGG nur darauf gestützt werden kann, dass das LSG einem Beweisantrag ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Der anwaltlich vertretene Kläger hat ausweislich des Protokolls vom 23.2.2012 im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem LSG solche Anträge nicht gestellt. Ungeachtet dessen ist die in Zusammenhang mit dem fehlenden positiven Votum des GBA zur Versorgung mit Kopforthesen erhobene Verfahrensrüge auch rechtlich unerheblich (vgl zum Erfordernis einer positiven Empfehlung des GBA bei Hilfsmitteln im Rahmen einer neuen Untersuchungs- oder Behandlungsmethode BSGE 104, 95 = SozR 4-2500 § 139 Nr 4, RdNr 14 ff). Beruht aber eine Entscheidung des Berufungsgerichts auf mehreren Begründungen, die jede für sich den Urteilsspruch - hier: Abweisung der Klage - tragen, so kann die Nichtzulassungsbeschwerde nur dann zur Zulassung der Revision führen, wenn für jede dieser Begründungen ein Zulassungsgrund erfolgreich geltend gemacht wird (vgl BSG Beschluss vom 27.7.2006 - B 7a AL 52/06 B; BSG Beschluss vom 5.12.2007 - B 11a AL 112/07 B; BSG Beschluss vom 22.4.2010 - B 1 KR 145/09 B; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 160a RdNr 13f mwN; vgl auch Becker SGb 2007, 261, 265).

5

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 4. Dezember 2012 aufgehoben und das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 25. Juli 2011 geändert.

Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger ein Anspruch auf einen Zuschuss zu den Aufwendungen für seine in der Schweiz durchgeführte freiwillige Krankenversicherung nach § 106 Abs 1 SGB VI zusteht.

2

Der 1935 geborene Kläger, der seinen Wohnsitz in der Schweiz hat, bezieht eine Altersrente nach schweizerischem Recht sowie seit dem 1.1.2001 eine Altersrente aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung (Rentenbescheid vom 31.1.2001), die mit Wirkung zum 1.6.2002 unter Berücksichtigung ausländischer Versicherungszeiten neu festgestellt worden ist (Rentenbescheid vom 10.2.2010).

3

Seit 1999 ist der Kläger bei der Schweizer Groupe Mutuel in Bezug auf ambulante Arztbehandlungen, stationäre Krankenhausbehandlungen, Arzneimittel, Heilmittel und zahnärztliche Behandlungen sowie Zahnersatz versichert. Nach den weiteren Feststellungen des LSG besteht bei demselben Unternehmen eine freiwillige Zusatzversicherung in Bezug auf weitere Risiken im Krankheitsfall.

4

Mit Schreiben vom 10.8.2009 beantragte der Kläger bei der Beklagten "einen Zuschuss zum (freiwilligen) Krankenversicherungsbeitrag gem. § 106 SGB VI" ab Beginn seiner Altersrente nebst gesetzlicher Verzinsung.

5

Zur Begründung gab er an, jedenfalls vor der Gesetzesänderung zum 1.5.2007 einen Anspruch auf Zuschuss zu seiner schweizerischen Krankenversicherung gehabt zu haben. Aufgrund der geltenden Besitzstandsregelung gelte der Anspruch auch über dieses Datum hinaus fort. Einen früheren Antrag habe er nicht gestellt, weil es die Rechtsvorgängerin der Beklagten, die LVA Baden-Württemberg, versäumt habe, ihm im Rahmen des Rentenverfahrens das entsprechende Formular zugänglich zu machen. Er habe davon ausgehen müssen, dass ihm sämtliche Formulare übersandt worden seien.

6

Mit Bescheid vom 28.8.2009 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Der Kläger unterliege als Bezieher einer Rente aus der schweizerischen Rentenversicherung mit Wohnsitz in der Schweiz der obligatorischen Krankenversicherungspflicht nach dem schweizerischen Bundesgesetz über die Krankenversicherung vom 18.3.1994 (KV-Obligatorium nach dem KVG). Damit sei ein Anspruch auf Zuschuss zu den Aufwendungen ausgeschlossen. Den hiergegen am 5.10.2009 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 3.2.2010 zurück. Nach dem ab dem 1.5.2007 geltenden Recht sei kein Zuschuss zu gewähren, weil die schweizerische Krankenversicherung als Pflichtversicherung zu werten sei. Auch im Zeitpunkt des Rentenbeginns habe keine Möglichkeit zur Zahlung eines Beitragszuschusses bestanden, weil nach dem damals gültigen deutsch-schweizerischen Sozialversicherungsabkommen die Zahlung eines Beitragszuschusses ausgeschlossen gewesen sei, wenn der Rentner in der Schweiz dem KV-Obligatorium unterliege. Ab Inkrafttreten des zwischen der Europäischen Union und der schweizerischen Eidgenossenschaft geschlossenen Abkommens über die Koordinierung der Sozialversicherungssysteme (Freizügigkeitsabkommen) am 1.6.2002 sei hinsichtlich von Zusatzversicherungen die Zahlung eines Beitragszuschusses zwar möglich gewesen. Es habe jedoch keine Veranlassung bestanden, den Kläger zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Abkommens hinsichtlich seiner Rechte zu beraten oder entsprechende Antragsformulare zu versenden.

7

Auf die hiergegen erhobene Klage hat das SG Karlsruhe den Bescheid der Beklagten vom 28.8.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3.2.2010 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger ab dem 1.1.2005 einen Zuschuss zu dessen Aufwendungen für die Krankenversicherung unter Berücksichtigung der Kosten seiner obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKPV) zu zahlen sowie die jeweiligen Zahlungsansprüche ab 1.3.2005 mit 4 vH zu verzinsen. Im Übrigen hat das SG die Klage abgewiesen (Urteil vom 25.7.2011).

8

Die hiergegen eingelegte Berufung der Beklagten hat das LSG Baden-Württemberg mit Urteil vom 4.12.2012 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Dem Kläger stehe ab dem 1.1.2005 ein Anspruch auf Gewährung eines Zuschusses zu den Aufwendungen für die Krankenversicherung unter Berücksichtigung der Kosten der OKPV bei der Groupe Mutuel zu. Die Voraussetzungen des § 106 Abs 1 S 1 SGB VI lägen vor. Der Kläger beziehe eine Altersrente aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung. Zwar sei er nicht freiwillig in der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung und auch nicht bei einem Krankenversicherungsunternehmen versichert, das der deutschen Aufsicht unterliege. Der schweizerische Krankenversicherungsträger sei einem solchen Krankenversicherungsunternehmen aber gleichzustellen. Dies folge aus zwischenstaatlichem Recht iVm Europarecht und der Rechtsprechung des EuGH. Im Urteil vom 6.7.2000 (C-73/99, Movrin - SozR 3-6050 Art 10 Nr 6) habe der EuGH ausdrücklich ausgeführt, dass ein im Recht eines Mitgliedstaates vorgesehener Zuschuss zu den Aufwendungen für die Krankenversicherung - wie § 106 SGB VI und § 249a SGB V - eine Geldleistung bei Alter im Sinne der Verordnung (EWG) Nr 1408/71 sei, auf die der Bezieher einer nach dem Recht eines Staates zu zahlenden Rente auch dann Anspruch habe, wenn er in einem anderen Mitgliedstaat wohne und dort der Krankenversicherungspflicht unterliege. Dies gelte über das Freizügigkeitsabkommen auch für die Schweiz. Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung sei § 106 Abs 1 S 1 SGB VI in seiner zweiten Alternative ("bei einem Krankenversicherungsunternehmen, das der deutschen Aufsicht unterliegt") dahingehend europarechtskonform auszulegen, dass hierunter auch Krankenversicherungsunternehmen fielen, die - wie hier - der Aufsicht eines anderen EU-Mitgliedstaates oder der Schweiz unterlägen, wenn zur Bemessung der Krankenversicherungsbeiträge die deutsche Rente nicht herangezogen werde. Umgekehrt bedeute dies, dass eine Pflichtkrankenversicherung, für die auch nach Ansicht des Senats kein Anspruch auf Zahlung eines Zuschusses nach § 106 SGB VI bestehe, bei einer ausländischen Krankenversicherung im Geltungsbereich der Verordnungen (EWG) Nr 1408/71 bzw (EG) Nr 883/2004 nur vorliege, wenn der Abschluss der Krankenversicherung gesetzlich vorgeschrieben sei und die Beiträge zu dieser Versicherung kraft Gesetzes auch aus der deutschen Rente erhoben würden. Damit werde sichergestellt, dass der Versicherte vom deutschen Rentenversicherungsträger einen Beitragszuschuss zur ausländischen Krankenversicherung entweder über § 249a SGB V (analog) oder nach § 106 SGB VI erhalte. Dieses Verständnis des § 106 SGB VI trage dem Umstand Rechnung, dass die Organisation der Krankenversicherung der anderen EU-Mitgliedstaaten bzw der Schweiz mit dem inländischen System nicht ohne Weiteres vergleichbar sei. Die nach deutschem Recht vorgesehene Unterscheidung zwischen Pflichtversicherung und freiwilliger bzw privater Versicherung habe zur Folge, dass entweder an den Versicherten ein Zuschuss ausgezahlt (§ 106 SGB VI) oder ein Teil der aus der Rente zu zahlenden gesetzlichen Beiträge übernommen werde (§ 249a SGB V). Wenn aber Letzteres - wie im vorliegenden Fall - aufgrund der ausländischen Regelungen zur Finanzierung der Krankenversicherung nicht umsetzbar sei, weil keine einkommensabhängigen Beiträge, sondern Kopfpauschalen zu entrichten seien, könne dies nicht dazu führen, dass dem Bezieher einer deutschen Rente aufgrund seines Wohnsitzes in einem anderen EU-Mitgliedstaat bzw der Schweiz der Zuschuss zu den Kosten der Krankenversicherung als Teil seines Rentenanspruchs verwehrt bleibe. Dies verstoße gegen den Grundsatz der Freizügigkeit der Arbeitnehmer, auf dem die genannten EG-Verordnungen beruhten. Seien demnach die Voraussetzungen des § 249a SGB V - wie vorliegend - nicht erfüllt und entstünden dem Bezieher einer Rente aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung für seinen Krankenversicherungsschutz in einem anderen EU-Mitgliedstaat bzw der Schweiz Kosten, dann habe sich die Beklagte über eine entsprechende Anwendung des § 106 Abs 1 S 1 SGB VI hieran zu beteiligen.

9

§ 106 Abs 1 S 2 SGB VI in der ab dem 1.5.2007 geltenden Fassung stehe dem Anspruch des Klägers nicht entgegen. Es fehle am Kriterium der "Gleichzeitigkeit". Unter Berücksichtigung dieses Kriteriums greife die Ausschlussregelung nur dann ein, wenn neben einer bestehenden Pflichtversicherung ein Zuschuss zu einer weiteren privaten Krankenversicherung begehrt werde. Der Kläger begehre aber keinen Zuschuss zu seinen Aufwendungen für eine private Krankenversicherung, sondern für seinen originären Krankenversicherungsschutz in der Schweiz. Die Ausschlussregelung des § 106 Abs 1 S 2 SGB VI finde daher keine Anwendung.

10

Schließlich habe der Kläger den Zuschuss auch beantragt. Zwar sei die Antragstellung erst im August 2009 erfolgt. In Anwendung des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs sei der Kläger jedoch so zu stellen, als habe er rechtzeitig zum 1.6.2002 (Inkrafttreten des Freizügigkeitsabkommens) den Zuschuss beantragt. Die Beklagte habe ihre Pflicht zur Beratung anläßlich des Rentenantrags des Klägers vom 10.2.2000 verletzt, wodurch diesem ein Nachteil entstanden sei. Gemäß § 44 Abs 4 S 1 SGB X sei der Zuschuss allerdings nur rückwirkend für vier Jahre zu gewähren. Der Zinsanspruch ergebe sich aus § 44 Abs 1 SGB I.

11

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte sinngemäß eine Verletzung des § 106 SGB VI.

12

Ob dem Kläger ein Anspruch auf einen Zuschuss nach § 106 SGB VI in der ab dem 1.5.2007 gültigen Fassung zustehe, hänge davon ob, ob es sich bei dem KV-Obligatorium der Schweiz um eine gesetzliche Pflichtkrankenversicherung handele. Dies sei der Fall. Die Krankenversicherung in der Schweiz erfasse alle Personen mit Wohnsitz in der Schweiz. Diese müssten sich innerhalb von drei Monaten nach Wohnsitznahme oder Geburt versichern oder versichern lassen, wenn sie selbst keine Verträge schließen könnten. Träger der Krankenversicherung könnten zwar juristische Personen des privaten oder öffentlichen Rechts sein. Anders als in Deutschland gälten für die öffentlich-rechtlichen Krankenkassen und die privaten Krankenversicherungsunternehmen aber dieselben gesetzlichen Regelungen hinsichtlich der von der Krankenversicherungspflicht erfassten Personen, des Leistungskatalogs, der Voraussetzungen für die Leistungserbringung usw. Das KV-Obligatorium gehöre als Teil der schweizerischen Sozialversicherung in den Bereich des öffentlichen Rechts. Die Versicherten genössen nur in ganz beschränktem Umfang Wahlfreiheiten. Insbesondere die Frage, ob eine Person dem KV-Obligatorium unterliege, sowie das Beitrags- und Leistungsrecht seien gesetzlich zwingend festgelegt. Ein Leistungsausschluss bestimmter Risiken sei nicht möglich. Zudem könnten Versicherte die Krankenkasse wechseln, ohne hierdurch Nachteile zu erleiden. Der Versicherer habe dagegen kein Kündigungsrecht. Auch wenn das KV-Obligatorium zum Teil durch private Krankenversicherungsunternehmen durchgeführt und die Pflichtversicherung durch einen Vertrag geregelt werde, handele es sich doch um eine gesetzliche Pflichtkrankenversicherung. Lediglich die Zusatzversicherungen seien privatrechtliche Versicherungen, bei deren Ausgestaltung Versicherte und Versicherer die Gestaltungsmöglichkeiten des Vertragsrechts nutzen könnten. Entgegen der Auffassung des LSG könne aus dem Urteil des EuGH vom 6.7.2000 (aaO) nicht abgeleitet werden, dass eine Pflichtkrankenversicherung bei einer ausländischen Krankenversicherung nur dann vorliege, wenn die Beiträge zu dieser Versicherung kraft Gesetzes auch aus der deutschen Rente erhoben würden. Diese Auffassung entbehre auch sonst jeglicher Grundlage.

13

Die Beklagte weist weiter sinngemäß darauf hin, dass zudem das Kriterium der Gleichzeitigkeit erfüllt sei. Hierzu trägt sie vor, der Kläger unterhalte bei der Groupe Mutuel zwei verschiedene Versicherungsverhältnisse, zum einen die obligatorische Krankenversicherung und zum anderen eine private Krankenzusatzversicherung nach dem schweizerischen Versicherungsvertragsgesetz (VVG).

14

Die Zahlung eines Zuschusses nach § 106 SGB VI zu einer Pflichtversicherung sei ausgeschlossen. Dies verstoße entgegen der Ansicht des LSG auch nicht gegen den Grundsatz der Freizügigkeit der Arbeitnehmer. Die grundsätzliche Exportierbarkeit von Geldleistungen nach Art 10 Abs 1 VO (EWG) Nr 1408/71 bzw Art 7 VO (EG) Nr 883/2004 werde von den Rentenversicherungsträgern nicht in Frage gestellt. Voraussetzung für den Leistungsexport sei jedoch, dass die entsprechenden nationalen Anspruchsvoraussetzungen (unabhängig vom Wohnort) erfüllt seien.

15

Bei rechtzeitiger Antragstellung vor dem 1.5.2007 hätte dem Kläger zwar nach der damals geltenden Rechtslage ein Anspruch auf einen Zuschuss nach § 106 SGB VI (frühestens ab dem 1.6.2002, dem Inkrafttreten des Freizügigkeitsabkommens) zu seiner Krankenzusatzversicherung nach dem VVG zugestanden. Der Kläger habe den Zuschuss jedoch erst am 17.8.2009 beantragt. Zum Zeitpunkt der Antragstellung sei aber die Gewährung eines Beitragszuschusses gemäß § 106 Abs 1 S 2 SGB VI in der ab dem 1.5.2007 gültigen Fassung nicht mehr zulässig gewesen. Eine Pflicht, den Kläger anlässlich seines Rentenantrags vom 10.2.2000 auf die Möglichkeit der Beantragung eines Zuschusses zu den Aufwendungen für seine private Krankenzusatzversicherung nach Inkrafttreten des zu erwartenden Freizügigkeitsabkommens hinzuweisen, habe nicht bestanden.

16

Die Beklagte beantragt,

        

das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 4. Dezember 2012 aufzuheben sowie das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 25. Juli 2011 zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

17

Der Kläger ist im Revisionsverfahren nicht vertreten.

Entscheidungsgründe

18

Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet. Das Rechtsmittel hat zum Teil schon aus prozessrechtlichen Gründen Erfolg (A.I.). Im Übrigen sind die angefochtenen Entscheidungen nicht mit der materiellen Rechtslage vereinbar (A.II.).

19

A.I. LSG und SG haben die Beklagte verurteilt, dem Kläger "einen Zuschuss zu dessen Aufwendungen für die Krankenversicherung unter Berücksichtigung der Kosten seiner obligatorischen Krankenpflegeversicherung zu zahlen". Nach dem Verständnis des erkennenden Senats umfasst dieser Tenor eine Verurteilung der Beklagten zu einer Beteiligung an den Kosten des Klägers sowohl für seine obligatorische Krankenversicherung als auch seine freiwillige Krankenversicherung. Soweit die vorinstanzlichen Entscheidungen die Beklagte mit der Tragung von Zuschüssen zu der obligatorischen Krankenversicherung des Klägers belasten, gehen sie über dessen Klagebegehren hinaus und verletzen damit § 123 SGG. Der Kläger hat mit der Klageschrift vom 23.4.2010 ebenso wie zuvor mit seinem Schreiben vom 10.8.2009 lediglich einen Zuschuss zu seiner freiwilligen bzw privaten Krankenversicherung beantragt. Allein hierüber befindet der Bescheid der Beklagten vom 28.8.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3.2.2010. Eine über diesen Regelungsgegenstand hinausgehende Klage wäre unzulässig gewesen.

20

Zwar hat die Beklagte eine Verletzung des § 123 SGG nicht gerügt. Einen Verstoß gegen diese Vorschrift und damit eine Verkennung des Streitgegenstands hat der erkennende Senat aber von Amts wegen zu beachten. Hierbei handelt es sich um einen Mangel, der im Revisionsverfahren fortwirkt, sodass er bei Nichtbeachtung auch das Verfahren des Revisionsgerichts fehlerhaft machen würde (vgl allgemein BSG SozR 4-1500 § 155 Nr 1 RdNr 31), weshalb seine Überprüfung dem Belieben der Beteiligten entzogen ist (vgl allgemein BSGE 99, 189 = SozR 4-1500 § 155 Nr 2, RdNr 13).

21

II. Der Bescheid der Beklagten vom 28.8.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3.2.2010 ist entgegen der Auffassung der Vorinstanzen rechtmäßig. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Gewährung eines Zuschusses zu den Aufwendungen für seine freiwillige bzw private Krankenversicherung gemäß § 106 Abs 1 SGB VI zu.

22

Auf der Grundlage der vom LSG getroffenen Tatsachenfeststellungen ist zwar nicht entscheidbar, ob die Anspruchsvoraussetzungen des § 106 Abs 1 S 1 SGB VI erfüllt sind. Gleichwohl ist eine Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht nach § 170 Abs 2 SGG entbehrlich. Denn selbst wenn die Voraussetzungen des S 1 gegeben wären, stünde dem Kläger der geltend gemachte Anspruch nicht zu. Es ist zumindest der Ausschlussgrund des § 106 Abs 1 S 2 SGB VI verwirklicht, und zwar sowohl in der ab dem 1.5.2007 als auch der davor geltenden Fassung.

23

1. Gemäß § 106 Abs 1 S 1 SGB VI erhalten Rentenbezieher, die freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung oder bei einem Krankenversicherungsunternehmen, das der deutschen Aufsicht unterliegt, versichert sind, zu ihrer Rente einen Zuschuss zu den Aufwendungen für die Krankenversicherung.

24

Zu Recht hat das LSG festgestellt, dass der Kläger zu dem berechtigten Personenkreis im Sinne der Vorschrift gehört, weil er seit dem 1.1.2001 eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezieht (Bescheid vom 31.1.2001). Hingegen ist für den erkennenden Senat nicht beurteilbar, ob es sich bei der Groupe Mutuel um ein Krankenversicherungsunternehmen iS von § 106 Abs 1 S 1 SGB VI handelt.

25

Krankenversicherungsunternehmen im Sinne der Vorschrift sind alle (deutschen oder ausländischen) Versicherungsunternehmen, die eine Krankenversicherung durchführen und nicht Träger der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung sind, mögen sie im Übrigen privat oder öffentlich-rechtlich organisiert sein (vgl BSGE 14, 116, 118 = SozR Nr 2 zu § 381 RVO; BSGE 27, 129, 130, 131 = SozR Nr 15 zu § 381 RVO; BSG SozR 2200 § 385 Nr 11 S 50 zu § 534 Abs 1 RVO und § 173a RVO; BSGE 58, 224, 225 = SozR 2600 § 239 Nr 1 zu § 239 Abs 1 S 1 RKG, § 534 RVO und § 173a Abs 1 RVO; s auch KomGRV § 106 SGB VI RdNr 4, Stand: März 2009). In dieser Definition erschöpft sich die Bedeutung des Begriffs Krankenversicherungsunternehmen. Für die Auffassung des LSG, bei ausländischen Unternehmen sei darauf abzustellen, dass diese zur Bemessung der Krankenversicherungsbeiträge die deutsche Rente nicht heranziehen, gibt der Wortlaut des § 106 Abs 1 S 1 SGB VI nichts her. Ebenso wenig sind dem Urteil des EuGH vom 6.7.2000 (aaO) Anhaltspunkte für eine solche Auslegung zu entnehmen.

26

Zwar ist offensichtlich, dass die Schweizer Groupe Mutuel nicht Träger der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung ist, und angesichts der genannten Vorgaben unschädlich, dass das Berufungsgericht keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob die Groupe Mutuel privat- oder öffentlich-rechtlich organisiert ist. Entscheidungserheblich iS des § 106 Abs 1 S 1 SGB VI, den Feststellungen des LSG aber nicht entnehmbar, ist dagegen, ob dieses Unternehmen auch eine private Krankenversicherung iS des § 106 Abs 1 S 1 SGB VI durchführt.

27

Nach den Ausführungen des Berufungsgerichts umfasst die bei der Groupe Mutuel bestehende OKPV des Klägers ambulante Arztbehandlungen, stationäre Krankenhausbehandlungen, Arznei- und Heilmittel sowie zahnärztliche Behandlungen und Zahnersatz, während die bei demselben Unternehmen bestehende freiwillige Zusatzversicherung weitere Risiken im Krankheitsfall abdeckt. Um welche Risiken es sich hierbei handelt, lässt sich dem Urteil nicht entnehmen. Nicht jede private Versicherung - gleich welchen Umfangs - ist indes zuschusspflichtig (vgl BSGE 20, 159, 161 = SozR Nr 5 zu § 381 RVO; BSG Urteil vom 2.8.1989 - 1 RA 33/88 - SozR 2200 § 1304e Nr 22 S 34 = Juris RdNr 16).

28

Zwar ist nicht erforderlich, dass die private Krankenversicherung des Rentenbeziehers eine Vollversicherung ist, die nach Art und Höhe Leistungen gewährt wie die gesetzliche Krankenversicherung bei versicherungspflichtigen Rentnern (vgl Peters in Kasseler Komm, Sozialversicherungsrecht, § 106 SGB VI RdNr 10, Stand: Dezember 2010). Im Interesse zumindest einer gewissen Vergleichbarkeit mit der ebenfalls zuschusspflichtigen freiwilligen gesetzlichen Krankenversicherung, die eine Vollversicherung ist, ist in Fortführung der zu § 1304e RVO entwickelten Rechtsprechung des BSG aber eine Krankenversicherung von nennenswerter Bedeutung zu verlangen(BSGE 50, 61 = SozR 2200 § 1304e Nr 5 in einem Auslandsfall und allgemein BSG Urteil vom 2.8.1989 - 1 RA 33/88 - SozR 2200 § 1304e Nr 22 S 34 = Juris RdNr 16). Hiervon dürfte jedenfalls dann auszugehen sein, wenn die private Versicherung einen Teilbereich der im SGB V vorgesehenen Leistungen bei Krankheit - entweder ambulante, stationäre oder zahnärztliche Behandlung, Heil- und Hilfsmittel, Arzneien, medizinische Leistungen zur Rehabilitation oder Ähnliches - abdeckt (so auch Zweng/Scherer/Buschmann/Dörr, Handbuch der Rentenversicherung, Teil II Bd 2, § 106 SGB VI RdNr 22, Stand: 01/08).

29

Sollte der Kläger bei der Groupe Mutuel eine private Krankenversicherung mit einem nicht ausreichenden Krankenversicherungsschutz unterhalten, lägen die Voraussetzungen des § 106 Abs 1 S 1 SGB VI nicht vor.

30

Anderenfalls wäre den Anforderungen der Norm genügt. Zu Recht hat das LSG hinsichtlich der weiteren Voraussetzung des § 106 Abs 1 S 1 SGB VI ausgeführt, es sei ausreichend im Sinne der Vorschrift, dass die Groupe Mutuel der schweizerischen Aufsicht untersteht.

31

Nach Art 10 Abs 1 der im Februar 2010 noch in Kraft befindlichen VO (EWG) Nr 1408/71, die im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweiz Anwendung findet (Art 8 iVm Anhang II Abschn A Nr 1 des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit vom 21.6.1999 auf die am 1.5.2004 beigetretenen Mitgliedstaaten erweitert), dürfen die Geldleistungen bei Alter, auf die nach den Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten ein Anspruch besteht, nicht deshalb gekürzt, geändert, zum Ruhen gebracht, entzogen oder beschlagnahmt werden, weil der Berechtigte im Gebiet eines anderen Mitgliedstaates als des Staates wohnt, in dessen Gebiet der zur Zahlung verpflichtete Träger seinen Sitz hat. Daher kann weder die Entstehung noch die Aufrechterhaltung des Anspruchs auf die in dieser Bestimmung genannten Leistungen allein deshalb verneint werden, weil der Betroffene nicht im Gebiet des Mitgliedstaates wohnt, in dem der zur Zahlung verpflichtete Träger seinen Sitz hat (EuGH, aaO, S 19 mwN). Zu den Geldleistungen bei Alter iS der Art 1 Buchst t und Art 10 Abs 1 VO (EWG) Nr 1408/71 zählt auch ein im Recht eines Mitgliedstaates vorgesehener Zuschuss zu den Aufwendungen zur Krankenversicherung (EuGH, aaO).

32

Unter Berücksichtigung dieser im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweiz zu berücksichtigenden Vorgaben ist ausreichend, wenn das ausländische Krankenversicherungsunternehmen, bei dem der Rentenbezieher versichert ist, der Aufsicht des Mitgliedstaates oder gleichgestellten Staates unterliegt, in dem das Krankenversicherungsunternehmen seinen Sitz hat (vgl auch Peters, aaO, § 106 SGB VI RdNr 12, Stand: Dezember 2010). Ansonsten liefe die von Art 10 Abs 1 VO (EWG) Nr 1408/71 gewährleistete Exportierbarkeit einer Geldleistung im Alter bei Rentenbeziehern, die in einem anderen Mitgliedstaat oder gleichgestellten Staat wohnen und bei einem dort ansässigen Krankenversicherungsunternehmen versichert sind, letztlich wegen ihrer Wohnsitznahme leer.

33

Sollten die Voraussetzungen des § 106 Abs 1 S 1 SGB VI vorliegen, wäre der Anspruch des Klägers jedoch gleichwohl ausgeschlossen, weil der Ausschlussgrund des § 106 Abs 1 S 2 SGB VI verwirklicht ist.

34

2.a) Gemäß § 106 Abs 1 S 2 SGB VI in der mit Wirkung vom 1.5.2007 geltenden Fassung des Art 1 Nr 33 des Gesetzes zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz) vom 20.4.2007 (BGBl I 554) erhalten Rentenbezieher den Zuschuss nicht, wenn sie gleichzeitig in einer in- oder ausländischen gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert sind.

35

aa) Die schweizerische OKPV ist eine ausländische gesetzliche Krankenversicherung, die den Kläger als Pflichtmitglied erfasst. Dies ergibt sich unter Berücksichtigung der Vorschriften des schweizerischen KVG im Vergleich mit den im vorliegenden Zusammenhang wesentlichen Merkmalen der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung.

36

Zwar ist ausländisches Recht nicht revisibel, sodass das Revisionsgericht grundsätzlich an die Feststellungen des Tatsachengerichts und dessen rechtliche Schlussfolgerungen gebunden ist (BSGE 68, 184, 187 = SozR 3-2400 § 18a Nr 2 mwN; BSGE 80, 295, 298 ff = SozR 3-4100 § 142 Nr 1; BSG SozR 4-4200 § 11 Nr 7 RdNr 25; BSGE 102, 211 = SozR 4-4300 § 142 Nr 4, RdNr 14). Dies gilt jedoch nicht, wenn das Tatsachengericht eine ausländische Rechtsnorm übersehen und in der angefochtenen Entscheidung nicht gewürdigt hat; denn dann handelt es sich nicht um die Überprüfung der Auslegung einer irrevisiblen Norm, sondern um die Anwendung des geltenden Rechts auf einen vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalt (BSGE 71, 163, 165 = SozR 3-5050 § 15 Nr 4; BSGE 100, 1 = SozR 4-3250 § 33 Nr 1, RdNr 14; BSGE 102, 211 = SozR 4-4300 § 142 Nr 4, RdNr 14; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 162 RdNr 6c). Aus diesem Grund ist der erkennende Senat zur Anwendung der Vorschriften des KVG befugt. Das LSG hat keine Norm dieses Gesetzes seiner Entscheidung zugrunde gelegt. Ebenso ist der erkennende Senat berechtigt, generelle Tatsachen - wie die Strukturen einer Krankenversicherung - selbst festzustellen (vgl hierzu Leitherer, aaO, § 163 RdNr 7 mwN).

37

(1) Die OKPV ist zunächst eine gesetzliche Krankenversicherung.

38

Sie ist eine "Versicherung" ua gegen das Risiko der "Krankheit" (Art 1a Abs 1 und Abs 2 Buchst a KVG). Sie erbringt bei Eintritt eines Versicherungsfalls Kosten für Leistungen (insbesondere Art 24, 25 und 31 KVG), an denen sich die Versicherten beteiligen müssen (Art 64 KVG). Dafür erhebt sie Beiträge (Prämien) von den Versicherten (Art 61 KVG; vgl auch Gerlinger, Das Schweizer Modell der Krankenversicherung - Zu den Auswirkungen der Reform von 1996, 2003, S 8 zu Nr 2.2). Sie ist also - ebenso wie die deutsche gesetzliche Krankenversicherung - keine Einrichtung eines staatlichen Gesundheitswesens mit Versorgungscharakter (vgl Peters, aaO, Vor § 1 SGB V RdNr 17, Stand: Juni 2007). Die OKPV ist auch eine "gesetzliche" Krankenversicherung. Sie ist - wie die deutsche gesetzliche Krankenversicherung - bis in Einzelheiten gesetzlich geregelt (vgl Peters, aaO, Vor § 1 SGB V RdNr 19). Das KVG enthält Vorschriften über die Versicherungspflicht (2. Titel, 1. Kapitel), die Organisation (2. Titel, 2. Kapitel), die Leistungen (2. Titel, 3. Kapitel), die Leistungserbringer (2. Titel, 4. Kapitel) und die Finanzierung (2. Titel, 5. Kapitel). Die OKPV ist schließlich auch eine soziale Krankenversicherung (Art 1a Abs 1 KVG).

39

(2) Die schweizerische OKPV ist zudem eine Pflichtversicherung iS des § 106 Abs 1 S 2 SGB VI.

40

Bei der Beurteilung von Ansprüchen der Auslandsrentner hat die Rechtsprechung wiederholt ua hinsichtlich der Prüfung einer gesetzlichen Pflichtversicherung den möglicherweise anders gelagerten Verhältnissen im Ausland Rechnung getragen. Insoweit wird lediglich vorausgesetzt, dass die ausländische gesetzliche Krankenversicherung wenigstens annähernd mit der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung vergleichbar ist (BSG SozR 2200 § 381 Nr 22 S 56; BSGE 47, 64, 65 = SozR 2200 § 381 Nr 30).

41

Dies trifft auf die schweizerische OKPV unter dem Gesichtspunkt der Pflichtversicherung zu.

42

Zwar beginnt die Pflichtversicherung in der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung kraft Gesetzes mit der Verwirklichung eines bestimmten Tatbestandes, während in der Schweiz Versicherungspflicht besteht, aufgrund derer sich alle Personen mit dortigem Wohnsitz versichern müssen (Art 3 Abs 1 KVG), was den Abschluss eines Versicherungsvertrages erfordert.

43

Dieser Unterschied ist allerdings unwesentlich und steht einer Bewertung der OKPV als einer mit der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung annähernd vergleichbaren Versicherung nicht entgegen.

44

Sowohl Pflichtversicherung als auch Versicherungspflicht bewirken, dass die von ihnen erfassten Personen verbindlich einer Versicherung zugeführt werden. Dass der Versicherungspflicht nach dem KVG auch tatsächlich nachgekommen wird, wird nicht dem freiwilligen Entschluss der Betroffenen überlassen, sondern durch Rechtszwang sichergestellt (Johannes W. Pichler in ders, Pflichtversicherung oder Versicherungspflicht in der Krankenversicherung, 2001, S 1, 15). Personen, die ihrer Versicherungspflicht nicht rechtzeitig nachkommen, werden von den zuständigen kantonalen Behörden einem Versicherer zugewiesen (Art 6 Abs 2 KVG). Die Versicherer müssen in ihrem örtlichen Tätigkeitsbereich jede versicherungspflichtige Person aufnehmen (Art 4 Abs 2 KVG). Dieser Kontrahierungszwang bewirkt, dass Alters-, Geschlechts-, Gesundheits- oder ethnische Selektionen ausgeschlossen sind (vgl auch Johannes W. Pichler, aaO, S 16 und Richner in Johannes W. Pichler, aaO, S 41, 53) und damit jede versicherungspflichtige Person tatsächlich einen Versicherungsschutz erhält.

45

Der Versicherungsschutz wird auch nicht dadurch vermindert, dass die OKPV von Krankenkassen, die sowohl juristische Personen des öffentlichen als auch des privaten Rechts sein können (Art 11 Buchst a iVm Art 12 Abs 1 KVG), und zudem von privaten Versicherungsunternehmen (Art 11 Buchst b KVG) betrieben wird.

46

Abgesehen davon, dass alle Versicherer die Bewilligung zur Durchführung der sozialen Krankenversicherung benötigen (Art 13 KVG) und jede versicherungspflichtige Person aufnehmen müssen (Art 4 Abs 2 KVG), können sie auch keiner versicherten Person kündigen (Richner, aaO, S 53). Solange die Versicherungspflicht dauert, müssen sie die Versicherten behalten (Art 5 Abs 3 KVG). Nur die Versicherten können den Versicherer wechseln (Art 7 Abs 1 bis 3 KVG), es sei denn, die Versicherer führen die soziale Krankenversicherung nicht mehr durch (Art 7 Abs 4 KVG). Auch in diesem Fall droht den Versicherten allerdings nicht der Verlust der Krankenversicherung. Zwar entzieht die zuständige Behörde einem Versicherer die Bewilligung zur Durchführung der sozialen Krankenversicherung, wenn er darum ersucht oder die gesetzlichen Voraussetzungen nicht mehr erfüllt (Art 13 Abs 3 S 1 KVG). Der Entzug wird aber erst dann wirksam, wenn alle Versicherten von anderen Versicherern übernommen worden sind (Art 13 Abs 3 S 2 KVG). Auch gelten bezüglich der sozialen Krankenversicherung für alle Versicherer, dh sowohl für die privaten und öffentlich-rechtlichen Krankenkassen als auch die privaten Versicherungsunternehmen, identische Grundsätze (Richner, aaO, S 54).

47

(3) Die OKPV ist schließlich nicht mit der Versicherung nach § 193 Abs 3 des deutschen VVG vergleichbar. Ebenso wie die deutsche gesetzliche Krankenversicherung ist die OKPV eine vorrangige Versicherung, die - mit geringfügigen Ausnahmen - die gesamte Wohnbevölkerung erfasst (vgl Maurer/Scartazzini/Hürzeler, Bundessozialversicherungsrecht, 3. Aufl 2009, S 284 RdNr 2). Demgegenüber stellt sich die Versicherung nach § 193 Abs 3 VVG als Auffangversicherung dar, die lediglich den Teil der Wohnbevölkerung betrifft, der keine andere Absicherung im Krankheitsfall hat(Langheid in Römer/Langheid, VVG, 4. Aufl 2014, § 193 RdNr 23); dieser Teil beläuft sich auf unter 10 %. Die Versicherungspflicht nach § 193 Abs 3 S 1 VVG gilt ua nicht für Personen, die in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert oder versicherungspflichtig sind(§ 193 Abs 3 S 2 Nr 1 VVG). Allein die gesetzliche Krankenversicherung schützt aber über 90 % der Wohnbevölkerung (Peters, aaO, § 1 SGB V RdNr 4, Stand: Juni 2007).

48

(4) Entgegen der Auffassung des LSG kann das Vorliegen einer Pflichtkrankenversicherung iS des § 106 Abs 1 S 2 SGB VI bei ausländischen Krankenversicherungen nicht davon abhängig gemacht werden, dass deren Beiträge kraft Gesetzes aus der deutschen Rente erhoben werden. Hierfür geben weder der Wortlaut der Norm noch die Pflichtversicherung im Sinne des SGB V etwas her (vgl § 5 Abs 1 SGB V).

49

Das LSG stützt seine Auslegung auf die Überlegung, dass die Beiträge für die schweizerische obligatorische Krankenversicherung unabhängig vom Einkommen nach Kopfprämien erhoben werden (Art 61 KVG), diese Beitragserhebung nicht zu § 249a SGB V "passt", nach dem die Träger der Rentenversicherung "die Hälfte der nach der Rente zu bemessenden Beiträge …" tragen, und der Kläger daher bei Qualifizierung der obligatorischen Krankenversicherung als Pflichtversicherung keinerlei Ansprüche gegen die Beklagte auf Beteiligung an seinen Aufwendungen zur Krankenversicherung habe, was gegen europäisches Recht verstoße.

50

Derartige "Ergebnisauslegungen" genügen indes nicht den anerkannten Auslegungsgrundsätzen und verbieten sich insoweit von selbst. Die vom LSG vorgenommene Interpretation des § 106 Abs 1 S 2 SGB VI unter Berücksichtigung des § 249a SGB V vermengt unzulässig die Anwendungsbereiche beider Normen und ist weder verfassungs- noch unionsrechtlich geboten.

51

§ 106 Abs 1 SGB VI einerseits und § 249a SGB V andererseits sind selbstständige Vorschriften, die für Rentenbezieher unter bestimmten Voraussetzungen zu unterschiedlichen Rechtsfolgen (Zuschuss zu den Aufwendungen für die Krankenversicherung oder anteilige hälftige Beitragstragung) hinsichtlich unterschiedlicher Versicherungen (freiwillige gesetzliche Krankenversicherung bzw private Krankenversicherung oder in- oder ausländische gesetzliche Pflichtkrankenversicherung) führen. Ihre Auslegung hat unabhängig voneinander zu erfolgen. Verfassungs- oder unionsrechtliche Zweifelsfragen bei der einen Vorschrift berühren die andere Vorschrift nicht, sondern sind vielmehr begrenzt auf die jeweilige Norm zu beurteilen.

52

Aus der Verpflichtung zur unionsrechtskonformen Auslegung des nationalen Rechts (vgl BVerfGE 75, 223, 237; Jarass in Jarass/Pieroth, GG, 12. Aufl 2012, Art 23 RdNr 27; Streinz in ders, EUV/AEUV, 2. Aufl 2012, Art 4 EUV RdNr 33, jeweils mwN) ergibt sich kein anderes Ergebnis.

53

Die unionsrechtskonforme Auslegung unterliegt den gleichen Grenzen wie die verfassungskonforme Auslegung (BAGE 105, 32, 48 f; Jarass, aaO). Diese darf einem nach Wortlaut und Sinn eindeutigen Gesetz keinen entgegengesetzten Sinn verleihen oder den normativen Gehalt der auszulegenden Norm nicht grundlegend neu bestimmen (BVerfGE 71, 81, 105; 90, 263, 275; 109, 279, 316 f). Mit diesen Grenzen zulässiger Auslegung wäre es nicht vereinbar, die eindeutig getrennten Anwendungsbereiche des § 106 Abs 1 SGB VI einerseits und des § 249a SGB V andererseits miteinander zu vermengen.

54

Eine derartige Auslegung hat auch der EuGH im Urteil vom 6.7.2000 (aaO) nicht vorgenommen. Statthafter Gegenstand einer Auslegungs- oder Gültigkeitsfrage im Vorabentscheidungsverfahren nach Art 267 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) sind Rechtssätze des Unionsrechts (vgl Ehricke in Streinz, aaO, Art 267 AEUV RdNr 13, 17). Fragen der Auslegung nationalen Rechts sind daher ausgenommen (vgl zB EuGH Urteil vom 3.10.2000 - C-58/98, Corsten - Juris RdNr 24; EuGH Urteil vom 2.6.2005 - C-136/03, Dörr und Ünal - Juris RdNr 46). Dementsprechend hat sich der EuGH in dem dem Urteil vom 6.7.2000 zugrunde liegenden Vorabentscheidungsverfahren (aaO) auch nur mit den Fragen beschäftigt, ob eine im Recht eines Mitgliedstaates vorgesehene Beteiligung eines Rentenversicherers an den Beiträgen zur Krankenversicherung eine Geldleistung bei Alter iS von Art 1 Buchst t und Art 10 Abs 1 VO (EWG) Nr 1408/71 darstellt, und ob diese Leistung unter Berücksichtigung unionsrechtlicher Bestimmungen dem in einem anderen Mitgliedstaat wohnenden und dort der Krankenversicherungspflicht unterliegenden Rentner verwehrt werden darf.

55

§ 106 Abs 1 SGB VI ist weder verfassungs- noch unionsrechtlich zu beanstanden.

56

Inländischer Prüfungsmaßstab ist insoweit Art 3 Abs 1 GG, nach dem einem Auslandsrentner ein Beitragszuschuss zuzuerkennen ist, wenn bei vergleichbarer Sachlage, die in Anknüpfung an die gesetzlichen Tatbestandsmerkmale der maßgeblichen Vorschriften zu beurteilen ist, auch einem Inlandsrentner diese Leistungen zu gewähren wären (so schon im Ergebnis BSG SozR 2200 § 381 Nr 23). Da die Pflichtmitgliedschaft eines Inlandsrentners in der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung die Gewährung eines Beitragszuschusses ausschließt, ist es nicht zu beanstanden, wenn die Pflichteinbeziehung in ein ausländisches gesetzliches Krankenschutzsystem dieselbe Wirkung hat.

57

Nichts anderes gilt unter Berücksichtigung von Unionsrecht.

58

Dem zur Auslegung unionsrechtlicher Vorschriften ergangenen Urteil des EuGH vom 6.7.2000 (aaO) liegt der Rechtsgedanke zugrunde, dass dem Auslandsrentner nichts versagt werden darf, worauf er als Inlandsrentner einen Anspruch hätte. Als Inlandsrentner und Pflichtmitglied in der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung stünde dem Kläger aber ebenfalls kein Anspruch aus § 106 Abs 1 SGB VI zu.

59

Ob auch § 249a SGB V mit verfassungs- und unionsrechtlichen Vorgaben vereinbar ist, falls eine Beteiligung der Rentenversicherungsträger nach dieser Vorschrift an den Kosten einer ausländischen Pflichtkrankenversicherung ausscheiden sollte, die wie die schweizerische obligatorische Krankenversicherung Beiträge als Kopfprämien(Art 61 KVG) erhebt, hat der Senat nicht zu entscheiden. Streitgegenstand des anhängigen Verfahrens ist allein ein Anspruch des Klägers auf Gewährung eines Zuschusses zu seiner freiwilligen bzw privaten Krankenversicherung nach § 106 Abs 1 SGB VI und nicht die anteilige Tragung seiner Beiträge zur obligatorischen Krankenversicherung nach § 249a SGB V.

60

bb) Unterhielte der Kläger eine private Krankenversicherung bei der Groupe Mutuel mit einem ausreichenden Krankenversicherungsschutz iS des § 106 Abs 1 S 1 SGB VI - nur dann wären die Anspruchsvoraussetzungen der Norm erfüllt -, wäre auch das Kriterium der Gleichzeitigkeit gegeben.

61

Der Ausschlusstatbestand des § 106 Abs 1 S 2 SGB VI ist unter dem Gesichtspunkt der Gleichzeitigkeit verwirklicht, wenn neben der privaten Krankenversicherung zeitgleich Versicherungspflicht in einer in- oder ausländischen gesetzlichen Krankenversicherung besteht(vgl Peters, aaO, § 106 SGB VI RdNr 13, Stand: Dezember 2010). Der Kläger unterliegt aufgrund seiner Wohnsitznahme in der Schweiz der Versicherungspflicht in der OKPV und wäre zeitgleich bei demselben Krankenversicherungsträger freiwillig krankenzusatzversichert.

62

2.b) Auch vor Inkrafttreten der Neufassung des § 106 Abs 1 S 2 SGB VI zum 1.5.2007 hat dem Kläger kein Anspruch auf einen Beitragszuschuss nach § 106 Abs 1 S 1 SGB VI zugestanden.

63

Gemäß § 106 Abs 1 S 2 SGB VI in der bis 30.4.2007 geltenden Bekanntmachung der Neufassung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch vom 19.2.2002 (BGBl I 754 - nachfolgend alter Fassung ) war ein Anspruch nach S 1 ausgeschlossen, wenn Rentenbezieher gleichzeitig in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert waren.

64

Nach der Rechtsprechung des BSG zur früheren Gesetzeslage (vgl zB BSG SozR 2200 § 381 Nr 16; Nr 22 S 55; BSGE 47, 64, 65 = SozR 2200 § 381 Nr 30; s auch BT-Drucks 16/3794, S 37 zu Nr 33) ist einem Auslandsrentner, der die Voraussetzungen für die Gewährung des Beitragszuschusses erfüllt, dieser jedoch gleichwohl zu versagen, wenn er von einer ausländischen gesetzlichen Krankenversicherung als Pflichtmitglied erfasst wird, soweit diese wenigstens annähernd mit der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung vergleichbar ist, was bejaht wurde, wenn sich das ausländische Versicherungssystem im Kern als Vollversicherung darstellt, dh mindestens die stationäre als auch ambulante Behandlung umfasst (BSGE 35, 15 = SozR Nr 32 zu § 381 RVO; BSGE 47, 64, 66 = SozR 2200 § 381 Nr 30). Diese Folge ist aus dem Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG abzuleiten. Ein Auslandsrentner soll einen Beitragszuschuss nur erhalten können, wenn bei vergleichbarer Sachlage auch einem Inlandsrentner diese Leistung zu gewähren wäre. Da die Pflichtmitgliedschaft eines Inlandsrentners in der gesetzlichen Krankenversicherung die Gewährung des Beitragszuschusses ausschließt, muss die Einbeziehung in ein ausländisches gesetzliches Krankenschutzsystem dieselbe Wirkung haben. Insoweit zieht der Gleichheitsgrundsatz dem an sich nach dem Gesetzeswortlaut gegebenen Anspruch eine Grenze (BSGE 47, 64, 65 = SozR 2200 § 381 Nr 30).

65

Die schweizerische OKPV stellt nicht nur eine ausländische gesetzliche Krankenversicherung dar, die den Kläger als Pflichtmitglied erfasst (vgl A.II.2.aa)). Sie ist darüber hinaus auch inhaltlich mit der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung annähernd vergleichbar, weil sie sich ebenfalls als Vollversicherung darstellt.

66

Sie übernimmt die Kosten für die Leistungen, die der Diagnose oder Behandlung einer Krankheit und ihrer Folgen dienen (Art 25 Abs 1 KVG). Diese Leistungen umfassen die Untersuchungen und Behandlungen, die ambulant, stationär oder in einem Pflegeheim sowie die Pflegeleistungen, die in einem Spital von Ärzten/Ärztinnen, Chiropraktoren/Chiropraktorinnen oder von Personen durchgeführt werden, die auf Anordnung oder im Auftrag dieser Leistungserbringer Leistungen erbringen (Art 25 Abs 2 Buchst a KVG). Ferner gehören zum Leistungskatalog insbesondere die ärztlich verordneten Analysen, Arzneimittel und die der Untersuchung oder Behandlung dienenden Mittel und Gegenstände (Art 25 Abs 2 Buchst b KVG), ein Beitrag zu den Kosten von ärztlich angeordneten Badekuren (Art 25 Abs 2 Buchst c KVG), die ärztlich durchgeführten oder angeordneten Maßnahmen der medizinischen Rehabilitation (Art 25 Abs 2 Buchst d KVG) sowie der Aufenthalt im Spital entsprechend dem Standard der allgemeinen Abteilung (Art 25 Abs 2 Buchst e KVG). Kosten für zahnärztliche Behandlungen werden (nur) unter engen Voraussetzungen übernommen (Art 31 KVG).

67

Der Qualifizierung der OKPV als Vollversicherung steht nicht entgegen, dass der Versicherte an den Kosten beteiligt wird (Art 64 KVG); auch die deutsche gesetzliche Krankenversicherung kennt eine Kostenbeteiligung der Versicherten etwa in Form von Zuzahlungen (§ 61 SGB V). Auch ist unerheblich, dass die Leistungen der OKPV nicht als Naturalleistung, sondern in Form der Kostenerstattung erbracht (Art 24 KVG; BSGE 47, 64, 65 = SozR 2200 § 381 Nr 30) und die Kosten der Zahnbehandlung nur begrenzt erstattet werden (vgl BSGE 47, 64, 66 = SozR 2200 § 381 Nr 30).

68

3. Da der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung eines Zuschusses nach § 106 Abs 1 SGB VI aF hat, kann ihm dieser auch nicht im Wege des Herstellungsanspruchs zuerkannt werden. Dieses Rechtsinstitut findet seine Rechtfertigung im Rechtsstaatsprinzip, und zwar in dessen Ausprägung als Gebot der Herstellung von materieller Gerechtigkeit iVm denjenigen Regelungen des geschriebenen Rechts, in denen dieses Gebot - konkretisierend - umgesetzt werden soll (Seewald in Kasseler Komm, Sozialversicherungsrecht, Vor §§ 38 bis 47 SGB I RdNr 124, Stand: Juni 2012). Damit kann im Wege des Herstellungsanspruchs keine Vergünstigung erwirkt werden, die dem Betroffenen nach geltendem Recht nicht zusteht.

69

4. Schließlich kann der Kläger zu seinen Gunsten auch nichts aus Art 3 Abs 1 GG iVm einer möglicherweise anderen gleichmäßigen Verwaltungspraxis der Beklagten herleiten.

70

Nach den Ausführungen der Beklagten in der Revisionsbegründung scheint diese unter Geltung der bis zum 30.4.2007 geltenden Fassung des § 106 Abs 1 SGB VI Beziehern einer Rente aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung mit Wohnsitz in der Schweiz bei Abschluss einer zusätzlichen privaten Krankenversicherung und rechtzeitigem Antrag einen Beitragszuschuss nach dieser Norm gewährt zu haben. Ob eine derartige Verwaltungspraxis der Beklagten bestanden hat, bedarf indes keiner Aufklärung. Selbst wenn dies der Fall wäre, könnte der Kläger hieraus keine Rechtsvorteile ableiten. Aus den oben dargelegten Gründen hat einem Auslandsrentner, der seinen Wohnsitz in der Schweiz hat und in der OKPV versichert ist, kein Anspruch auf Gewährung eines Zuschusses nach § 106 Abs 1 SGB VI aF zugestanden, sodass eine entsprechende Gewährung rechtswidrig gewesen ist. Auf eine Gleichheit im Unrecht kann sich niemand berufen (BVerfGE 50, 142, 166; BVerfG NVwZ 1994, 475, 476; BVerwGE 34, 278, 283; 92, 153, 154 f, 157).

71

Mangels Bestehens eines Anspruchs auf Gewährung eines Beitragszuschusses nach § 106 Abs 1 SGB VI kommt ein Zinsanspruch nicht in Betracht.

72

B. Der Senat kann in der Sache entscheiden, obwohl der Kläger im Revisionsverfahren nicht vertreten ist, sodass er sich nicht äußern kann. Einer Entscheidung steht der Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs iS von § 62 SGG, Art 103 Abs 1 GG nicht entgegen.

73

Eine Versagung rechtlichen Gehörs liegt nicht vor, weil der Kläger nicht von den ihm im Verfahrensrecht eröffneten Möglichkeiten Gebrauch gemacht hat, sich rechtliches Gehör zu verschaffen (stRspr BSG Beschluss vom 25.11.2008 - B 5 R 308/08 B - Juris RdNr 7; BVerwG Beschluss vom 31.8.1988 - 4 B 153/88 - Juris RdNr 10, mwN).

74

Sollte der Kläger bedürftig sein, hätte er einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragen können, um sich rechtliches Gehör zu verschaffen. Da die Beklagte das Rechtsmittel der Revision eingelegt hat, hätte diesem Antrag ohne Prüfung der Erfolgsaussichten der Rechtsverteidigung (§ 73a Abs 1 S 1 SGG iVm § 119 Abs 1 S 2 ZPO) stattgegeben werden müssen. Ist der Kläger nicht bedürftig im Sinne des Gesetzes, wäre es seine prozessuale Obliegenheit gewesen, zur Ermöglichung der Teilnahme am Revisionsverfahren einen Rechtsanwalt mit der Vertretung seiner Interessen auf eigene Kosten zu beauftragen.

75

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und 4 SGG.

Tatbestand

1

Streitig ist die Verpflichtung der Beklagten, eine Satzungsänderung zu genehmigen.

2

Die Klägerin, eine bundesweit tätige geschlossene Betriebskrankenkasse, regelt in § 8a ihrer genehmigten Satzung die "Wahltarif Prämienzahlung". Nach § 8a Abs 1 der Satzung erhalten Mitglieder, die im abgelaufenen Kalenderjahr länger als drei Monate bei der Klägerin versichert waren, eine Prämienzahlung, wenn sie und ihre nach § 10 SGB V versicherten Angehörigen in diesem Kalenderjahr keine Leistungen zu Lasten der Klägerin in Anspruch genommen haben. § 8a Abs 2 der Satzung sieht vor, in welchen Fällen die Inanspruchnahme von - im Einzelnen näher aufgeführten Leistungen - für die Prämienzahlung unschädlich ist. Der Verwaltungsrat der Klägerin beschloss am 31.5.2007 als 24. Nachtrag zur Satzung vom 26.4.2001 folgenden § 8a Abs 3:

"Die Inanspruchnahme folgender Leistungen wird wie folgt auf die Prämienzahlung angerechnet: Ärztliche oder zahnärztliche Behandlung mit einer Verordnung von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln im Kalenderjahr mindert die Prämienzahlung nach Absatz IV um 40 Euro, zwei entsprechende Verordnungen im Kalenderjahr mindern die Prämie um 80 Euro. Jede weitere Verordnung schließt eine Prämienzahlung aus."
3

Das Bundesversicherungsamt (BVA) der beklagten Bundesrepublik Deutschland lehnte es als zuständige Aufsichtsbehörde ab, den 24. Nachtrag zur Satzung mit der beabsichtigten Einfügung von § 8a Abs 3 in die Satzung der Klägerin zu genehmigen, da dies mit der gesetzlichen Regelung in § 53 Abs 2 und Abs 9 SGB V nicht im Einklang stehe(Bescheid vom 25.9.2007).

4

Das SG hat die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides verpflichtet, über die Genehmigung des 24. Satzungsnachtrags unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden (Urteil vom 6.8.2008). Das LSG hat auf die Berufung der Beklagten das SG-Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen, weil die Satzungsänderung gegen § 53 SGB V verstoße(Urteil vom 15.6.2009).

5

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung des § 53 SGB V. § 53 Abs 2 SGB V räume Krankenkassen (KKn) im Zusammenspiel mit § 53 Abs 1 SGB V unter Berücksichtigung des Regelungszwecks bei Wahltarifen große satzungsrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten ein. KKn dürften satzungsrechtlich auf Fälle der Teilinanspruchnahme von Leistungen durch Versicherte flexibel reagieren und Prämienzahlungen entsprechend mindern, wie es auch die beschlossene Satzungsänderung des § 8a Abs 3 vorsehe. Die zuständige Landesaufsichtsbehörde habe der AOK Baden-Württemberg, die mit ihr (der Klägerin) in Wettbewerb um Versicherte stehe, einen entsprechenden Selbstbehalttarif genehmigt.

6

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 15. Juni 2009 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 6. August 2008 zurückzuweisen.

7

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

8

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision der klagenden Betriebskrankenkasse ist nicht begründet. Zu Recht hat das LSG auf die Berufung der beklagten Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das BVA, das SG-Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Denn die Beklagte hat es rechtmäßig abgelehnt, die von der Klägerin beschlossene Satzungsänderung zu genehmigen.

10

1. Der Senat kann offenlassen, ob es sich bei der Klage um eine kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 SGG) oder um eine Aufsichtsklage (§ 54 Abs 3 SGG) handelt. Auch mit der Aufsichtsklage kann die Vornahme einer begünstigenden Aufsichtsanordnung begehrt werden, nämlich die Erteilung einer beantragten Satzungsgenehmigung, wenn die Aufsichtsbehörde dies abgelehnt hat und der Versicherungsträger geltend macht, dass er auf die Vornahme dieses Akts einen Rechtsanspruch habe (vgl BSGE 69, 72, 73 = SozR 3-2500 § 241 Nr 1 S 2 mwN; BSGE 99, 95 = SozR 4-2500 § 44 Nr 13, RdNr 11 mwN). So liegt es hier. Es ist insoweit unschädlich, dass die Klägerin sich mit ihrem Teilerfolg vor dem SG im Sinne eines Bescheidungsurteils begnügt hat, da sie das SG-Urteil nicht mit Rechtsmitteln angegriffen hat. Dies hat nur zur Folge, dass ein Erfolg ihrer Revision lediglich zur Zurückweisung der Berufung der Beklagten gegen das SG-Urteil führen könnte.

11

2. Nach § 195 Abs 1 SGB V bedarf die Satzung einer KK der Genehmigung der Aufsichtsbehörde. Dies gilt auch für Satzungsänderungen. Ist eine verfahrensmäßig ordnungsgemäß zustande gekommene Satzungsänderung mit höherrangigem Recht vereinbar, besteht nach § 195 Abs 1 SGB V ein Anspruch auf die Genehmigung(vgl sinngemäß BSGE 70, 149, 150 = SozR 3-2500 § 240 Nr 8 S 24 f; BSGE 89, 227, 230 f = SozR 3-2500 § 194 Nr 1 S 4 f mwN; BSGE 99, 95 = SozR 4-2500 § 44 Nr 13, RdNr 12 mwN). Eine solche Genehmigung ist im Verhältnis zum Versicherungsträger ein Verwaltungsakt (vgl zB BSG SozR 3-2200 § 700 Nr 1 S 2 f). Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erteilung der begehrten Genehmigung, da die von ihr beschlossene Satzungsänderung mit § 53 Abs 2 SGB V unvereinbar ist.

12

a) Maßgeblich für die Vereinbarkeit der unstreitig und im Einklang mit dem Akteninhalt ordnungsgemäß zustande gekommenen Satzungsänderung mit höherrangigem Recht ist - soweit hier von Interesse - § 53 SGB V idF durch Art 1 Nr 33 GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz(GKV-WSG vom 26.3.2007, BGBl I 378). Die späteren Gesetzesänderungen betreffen lediglich den vorliegend nicht einschlägigen § 53 Abs 6 SGB V(Änderung durch Art 15 Nr 4 Gesetz vom 17.7.2009, BGBl I 1990). Es ist nämlich auf die Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat abzustellen, denn dieser Zeitpunkt ist sowohl für den Anspruch auf Erteilung der begehrten Genehmigung bei einer kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage als auch bei einer Aufsichtsklage maßgeblich, soweit sie - wie hier - auf eine Verpflichtung gerichtet ist (vgl BSGE 99, 95 = SozR 4-2500 § 44 Nr 13, RdNr 15 mwN).

13

b) Die Genehmigung von § 8a Abs 3 der Satzung ist an § 53 Abs 2 SGB V zu messen, der Rechtsgrundlage für Satzungsbestimmungen, die eine Prämienzahlung bei Nichtinanspruchnahme von Leistungen vorsehen. Andere Rechtsgrundlagen kommen von vornherein nicht in Betracht. Rechtssystematisch gesehen sind in § 53 SGB V Grundlagen für Satzungsbestimmungen geregelt, die einerseits - wie hier - zu Prämienzahlungen an Versicherte ermächtigen(§ 53 Abs 1, 2, 3 und 7 SGB V), andererseits weitere Zahlungen der Versicherten über die Beitragszahlungen hinaus bei zusätzlichen Leistungen vorsehen (§ 53 Abs 4 und 6 SGB V; zum System vgl Schlegel in: jurisPK-SGB V, 2007, § 53 RdNr 8). Prämienzahlungen an Versicherte können die Satzungen der KKn anordnen, wenn Mitglieder jeweils für ein Kalenderjahr einen Teil der von der KK zu tragenden Kosten übernehmen (Selbstbehalt; § 53 Abs 1 SGB V), Versicherte an besondere Versorgungsformen teilnehmen (§ 53 Abs 3 SGB V) oder wenn die Satzung für bestimmte Mitgliedergruppen den Umfang der Leistungen beschränkt (§ 53 Abs 7 SGB V). Um all diese Fälle geht es vorliegend indes nicht.

14

Vielmehr betrifft § 8a Abs 1 der Satzung der Klägerin Prämienzahlungen für Mitglieder, wenn sie und ihre nach § 10 SGB V mitversicherten Angehörigen in einem Kalenderjahr, in dem sie länger als drei Monate versichert waren, Leistungen zu Lasten der KK nicht in Anspruch genommen haben. Hierzu ermächtigt § 53 Abs 2 Satz 1 SGB V. § 53 Abs 2 Satz 3 SGB V sieht insoweit vor, dass die im 3. und 4. Abschnitt genannten Leistungen mit Ausnahme der Leistungen nach § 23 Abs 2 SGB V und den §§ 24 bis 24b SGB V sowie Leistungen für Versicherte, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, unberücksichtigt bleiben. Diese gesetzliche Regelung schließt es nach ihrem Wortlaut, Regelungssystem, ihrer Entstehungsgeschichte und ihrem Regelungszweck aus, den beschlossenen § 8a Abs 3 der Satzung der Klägerin zu genehmigen, da er - abweichend vom gesetzlichen Rahmen - Teilprämienzahlungen bei teilweiser Inanspruchnahme relevanter Leistungen zulässt.

15

c) Entgegen der Ansicht der Klägerin bestimmt § 53 Abs 2 SGB V abschließend, dass nur die völlige ganzjährige Nichtinanspruchnahme einschlägiger Leistungen zu Prämienzahlungen berechtigt: Es gilt das "Alles oder Nichts-Prinzip". Die Norm regelt als Grundsatz, dass die Nichtinanspruchnahme von Leistungen zu Prämienzahlungen berechtigt (§ 53 Abs 2 Satz 1 SGB V). Sie legt zudem im Einzelnen die Ausnahmen fest, deren Inanspruchnahme hierbei "unberücksichtigt" zu bleiben haben (§ 53 Abs 2 Satz 3 SGB V). Dagegen lässt es § 53 Abs 2 SGB V nicht zu, für den Fall der teilweisen Inanspruchnahme von relevanten Leistungen Prämienzahlungen zu staffeln, wie es § 8a Abs 3 der von der Klägerin beschlossenen Satzung anordnet. Bei den nach § 53 Abs 2 Satz 3 SGB V nicht zu berücksichtigenden Leistungen spielt es vielmehr keine Rolle, in welchem Umfang sie in Anspruch genommen werden. Selbst wenn die in § 8a Abs 3 der Satzung aufgeführten Leistungen dem Ausnahmekatalog des § 53 Abs 2 Satz 3 SGB V unterfielen, was nicht der Fall ist (vgl sogleich), wäre die Satzungsregelung nicht gesetzeskonform.

16

d) Die in der Satzungsbestimmung aufgeführten Leistungen - ärztliche oder zahnärztliche Behandlung mit einer Verordnung von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln - unterfallen überhaupt nicht dem Regelungsgegenstand des § 53 Abs 2 Satz 3 SGB V. Zu den dort genannten Leistungen gehören solche zur Prävention und Selbsthilfe (§ 20 SGB V), zur Verhütung von Zahnerkrankungen (§§ 21, 22 SGB V), ambulante medizinische Vorsorgeleistungen am Wohnort und stationäre Vorsorgeleistungen (§ 23 Abs 1 und Abs 4 SGB V) sowie Leistungen zur Früherkennung von Krankheiten (§§ 25, 26 SGB V). Es spricht viel dafür, insoweit auch die zahnärztlichen Untersuchungen nach § 55 Abs 1 Satz 4 Nr 2 SGB V und die Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft nach §§ 195 bis 200b RVO einzubeziehen(vgl zutreffend zB Knispel in: Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Band II, Stand Oktober 2009, § 53 SGB V RdNr 101, 102 mwN). Weder die Inanspruchnahme ambulanter ärztlicher oder zahnärztlicher Behandlung noch die Kombination der Inanspruchnahme einer solchen Behandlung mit einer Verordnung von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln zählt demgegenüber zu den Leistungen, die nach § 53 Abs 2 Satz 3 SGB V unberücksichtigt bleiben. Denn der Ausnahmebereich erfasst nur solche Leistungen, deren Inanspruchnahme der Gesetzgeber wegen ihrer präventiven, vorsorgenden Ausrichtung, dem Bezugspunkt der Schwanger- und Mutterschaft oder aus Gründen des Minderjährigenschutzes gesichert sehen will. Die Inanspruchnahme regulärer Leistungen außerhalb dieses Schutzbereichs vermag sich demgegenüber auf keinen inneren, rechtfertigenden Grund zu stützen, um dennoch Prämienzahlungen zu rechtfertigen.

17

e) Dem entspricht die Entstehungsgeschichte der Regelung: Erstmalig führte § 65 SGB V idF durch das Gesundheitsreformgesetz(Art 1 GRG vom 20.12.1988, BGBl I 2477) im Rahmen von Erprobungsregelungen eine Ermächtigung zu Beitragsrückzahlungen durch Satzungsregelung ein, um für die Versicherten Anreize zu einem wirtschaftlichen Verhalten bei der Inanspruchnahme von Leistungen zu schaffen (Gesetzentwurf der Fraktionen CDU/CSU und FDP eines GRG, BT-Drucks 11/2237 S 189, linke Spalte zu § 73 des Entwurfs - Beitragsrückzahlung). Die Regelung im GRG sah in § 65 Abs 2 Satz 3 SGB V auch eine Teilbeitragserstattung vor: Wenn die Kosten der in Anspruch genommenen Leistungen weniger als den gesetzlich festgelegten Erstattungsbetrag - ein Zwölftel des Jahresbeitrags des Mitglieds - betrugen, sollte der Unterschiedsbetrag zurückgezahlt werden. Eine solche Teilerstattungsregelung haben spätere Gesetzesfassungen bewusst nicht übernommen und fortgeführt.

18

Schon damals umriss § 65 Abs 2 Satz 4 SGB V idF des GRG einen Katalog von Leistungen, die für die "Inanspruchnahme von Leistungen" unberücksichtigt bleiben sollten. Nach den Gesetzesmaterialien sollten nämlich die neuen Leistungen "Gesundheitsförderung und Prävention, Früherkennungsmaßnahmen nach dem 3. und 4. Abschnitt sowie Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft und für Kinder" für einen Rückzahlungsanspruch unschädlich sein, da die Regelung anderenfalls präventions- bzw familienfeindlich wirken würde (BT-Drucks 11/2237 S 189 linke Spalte zu § 73 zu Abs 2, 2. Absatz).

19

Diesen Ausnahmekatalog übernahm der Gesetzgeber auch bei den Änderungen in der Folgezeit und erweiterte ihn nicht etwa um ambulante ärztliche oder zahnärztliche Behandlungen. Im Gegenteil war ihm klar, dass die Inanspruchnahme von diesen ambulanten Behandlungen eigens eine Datenübermittlung erforderte, um sie erfassen zu können (vgl ebenda den Hinweis auf die Regelung in § 307 SGB V des Gesetzentwurfs). Das GRG regelte deshalb ursprünglich die hierfür erforderliche Datenübermittlung in § 299 SGB V. Wegen der Streichung der Regelung über die Erprobung der Beitragsrückzahlung wurde § 299 SGB V mit Wirkung vom 1.1.2000 aufgehoben (Art 1 Nr 77 GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000 vom 22.12.1999, BGBl I 2626). Nach Wiedereinführung der Beitragserstattung durch § 54 SGB V idF durch Art 1 Nr 35 GKV-Modernisierungsgesetz(GMG vom 14.11.2003, BGBl I 2190 = aF) wurde die erforderliche Datenerhebung in den allgemeinen Vorschriften geregelt (vgl zB für die KK § 284 Abs 1 Nr 4 SGB V idF durch Art 1 Nr 159a GMG).

20

Der heute geltende § 53 Abs 2 SGB V knüpft an § 54 SGB V aF an. Die aktuelle Norm wurde lediglich für Pflichtversicherte geöffnet und redaktionell wegen der Einführung des Gesundheitsfonds an das neue Finanzierungssystem durch das GKV-WSG angepasst (vgl Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD eines GKV-WSG, BT-Drucks 16/3100 S 108 rechte Spalte zu Nr 33 zu Abs 2). Auch § 54 SGB V aF nahm - als erstattungsunschädliche Fälle - reguläre Leistungen für über 18-jährige Versicherte nicht aus(vgl hierzu Gesetzentwurf der Fraktion der SPD, CDU/CSU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eines GMG, BT-Drucks 15/1525 S 91 rechte Spalte zu Nr 35 zu § 54). Rechtlich ist es insoweit ohne Belang, dass es bei der Abgeltung von ambulanten ärztlichen oder zahnärztlichen Leistungen durch ein Pauschalsystem schwierig zu ermitteln sein kann, welcher Versicherte im Einzelfall Leistungen in Anspruch genommen hat. § 53 Abs 2 SGB V lässt es insoweit nicht zu, Versicherte bei Inanspruchnahme regulärer Leistungen hinsichtlich der Nichtinanspruchnahmeprämien ungleich zu behandeln.

21

f) Auch der Regelungszweck gibt nichts dafür her, § 53 Abs 2 SGB V als Rechtsgrundlage für Satzungsbestimmungen zu sehen, die bei eingeschränkter Inanspruchnahme von Leistungen der GKV begrenzte Prämienzahlungen zulassen. Wie schon die Vorgängerregelung § 54 SGB V aF zielt § 53 Abs 2 SGB V darauf ab, satzungsrechtliche Anreizmechanismen für die völlige Nichtinanspruchnahme relevanter Leistungen zuzulassen, um Versicherte auf diesem Weg zu kostenbewusstem, wirtschaftlichem Verhalten zu bewegen(vgl zB Schlegel in: jurisPK-SGB V, 2007, § 53 RdNr 20 mwN). Eine Prämierung bloßer Teilinanspruchnahme wie in § 65 Abs 2 Satz 3 SGB V idF durch das GRG sieht § 53 Abs 2 SGB V gerade nicht vor.

22

3. Die Klägerin kann auch nichts daraus für sich herleiten, dass sie sich mit der AOK Baden-Württemberg in unmittelbarem Wettbewerb sieht und eine Gleichbehandlung hinsichtlich der Genehmigungspraxis von Satzungen einfordert. Schon im Ansatz kann die Klägerin aus den europarechtlichen Wettbewerbsregeln für Unternehmen (Art 101 ff Vertrag über die Arbeitsweise der europäischen Union, in der durch den Vertrag von Lissabon geänderten Fassung vom 13.12.2007, ABl C 306 S 1, berichtigt ABl 2008 C 111 S 56 und ABl 2009 C 290 S 1, in Kraft getreten am 1.12.2009, siehe Gesetz vom 8.10.2008 BGBl II 1038) für sich nichts beanspruchen. Denn die KKn sind keine Unternehmen im Sinne des europäischen Wettbewerbsrechts.

23

a) Zwar umfasst der Begriff des Unternehmens im Rahmen des europäischen Wettbewerbsrechts nach ständiger Rechtsprechung des EuGH jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einheit, unabhängig von ihrer Rechtsform und der Art ihrer Finanzierung (vgl zB EuGH, Urteile vom 23.4.1991, Höfner und Elser, C-41/90, EuGHE I 1991, 1979 RdNr 21 = SozR 3-6030 Art 86 Nr 1 und vom 11.12.2007, ETI ua, C-280/06, EuGHE I 2007, 10893 RdNr 38). Die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit ist aber zu verneinen, wenn der Träger eine Aufgabe mit ausschließlich sozialem Charakter erfüllt. KKn als öffentlich-rechtliche Träger in Systemen der sozialen Sicherheit, die durch fehlendes Gewinnstreben, die Verfolgung eines sozialen Ziels und die Anwendung des Solidaritätsgedankens geprägt sind, unterscheiden sich durch diese Merkmale von privaten Versicherungsträgern. Sie sind dazu bestimmt, auf der Grundlage der Solidarität besondere Aufgaben wahrzunehmen, die nur von öffentlich-rechtlichen Einrichtungen wahrgenommen werden können. KKn wirken so als öffentlich-rechtliche Körperschaften an der Verwaltung des deutschen Systems der sozialen Sicherheit mit, das staatlicher Aufsicht unterliegt, und nehmen insoweit eine soziale Aufgabe wahr, die ohne Gewinnerzielungsabsicht ausgeübt wird (vgl EuGH, Urteil vom 16.3.2004, AOK Bundesverband ua, C-264/01, C-306/01, C-354/01, C-355/01, EuGHE I 2004, 2493 = SozR 4-6035 Art 81 Nr 1 RdNr 51 ff; BSG SozR 4-2400 § 80 Nr 1 RdNr 40 mwN; vgl entsprechend auch zu den deutschen Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung EuGH, Urteil vom 5.3.2009, C-350/07, Kattner Stahlbau GmbH, NJW 2009, 1325).

24

Die Ergebnisse der Rechtsprechung des EuGH zu den deutschen KKn aus dem Jahr 2004 sind durch die seitdem ergangenen Gesetzesänderungen des SGB V im Ergebnis nicht geändert worden. KKn sind auch heute noch - unverändert gegenüber dem Rechtszustand 2004 - gesetzlich verpflichtet, ihren Mitgliedern im Wesentlichen gleiche Pflichtleistungen anzubieten, die unabhängig von der Beitragshöhe sind. Sie haben außerhalb der geringfügigen Bandbreite der Wahltarife keine Möglichkeit, auf diese Leistungen Einfluss zu nehmen. Sie sind weiterhin zu einer kassenübergreifenden Solidargemeinschaft zusammengeschlossen, die es ihnen ermöglicht, untereinander einen Kosten- und Risikoausgleich vorzunehmen. So erfolgt nach den §§ 265 ff SGB V ein Ausgleich zwischen den KKn mit den niedrigsten Gesundheitsausgaben und den KKn, die kostenträchtige Risiken versichern und deren Ausgaben im Zusammenhang mit diesen Risiken am höchsten sind. Die KKn konkurrieren weder miteinander noch mit den privaten Einrichtungen hinsichtlich der Erbringung der im Bereich der Behandlung oder der Arzneimittel gesetzlich vorgeschriebenen Leistungen, die ihre Hauptaufgabe darstellt. Im Gegenteil arbeiten die KKn und ihre Verbände im Interesse der Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit der GKV sowohl innerhalb einer Kassenart als auch kassenartenübergreifend aufgrund gesetzlicher Verpflichtung miteinander und mit allen anderen Einrichtungen des Gesundheitswesens eng zusammen (§ 4 Abs 3 SGB V).

25

Der Spielraum, über den die KKn verfügen, um ihre Wahltarife festzulegen und untereinander einen gewissen Wettbewerb um Mitglieder auszulösen, führt nicht zu einer anderen Bewertung. So ist die Einführung der Wahltarife nach § 53 SGB V im Zusammenhang mit der Abschaffung unterschiedlicher Beitragssätze in der GKV durch das GKV-WSG zu sehen, die ab 2009 zu einem bundeseinheitlichen Beitragssatz für alle KKn geführt hat und kassenindividuell nur noch die Erhebung eines Zusatzbeitrags in Höhe von maximal 1 vH der Bemessungsgrundlage zulässt(vgl § 242 SGB V in der ab 1.1.2009 geltenden Fassung und hierzu Schlegel in: jurisPK-SGB V, 2007, § 53 RdNr 11 ff mwN). Dem damit einhergehenden Abbau von Gestaltungsräumen der KKn hat der Gesetzgeber zur Effizienzsteigerung neue Versorgungsformen und Wahltarife flankierend an die Seite gestellt, um auch weiterhin im Rahmen eines eingeschränkten Wettbewerbs das Funktionieren des Gesamtsystems so effizient und kostengünstig wie möglich zu gestalten. Vor diesem Hintergrund ändert die Möglichkeit, in einem engen gesetzlichen Rahmen Wahltarife vorzusehen, an der sozialen Natur der Tätigkeit der KKn nichts (vgl EuGHE I 2004, 2493 = SozR 4-6035 Art 81 Nr 1 RdNr 56; Knispel in: Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Band II, Stand Oktober 2009, § 53 SGB V RdNr 32 f mwN).

26

b) Eine Ungleichbehandlung einzelner KKn bei der aufsichtsbehördlichen Genehmigungspraxis von Wahltarifen kann im Übrigen rechtlich nicht dazu führen, einen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht zu begründen (vgl allgemein zB BVerfGE 50, 142, 166; BSG, Beschluss vom 18.7.2006 - B 1 KR 62/06 B - RdNr 6 mwN; BSGE 76, 40, 42 = SozR 3-2500 § 30 Nr 5 S 14; BSGE 69, 170, 178 = SozR 3-2200 § 321 Nr 1 S 10 mwN). Die Aufsichtsbehörden werden vielmehr regelmäßig im Anschluss an ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung ihre Genehmigungspraxis überprüfen. Gezielte Verstöße gegen das Gebot zur Rücksichtnahme auf die Belange der anderen Krankenversicherungsträger können darüber hinaus Unterlassungsansprüche nach sich ziehen (vgl BSGE 82, 78, 80 = SozR 3-2500 § 4 Nr 1 S 4 mwN).

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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbs 3 SGG iVm § 154 Abs 1 VwGO. Die Entscheidung über den Streitwert stützt sich unter Berücksichtigung der bundesweiten Bedeutung der Sache auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbs 1 iVm § 52 Abs 1, § 63 Abs 2 Satz 1 GKG.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.