Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 21. Jan. 2015 - L 5 U 59/11

published on 21/01/2015 00:00
Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 21. Jan. 2015 - L 5 U 59/11
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Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Rostock vom 1. April 2011 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind für beide Rechtszüge nicht zu erstatten.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

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Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger beim Schulsport am 27. Januar 2005 eine traumatische Patellaluxation erlitten hat, die zu einem Gelenkkapsel- bzw. Schleimhauteinriss in seinem linken Kniegelenk führte.

2

Bei dem 1989 geborenen Kläger trat während des Volleyballspiels im Rahmen des Schulsportunterrichts am 27. Januar 2005 eine Verrenkung (Luxation) der linken Kniescheibe nach außen auf, die notärztlich noch in der Sporthalle manuell problemlos reluxiert wurde. Am 28. Januar 2005 erfolgte im Krankenhaus G. eine Gelenkspiegelung, bei der nach Trennung der außenseitigen Aufhängung des Reservestreckapperates der Riss der Gelenkkapsel genäht wurde. Bei der Aufnahme im Krankenhaus war das Knie des Klägers geschwollen und die Bewegung eingeschränkt, es bestanden keine Schmerzen. Dr. G. diagnostizierte in seinem Durchgangsarztbericht vom 28. Januar 2005 beim Kläger eine laterale Patellaluxation links. Nach Angaben des Klägers habe es sich um das erste Ereignis dieser Art gehandelt. Röntgenologisch ergab sich kein Anhalt für eine knöcherne Läsion im linken Kniegelenk. Die ambulante Behandlung schloss der D- Arzt am 11. April 2005 ab.

3

In der schulischen Unfallanzeige wurde angegeben, dass der Kläger während des Volleyballspiels rückwärts gelaufen sei, um den Ball zu bekommen. Dabei sei er gegen die Netzstange geprallt und habe sich das Bein so unglücklich verdreht, dass die Kniescheibe herausgerutscht sei. Im von den Eltern des Klägers ausgefüllten Fragebogen hieß es unter dem 24. Februar 2005, dass der Kläger beim Volleyballspiel in einer Rückwärtsbewegung mit dem linken Knie gegen die Netzhalterung und beim anschließenden Sturz auf den Rücken mit der Außenseite des Knies auf den Boden geprallt sei. Bei der Aufnahme im Krankenhaus G. gab der Kläger an, mit dem linken Bein rückwärts gegen einen Pfahl gelaufen und dabei gestürzt zu sein, wobei sich die Kniescheibe luxiert habe.

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Die Beklagte führte sodann das Gutachten der Dres. E./S. vom 26. September 2005 herbei. Auf der Grundlage einer ambulanten und röntgenologischen Untersuchung vom 21. August 2005 führten diese Ärzte aus, der Kläger habe zum Unfallhergang angegeben, beim Volleyballspiel rückwärts gelaufen und vorm Netz hochgesprungen zu sein, dann mit dem Rücken gegen den Netzpfosten geprallt zu sein und sich beim Aufkommen auf den Boden das linke Knie verdreht zu haben, wobei die Kniescheibe nach außen rausgesprungen sei. Weder vor noch nach diesem Geschehen habe er weder mit seinem rechten noch mit seinem linken Kniegelenk Knieprobleme oder Kniescheibenverrenkungen gehabt. Zusammenfassend führten die Ärzte aus, es sprächen mehr Argumente dafür als dagegen, dass beim Kläger eine anlagebedingte gewohnheitsmäßige Kniescheibenverrenkung ohne äußere Einwirkung vorgelegen habe. Anlässlich der Erstuntersuchung im Krankenhaus G. habe sich eine Schwellung und ein Kniegelenkserguss gefunden. Auch wenn ein Operationsbericht bezüglich der Spiegelung vom 28. Januar 2005 nicht vorliege, könne von einem Riss der Gelenkkapsel bzw. der innenseitigen Kniescheibenbandführung ausgegangen werden. Es sei ein laterales Release erfolgt, d. h. eine Durchtrennung der außenseitigen Kniescheibenführung, um die Kniescheibenführung insgesamt zu zentrieren. Eine nennenswerte äußere Gewalteinwirkung wie ein Schlag auf die innenseitige Kniescheibe habe nicht vorgelegen. Hinweise für eine äußere Verletzung wie ein Bluterguss, Abschürfungen oder Prellmarken am linken Knie seien nicht beschrieben worden. Beim Kläger lägen anlagebedingte Gesundheitsstörungen vor, die eine gewohnheitsmäßige Kniescheibenverrenkung begünstigten, nämlich eine Patellafehlform Typ Wiberg/Baumgartl III/IV, ein Patellahochstand sowie ein abgeflachtes Kniescheibengleitlager. Auf diese anlagebedingten Fehlformen sei es zurückzuführen, dass es bei dem Landemanöver nach dem Sprung bei einer regelrechten sportlichen Belastung zu einer Kniescheibenverrenkung habe kommen können. Die Tatsache, dass bei der anschließend durchgeführten Kniespiegelung ein Gelenkkapsel- bzw. Schleimhauteinriss gefunden worden sei, spreche nicht für die traumatische Verursachung der Kniescheibenverrenkung. So ein Schleimhaut- oder Gelenkkapseleinriss träte bei der Lateralisation der Kniescheibe, d. h. der Verrenkung, oder sekundär beim Wiedereinrenken der Kniescheibe auf. Häufig komme es neben derartigen Schleimhauteinrissen auch zu einer Knorpel-Knochen-Abscherung, die auch erst sekundär beim Wiedereinrenken der Kniescheibe auftrete, wobei der Mechanismus genau so ablaufe, wie bei der Entstehung des Schleimhauteinrisses beim Wiedereinrenken der Kniescheibe. Zwar werde ein blutiger Gelenkerguss beim Kläger nicht beschrieben, doch selbst wenn ein blutiger Gelenkerguss vorgelegen hätte, wäre dies kein Indiz für eine traumatische Kniescheibenverrenkung. Auch bei einer Verrenkung aus innerer Ursache könne es zu einer Zerreißung von Gewebe und zu knöchernen Verletzungen kommen. Auslöser sei die innere Ursache, d. h. die Neigung zur Kniescheibenverrenkung mit entsprechenden mittelbaren Folgen, wobei dann der blutige Gelenkerguss und ggf. die Flake Frakture mittelbare Folge eines innerursächlichen Geschehens seien. Um eine Kniescheibenverrenkung zu verursachen bedürfe es, falls es sich nicht um eine direkte Gewalteinwirkung auf die Innenseite der Kniescheibe handele, verrenkungsbegünstigender Faktoren. Mindestens drei dieser Faktoren lägen beim Kläger vor, auch die rechte Kniescheibe weise die gleichen anatomischen Gegebenheiten auf.

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Auch bei verrenkungsbegünstigenden Faktoren könne ein äußeres Ereignis wesentliche Ursache sein, wenn es in einem Dreh- oder Verwindungssturz bestehe, mit Einknicken eines Kniegelenkes im X-Sinne, Innenrotation des Oberschenkels, Außenrotation des Unterschenkels und maximaler Anspannung des vierköpfigen Oberschenkelstreckers, z.B. um ein drohendes Sturzgeschehen zu verhindern. Hierbei könnten Vektorkräfte frei werden, die die Kniescheibe gewaltsam nach außen verrenken könnten. Von einem derartigen Geschehen sei vorliegend jedoch nicht auszugehen. Nach Analyse des Unfallherganges, der nicht ganz genau nachvollzogen werden könne, sei es anlässlich der sportlichen Betätigung zu einer spontanen Kniescheibenverrenkung bei anlagebedingten verrenkungsbegünstigenden Faktoren gekommen. Unfallbedingte Behandlungsbedürftigkeit habe zu keinem Zeitpunkt vorgelegen. Die Behandlung sei aufgrund der anlagebedingten Gesundheitsstörung mit den geschilderten anatomischen Besonderheiten der Kniescheibe und ihrer Biomechanik im Gleitlager erfolgt. Verbliebene Unfallfolgen nach dem Ereignis vom 27. Januar 2005 seien nicht zu benennen.

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Mit Bescheid vom 7. November 2005 lehnte es die Beklagte ab, Leistungen aus Anlass des Ereignisses vom 27. Januar 2005 zu erbringen. Ein Schulunfall habe nicht vorgelegen. Der hierbei geforderte ursächliche Zusammenhang zwischen einem Ereignis, das von außen auf den Körper des Versicherten eingewirkt habe und einer Gesundheitsstörung bestehe nur dann, wenn das Ereignis wesentlich zu deren Eintritt mitgewirkt habe. Nach dem eingeholten Gutachten sei Ursache der linksseitigen Kniescheibenverrenkung nicht das Geschehen vom 27. Januar 2005, sondern die anlagebedingt bestehenden Fehlformen der Kniescheibe und des Kniescheibengleitlagers gewesen. Bei der ausgeprägten Krankheitsanlage habe es zur Auslösung akuter Erscheinungen (Verrenkung der linken Kniescheibe) keiner besonderen, in ihrer Art unersetzlichen äußeren Einwirkung bedurft.

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Hiergegen erhob der Vater des Klägers als dessen gesetzlicher Vertreter Widerspruch.

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In ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 11. Januar 2006 führten Dres. E./S. erneut aus, dass das Landemanöver nach dem Sprung eine physiologische regelrechte sportliche Belastung dargestellt habe, bei der es bei einem anatomisch normal geformten Kniegelenk zu keiner Kniescheibenverrenkung komme.

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Mit Widerspruchsbescheid vom 27. Februar 2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die ausgeprägte Krankheitsanlage des linken Kniegelenkes sei so leicht ansprechbar gewesen, dass es auch ohne eine wesentliche Gewalteinwirkung auf das Kniegelenk jeder Zeit zu einer Verrenkung der Kniescheibe habe kommen können. Das Volleyballspiel vom 27. Januar 2005 sei deshalb rechtlich nicht als Ursache anzusehen. Vielmehr handele es sich um eine schicksalhafte Verrenkung der Kniescheibe.

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Der Kläger hat am 23. März 2006 Klage beim Sozialgericht (SG) Rostock erhoben. Er sei durchtrainiert und betreibe bereits jahrelang intensiv Sport, u. a. Basketball, Fußball und Snowboardfahren. Hierbei seien Stürze unvermeidbar, so dass die Kniescheiben in den vergangen Jahren ständig hätten herausspringen müssen, wenn eine anlagebedingte Besonderheit so leicht ansprechbar gewesen sei, dass Verrenkungen der Kniescheibe auch ohne wesentliche Gewalteinwirkungen jederzeit auftreten könnten. Bei ihm seien aber, außer dem Ereignis vom 27. Januar 2005, weitere Kniescheibenverrenkungen nicht aufgetreten. Durch den für ihn überraschenden Aufprall beim Rückwärtslaufen erschreckt habe er die koordinative Anspannung der im Sport üblicherweise kontrolliert eingesetzten Muskulatur verloren, sodass das Bein sich bei der Landung zum X-Bein verdreht habe und er haltlos zu Boden gestürzt sei. Dieser Vorgang habe nicht nur eine fehlgebildete, sondern auch eine normale Kniescheibe aushebeln können.

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Der Kläger hat beantragt,

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unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 17. November 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Februar 2006 festzustellen, dass die Patellaluxation am 27. Januar 2005 infolge eines Arbeitsunfalles aufgetreten sei.

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Die Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Sie hat sich auf den Inhalt ihrer Bescheide bezogen.

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Das SG hat Beweis erhoben durch Einholung eines chirurgischen Gutachtens des Dr. B. vom 13. August 2007. Zum Unfallhergang befragt hat der Kläger angegeben, beim Volleyballspielen rückwärts gelaufen und rückwärts seitlich hochgesprungen zu sein, um den Ball noch zu erreichen. Dabei sei er mit der rückenwärtigen linken Körperseite gegen die Stange der Netzaufhängung des Volleyballnetzes gesprungen. An den Sturzmechanismus könne er sich nicht mehr genau erinnern. Er habe am Boden liegend die Augen wieder aufgemacht und dann bemerkt, dass die Kniescheibe nach außen versetzt gestanden habe.

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Anlässlich der ambulanten Untersuchung hat Dr. B. u. a. aufgeführt, es habe kein Hinweis auf Beinverkürzungen bei physiologisch ausgebildeten Beinachsen beidseits ohne unphysiologische X- oder O-Verbiegungen im Bereich der Knie- oder Hüftgelenke bestanden. Das linke Knie könne komplett durchgestreckt und bis 130 Grad gebeugt werden. Es habe sich keine intraartikuläre Ergussbildung gefunden. Die Innen- und Außenbandführung sei stabil. Die Kniescheibe imponiere linksseitig als hypermobil, sie könne relativ nach außenseitig gedrückt werden. Eine abnorme passive Seitenbeweglichkeit der Kniescheibe nach auswärts hat der Sachverständige auch im Bereich des rechten Kniegelenkes festgestellt. Zusammenfassend hat Dr. B. angegeben, beim Kläger sei ein beidseitig ausgeprägter abnormer außenseitiger Verlauf der Kniescheibe bei zunehmender Beugung des Kniegelenkes auffällig. Weiterhin bestehe eine erhebliche beidseitige ausgeprägte Laxizität des Aufhängeapparates der Kniescheibe links wie auch rechts. Die aktuellen Röntgenbilder ließen beidseits eine erhebliche dysplastische Abflachung der femoralen Gleitrinne auf gesamter Länge erkennen und eine ebenfalls beidseits angelegte hochgradige Dysplasie der Kniescheibe. Es hätten sich mithin vier dispositionelle anatomische Varianten gefunden, die einen habituellen Luxationsvorgang begünstigten.

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Nach medizinisch wissenschaftlicher Lehrmeinung sprächen wichtige und mehr Gründe gegen einen Zusammenhang als für diesen. Der Unfall sei als nicht wesentlich aufgetretene Gesundheitsstörung anzusehen. Unfallbedingte Funktionseinschränkungen fänden sich nicht, eine unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) liege nicht vor.

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Als Ursachen für eine traumatische Verrenkung würden in der unfallmedizinischen Literatur angegeben, a) eine traumatische Einwirkung gleichzeitig mit einer komplexen Kniebandverletzung und/oder Kniegelenksverrenkung sowie b) eine Einwirkung einer lateralisierenden Kraft auf den medialen Rand der Kniescheibe bei gestrecktem Kniegelenk. Bei der Unterscheidung der traumatischen zur habituellen Luxation müsse eine Abklärung des mechanischen Ereignisablaufes erfolgen. Der Unfall habe sich ereignet, nachdem der Kläger rückwärts laufend abgesprungen sei, um den Ball zu erreichen, wobei er mit dem Rücken gegen einen Pfosten gesprungen sei. Bei diesem Hergang sei es unmöglich, dass eine innenseitige Kraft auf die Kniescheibe gewirkt und zu einer direkten traumatischen Luxation geführt habe, wie z. B. der Tritt eines Gegenspielers beim Fußball gegen die Kniescheibe von innen. Zur Kniescheibenverrenkung müsse es im Rahmen der Landung bzw. des Auftreffens auf dem Boden gekommen sein. Soweit im Fragebogen angegeben worden sei, dass der Rücken zuerst den Boden berührt habe, werde dieser Hergang für nicht wahrscheinlich gehalten. Der Kläger sei gegen einen Pfosten geprallt, dieser habe einen Sturz direkt auf den Rücken verhindert. Dieser Hergang führe dazu, dass der Sprung abgebremst werde und ein Auftreffen auf den Beinen erfolge. Da der Kläger angegeben habe, sich nicht mehr genau an die Handlung und Form der Landung erinnern zu können, sei davon auszugehen, dass durch den Kontakt mit der Volleyballstange die Flugrichtung geändert worden sei und der Kläger in annähernd senkrechter Richtung sich dem Boden im Sinne einer Landung mit den Füßen voran genähert habe. Die Stellung von Unter- und Oberschenkel zueinander könne nicht mehr sicher nachvollzogen werden. Es sei jedoch von einer kraftvollen Streckbewegung des Kniegelenkes im Rahmen der Landung auszugehen. Aufgrund des Anpralles an die Volleyballstange sei eine gewisse Fehlgängigkeit des Fußes bei der Landung nicht auszuschließen, ebenso könne bei der Landung ein physiologischer als auch ein gewaltsamer Valgustorsionsstress vorgelegen haben. Gleiches gelte für die Muskelanspannung, die möglicherweise völlig normal gewesen sei, wenn keine relevante Beeinträchtigung der Flugphase stattgefunden habe, möglicherweise jedoch aufgrund von einer größeren Beeinträchtigung der Flugphase zu einer vermehrten Muskelanspannung geführt habe. Der Unfallhergang lasse beide Möglichkeiten offen, der mechanische Ereignisablauf könne nicht zur definitiven Klärung herangezogen werden. Unter Berücksichtigung der vier dispositionellen anatomischen Varianten, die einen habituellen Luxationsvorgang begünstigten, werde der Zusammenhang nicht für wahrscheinlich gehalten.

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Zu diesem Gutachten hat die Prozessbevollmächtigte des Klägers vorgetragen, da der Kläger intensiv Sport treibe, wäre zu erwarten gewesen, dass bei einer bestehenden habituellen Veranlagung Kniescheibenluxationen vermehrt stattfinden würden, was aber nicht der Fall sei. Für einen traumatischen Vorgang spreche auch die nachfolgende ärztliche Behandlung mit innenseitiger Verstärkung der abgerissenen Kapsel. Eine Patellaluxation bei physiologisch ausgebildeten Beinachsen ohne unphysiologische X- Beinstellung sei eine absolute Rarität. Die Kapsel reiße nicht bei einer Bagatellverletzung oder habituellen Luxation.

21

Hierzu hat Dr. B. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 11. März 2008 ausgeführt, es sei egal, ob es sich um eine traumatische Erstluxation oder eine habituelle Erstluxation handele, es sei mit dem gleichen uniformen Verletzungsmuster zu rechnen, nämlich mit einem Einriss des innenseitigen Reservestreckapparates, ggf. auch Knorpelknochenfrakturen innenseitig unterhalb der Kniescheibe als auch KnochenKnorpel-Abscherungen an der außenseitigen Oberschenkelrolle. Auch im Rahmen einer gewohnheitsmäßigen Kniescheibenverrenkung könnten Knorpel-Knochenfragmente (Flake fracture) erscheinen; sie bewiesen keine traumatische Luxation. Erst bei der unbehandelten rezidivierenden habituellen Luxation sei aufgrund des ausgeleierten innenseitigen Halteapparates nicht mehr mit diesen Verletzungen zu rechnen. Die Ausführung, dass ohne X-Beinstellung die Patellaluxation eine absolute Rarität sei, entspreche in keinster Weise der medizinischen Literatur.

22

Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Orthopäde Dr. B. sein Gutachten vom 2. Dezember 2008 erstellt. Er ist zusammenfassend zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger am 27. Januar 2005 eine traumatische Patellaluxation links erlitten habe mit Zustand nach arthroskopischer Raffung der Quadrizepssehne. Derzeit bestünden keine Funktionseinschränkungen, eine unfallbedingte MdE bestehe nicht.

23

Beim Kläger bestehe eine Patellafehlform Typ Wiberg II bis III sowie eine geringfügige laterale Abflachung des Kniescheibengleitlagers beidseits. Diese seien aber nicht so ausgeprägt, dass sie im Sinne einer Gelegenheitsursache zu einer Patellaluxation führen könnten. Läge eine habituelle Patellaluxation aufgrund anlagebedingter Fehlformen vor, wäre diese bereits mehrfach vor dem Unfallereignis und vor allen Dingen im Rahmen von Alltagsbewegungen als Gelegenheitsursache aufgetreten. Es bestünden beim Kläger weder im linken noch im rechten Knie anlagebedingte Besonderheiten, die so leicht ansprechbar seien, dass es auch ohne wesentliche Gewalteinwirkung auf das Kniegelenk jederzeit zu einer Verrenkung der Kniescheibe kommen könnte.

24

Soweit die Vorgutachter eine habituelle Patellaluxation annähmen aufgrund einer Kniescheibenfehlform, hätte diese bereits im frühen Lebensalter von spätestens acht Jahren und dann mehrfach auftreten müssen. Für das Vorliegen einer traumatischen Patellaluxation spreche der unmittelbar auf das Unfallereignis folgende arthroskopische Eingriff mit Teilrefixation der Quadrizepssehne. Eine derartige Verletzung könne nur durch eine sog. Valgusdistorsion (X-Beinstress) bei Beugung des Kniegelenkes im Einbeinaufprall auftreten. Ein derartiger Unfallmechanismus sei nach den heutigen Schilderungen des Klägers gegeben gewesen. Dieser habe angegeben, beim Volleyballspielen am Rande des Spielfeldes hochgesprungen zu sein, um den Ball noch zu erwischen. Dabei habe er mit dem Rücken etwa 45 Grad zur Stange und zum Netz gestanden und habe den Ball noch erwischt. Als er dann wieder zu sich gekommen sei, habe er halb auf der Seite gelegen und mit den Händen das gebeugte linke Knie umklammert.

25

Eine derartige Schilderung finde sich nirgendwo in der Akte. Hervorzuheben sei die Bewusstlosigkeit des Klägers im Moment des Aufpralles durch die Kontusion des Rückens und hochwahrscheinlich des Schädels mit der Spielfeldeisenstange. Da im Moment der Bewusstlosigkeit keinerlei Muskeltonus vorliege, sei ein simpler Aufprall im Einbeinmodus bei dann zwanghaft erfolgender Beugung und je nach Aufprallwinkel einsetzender Valgusdistorsion (X-Beinstress) die Voraussetzung für ein Herausrutschen der Kniescheibe nach lateral gegeben, auch bei einem muskelkräftigen Menschen. Wie bereits hervorgehoben sei die Schilderung des Unfallmechanismus von entscheidender Bedeutung unter besonderer Berücksichtigung der retrograden Amnesie. Diese spreche für eine zumindest leichte Gehirnerschütterung als Ursache einer kurzfristigen Bewusstlosigkeit. Eine genaue Schilderung des Unfallmechanismus sei nirgendwo auffindbar und heute vom Kläger auch nicht mehr abzugeben, sodass auf das hypothetische Modell aufgrund der Schilderung des Aufwachens zurückgegriffen werden müsse. Hier sei der entscheidende Moment die Beugestellung des Kniegelenks, das schmerzbedingte Umklammern und die Seitlage des Klägers, ebenso seine Erinnerungsstörungen.

26

Dem Gutachten des Dr. B. ist die Beklagte unter Hinweis darauf entgegengetreten, im Gutachter würden falsche Tatsachen zugrunde gelegt, wenn Dr. B. von einer annähernden Normalform der Kniescheibe des Klägers ausgehe. Die zuvor gehörten Gutachter gingen übereinstimmend nach mehrfachen Beurteilungen von Röntgenaufnahmen beim Kläger von einer erheblichen Kniescheibenfehlform sowie einer extremen Abflachung des Kniescheibengleitlagers aus. Außerdem lege Dr. B. einen anderen Unfallhergang zugrunde, als dieser zeitnah zum Unfallgeschehen vom Kläger geschildert worden sei. Zur Stützung ihres Vortrages hat sich die Beklagte auf die von ihr zu den Akten gereichte beratungsärztliche Stellungnahme des Chirurgen Dr. S. vom 1. April 2009 bezogen. Hierin heißt es, nach Einsichtnahme in die Akten und Auswertung der Röntgenbilder bestehe beim Kläger eine übermäßig laxe Bandaufhängung der linken als auch der rechten Kniescheibe sowie ein abnormer außenseitiger Kniescheibenverlauf links wie rechts. Es liege eine abnorme fast komplette Abflachung der femuro-patellaren Gleitrinne auf gesamter Länge vor sowie eine erhebliche Abflachung der Patellarückfläche im Sinne der Fehlform nach Wiberg III/IV. Analysiere man das Ereignis, dann sei es als Ausrutschen auf ebenem Gelände anzusehen. Eine von außen kommende, traumatische Einwirkung sei möglich, ein Dreh- oder Verwindesturz könne in diesem Ereignis gesehen werden. Ein derartiges Ereignis könne als gefährdungsrelevant für eine Kniebinnenstruktur (Bandstruktur des Kniegelenkes) angesehen werden, ohne eine direkte Krafteinwirkung auf die Kniescheibe sei jedoch eine Kniescheibenverrenkung nicht als unfallbedingt anzusehen. Nach gesicherter unfallchirurgischer Erkenntnis halte er die spontane Entstehung der Patellaluxation bei vorbestehender Laxizität des Bandapparates und anlagebedingter Minderentwicklung der Kniescheibe im Sinne einer Patella nach Wiberg III/IV für wahrscheinlich. Im medizinischen Schrifttum werde übereinstimmend festgestellt, dass bei vorgeschädigtem Kniegelenk ein geringer Zusatzimpuls genüge, um eine Kniegelenksluxation auszulösen. Dieser Zusatzimpuls sei beim „Verdrehen" eingetreten. Das Umwenden in der Bewegung stelle eine Gelegenheitsursache zur Entstehung der Kniegelenksverrenkung dar. Der angetroffene Knorpelschaden an der Patellarückfläche und die Ruptur des medialen Retinakulums sei durch die vorbestehende Laxizität des Bandapparates und die anlagebedingte Minderentwicklung der Kniescheibe wesentlich verursacht. Eine traumatische Patellaluxation sei mit direktem Trauma - hierfür gebe es keinen Hinweis im Form einer Kontusionsmarke am linken Kniegelenk - durch das Ereignis nicht zu erklären. Es sei nicht durch direkte Gewalteinwirkung auf die Kniescheibe zum Auftreten einer traumatischen Patellaluxation gekommen, sondern einer spontanen Luxation, die durch die anlagebedingte Dysplasie der Kniescheibe richtungsgebend beeinflusst worden sei.

27

In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 5. Mai 2009 hat Dr. B. ausgeführt, Dr. S. gehe von einem anderen Unfallhergang aus als er, der Sachverständige. Der Kläger habe ihm berichtet, dass er vor dem Aufprall auf dem Boden nicht nur mit dem Rücken, sondern auch mit dem Kopf gegen die Stange geprallt sei, wodurch bei nach dem Unfallereignis vorliegender retrograder Amnesie mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Gehirnkontusion mit kurzfristiger Bewusstlosigkeit entstanden sei. Dies erkläre das im Gutachten geschilderte sog. tonuslose Auftreffen auf dem Boden, d. h. der Unfallverletzte sei nicht in der Lage gewesen - mangels Bewusstseins - den Körper mit gespannter Muskulatur auftreffen zu lassen und ggf. Ausweichbewegungen vorzunehmen. Der Kläger sei ohne Muskelabwehr und Schutzspannung auf dem Boden gelandet, wodurch es erst in dieser Kombination zu der Verrenkung der Kniescheibe gekommen sei. Auch bei normal geformten Kniescheibengleitlagern könne es mit hoher Wahrscheinlichkeit bei tonuslosen Landemanövern der geschilderten Art zu Kniescheibenverrenkungen kommen. Vor dem Hintergrund des von ihm seiner Bewertung zugrunde gelegten Unfallhergangs sei es mehr von akademischem Interesse, ob es sich beim Kläger um eine Patelladysplasie vom Grad Wiberg II bis III oder III bis IV handele. Unbestritten bleibe, dass es sich beim Kläger um einen sog. bandlaxen Patienten handele, der tatsächlich eine Abflachung des Kniescheibengleitlagers beidseitig besitze. Allerdings werde darauf hingewiesen, dass es weder im linken noch im rechten Knie bei Alltagsbewegungen zur habituellen Patellaverrenkung gekommen sei. Eine direkte Gewalteinwirkung auf die Kniescheibe im Sinne eines manuellen Drucks bei Beugung und/oder eines Schlages sei im Regelfall niemals ausreichend für eine Patellaluxation. So gut wie nie finde man eine äußere Prellmarke nach einer sog. traumatischen Patellaluxation. Es handele sich eigentlich immer um Verdrehmechanismen und Verwindestürze. Von einer sog. spontanen Entstehung der Patellaluxation bei laxem Bandapparat und Patellagleitlagerfehlform könne keinesfalls die Rede sein, gerade angesichts des Unfallmechanismus und der geschilderten retrograden Amnesie.

28

Durch Urteil vom 1. April 2011 hat das SG Rostock der Klage stattgegeben und festgestellt, dass die Patellaluxation am linken Kniegelenk des Klägers infolge eines Schulunfalles vom 27. Januar 2005 eingetreten sei. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, die zulässige Feststellungsklage (§ 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG) sei auch begründet. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten seien rechtswidrig. Der Unfall vom 27. Januar 2005 erfülle die Voraussetzungen eines Arbeitsunfalles, auf dem die aufgetretene Kniescheibenverrenkung beruhe. Unfallfolgen stellten Gesundheitsstörungen dar, die zumindest mit dem Grad der Wahrscheinlichkeit wesentlich auf einem Arbeitsunfall beruhten. Arbeitsunfälle seien Unfälle von Versicherten, die infolge einer versicherten Tätigkeit eingetreten seien (§ 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII), mithin auch Schulunfälle (§ 2 Abs. 1 Nr. 8b SGB VII). Für die Beurteilung der erforderlichen Kausalität zwischen dem unfallbringenden Verhalten und dem eingetretenen Gesundheitsschaden stelle die Zusammenhangslehre der „wesentlichen Bedingung" den Maßstab dar. Rechtserheblich seien nur solche Ursachen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt hätten. Hätten mehrere Ursachen gemeinsam zum Gesundheitsschaden beigetragen, seien sie nebeneinander stehende (Mit-)Ursachen im Rechtssinne, wenn beide in ihrer Beziehung und Tragweite für den Eintritt des Erfolges wesentlich mitgewirkt hätten. Eine Gelegenheitsursache liege vor, wenn eine bereits vorhandene krankhafte Anlage bei Abwägung ihrer kausalen Bedeutung mit einer äußeren Einwirkung so stark oder so leicht ansprechbar sei, dass die Auslösung akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlich äußerer Einwirkungen bedürfe, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu etwa derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte. Unter Berücksichtigung dieser Kausalitätsgrundsätze und bei der gebotenen vernünftigen, lebensnahen Betrachtung der zu der Verrenkung führenden Faktoren und ihrer retrospektiven Abwägung sei der Sprung, den der Kläger beim Schulsport ausgeführt habe, zumindest als wesentliche Mitursache für die Kniescheibenverrenkung zu werten. Die Sachverständigen hätten seitengleich an beiden Kniegelenken des Klägers identische dispositionelle Faktoren für eine Verrenkung festgestellt. Dr. B. habe eine übermäßig laxe Bandaufhängung der linken als auch der rechten Kniescheibe mit daraus resultierend abnorm außenseitigem Kniescheibenverlauf links wie rechts beschrieben. Weiterhin finde sich im Bereich des linken als auch des rechten Kniegelenkes eine abnorme fast komplette Abflachung der femoropatellaren Gleitrinne auf gesamter Länge und eine korrespondierende ebenfalls erhebliche Abflachung der Patellarückfläche im Sinne der Fehlform nach Wiberg III. Diese anlagebedingten Besonderheiten schätze Dr. B. als so leicht ansprechbar ein, dass es auch ohne wesentliche Gewalteinwirkungen auf die Kniescheiben jederzeit zu einer Verrenkung kommen könne.

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Seiner Bewertung, dass deshalb dem Unfallereignis eine wesentliche mitursächliche Bedeutung nicht zuzumessen sei, widerspreche es jedoch, dass das rechte Kniegelenk bisher frei von einem Verrenkungsereignis geblieben und am linken Kniegelenk nach dem Ereignis vom 27. Januar 2005 eine weitere Verrenkung nicht aufgetreten sei. Dies sei der Fall, obwohl der Kläger kniegelenksbelastende Sportarten, wie Fußball, Basketball, Volleyball, Squash, Ski- und Snowboardfahren schon seit Jahren ausübe. Der Sachverständige habe ebenso wie Dr. S. die Wesentlichkeit erfahrungsgemäß nach Umständen, wie sie im Allgemeinen bei anderen Personen aufträten und wie sie im Allgemeinen zu erwarten seien, beurteilt und habe dabei die individuelle Belastbarkeit des Klägers, wie sie sich retrospektiv darstelle, nicht ausreichend berücksichtigt. Insofern die Sachverständigen die Verrenkungsneigung der Kniegelenke des Klägers als weit fortgeschritten und leicht ansprechbar einschätzten, hätten sie die offensichtliche muskuläre Kompensation dieser Neigung und die sich daraus ergebende individuelle höhere Belastbarkeit der Kniegelenke des Klägers bei der Abwägung der konkurrierenden Faktoren für die Verrenkung vom 27. Januar 2005 berücksichtigen müssen, wie es Dr. B. getan habe. Dieser habe allein die Bedeutung des Unfallherganges für das Auftreten der Verrenkung richtig bewertet. Zur Überzeugung der Kammer, die auf eigenen Sturzerfahrungen bei sportlichen Betätigungen unter Einschluss des Volleyballspiels beruhe und die im Einklang stehe mit der Erstangabe zum Unfallhergang in der schulischen Unfallanzeige, dass es zu einem Verdrehen des Kniegelenkes gekommen sei, habe beim Sturz am 27. Januar 2005 eine für eine traumatische Kniescheibenverrenkung geeignete indirekte Gewalt auf das Kniegelenk des Klägers eingewirkt. Das Gericht gehe auch wie die Sachverständigen davon aus, dass die Verrenkung nicht durch eine direkte Gewalt bei einem Anprall des Kniegelenkes gegen die Netzstange oder bei einem Aufprall auf dem Hallenboden luxiert sei, sondern bei der fußwärtigen Landung des Klägers, nachdem er rückwärts laufend und hochspringend mit dem Rücken gegen den Netzpfosten geprallt sei. Der davon abweichenden Darstellung der Eltern des Klägers in dem Unfallfragebogen messe die Kammer keine Bedeutung zu. Bei der Landung seien zur Überzeugung der Kammer aber indirekte auf die Kniescheibe einwirkende Kräfte aufgetreten, die die Verrenkung ausgelöst hätten. Der Kläger selbst habe wiederholt und glaubhaft angegeben, dass er an die kurze Zeit, die zwischen dem Anprall an dem Netzpfosten und dem Augenblick, als er rückwärts auf dem Boden liegend und sein Knie haltend wieder zu sich gekommen sei, keine Erinnerung habe. Dies sei bei lebensnaher Betrachtungsweise und aufgrund eigener Erfahrungen der Kammer bei sportlichen Sturzverletzungen plausibel und nachvollziehbar. Dabei könne offen bleiben, ob diese kurzzeitige retrograde Amnesie infolge einer leichten Gehirnerschütterung nach Schädelprellung aufgetreten sei - wie dies Dr. B. unterstelle - oder lediglich auf dem traumatisch-schmerzhaften Augenblick des Verrenkungsgeschehens. Es entspreche ärztlicher und eigener traumatischer Erfahrungen der Kammer, dass derart schmerzhafte Augenblicke nicht der Erinnerung zugänglich seien, weshalb die Angaben von Unfallopfern zum genauen Unfallhergang nicht überinterpretiert werden dürften.

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Trotz fehlender Erinnerungen des Klägers gehe das Gericht mit voller Überzeugung davon aus, dass der Landevorgang nach dem Hochsprung des im Laufen begriffenen Klägers geeignet gewesen sei, Kräfte auf die Kniescheibe zu bewirken, die sie unabhängig von den dispositionellen Faktoren zur Verrenkung gebracht hätten. Retrospektiv werde dies durch das Nichtwiederauftreten von Verrenkungsereignissen bestätigt. Wie von Dr. B. ausgeführt und auch von Dr. B. für möglich gehalten, gebiete eine lebensnahe Betrachtungsweise des Gesamtgeschehens, dass der Kläger nach dem rasanten Anprall an den Netzpfosten nicht kontrolliert mit den Füßen voran und gestreckten Knien auf dem Hallenboden gelandet sei, sondern unkontrolliert mit fehlgängigem Fuß, was einen psysiologischen und gewaltsamen Valgustorsionsstress des linken Kniegelenkes zur Folge gehabt habe. Ebenso lebensfremd sei die Annahme einer normalen Muskelanspannung bei diesem Rasanzereignis, stattdessen sei bei lebensnaher Betrachtung von einer vermehrten Muskelanspannung während der Flugphase und bei der Landung auszugehen, also einem Vorgang, der auch nach Beurteilung des Dr. B. geeignet sei, eine traumatische Kniescheibenverrenkung auszulösen. Dass Dr. B. dennoch eine Landung in senkrechter Richtung bei kraftvoller Streckbewegung des Kniegelenkes mit den Füßen voran für wahrscheinlich halte, beruhe zur Überzeugung des Gerichts allein darauf, dass er den dispositionellen Faktoren des Kniegelenkes erfahrungsgemäß und im Allgemeinen die wesentliche Bedeutung für ein Verrenkungsgeschehen beimesse, ohne die Gegebenheiten des hier vorliegenden Einzelfalles und der individuellen Belastbarkeit des Klägers mit in seine Erwägung einzubeziehen. Das Gericht folge deshalb seiner Kausalitätsbewertung nicht, sondern sei in Übereinstimmung mit Dr. B. und im Einklang mit der medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung davon überzeugt, dass das Unfallereignis des Klägers vom 27. Januar 2005 die Verrenkung seiner linken Kniescheibe neben den dispositionellen Faktoren des Kniegelenkes zumindest mitursächlich und damit ursächlich im rechtlichen Sinne hervorgerufen habe.

31

Gegen das ihr am 5. September 2011 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 26. September 2011 Berufung eingelegt. Soweit das SG der Beurteilung im Gutachten des Dr. B. gefolgt sei, wende sie sich dagegen, dass dieser Sachverständige bei seiner Beurteilung Tatsachen zugrunde gelegt habe, welche sich nicht mit den Ermittlungsergebnissen deckten und die dispositionelle Faktoren für eine habituelle Patellaluxation darstellten. Auch weise sie darauf hin, dass der Sachverständige unzutreffender Weise von einem Bewegungsablauf ausgegangen sei, welcher sich nicht mit den Schilderungen, welche zeitnah zum angeschuldigten Ereignis abgegeben worden seien, decke. Dr. B. habe vielmehr eine Schilderung zugrunde gelegt, welche fast vier Jahre nach dem angeschuldigten Ereignis abgegeben worden sei. Soweit der Unfallhergang bis zu dem Zeitpunkt, zu dem der Kläger rückwärts seitlich hochspringend gegen die Stange der Netzaufhängung mit der rückwärtigen linken Körperseite gesprungen sei, unstreitig sei, lasse sich hierauf eine Patellaluxation im Bereich des linken Kniegelenks nicht zurückführen. Da wie von dem Sachverständigen dargelegt nur eine indirekte Gewalteinwirkung auf das linke Kniegelenk, die zudem eine äußerst starke Krafteinwirkung unter voller Belastung des Beines bei gleichzeitigem Zug der Quadrizepsmuskulatur sein müsse, eine Patellaluxation rechtlich-wesentlich auslösen könne, stelle sich die Frage, worin diese indirekte Krafteinwirkung in dem Ereignisablauf vom 27. Januar 2005 gesehen werden könne. Die Beklagte gebe hier zu beachten, dass bei einem nicht mehr erinnerbaren Ereignisablauf die Beweismaßstäbe eingehalten werden müssten. Es dürfe nicht aus einer Wirkung heraus auf eine Ursache geschlossen werden. Der Kläger könne sich aber an den weiteren Ereignisablauf bzw. den Sturzmechanismus nicht mehr genau erinnern. Dann aber könne nicht unweigerlich von einer schwerpunktmäßigen Landung auf dem linken Bein ausgegangen werden, was das SG aber unterstelle. Auch setze sich das SG in seiner Begründung nicht damit auseinander, dass je ausgeprägter die anatomische Variante ausfalle und je mehr Einzelfaktoren zuträfen umso höher das Risiko sei, dass schon normale Bewegungsvorgänge zu einer habituellen Luxationsverschiebung der Kniescheibe führten.

32

Zusammenfassend sei das angefochtene Urteil aufzuheben, weil der Teil des Ereignisablaufes vom 27. Januar 2005 nicht mehr festgestellt werden könne, der die Patellaluxation links ausgelöst habe. Auf der Grundlage der eingetretenen Luxation auf eine mögliche Ursache und den hier nicht mehr erinnerbaren Ereignisablauf zu schließen, sei nicht statthaft. Zumindest aus ihrer Sicht sei der nunmehr konstruierte Ablauf bei lebensnaher Betrachtungsweise nicht plausibel nachvollziehbar.

33

Die Beklagte beantragt,

34

das Urteil des Sozialgerichts Rostock vom 1. April 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

35

Der Kläger beantragt,

36

die Berufung zurückzuweisen.

37

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

38

Auf Anfrage des Senates zwecks Benennung möglicher Augenzeugen des Schulunfalles des Klägers hat die Prozessbevollmächtigte des Klägers mitgeteilt, dass die Sportlehrerin den Unfall seinerzeit nicht beobachtet habe, wohl aber der Klassenkammerad C., der als Zeuge benannt werde.

39

Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen C.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 21. Januar 2015 verwiesen.

40

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Gerichtsakten ( - L 5 U 59/11) sowie die Verwaltungsakten der Beklagten (2 Bände) die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

41

Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Das Urteil des Sozialgerichts Rostock vom 1. April 2011 war aufzuheben, weil der Bescheid der Beklagten vom 7. November 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Februar 2006 rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts hat es sich bei dem Ereignis vom 27. Januar 2005 nicht um eine traumatische Partellaluxation gehandelt, die zu einem Gelenkkapsel- bzw. Schleimhauteinriss im linken Kniegelenk des Klägers geführt hat. Das Ereignis vom 27. Januar 2005 stellt keinen Schulunfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung dar.

42

Gemäß § 8 Abs. 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Voraussetzung für die Anerkennung des Arbeitsunfalles ist daher der Eintritt eines Gesundheitsschadens (bzw. im Extremfall der Tod des Versicherten), wie sich aus der Legaldefinition des § 8 Abs. 1 SGB VII ergibt. Ohne den Eintritt eines sog. Gesundheits(erst)schadens liegt kein Arbeitsunfall vor.

43

Solche Schäden begründen nach der ausdrücklichen Regelung des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII den Unfall im Sinne des SGB VII und sind nicht seine Folge. Der notwendige und festzustellende ursächliche Zusammenhang zwischen dem (Unfall-)Ereignis und dem Eintritt des Gesundheits(erst)schadens wird als sog. haftungsbegründende Kausalität bezeichnet. Für den zu beurteilenden Kausalzusammenhang gilt die Theorie der wesentlichen Bedingung; die Frage, ob eine Mitursache für den Erfolg wesentlich ist, beurteilt sich nach dem Wert, den ihr die Auffassung des täglichen Lebens gibt. Für den ursächlichen Zusammenhang zwischen dem (Unfall-)Ereignis und dem Eintritt des Gesundheitsschadens ist eine hinreichende Wahrscheinlichkeit erforderlich. Hierunter ist eine Wahrscheinlichkeit zu verstehen, nach der bei vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein so deutliches Übergewicht zukommt, sodass hierauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann. Hingegen genügt die bloße Möglichkeit des Bestehens eines Kausalzusammenhangs nicht (vgl. Becker, Neues Prüfungsschema für Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten in: Der medizinische Sachverständige 2010, Seite 145 ff. mit weiteren Nachweisen auf die höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG); vgl. auch Urteil des BSG vom 12. April 2005 in SozR 4 - 2700 § 8 Nr. 14).

44

Bei dem Kläger lässt sich keine Gesundheitsstörung - hier in Form einer traumatischen Patellaluxation, die zu einem Gelenkkapsel- bzw. Schleimhauteinriss im linken Kniegelenk geführt hat - feststellen, die durch das Ereignis vom 27. Januar 2005 verursacht worden ist. Dies steht zur Überzeugung des Senats fest aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens (§ 128 Abs. 1 SGG), insbesondere aufgrund der Gutachten des Dr. E./S. vom 26. September 2005 und des Dr. B. vom 13. August 2007 sowie seiner ergänzenden Stellungnahme vom 11. März 2008.

45

Die genannten Sachverständigen, insbesondere Dr. B., haben überzeugend und nachvollziehbar festgestellt, dass es bei dem angeschuldigten Ereignis zu keiner traumatischen Schädigung des Klägers im Bereich seines linken Kniegelenkes gekommen ist. So hat insbesondere Dr. B. nachvollziehbar begründet, dass der Kläger beim Volleyballspielen im Rahmen des Schulsports am 27. Januar 2005 keine traumatische, sondern eine habituelle Patellaluxation im Bereich seines linken Kniegelenkes erlitten hat. Er hat in Auswertung der vorliegenden medizinischen Unterlagen und aufgrund der ambulanten Untersuchung des Klägers festgestellt, dass sich beim Kläger vier dispositionelle anatomische Varianten im Bereich beider Kniegelenke gefunden hätten, die einen habituellen Luxationsvorgang begünstigen. So ist beim Kläger ein beidseitig ausgeprägter abnormer außenseitiger Verlauf der Kniescheibe bei zunehmender Beugung des Kniegelenkes auffällig. Weiterhin besteht eine erhebliche beidseitige ausgeprägte Laxizität des Aufhängeapparates beider Kniescheiben. Die aktuellen Röntgenbilder ließen beidseits eine erhebliche displastische Abflachung der femoralen Gleitrinne auf gesamter Länge erkennen und ebenfalls eine beidseits angelegte hochgradige Dysplasie der Kniescheibe, was auch nach der unfallmedizinischen Literatur (vgl. das Standardwerk von Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage, Seite 606) dispositionelle Faktoren für einen habituellen Luxationsvorgang darstellen.

46

Den Nachweis, dass der Kläger eine traumatische Patellaluxation am 27. Januar 2005 beim Schulsport erlitten hat, sieht der Senat aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens als nicht erbracht an. Zur Überzeugung des Senates ist kein solcher Unfallmechanismus nachgewiesen, der für eine traumatische Patellaluxation beim Kläger spricht. Nach der unfallmedizinischen Literatur (vgl. Schönberger u.a., aaO, Seite 604) sind traumatische Verrenkungen der Kniescheibe (Patellaluxationen) seltene Verletzungen. Nur starke, in der Regel indirekte (seltener direkte auf die Innenseite der Patella in Streck- oder leichter Beugestellung oder plötzlicher starker unkontrollierter Muskelanspannung) Krafteinwirkungen sind geeignet, eine Verrenkung zu verursachen. Dies wird angenommen bei Außenrotation des Unterschenkels bei Innenrotation des Oberschenkels unter voller Belastung des Beines, wenn gleichzeitig der Zug des Quadrizepsmuskels noch durch eine Neigung des Körpers zur Gegenseite erhöht wird sowie bei Vergrößerung des Valguswinkels des Streckapparates (Q-Winkel) und plötzlicher, überraschender Anspannung der Streckmuskulatur, die zur seitlichen Dislokation der Kniescheibe führen.

47

In diesem Sinne haben bereits Dres. E./S. im Gutachten vom 26. September 2005 ausgeführt, dass auch bei verrenkungsbegünstigenden Faktoren ein äußeres Ereignis wesentliche Ursache sein könne, wenn es in einem Dreh- oder Verwindungssturz bestehe, mit Einknicken eines Kniegelenks im X-Sinne, Innenrotation des Oberschenkels, Außenrotation des Unterschenkels und maximaler Anspannung des vierköpfigen Oberschenkelstreckers.

48

Einen Unfallmechanismus, der diese Voraussetzungen erfüllen würde, sieht der Senat nicht als nachgewiesen an. Nach den ersten Unfallschilderungen ist der Kläger während des Volleyballspiels rückwärts gelaufen, um den Ball zu erreichen. Dabei ist er gegen die Stange der Netzaufhängung des Volleyballnetzes geprallt und anschließend zu Boden gestürzt. Diesen Unfallhergang hat der Kläger dann gegenüber dem Sachverständigen Dr. B. dahingehend präzisiert, dass er rückwärts gelaufen und rückwärts seitlich hochgesprungen sei. Wie dann der Sturzmechanismus im Einzelnen abgelaufen ist, daran konnte sich der Kläger nicht mehr genau erinnern. Wenn der Kläger rückwärts laufend abgesprungen ist, um den Ball noch zu erreichen, wobei er mit dem Rücken gegen den Pfosten gesprungen ist, ist es bei diesem Hergang nicht möglich, dass eine innenseitige Kraft auf die Kniescheibe gewirkt und zu einer direkten traumatischen Luxation geführt hat, wie dies Dr. B. in seinem Gutachten nachvollziehbar ausgeführt hat. Da der Bewegungsablauf beim anschließenden Aufkommen auf dem Boden und nachfolgendem Sturz nicht mehr rekonstruierbar gewesen ist, hat sich Dr. B. außerstande gesehen, einen Unfallmechanismus als gegeben anzunehmen, der geeignet wäre, eine traumatische Patellaluxation zu verursachen. Er hat es lediglich für möglich gehalten, dass ein Unfallmechanismus vorgelegen haben könnte, der eine traumatische Patellaluxation verursacht haben könnte.

49

Soweit die Prozessbevollmächtigte des Klägers vorträgt, dass für eine traumatische Patellaluxation die nachfolgende ärztliche Behandlung mit innenseitiger Verstärkung der abgerissenen Kapsel spreche und dass eine Patellaluxation bei physiologisch ausgebildeten Beinachsen ohne unphysiologische X-Beinstellung eine absolute Rarität sei, folgt der Senat dieser Sichtweise nicht. Er schließt sich vielmehr den insoweit übereinstimmenden Ausführungen in den Gutachten der Dres. E./S. und Dr. B. an, wonach es auch bei einer habituellen Erstluxation zu einem Einriss des innenseitigen Reservestreckapparates, ggf. auch neben Schleimhauteinrissen zu einer Knorpel-Knochenabscherung im Rahmen einer gewohnheitsmäßigen Kniescheibenverrenkung kommen kann. Selbst wenn ein blutiger Gelenkerguss vorgelegen hätte, wäre dies nach den Ausführungen im Gutachten der Dres. E./S. kein Indiz für eine traumatische Kniescheibenverrenkung. Der Vortrag der Prozessbevollmächtigten der Klägerin, dass ohne X-Beinstellung die Patellaluxation eine absolute Rarität sei, entspricht nach den Ausführungen des Dr. B. in keinster Weise der medizinischen Literatur.

50

Soweit Dr. B. in seinem Gutachten vom 2. Dezember 2008 davon ausgeht, dass der Kläger am 27. Januar 2005 eine traumatische Patellaluxation links erlitten hat, folgt der Senat der Beurteilung dieses Arztes nicht. Dr. B. geht hinsichtlich des Unfallherganges davon aus, dass der Kläger beim rückwärtigen Hochspringen an die Stange des Volleyballnetzes geprallt ist (höchstwahrscheinlich mit dem Kopf) und hierdurch der Kläger kurzzeitig bewusstlos gewesen ist. Da im Moment der Bewusstlosigkeit, so Dr. B., keinerlei Muskeltonus vorliege, sei bei einem simplen Aufprall im Einbeinmodus bei dann zwanghaft erfolgender Beugung und je nach Aufprallwinkel einsetzender Valgusdistorsion (X-Beinstress) die Voraussetzung für ein Herausrutschen der Kniescheibe nach lateral gegeben. Die Schilderung des Unfallmechanismus sei von entscheidender Bedeutung unter besonderer Berücksichtigung der retrograden Amnesie. Da eine genaue Schilderung des Unfallmechanismus nirgendwo auffindbar sei und vom Kläger auch zum Zeitpunkt der ambulanten Untersuchung durch ihn, Dr. B., nicht mehr abzugeben sei, müsse auf das hypothetische Modell aufgrund der Schilderung des Aufwachens zurückgegriffen werden.

51

Abgesehen davon, dass erstmals aufgrund der Begutachtung des Klägers durch Dr. B. eine kurzzeitige Bewusstlosigkeit ins Spiel gebracht wird, ist die Annahme des Dr. B., es liege ein geeigneter Unfallhergang zur Verursachung einer traumatischen Patellaluxation vor, rein spekulativ. Aus den bisherigen Unfallschilderungen des Klägers, die bis dahin im Wesentlichen gleichbleibend gewesen sind, ergaben sich keine Anhaltspunkte für eine kurzzeitige Bewusstlosigkeit des Klägers. Auch der vom Senat vernommene Zeuge C. hat als damaliger Schulkamerad sich weder an eine Bewusstlosigkeit noch fehlende Ansprechbarkeit des Klägers erinnern können, er war der Meinung, dass der Kläger durchgehend ansprechbar gewesen ist. Wie aber bei dem von Dr. B. angenommenen tonuslosen Aufkommen des Körpers des Klägers auf dem Boden die nach der unfallmedizinischen Literatur erforderliche starke Muskelanspannung des Oberschenkelstreckers gegeben sein soll, erschließt sich dem Senat nicht. Insoweit räumt Dr. B. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 5. Mai 2009 auch ein, dass beim sog. tonuslosen Auftreffen des Körpers auf dem Boden der Kläger ohne Muskelabwehr und Schutzspannung auf den Boden gelandet sei. Damit lässt Dr. B. einen Unfallmechanismus für die Verursachung einer traumatischen Patellaluxation genügen, welcher mit den Anforderungen in der unfallmedizinischen Literatur nicht in Einklang zu bringen ist.

52

Soweit das Sozialgericht in seinem Urteil davon ausgegangen ist, dass die Verrenkung nicht durch eine direkte Gewalt bei einem Anprall des Kniegelenkes gegen die Netzstange oder bei dem Aufprall auf den Hallenboden luxiert ist, sondern bei der fußwärtigen Landung des Klägers, wobei indirekte auf die Kniescheibe einwirkende Kräfte aufgetreten seien, die die Verrenkung ausgelöst hätten, folgt der Senat der Ansicht des Sozialgerichts nicht. Soweit das Sozialgericht in seiner Entscheidung herausgestellt hat, dass allein Dr. B. die Bedeutung des Unfallherganges für das Auftreten der Verrenkung richtig bewertet habe, folgt es diesem Sachverständigen, der von einem tonuslosen Auftreffen des Körpers des Klägers auf dem Hallenboden bei dem erfolgten Sturz ausgegangen ist, in der Begründung für die Annahme einer traumatischen Patellaluxation gerade nicht, da das Sozialgericht selbst davon ausgegangen ist, dass es zu einer vermehrten Muskelanspannung während der Flugphase und bei der Landung des Klägers gekommen ist, was den Ausführungen von Dr. B. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 5. Mai 2009 gerade widerspricht. Die Annahme einer „vermehrten Muskelanspannung“ im Zustand einer (kurzzeitigen) Bewusstlosigkeit des Klägers wäre für den Senat schlicht nicht nachvollziehbar. Letztlich bleibt auch die Annahme einer geeigneten indirekten Krafteinwirkung durch das Sozialgericht bei nicht sicher feststehendem Unfallmechanismus spekulativ.

53

Schließlich hat auch die Vernehmung des Zeugen C. zur Überzeugung des Senates nicht dazu geführt, vom Ablauf eines geeigneten Unfallherganges zur Verursachung einer traumatischen Patellaluxation des Klägers ausgehen zu können. Der Zeuge hat ausgesagt, gemeinsam mit dem Kläger am Unfalltag zusammen Sportunterricht gehabt zu haben. Sie hätten nach der Sportstunde noch im Kreis zusammengestanden und hätten sich den Volleyball zugespielt. Der Kläger habe versucht, einen ihm zugespielten Ball noch zu erreichen. Dabei sei der Kläger zunächst rückwärts gelaufen, um den Ball noch pritschen zu können. Hierbei sei es dann zur Kollisation mit der Netzstange gekommen. Er sei sich nicht mehr hundertprozentig sicher, meine aber, dass der Kläger sich im Moment des Aufpralles umgedreht habe und dann mit dem Bein (dem Knie) an die Stange geprallt sei. Auch nicht mehr sicher könne er sagen, ob der Kläger auch mit dem Kopf an die Stange geprallt sei.

54

Aufgrund dieser Aussage des Zeugen steht jedenfalls zur Überzeugung des Senates nicht fest, dass von einem Unfallablauf ausgegangen werden kann, bei dem es zu einer direkten auf die Innenseite der Patella des linken Knies des Klägers erfolgten Krafteinwirkung gekommen ist. Abgesehen davon, dass der Zeuge in der mündlichen Verhandlung einen anderen Unfallablauf schildert, als dieser jahrelang vom Kläger selbst zuvor angegeben worden ist, konnte der Senat nicht die Überzeugung gewinnen, dass ein geeigneter Unfallhergang zur Verursachung einer traumatischen Patellaluxation tatsächlich vorgelegen hat. Der Zeuge hat zwei Mal während seiner Vernehmung zum Ausdruck gebracht, er sei sich nicht mehr (ganz) sicher, dass der Kläger sich im Moment des Aufpralles umgedreht hat und dann mit dem Bein (Knie) an die Stange geprallt sei. Auf die Frage, ob der Kläger in der Drehung mit der Innenseite des Knies an die Stange geprallt sei, hat der Zeuge ausgeführt, dass es vielleicht so gewesen sein könnte. Aus diesen Einlassungen des Zeugen hat der Senat nicht die Überzeugung des Nachweises eines geeigneten Unfallherganges gewinnen können, zumal der Kläger selbst seit Jahren einen in wesentlichen Punkten von der Aussage des Zeugen abweichenden Unfallhergang geschildert hat.

55

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

56

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil Gründe hierfür nicht ersichtlich sind (§ 160 Abs. 2 SGG).

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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bu
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published on 21/01/2015 00:00

Tenor 1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Rostock vom 1. April 2011 aufgehoben und die Klage abgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten sind für beide Rechtszüge nicht zu erstatten. 3. Die Revision wird nicht zu
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Tenor 1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Rostock vom 1. April 2011 aufgehoben und die Klage abgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten sind für beide Rechtszüge nicht zu erstatten. 3. Die Revision wird nicht zu
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Annotations

(1) Mit der Klage kann begehrt werden

1.
die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses,
2.
die Feststellung, welcher Versicherungsträger der Sozialversicherung zuständig ist,
3.
die Feststellung, ob eine Gesundheitsstörung oder der Tod die Folge eines Arbeitsunfalls, einer Berufskrankheit oder einer Schädigung im Sinne des Bundesversorgungsgesetzes ist,
4.
die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts,
wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat.

(2) Unter Absatz 1 Nr. 1 fällt auch die Feststellung, in welchem Umfang Beiträge zu berechnen oder anzurechnen sind.

(3) Mit Klagen, die sich gegen Verwaltungsakte der Deutschen Rentenversicherung Bund nach § 7a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch richten, kann die Feststellung begehrt werden, ob eine Erwerbstätigkeit als Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit ausgeübt wird.

(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Wird die versicherte Tätigkeit im Haushalt der Versicherten oder an einem anderen Ort ausgeübt, besteht Versicherungsschutz in gleichem Umfang wie bei Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehmensstätte.

(2) Versicherte Tätigkeiten sind auch

1.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit,
2.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges, um
a)
Kinder von Versicherten (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wegen ihrer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner beruflichen Tätigkeit fremder Obhut anzuvertrauen oder
b)
mit anderen Berufstätigen oder Versicherten gemeinsam ein Fahrzeug zu benutzen,
2a.
das Zurücklegen des unmittelbaren Weges nach und von dem Ort, an dem Kinder von Versicherten nach Nummer 2 Buchstabe a fremder Obhut anvertraut werden, wenn die versicherte Tätigkeit an dem Ort des gemeinsamen Haushalts ausgeübt wird,
3.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges der Kinder von Personen (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wenn die Abweichung darauf beruht, daß die Kinder wegen der beruflichen Tätigkeit dieser Personen oder deren Ehegatten oder deren Lebenspartner fremder Obhut anvertraut werden,
4.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weges von und nach der ständigen Familienwohnung, wenn die Versicherten wegen der Entfernung ihrer Familienwohnung von dem Ort der Tätigkeit an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft haben,
5.
das mit einer versicherten Tätigkeit zusammenhängende Verwahren, Befördern, Instandhalten und Erneuern eines Arbeitsgeräts oder einer Schutzausrüstung sowie deren Erstbeschaffung, wenn diese auf Veranlassung der Unternehmer erfolgt.

(3) Als Gesundheitsschaden gilt auch die Beschädigung oder der Verlust eines Hilfsmittels.

(1) Kraft Gesetzes sind versichert

1.
Beschäftigte,
2.
Lernende während der beruflichen Aus- und Fortbildung in Betriebsstätten, Lehrwerkstätten, Schulungskursen und ähnlichen Einrichtungen,
3.
Personen, die sich Untersuchungen, Prüfungen oder ähnlichen Maßnahmen unterziehen, die aufgrund von Rechtsvorschriften zur Aufnahme einer versicherten Tätigkeit oder infolge einer abgeschlossenen versicherten Tätigkeit erforderlich sind, soweit diese Maßnahmen vom Unternehmen oder einer Behörde veranlaßt worden sind,
4.
behinderte Menschen, die in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen, bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches oder in Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit tätig sind,
5.
Personen, die
a)
Unternehmer eines landwirtschaftlichen Unternehmens sind und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
b)
im landwirtschaftlichen Unternehmen nicht nur vorübergehend mitarbeitende Familienangehörige sind,
c)
in landwirtschaftlichen Unternehmen in der Rechtsform von Kapital- oder Personenhandelsgesellschaften regelmäßig wie Unternehmer selbständig tätig sind,
d)
ehrenamtlich in Unternehmen tätig sind, die unmittelbar der Sicherung, Überwachung oder Förderung der Landwirtschaft überwiegend dienen,
e)
ehrenamtlich in den Berufsverbänden der Landwirtschaft tätig sind,
wenn für das Unternehmen die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft zuständig ist.
6.
Hausgewerbetreibende und Zwischenmeister sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
7.
selbständig tätige Küstenschiffer und Küstenfischer, die zur Besatzung ihres Fahrzeugs gehören oder als Küstenfischer ohne Fahrzeug fischen und regelmäßig nicht mehr als vier Arbeitnehmer beschäftigen, sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
8.
a)
Kinder während des Besuchs von Tageseinrichtungen, deren Träger für den Betrieb der Einrichtungen der Erlaubnis nach § 45 des Achten Buches oder einer Erlaubnis aufgrund einer entsprechenden landesrechtlichen Regelung bedürfen, während der Betreuung durch geeignete Tagespflegepersonen im Sinne von § 23 des Achten Buches sowie während der Teilnahme an vorschulischen Sprachförderungskursen, wenn die Teilnahme auf Grund landesrechtlicher Regelungen erfolgt,
b)
Schüler während des Besuchs von allgemein- oder berufsbildenden Schulen und während der Teilnahme an unmittelbar vor oder nach dem Unterricht von der Schule oder im Zusammenwirken mit ihr durchgeführten Betreuungsmaßnahmen,
c)
Studierende während der Aus- und Fortbildung an Hochschulen,
9.
Personen, die selbständig oder unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich im Gesundheitswesen oder in der Wohlfahrtspflege tätig sind,
10.
Personen, die
a)
für Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts oder deren Verbände oder Arbeitsgemeinschaften, für die in den Nummern 2 und 8 genannten Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von Gebietskörperschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
b)
für öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften und deren Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
11.
Personen, die
a)
von einer Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts zur Unterstützung einer Diensthandlung herangezogen werden,
b)
von einer dazu berechtigten öffentlichen Stelle als Zeugen zur Beweiserhebung herangezogen werden,
12.
Personen, die in Unternehmen zur Hilfe bei Unglücksfällen oder im Zivilschutz unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen dieser Unternehmen einschließlich der satzungsmäßigen Veranstaltungen, die der Nachwuchsförderung dienen, teilnehmen,
13.
Personen, die
a)
bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not Hilfe leisten oder einen anderen aus erheblicher gegenwärtiger Gefahr für seine Gesundheit retten,
b)
Blut oder körpereigene Organe, Organteile oder Gewebe spenden oder bei denen Voruntersuchungen oder Nachsorgemaßnahmen anlässlich der Spende vorgenommen werden,
c)
sich bei der Verfolgung oder Festnahme einer Person, die einer Straftat verdächtig ist oder zum Schutz eines widerrechtlich Angegriffenen persönlich einsetzen,
d)
Tätigkeiten als Notärztin oder Notarzt im Rettungsdienst ausüben, wenn diese Tätigkeiten neben
aa)
einer Beschäftigung mit einem Umfang von regelmäßig mindestens 15 Stunden wöchentlich außerhalb des Rettungsdienstes oder
bb)
einer Tätigkeit als zugelassener Vertragsarzt oder als Arzt in privater Niederlassung
ausgeübt werden,
14.
Personen, die
a)
nach den Vorschriften des Zweiten oder des Dritten Buches der Meldepflicht unterliegen, wenn sie einer besonderen, an sie im Einzelfall gerichteten Aufforderung der Bundesagentur für Arbeit, des nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Trägers oder eines nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Trägers nachkommen, diese oder eine andere Stelle aufzusuchen,
b)
an einer Maßnahme teilnehmen, wenn die Person selbst oder die Maßnahme über die Bundesagentur für Arbeit, einen nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Träger oder einen nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Träger gefördert wird,
15.
Personen, die
a)
auf Kosten einer Krankenkasse oder eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der landwirtschaftlichen Alterskasse stationäre oder teilstationäre Behandlung oder stationäre, teilstationäre oder ambulante Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erhalten,
b)
zur Vorbereitung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben auf Aufforderung eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der Bundesagentur für Arbeit einen dieser Träger oder eine andere Stelle aufsuchen,
c)
auf Kosten eines Unfallversicherungsträgers an vorbeugenden Maßnahmen nach § 3 der Berufskrankheiten-Verordnung teilnehmen,
d)
auf Kosten eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung, der landwirtschaftlichen Alterskasse oder eines Trägers der gesetzlichen Unfallversicherung an Präventionsmaßnahmen teilnehmen,
16.
Personen, die bei der Schaffung öffentlich geförderten Wohnraums im Sinne des Zweiten Wohnungsbaugesetzes oder im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung bei der Schaffung von Wohnraum im Sinne des § 16 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 des Wohnraumförderungsgesetzes oder entsprechender landesrechtlicher Regelungen im Rahmen der Selbsthilfe tätig sind,
17.
Pflegepersonen im Sinne des § 19 Satz 1 und 2 des Elften Buches bei der Pflege eines Pflegebedürftigen mit mindestens Pflegegrad 2 im Sinne der §§ 14 und 15 Absatz 3 des Elften Buches; die versicherte Tätigkeit umfasst pflegerische Maßnahmen in den in § 14 Absatz 2 des Elften Buches genannten Bereichen sowie Hilfen bei der Haushaltsführung nach § 18 Absatz 5a Satz 3 Nummer 2 des Elften Buches.

(1a) Versichert sind auch Personen, die nach Erfüllung der Schulpflicht auf der Grundlage einer schriftlichen Vereinbarung im Dienst eines geeigneten Trägers im Umfang von durchschnittlich mindestens acht Wochenstunden und für die Dauer von mindestens sechs Monaten als Freiwillige einen Freiwilligendienst aller Generationen unentgeltlich leisten. Als Träger des Freiwilligendienstes aller Generationen geeignet sind inländische juristische Personen des öffentlichen Rechts oder unter § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallende Einrichtungen zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung), wenn sie die Haftpflichtversicherung und eine kontinuierliche Begleitung der Freiwilligen und deren Fort- und Weiterbildung im Umfang von mindestens durchschnittlich 60 Stunden je Jahr sicherstellen. Die Träger haben fortlaufende Aufzeichnungen zu führen über die bei ihnen nach Satz 1 tätigen Personen, die Art und den Umfang der Tätigkeiten und die Einsatzorte. Die Aufzeichnungen sind mindestens fünf Jahre lang aufzubewahren.

(2) Ferner sind Personen versichert, die wie nach Absatz 1 Nr. 1 Versicherte tätig werden. Satz 1 gilt auch für Personen, die während einer aufgrund eines Gesetzes angeordneten Freiheitsentziehung oder aufgrund einer strafrichterlichen, staatsanwaltlichen oder jugendbehördlichen Anordnung wie Beschäftigte tätig werden.

(3) Absatz 1 Nr. 1 gilt auch für

1.
Personen, die im Ausland bei einer amtlichen Vertretung des Bundes oder der Länder oder bei deren Leitern, Mitgliedern oder Bediensteten beschäftigt und in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 4 Absatz 1 Satz 2 des Sechsten Buches pflichtversichert sind,
2.
Personen, die
a)
im Sinne des Entwicklungshelfer-Gesetzes Entwicklungsdienst oder Vorbereitungsdienst leisten,
b)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts” im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. August 2007 (BAnz. 2008 S. 1297) leisten,
c)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie Internationaler Jugendfreiwilligendienst des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 20. Dezember 2010 (GMBl S. 1778) leisten,
3.
Personen, die
a)
eine Tätigkeit bei einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Organisation ausüben und deren Beschäftigungsverhältnis im öffentlichen Dienst während dieser Zeit ruht,
b)
als Lehrkräfte vom Auswärtigen Amt durch das Bundesverwaltungsamt an Schulen im Ausland vermittelt worden sind oder
c)
für ihre Tätigkeit bei internationalen Einsätzen zur zivilen Krisenprävention als Sekundierte nach dem Sekundierungsgesetz abgesichert werden.
Die Versicherung nach Satz 1 Nummer 3 Buchstabe a und c erstreckt sich auch auf Unfälle oder Krankheiten, die infolge einer Verschleppung oder einer Gefangenschaft eintreten oder darauf beruhen, dass der Versicherte aus sonstigen mit seiner Tätigkeit zusammenhängenden Gründen, die er nicht zu vertreten hat, dem Einflussbereich seines Arbeitgebers oder der für die Durchführung seines Einsatzes verantwortlichen Einrichtung entzogen ist. Gleiches gilt, wenn Unfälle oder Krankheiten auf gesundheitsschädigende oder sonst vom Inland wesentlich abweichende Verhältnisse bei der Tätigkeit oder dem Einsatz im Ausland zurückzuführen sind. Soweit die Absätze 1 bis 2 weder eine Beschäftigung noch eine selbständige Tätigkeit voraussetzen, gelten sie abweichend von § 3 Nr. 2 des Vierten Buches für alle Personen, die die in diesen Absätzen genannten Tätigkeiten im Inland ausüben; § 4 des Vierten Buches gilt entsprechend. Absatz 1 Nr. 13 gilt auch für Personen, die im Ausland tätig werden, wenn sie im Inland ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben.

(4) Familienangehörige im Sinne des Absatzes 1 Nr. 5 Buchstabe b sind

1.
Verwandte bis zum dritten Grade,
2.
Verschwägerte bis zum zweiten Grade,
3.
Pflegekinder (§ 56 Abs. 2 Nr. 2 des Ersten Buches)
der Unternehmer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner.

(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Wird die versicherte Tätigkeit im Haushalt der Versicherten oder an einem anderen Ort ausgeübt, besteht Versicherungsschutz in gleichem Umfang wie bei Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehmensstätte.

(2) Versicherte Tätigkeiten sind auch

1.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit,
2.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges, um
a)
Kinder von Versicherten (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wegen ihrer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner beruflichen Tätigkeit fremder Obhut anzuvertrauen oder
b)
mit anderen Berufstätigen oder Versicherten gemeinsam ein Fahrzeug zu benutzen,
2a.
das Zurücklegen des unmittelbaren Weges nach und von dem Ort, an dem Kinder von Versicherten nach Nummer 2 Buchstabe a fremder Obhut anvertraut werden, wenn die versicherte Tätigkeit an dem Ort des gemeinsamen Haushalts ausgeübt wird,
3.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges der Kinder von Personen (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wenn die Abweichung darauf beruht, daß die Kinder wegen der beruflichen Tätigkeit dieser Personen oder deren Ehegatten oder deren Lebenspartner fremder Obhut anvertraut werden,
4.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weges von und nach der ständigen Familienwohnung, wenn die Versicherten wegen der Entfernung ihrer Familienwohnung von dem Ort der Tätigkeit an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft haben,
5.
das mit einer versicherten Tätigkeit zusammenhängende Verwahren, Befördern, Instandhalten und Erneuern eines Arbeitsgeräts oder einer Schutzausrüstung sowie deren Erstbeschaffung, wenn diese auf Veranlassung der Unternehmer erfolgt.

(3) Als Gesundheitsschaden gilt auch die Beschädigung oder der Verlust eines Hilfsmittels.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.