Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 09. Jan. 2019 - L 14 AS 524/13

published on 09/01/2019 00:00
Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 09. Jan. 2019 - L 14 AS 524/13
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Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Neubrandenburg vom 22. Oktober 2013 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über einen Leistungsanspruch der Klägerinnen nach dem SGB II im Monat Mai 2011, insbesondere im Hinblick auf die Übernahme einer in diesem Monat fällig gewordenen Heizkostennachzahlung.

2

Die im Juni 2005, September 2006 und Oktober 2008 geborenen Klägerinnen lebten gemeinsam mit ihrer nicht erwerbstätigen Mutter. Von September 2009 bis Januar 2011 bewohnten sie eine 85,78 m² großen Mietwohnung in A-Stadt (Bahnhofstraße 4) und bezogen vom Beklagten Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II. Bis zu dessen Auszug am 25. Januar 2010 gehörte auch der seinerzeitige Partner der Mutter der Klägerinnen zu der Bedarfsgemeinschaft. An Heizkosten gewährte der Beklagte entsprechend den Abschlagsforderungen des seinerzeitigen Vermieters und nach Abzug der Pauschalen für Warmwasserbereitung 74,11 Euro für Januar, 78,28 Euro monatlich für Februar bis Mai und 138,96 Euro für Juni bis Dezember 2010.

3

Am 06. Januar 2011 zogen die Klägerinnen und ihre Mutter nach Kostensenkungsaufforderung und mit Zustimmung des Beklagten in eine andere, ca. 75 m² große Wohnung (P-Straße 13, A-Stadt). Für diese war eine monatliche Netto-Kaltmiete in Höhe von 313,00 Euro, ein monatlicher Betriebskostenvorschuss in Höhe von 60,00 Euro und ein monatlicher Heizkostenvorschuss in Höhe von 82,00 Euro zu entrichten, insgesamt monatlich 455,00 Euro.

4

Mit Bewilligungsbescheid vom 27. Dezember 2010 bewilligte der Beklagte der Mutter der Klägerinnen auf ihren Antrag für den Zeitraum 01. Januar bis 30. Juni 2011 erneut Grundsicherungsleistungen. Ein individueller Leistungsanspruch der Klägerinnen ergab sich nach den Berechnungen des Beklagten im Hinblick auf überschießendes Einkommen nicht. Die drei Klägerinnen verfügten über jeweils 133 Euro monatlichen Unterhaltsvorschuss, 82,33 Euro monatliches Wohngeld (Klägerin zu 3: 82,34 Euro) und monatliches Kindergeld in Höhe von 184 Euro (Klägerin zu 3: 190 Euro). Der ursprünglich vorgenommene Abzug der Warmwasserpauschale entfiel im Rahmen späterer Änderungsbescheide (vom 26. März und 12. Mai 2011), sodass der Mutter der Klägerinnen letztlich für den Monat Mai 2011 ein Betrag in Höhe von 427,00 Euro bewilligt wurde. Ein eigener Leistungsanspruch der Klägerinnen wurde weiterhin nicht angenommen, da deren o.g. Einkommen (399,33 Euro bzw. 405,34 Euro) ihren Gesamtbedarf in Höhe von 328,75 Euro (215,00 Euro Sozialgeld, 113,75 Euro anteilige Kosten der Unterkunft und Heizung) überstieg.

5

Den am 23. Januar 2011 seitens der Klägerinnen und ihrer Mutter erhobenen Widerspruch gegen den Bewilligungsbescheid vom 27. Dezember 2010 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21. Juni 2011 (W157/11) als unbegründet zurück. Als zustehender Leistungsanspruch der Mutter der Klägerinnen wurde hierin für Mai 2011 ein Betrag in Höhe von insgesamt 421,00 Euro errechnet. Die bewilligten Leistungen seien wegen einer falschen Kindergeldanrechnung rechtswidrig zu hoch gewesen, aus Vertrauensschutzgründen werde eine Rückforderung nicht geltend gemacht. Hinsichtlich der Klägerinnen legte die Beklagte im Einzelnen dar, dass das jeweilige Einkommen den Bedarf übersteige, weshalb sich kein eigener Anspruch ergebe.

6

Hiergegen haben allein die Klägerinnen am 25. Juli 2011 bei dem Sozialgericht Neubrandenburg Klage erhoben. Zur Begründung haben sie schließlich vorgetragen, es seien im Hinblick auf eine Nebenkostennachforderung für das Jahr 2010 höhere Leistungen für Mai 2011 zu zahlen. Ausweislich der vorgelegten Abrechnung der Vermieterin vom 04. April 2011 wurde eine Heizkostennachforderung in Höhe von 690,35 Euro (Gesamtkosten 2.239,84 Euro abzgl. Vorauszahlungen in Höhe von 1.549,49 Euro) sowie eine Betriebskostennachforderung in Höhe von 164,03 Euro für das Jahr 2010 geltend gemacht, jeweils fällig am 01. Mai 2011. Nach der Anlage zur Nebenkostenabrechnung betrug der Anteil der Wohnfläche der Wohnung der Klägerinnen an der Gesamtwohnfläche ca. 13,6 % (85,78 m² von insgesamt 630,96 m² Wohnfläche des mit einer Gaszentralheizung beheizten Gebäudes), während die auf die Wohnung der Klägerinnen entfallenden Wärmezählereinheiten ca. 27,6 % ausmachten (22.332,16 von insgesamt 81.038,65 Einheiten). Wegen der nach der Heizkostenverordnung vorzunehmenden Verteilung (70 % nach Verbrauch, 30 % nach Wohnfläche) machte der Anteil der Wohnung der Klägerin an den Heizkosten (ohne Warmwasser) hingegen 23,5 % aus. Unter Berücksichtigung auch der Warmwasser-Kosten betrug der Anteil ca. 23,2 %.

7

Der Beklagte anerkannte die Betriebskostennachzahlung mit Bescheid vom 24. Juni 2011 (wohl versehentlich mit 167,03 Euro statt mit den von der Vermieterin geltend gemachten 164,03 Euro), berücksichtigte für den Monat Juni 2011 einen entsprechend höheren Leistungsanspruch der Bedarfsgemeinschaft und brachte den Betrag unmittelbar an die Vermieterin zur Auszahlung. Die Übernahme der Heizkostennachzahlung lehnte der Beklagte mit weiterem Bescheid vom 24. Juni 2011 hingegen wegen Unangemessenheit vollständig ab. Einem hiergegen erhobenen Widerspruch half er mit Widerspruchsbescheid vom 06. Oktober 2011 (W 1103/11) in Höhe von 148,58 Euro teilweise ab; im Übrigen wies er den Widerspruch zurück. Eine Umsetzung dieser Entscheidung erfolgte durch schlichte Überweisung des Betrages an die Mutter der Klägerinnen, ohne dass (für Mai oder für Juni 2011) eine gesonderte Leistungsberechnung erfolgt wäre. Ein gegen den vorgenannten Widerspruchsbescheid gerichtetes weiteres Klageverfahren (Sozialgericht Neubrandenburg – S 14 AS 2598/11) haben die Beteiligten wegen der Identität des Leistungsbegehrens mit dem vorliegenden Verfahren für erledigt erklärt.

8

Die Kläger haben im vorliegenden Verfahren beantragt:

9

Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 27. Dezember 2010 in der Fassung seiner Änderungsbescheide in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Juni 2011 (Az. W 157/11) verpflichtet, den Klägern für den Monat Mai 2011 Leistungen nach dem SGB II in der gesetzlichen Höhe zu bewilligen.

10

Der Beklagte hat beantragt,

11

die Klage abzuweisen.

12

Er hat darauf hingewiesen, es liege ein offensichtlich unwirtschaftliches Heizverhalten vor. Die tatsächlichen Heizkosten überstiegen den Grenzwert nach dem bundesweiten Heizkostenspiegel 2011 für das Abrechnungsjahr 2010 deutlich (2.239,84 Euro zu 1.386 Euro). Die Bereinigung der tatsächlichen Kosten auch um die Kosten der Warmwasseraufbereitung könne wegen der Höhe des übersteigenden Betrages dahinstehen. Besonderheiten, die einen derartig hohen Heizverbrauch erklären könnten, seien weder vorgetragen noch ersichtlich. Auch das Alter der Kinder (5, 4 und 2 Jahre) rechtfertige keine derartige Überschreitung des Grenzwertes, es habe sich nicht mehr um Kleinkinder gehandelt. Der Beklagte habe Heizkosten bis zur Angemessenheitsgrenze von 1.386 Euro übernommen. Zusätzlich zu den laufenden Vorauszahlungen seien im Vorverfahren von der Heizkostennachforderung weitere 148,58 Euro übernommen worden, mithin insgesamt sogar zu viel. Einer Kostensenkungsaufforderung habe es auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nicht bedurft. Lediglich im Rahmen der Zumutbarkeitsprüfung seien Kostensenkungsaufforderungen als Information gegenüber dem Hilfebedürftigen mit Aufklärungs- und Warnfunktion von Bedeutung. In den Fällen eines unangemessenen Heizverhaltens sei eine solche Kostensenkungsaufforderung entbehrlich. Auch sei dem Beklagten ein früherer Hinweis gar nicht möglich gewesen, da er erst im April 2011 mit Einreichung der Nebenkostenabrechnung Kenntnis von den unangemessenen Heizkosten erlangt habe.

13

Das Sozialgericht hat der Klage mit Urteil vom 22. Oktober 2013 stattgegeben und den Beklagten verurteilt, „den Klägern Leistungen für den Monat Mai 2011 nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe zu bewilligen. Hierbei hat er die im Mai fällige Nachzahlung für die Heizkosten i. H. v. 690,35 € als angemessene Kosten der Heizung zu berücksichtigen.“

14

Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, zwar seien die Heizkosten objektiv nicht angemessen, sondern deutlich zu hoch. Der Höchstwert nach dem Heizkostenspiegel werde um circa 58 % überschritten, was unwirtschaftliches Heizen vermuten lasse. Diese Vermutung hätten die Klägerinnen auch nicht entkräften können. Gleichwohl sei die Heizkostennachforderung vollumfänglich zu übernehmen, da es den Klägerinnen nicht möglich gewesen sei, ihr Heizverhalten anzupassen. Es mangele an einer Kostensenkungsaufforderung. Es stehe auch nicht fest, dass die Klägerinnen auf anderem Wege Kenntnis von der Unangemessenheit der Heizkosten hätten erlangen können. Zwar sei die objektive deutliche Überschreitung des angemessenen Verbrauchs ein gewichtiges Indiz für die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis von der Unangemessenheit des Energieverbrauchs, doch für sich nicht ausreichend. Andere Indizien habe es nicht gegeben. Der vage Vortrag der Mutter der Klägerinnen zum Heizverhalten genüge als weiteres Indiz nicht. Es bestünden auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerinnen in der Vergangenheit bereits unangemessene Heizkosten verursacht hätten und aufgrund dessen hätten vorgewarnt sein müssen. Die Berufung werde zugelassen, da die Klage besondere Schwierigkeiten tatsächlicher Art aufweise.

15

Der Beklagte hat gegen das ihm am 08. November 2013 zugestellte Urteil am 06. Dezember 2013 Berufung eingelegt. Zur Begründung verweist er auf das deutliche Überschreiten des Grenzwertes, der unangemessenes Heizen indiziere. Auch habe die Mutter der Klägerinnen im Termin ausgesagt, sie habe für alle ihre bisher bewohnten Wohnungen hohe Heizkostennachforderungen erhalten und könne sich das nicht erklären. Diese Aussage lasse den Schluss zu, dass es sehr wohl das Heizverhalten der Mutter der Klägerinnen sei und nicht der bauliche Zustand der bisherigen Wohnung Ursache für die hohen Nachforderungen sein könne. Der Beklagte vertrete nach wie vor die Auffassung, dass in einem solchen Falle des objektiven unwirtschaftlichen Heizkostenverhaltens eine vorherige Kostensenkungsaufforderung entbehrlich sei. Das Sozialgericht habe sich trotz Hinweises des Beklagten nicht mit entsprechender Rechtsprechung des 10. Senats des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern auseinandergesetzt. Von einem Leistungsberechtigten nach dem SGB II könne nichts anderes erwarten werden als von einem Nichtleistungsberechtigten, der seine Heizkosten aus seinem eigenen Einkommen finanzieren müsse. Gerade beim Umzug in eine neue Wohnung, bei dem er die Kosten mangels Erfahrungswerten schlecht einschätzen könne, sei ein vorsichtiger Umgang mit den Heizkosten zu verlangen.

16

Der Beklagte beantragt,

17

das Urteil des SG Neubrandenburg vom 22. Oktober 2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

18

Die Klägerinnen beantragen,

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die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

20

Sie verweisen auf die fehlende vorherige Kostensenkungsaufforderung. Selbst wenn eine solche entbehrlich sei, seien die Kosten jedenfalls nicht unangemessen. Sie machen die Verfassungswidrigkeit des § 22 Absatz 1 Satz 1 Halbsatz 2 SGB II geltend. Der unbestimmte Rechtsbegriff der „angemessenen Kosten“ lasse sich nicht verfassungsmäßig auslegen.

21

Der für das Verfahren ursprünglich zuständig gewesene 10. Senat des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern hat das angegriffene Urteil mit Urteil vom 25. Januar 2017 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

22

Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerinnen hat das Bundessozialgericht (B 14 AS 157/17 B) dieses Urteil mit Beschluss vom 25. April 2018 wegen falscher Besetzung des Senats aufgehoben und die Sache an das Landessozialgericht zurückverwiesen. Der Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen ist vom nunmehr zuständigen erkennenden Senat des Landessozialgerichts Gelegenheit gegeben worden, ergänzend vorzutragen. Hiervon hat sie keinen Gebrauch gemacht, sondern lediglich im Termin zur mündlichen Verhandlung erneut auf die nach ihrer Auffassung bestehende Erforderlichkeit einer Kostensenkungsaufforderung hingewiesen. Der Beklagte hat seinen bisherigen Vortrag unter nochmaligem Hinweis auf die Entscheidung des BSG vom 19. September 2008, B 14 AS 54/07 R, wiederholt.

Entscheidungsgründe

23

Die zulässige Berufung ist auch begründet. Die angegriffenen Bescheide des Beklagten verletzen die Klägerinnen nicht in ihren Rechten. Ihnen steht entgegen der Auffassung des Sozialgerichts kein Leistungsanspruch für den Monat Mai 2011 zu, da ihr jeweiliges Einkommen ausreichte, ihren Bedarf zu decken. Die vom Sozialgericht im Wege eines Grundurteils ausgesprochene Leistungsverpflichtung des Beklagten war daher aufzuheben und die Klagen der Klägerinnen abzuweisen.

24

Mit dem angegriffenen Bewilligungsbescheid vom 27. Dezember 2010 ist den Klägerinnen jeweils kein eigener Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II zuerkannt worden. Der Beklagte hat hierbei (jedenfalls zunächst zutreffend) den individuellen Bedarfen der Klägerinnen in Höhe von insgesamt 328,75 Euro (215 Euro Sozialgeld, 113,75 Euro kopfteilige Kosten der Unterkunft und Heizung für die aktuell bewohnte Wohnung) deren Einkommen aus Unterhaltsvorschuss, Wohngeld und Kindergeld in Höhe von 399,33 Euro bzw. 405,34 Euro gegenüber gestellt. Alle Sozialleistungen waren als Einkommen bei den minderjährigen Klägerinnen unabhängig davon zu berücksichtigen, ob ihnen diese persönlich oder ihrer Mutter gewährt wurden. Dies folgt für das der Mutter gewährte Kindergeld aus § 11 Abs. 1 Satz 3 SGB II in der Fassung des Gesetzes vom 05. Dezember 2006 (nunmehr Satz 5 der Norm), während Berechtigte des Anspruchs auf Unterhaltsvorschuss gemäß § 1 Abs. 1 Unterhaltsvorschussgesetz ohnehin die minderjährigen Klägerinnen selbst waren. Inhaber des Anspruchs auf das hier bezogene sog. Kinderwohngeld (vgl. BSG, Urteil vom 14. Juni 2018 – B 14 AS 37/17 R – Rn. 16 f.) ist zwar nach der Konzeption des Wohngeldgesetzes (WoGG) grundsätzlich der Wohnungsmieter, § 1 Abs. 2 Alt. 1 WoGG, hier also die Mutter der Klägerinnen. Grundsicherungsrechtlich ist das Kinderwohngeld gleichwohl als Einkommen des Kindes anzusehen, für das es gewährt wird, da § 40 WoGG in der seit 2009 geltenden Fassung ausdrücklich anordnet, dass das einer vom Wohngeld ausgeschlossenen wohngeldberechtigten Person bewilligte Wohngeld bei Sozialleistungen nicht als deren Einkommen zu berücksichtigen ist, sodass nur eine Anrechnung auf den Bedarf der Kinder als Einnahme in Geld im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II in Betracht kommt (BSG, a.a.O., Rn. 20 ff., Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 31. August 2017 – L 20 AS 1182/15).

25

Bei Erlass des Bewilligungsbescheides für das erste Halbjahr 2011 vom 27. Dezember 2010 ist der Beklagte mithin zutreffend davon ausgegangen, dass das Einkommen der Klägerinnen ihren grundsicherungsrechtlichen Bedarf um ca. 70 Euro monatlich übertrifft, sodass sich (nach Abzug dieses Einkommensüberschusses der Kinder aus Kindergeld) lediglich für deren Mutter ein Individualanspruch ergab. Auch aus der im Monat Mai 2011 fällig gewordenen Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2010 vom 04. April 2011 folgt kein Anspruch der Klägerinnen auf Änderung des vorgenannten Bescheides. Zwar ist gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Ob eine Änderung der Verhältnisse wesentlich ist, richtet sich dabei allein nach dem Verfügungssatz des maßgeblichen Verwaltungsaktes. Nur wenn dieser anders hätte lauten müssen, wäre die Änderung bereits vor dem Erlasszeitpunkt eingetreten, ist Wesentlichkeit im Sinne von § 48 Abs. 1 SGB X anzunehmen. Dabei ist im Falle einer Mehrheit von Adressaten des in Rede stehenden Verwaltungsaktes allein auf den den jeweiligen Adressaten betreffenden Verfügungssatz abzustellen. Da vorliegend allein die minderjährigen Klägerinnen den Widerspruchsbescheid vom 21. Juni 2011 und damit den Bewilligungsbescheid vom 27. Dezember 2010 zur Überprüfung des Gerichts gestellt haben, ist er gegenüber der Mutter der Klägerinnen bestandskräftig geworden. Ein Erfolg der Klage setzt mithin voraus, dass die Änderung (Fälligkeit der Nebenkostenabrechnung) zu einem eigenen Anspruch der Klägerinnen geführt hat, während eine (bloße) Erhöhung des Leistungsanspruchs deren Mutter der Klage nicht zum Erfolg verhelfen kann.

26

Ein eigener Anspruch der Klägerinnen ergibt sich jedoch nicht, selbst wenn man davon ausgeht, dass die im Mai 2011 zu berücksichtigenden Kosten der Unterkunft und Heizung um die Nachforderung für (kalte) Betriebskosten aus 2010 (kopfteilig) zu erhöhen sind, obschon die vermieterseits geltend gemachten 164,03 Euro vom Beklagten bereits an den Vermieter ausgezahlt und lediglich bescheidmäßig im (falschen) Monat Juni 2011 berücksichtigt worden sind; hierdurch verringerte sich lediglich der Einkommensüberschuss der Klägerinnen auf ca. 30 Euro. Denn weitere Forderungen der ehemaligen Vermieterin waren jedenfalls nicht anspruchserhöhend zu berücksichtigen. Insbesondere bestand kein Anspruch auf Berücksichtigung der Nachzahlung für im Jahr 2010 entstandene Heizkosten.

27

Ein solcher Anspruch ist allerdings nicht bereits deshalb ausgeschlossen, weil die Klägerinnen die Wohnung, für welche die Abrechnung erstellt wurde, im Fälligkeitszeitpunkt nicht mehr bewohnt haben, da es sich hier um einen Umzug während des Leistungsbezugs in Erfüllung einer Kostensenkungsobliegenheit nach Aufforderung durch den Leistungsträger (§ 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II) gehandelt hat und die Heizkosten auch während des Leistungsbezuges verursacht worden sind, vgl. BSG, Urteil vom 25. Juni 2015 – B 14 AS 40/14 R – Rn. 21 in Abgrenzung zu BSG, Urteil vom 20. Dezember 2011 – B 4 AS 9/11 R. Die mithin grundsätzlich mögliche Berücksichtigung auch der Heizkostennachforderung bei den Bedarfen für Unterkunft und Heizung im Mai 2011 scheidet aber deshalb aus, weil gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II ein Anspruch hierauf nur insoweit besteht, wie diese angemessen sind.

28

Der Beklagte hatte in 2010 (nach Abzug der seinerzeit noch anzusetzenden Warmwasserpauschalen) bereits insgesamt 1.359,95 Euro auf die Heizkosten der Bedarfsgemeinschaft der Klägerinnen gezahlt. Für einen Leistungsanspruch der Klägerinnen zu 1. und 2. im allein streitigen Monat Mai 2011 wäre zu verlangen, dass wenigstens 1.478,26 Euro (entsprechend einer Nachzahlung in Höhe von wenigstens 118,31 Euro) als angemessene Heizkosten zu beanspruchen sind. Hinsichtlich der Klägerin zu 3., die über ein um 6,01 Euro höheres Einkommen verfügte, errechnet sich ein entsprechend noch höherer Betrag (Nachzahlung in Höhe von 124,35 Euro). Als angemessener Heizkostenbedarf für das Jahr 2010 können jedoch keinesfalls mehr als 1.386 Euro berücksichtigt werden. Dieser Betrag errechnet sich, wenn man die für einen Vier-Personen-Haushalt maximal angemessen Wohnfläche von 90 m² und den sich aus dem bundesweiten Heizspiegel für 2010 (in Ermangelung eines kommunalen Heizspiegels) ergebenden Maximalwert von 15,40 Euro je m² (gasbeheiztes Gebäude mit Wohnfläche zwischen 501 und 1000 m²) berücksichtigt. Dabei lässt der Senat zugunsten der Klägerinnen außer Betracht, dass weitere 164,03 Euro Betriebskostennachforderung vom Beklagten bereits übernommen und lediglich im falschen Monat in die Leistungsberechnung eingestellt worden sind, dass die tatsächliche Wohnfläche nicht 90, sondern lediglich knapp 86 m² betragen hat und dass der bundesweite Heizspiegel 2011 (für das Jahr 2010) erst im September 2011 veröffentlicht worden sein dürfte (so jedenfalls das Erstelldatum des im Internet unter https://www.heizspiegel.de/heizkosten-pruefen/heizspiegel/ veröffentlichten PDF-Dokuments), während sich nach dem Heizspiegel für das Vorjahr nur ein Maximalwert von 1.332 Euro ergeben würde. Unberücksichtigt bleibt schließlich der im Zuge des Vorverfahrens „anerkannte“ und zur Auszahlung gebrachte, nicht jedoch in die Leistungsberechnung für einen konkreten Monat eingestellte weitere Betrag in Höhe von 148,58 Euro.

29

Die auf die (ehemalige) Wohnung der Klägerinnen entfallenen Heizkosten lagen mit 1.979,99 Euro (ohne Warmwasserkosten) um 49 % bzw. 43 % und damit weit über den nach Heizspiegel (2010 bzw. 2011) maximal zu erwartenden Werten. Sie überstiegen zudem die durchschnittlichen Kosten des Rests des von den Klägerinnen seinerzeit bewohnten 8-Parteien-Miethauses um mehr als 95 %, lagen mithin fast doppelt so hoch. Geht man davon aus, dass die Klägerinnen im Hinblick auf ihr geringes Alter im Jahr 2010 einen überdurchschnittlichen Wärmebedarf hatten, ist gleichwohl festzustellen, dass der Durchschnittswert des Rests des Hauses um bis zu 30 % hätte überschritten werden können, ohne den Maximalwert des Heizspiegels 2011 zu erreichen. Hiermit war mithin ein bereits deutlich „wärmeres Wohnen“ möglich, als im Rest des Hauses üblich. Da die Wohnung der Klägerinnen im Erdgeschoss des Mehrparteienhausees belegen war und dieses im Übrigen mit 11,83 Euro/m² nur geringfügig oberhalb des im Heizspiegel als „mittel“ bezeichneten Bereichs vergleichbarer Gebäude lag (7,30 – 11,50 Euro/m²), sind auch keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die hohen tatsächlichen Kosten unvermeidbar mit dem Mietgegenstand verbunden waren. Erst Recht sind derartige Anhaltspunkte klägerseits nicht vorgetragen worden. Allein ursächlich für die massiv überhöhten Heizkosten kann mithin nur das Heizverhalten der Bewohner der Wohnung der Klägerinnen gewesen sein. Dabei kann dahinstehen, ob sich dies durch Heizen bei stundenlang geöffneten Fenstern, durch ständig deutlich überhöhte Temperaturen oder anderweitig dargestellt hat. Jedenfalls kann kein Heizverhalten vorgelegen haben, wie es üblicherweise zu erwarten ist, wenn die hierdurch beeinflussten Kosten selbst und nicht durch Dritte getragen werden.

30

Im Ergebnis ist die Heizkostennachforderung bei der Leistungsberechnung nicht zu berücksichtigen, weil es sich hierbei nicht um „angemessene“ Kosten im Sinne von § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II handelt, sondern um das Ergebnis eines offensichtlich grob unwirtschaftlichen Heizverhaltens. Auf einen derartigen unangemessenen „Bedarf“ besteht nach dem Gesetz kein Anspruch.

31

Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts musste der Beklagte, um sich auf die Unangemessenheit der – wie gezeigt – massiv überhöhten Heizkosten berufen zu können, die Klägerinnen (bzw. deren Mutter) nicht zunächst durch eine Kostensenkungsaufforderung dazu anhalten, ihr Heizverhalten anzupassen und sich so vernünftig zu verhalten, wie auch ein Nichthilfebedürftiger üblicherweise agiert. Zwar werden gemäß § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II in der hier maßgeblichen Fassung grundsätzlich auch Aufwendungen für die Heizung solange als Bedarf anerkannt, wie es der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Dem Hilfebedürftigen soll hierdurch für eine Übergangszeit der räumliche Lebensmittelpunkt auch bei unangemessenen Heizkosten erhalten bleiben, nicht anders als im Falle sonstiger unangemessener Unterkunftskosten. Diese Regelung zielt jedoch vornehmlich auf diejenigen Fälle ab, in denen die unangemessenen Heizkosten gerade auf einer unangemessen Wohnungsgröße beruhen, sodass eine Senkung auch der Heizkosten nur durch einen Wohnungswechsel oder eine anderweitige Verkleinerung der bewohnten (und beheizten) Fläche möglich ist. Einschränkungen ergeben sich auch nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, der der Senat folgt, allerdings in Fällen unwirtschaftlichen Heizverhaltens, vgl. BSG, Urteil vom 19. September 2008 – B 14 AS 54/07 R.

32

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

33

Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.

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Tenor Die Sprungrevision des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 12. November 2010 wird zurückgewiesen.
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(1) Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld abzüglich der nach § 11b abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a genannten Einnahmen sowie Einnahmen, die nach anderen Vorschriften des Bundesrechts nicht als Einkommen im Sinne dieses Buches zu berücksichtigen sind. Dies gilt auch für Einnahmen in Geldeswert, die im Rahmen einer Erwerbstätigkeit, des Bundesfreiwilligendienstes oder eines Jugendfreiwilligendienstes zufließen. Als Einkommen zu berücksichtigen sind auch Zuflüsse aus darlehensweise gewährten Sozialleistungen, soweit sie dem Lebensunterhalt dienen. Der Kinderzuschlag nach § 6a des Bundeskindergeldgesetzes ist als Einkommen dem jeweiligen Kind zuzurechnen. Dies gilt auch für das Kindergeld für zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Kinder, soweit es bei dem jeweiligen Kind zur Sicherung des Lebensunterhalts, mit Ausnahme der Bedarfe nach § 28, benötigt wird.

(2) Einnahmen sind für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Dies gilt auch für Einnahmen, die an einzelnen Tagen eines Monats aufgrund von kurzzeitigen Beschäftigungsverhältnissen erzielt werden.

(3) Würde der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung einer als Nachzahlung zufließenden Einnahme, die nicht für den Monat des Zuflusses erbracht wird, in diesem Monat entfallen, so ist diese Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig aufzuteilen und monatlich ab dem Monat des Zuflusses mit einem entsprechenden monatlichen Teilbetrag zu berücksichtigen.

Das einer vom Wohngeld ausgeschlossenen wohngeldberechtigten Person bewilligte Wohngeld ist bei Sozialleistungen nicht als deren Einkommen zu berücksichtigen.

(1) Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld abzüglich der nach § 11b abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a genannten Einnahmen sowie Einnahmen, die nach anderen Vorschriften des Bundesrechts nicht als Einkommen im Sinne dieses Buches zu berücksichtigen sind. Dies gilt auch für Einnahmen in Geldeswert, die im Rahmen einer Erwerbstätigkeit, des Bundesfreiwilligendienstes oder eines Jugendfreiwilligendienstes zufließen. Als Einkommen zu berücksichtigen sind auch Zuflüsse aus darlehensweise gewährten Sozialleistungen, soweit sie dem Lebensunterhalt dienen. Der Kinderzuschlag nach § 6a des Bundeskindergeldgesetzes ist als Einkommen dem jeweiligen Kind zuzurechnen. Dies gilt auch für das Kindergeld für zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Kinder, soweit es bei dem jeweiligen Kind zur Sicherung des Lebensunterhalts, mit Ausnahme der Bedarfe nach § 28, benötigt wird.

(2) Einnahmen sind für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Dies gilt auch für Einnahmen, die an einzelnen Tagen eines Monats aufgrund von kurzzeitigen Beschäftigungsverhältnissen erzielt werden.

(3) Würde der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung einer als Nachzahlung zufließenden Einnahme, die nicht für den Monat des Zuflusses erbracht wird, in diesem Monat entfallen, so ist diese Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig aufzuteilen und monatlich ab dem Monat des Zuflusses mit einem entsprechenden monatlichen Teilbetrag zu berücksichtigen.

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.