Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Neubrandenburg vom 22. Oktober 2013 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über einen Leistungsanspruch der Klägerinnen nach dem SGB II im Monat Mai 2011, insbesondere im Hinblick auf die Übernahme einer in diesem Monat fällig gewordenen Heizkostennachzahlung.

2

Die im Juni 2005, September 2006 und Oktober 2008 geborenen Klägerinnen lebten gemeinsam mit ihrer nicht erwerbstätigen Mutter. Von September 2009 bis Januar 2011 bewohnten sie eine 85,78 m² großen Mietwohnung in A-Stadt (Bahnhofstraße 4) und bezogen vom Beklagten Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II. Bis zu dessen Auszug am 25. Januar 2010 gehörte auch der seinerzeitige Partner der Mutter der Klägerinnen zu der Bedarfsgemeinschaft. An Heizkosten gewährte der Beklagte entsprechend den Abschlagsforderungen des seinerzeitigen Vermieters und nach Abzug der Pauschalen für Warmwasserbereitung 74,11 Euro für Januar, 78,28 Euro monatlich für Februar bis Mai und 138,96 Euro für Juni bis Dezember 2010.

3

Am 06. Januar 2011 zogen die Klägerinnen und ihre Mutter nach Kostensenkungsaufforderung und mit Zustimmung des Beklagten in eine andere, ca. 75 m² große Wohnung (P-Straße 13, A-Stadt). Für diese war eine monatliche Netto-Kaltmiete in Höhe von 313,00 Euro, ein monatlicher Betriebskostenvorschuss in Höhe von 60,00 Euro und ein monatlicher Heizkostenvorschuss in Höhe von 82,00 Euro zu entrichten, insgesamt monatlich 455,00 Euro.

4

Mit Bewilligungsbescheid vom 27. Dezember 2010 bewilligte der Beklagte der Mutter der Klägerinnen auf ihren Antrag für den Zeitraum 01. Januar bis 30. Juni 2011 erneut Grundsicherungsleistungen. Ein individueller Leistungsanspruch der Klägerinnen ergab sich nach den Berechnungen des Beklagten im Hinblick auf überschießendes Einkommen nicht. Die drei Klägerinnen verfügten über jeweils 133 Euro monatlichen Unterhaltsvorschuss, 82,33 Euro monatliches Wohngeld (Klägerin zu 3: 82,34 Euro) und monatliches Kindergeld in Höhe von 184 Euro (Klägerin zu 3: 190 Euro). Der ursprünglich vorgenommene Abzug der Warmwasserpauschale entfiel im Rahmen späterer Änderungsbescheide (vom 26. März und 12. Mai 2011), sodass der Mutter der Klägerinnen letztlich für den Monat Mai 2011 ein Betrag in Höhe von 427,00 Euro bewilligt wurde. Ein eigener Leistungsanspruch der Klägerinnen wurde weiterhin nicht angenommen, da deren o.g. Einkommen (399,33 Euro bzw. 405,34 Euro) ihren Gesamtbedarf in Höhe von 328,75 Euro (215,00 Euro Sozialgeld, 113,75 Euro anteilige Kosten der Unterkunft und Heizung) überstieg.

5

Den am 23. Januar 2011 seitens der Klägerinnen und ihrer Mutter erhobenen Widerspruch gegen den Bewilligungsbescheid vom 27. Dezember 2010 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21. Juni 2011 (W157/11) als unbegründet zurück. Als zustehender Leistungsanspruch der Mutter der Klägerinnen wurde hierin für Mai 2011 ein Betrag in Höhe von insgesamt 421,00 Euro errechnet. Die bewilligten Leistungen seien wegen einer falschen Kindergeldanrechnung rechtswidrig zu hoch gewesen, aus Vertrauensschutzgründen werde eine Rückforderung nicht geltend gemacht. Hinsichtlich der Klägerinnen legte die Beklagte im Einzelnen dar, dass das jeweilige Einkommen den Bedarf übersteige, weshalb sich kein eigener Anspruch ergebe.

6

Hiergegen haben allein die Klägerinnen am 25. Juli 2011 bei dem Sozialgericht Neubrandenburg Klage erhoben. Zur Begründung haben sie schließlich vorgetragen, es seien im Hinblick auf eine Nebenkostennachforderung für das Jahr 2010 höhere Leistungen für Mai 2011 zu zahlen. Ausweislich der vorgelegten Abrechnung der Vermieterin vom 04. April 2011 wurde eine Heizkostennachforderung in Höhe von 690,35 Euro (Gesamtkosten 2.239,84 Euro abzgl. Vorauszahlungen in Höhe von 1.549,49 Euro) sowie eine Betriebskostennachforderung in Höhe von 164,03 Euro für das Jahr 2010 geltend gemacht, jeweils fällig am 01. Mai 2011. Nach der Anlage zur Nebenkostenabrechnung betrug der Anteil der Wohnfläche der Wohnung der Klägerinnen an der Gesamtwohnfläche ca. 13,6 % (85,78 m² von insgesamt 630,96 m² Wohnfläche des mit einer Gaszentralheizung beheizten Gebäudes), während die auf die Wohnung der Klägerinnen entfallenden Wärmezählereinheiten ca. 27,6 % ausmachten (22.332,16 von insgesamt 81.038,65 Einheiten). Wegen der nach der Heizkostenverordnung vorzunehmenden Verteilung (70 % nach Verbrauch, 30 % nach Wohnfläche) machte der Anteil der Wohnung der Klägerin an den Heizkosten (ohne Warmwasser) hingegen 23,5 % aus. Unter Berücksichtigung auch der Warmwasser-Kosten betrug der Anteil ca. 23,2 %.

7

Der Beklagte anerkannte die Betriebskostennachzahlung mit Bescheid vom 24. Juni 2011 (wohl versehentlich mit 167,03 Euro statt mit den von der Vermieterin geltend gemachten 164,03 Euro), berücksichtigte für den Monat Juni 2011 einen entsprechend höheren Leistungsanspruch der Bedarfsgemeinschaft und brachte den Betrag unmittelbar an die Vermieterin zur Auszahlung. Die Übernahme der Heizkostennachzahlung lehnte der Beklagte mit weiterem Bescheid vom 24. Juni 2011 hingegen wegen Unangemessenheit vollständig ab. Einem hiergegen erhobenen Widerspruch half er mit Widerspruchsbescheid vom 06. Oktober 2011 (W 1103/11) in Höhe von 148,58 Euro teilweise ab; im Übrigen wies er den Widerspruch zurück. Eine Umsetzung dieser Entscheidung erfolgte durch schlichte Überweisung des Betrages an die Mutter der Klägerinnen, ohne dass (für Mai oder für Juni 2011) eine gesonderte Leistungsberechnung erfolgt wäre. Ein gegen den vorgenannten Widerspruchsbescheid gerichtetes weiteres Klageverfahren (Sozialgericht Neubrandenburg – S 14 AS 2598/11) haben die Beteiligten wegen der Identität des Leistungsbegehrens mit dem vorliegenden Verfahren für erledigt erklärt.

8

Die Kläger haben im vorliegenden Verfahren beantragt:

9

Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 27. Dezember 2010 in der Fassung seiner Änderungsbescheide in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Juni 2011 (Az. W 157/11) verpflichtet, den Klägern für den Monat Mai 2011 Leistungen nach dem SGB II in der gesetzlichen Höhe zu bewilligen.

10

Der Beklagte hat beantragt,

11

die Klage abzuweisen.

12

Er hat darauf hingewiesen, es liege ein offensichtlich unwirtschaftliches Heizverhalten vor. Die tatsächlichen Heizkosten überstiegen den Grenzwert nach dem bundesweiten Heizkostenspiegel 2011 für das Abrechnungsjahr 2010 deutlich (2.239,84 Euro zu 1.386 Euro). Die Bereinigung der tatsächlichen Kosten auch um die Kosten der Warmwasseraufbereitung könne wegen der Höhe des übersteigenden Betrages dahinstehen. Besonderheiten, die einen derartig hohen Heizverbrauch erklären könnten, seien weder vorgetragen noch ersichtlich. Auch das Alter der Kinder (5, 4 und 2 Jahre) rechtfertige keine derartige Überschreitung des Grenzwertes, es habe sich nicht mehr um Kleinkinder gehandelt. Der Beklagte habe Heizkosten bis zur Angemessenheitsgrenze von 1.386 Euro übernommen. Zusätzlich zu den laufenden Vorauszahlungen seien im Vorverfahren von der Heizkostennachforderung weitere 148,58 Euro übernommen worden, mithin insgesamt sogar zu viel. Einer Kostensenkungsaufforderung habe es auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nicht bedurft. Lediglich im Rahmen der Zumutbarkeitsprüfung seien Kostensenkungsaufforderungen als Information gegenüber dem Hilfebedürftigen mit Aufklärungs- und Warnfunktion von Bedeutung. In den Fällen eines unangemessenen Heizverhaltens sei eine solche Kostensenkungsaufforderung entbehrlich. Auch sei dem Beklagten ein früherer Hinweis gar nicht möglich gewesen, da er erst im April 2011 mit Einreichung der Nebenkostenabrechnung Kenntnis von den unangemessenen Heizkosten erlangt habe.

13

Das Sozialgericht hat der Klage mit Urteil vom 22. Oktober 2013 stattgegeben und den Beklagten verurteilt, „den Klägern Leistungen für den Monat Mai 2011 nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe zu bewilligen. Hierbei hat er die im Mai fällige Nachzahlung für die Heizkosten i. H. v. 690,35 € als angemessene Kosten der Heizung zu berücksichtigen.“

14

Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, zwar seien die Heizkosten objektiv nicht angemessen, sondern deutlich zu hoch. Der Höchstwert nach dem Heizkostenspiegel werde um circa 58 % überschritten, was unwirtschaftliches Heizen vermuten lasse. Diese Vermutung hätten die Klägerinnen auch nicht entkräften können. Gleichwohl sei die Heizkostennachforderung vollumfänglich zu übernehmen, da es den Klägerinnen nicht möglich gewesen sei, ihr Heizverhalten anzupassen. Es mangele an einer Kostensenkungsaufforderung. Es stehe auch nicht fest, dass die Klägerinnen auf anderem Wege Kenntnis von der Unangemessenheit der Heizkosten hätten erlangen können. Zwar sei die objektive deutliche Überschreitung des angemessenen Verbrauchs ein gewichtiges Indiz für die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis von der Unangemessenheit des Energieverbrauchs, doch für sich nicht ausreichend. Andere Indizien habe es nicht gegeben. Der vage Vortrag der Mutter der Klägerinnen zum Heizverhalten genüge als weiteres Indiz nicht. Es bestünden auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerinnen in der Vergangenheit bereits unangemessene Heizkosten verursacht hätten und aufgrund dessen hätten vorgewarnt sein müssen. Die Berufung werde zugelassen, da die Klage besondere Schwierigkeiten tatsächlicher Art aufweise.

15

Der Beklagte hat gegen das ihm am 08. November 2013 zugestellte Urteil am 06. Dezember 2013 Berufung eingelegt. Zur Begründung verweist er auf das deutliche Überschreiten des Grenzwertes, der unangemessenes Heizen indiziere. Auch habe die Mutter der Klägerinnen im Termin ausgesagt, sie habe für alle ihre bisher bewohnten Wohnungen hohe Heizkostennachforderungen erhalten und könne sich das nicht erklären. Diese Aussage lasse den Schluss zu, dass es sehr wohl das Heizverhalten der Mutter der Klägerinnen sei und nicht der bauliche Zustand der bisherigen Wohnung Ursache für die hohen Nachforderungen sein könne. Der Beklagte vertrete nach wie vor die Auffassung, dass in einem solchen Falle des objektiven unwirtschaftlichen Heizkostenverhaltens eine vorherige Kostensenkungsaufforderung entbehrlich sei. Das Sozialgericht habe sich trotz Hinweises des Beklagten nicht mit entsprechender Rechtsprechung des 10. Senats des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern auseinandergesetzt. Von einem Leistungsberechtigten nach dem SGB II könne nichts anderes erwarten werden als von einem Nichtleistungsberechtigten, der seine Heizkosten aus seinem eigenen Einkommen finanzieren müsse. Gerade beim Umzug in eine neue Wohnung, bei dem er die Kosten mangels Erfahrungswerten schlecht einschätzen könne, sei ein vorsichtiger Umgang mit den Heizkosten zu verlangen.

16

Der Beklagte beantragt,

17

das Urteil des SG Neubrandenburg vom 22. Oktober 2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

18

Die Klägerinnen beantragen,

19

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

20

Sie verweisen auf die fehlende vorherige Kostensenkungsaufforderung. Selbst wenn eine solche entbehrlich sei, seien die Kosten jedenfalls nicht unangemessen. Sie machen die Verfassungswidrigkeit des § 22 Absatz 1 Satz 1 Halbsatz 2 SGB II geltend. Der unbestimmte Rechtsbegriff der „angemessenen Kosten“ lasse sich nicht verfassungsmäßig auslegen.

21

Der für das Verfahren ursprünglich zuständig gewesene 10. Senat des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern hat das angegriffene Urteil mit Urteil vom 25. Januar 2017 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

22

Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerinnen hat das Bundessozialgericht (B 14 AS 157/17 B) dieses Urteil mit Beschluss vom 25. April 2018 wegen falscher Besetzung des Senats aufgehoben und die Sache an das Landessozialgericht zurückverwiesen. Der Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen ist vom nunmehr zuständigen erkennenden Senat des Landessozialgerichts Gelegenheit gegeben worden, ergänzend vorzutragen. Hiervon hat sie keinen Gebrauch gemacht, sondern lediglich im Termin zur mündlichen Verhandlung erneut auf die nach ihrer Auffassung bestehende Erforderlichkeit einer Kostensenkungsaufforderung hingewiesen. Der Beklagte hat seinen bisherigen Vortrag unter nochmaligem Hinweis auf die Entscheidung des BSG vom 19. September 2008, B 14 AS 54/07 R, wiederholt.

Entscheidungsgründe

23

Die zulässige Berufung ist auch begründet. Die angegriffenen Bescheide des Beklagten verletzen die Klägerinnen nicht in ihren Rechten. Ihnen steht entgegen der Auffassung des Sozialgerichts kein Leistungsanspruch für den Monat Mai 2011 zu, da ihr jeweiliges Einkommen ausreichte, ihren Bedarf zu decken. Die vom Sozialgericht im Wege eines Grundurteils ausgesprochene Leistungsverpflichtung des Beklagten war daher aufzuheben und die Klagen der Klägerinnen abzuweisen.

24

Mit dem angegriffenen Bewilligungsbescheid vom 27. Dezember 2010 ist den Klägerinnen jeweils kein eigener Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II zuerkannt worden. Der Beklagte hat hierbei (jedenfalls zunächst zutreffend) den individuellen Bedarfen der Klägerinnen in Höhe von insgesamt 328,75 Euro (215 Euro Sozialgeld, 113,75 Euro kopfteilige Kosten der Unterkunft und Heizung für die aktuell bewohnte Wohnung) deren Einkommen aus Unterhaltsvorschuss, Wohngeld und Kindergeld in Höhe von 399,33 Euro bzw. 405,34 Euro gegenüber gestellt. Alle Sozialleistungen waren als Einkommen bei den minderjährigen Klägerinnen unabhängig davon zu berücksichtigen, ob ihnen diese persönlich oder ihrer Mutter gewährt wurden. Dies folgt für das der Mutter gewährte Kindergeld aus § 11 Abs. 1 Satz 3 SGB II in der Fassung des Gesetzes vom 05. Dezember 2006 (nunmehr Satz 5 der Norm), während Berechtigte des Anspruchs auf Unterhaltsvorschuss gemäß § 1 Abs. 1 Unterhaltsvorschussgesetz ohnehin die minderjährigen Klägerinnen selbst waren. Inhaber des Anspruchs auf das hier bezogene sog. Kinderwohngeld (vgl. BSG, Urteil vom 14. Juni 2018 – B 14 AS 37/17 R – Rn. 16 f.) ist zwar nach der Konzeption des Wohngeldgesetzes (WoGG) grundsätzlich der Wohnungsmieter, § 1 Abs. 2 Alt. 1 WoGG, hier also die Mutter der Klägerinnen. Grundsicherungsrechtlich ist das Kinderwohngeld gleichwohl als Einkommen des Kindes anzusehen, für das es gewährt wird, da § 40 WoGG in der seit 2009 geltenden Fassung ausdrücklich anordnet, dass das einer vom Wohngeld ausgeschlossenen wohngeldberechtigten Person bewilligte Wohngeld bei Sozialleistungen nicht als deren Einkommen zu berücksichtigen ist, sodass nur eine Anrechnung auf den Bedarf der Kinder als Einnahme in Geld im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II in Betracht kommt (BSG, a.a.O., Rn. 20 ff., Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 31. August 2017 – L 20 AS 1182/15).

25

Bei Erlass des Bewilligungsbescheides für das erste Halbjahr 2011 vom 27. Dezember 2010 ist der Beklagte mithin zutreffend davon ausgegangen, dass das Einkommen der Klägerinnen ihren grundsicherungsrechtlichen Bedarf um ca. 70 Euro monatlich übertrifft, sodass sich (nach Abzug dieses Einkommensüberschusses der Kinder aus Kindergeld) lediglich für deren Mutter ein Individualanspruch ergab. Auch aus der im Monat Mai 2011 fällig gewordenen Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2010 vom 04. April 2011 folgt kein Anspruch der Klägerinnen auf Änderung des vorgenannten Bescheides. Zwar ist gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Ob eine Änderung der Verhältnisse wesentlich ist, richtet sich dabei allein nach dem Verfügungssatz des maßgeblichen Verwaltungsaktes. Nur wenn dieser anders hätte lauten müssen, wäre die Änderung bereits vor dem Erlasszeitpunkt eingetreten, ist Wesentlichkeit im Sinne von § 48 Abs. 1 SGB X anzunehmen. Dabei ist im Falle einer Mehrheit von Adressaten des in Rede stehenden Verwaltungsaktes allein auf den den jeweiligen Adressaten betreffenden Verfügungssatz abzustellen. Da vorliegend allein die minderjährigen Klägerinnen den Widerspruchsbescheid vom 21. Juni 2011 und damit den Bewilligungsbescheid vom 27. Dezember 2010 zur Überprüfung des Gerichts gestellt haben, ist er gegenüber der Mutter der Klägerinnen bestandskräftig geworden. Ein Erfolg der Klage setzt mithin voraus, dass die Änderung (Fälligkeit der Nebenkostenabrechnung) zu einem eigenen Anspruch der Klägerinnen geführt hat, während eine (bloße) Erhöhung des Leistungsanspruchs deren Mutter der Klage nicht zum Erfolg verhelfen kann.

26

Ein eigener Anspruch der Klägerinnen ergibt sich jedoch nicht, selbst wenn man davon ausgeht, dass die im Mai 2011 zu berücksichtigenden Kosten der Unterkunft und Heizung um die Nachforderung für (kalte) Betriebskosten aus 2010 (kopfteilig) zu erhöhen sind, obschon die vermieterseits geltend gemachten 164,03 Euro vom Beklagten bereits an den Vermieter ausgezahlt und lediglich bescheidmäßig im (falschen) Monat Juni 2011 berücksichtigt worden sind; hierdurch verringerte sich lediglich der Einkommensüberschuss der Klägerinnen auf ca. 30 Euro. Denn weitere Forderungen der ehemaligen Vermieterin waren jedenfalls nicht anspruchserhöhend zu berücksichtigen. Insbesondere bestand kein Anspruch auf Berücksichtigung der Nachzahlung für im Jahr 2010 entstandene Heizkosten.

27

Ein solcher Anspruch ist allerdings nicht bereits deshalb ausgeschlossen, weil die Klägerinnen die Wohnung, für welche die Abrechnung erstellt wurde, im Fälligkeitszeitpunkt nicht mehr bewohnt haben, da es sich hier um einen Umzug während des Leistungsbezugs in Erfüllung einer Kostensenkungsobliegenheit nach Aufforderung durch den Leistungsträger (§ 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II) gehandelt hat und die Heizkosten auch während des Leistungsbezuges verursacht worden sind, vgl. BSG, Urteil vom 25. Juni 2015 – B 14 AS 40/14 R – Rn. 21 in Abgrenzung zu BSG, Urteil vom 20. Dezember 2011 – B 4 AS 9/11 R. Die mithin grundsätzlich mögliche Berücksichtigung auch der Heizkostennachforderung bei den Bedarfen für Unterkunft und Heizung im Mai 2011 scheidet aber deshalb aus, weil gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II ein Anspruch hierauf nur insoweit besteht, wie diese angemessen sind.

28

Der Beklagte hatte in 2010 (nach Abzug der seinerzeit noch anzusetzenden Warmwasserpauschalen) bereits insgesamt 1.359,95 Euro auf die Heizkosten der Bedarfsgemeinschaft der Klägerinnen gezahlt. Für einen Leistungsanspruch der Klägerinnen zu 1. und 2. im allein streitigen Monat Mai 2011 wäre zu verlangen, dass wenigstens 1.478,26 Euro (entsprechend einer Nachzahlung in Höhe von wenigstens 118,31 Euro) als angemessene Heizkosten zu beanspruchen sind. Hinsichtlich der Klägerin zu 3., die über ein um 6,01 Euro höheres Einkommen verfügte, errechnet sich ein entsprechend noch höherer Betrag (Nachzahlung in Höhe von 124,35 Euro). Als angemessener Heizkostenbedarf für das Jahr 2010 können jedoch keinesfalls mehr als 1.386 Euro berücksichtigt werden. Dieser Betrag errechnet sich, wenn man die für einen Vier-Personen-Haushalt maximal angemessen Wohnfläche von 90 m² und den sich aus dem bundesweiten Heizspiegel für 2010 (in Ermangelung eines kommunalen Heizspiegels) ergebenden Maximalwert von 15,40 Euro je m² (gasbeheiztes Gebäude mit Wohnfläche zwischen 501 und 1000 m²) berücksichtigt. Dabei lässt der Senat zugunsten der Klägerinnen außer Betracht, dass weitere 164,03 Euro Betriebskostennachforderung vom Beklagten bereits übernommen und lediglich im falschen Monat in die Leistungsberechnung eingestellt worden sind, dass die tatsächliche Wohnfläche nicht 90, sondern lediglich knapp 86 m² betragen hat und dass der bundesweite Heizspiegel 2011 (für das Jahr 2010) erst im September 2011 veröffentlicht worden sein dürfte (so jedenfalls das Erstelldatum des im Internet unter https://www.heizspiegel.de/heizkosten-pruefen/heizspiegel/ veröffentlichten PDF-Dokuments), während sich nach dem Heizspiegel für das Vorjahr nur ein Maximalwert von 1.332 Euro ergeben würde. Unberücksichtigt bleibt schließlich der im Zuge des Vorverfahrens „anerkannte“ und zur Auszahlung gebrachte, nicht jedoch in die Leistungsberechnung für einen konkreten Monat eingestellte weitere Betrag in Höhe von 148,58 Euro.

29

Die auf die (ehemalige) Wohnung der Klägerinnen entfallenen Heizkosten lagen mit 1.979,99 Euro (ohne Warmwasserkosten) um 49 % bzw. 43 % und damit weit über den nach Heizspiegel (2010 bzw. 2011) maximal zu erwartenden Werten. Sie überstiegen zudem die durchschnittlichen Kosten des Rests des von den Klägerinnen seinerzeit bewohnten 8-Parteien-Miethauses um mehr als 95 %, lagen mithin fast doppelt so hoch. Geht man davon aus, dass die Klägerinnen im Hinblick auf ihr geringes Alter im Jahr 2010 einen überdurchschnittlichen Wärmebedarf hatten, ist gleichwohl festzustellen, dass der Durchschnittswert des Rests des Hauses um bis zu 30 % hätte überschritten werden können, ohne den Maximalwert des Heizspiegels 2011 zu erreichen. Hiermit war mithin ein bereits deutlich „wärmeres Wohnen“ möglich, als im Rest des Hauses üblich. Da die Wohnung der Klägerinnen im Erdgeschoss des Mehrparteienhausees belegen war und dieses im Übrigen mit 11,83 Euro/m² nur geringfügig oberhalb des im Heizspiegel als „mittel“ bezeichneten Bereichs vergleichbarer Gebäude lag (7,30 – 11,50 Euro/m²), sind auch keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die hohen tatsächlichen Kosten unvermeidbar mit dem Mietgegenstand verbunden waren. Erst Recht sind derartige Anhaltspunkte klägerseits nicht vorgetragen worden. Allein ursächlich für die massiv überhöhten Heizkosten kann mithin nur das Heizverhalten der Bewohner der Wohnung der Klägerinnen gewesen sein. Dabei kann dahinstehen, ob sich dies durch Heizen bei stundenlang geöffneten Fenstern, durch ständig deutlich überhöhte Temperaturen oder anderweitig dargestellt hat. Jedenfalls kann kein Heizverhalten vorgelegen haben, wie es üblicherweise zu erwarten ist, wenn die hierdurch beeinflussten Kosten selbst und nicht durch Dritte getragen werden.

30

Im Ergebnis ist die Heizkostennachforderung bei der Leistungsberechnung nicht zu berücksichtigen, weil es sich hierbei nicht um „angemessene“ Kosten im Sinne von § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II handelt, sondern um das Ergebnis eines offensichtlich grob unwirtschaftlichen Heizverhaltens. Auf einen derartigen unangemessenen „Bedarf“ besteht nach dem Gesetz kein Anspruch.

31

Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts musste der Beklagte, um sich auf die Unangemessenheit der – wie gezeigt – massiv überhöhten Heizkosten berufen zu können, die Klägerinnen (bzw. deren Mutter) nicht zunächst durch eine Kostensenkungsaufforderung dazu anhalten, ihr Heizverhalten anzupassen und sich so vernünftig zu verhalten, wie auch ein Nichthilfebedürftiger üblicherweise agiert. Zwar werden gemäß § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II in der hier maßgeblichen Fassung grundsätzlich auch Aufwendungen für die Heizung solange als Bedarf anerkannt, wie es der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Dem Hilfebedürftigen soll hierdurch für eine Übergangszeit der räumliche Lebensmittelpunkt auch bei unangemessenen Heizkosten erhalten bleiben, nicht anders als im Falle sonstiger unangemessener Unterkunftskosten. Diese Regelung zielt jedoch vornehmlich auf diejenigen Fälle ab, in denen die unangemessenen Heizkosten gerade auf einer unangemessen Wohnungsgröße beruhen, sodass eine Senkung auch der Heizkosten nur durch einen Wohnungswechsel oder eine anderweitige Verkleinerung der bewohnten (und beheizten) Fläche möglich ist. Einschränkungen ergeben sich auch nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, der der Senat folgt, allerdings in Fällen unwirtschaftlichen Heizverhaltens, vgl. BSG, Urteil vom 19. September 2008 – B 14 AS 54/07 R.

32

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

33

Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.

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Tenor

Auf die Beschwerden der Klägerinnen wird das Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 25. Januar 2017 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Gründe

1

I. Umstritten ist die Übernahme einer Heizkostennachzahlung, die das beklagte Jobcenter ablehnte und zu deren Übernahme in Höhe von 690,35 Euro es vom SG unter Zulassung der Berufung verurteilt wurde (Urteil vom 22.10.2013). Auf die Berufung des Beklagten hat das LSG das Urteil des SG aufgehoben und die Klagen abgewiesen (Urteil vom 25.1.2017).

2

Mit ihren Nichtzulassungsbeschwerden rügen die Klägerinnen insbesondere als Verfahrensmangel eine nicht vorschriftsmäßige Besetzung des LSG, weil an dem angefochtenen Urteil der Richter am SG (RSG) S mitgewirkt habe. Dieser sei zum Urteilszeitpunkt mehr als ein Jahr ans LSG abgeordnet gewesen, obwohl die übliche Erprobung in Mecklenburg-Vorpommern nur neun Monate dauere und keine Gründe für eine längere Abordnung ersichtlich seien. Kein planmäßiger Richter am LSG sei ausgefallen und es habe keinen zeitweiligen außergewöhnlichen Arbeitsanfall oder eine unvorhergesehene Überlastung beim LSG gegeben. Der Senat hat eine Auskunft der Präsidentin des LSG vom 10.1.2018 zur Abordnung des Richters und der Gründe hierfür eingeholt. Die Klägerinnen haben zur Begründung ihrer Beschwerden Auskünfte der Präsidentin des LSG vom 6.7.2017 und 17.10.2017 in einem Verfahren vor dem 13. Senat des BSG vorgelegt, in dem dieselbe Rüge in Bezug auf einen anderen an das LSG abgeordneten Richter erhoben worden ist.

3

II. Die Beschwerden sind zulässig und begründet. Das angefochtene Urteil des LSG Mecklenburg-Vorpommern vom 25.1.2017 ist aufzuheben und die Sache an das LSG gemäß § 160a Abs 5 SGG zurückzuverweisen. Denn die Entscheidung des LSG beruht auf einem Verfahrensmangel nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG.

4

Eine Nichtzulassungsbeschwerde ist ua begründet, wenn ein Verfahrensfehler geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§§ 160a, 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt, weil die angefochtene Entscheidung des LSG unter Verletzung der Vorschriften über die Besetzung des LSG ergangen ist.

5

Das LSG besteht nach § 30 Abs 1 SGG aus dem Präsidenten, den Vorsitzenden Richtern, weiteren Berufsrichtern und den ehrenamtlichen Richtern, und jeder Senat des LSG wird nach § 33 Abs 1 Satz 1 SGG in der Besetzung mit einem Vorsitzenden, zwei weiteren Berufsrichtern und zwei ehrenamtlichen Richtern tätig. Die Verletzung der Vorschriften über die ordnungsgemäße Besetzung des Gerichts ist ein absoluter Revisionsgrund (§ 202 Satz 1 SGG iVm § 547 Nr 1 ZPO).

6

Nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG sehen Art 92, 97 GG zur Sicherung der sachlichen und persönlichen Unabhängigkeit der Richter vor, dass die Gerichte, soweit Berufsrichter beschäftigt werden, grundsätzlich mit hauptamtlich und planmäßig endgültig angestellten Richtern besetzt sind; die Zahl der persönlich nicht unabhängigen "Hilfsrichter" ist so klein wie möglich zu halten, zwingende Gründe für deren Beschäftigung sind zum Beispiel gegeben, wenn für eine planmäßig endgültige Anstellung als Richter in Betracht kommende Assessoren auszubilden sind, wenn planmäßige Richter unterer Gerichte an obere Gerichte abgeordnet werden, um ihre Eignung zu erproben, wenn vorübergehend ausfallende planmäßige Richter, deren Arbeit von den im Geschäftsverteilungsplan bestimmten Vertretern neben den eigenen Aufgaben nicht bewältigt werden kann, vertreten werden müssen oder wenn ein zeitweiliger außergewöhnlicher Arbeitsanfall aufzuarbeiten ist. Aber auch in solchen Fällen wäre die Verwendung von Hilfsrichtern nicht gerechtfertigt, wenn die Arbeitslast des Gerichts deshalb nicht bewältigt werden kann, weil es unzureichend mit Planstellen ausgestattet ist, oder weil die Justizverwaltung es versäumt hat, offene Planstellen binnen angemessener Frist zu besetzen (BVerfG vom 3.7.1962 - 2 BvR 628/60 - BVerfGE 14, 156 - juris RdNr 12 ff; zuletzt etwa BVerfG vom 22.6.2006 - 2 BvR 957/05 - juris RdNr 7).

7

Ausgehend von diesen Maßstäben war das LSG bei seinem Urteil vom 25.1.2017 aufgrund der Mitwirkung des RSG S nicht ordnungsgemäß besetzt. Ein zwingender Grund im obigen Sinne für das Tätigwerden des RSG S statt eines planmäßigen Richters am LSG lag nicht vor, wie sich aus den eingeholten Auskünften der Präsidentin des LSG ergibt.

8

Die nach der Auskunft der Präsidentin des LSG vom 10.1.2018 erfolgte Abordnung des RSG S zur Erprobung vom 1.1. bis zum 30.9.2016 war beendet.

9

Auch die Voraussetzungen für eine der zwei anderen vom BVerfG angeführten Ausnahmen - vorübergehender Ausfall planmäßiger Richter, deren Arbeit von den im Geschäftsverteilungsplan bestimmten Vertretern neben den eigenen Aufgaben nicht bewältigt werden kann, oder zeitweiliger außergewöhnlicher Arbeitsanfall - waren nicht gegeben.

10

Ein Ausfall planmäßiger Richter ist der Auskunft der Präsidentin vom 10.1.2018 nicht zu entnehmen. In dieser wird vielmehr ausgeführt: Die Abordnung des RSG S sei zunächst bis zum 31.12.2017 und dann zum 1.8.2017 vorzeitig bis zum 31.12.2019 verlängert worden, um dem Richter eine "kleine Verwaltungserprobung" zu ermöglichen, die nach dem Personalentwicklungskonzept des Landes Voraussetzung für die Übertragung zB des Amtes eines ständigen Vertreters des Direktors eines Gerichts sei. Zur Begründung der Verlängerung der Abordnung über den 30.9.2016 hinaus wird in der Auskunft mitgeteilt, dies sei mit Blick auf die Eingangsbelastung und insbesondere die erheblichen Bestände des LSG erfolgt. Alle dem LSG zugewiesenen Planstellen seien besetzt gewesen, den wiederholten Anzeigen eines erhöhten Stellenbedarfs gegenüber dem Ministerium sei erst im Herbst 2016 durch Ausschreibung einer weiteren Stelle Rechnung getragen worden, die dann Anfang 2017 besetzt werden konnte. Im Doppel-Haushalt 2018/2019 seien dem LSG zwei weitere Stellen zugewiesen worden. Die in der Auskunft der Präsidentin vom 17.10.2017 angesprochene Abordnung eines Vorsitzenden Richters am LSG in das Justizministerium ist kein Ausfall eines planmäßigen Richters im Sinne der Rechtsprechung des BVerfG, sondern eine gezielte Personalmaßnahme.

11

Ein zeitweiliger außergewöhnlicher Arbeitsanfall ist der Auskunft vom 10.1.2018 ebenfalls nicht zu entnehmen. Sie spricht vielmehr für eine dauerhafte erhebliche Belastung des LSG durch entsprechende Eingänge, die durch das Zahlenwerk in der Auskunft der Präsidentin vom 17.10.2017 untermauert wird und nahezu zwangsläufig zu einer Bestandsbelastung führt, sowie eine nicht ausreichende Ausstattung des LSG mit Planstellen - zumindest in der Vergangenheit.

12

Ein möglicher anderer Grund für eine Ausnahme von der Besetzung des Senats des LSG mit hauptamtlichen Richtern am LSG, der mit den verfassungsrechtlichen Maßstäben nach der Rechtsprechung des BVerfG vereinbar ist, ist nicht zu erkennen. Die Frage, ob die in der Auskunft angeführte "kleine Verwaltungserprobung" überhaupt ein Grund für eine Abordnung nach der Rechtsprechung des BVerfG ist, was schon aufgrund ihrer Länge Zweifeln unterliegt, ist vorliegend nicht entscheidungserheblich, da sie erst am 1.8.2017 begann.

13

Angesichts dieses Verfahrensmangels kann eine Entscheidung über die von den Klägerinnen außerdem erhobenen Rügen dahingestellt bleiben.

14

Das LSG wird im wiedereröffneten Berufungsverfahren auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden haben.

(1) Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld abzüglich der nach § 11b abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a genannten Einnahmen sowie Einnahmen, die nach anderen Vorschriften des Bundesrechts nicht als Einkommen im Sinne dieses Buches zu berücksichtigen sind. Dies gilt auch für Einnahmen in Geldeswert, die im Rahmen einer Erwerbstätigkeit, des Bundesfreiwilligendienstes oder eines Jugendfreiwilligendienstes zufließen. Als Einkommen zu berücksichtigen sind auch Zuflüsse aus darlehensweise gewährten Sozialleistungen, soweit sie dem Lebensunterhalt dienen. Der Kinderzuschlag nach § 6a des Bundeskindergeldgesetzes ist als Einkommen dem jeweiligen Kind zuzurechnen. Dies gilt auch für das Kindergeld für zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Kinder, soweit es bei dem jeweiligen Kind zur Sicherung des Lebensunterhalts, mit Ausnahme der Bedarfe nach § 28, benötigt wird.

(2) Einnahmen sind für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Dies gilt auch für Einnahmen, die an einzelnen Tagen eines Monats aufgrund von kurzzeitigen Beschäftigungsverhältnissen erzielt werden.

(3) Würde der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung einer als Nachzahlung zufließenden Einnahme, die nicht für den Monat des Zuflusses erbracht wird, in diesem Monat entfallen, so ist diese Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig aufzuteilen und monatlich ab dem Monat des Zuflusses mit einem entsprechenden monatlichen Teilbetrag zu berücksichtigen.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 31. August 2017 wird zurückgewiesen.

Kosten sind für das Revisionsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Umstritten sind höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II unter Berücksichtigung eines Wohngeldbezugs für den Sohn der Klägerin für März 2012.

2

Die Klägerin bewohnte mit ihrem im Dezember 1996 geborenen Sohn eine Wohnung zu Gesamtkosten von 393,99 Euro. Im März 2012 bezog sie neben Einkommen aus geringfügiger Beschäftigung in Höhe von 165 Euro Kindergeld in Höhe von 184 Euro und für ihren Sohn Wohngeld in Höhe von 91 Euro. Ihr Sohn erhielt Unterhalt in Höhe von 377 Euro. Das beklagte Jobcenter rechnete das Wohngeld dem Sohn als Einkommen zu und ging davon aus, dass sein Bedarf hierdurch sowie durch den Unterhalt und anteiliges Kindergeld vollständig gedeckt sei. Der Klägerin bewilligte es Alg II - zunächst vorläufig - unter Berücksichtigung ua der hälftigen tatsächlichen Wohnaufwendungen sowie - neben der geschätzten Einnahme aus der Beschäftigung - des Kindergeldanteils, der beim Sohn nicht zur Deckung des Lebensunterhalts angesetzt wurde (zuletzt Bescheid vom 24.1.2012; Widerspruchsbescheid vom 23.2.2012).

3

Das SG hat die Klage auf Leistungen ohne Berücksichtigung des Wohngelds abgewiesen (Urteil vom 21.1.2015). Das LSG hat die vom SG zugelassene Berufung zuletzt sinngemäß mit dem Ziel einer Änderung der nach Klageerhebung getroffenen abschließenden Entscheidung (zuletzt Bescheid vom 30.8.2012) zurückgewiesen (Urteil vom 31.8.2017): Zutreffend sei der Beklagte davon ausgegangen, dass der Sohn das Wohngeld bedarfsdeckend habe einsetzen müssen. Als Mieterin sei die Klägerin zwar Inhaberin des Wohngeldanspruchs. Jedoch sei die Zahlung nach Sinn und Zweck ihrem Sohn zuzurechnen, weil sie die Beseitigung seiner Hilfebedürftigkeit bezweckt habe.

4

Mit ihrer vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung von § 9 Abs 2 Satz 3 und § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II. Die Wohngeldberücksichtigung habe keine Rechtsgrundlage. Bei ihrem Sohn fehle eine ausdrückliche Zuordnungsregelung und bei ihr stehe § 40 WoGG entgegen.

5

Nach einem Teilvergleich hinsichtlich des übrigen Bewilligungszeitraums beantragt die Klägerin,
das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 31. August 2017 aufzuheben und das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 21. Januar 2015 zu ändern sowie den Bescheid des Beklagten vom 30. August 2012 zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, ihr für März 2012 höheres Arbeitslosengeld II zu zahlen.

6

Der Beklagte verteidigt die angegriffene Entscheidung und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG). Zu Recht hat das LSG entschieden, dass das Wohngeld ihrem Sohn als Einkommen zuzurechnen ist und der deswegen zur Sicherung seines Lebensunterhalts nicht benötigte Kindergeldanteil von der Klägerin zur Deckung ihres eigenen Bedarfs einzusetzen ist.

8

1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist neben den vorinstanzlichen Urteilen allein der Bescheid vom 30.8.2012, durch den der Beklagte ungeachtet der Bezeichnung als Änderungsbescheid die letzte abschließende Entscheidung über den Alg II-Anspruch der Klägerin für den streitbefangenen Zeitraum getroffen hat, wodurch die letzte vorläufige Entscheidung für diesen Zeitraum durch Bescheid vom 24.1.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.2.2012 nach Klageerhebung ersetzt und erledigt worden ist (§ 96 Abs 1 SGG, § 39 Abs 2 SGB X; hierzu vgl letztens BSG vom 14.2.2018 - B 14 AS 17/17 R - vorgesehen für BSGE und SozR 4, RdNr 9 mwN). Das ergibt sich aus dem Gesamtzusammenhang der Abfolge von Bewilligungsentscheidungen für den streitbefangenen Zeitraum und deren Begründungen, denen hinreichend zu entnehmen ist, dass der Beklagte nach Vorlage der Gehaltsabrechnungen "nunmehr" abschließend über den Leistungsanspruch der Klägerin entschieden hat (zu den Anforderungen insoweit vgl BSG vom 29.4.2015 - B 14 AS 31/14 R - SozR 4-4200 § 40 Nr 9 RdNr 27 ff; zur Befugnis der Auslegung auch durch das Revisionsgericht vgl etwa BSG vom 28.6.1990 - 4 RA 57/89 - BSGE 67, 104, 110 = SozR 3-1300 § 32 Nr 2 S 12 mwN).

9

2. Der Sachentscheidung entgegenstehende prozessuale Hindernisse bestehen nicht. Zutreffende Klageart ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1, Abs 4 SGG), zulässig gerichtet auf die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts dem Grunde nach (§ 130 Abs 1 Satz 1 SGG),da mit Wahrscheinlichkeit von höheren Leistungen ausgegangen werden kann, wenn dem Klagebegehren gefolgt wird (vgl nur BSG vom 16.4.2013 - B 14 AS 81/12 R - SozR 4-4225 § 1 Nr 2 RdNr 10 mwN).

10

3. Rechtsgrundlage des geltend gemachten Anspruchs der Klägerin, die nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG die Grundvoraussetzungen des § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II, aber keinen Ausschlusstatbestand erfüllte, ist § 19 iVm §§ 7, 9, 11 ff, 20 ff SGB II idF, die das SGB II zuletzt vor dem streitbefangenen Zeitraum durch das Gesetz zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt vom 20.12.2011 (BGBl I 2854) erhalten hat. Denn in Rechtsstreitigkeiten über schon abgeschlossene Bewilligungsabschnitte ist das zum damaligen Zeitpunkt geltende Recht anzuwenden (Geltungszeitraumprinzip, vgl BSG vom 19.10.2016 - B 14 AS 53/15 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 78 RdNr 15 mwN).

11

Dass der Klägerin auf dieser Rechtsgrundlage höhere Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts zustanden, ist nach den Feststellungen des LSG nicht zu erkennen. Zutreffend ist der Beklagte insbesondere davon ausgegangen, dass das für ihren Sohn gezahlte Wohngeld bei ihm als Einkommen bedarfsdeckend zu berücksichtigen ist (dazu 4. bis 8.) und sie den daher höheren Kindergeldüberhang vollständig zur Deckung ihres eigenen Bedarfs einzusetzen hat (dazu 9. und 10.).

12

4. Der zu deckende Bedarf des Sohns der Klägerin beläuft sich im streitbefangenen Zeitraum auf 488,02 Euro, zusammengesetzt aus folgenden Einzelbedarfen: Der Regelbedarf für ihn beträgt 287 Euro (§ 20 Abs 2 Satz 2 Nr 1 SGB II iVm § 2 Abs 1 RBSFV 2012, BGBl I 2090),hinzu kommen ein Mehrbedarf bei dezentraler Warmwassererzeugung in Höhe von 4,02 Euro (§ 21 Abs 7 Satz 2 Nr 2 SGB II, hier der Höhe nach nicht in Zweifel gezogen, vgl dazu grundlegend BSG vom 7.12.2017 - B 14 AS 6/17 R - vorgesehen für SozR 4) und der auf ihn entfallende Kopfteil der tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 197 Euro (§ 22 Abs 1 Satz 1 SGB II). Als bedarfsdeckendes Einkommen steht dem zusätzlich zu dem Unterhalt in Höhe von 377 Euro das seinem Einkommen zuzuordnende Wohngeld in Höhe von 91 Euro (dazu 5. bis 7.) sowie ein zu berücksichtigender Kindergeldanteil in Höhe von 20,02 Euro (dazu 8.) gegenüber, weshalb er der Bedarfsgemeinschaft der Klägerin nicht angehörte (§ 7 Abs 3 Nr 4 SGB II).

13

5. Wohngeldrechtlich soll ein im Alg II-Bezug stehender Elternteil für ein mit ihm zusammenlebendes Kind Wohngeld als sogenanntes Kinderwohngeld beziehen können, wenn dessen Bedarf hierdurch und sein weiteres Einkommen ohne lebensunterhaltssichernde Leistungen nach dem SGB II gedeckt werden kann.

14

a) Nach dem seit Inkrafttreten des SGB II geltenden Regelungskonzept ist vom Wohngeld ausgeschlossen, wer ua Alg II oder Sozialgeld bezieht und deshalb auch seinen Unterkunftsbedarf daraus bestreiten soll. Im Unterschied zur Rechtslage zuletzt im Verhältnis zwischen Sozialhilfe nach BSHG und WoGG (vgl § 31 Abs 1 WoGG in der seit dem 1.1.2001 geltenden Fassung von Art 4 des Gesetzes zur Änderung des Wohngeldgesetzes und anderer Gesetze vom 22.12.1999, BGBl I 2671) waren das SGB II und das WoGG bei Einführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende im Interesse der Verwaltungsvereinfachung auf eine strikte Trennung angelegt (vgl BT-Drucks 15/1516 S 48 f); die angemessenen Unterkunftskosten sollten entweder mit existenzsichernden Leistungen wie nach dem SGB II aufgebracht oder durch Leistungen nach dem WoGG gesichert werden. Demgemäß sind seit Inkrafttreten des SGB II Empfänger ua von Alg II vom Wohngeld ausgeschlossen, wenn bei der Berechnung der Leistungen Kosten der Unterkunft berücksichtigt worden sind (ursprünglich § 1 Abs 2 Satz 1 Nr 1 WoGG idF des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954; seit dem 1.1.2009 § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 1 WoGG idF des Gesetzes zur Neuregelung des Wohngeldrechts und zur Änderung des Sozialgesetzbuches vom 24.9.2008, BGBl I 1856). Dies soll der klaren Trennung der für die Unterkunftskosten zuständigen sozialen Sicherungssysteme dienen (vgl BT-Drucks 15/1516 S 75; zu den Motiven vgl auch Gerlach, ZFSH/SGB 2007, 719, 725 f).

15

b) Dieser Ausschluss erfasst grundsätzlich auch alle weiteren Personen, die mit dem Wohngeldberechtigten (dazu 6.) in Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs 3 SGB II zusammenleben und bei der Bedarfsermittlung berücksichtigt werden(§ 7 Abs 2 Satz 1 Nr 1 WoGG in der insoweit seit dem 1.1.2009 unverändert geltenden Fassung des Gesetzes zur Neuregelung des Wohngeldrechts und zur Änderung des Sozialgesetzbuches vom 24.9.2008, BGBl I 1856); auch das soll der Trennung der Sicherungssysteme nach SGB II und WoGG dienen (vgl BT-Drucks 15/1516 S 75 f zu § 1 Abs 2 WoGG idF des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003).

16

c) Diese strikte Trennung ist mit dem Ersten Gesetz zur Änderung des Wohngeldgesetzes vom 22.12.2008 (BGBl I 2963) teilweise aufgegeben worden. Zwar besteht eine Verpflichtung zur Inanspruchnahme von Wohngeld als vorrangige Leistung nach § 12a Satz 2 Nr 2 SGB II in der seit dem 1.4.2011 geltenden Fassung nur, wenn dadurch die Hilfebedürftigkeit aller Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft für einen zusammenhängenden Zeitraum von mindestens drei Monaten beseitigt würde. Jedoch kann nunmehr ein selbst vom Wohngeld ausgeschlossener Wohngeldberechtigter für ein mit ihm zusammenlebendes Haushaltsmitglied Wohngeld beantragen, wenn hierdurch dessen Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II beseitigt wird. Demnach ist ein Haushaltsangehöriger ua dann nicht ausgeschlossen, "wenn ... durch Wohngeld die Hilfebedürftigkeit im Sinne des § 9 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch... vermieden oder beseitigt werden kann ..." (§ 7 Abs 2 Satz 2 Nr 2 iVm Abs 1 Satz 3 Nr 2 lit a) WoGG in der seit dem 1.1.2009 unveränderten Fassung des Ersten Gesetzes zur Änderung des Wohngeldgesetzes vom 22.12.2008, BGBl I 2963).

17

d) Diese Rückausnahme ist Teil eines Regelungskonzepts, den Lebensunterhalt von Kindern von SGB II-Leistungsbeziehern möglichst außerhalb des SGB II-Leistungssystems zu sichern. Dem dient insbesondere der Kinderzuschlag nach § 6a BKGG, der vermeiden soll, dass Familien mit Kindern nur wegen des Unterhalts der Eltern für die Kinder in ein umfassendes Existenzsicherungssystem - nämlich dem des SGB II - einbezogen und dessen Regime unterstellt werden(vgl zum Kinderzuschlag und seiner Stellung im Verhältnis zum SGB II jüngst BSG vom 25.10.2017 - B 14 AS 35/16 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 82, auch vorgesehen für BSGE, RdNr 24 f). Mit ähnlicher Zielrichtung soll die Öffnungsklausel des § 7 Abs 2 Satz 2 Nr 2 iVm Abs 1 Satz 3 Nr 2 lit a) WoGG ua Kindern von Alg II-Beziehern ein Ausscheiden aus dem Leistungsbezug nach dem SGB II ermöglichen, wenn durch das Kinderwohngeld immerhin für sie Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II vermieden werden kann.

18

6. Inhaber des Anspruchs auf Kinderwohngeld als Mietzuschuss (§ 1 Abs 2 1. Alternative WoGG) ist nach dem Regelungskonzept des WoGG der (oder ein) Elternteil, der die von dem begünstigten Kind (mit)bewohnte Wohnung gemietet hat. Demgemäß ist wohngeldberechtigte Person für den Mietzuschuss jede natürliche Person, die Wohnraum gemietet hat und diesen selbst nutzt (§ 3 Abs 1 Satz 1 WoGG). Sind das mehrere Haushaltsmitglieder, ist eines entsprechend zu bestimmen (§ 3 Abs 3 WoGG). Das gilt auch für Personen, die selbst vom Wohngeld ausgeschlossen sind, aber mit mindestens einem zu berücksichtigenden Haushaltsmitglied eine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft führen (§ 3 Abs 4 WoGG).

19

Im Unterschied zum Einzelanspruchskonzept bei Mehr-Personen-Bedarfsgemeinschaften nach dem SGB II (grundlegend BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 12 ff) ist damit im Wohngeldrecht der Ansatz verfolgt, keine Einzelansprüche für jedes Haushaltsmitglied zu bestimmen, sondern nur eine Person als Anspruchsinhaber festzulegen und ihr das Wohngeld - bezogen auf die gesamte von ihr genutzte Wohnung und unter Berücksichtigung der weiteren Haushaltsmitglieder - zu leisten (vgl BT-Drucks 16/6543 S 88; ebenso Zimmermann, WoGG, 2014, § 3 RdNr 26; vgl auch Unkel in Klein/Schulte/Unkel, WoGG, 2015, § 3 RdNr 1 f). Demgemäß bemisst sich der Wohngeldanspruch im Falle des Kinderwohngelds bei Mietzuschüssen allein nach dem Mietanteil, der dem Anteil der zu berücksichtigenden - also: nicht ausgeschlossenen - Haushaltsmitglieder an der Gesamtzahl der Haushaltsmitglieder entspricht (§ 11 Abs 3 Satz 1 WoGG). Wird dem selbst vom Wohngeld ausgeschlossenen Wohngeldberechtigten auf dieser Grundlage Kinderwohngeld gewährt, dient das der Entlastung der dabei berücksichtigten Haushaltsmitglieder und soll zur Zahlung der auf sie entfallenden Miete verwandt werden, wie mittelbar § 28 Abs 2 Satz 1 WoGG bestätigt("Der Wohngeldanspruch fällt für den Monat weg, in dem das Wohngeld vollständig oder überwiegend nicht zur Bezahlung der Miete oder zur Aufbringung der Belastung verwendet wird").

20

7. Grundsicherungsrechtlich ist das hiernach erbrachte Kinderwohngeld Einkommen des Kindes und nicht des Elternteils, dem es gezahlt worden ist.

21

a) Nach § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II sind als Einkommen zu berücksichtigen Einnahmen in Geld oder Geldeswert abzüglich der nach § 11b SGB II abzusetzenden Beträge und mit Ausnahme der in § 11a SGB II genannten Einnahmen. Dabei ist Einkommen iS des § 11 Abs 1 SGB II grundsätzlich alles das, was jemand nach der Antragstellung wertmäßig dazu erhält und Vermögen das, was der Leistungsberechtigte vor der Antragstellung bereits hatte(vgl nur BSG vom 30.7.2008 - B 14/11b AS 17/0AS 17/07 R - RdNr 20 ff; s auch BSG vom 30.9.2008 - B 4 AS 29/07 R - BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr 15, RdNr 18; BSG vom 6.10.2011 - B 14 AS 94/10 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 46 RdNr 18). Insoweit ist ständiger Rechtsprechung zufolge in zeitlicher Hinsicht vom tatsächlichen Zufluss auszugehen, es sei denn rechtlich wird ein anderer Zufluss als maßgeblich bestimmt (modifizierte Zuflusstheorie, stRspr seit BSG vom 30.7.2008 - B 14 AS 26/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 17 RdNr 23; zuletzt etwa BSG vom 24.5.2017 - B 14 AS 32/16 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 80 RdNr 21). In gleicher Weise ist in persönlicher Hinsicht der tatsächliche Zufluss nicht maßgebend, soweit rechtlich eine andere Zuordnung bestimmt ist.

22

b) Eine in diesem Sinne anderweitige Zuordnung trifft für den Wohngeldbezug § 40 WoGG. Danach gilt: "Das einer vom Wohngeld ausgeschlossenen wohngeldberechtigten Person bewilligte Wohngeld ist bei Sozialleistungen nicht als deren Einkommen zu berücksichtigen." Diese Vorschrift zielt auf die Harmonisierung der unterschiedlichen Bemessungsansätze in existenzsichernden Systemen wie dem SGB II einerseits und im WoGG andererseits, die auf der einen Seite nur die Berücksichtigung des kopfanteiligen Mietanteils und auf der anderen Seite nur der verbleibenden Kopfanteile der für das Wohngeld zu berücksichtigenden Haushaltsangehörigen erlauben (vgl BT-Drucks 15/1749 S 40 zu der im Wesentlichen inhaltsgleichen Vorschrift des § 1 Abs 4 WoGG idF des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954).

23

c) Diese Zurechnungsregelung schließt es zunächst aus, das einer im Leistungsbezug nach dem SGB II stehenden wohngeldberechtigten Person für ein Haushaltsmitglied gezahlte Wohngeld als eigenes bedarfsdeckendes Einkommen anzusehen; andernfalls käme es bei ihr zu einer Unterdeckung, soweit sie das Wohnkindergeld bestimmungsgemäß (vgl § 28 Abs 2 Satz 1 WoGG) auf den Kopfteil des Kindes verwendet, obwohl dessen Unterkunftsbedarf bei ihrem Unterkunftsbedarf nicht zu berücksichtigen ist (ebenso Zimmermann, WoGG, 2014, § 40 RdNr 2: Empfänger von Alg II erhält Anteil an den Kosten der Unterkunft ohne Minderung um Wohngeld). Zugleich ist damit entgegen der Auffassung der Revision hinreichend deutlich eine grundsicherungsrechtlich beachtliche Einkommenszuordnung des Kinderwohngelds zu dem Kind zum Ausdruck gebracht, für dessen Unterkunftsbedarf es jeweils bestimmt ist.

24

Insoweit legt das Verbot des § 40 WoGG, das der ausgeschlossenen Person bewilligte Wohngeld bei Sozialleistungen als "deren" Einkommen zu berücksichtigen, schon dem Wortlaut nach den Schluss nahe, es demzufolge als Einkommen der nicht ausgeschlossenen Haushaltsmitglieder zu betrachten. Nur das steht auch im Einklang mit der Regelungssystematik des WoGG. Wohngeld wird ausschließlich zur Sicherung angemessenen Wohnens erbracht (§ 1 Abs 1 WoGG) und soll - wird es als Kinderwohngeld erbracht - den Haushaltsmitgliedern einer ua im Leistungsbezug nach dem SGB II stehenden wohngeldberechtigten Person ein Ausscheiden aus der Existenzsicherung nach dem SGB II ermöglichen. In dem insoweit anders konzipierten System nach dem WoGG mit nur einem Leistungsberechtigten, dessen Stellung an die mietrechtliche Verpflichtung zur Entrichtung der Miete anknüpft (vgl oben 6.), ist dies grundsätzlich nur möglich durch die Auszahlung des Wohngelds an die wohngeldberechtigte Person (§ 26 Abs 1 Satz 1 WoGG). Das ändert indes nichts daran, dass die Leistung ausschließlich auf die Begünstigung der dadurch aus der Bedarfsgemeinschaft ausscheidenden weiteren Haushaltsmitglieder des Wohngeldberechtigten (§ 5 Abs 1 Satz 2 WoGG) abzielt und sie deshalb grundsicherungsrechtlich nur ihnen als Einkommen zuzurechnen ist (ebenso iE Hengelhaupt in Hauck/Noftz, K § 11 SGB II, Stand der Kommentierung Januar 2015, RdNr 593; Hartmann, Wohngeld-Leitfaden 2017/2018, 10. Aufl 2017, RdNr 707).

25

d) Dass dem ein Rechtsanspruch auf Weiterleitung des Kinderwohngelds im Verhältnis zwischen wohngeldberechtigtem Elternteil und begünstigtem Kind nicht zu Grunde liegt, steht dem nicht entgegen. Schon im Allgemeinen darf der Gesetzgeber von Verfassungs wegen bei familiär geprägten Lebensumständen auf typisierte Unterstützungsleistungen innerhalb der Gemeinschaft schließen (vgl BVerfG vom 27.7.2016 - 1 BvR 371/11 - BVerfGE 142, 353 = SozR 4-4200 § 9 Nr 15, RdNr 39, BSG vom 14.3.2012 - B 14 AS 17/11 R - BSGE 110, 204 = SozR 4-4200 § 9 Nr 10, RdNr 23, jeweils mwN). Erst recht darf er auch ohne ausdrückliche normative Anordnung (vgl aber § 28 Abs 2 Satz 1 WoGG) unterstellen, dass die wohngeldberechtigte und damit voraussetzungsgemäß aus dem Mietvertrag zur Entrichtung der Miete verpflichtete Person das von ihr empfangene Wohngeld regelmäßig zur Zahlung auf den Kopfteil verwenden wird, der auf das begünstigte Kind entfällt. Erweist sich diese Erwartung als unbegründet, kann das Wohngeld auch ohne deren Einwilligung an ein anderes Haushaltsmitglied oder an den Empfänger oder die Empfängerin der Miete gezahlt werden (§ 26 Abs 1 Satz 2 WoGG).

26

8. Zutreffend hat der Beklagte abweichend vom tatsächlichen Zufluss und der normativen Zuordnung (vgl nur BSG vom 2.7.2009 - B 14 AS 75/08 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 13 RdNr 20 mwN) dem Sohn der Klägerin zur Deckung seines nach Abzug von Unterhalt und Kinderwohngeld noch offenen Bedarfs einen Anteil von 20,02 Euro an dem von der Klägerin bezogenen Kindergeld als Einkommen zugerechnet (488,02 Euro Gesamtbedarf - 377 Euro Unterhalt - 91 Euro Kinderwohngeld = 20,02 Euro). Zwar war der Sohn infolgedessen nach § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II im streitbefangenen Zeitraum kein zur Bedarfsgemeinschaft der Klägerin gehörendes Kind iS von § 11 Abs 1 Satz 4 Halbsatz 1 und Satz 3 SGB II(hier idF der Bekanntmachung vom 13.5.2011, BGBl I 850; nunmehr: § 11 Abs 1 Satz 5 und 4 SGB II idF des 9. SGB II-Änderungsgesetzes vom 26.7.2016, BGBl I 1824). Soweit das Kindergeld zur Sicherung seines Lebensunterhalts benötigt wird, verbleibt es gleichwohl bei der Zurechnungsnorm des § 11 Abs 1 Satz 4 und 3 SGB II(vgl dazu BSG vom 13.5.2009 - B 4 AS 39/08 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 23 RdNr 14 ff, 23 f). Die ihr zu Grunde liegende Regelungsintention - mit dem in einer familiären Gemeinschaft zur Verfügung stehenden Kindergeld vorrangig den Bedarf des Kindes zu decken - gilt in gleicher Weise, wenn Wohngeld für das haushaltsangehörige Kind eines im Alg II-Bezug stehenden Elternteils gezahlt wird, um jedenfalls ihm das Ausscheiden aus dem Sozialgeld- oder Alg II-Bezug zu ermöglichen.

27

Insoweit liegt auch der Öffnungsklausel des § 7 Abs 2 Satz 2 Nr 2 iVm Abs 1 Satz 3 Nr 2 lit a) WoGG implizit eine entsprechende Kindergeldzuordnung zu Grunde, weil das Ausscheiden des begünstigten Kindes aus der Bedarfsgemeinschaft hiernach Voraussetzung für die Wohngeldgewährung ist und kein Anhalt dafür besteht, dass die damit intendierte Überwindung der Hilfebedürftigkeit auf Fallkonstellationen beschränkt sein soll, in denen hierzu auf Kindergeld nicht zurückgegriffen werden muss. Darin liegt auch kein unzulässiger Verweis auf nur fiktiv vorhandene Mittel (vgl aber zur fehlenden Rechtsgrundlage für die Zuordnung von Kindergeld im Großeltern-Enkel-Verhältnis BSG vom 19.10.2016 - B 14 AS 53/15 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 78 RdNr 22 ff), weil die Gewährung des Kinderwohngelds an die gemeinsame Haushaltsmitgliedschaft des Kindes und des wohngeldberechtigten Elternteils geknüpft ist (§ 6 Abs 1 WoGG) und diese insoweit nicht anders konzipiert ist als die Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs 3 SGB II(vgl im Einzelnen § 5 WoGG).

28

9. Anspruch auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts dem Grunde nach hat die Klägerin hiernach nicht. Ihr zu deckender Bedarf beläuft sich im streitbefangenen Zeitraum auf 624,47 Euro, zusammengesetzt aus folgenden Einzelbedarfen: Der Regelbedarf für sie beträgt 374 Euro (§ 20 Abs 2 Satz 1 SGB II iVm § 2 Abs 1 RBSFV 2012, BGBl I 2090), hinzu kommen ein Mehrbedarf wegen Alleinerziehung in Höhe von 44,88 Euro (§ 21 Abs 3 Nr 1 SGB II), ein Mehrbedarf bei dezentraler Warmwassererzeugung in Höhe von 8,60 Euro (§ 21 Abs 7 Satz 2 Nr 1 SGB II, hier der Höhe nach nicht in Zweifel gezogen, vgl dazu grundlegend BSG vom 7.12.2017 - B 14 AS 6/17 R - vorgesehen für SozR 4) sowie der auf sie entfallende Kopfteil der tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 196,99 Euro (§ 22 Abs 1 Satz 1 SGB II). Als bedarfsdeckendes Einkommen steht dem das vom Beklagten zutreffend um die Absetzbeträge nach § 11b Abs 2 Satz 1 und Abs 3 Nr 1 SGB II bereinigte Erwerbseinkommen sowie das Kindergeld in Höhe von 184 Euro gegenüber, dieses gemindert um den zur Bedarfsdeckung ihres Sohnes benötigten Anteil von 20,02 Euro.

29

10. Soweit die Klägerin hiernach auf den bedarfsdeckenden Einsatz des von ihr bezogenen Kindergelds in Höhe von 163,98 Euro verwiesen ist (184 Euro - 20,02 Euro), steht dem § 1612b Abs 1 BGB nicht entgegen.

30

a) Nach § 1612b Abs 1 BGB ist das auf das Kind entfallende Kindergeld zur Deckung seines Barbedarfs zu verwenden, und zwar zur Hälfte, wenn ein Elternteil seine Unterhaltspflicht durch Betreuung des Kindes erfüllt(Satz 1 Nr 1) und in allen anderen Fällen in voller Höhe (Satz 1 Nr 2). Nach Satz 2 mindert es in diesem Umfang den Barbedarf des Kindes. Die Regelung reagiert auf die kindergeldrechtliche Unterscheidung zwischen materieller Anspruchsinhaberschaft einerseits und Bezugsberechtigung andererseits, wonach zwar beiden Elternteilen ein Anspruch auf Kindergeld zusteht (§ 62 Abs 1 Satz 1 EStG; § 1 BKGG), es im Interesse der Verfahrensvereinfachung aber nur einem Berechtigten gezahlt wird (§ 64 Abs 1 EStG; § 3 Abs 1 BKGG). Bei mehreren Berechtigten ist das derjenige, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat (§ 64 Abs 2 Satz 1 EStG; § 3 Abs 2 Satz 1 BKGG); ist das Kind im gemeinsamen Haushalt aufgenommen, so bestimmen die anspruchsberechtigten Personen den Bezugsberechtigten untereinander (§ 64 Abs 2 Satz 2 EStG; § 3 Abs 2 Satz 2 BKGG). Vor diesem Hintergrund zielt § 1612b Abs 1 BGB auf einen internen Ausgleich des Kindergelds zwischen dem bezugsberechtigten und dem anderen Elternteil beim Getrenntleben der Eltern(vgl BT-Drucks 16/1830 S 28 ff).

31

b) Dazu soll der nicht kindergeldbezugsberechtigte Elternteil in den Fällen des § 1612b Abs 1 Satz 1 Nr 1 BGB nach der gesetzlichen Konzeption - abgesehen von einem hier nicht vorliegenden Wechselmodell(dazu BGH vom 20.4.2016 - XII ZB 45/15 - FamRZ 2016, 1053) - entlastet werden, indem die Hälfte des dem bezugsberechtigten Elternteil gezahlten Kindergelds auf den von ihm geschuldeten Barunterhalt angerechnet und vom Unterhaltsbedarf des Kindes vorweg abgesetzt wird, wenn der andere Elternteil im Sinne von § 1606 Abs 3 Satz 2 BGB seine Unterhaltspflicht durch Betreuung des Kindes erfüllt. Danach soll das Kindergeld dem betreuenden und dem barunterhaltspflichtigen Elternteil entsprechend dem Grundsatz der Gleichwertigkeit von Betreuungs- und Barunterhalt nach § 1606 Abs 3 Satz 2 BGB jeweils zur Hälfte zu Gute kommen. Demgemäß soll der betreuende Elternteil mit der einen Hälfte des Kindergelds bei der Erbringung seiner Betreuungsleistung unterstützt und die andere Hälfte von ihm für den Barunterhalt des Kindes verwandt werden (vgl BT-Drucks 16/1830 S 30). Insoweit soll die Wendung "Das auf das Kind entfallende Kindergeld ist zur Deckung seines Barbedarfs zu verwenden ..." (§ 1612b Abs 1 Satz 1 Halbsatz 1 BGB) zum Ausdruck bringen, dass das Kind Anspruch auf die Auszahlung des Kindergelds oder die Erbringung entsprechender Naturalleistungen gegenüber demjenigen hat, der das Kindergeld ausgezahlt erhält (vgl BT-Drucks 16/1830 S 30).

32

c) Der so konzipierte Ausgleichsmechanismus zwischen dem kindergeldbezugsberechtigten und dem von ihm getrennt lebenden barunterhaltspflichtigen Elternteil berührt die Kindergeldanrechnung im Verhältnis zwischen der Klägerin und dem Beklagten nicht. § 1612b BGB zielt allein auf den unterhaltsrechtlichen Ausgleich unter den Elternteilen(vgl BT-Drucks 16/1830 S 29; BGH vom 14.12.2016 - XII ZB 207/15 - FamRZ 2017, 633 RdNr 11). Anlass für eine Korrektur der Kindergeldzuordnung als Einkommen der Klägerin (vgl oben RdNr 26) gibt die Vorschrift dagegen nicht.

33

Zwar kann zweifelhaft erscheinen, ob die mit der Neuregelung des § 1612b BGB angestrebte Harmonisierung unterhalts- und sozialrechtlicher Wertungen durch das Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts vom 21.12.2007 (BGBl I 3189) erreicht worden ist (vgl BT-Drucks 16/1830 S 29). Anders als vom Gesetzgeber vorausgesetzt ist dem betreuenden Elternteil eine vollständige Verwendung des hälftigen Kindergelds für den Barunterhalt des Kindes nicht möglich, wenn das Kind - wie hier - wegen seiner weiteren Einnahmen weniger als die Hälfte des Kindergelds zur Deckung seines Bedarfs benötigt und der bezugsberechtigte Elternteil deshalb zur Deckung seines eigenen Lebensunterhalts auf einen Kindergeldanteil verwiesen ist, der nach der unterhaltsrechtlichen Konzeption für den Barbedarf des Kindes eingesetzt werden soll (kritisch insoweit auch etwa LSG Nordrhein-Westfalen vom 12.11.2015 - L 6 AS 415/14 - FamRZ 2016, 1814 RdNr 48 f; ebenso LSG Berlin-Brandenburg vom 17.5.2017 - L 10 AS 64/15 - RdNr 48 f; Geiger in LPK-SGB II, 6. Aufl 2017, § 11 RdNr 56).

34

Solange der Gesetzgeber unter Wahrung der verfassungsrechtlichen Vorgaben für die Existenzsicherung im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit für solche Fälle grundsicherungsrechtlich gleichwohl an der allgemeinen Zuordnungsregelung des § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II festhält, kann dies im Wege gerichtlicher Auslegung indessen nicht korrigiert werden(ebenso BGH vom 14.12.2016 - XII ZB 207/15 - FamRZ 2017, 633 RdNr 9 ff; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, K § 11 SGB II, Stand der Kommentierung Januar 2015, RdNr 364). Im Übrigen kann nach der Rechtsprechung des BGH aus § 1612b BGB in bestimmten Fällen ebenso ein Auskehrungsanspruch des Kindes folgen(BGH vom 14.12.2016 - XII ZB 207/15 - FamRZ 2017, 633 RdNr 10) wie nach § 74 Abs 1 EStG ein Anspruch auf Auszahlung des für ein Kind festgesetzten Kindergelds bestehen kann(auf Letzteres verweisend auch Geiger in LPK-SGB II, 6. Aufl 2017, § 11 RdNr 56).

35

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

Das einer vom Wohngeld ausgeschlossenen wohngeldberechtigten Person bewilligte Wohngeld ist bei Sozialleistungen nicht als deren Einkommen zu berücksichtigen.

(1) Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld abzüglich der nach § 11b abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a genannten Einnahmen sowie Einnahmen, die nach anderen Vorschriften des Bundesrechts nicht als Einkommen im Sinne dieses Buches zu berücksichtigen sind. Dies gilt auch für Einnahmen in Geldeswert, die im Rahmen einer Erwerbstätigkeit, des Bundesfreiwilligendienstes oder eines Jugendfreiwilligendienstes zufließen. Als Einkommen zu berücksichtigen sind auch Zuflüsse aus darlehensweise gewährten Sozialleistungen, soweit sie dem Lebensunterhalt dienen. Der Kinderzuschlag nach § 6a des Bundeskindergeldgesetzes ist als Einkommen dem jeweiligen Kind zuzurechnen. Dies gilt auch für das Kindergeld für zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Kinder, soweit es bei dem jeweiligen Kind zur Sicherung des Lebensunterhalts, mit Ausnahme der Bedarfe nach § 28, benötigt wird.

(2) Einnahmen sind für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Dies gilt auch für Einnahmen, die an einzelnen Tagen eines Monats aufgrund von kurzzeitigen Beschäftigungsverhältnissen erzielt werden.

(3) Würde der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung einer als Nachzahlung zufließenden Einnahme, die nicht für den Monat des Zuflusses erbracht wird, in diesem Monat entfallen, so ist diese Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig aufzuteilen und monatlich ab dem Monat des Zuflusses mit einem entsprechenden monatlichen Teilbetrag zu berücksichtigen.

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten werden die Urteile des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 26. August 2014 und des Sozialgerichts Neubrandenburg vom 13. Dezember 2012 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Kosten sind in allen drei Rechtszügen nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Im Streit ist der Anspruch des Klägers auf höheres Arbeitslosengeld II (Alg II) wegen einer Nachforderung von Betriebs- und Heizkosten, die außerhalb des Leistungsbezugs entstanden sind, für eine im Fälligkeitszeitpunkt nicht mehr bewohnte Wohnung.

2

Der Kläger und seine Ehefrau wohnten in einer Dreizimmerwohnung in N. im P. Ring und bezogen vom beklagten Jobcenter Alg II bis Juli 2008. Anschließend war der Kläger erwerbstätig. Im September 2009 wurde ihr gemeinsamer Sohn geboren. Nachdem die zuletzt ausgeübte Erwerbstätigkeit des Klägers im April 2010 endete, bewilligte der Beklagte dem Kläger, seiner Ehefrau und seinem Sohn für die Zeit von Mai bis Oktober 2010 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Bescheid vom 11.5.2010, Änderungsbescheide vom 25.5.2010, 24.8.2010 und 19.10.2010), die er für den Monat Oktober 2010 nach Vorlage einer Entgeltabrechnung des Klägers hinsichtlich der Regelleistungen teilweise aufhob (Bescheide vom 4.11.2010). Zum 1.10.2010 mietete der Kläger vom bisherigen Vermieter eine Dreizimmerwohnung in N. im P.-Ring und zog die Familie in diese um, wozu der Beklagte die Zusicherung erteilte.

3

Am 14.10.2010 rechnete der Vermieter die Betriebs- und Heizkosten für die frühere Wohnung im P.-Ring für das Jahr 2009 ab. Der Kläger legte am 21.10.2010 dem Beklagten die Abrechnung vor, deren im selben Monat fällige Nachforderung sich auf 559,72 Euro belief. Die Übernahme dieser Nachforderung lehnte der Beklagte ab (Bescheid vom 4.11.2010, Widerspruchsbescheid vom 8.2.2011); es handele sich um Verbindlichkeiten aus einem früheren Mietverhältnis.

4

Auf die zunächst nur vom Kläger erhobene und während des Klageverfahrens um die Ehefrau und den Sohn erweiterte Klage verpflichtete das Sozialgericht (SG) den Beklagten, den Klägern Betriebs- und Heizkosten in Höhe von 559,72 Euro als Kosten der Unterkunft und Heizung zu gewähren (Urteil vom 13.12.2012). Die vom SG zugelassene Berufung des Beklagten wurde vom Landessozialgericht (LSG) - nach Rücknahme der Klagen der Ehefrau und des Sohnes - zurückgewiesen (Urteil vom 26.8.2014). Den Tenor des SG-Urteils fasste das LSG "klarstellend" dahingehend neu, dass der Beklagte verpflichtet wird, dem Kläger Grundsicherungsleistungen für Oktober 2010 in Höhe von insgesamt 416,61 Euro zu gewähren. Dass der Kläger im Jahr 2009 nicht im Leistungsbezug gestanden habe und nun die frühere Wohnung nicht mehr bewohne, sei ohne Belang, weil er damals seinen Pflichten aus dem Mietverhältnis nachgekommen sei und zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Nachforderung im Leistungsbezug des Beklagten gestanden habe. Unter Einbeziehung seiner laufenden Bedarfe und des zu berücksichtigenden Einkommens sowie seines Kopfteils in Höhe von einem Drittel der Nachforderung ergebe sich ein Leistungsanspruch des Klägers im Oktober 2010 in Höhe von insgesamt 416,61 Euro.

5

Mit der vom LSG zugelassenen Revision macht der Beklagte eine Verletzung des § 22 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) geltend. Nebenkostennachforderungen für eine frühere Wohnung seien nur zu übernehmen, wenn der Mieter im Zeitpunkt ihrer Entstehung und ihrer Fälligkeit im Leistungsbezug gestanden habe und der Umzug in Erfüllung einer Kostensenkungsaufforderung erfolgt sei.

6

Der Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 26. August 2014 und des Sozialgerichts Neubrandenburg vom 13. Dezember 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision des Beklagten ist begründet. Die Urteile des LSG und des SG sind aufzuheben und die Klage ist abzuweisen, weil der Beklagte zu Recht einen Anspruch des Klägers auf höheres Alg II wegen einer Nachforderung von Betriebs- und Heizkosten abgelehnt hat.

9

1. Streitgegenstand des Revisionsverfahrens sind das nur den Kläger betreffende Urteil des LSG und das Urteil des SG, soweit es den Kläger betrifft, durch die der Beklagte verurteilt worden ist, dem Kläger Alg II für Oktober 2010 unter kopfteiliger Berücksichtigung der Nachforderung aus der Betriebs- und Heizkostenabrechnung für das Jahr 2009 in Höhe von insgesamt 416,61 Euro zu zahlen, sowie der Bescheid des Beklagten vom 4.11.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.2.2011. Gegen diesen Bescheid wendet sich der Kläger zutreffend mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1, Abs 4 Sozialgerichtsgesetz), denn er begehrt die Aufhebung dieses Bescheides, durch den der Beklagte die Übernahme der Nebenkostennachforderung und eine entsprechende Änderung seiner Bewilligungsentscheidung für Oktober 2010 abgelehnt hat, und die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung höheren Alg II für Oktober 2010 an ihn.

10

2. Rechtsgrundlage für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf höheres als das ihm für Oktober 2010 zuletzt bewilligte Alg II sind § 40 Abs 1 Satz 1 SGB II iVm § 48 Abs 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) und § 19 Satz 1 iVm § 7 Abs 1 Satz 1 und §§ 20 ff SGB II, hier hinsichtlich der umstrittenen Nachforderung § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II(in der im Oktober 2010 geltenden Fassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954; SGB II aF). Denn der Beklagte hat bei der Leistungsbewilligung durch den Änderungsbescheid vom 19.10.2010 für Oktober 2010 dem Kläger Alg II einschließlich Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II aF bewilligt und die vom Kläger am 21.10.2010 vorgelegte Betriebs- und Heizkostenabrechnung vom 14.10.2010 fällt zeitlich in diesen Monat.

11

3. Nach § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, hier der Änderungsbescheid vom 19.10.2010 für Oktober 2010, mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Der Verwaltungsakt ist nach § 40 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB II aF iVm § 330 Abs 3 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch iVm § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB X mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben, soweit die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt. Doch an einer rechtserheblichen Änderung zugunsten des Klägers fehlt es hier.

12

Mit der Betriebs- und Heizkostennachforderung des Vermieters hinsichtlich der vom Kläger früher bewohnten Wohnung für das Jahr 2009, in dem er wegen fehlender Hilfebedürftigkeit nicht im Leistungsbezug bei dem Beklagten stand, ist keine solche Änderung eingetreten, weil der Kläger im Fälligkeitsmonat Oktober 2010 keinen Anspruch auf (kopfteilige) Übernahme dieser Nachforderung hat (dazu 4.). Im Übrigen ergeben sich weder Anhaltspunkte dafür, dass das vom Beklagten für Oktober 2010 bewilligte Alg II einschließlich der Leistungen für laufende Kosten der Unterkunft und Heizung für den Kläger, der nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG die Voraussetzungen des § 19 Satz 1 iVm § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II erfüllte, zu niedrig festgesetzt worden sein könnte, noch dafür, dass dem Kläger aus anderen Gründen als der Nachforderung höheres als das bewilligte Alg II im Oktober 2010 zustehen könnte. Insbesondere berücksichtigt der Änderungsbescheid vom 19.10.2010 die tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung für die aktuell bewohnte Wohnung abzüglich nur der Warmwasserpauschale bei der Bedarfsberechnung.

13

4. Der Kläger hat im Fälligkeitsmonat Oktober 2010 keinen Anspruch auf (kopfteilige) Übernahme der Nachforderung aus § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II aF. Nach dieser Vorschrift werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind.

14

a) Hierdurch erfasst werden nicht nur Leistungen für laufende, sondern auch für einmalige Kosten für Unterkunft und Heizung. Soweit eine Nachforderung von Unterkunfts- und/oder Heizkosten in einer Summe fällig wird, gehört sie im Fälligkeitsmonat zum tatsächlichen, aktuellen Bedarf (vgl Bundessozialgericht Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 9/11 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 50 RdNr 14).

15

Die Leistungen für laufende wie für einmalige Kosten für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II aF dienen indes der Unterkunftssicherung. Hieran hat sich durch die Neufassung dieser Regelung mit Wirkung vom 1.1.2011 ("Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind.") nichts geändert (Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011, BGBl I 453; SGB II nF). Durch die existenzsichernden Leistungen soll der aktuelle räumliche Lebensmittelpunkt beibehalten werden können und sollen so der persönliche Lebensbereich "Wohnung" sowie das Grundbedürfnis "Wohnen" geschützt werden. Der Leistungsanspruch nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II aF zur Sicherung des Grundbedürfnisses des Wohnens bezieht sich deshalb grundsätzlich nur auf die Übernahme der Aufwendungen für die tatsächlich genutzte konkrete Wohnung, die den aktuell bestehenden Unterkunftsbedarf deckt(vgl - in unterschiedlichen Zusammenhängen - BSG Urteil vom 19.9.2008 - B 14 AS 54/07 R - juris RdNr 20; BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 50/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 29 RdNr 19; BSG Urteil vom 18.2.2010 - B 4 AS 28/09 R - juris RdNr 20; BSG Urteil vom 17.6.2010 - B 14 AS 58/09 R - BSGE 106, 190 = SozR 4-4200 § 22 Nr 41, RdNr 28; BSG Urteil vom 24.11.2011 - B 14 AS 121/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 58 RdNr 15; BSG Urteil vom 16.2.2012 - B 4 AS 14/11 R - juris RdNr 23; BSG Urteil vom 23.5.2012 - B 14 AS 133/11 R - SozR 4-1300 § 44 Nr 25 RdNr 20; BSG Urteil vom 4.6.2014 - B 14 AS 42/13 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 78 RdNr 17; vgl auch Boerner in Harich, Handbuch der Grundsicherung für Arbeitsuchende, 2014, Stichwort "Mietwohnung, Bedarfe für" RdNr 3). Entsprechend haben die bisherigen Entscheidungen des BSG zur Übernahme von Betriebs- und/oder Heizkostennachforderungen - mit einer Ausnahme (dazu b) - jeweils Forderungen aus bestehenden Mietverhältnissen für im Zeitpunkt ihrer Fälligkeit weiterhin genutzte Wohnungen zum Gegenstand (s nur BSG Urteil vom 22.3.2010 - B 4 AS 62/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 38; BSG Urteil vom 6.4.2011 - B 4 AS 12/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 45; BSG Urteil vom 24.11.2011 - B 14 AS 121/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 58).

16

Besteht das Mietverhältnis noch, gehören danach auch Nebenkostennachforderungen für Unterkunft und Heizung, die vor Eintritt der Hilfebedürftigkeit tatsächlich entstanden sind, aber erst nach deren Eintritt fällig werden, zu den übernahmefähigen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung (so BSG Urteil vom 24.11.2011 - B 14 AS 121/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 58 RdNr 15). Daran ist festzuhalten.

17

Im Zeitpunkt der Fälligkeit der Betriebs- und Heizkostennachforderung vom 14.10.2010 - nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und deshalb den Senat bindenden Tatsachenfeststellungen des LSG (§ 163 SGG) im Oktober 2010 - war das Mietverhältnis über die frühere Wohnung, auf die sich die Nachforderung bezog, jedoch bereits beendet. Für diese Wohnung kamen unterkunftssichernde Leistungen nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II aF grundsätzlich nicht mehr in Betracht.

18

b) Eine Ausnahme von diesem Grundsatz hat das BSG anerkannt, wenn der Leistungsberechtigte sowohl im Zeitpunkt der tatsächlichen Entstehung der Kosten im Leistungsbezug nach dem SGB II stand als auch im Zeitpunkt der Fälligkeit der Nachforderung noch steht sowie die Aufgabe der Wohnung in Erfüllung einer Kostensenkungsobliegenheit gegenüber dem Leistungsträger erfolgt ist und keine anderweitige Bedarfsdeckung eingetreten ist. In diesem Fall sind auch Aufwendungen für eine Betriebs- und Heizkostennachforderung aus einem nicht mehr bestehenden Mietverhältnis durch Leistungen für Unterkunft und Heizung nach dem SGB II zu übernehmen (BSG Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 9/11 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 50 RdNr 17 und Leitsatz).

19

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Der Kläger hat die frühere Wohnung nicht während des ununterbrochenen Leistungsbezugs aufgrund einer Kostensenkungsaufforderung des Leistungsträgers aufgegeben.

20

c) Es gibt keinen Grund, vorliegend eine weitere Ausnahme anzuerkennen. Nebenkostennachforderungen für eine Wohnung, die erst fällig geworden sind, nachdem diese nicht mehr bewohnt wird, und deren tatsächliche Entstehung nicht auf Zeiten der Hilfebedürftigkeit zurückgeht, sind kein anzuerkennender Bedarf iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II(vgl auch Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, K § 22 RdNr 65, Stand Oktober 2012).

21

Den vorliegenden Fall prägt nicht die vom 4. Senat betonte Besonderheit eines Umzugs während des Leistungsbezugs in Erfüllung einer Kostensenkungsobliegenheit nach Aufforderung durch den Leistungsträger (§ 22 Abs 1 Satz 3 SGB II), die auch in anderen Zusammenhängen Berücksichtigung gefunden hat (§ 22 Abs 6 Satz 2 SGB II: Erteilung einer Zusicherung zur Übernahme von Wohnungsbeschaffungs- und Umzugskosten, wenn der Umzug durch den Leistungsträger veranlasst ist; zu einem Erstausstattungsanspruch bei unbrauchbar gewordenen Möbeln durch einen vom Leistungsträger veranlassten Umzug vgl BSG Urteil vom 1.7.2009 - B 4 AS 77/08 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 4). Der Leistungsträger ist in diesen Fällen nicht von seiner Verantwortung für die Berücksichtigung unterkunftsbezogener Bedarfe für die frühere Wohnung enthoben und er soll die Folgekosten des von ihm veranlassten Umzugs übernehmen (vgl § 22 Abs 1 Satz 4 SGB II: "unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen").

22

Mit einem in diesem Sinne vom Leistungsträger veranlassten Umzug nicht vergleichbar ist der Umzug der Familie des Klägers in die neue Wohnung, der nach den Feststellungen des LSG aufgrund von Mängeln der früheren Wohnung erfolgte und dessen Erforderlichkeit der Beklagte durch seine Zusicherung anerkannte. Die Erteilung einer Zusicherung verschafft dem Leistungsberechtigten zwar Gewissheit über die Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft (§ 22 Abs 4 Satz 1 SGB II), begründet aber keinen Übernahmeanspruch für nach dem Umzug fällig werdende Forderungen für die frühere Wohnung. Eine anderweitige existenzsicherungsrechtlich relevante Verknüpfung der Nachforderung von Nebenkosten für das Jahr 2009, deren tatsächliche Entstehung nicht auf Zeiten der Hilfebedürftigkeit zurückgeht, mit dem anzuerkennenden unterkunftsbezogenen Bedarf im Fälligkeitsmonat Oktober 2010 ist nicht zu erkennen, weil der Beklagte im Jahr 2009 keine unterkunftsbezogenen Bedarfe des Klägers zu übernehmen hatte.

23

5. Eine Übernahme der Nachforderung als Schulden iS von § 22 Abs 5 SGB II(in der im Oktober 2010 geltenden Fassung des Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 24.3.2006, BGBl I 558) kam von vornherein nicht in Betracht. Diese Schuldenübernahme dient allein der Sicherung der aktuell genutzten Unterkunft (vgl BSG Urteil vom 17.6.2010 - B 14 AS 58/09 R - BSGE 106, 190 = SozR 4-4200 § 22 Nr 41, RdNr 28; BSG Urteil vom 18.11.2014 - B 4 AS 3/14 R - vorgesehen für SozR 4-4200 § 22 Nr 80 RdNr 17; vgl auch Boerner in Harich, Handbuch der Grundsicherung für Arbeitsuchende, 2014, Stichwort "Mietschulden" RdNr 12). Hieran hat sich durch die Neufassung der Regelung zur Schuldenübernahme in § 22 Abs 8 SGB II nF mit Wirkung vom 1.1.2011 nichts geändert. Für die im Oktober 2010 durch den Kläger genutzte neue Wohnung bestanden indes keine Schulden.

24

6. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem vom LSG wiedergegebenen Vortrag des Klägers, der Vermieter der aktuellen Wohnung, der mit dem früheren Vermieter identisch sei, habe mit der Kündigung der Wohnung gedroht, wenn die Nachforderung nicht gezahlt werde. Denn eine Rechtsgrundlage für eine Vermieter-Kündigung des vertragstreu durchgeführten bestehenden Mietverhältnisses über die aktuell genutzte Wohnung wegen der ausstehenden Erfüllung einer Nachforderung aus dem anderen, bereits beendeten Mietverhältnis über die frühere Wohnung sehen die Regelungen zum Wohnraumkündigungsrecht im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) nicht vor. Sie knüpfen insoweit vielmehr an das jeweilige Mietverhältnis zwischen Vermieter und Mieter sowie an die Verletzung vertraglicher Pflichten des Mieters in diesem Mietverhältnis an (vgl § 542 Abs 1, § 543 Abs 1 Satz 1, § 568 Abs 1, § 573 Abs 1 Satz 1 und Abs 2 Nr 1 BGB).

25

7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.

Tenor

Die Sprungrevision des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 12. November 2010 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob der Beklagte verpflichtet ist, die Aufwendungen aus einer Betriebskostennachforderung für eine im Zeitpunkt ihrer Fälligkeit nicht mehr bewohnte Wohnung als eine einmalige Leistung für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II zu übernehmen.

2

Die Klägerin bezog vom 1.1.2006 bis 31.12.2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II vom Landkreis B. Darin enthalten waren auch die Kosten von insgesamt 263 Euro für eine von ihr bewohnte Mietwohnung in W. Durch Schreiben vom 28.6.2006 forderte der Grundsicherungsträger sie auf, die Kosten für die Unterkunft bis zum 31.3.2007 zu senken. Die Obergrenze für angemessenen Mietraum betrage 245 Euro. Die Klägerin zog daraufhin zum 1.11.2006 in eine Wohnung in H. im Zuständigkeitsbereich des Beklagten - um. Der monatliche Mietpreis betrug dort insgesamt 234 Euro. Der Landkreis B. gewährte gleichwohl bis zum 31.12.2006 Alg II weiter und hob alsdann seine Bewilligungsentscheidung zum 1.1.2007 auf. Durch Bescheide vom 12.1.2007 und 15.6.2007 bewilligte der Beklagte Alg II einschließlich Leistungen für Unterkunft und Heizung für das Jahr 2007.

3

In einem an die Klägerin gerichteten Schreiben vom 27.8.2007 machte der Vermieter der Klägerin in H. eine Betriebskostennachforderung für die Monate November und Dezember 2006 und in einem Schreiben vom 10.9.2007 der Vermieter aus W. eine solche für die Monate Januar bis Oktober 2006 geltend. Die Betriebskostennachforderung für die Wohnung in W. betrug 548,85 Euro - fällig zum 31.12.2007. Für beide Nachforderungen beantragte die Klägerin Leistungen für Unterkunft und Heizung von dem Beklagten. Dies lehnte der Beklagte für die Nachforderung bezogen auf die Wohnung in W. wegen der Unangemessenheit der Aufwendungen - seiner Ansicht nach festgestellt durch die Kostensenkungsaufforderung des Landkreises B. durch Bescheid vom 11.10.2007 ab. Den Widerspruch der Klägerin wies er mit der Begründung zurück, die Aufwendungen für die Wohnung in W. stellten keinen aktuellen Bedarf für Unterkunft und Heizung dar, da die Klägerin die Wohnung nicht mehr bewohne (Widerspruchsbescheid vom 6.10.2008).

4

Im Klageverfahren vor dem SG Dresden war die Klägerin erfolgreich. Das SG hat den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 11.10.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6.10.2008 verurteilt, die Nachforderung aus der Betriebskostenabrechnung vom 10.9.2007 für die Wohnung in W. in Höhe von 548,85 Euro zu übernehmen. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, es sei eine wesentliche Änderung der Verhältnisse iS des § 48 SGB X, die der Erteilung des Bewilligungsbescheids vom 15.6.2007 zugrunde gelegen hätten, durch die Betriebskostennachforderung für die Wohnung in W. eingetreten. Die Klägerin habe Anspruch auf höhere Leistungen nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II. Zwar seien Leistungen für Unterkunft und Heizung grundsätzlich nur dazu da, den aktuellen Bedarf des Wohnens durch Sicherung der Unterkunft zu gewährleisten. Hiervon sei jedoch dann eine Ausnahme zu machen, wenn - wie hier - der Umzug in die neue Unterkunft auf Veranlassung des Grundsicherungsträgers erfolgt sei. Dann sei es unbillig, Nachforderungen aus dem alten Mietverhältnis als Schulden zu werten. Der Bewilligungsbescheid vom 15.6.2007 sei daher zu ändern, ohne dass es darauf ankomme, ob die Aufwendungen zum Zeitpunkt ihrer Entstehung angemessen gewesen seien. Eine rückwirkende Kostensenkung sei nicht möglich.

5

Der Beklagte hat mit Zustimmung der Klägerin die von dem SG zugelassene Sprungrevision eingelegt. Er macht geltend, bei der Betriebskostennachforderung handele es sich um Schulden, die von ihm nicht zu übernehmen seien. Hieran ändere es nichts, dass der Umzug durch den Grundsicherungsträger veranlasst worden sei. Der Verlust der zur Zeit bewohnten Wohnung drohe bei Nichtbegleichung der Schulden nicht.

6

Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 12. November 2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7

Die Klägerin beantragt,
die Sprungrevision zurückzuweisen.

8

Sie hält die Ausführungen in dem Urteil des SG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Sprungrevision ist unbegründet.

10

Die Klägerin hat Anspruch auf Übernahme der Betriebskostennachforderung für ihre Wohnung in W. in Höhe von 548,85 Euro. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist vorliegend die Betriebskostennachforderung auch für die im Fälligkeitszeitpunkt der Nachforderung nicht mehr bewohnte Wohnung ein einmaliger Bedarf für Unterkunft und Heizung iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II.

11

1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist allein der Bescheid vom 11.10.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6.10.2008, mit dem der Beklagte die Übernahme der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2006 in Höhe von 548,85 Euro abgelehnt hat. Die Klägerin verfolgt ihr Begehren zutreffend mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4 SGG iVm § 56 SGG).

12

2. Die Rechtmäßigkeit des Ablehnungsbescheids misst sich an § 40 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB II iVm § 330 Abs 3 Satz 1 SGB III und § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X, weil der Beklagte bei der Leistungsbewilligung mit dem Bescheid vom 15.6.2007 für den Zeitraum vom 1.7.2007 bis 31.12.2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich Kosten für Unterkunft und Heizung bewilligt hat und die Betriebskostenabrechnung vom 10.9.2007 zeitlich in diesen Bewilligungsabschnitt fällt. Mit ihrem in der Vorinstanz gestellten Antrag auf Übernahme der Betriebskostenerstattung hat die Klägerin den Streitstoff ausdrücklich auf höhere Kosten für Unterkunft und Heizung beschränkt (zur Zulässigkeit einer derartigen Beschränkung siehe nur BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1). Der Höhe nach ist die Überprüfung im Revisionsverfahren auf weitere Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 548,85 Euro begrenzt, weil nur der Beklagte gegen das zusprechende Urteil des SG Dresden Revision eingelegt hat.

13

3. Ob der Klägerin die Betriebskostennachforderung zusteht, richtet sich nach § 48 Abs 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt, hier der Bewilligungsbescheid vom 15.6.2007 betreffend den Zeitraum 1.7.2007 bis 31.12.2007, mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Der Verwaltungsakt soll nach § 48 Abs 1 Satz 2 SGB X aufgehoben werden, soweit die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt. Hierzu ist der Anspruch auf Kosten der Unterkunft und Heizung dem Grunde und der Höhe nach zu prüfen (vgl nur BSG Urteil vom 22.3.2010, SozR 4-4200 § 22 Nr 38). Es ergeben sich jedenfalls keine Anhaltspunkte dafür, dass die Unterkunftskosten der Klägerin, die die Voraussetzungen des § 7 Abs 1 Satz 1 iVm § 19 Satz 1, § 22 SGB II erfüllt, zu hoch festgesetzt worden sein könnten.

14

Mit der Geltendmachung der Betriebskostennachforderung durch den Vermieter ist eine rechtserhebliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse eingetreten. § 22 Abs 1 SGB II erfasst nicht nur laufende, sondern auch einmalige Kosten für Unterkunft und Heizung( BSG Beschluss vom 16.5.2007 - B 7b AS 40/06 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 4 RdNr 9; BSG Urteil vom 19.9.2008 - B 14 AS 54/07 R - RdNr 19, FEVS 60, 490, 494; BSG Urteil vom 16.12.2008 - B 4 AS 49/07 R - BSGE 102, 194 ff = SozR 4-4200 § 22 Nr 16, RdNr 26; BSG Urteil vom 22.3.2010 - B 4 AS 62/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 38 RdNr 13). Soweit eine Nachforderung in einer Summe fällig wird, ist sie als tatsächlicher, aktueller Bedarf im Zeitpunkt ihrer Fälligkeit zu berücksichtigen, nicht aber auf längere Zeiträume zu verteilen (BSG Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 58/07 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 5 RdNr 36). Nachzahlungen gehören demzufolge zum aktuellen Bedarf im Fälligkeitsmonat (vgl nur BSG Urteil vom 22.3.2010 - B 4 AS 62/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 38 RdNr 13).

15

Eine wesentliche Änderung iS von § 48 Abs 1 SGB X kann nicht mit der Argumentation verneint werden, die Klägerin habe für den Entstehungszeitraum der Nebenkosten keine höheren Leistungen für Unterkunft und Heizung beanspruchen können, weil der Landkreis B. als für die Kosten der Wohnung in W. zuständiger kommunaler Träger durch das Schreiben vom 28.6.2006 mit der Aufforderung zur Kostensenkung die Unangemessenheit der damaligen Unterkunftskosten festgestellt habe. Dabei kann der Senat dahinstehen lassen, wie die Rechtslage zu beurteilen ist, wenn die Kosten im Entstehungszeitpunkt unangemessen sind und im Zeitpunkt des Bedarfseintritts - also der Fälligkeit der Betriebskostennachforderung - Leistungen für Unterkunft in tatsächlich entstandener Höhe der Aufwendungen erbracht werden. Selbst wenn die Aufwendungen der Klägerin für die Wohnung in W. unangemessen waren, so befand sich die Klägerin noch in der vom Landkreis B. gesetzten "Schonfrist" des § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II bis zum 31.3.2007, innerhalb derer die unangemessenen Kosten weiter zu tragen sind, soweit sofortige Kostensenkungsmaßnahmen nicht möglich oder zumutbar sind (vgl BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19). Die Klägerin hat die Wohnung bereits zum 31.10.2006 gewechselt, also vier Monate nach Aufforderung. Hinweise, dass ihr frühere Kostensenkungsmaßnahmen möglich oder zumutbar waren, sind nicht ersichtlich.

16

Der Annahme einer wesentlichen Änderung steht auch nicht entgegen, dass der Bedarf durch die Betriebskostennachforderung vom 10.9.2007 nicht materiell diesem Monat oder dem Monat der Fälligkeit am 31.12.2007 zuzuordnen ist. Wie der Senat bereits entschieden hat, beurteilt sich die Rechtslage vielmehr nach den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen des Zeitraums, dem die fragliche Forderung nach ihrer Entstehung im tatsächlichen Sinne zuzuordnen ist (vgl BSG Urteil vom 6.4.2011 - B 4 AS 12/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen). Für eine derartige Auslegung spricht insbesondere der dem § 22 SGB II innewohnende Schutzgedanke. Kostensenkungsmaßnahmen können nur in dem Zeitpunkt realisiert werden, in dem die Kosten entstehen. Der Anspruch beurteilt sich deshalb dem Grunde und der Höhe nach ausschließlich nach den Verhältnissen des Jahres 2006.

17

Es kommt im Gegensatz zu der vom Beklagten vertretenen Auffassung hier nicht darauf an, dass die Klägerin die Wohnung, für die die Betriebskosten nachgefordert worden sind, im Monat des Erhalts der Betriebskostennachforderung nicht mehr bewohnt hat. Sie hat die Wohnung aufgrund einer Kostensenkungsaufforderung des Leistungsträgers iS von § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II aufgegeben. Zudem stand sie im Zeitpunkt der tatsächlichen Entstehung der Aufwendungen und des Auftretens des Bedarfs durch die Nachforderung im Leistungsbezug und es ist keine anderweitige Bedarfsdeckung eingetreten. Jedenfalls in einem solchen Fall ist der Grundsicherungsträger verpflichtet, den Bedarf durch Leistungen für Unterkunft und Heizung zu decken.

18

Hat der Leistungsberechtigte die Wohnung für die die Betriebskostennachforderung geltend gemacht wird, aufgrund einer Kostensenkungsaufforderung des Leistungsträgers nach § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II aufgegeben, ist er mit dem Wohnungswechsel lediglich einer gesetzlich auferlegten Obliegenheit nachgekommen. Solange die Leistungen für Unterkunft bis zum Vollzug der Kostensenkungsaufforderung jedoch in tatsächlicher Höhe zu erbringen waren (s oben), stellen sie einen grundsicherungsrechtlichen Bedarf der Existenzsicherung im Bereich des Wohnens dar und sind nicht wie Schulden iS des § 22 Abs 5 SGB II zu behandeln. Insoweit hat der Senat ebenfalls schon erkannt, dass die Frage, ob Schulden iS des § 22 Abs 5 Satz 1 SGB II oder tatsächliche Aufwendungen für Unterkunft und Heizung iS des § 22 Abs 1 SGB II vorliegen, unabhängig von deren zivilrechtlicher Einordnung ausgehend von dem Zweck der Leistungen nach dem SGB II zu beurteilen ist, einen tatsächlich eingetretenen und bisher noch nicht von dem SGB II-Träger gedeckten Bedarf aufzufangen(BSG Urteil vom 22.3.2010 - B 4 AS 62/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 38; Urteil vom 17.6.2010 - B 14 AS 58/09 R - BSGE 106, 190 = SozR 4-4200 § 22 Nr 41). Bezieht sich die Nachforderung an Betriebskosten auf einen während der Hilfebedürftigkeit des SGB II-Leistungsberechtigten eingetretenen und bisher noch nicht gedeckten Bedarf, handelt es sich mithin um vom SGB II-Träger zu übernehmende tatsächliche Aufwendungen nach § 22 Abs 1 SGB II. Hat der Grundsicherungsträger dem Leistungsberechtigten bereits die monatlich an den Vermieter oder das Energieversorgungsunternehmen zu zahlenden Abschlagsbeträge zur Verfügung gestellt, den aktuellen Bedarf in der Vergangenheit also bereits gedeckt, und beruht die Nachforderung auf der Nichtzahlung der als Vorauszahlung vom Vermieter geforderten Abschläge für Heiz- und Betriebskosten, handelt es sich dagegen um Schulden (BSG Urteil vom 17.6.2010 - B 14 AS 58/09 R - BSGE 106, 190 = SozR 4-4200 § 22 Nr 41; Urteil vom 23.11.2011 - B 14 AS 121/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen). Das ist hier, wie oben bereits dargelegt, jedoch nicht der Fall.

19

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.