Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 17. März 2006 - L 8 AL 2899/04

bei uns veröffentlicht am17.03.2006

Tenor

Auf die Berufung des Klägers werden der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 15. Juni 2004 und der Bescheid der Beklagten vom 9. Dezember 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Februar 2004 aufgehoben und die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 1. März 2003 bis zum 31. Januar 2005 Leistungen zur Entgeltsicherung für ältere Arbeitnehmer zu gewähren.

Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf Leistungen der Entgeltsicherung für ältere Arbeitnehmer hat.
Der am XX geborene Kläger war vom 01.07.1984 bis 31.12.2002 als Außendienstmitarbeiter (Anzeigen) bei einem Zeitungsverlag in O. beschäftigt. Sein monatliches Bruttoarbeitsentgelt betrug zuletzt 4.500,00 EUR. Von Mitte Dezember 2002 bis zum 12.02.2003 war der Kläger arbeitsunfähig krank und bezog während dieser Zeit Krankengeld.
Am 13.02.2003 meldete sich der Kläger beim Arbeitsamt Offenburg (AA) arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld (Alg). Bei der Antragstellung wurde ihm das Merkblatt mit Stand April 2002 ausgehändigt. Darin war ein Hinweis auf die Möglichkeit einer Entgeltsicherung noch nicht enthalten, da es diese Leistung erst seit 01.01.2003 gibt. Am 13.03.2003 teilte der Kläger dem AA mit, dass er seit 01.03.2003 als Außendienstmitarbeiter (Anzeigen) bei der L. Zeitung beschäftigt sei. Diese Mitteilung erfolgte nicht anlässlich einer persönlichen Vorsprache des Klägers, sondern schriftlich unter Verwendung eines dem Kläger von der Beklagten zur Verfügung gestellten Vordrucks (Veränderungsmitteilung). Das AA bewilligte dem Kläger für die Zeit vom 13.02.2003 bis 28.02.2003 Alg in Höhe von wöchentlich 311,15 EUR (Bemessungsentgelt wöchentlich 1.040,- EUR, Leistungsgruppe A/O). Mit Bescheid vom 06.05.2003 übernahm die Beklagte auch die Beiträge des Klägers zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung. Die Beschäftigung des Klägers bei der L. Zeitung dauerte bis 31.01.2005, ab 01.02.2005 war der Kläger wieder arbeitslos. Sein monatliches Bruttoarbeitsentgelt betrug bis Juni 2004 ca. 3.600,00 EUR und danach bis Januar 2005 zwischen ca. 2.222,23 EUR (September 2004) und ca. 4.035,66 EUR (Januar 2005).
Am 14.10.2003 stellte der Kläger beim AA einen Antrag auf Leistungen der Entgeltsicherung und berief sich auf eine unbillige Härte, weil er zu Beginn seiner Arbeitslosigkeit nicht auf die entsprechende gesetzliche Regelung hingewiesen worden sei. Mit Bescheid vom 09.12.2003 lehnte das AA den Antrag ab, weil die Antragstellung verspätet erfolgt sei. Die Leistung sei hier nicht vor dem leistungsbegründenden Ereignis beantragt worden, da die Arbeitsaufnahme bereits am 01.03.2003 erfolgt sei und der Antrag vom 14.10.2003 stamme. Eine unbillige Härte werde ebenfalls nicht anerkannt.
Dagegen legte der Kläger am 15.12.2003 Widerspruch ein und machte geltend, ihm stünden Leistungen der Entgeltsicherung aufgrund eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs zu. Das AA habe es pflichtwidrig unterlassen, ihn auf die erst am 01.01.2003 in Kraft getretene Regelung über Leistungen der Entgeltsicherung für ältere Arbeitnehmer hinzuweisen. Dadurch seien ihm entsprechende Leistungen entgangen. Seine am 01.03.2003 aufgenommene Tätigkeit sei mit einem deutlich niedrigeren Gehalt dotiert. Mit Widerspruchsbescheid vom 12.02.2004 wies die Widerspruchsstelle des AA den Widerspruch als unbegründet zurück. Unstreitig sei, dass die Antragstellung nicht - wie erforderlich - vor dem leistungsbegründenden Ereignis erfolgt sei. Eine verspätete Antragstellung sei auch nicht wegen unbilliger Härte zuzulassen. Bei der hierbei zu treffenden Ermessensentscheidung könnten angesichts des vom Kläger zuvor erzielten überdurchschnittlichen Arbeitsentgelts (monatlich 4.500,00 EUR) wirtschaftliche Erwägungen eine unbillige Härte nicht begründen. Zudem sei insoweit zu berücksichtigen, dass das vom Kläger am 01.03.2003 aufgenommene Beschäftigungsverhältnis nicht vom Arbeitsamt vermittelt und diesem die Arbeitsaufnahme ohne besondere Bedingungen mitgeteilt worden sei, sodass keine Veranlassung bestanden habe, über die Leistungen der Entgeltsicherung für ältere Arbeitnehmer zu beraten.
Am 08.03.2004 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben und einen Anspruch auf Leistungen der Entgeltsicherung, hilfsweise auf Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts, geltend gemacht. Er hat vorgebracht, er habe Anspruch auf Leistungen der Entgeltsicherung, da die Beklagte ihn nicht auf diesen Anspruch, von dem er keine Kenntnis gehabt habe, hingewiesen habe. Eine entsprechende Beratung der Beklagten wäre erforderlich und auch möglich gewesen, da dieser die notwendigen Daten aufgrund seiner Angaben bekannt gewesen seien. Ob der erhobene Anspruch wegen einer unbilligen Härte - das Ermessen der Beklagten sei infolge der Verletzung der Beratungspflicht in Kenntnis der Sachlage auf Null reduziert - oder im Hinblick auf einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch zu bejahen sei, sei im Ergebnis unerheblich.
Mit Gerichtsbescheid vom 15.06.2004 hat das SG die Klage abgewiesen. Dem Kläger stehe der geltend gemachte Anspruch nicht zu. Die Voraussetzungen des § 324 Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch - Drittes Buch - (SGB III), wonach die Beklagte zur Vermeidung unbilliger Härten eine verspätete Antragstellung zulassen kann und neben dem für die Anwendung des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs kein Raum mehr bleibe, seien nicht erfüllt. Eine unbillige Härte liege bei bloßer Rechtsunkenntnis darüber, dass ein Leistungsanspruch bei rechtzeitiger Antragstellung bestanden hätte, nicht vor. Auch habe die Beklagte ihre Aufklärungs- und Beratungspflichten gegenüber dem Kläger nicht verletzt. Ein konkreter, für die Beklagte erkennbarer Anlass für eine Beratung des Klägers über die Leistungen der Entgeltsicherung habe hier nicht bestanden. Die Beklagte habe nämlich keine Kenntnis davon gehabt, dass der Kläger im Rahmen seiner neuen Beschäftigung ein geringeres Entgelt als in seiner vorangegangenen Tätigkeit erzielt. Aus der "Veränderungsmitteilung" seien lediglich die Tatsache und der Beginn der Beschäftigungsaufnahme sowie der Arbeitgeber hervorgegangen.
Gegen den ihm am 23.06.2004 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 21.07.2004 Berufung eingelegt, mit der er an seinem Ziel festhält. Er wiederholt sein bisheriges Vorbringen und macht zusätzlich geltend, die Beklagte wäre verpflichtet gewesen, ihn über die Leistungen der Entgeltsicherung zu informieren. Gerade weil ein Hinweis auf die Möglichkeit der Entgeltsicherung in dem Merkblatt, das ihm anlässlich der Arbeitslosmeldung ausgehändigt worden sei, nicht enthalten gewesen sei, habe eine gesteigerte Informationspflicht der Beklagten bestanden, ihn am 13.02.2003 auf diese neue Leistung hinzuweisen. Aus den vorhandenen Daten sei der Beklagten bekannt gewesen, dass er über 50 Jahre alt sei. Das AA habe bei seiner Arbeitslosmeldung noch gar nicht wissen können, dass er ab 01.03.2003 wieder Arbeit finden werde. Er habe dies selbst auch noch nicht gewusst. Der Kläger verweist auf das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 18.02.2005 (S 3 AL 1305/04), in dem in einem vergleichbaren Fall entschieden worden sei, dass die Beklagte verpflichtet sei, die verspätete Antragstellung mangels Hinweis der Beklagten auf die Möglichkeit der Entgeltsicherungsleistung zuzulassen.
Der Kläger beantragt,
10 
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 15. Juni 2004 und den Bescheid der Beklagten vom 9. Dezember 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Februar 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 1. März 2003 bis zum 31. Januar 2005 Leistungen zur Entgeltsicherung für ältere Arbeitnehmer zu gewähren.
11 
Die Beklagte beantragt,
12 
die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
13 
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Eine verspätete Antragstellung könne zwar zur Vermeidung unbilliger Härten zugelassen werden. Hier sei jedoch keine unbillige Härte gegeben. Insbesondere habe keine fehlerhafte Beratung vorgelegen. Im Hinblick auf den für verkündete Gesetze geltenden Grundsatz der formellen Publizität sei es letztlich unbeachtlich, ob und in welchem Umfang sie über die Leistungen zur Entgeltsicherung für ältere Arbeitnehmer entsprechende Informationen erteilt habe.
14 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die Akte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
15 
Die gemäß den §§ 143, 144 Abs. 1, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung des Klägers ist begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 09.12.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.02.2004 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Der Kläger hat Anspruch auf Leistungen der Entgeltsicherung für die Zeit vom 01.03.2003 bis zum 31.01.2005.
16 
Rechtsgrundlage für das Klagebegehren ist der durch Art 1 Nr. 43 des Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2002 (BGBl I S. 4607) mit Wirkung ab 01.01.2003 eingeführte § 421j SGB III. Danach haben Arbeitnehmer, die das 50. Lebensjahr vollendet haben und ihre Arbeitslosigkeit durch Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung beenden oder vermeiden, Anspruch auf Leistungen der Entgeltsicherung, wenn sie
17 
1. einen Anspruch auf Arbeitslosengeld haben und bei Aufnahme der Beschäftigung noch über einen Restanspruch von mindestens 180 Tagen verfügen oder einen Anspruch auf Arbeitslosengeld über mindestens die gleiche Dauer hätten,
18 
2. ein Arbeitsentgelt beanspruchen können, das den tariflichen oder, wenn eine tarifliche Regelung nicht besteht, ortsüblichen Bedingungen entspricht (§ 421j Abs. 1 SGB III).
19 
Die Entgeltsicherung für ältere Arbeitnehmer wird als Zuschuss zum Arbeitsentgelt und als zusätzlicher Beitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung geleistet (§ 421j Abs. 2 Satz 1 SGB III). Der Zuschuss zum Arbeitsentgelt beträgt 50% der monatlichen Nettoentgeltdifferenz (§ 421j Abs. 2 Satz 2 SGB III).
20 
Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind im Zeitraum vom 01.03.2003 bis zum 31.01.2005 erfüllt. Der Kläger hatte am 01.03.2003 noch einen Restanspruch auf Zahlung von Alg für 764 Tage und das ihm von der L. Zeitung GmbH gezahlte Entgelt entsprach den ortsüblichen Bedingungen. Dies ist zwischen den Beteiligten nicht streitig.
21 
Nach § 324 Abs. 1 SGB III werden allerdings Leistungen der Arbeitsförderung, wozu auch die Leistungen der Entgeltsicherung gehören, nur erbracht, wenn sie vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses beantragt worden sind. Dies ist im vorliegenden Fall nicht geschehen. Das leistungsbegründende Ereignis ist bei § 421j SGB III der Tag, an dem die "schlechter bezahlte" Beschäftigung aufgenommen wird (Schlegel/Becker in Hennig, SGB III, § 421j RdNr. 51) Dies war hier der 01.03.2003. Den Antrag auf Leistungen der Entgeltsicherung stellte der Kläger erst erheblich später, nämlich am 14.10.2003.
22 
Zur Vermeidung unbilliger Härten kann die Agentur für Arbeit aber gemäß § 324 Abs. 1 Satz 2 SGB III eine verspätete Antragstellung zulassen. Die Härteregelung des § 324 Abs.1 Satz 2 SGB III tritt als lex specialis an die Stelle der Vorschriften über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (vgl. Gagel, SGB III § 324 RdNr. 16; Urteil des erkennenden Senats vom 23.04.2004 - L 8 AL 4489/03 - ). Die Auffassung, dass im Falle eines unverschuldeten Versäumens der Antragsfrist von vornherein eine unbillige Härte anzunehmen sei, und die Vorschrift nur dahin zu verstehen sei, dass das Vorliegen einer unbilligen Härte nicht auf diese Fallkonstellation beschränkt sei (BayLSG Urteil vom 10.05.2005 - L 8 AL 380/04 - ; Radüge in Hauck/Noftz, SGB III, § 324 RdNr. 11) ist daher abzulehnen (Leitherer in Hennig, SGB III, § 324 RdNr. 30).
23 
Ein verspäteter Antrag ist nach Auffassung des Senats zuzulassen, wenn sich die Berufung auf die verspätete Antragstellung als Verstoß gegen Treu und Glauben darstellen würde (Niesel, SGB III, 3. Aufl. 2005 § 324 RdNr. 10). Dies ist z.B. der Fall, wenn den Begünstigten kein Verschulden an der verspäteten Antragstellung trifft, die Versäumung der Antragsfrist aber ursächlich auf eine Verletzung der Beratungspflicht der Beklagten zurückzuführen ist (vgl. Schlegel/Becker in Hennig, SGB III, § 421j RdNr. 52). Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Agentur allgemein verpflichtet ist, jeden über 50jährigen Arbeitsuchenden von sich aus auf die Möglichkeit einer Entgeltsicherung hinzuweisen.
24 
Im vorliegenden Fall bestand eine Pflicht der Beklagten zur Beratung auch ohne Nachfrage seitens des Klägers (Pflicht zur Spontanberatung) aus zwei Gründen. Zum einen ist die Entgeltsicherung für ältere Arbeitnehmer am 01.01.2003 und damit nur wenige Wochen bevor sich der Kläger arbeitslos gemeldet hat - dies war am 13.02.2003 - als neue Leistung eingeführt worden. Zum anderen hat die Beklagte dem Kläger das Merkblatt 1 für Arbeitslose mit dem Stand von April 2002 ausgehändigt und in diesem Merkblatt war - anders als in den Merkblättern für die Jahre danach - noch kein Hinweis auf die Leistung der Entgeltsicherung enthalten. Im Merkblatt 1 für Arbeitslose wird (auf der letzten Seite) auf die weiteren von der Beklagten aufgelegten Merkblätter hingewiesen, die den Arbeitsuchenden über die Dienste und Leistungen der Arbeitsagentur informieren sollen. Während in den Ausgaben für die Jahre 2003 und später ein Hinweis auf das "Merkblatt 19 - Entgeltsicherung für ältere Arbeitnehmer" enthalten ist, fehlt dieser Hinweis in dem Merkblatt, das der Kläger bei seiner Arbeitslosmeldung erhalten hat.
25 
Hinzu kommt, dass die Folgen der Nichtgewährung der Leistungen der Entgeltsicherung für den Kläger erheblich sind. Er würde für die Zeit der Beschäftigung vom 01.03.2003 bis 31.01.2005 Leistungen der Beklagten (in Form eines Zuschusses zum Arbeitsentgelt und eines zusätzlichen Beitrages zur gesetzlichen Rentenversicherung) in beträchtlicher Höhe verlieren. Dies folgt schon aus einem Vergleich seiner früheren monatlichen Bruttoeinkünfte (4.500,00 EUR) mit den während der neuen Tätigkeit erzielten Bruttoeinkünften (ca. 2.300,00 EUR bis ca. 4.000,00 EUR). Damit ist nach Überzeugung des Senats entgegen der Auffassung der Beklagten eine unbillige Härte zu bejahen.
26 
Die Beklagte ist daher verpflichtet, die verspätete Antragstellung zuzulassen. Ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Ermessensspielraum steht ihr nicht zu. Ob das Wort "kann" in § 324 Abs. 1 Satz 2 SGB III der Beklagten ein Ermessen einräumt oder ihr nur die Möglichkeit eröffnet, verspätet gestellte Anträge nachträglich zuzulassen (sog "Kompetenz-Kann"), braucht hier nicht entschieden zu werden. In beiden Fällen ist die Beklagte verpflichtet, den verspätet gestellten Antrag des Klägers zuzulassen. Wird - wie hier - eine unbillige Härte deshalb angenommen, weil sich die Berufung auf die Versäumung der Antragsfrist als ein Verstoß gegen Treu und Glauben darstellen würde, gibt es keinen sachlichen Grund mehr, der die Beklagte berechtigen könnte, einen verspätet gestellten Antrag dennoch nicht zuzulassen. Folglich wäre jede andere Entscheidung als die Zulassung des verspäteten Antrags ermessensfehlerhaft (Fall der Ermessensreduzierung auf Null).
27 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
28 
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der hier zu entscheidenden Rechtsfragen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) zugelassen.

Gründe

 
15 
Die gemäß den §§ 143, 144 Abs. 1, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung des Klägers ist begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 09.12.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.02.2004 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Der Kläger hat Anspruch auf Leistungen der Entgeltsicherung für die Zeit vom 01.03.2003 bis zum 31.01.2005.
16 
Rechtsgrundlage für das Klagebegehren ist der durch Art 1 Nr. 43 des Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2002 (BGBl I S. 4607) mit Wirkung ab 01.01.2003 eingeführte § 421j SGB III. Danach haben Arbeitnehmer, die das 50. Lebensjahr vollendet haben und ihre Arbeitslosigkeit durch Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung beenden oder vermeiden, Anspruch auf Leistungen der Entgeltsicherung, wenn sie
17 
1. einen Anspruch auf Arbeitslosengeld haben und bei Aufnahme der Beschäftigung noch über einen Restanspruch von mindestens 180 Tagen verfügen oder einen Anspruch auf Arbeitslosengeld über mindestens die gleiche Dauer hätten,
18 
2. ein Arbeitsentgelt beanspruchen können, das den tariflichen oder, wenn eine tarifliche Regelung nicht besteht, ortsüblichen Bedingungen entspricht (§ 421j Abs. 1 SGB III).
19 
Die Entgeltsicherung für ältere Arbeitnehmer wird als Zuschuss zum Arbeitsentgelt und als zusätzlicher Beitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung geleistet (§ 421j Abs. 2 Satz 1 SGB III). Der Zuschuss zum Arbeitsentgelt beträgt 50% der monatlichen Nettoentgeltdifferenz (§ 421j Abs. 2 Satz 2 SGB III).
20 
Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind im Zeitraum vom 01.03.2003 bis zum 31.01.2005 erfüllt. Der Kläger hatte am 01.03.2003 noch einen Restanspruch auf Zahlung von Alg für 764 Tage und das ihm von der L. Zeitung GmbH gezahlte Entgelt entsprach den ortsüblichen Bedingungen. Dies ist zwischen den Beteiligten nicht streitig.
21 
Nach § 324 Abs. 1 SGB III werden allerdings Leistungen der Arbeitsförderung, wozu auch die Leistungen der Entgeltsicherung gehören, nur erbracht, wenn sie vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses beantragt worden sind. Dies ist im vorliegenden Fall nicht geschehen. Das leistungsbegründende Ereignis ist bei § 421j SGB III der Tag, an dem die "schlechter bezahlte" Beschäftigung aufgenommen wird (Schlegel/Becker in Hennig, SGB III, § 421j RdNr. 51) Dies war hier der 01.03.2003. Den Antrag auf Leistungen der Entgeltsicherung stellte der Kläger erst erheblich später, nämlich am 14.10.2003.
22 
Zur Vermeidung unbilliger Härten kann die Agentur für Arbeit aber gemäß § 324 Abs. 1 Satz 2 SGB III eine verspätete Antragstellung zulassen. Die Härteregelung des § 324 Abs.1 Satz 2 SGB III tritt als lex specialis an die Stelle der Vorschriften über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (vgl. Gagel, SGB III § 324 RdNr. 16; Urteil des erkennenden Senats vom 23.04.2004 - L 8 AL 4489/03 - ). Die Auffassung, dass im Falle eines unverschuldeten Versäumens der Antragsfrist von vornherein eine unbillige Härte anzunehmen sei, und die Vorschrift nur dahin zu verstehen sei, dass das Vorliegen einer unbilligen Härte nicht auf diese Fallkonstellation beschränkt sei (BayLSG Urteil vom 10.05.2005 - L 8 AL 380/04 - ; Radüge in Hauck/Noftz, SGB III, § 324 RdNr. 11) ist daher abzulehnen (Leitherer in Hennig, SGB III, § 324 RdNr. 30).
23 
Ein verspäteter Antrag ist nach Auffassung des Senats zuzulassen, wenn sich die Berufung auf die verspätete Antragstellung als Verstoß gegen Treu und Glauben darstellen würde (Niesel, SGB III, 3. Aufl. 2005 § 324 RdNr. 10). Dies ist z.B. der Fall, wenn den Begünstigten kein Verschulden an der verspäteten Antragstellung trifft, die Versäumung der Antragsfrist aber ursächlich auf eine Verletzung der Beratungspflicht der Beklagten zurückzuführen ist (vgl. Schlegel/Becker in Hennig, SGB III, § 421j RdNr. 52). Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Agentur allgemein verpflichtet ist, jeden über 50jährigen Arbeitsuchenden von sich aus auf die Möglichkeit einer Entgeltsicherung hinzuweisen.
24 
Im vorliegenden Fall bestand eine Pflicht der Beklagten zur Beratung auch ohne Nachfrage seitens des Klägers (Pflicht zur Spontanberatung) aus zwei Gründen. Zum einen ist die Entgeltsicherung für ältere Arbeitnehmer am 01.01.2003 und damit nur wenige Wochen bevor sich der Kläger arbeitslos gemeldet hat - dies war am 13.02.2003 - als neue Leistung eingeführt worden. Zum anderen hat die Beklagte dem Kläger das Merkblatt 1 für Arbeitslose mit dem Stand von April 2002 ausgehändigt und in diesem Merkblatt war - anders als in den Merkblättern für die Jahre danach - noch kein Hinweis auf die Leistung der Entgeltsicherung enthalten. Im Merkblatt 1 für Arbeitslose wird (auf der letzten Seite) auf die weiteren von der Beklagten aufgelegten Merkblätter hingewiesen, die den Arbeitsuchenden über die Dienste und Leistungen der Arbeitsagentur informieren sollen. Während in den Ausgaben für die Jahre 2003 und später ein Hinweis auf das "Merkblatt 19 - Entgeltsicherung für ältere Arbeitnehmer" enthalten ist, fehlt dieser Hinweis in dem Merkblatt, das der Kläger bei seiner Arbeitslosmeldung erhalten hat.
25 
Hinzu kommt, dass die Folgen der Nichtgewährung der Leistungen der Entgeltsicherung für den Kläger erheblich sind. Er würde für die Zeit der Beschäftigung vom 01.03.2003 bis 31.01.2005 Leistungen der Beklagten (in Form eines Zuschusses zum Arbeitsentgelt und eines zusätzlichen Beitrages zur gesetzlichen Rentenversicherung) in beträchtlicher Höhe verlieren. Dies folgt schon aus einem Vergleich seiner früheren monatlichen Bruttoeinkünfte (4.500,00 EUR) mit den während der neuen Tätigkeit erzielten Bruttoeinkünften (ca. 2.300,00 EUR bis ca. 4.000,00 EUR). Damit ist nach Überzeugung des Senats entgegen der Auffassung der Beklagten eine unbillige Härte zu bejahen.
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Die Beklagte ist daher verpflichtet, die verspätete Antragstellung zuzulassen. Ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Ermessensspielraum steht ihr nicht zu. Ob das Wort "kann" in § 324 Abs. 1 Satz 2 SGB III der Beklagten ein Ermessen einräumt oder ihr nur die Möglichkeit eröffnet, verspätet gestellte Anträge nachträglich zuzulassen (sog "Kompetenz-Kann"), braucht hier nicht entschieden zu werden. In beiden Fällen ist die Beklagte verpflichtet, den verspätet gestellten Antrag des Klägers zuzulassen. Wird - wie hier - eine unbillige Härte deshalb angenommen, weil sich die Berufung auf die Versäumung der Antragsfrist als ein Verstoß gegen Treu und Glauben darstellen würde, gibt es keinen sachlichen Grund mehr, der die Beklagte berechtigen könnte, einen verspätet gestellten Antrag dennoch nicht zuzulassen. Folglich wäre jede andere Entscheidung als die Zulassung des verspäteten Antrags ermessensfehlerhaft (Fall der Ermessensreduzierung auf Null).
27 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
28 
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der hier zu entscheidenden Rechtsfragen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) zugelassen.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 17. März 2006 - L 8 AL 2899/04

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Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 17. März 2006 - L 8 AL 2899/04 zitiert 7 §§.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 160


(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bu

Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) - Arbeitsförderung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594) - SGB 3 | § 324 Antrag vor Leistung


(1) Leistungen der Arbeitsförderung werden nur erbracht, wenn sie vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses beantragt worden sind. Zur Vermeidung unbilliger Härten kann die Agentur für Arbeit eine verspätete Antragstellung zulassen. (2)

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Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 23. Apr. 2004 - L 8 AL 4489/03

bei uns veröffentlicht am 23.04.2004

Tatbestand   1  Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung eines Existenzgründungszuschusses zusteht. 2  Der Kläger bezog vom Arbeitsamt Lahr (AA) Arbei
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 17. März 2006 - L 8 AL 2899/04.

Landessozialgericht NRW Urteil, 20. Mai 2015 - L 10 P 134/14

bei uns veröffentlicht am 20.05.2015

Tenor Unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 02.07.2014 wie folgt neu gefasst: Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger für die Versicherte H I für die Zeit vom 01.04.2010 bis 28.02.2011 weitere

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(1) Leistungen der Arbeitsförderung werden nur erbracht, wenn sie vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses beantragt worden sind. Zur Vermeidung unbilliger Härten kann die Agentur für Arbeit eine verspätete Antragstellung zulassen.

(2) Berufsausbildungsbeihilfe, Ausbildungsgeld und Arbeitslosengeld können auch nachträglich beantragt werden. Kurzarbeitergeld, die Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge und Lehrgangskosten für die Bezieherinnen und Bezieher von Kurzarbeitergeld und ergänzende Leistungen nach § 102 sind nachträglich zu beantragen.

(3) Insolvenzgeld ist abweichend von Absatz 1 Satz 1 innerhalb einer Ausschlußfrist von zwei Monaten nach dem Insolvenzereignis zu beantragen. Wurde die Frist aus nicht selbst zu vertretenden Gründen versäumt, wird Insolvenzgeld geleistet, wenn der Antrag innerhalb von zwei Monaten nach Wegfall des Hinderungsgrundes gestellt worden ist. Ein selbst zu vertretender Grund liegt vor, wenn sich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht mit der erforderlichen Sorgfalt um die Durchsetzung ihrer Ansprüche bemüht haben.

Tatbestand

 
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung eines Existenzgründungszuschusses zusteht.
Der Kläger bezog vom Arbeitsamt Lahr (AA) Arbeitslosenhilfe. Am 28.04.2003 stellte er beim AA einen schriftlichen Antrag auf Gewährung eines Existenzgründungszuschusses zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit. Er legte eine Gewerbeanmeldung vom 22.04.2003 vor, in der der Kläger als Beginn des Betriebs seiner Pizzeria den 25.04.2003 angab.
Mit Bescheid vom 13.05.2003 lehnte das AA den Antrag des Klägers ab, da er verspätet gestellt worden sei. Eine unbillige Härte liege nicht vor.
Hiergegen erhob der Kläger am 23.05.2003 Widerspruch. Er trug vor, er habe am 28.04.2003 den Antrag gestellt. In einem ihm ausgehändigten Informationsblatt seien keine Hinweise enthalten, wann der Antrag zu stellen sei. Er habe am Wochenende vor der Antragstellung das Lokal eröffnet. Eine verspätete Antragstellung sei nicht erkennbar.
Das AA holte eine Stellungnahme seiner Bediensteten H. vom 06.06.2003 ein, in der sie ausführte, am 09.04.2003 habe mit dem Kläger ein Informationsgespräch über Förderungsleistungen für Existenzgründer stattgefunden. Auf das Erfordernis einer rechtzeitigen Antragstellung sei ausdrücklich hingewiesen worden. Im Informationsblatt finde sich kein Hinweis zur Antragstellung.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10.06.2003 wurde der Widerspruch durch die Widerspruchsstelle des AA zurückgewiesen. Leistungen der Arbeitsförderung würden nur erbracht, wenn sie vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses beantragt worden seien. Dabei komme es auf den Beginn der Tätigkeit an. Der Kläger habe seine Tätigkeit am 25.04.2003 begonnen. Von einer mangelnden oder fehlerhaften Beratung des Klägers am 09.04.2003 sei nicht auszugehen. Ob der Bewilligung des Zuschusses entgegenstehe, dass der Kläger nach seinen Angaben seine Verlobte als Mitarbeiterin habe einstellen wollen, könne dahingestellt bleiben.
Hiergegen erhob der Kläger am 14.07.2003 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG). Er trug vor, er habe bereits am 09.04.2003 beim AA (Frau H.) vorgesprochen und mitgeteilt, dass er die Möglichkeit habe, eine Pizzeria zu eröffnen. Weiter habe er nachgefragt, ob ihm ein Existenzgründungszuschuss zustehe. Dies sei dem Grunde nach bejaht worden. Er habe Merkblätter ausgehändigt bekommen, die er vorlegte. Am 22.04.2003 habe er das Gewerbe angemeldet. Am Abend des 25.04.2003 habe er eine Eröffnungsfeier mit geladenen Gästen abgehalten. Die Pizzeria sei am Samstag, den 26.04.2003 offiziell eröffnet worden. Er habe den Antrag am Samstag oder Sonntag nicht stellen können. Im stehe der Zuschuss zumindest ab 28.04.2003 zu.
Die Beklagte trat der Klage unter Bezug auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid entgegen.
Mit Gerichtsbescheid vom 10.10.2003 wies das SG die Klage ab. Nach § 324 Absatz 1 Satz 1 SGB III würden Leistungen der Arbeitsförderung nur erbracht, wenn sie vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses beantragt worden seien. Diese Voraussetzungen lägen nicht vor. Der Kläger habe spätestens am 26.04.2003 seine selbständige Tätigkeit aufgenommen. Der Antrag sei erst am 28.04.2003 gestellt worden. Er hätte den Antrag bereits vor dem 26.04.2003 stellen können. Auf eine rechtzeitige Antragstellung sei der Kläger ausdrücklich hingewiesen worden. Eine unbillige Härte sei nicht zu erkennen.
10 
Gegen diese ihm am 14.10.2003 zugestellte Entscheidung hat der Kläger am 10.11.2003 Berufung eingelegt. Er hat zur Begründung ergänzend vorgetragen, er habe beabsichtigt, sich selbständig zu machen und eine leerstehende Pizza-Stube zu übernehmen, die er seit April nunmehr eigenständig betreibe. Er habe gewusst, dass er ohne finanzielle Unterstützung des AA nicht in der Lage sei, das Gewerbe zu betreiben. Aus diesem Grunde habe er am 09.04.2003 beim AA vorgesprochen und die Angelegenheit mit Frau H. erörtert. Er habe bei dem Gespräch darauf hingewiesen, dass er auf finanzielle Unterstützung angewiesen sei und habe diese auch mündlich beantragt. In den ihm dabei ausgehändigten Merkblättern seien keine Hinweise enthalten, dass der Antrag vor der Aufnahme der Tätigkeit schriftlich zu stellen sei. Unzutreffend sei, dass er von Frau H. schriftlich oder mündlich auf die rechtzeitige Antragstellung hingewiesen worden sei. Frau H. sei davon ausgegangen, dass dieser Hinweis in den übergebenen Informationsblättern enthalten sei. Dies sei nicht der Fall. Es liege eine Aufklärungspflichtverletzung vor, welche die Beklagte schadenersatzpflichtig mache. Auch hieraus ergebe sich ein Anspruch auf Bewilligung des Zuschusses. Die Voraussetzungen für die Bewilligung des Zuschusses lägen vor. Der Anspruch dürfe gemäß § 193 BGB nicht daran scheitern, dass er den Antrag nicht bereits am Samstag, den 26.04.2003 schriftlich gestellt habe. Er habe den Antrag bereits am 09.04.2003 rechtzeitig gestellt. Sein Antrag hätte in einen Antrag auf Überbrückungsgeld umgedeutet werden können und müssen, für das eine vorherige Antragstellung nicht erforderlich sei. Er hätte auch einen Anspruch auf Überbrückungsgeld gemäß § 57 SGB III gehabt. Wenn von einer verspäteten Antragstellung ausgegangen werde, liege eine unbillige Härte vor.
11 
Der Kläger beantragt,
12 
die Beklagte unter Aufhebung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Freiburg vom 10. Oktober 2003 und des Bescheides vom 13. Mai 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Juni 2003 zu verurteilen, über seinen Antrag vom 28. April 2003 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
13 
Die Beklagte beantragt,
14 
die Berufung zurückzuweisen.
15 
Sie ist dem Vorbringen des Klägers unter Vorlage einer dienstlichen Stellungnahme von Frau H. vom 18.12.2003 entgegen getreten. Der Zuschuss sei vom Kläger erst am 28.04.2003 beantragt worden. Am 09.04.2003 habe ein Informationsgespräch stattgefunden, ohne dass der Kläger erklärt habe, einen Antrag stellen zu wollen. Der Kläger sei am 09.04.2003 ausdrücklich gebeten worden sich zu melden, sobald sein Vorhaben konkret werden sollte, und ggf. rechtzeitig vor Aufnahme der Tätigkeit einen entsprechenden Antrag zu stellen. Da der Kläger die Pizzeria seit 25.04.2003 betreibe, hätte der Antrag am 25.04.2003 gestellt werden müssen.
16 
Wegen Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die Akten des Senats zum vorliegenden Verfahren und der Verfahren L 8 AL 4678/03 PKH-B und L 8 AL 4690/03 PKH-A, die Akte des SG und die Akte der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
17 
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 SGG insgesamt zulässig und erweist sich im Sinne einer Verurteilung zur Neuverbescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats als begründet.
18 
Rechtsgrundlagen des geltend gemachten Anspruches sind § 421 1 (in der durch Gesetz vom 31.07.2003 ab 01.01.2003 gültigen Fassung) i.V.m. § 324 Abs. 1 SGB III.
19 
Nach § 421 1 SGB III haben Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden, Anspruch auf einen monatlichen Existenzgründungszuschuss. Der Zuschuss wird geleistet, wenn der Existenzgründer
20 
1. in einem engen Zusammenhang mit der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit Entgeltersatzleistungen nach diesem Buch bezogen hat oder eine Beschäftigung ausgeübt hat, die als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme oder Strukturanpassungsmaßnahme gefördert worden ist,
21 
2. nach Aufnahme der selbständigen Tätigkeit Arbeitseinkommen nach § 15 des Vierten Buches erzielen wird, das voraussichtlich 25.000 Euro im Jahr nicht überschreiten wird (Abs. 1)
22 
Der Zuschuss wird bis zu drei Jahre erbracht und wird jeweils längstens für ein Jahr bewilligt. Er beträgt im ersten Jahr nach Beendigung der Arbeitslosigkeit monatlich 600 Euro, im zweiten Jahr monatlich 360 Euro und im dritten Jahr monatlich 240 Euro. Vor einer erneuten Bewilligung des Zuschusses hat der Existenzgründer das Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 1 darzulegen. Liegen die Voraussetzungen für ein Ruhen des Anspruchs bei Sperrzeit nach § 144 oder Säumniszeit nach § 145 dieses Buches vor, verkürzt sich die Dauer der Förderung entsprechend der Dauer der Sperrzeit oder der Dauer der Säumniszeit unter Berücksichtigung der bereits verstrichenen Sperr- oder Säumniszeiten (Abs. 2).
23 
Überschreitet das Arbeitseinkommen im Jahr 25.000 Euro, so kann nach Ablauf des bewilligten Zeitraums der Zuschuss nicht mehr erbracht werden. Arbeitsentgelt nach § 14 des Vierten Buches, das im gleichen Zeitraum erzielt wird, wird bei der Ermittlung der für die Förderung maßgeblichen Obergrenze einbezogen. (Abs. 3).
24 
Der Zuschuss ist ausgeschlossen, wenn die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit durch Überbrückungsgeld nach § 57 gefördert wird (Abs. 4).
25 
Nach § 324 Abs. 1 SGB III werden Leistungen der Arbeitsförderung nur erbracht, wenn sie vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses beantragt worden sind. Zur Vermeidung unbilliger Härten kann das Arbeitsamt eine verspätete Antragstellung zulassen. Diese Vorschrift regelt vorrangig den Zeitpunkt, zu dem grundsätzlich der Antrag gestellt werden muss, damit er wirksam werden kann, wobei Leistungen der Arbeitsförderung vorher beantragt werden sollen (vgl. BT-Drs. 13/4941 S.212 zu § 325 SGB III). Sie regelt demgegenüber nicht, ab wann Leistungen erbracht werden dürfen. Die Vorschrift enthält daneben eine Härteregelung, nach der das AA von sich aus eine verspätete Antragstellung zulassen kann, dabei aber an das Vorliegen einer unbilligen Härte gebunden ist. Die Härteregelung des § 324 Abs.1 Satz 2 tritt als lex specialis an die Stelle der allgemeinen Vorschriften über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 27 SGB X) und der Grundsätze zum sozialrechtlichen Herstellungsanspruch (vgl. Gagel, SGB III § 324 RdNr. 16).
26 
Hiervon ausgehend gelangt der Senat – entgegen der Ansicht der Beklagten und des SG – zu der Überzeugung, dass ein Anspruch des Klägers auf Gewährung des beantragten Existenzgründungszuschusses nicht wegen verspäteter Antragstellung ausgeschlossen ist.
27 
Allerdings hat der Kläger den Antrag auf Gewährung eines Existenzgründungszuschusses verspätet gestellt. Nach § 324 Abs. 1 Satz 1 SGB III ist der Antrag auf Zahlung eines Existenzgründungszuschusses grundsätzlich vor dem leistungsbegründenden Ereignis zu stellen. Das leistungsbegründende Ereignis ist die Aufnahme der selbständigen Tätigkeit des Klägers, die seine Arbeitslosigkeit beendete. Diese erfolgte – nach dem eigenen Vorbringen des Klägers – spätestens am 26.04.2003. Den Antrag auf Gewährung eines Existenzgründungszuschusses hat der Kläger erst danach am 28.04.2003 gestellt.
28 
Soweit sich der Kläger im Berufungsverfahren darauf beruft, er habe den Antrag bereits am 09.04.2003 gestellt, kann diesem Vorbringen nicht geglaubt werden. Denn sollte der Kläger bereits am 09.04.2003 den Antrag auf Gewährung des Existenzgründungszuschusses mündlich gestellt haben, so ist nicht verständlich, dass er am 28.04.2003 einen schriftlichen Antrag gestellt hat, ohne auf diesen Umstand hinzuweisen. Sein Antrag vom 28.04.2003 lässt vielmehr darauf schließen, dass er selbst davon ausging, noch einen Antrag stellen zu müssen. Außerdem weisen die hierzu gemachten Angaben des Klägers erhebliche Unstimmigkeiten auf. So hat sich der Kläger erstmals im Berufungsverfahren darauf berufen, am 09.04.2003 einen Antrag auf Gewährung eines Eingliederungszuschusses mündlich gestellt zu haben. Im Widerspruchsverfahren hat der Kläger dagegen vorgetragen, den Antrag am 28.04.2003 gestellt zu haben. Beim SG hat er lediglich vorgetragen, er habe am 09.04.2003 nachgefragt, ob ihm ein Existenzgründungszuschuss zustehen würde, was Frau H. dem Grunde nach bejaht habe. Dass er gleichzeitig einen Antrag gestellt habe, hat der Kläger nicht behauptet. Diese unterschiedlichen Angaben sind nicht verständlich, sollte der Kläger tatsächlich bereits am 09.04.2003 einen Antrag gestellt haben. Weiter spricht der Vortrag des Klägers, zur Zeit seiner Vorsprache beim AA beabsichtigt zu haben, eine Pizza-Stube zu übernehmen, die er ohne finanzielle Unterstützung des AA nicht hätte betreiben können, weshalb die Vorsprache beim AA erfolgt sei, dafür, dass sich der Kläger am 09.04.2003 noch nicht endgültig entschlossen gehabt hatte, die Pizza-Stube zu übernehmen, was ebenfalls darauf schließen lässt, dass es sich am 09.04.2003 um ein bloßes Informationsgespräch gehandelt hat. Dies wird auch dadurch gestützt, dass der Kläger erst am 22.04.2003 sein Gewerbe angemeldet hat. Dem entspricht das Vorbringen des Klägers beim SG, er habe das Gewerbe aufgrund der Beratung durch das AA am 22.04.2003 angemeldet. Selbst wenn der Kläger sich bei dem Gespräch am 09.04.2003 dahin geäußert hätte, dass er auf finanzielle Unterstützung angewiesen sei, könnte diese Äußerung nicht als mündlicher Antrag auf Gewährung eines Existenzgründungszuschusses gewertet werden. Hierzu hätte es näherer zeitlicher Angaben (insbesondere des Betriebsbeginns) bedurft. Dass der Kläger zur Zeit des Gespräches am 09.04.2003 bereits in der Lage war, den Betriebsbeginn anzugeben, ist aber nach dem Ausgeführten nicht anzunehmen. Dies hat der Kläger auch nicht behauptet. Dass der Kläger am 09.04.2003 noch keinen Antrag gestellt hat, bestätigt auch Frau H. in ihrer dienstlichen Stellungnahme vom 18.12.2003. Nach ihren Angaben hat es sich bei dem Gespräch am 09.04.2003 lediglich um ein Informationsgespräch gehandelt hat. Sie hat außerdem bestätigt, dass der Kläger am 09.04.2003 keine Willenserklärung dahin abgegeben hat, dass und ab wann er die Gewährung eines Existenzgründungszuschusses beantragen möchte. Damit erweist sich das Vorbringen des Klägers, am 09.04.2003 einen Antrag gestellt zu haben, als nicht glaubhaft.
29 
Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg auf die Vorschrift des § 193 BGB berufen. Nach dieser Vorschrift tritt, wenn an einem bestimmten Tag oder innerhalb einer Frist eine Willenserklärung abzugeben oder eine Leistung zu bewirken ist und der bestimmte Tag oder der letzte Tag der Frist auf einen Sonntag, einen am Erklärungs- oder Leistungsort staatlich anerkannten allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend fällt, an die Stelle eines solchen Tages der nächste Werktag. Eine solche Fallgestaltung liegt hier jedoch nicht vor. Der Kläger war nach § 324 Abs. 1 Satz 1 SGB III lediglich gehalten, vor dem Betriebsbeginn den Antrag zu stellen. Ein bestimmter Tag oder eine Frist wird hierfür nicht vorgeschrieben.
30 
Gleichwohl durfte die Beklagte den Antrag des Klägers nicht ablehnen. Sie hätte vielmehr eine Ermessensentscheidung gemäß § 324 Abs. 1 Satz 2 SGB III wegen des Vorliegens einer unbilligen Härte treffen müssen.
31 
Der Begriff der unbilligen Härte im Sinne des § 324 Abs. 1 Satz 2 SGB III stellt einen unbestimmten Rechtsbegriff dar, der gerichtlich voll überprüfbar ist und der der Verwaltung keinen Beurteilungsspielraum einräumt. Die tatbestandlichen Voraussetzungen sind im Gesetz nicht näher definiert und stellen eine offene Generalklausel dar (vgl. BSG SozR III-4100 § 44 Nrn. 4, 16). Eine unbillige Härte liegt dann vor, wenn den Antragsteller ein geringes Verschulden trifft und die Folgen erheblich sind (vgl. Gagel, SGB III, § 324 Rdnr.17).
32 
Hiervon ausgehend liegt im Falle des Klägers eine unbillige Härte vor. Die Folgen der Nichtgewährung des beantragten Existenzgründungszuschusses sind für den Kläger erheblich. Der Kläger verliert mögliche Zuschüsse im ersten Jahr in Höhe von monatlich 600 EUR, im zweiten Jahr von monatlich 360 EUR und im dritten Jahr von monatlich 240 EUR. Hierauf ist der Kläger angewiesen. Denn nach seinen im PKH-Antragsverfahren vorgelegten Unterlagen hat der Kläger bislang noch keinen Gewinn erwirtschaften können. Dagegen wiegt das Verschulden des Klägers an der verspäteten Antragstellung gering, selbst wenn von dem Vorbringen der Beklagten ausgegangen würde, der Kläger sei am 09.04.2003 ausdrücklich auf eine rechtzeitige Antragstellung hingewiesen worden. Zutreffend weist der Kläger darauf hin, dass in den ihm bei diesem Gespräch übergebenen Informationsunterlagen nicht auf die Notwendigkeit einer vorherigen Antragstellung hingewiesen wird. Damit würde ein mündlich erteilter Hinweis auf eine rechtzeitige Antragstellung (selbst wenn er gemacht worden ist) relativiert. Denn es liegt nahe, dass ein bei einem Informationsgespräch gemachter entsprechender mündlicher Hinweis wegen des fehlenden Hinweises in den ausgehändigten Informationsunterlagen später in Vergessenheit gerät oder jedenfalls nicht beachtet wird, so dass dem Kläger wegen der geringfügig verspäteten Antragstellung nur leichte(ste) Fahrlässigkeit zur Last gelegt werden kann. Damit liegen zur Überzeugung des Senats die Voraussetzungen einer unbilligen Härte vor.
33 
Die Beklagte ist daher verpflichtet, im Wege pflichtgemäßen Ermessens zu prüfen, ob der verspätete Antrag zugelassen wird (vgl. Wissing u.a., SGB III, § 324 Anm.6 f). Dies hat sie unterlassen. Bei der Ermessensentscheidung darüber, ob die unbillige Härte Veranlassung gibt, die Leistung trotz der Verspätung zu gewähren, hat die Beklagte zu berücksichtigen, welche realen Folgen eine Antragsablehnung für den Kläger hat und ob die Leistung zum Zeitpunkt der Antragstellung ihren Zweck noch erfüllen konnte bzw. ob sie jedenfalls zur Stabilisierung der selbständigen Tätigkeit des Klägers dient, was die Beklagte nach Aktenlage nicht ohne weiteres wird verneinen können. Weiter wird die Beklagte zu berücksichtigen haben, dass auf die Gewährung eines Existenzgründungszuschusses ein Rechtsanspruch besteht. Im Übrigen sind neben den besonderen Verhältnissen und Bedürfnissen des Antragstellers die Gründe zu berücksichtigen, die zur Verspätung geführt haben, sofern diese nicht bereits beim Begriff der Härte berücksichtigt worden sind (vgl. Gagel, a.a.O., Rdnr.18). Dies ist von Seiten der Beklagten nicht erfolgt. Sie hat nicht einmal nach den Gründen der verspäteten Antragstellung gefragt.
34 
Damit ist die Beklagte ihrer Pflicht zur Ermessensbetätigung nicht nachgekommen, weshalb die angefochtene Entscheidung der Beklagten aufzuheben und sie zu verpflichten war, dem Kläger einen neuen Bescheid zu erteilen.
35 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
36 
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Der Senat steht hinsichtlich der entschiedenen Rechtsfragen im Einklang mit der obergerichtlichen Rechtsprechung.

Gründe

 
17 
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 SGG insgesamt zulässig und erweist sich im Sinne einer Verurteilung zur Neuverbescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats als begründet.
18 
Rechtsgrundlagen des geltend gemachten Anspruches sind § 421 1 (in der durch Gesetz vom 31.07.2003 ab 01.01.2003 gültigen Fassung) i.V.m. § 324 Abs. 1 SGB III.
19 
Nach § 421 1 SGB III haben Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden, Anspruch auf einen monatlichen Existenzgründungszuschuss. Der Zuschuss wird geleistet, wenn der Existenzgründer
20 
1. in einem engen Zusammenhang mit der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit Entgeltersatzleistungen nach diesem Buch bezogen hat oder eine Beschäftigung ausgeübt hat, die als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme oder Strukturanpassungsmaßnahme gefördert worden ist,
21 
2. nach Aufnahme der selbständigen Tätigkeit Arbeitseinkommen nach § 15 des Vierten Buches erzielen wird, das voraussichtlich 25.000 Euro im Jahr nicht überschreiten wird (Abs. 1)
22 
Der Zuschuss wird bis zu drei Jahre erbracht und wird jeweils längstens für ein Jahr bewilligt. Er beträgt im ersten Jahr nach Beendigung der Arbeitslosigkeit monatlich 600 Euro, im zweiten Jahr monatlich 360 Euro und im dritten Jahr monatlich 240 Euro. Vor einer erneuten Bewilligung des Zuschusses hat der Existenzgründer das Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 1 darzulegen. Liegen die Voraussetzungen für ein Ruhen des Anspruchs bei Sperrzeit nach § 144 oder Säumniszeit nach § 145 dieses Buches vor, verkürzt sich die Dauer der Förderung entsprechend der Dauer der Sperrzeit oder der Dauer der Säumniszeit unter Berücksichtigung der bereits verstrichenen Sperr- oder Säumniszeiten (Abs. 2).
23 
Überschreitet das Arbeitseinkommen im Jahr 25.000 Euro, so kann nach Ablauf des bewilligten Zeitraums der Zuschuss nicht mehr erbracht werden. Arbeitsentgelt nach § 14 des Vierten Buches, das im gleichen Zeitraum erzielt wird, wird bei der Ermittlung der für die Förderung maßgeblichen Obergrenze einbezogen. (Abs. 3).
24 
Der Zuschuss ist ausgeschlossen, wenn die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit durch Überbrückungsgeld nach § 57 gefördert wird (Abs. 4).
25 
Nach § 324 Abs. 1 SGB III werden Leistungen der Arbeitsförderung nur erbracht, wenn sie vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses beantragt worden sind. Zur Vermeidung unbilliger Härten kann das Arbeitsamt eine verspätete Antragstellung zulassen. Diese Vorschrift regelt vorrangig den Zeitpunkt, zu dem grundsätzlich der Antrag gestellt werden muss, damit er wirksam werden kann, wobei Leistungen der Arbeitsförderung vorher beantragt werden sollen (vgl. BT-Drs. 13/4941 S.212 zu § 325 SGB III). Sie regelt demgegenüber nicht, ab wann Leistungen erbracht werden dürfen. Die Vorschrift enthält daneben eine Härteregelung, nach der das AA von sich aus eine verspätete Antragstellung zulassen kann, dabei aber an das Vorliegen einer unbilligen Härte gebunden ist. Die Härteregelung des § 324 Abs.1 Satz 2 tritt als lex specialis an die Stelle der allgemeinen Vorschriften über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 27 SGB X) und der Grundsätze zum sozialrechtlichen Herstellungsanspruch (vgl. Gagel, SGB III § 324 RdNr. 16).
26 
Hiervon ausgehend gelangt der Senat – entgegen der Ansicht der Beklagten und des SG – zu der Überzeugung, dass ein Anspruch des Klägers auf Gewährung des beantragten Existenzgründungszuschusses nicht wegen verspäteter Antragstellung ausgeschlossen ist.
27 
Allerdings hat der Kläger den Antrag auf Gewährung eines Existenzgründungszuschusses verspätet gestellt. Nach § 324 Abs. 1 Satz 1 SGB III ist der Antrag auf Zahlung eines Existenzgründungszuschusses grundsätzlich vor dem leistungsbegründenden Ereignis zu stellen. Das leistungsbegründende Ereignis ist die Aufnahme der selbständigen Tätigkeit des Klägers, die seine Arbeitslosigkeit beendete. Diese erfolgte – nach dem eigenen Vorbringen des Klägers – spätestens am 26.04.2003. Den Antrag auf Gewährung eines Existenzgründungszuschusses hat der Kläger erst danach am 28.04.2003 gestellt.
28 
Soweit sich der Kläger im Berufungsverfahren darauf beruft, er habe den Antrag bereits am 09.04.2003 gestellt, kann diesem Vorbringen nicht geglaubt werden. Denn sollte der Kläger bereits am 09.04.2003 den Antrag auf Gewährung des Existenzgründungszuschusses mündlich gestellt haben, so ist nicht verständlich, dass er am 28.04.2003 einen schriftlichen Antrag gestellt hat, ohne auf diesen Umstand hinzuweisen. Sein Antrag vom 28.04.2003 lässt vielmehr darauf schließen, dass er selbst davon ausging, noch einen Antrag stellen zu müssen. Außerdem weisen die hierzu gemachten Angaben des Klägers erhebliche Unstimmigkeiten auf. So hat sich der Kläger erstmals im Berufungsverfahren darauf berufen, am 09.04.2003 einen Antrag auf Gewährung eines Eingliederungszuschusses mündlich gestellt zu haben. Im Widerspruchsverfahren hat der Kläger dagegen vorgetragen, den Antrag am 28.04.2003 gestellt zu haben. Beim SG hat er lediglich vorgetragen, er habe am 09.04.2003 nachgefragt, ob ihm ein Existenzgründungszuschuss zustehen würde, was Frau H. dem Grunde nach bejaht habe. Dass er gleichzeitig einen Antrag gestellt habe, hat der Kläger nicht behauptet. Diese unterschiedlichen Angaben sind nicht verständlich, sollte der Kläger tatsächlich bereits am 09.04.2003 einen Antrag gestellt haben. Weiter spricht der Vortrag des Klägers, zur Zeit seiner Vorsprache beim AA beabsichtigt zu haben, eine Pizza-Stube zu übernehmen, die er ohne finanzielle Unterstützung des AA nicht hätte betreiben können, weshalb die Vorsprache beim AA erfolgt sei, dafür, dass sich der Kläger am 09.04.2003 noch nicht endgültig entschlossen gehabt hatte, die Pizza-Stube zu übernehmen, was ebenfalls darauf schließen lässt, dass es sich am 09.04.2003 um ein bloßes Informationsgespräch gehandelt hat. Dies wird auch dadurch gestützt, dass der Kläger erst am 22.04.2003 sein Gewerbe angemeldet hat. Dem entspricht das Vorbringen des Klägers beim SG, er habe das Gewerbe aufgrund der Beratung durch das AA am 22.04.2003 angemeldet. Selbst wenn der Kläger sich bei dem Gespräch am 09.04.2003 dahin geäußert hätte, dass er auf finanzielle Unterstützung angewiesen sei, könnte diese Äußerung nicht als mündlicher Antrag auf Gewährung eines Existenzgründungszuschusses gewertet werden. Hierzu hätte es näherer zeitlicher Angaben (insbesondere des Betriebsbeginns) bedurft. Dass der Kläger zur Zeit des Gespräches am 09.04.2003 bereits in der Lage war, den Betriebsbeginn anzugeben, ist aber nach dem Ausgeführten nicht anzunehmen. Dies hat der Kläger auch nicht behauptet. Dass der Kläger am 09.04.2003 noch keinen Antrag gestellt hat, bestätigt auch Frau H. in ihrer dienstlichen Stellungnahme vom 18.12.2003. Nach ihren Angaben hat es sich bei dem Gespräch am 09.04.2003 lediglich um ein Informationsgespräch gehandelt hat. Sie hat außerdem bestätigt, dass der Kläger am 09.04.2003 keine Willenserklärung dahin abgegeben hat, dass und ab wann er die Gewährung eines Existenzgründungszuschusses beantragen möchte. Damit erweist sich das Vorbringen des Klägers, am 09.04.2003 einen Antrag gestellt zu haben, als nicht glaubhaft.
29 
Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg auf die Vorschrift des § 193 BGB berufen. Nach dieser Vorschrift tritt, wenn an einem bestimmten Tag oder innerhalb einer Frist eine Willenserklärung abzugeben oder eine Leistung zu bewirken ist und der bestimmte Tag oder der letzte Tag der Frist auf einen Sonntag, einen am Erklärungs- oder Leistungsort staatlich anerkannten allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend fällt, an die Stelle eines solchen Tages der nächste Werktag. Eine solche Fallgestaltung liegt hier jedoch nicht vor. Der Kläger war nach § 324 Abs. 1 Satz 1 SGB III lediglich gehalten, vor dem Betriebsbeginn den Antrag zu stellen. Ein bestimmter Tag oder eine Frist wird hierfür nicht vorgeschrieben.
30 
Gleichwohl durfte die Beklagte den Antrag des Klägers nicht ablehnen. Sie hätte vielmehr eine Ermessensentscheidung gemäß § 324 Abs. 1 Satz 2 SGB III wegen des Vorliegens einer unbilligen Härte treffen müssen.
31 
Der Begriff der unbilligen Härte im Sinne des § 324 Abs. 1 Satz 2 SGB III stellt einen unbestimmten Rechtsbegriff dar, der gerichtlich voll überprüfbar ist und der der Verwaltung keinen Beurteilungsspielraum einräumt. Die tatbestandlichen Voraussetzungen sind im Gesetz nicht näher definiert und stellen eine offene Generalklausel dar (vgl. BSG SozR III-4100 § 44 Nrn. 4, 16). Eine unbillige Härte liegt dann vor, wenn den Antragsteller ein geringes Verschulden trifft und die Folgen erheblich sind (vgl. Gagel, SGB III, § 324 Rdnr.17).
32 
Hiervon ausgehend liegt im Falle des Klägers eine unbillige Härte vor. Die Folgen der Nichtgewährung des beantragten Existenzgründungszuschusses sind für den Kläger erheblich. Der Kläger verliert mögliche Zuschüsse im ersten Jahr in Höhe von monatlich 600 EUR, im zweiten Jahr von monatlich 360 EUR und im dritten Jahr von monatlich 240 EUR. Hierauf ist der Kläger angewiesen. Denn nach seinen im PKH-Antragsverfahren vorgelegten Unterlagen hat der Kläger bislang noch keinen Gewinn erwirtschaften können. Dagegen wiegt das Verschulden des Klägers an der verspäteten Antragstellung gering, selbst wenn von dem Vorbringen der Beklagten ausgegangen würde, der Kläger sei am 09.04.2003 ausdrücklich auf eine rechtzeitige Antragstellung hingewiesen worden. Zutreffend weist der Kläger darauf hin, dass in den ihm bei diesem Gespräch übergebenen Informationsunterlagen nicht auf die Notwendigkeit einer vorherigen Antragstellung hingewiesen wird. Damit würde ein mündlich erteilter Hinweis auf eine rechtzeitige Antragstellung (selbst wenn er gemacht worden ist) relativiert. Denn es liegt nahe, dass ein bei einem Informationsgespräch gemachter entsprechender mündlicher Hinweis wegen des fehlenden Hinweises in den ausgehändigten Informationsunterlagen später in Vergessenheit gerät oder jedenfalls nicht beachtet wird, so dass dem Kläger wegen der geringfügig verspäteten Antragstellung nur leichte(ste) Fahrlässigkeit zur Last gelegt werden kann. Damit liegen zur Überzeugung des Senats die Voraussetzungen einer unbilligen Härte vor.
33 
Die Beklagte ist daher verpflichtet, im Wege pflichtgemäßen Ermessens zu prüfen, ob der verspätete Antrag zugelassen wird (vgl. Wissing u.a., SGB III, § 324 Anm.6 f). Dies hat sie unterlassen. Bei der Ermessensentscheidung darüber, ob die unbillige Härte Veranlassung gibt, die Leistung trotz der Verspätung zu gewähren, hat die Beklagte zu berücksichtigen, welche realen Folgen eine Antragsablehnung für den Kläger hat und ob die Leistung zum Zeitpunkt der Antragstellung ihren Zweck noch erfüllen konnte bzw. ob sie jedenfalls zur Stabilisierung der selbständigen Tätigkeit des Klägers dient, was die Beklagte nach Aktenlage nicht ohne weiteres wird verneinen können. Weiter wird die Beklagte zu berücksichtigen haben, dass auf die Gewährung eines Existenzgründungszuschusses ein Rechtsanspruch besteht. Im Übrigen sind neben den besonderen Verhältnissen und Bedürfnissen des Antragstellers die Gründe zu berücksichtigen, die zur Verspätung geführt haben, sofern diese nicht bereits beim Begriff der Härte berücksichtigt worden sind (vgl. Gagel, a.a.O., Rdnr.18). Dies ist von Seiten der Beklagten nicht erfolgt. Sie hat nicht einmal nach den Gründen der verspäteten Antragstellung gefragt.
34 
Damit ist die Beklagte ihrer Pflicht zur Ermessensbetätigung nicht nachgekommen, weshalb die angefochtene Entscheidung der Beklagten aufzuheben und sie zu verpflichten war, dem Kläger einen neuen Bescheid zu erteilen.
35 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
36 
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Der Senat steht hinsichtlich der entschiedenen Rechtsfragen im Einklang mit der obergerichtlichen Rechtsprechung.

(1) Leistungen der Arbeitsförderung werden nur erbracht, wenn sie vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses beantragt worden sind. Zur Vermeidung unbilliger Härten kann die Agentur für Arbeit eine verspätete Antragstellung zulassen.

(2) Berufsausbildungsbeihilfe, Ausbildungsgeld und Arbeitslosengeld können auch nachträglich beantragt werden. Kurzarbeitergeld, die Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge und Lehrgangskosten für die Bezieherinnen und Bezieher von Kurzarbeitergeld und ergänzende Leistungen nach § 102 sind nachträglich zu beantragen.

(3) Insolvenzgeld ist abweichend von Absatz 1 Satz 1 innerhalb einer Ausschlußfrist von zwei Monaten nach dem Insolvenzereignis zu beantragen. Wurde die Frist aus nicht selbst zu vertretenden Gründen versäumt, wird Insolvenzgeld geleistet, wenn der Antrag innerhalb von zwei Monaten nach Wegfall des Hinderungsgrundes gestellt worden ist. Ein selbst zu vertretender Grund liegt vor, wenn sich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht mit der erforderlichen Sorgfalt um die Durchsetzung ihrer Ansprüche bemüht haben.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Leistungen der Arbeitsförderung werden nur erbracht, wenn sie vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses beantragt worden sind. Zur Vermeidung unbilliger Härten kann die Agentur für Arbeit eine verspätete Antragstellung zulassen.

(2) Berufsausbildungsbeihilfe, Ausbildungsgeld und Arbeitslosengeld können auch nachträglich beantragt werden. Kurzarbeitergeld, die Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge und Lehrgangskosten für die Bezieherinnen und Bezieher von Kurzarbeitergeld und ergänzende Leistungen nach § 102 sind nachträglich zu beantragen.

(3) Insolvenzgeld ist abweichend von Absatz 1 Satz 1 innerhalb einer Ausschlußfrist von zwei Monaten nach dem Insolvenzereignis zu beantragen. Wurde die Frist aus nicht selbst zu vertretenden Gründen versäumt, wird Insolvenzgeld geleistet, wenn der Antrag innerhalb von zwei Monaten nach Wegfall des Hinderungsgrundes gestellt worden ist. Ein selbst zu vertretender Grund liegt vor, wenn sich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht mit der erforderlichen Sorgfalt um die Durchsetzung ihrer Ansprüche bemüht haben.

Tatbestand

 
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung eines Existenzgründungszuschusses zusteht.
Der Kläger bezog vom Arbeitsamt Lahr (AA) Arbeitslosenhilfe. Am 28.04.2003 stellte er beim AA einen schriftlichen Antrag auf Gewährung eines Existenzgründungszuschusses zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit. Er legte eine Gewerbeanmeldung vom 22.04.2003 vor, in der der Kläger als Beginn des Betriebs seiner Pizzeria den 25.04.2003 angab.
Mit Bescheid vom 13.05.2003 lehnte das AA den Antrag des Klägers ab, da er verspätet gestellt worden sei. Eine unbillige Härte liege nicht vor.
Hiergegen erhob der Kläger am 23.05.2003 Widerspruch. Er trug vor, er habe am 28.04.2003 den Antrag gestellt. In einem ihm ausgehändigten Informationsblatt seien keine Hinweise enthalten, wann der Antrag zu stellen sei. Er habe am Wochenende vor der Antragstellung das Lokal eröffnet. Eine verspätete Antragstellung sei nicht erkennbar.
Das AA holte eine Stellungnahme seiner Bediensteten H. vom 06.06.2003 ein, in der sie ausführte, am 09.04.2003 habe mit dem Kläger ein Informationsgespräch über Förderungsleistungen für Existenzgründer stattgefunden. Auf das Erfordernis einer rechtzeitigen Antragstellung sei ausdrücklich hingewiesen worden. Im Informationsblatt finde sich kein Hinweis zur Antragstellung.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10.06.2003 wurde der Widerspruch durch die Widerspruchsstelle des AA zurückgewiesen. Leistungen der Arbeitsförderung würden nur erbracht, wenn sie vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses beantragt worden seien. Dabei komme es auf den Beginn der Tätigkeit an. Der Kläger habe seine Tätigkeit am 25.04.2003 begonnen. Von einer mangelnden oder fehlerhaften Beratung des Klägers am 09.04.2003 sei nicht auszugehen. Ob der Bewilligung des Zuschusses entgegenstehe, dass der Kläger nach seinen Angaben seine Verlobte als Mitarbeiterin habe einstellen wollen, könne dahingestellt bleiben.
Hiergegen erhob der Kläger am 14.07.2003 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG). Er trug vor, er habe bereits am 09.04.2003 beim AA (Frau H.) vorgesprochen und mitgeteilt, dass er die Möglichkeit habe, eine Pizzeria zu eröffnen. Weiter habe er nachgefragt, ob ihm ein Existenzgründungszuschuss zustehe. Dies sei dem Grunde nach bejaht worden. Er habe Merkblätter ausgehändigt bekommen, die er vorlegte. Am 22.04.2003 habe er das Gewerbe angemeldet. Am Abend des 25.04.2003 habe er eine Eröffnungsfeier mit geladenen Gästen abgehalten. Die Pizzeria sei am Samstag, den 26.04.2003 offiziell eröffnet worden. Er habe den Antrag am Samstag oder Sonntag nicht stellen können. Im stehe der Zuschuss zumindest ab 28.04.2003 zu.
Die Beklagte trat der Klage unter Bezug auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid entgegen.
Mit Gerichtsbescheid vom 10.10.2003 wies das SG die Klage ab. Nach § 324 Absatz 1 Satz 1 SGB III würden Leistungen der Arbeitsförderung nur erbracht, wenn sie vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses beantragt worden seien. Diese Voraussetzungen lägen nicht vor. Der Kläger habe spätestens am 26.04.2003 seine selbständige Tätigkeit aufgenommen. Der Antrag sei erst am 28.04.2003 gestellt worden. Er hätte den Antrag bereits vor dem 26.04.2003 stellen können. Auf eine rechtzeitige Antragstellung sei der Kläger ausdrücklich hingewiesen worden. Eine unbillige Härte sei nicht zu erkennen.
10 
Gegen diese ihm am 14.10.2003 zugestellte Entscheidung hat der Kläger am 10.11.2003 Berufung eingelegt. Er hat zur Begründung ergänzend vorgetragen, er habe beabsichtigt, sich selbständig zu machen und eine leerstehende Pizza-Stube zu übernehmen, die er seit April nunmehr eigenständig betreibe. Er habe gewusst, dass er ohne finanzielle Unterstützung des AA nicht in der Lage sei, das Gewerbe zu betreiben. Aus diesem Grunde habe er am 09.04.2003 beim AA vorgesprochen und die Angelegenheit mit Frau H. erörtert. Er habe bei dem Gespräch darauf hingewiesen, dass er auf finanzielle Unterstützung angewiesen sei und habe diese auch mündlich beantragt. In den ihm dabei ausgehändigten Merkblättern seien keine Hinweise enthalten, dass der Antrag vor der Aufnahme der Tätigkeit schriftlich zu stellen sei. Unzutreffend sei, dass er von Frau H. schriftlich oder mündlich auf die rechtzeitige Antragstellung hingewiesen worden sei. Frau H. sei davon ausgegangen, dass dieser Hinweis in den übergebenen Informationsblättern enthalten sei. Dies sei nicht der Fall. Es liege eine Aufklärungspflichtverletzung vor, welche die Beklagte schadenersatzpflichtig mache. Auch hieraus ergebe sich ein Anspruch auf Bewilligung des Zuschusses. Die Voraussetzungen für die Bewilligung des Zuschusses lägen vor. Der Anspruch dürfe gemäß § 193 BGB nicht daran scheitern, dass er den Antrag nicht bereits am Samstag, den 26.04.2003 schriftlich gestellt habe. Er habe den Antrag bereits am 09.04.2003 rechtzeitig gestellt. Sein Antrag hätte in einen Antrag auf Überbrückungsgeld umgedeutet werden können und müssen, für das eine vorherige Antragstellung nicht erforderlich sei. Er hätte auch einen Anspruch auf Überbrückungsgeld gemäß § 57 SGB III gehabt. Wenn von einer verspäteten Antragstellung ausgegangen werde, liege eine unbillige Härte vor.
11 
Der Kläger beantragt,
12 
die Beklagte unter Aufhebung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Freiburg vom 10. Oktober 2003 und des Bescheides vom 13. Mai 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Juni 2003 zu verurteilen, über seinen Antrag vom 28. April 2003 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
13 
Die Beklagte beantragt,
14 
die Berufung zurückzuweisen.
15 
Sie ist dem Vorbringen des Klägers unter Vorlage einer dienstlichen Stellungnahme von Frau H. vom 18.12.2003 entgegen getreten. Der Zuschuss sei vom Kläger erst am 28.04.2003 beantragt worden. Am 09.04.2003 habe ein Informationsgespräch stattgefunden, ohne dass der Kläger erklärt habe, einen Antrag stellen zu wollen. Der Kläger sei am 09.04.2003 ausdrücklich gebeten worden sich zu melden, sobald sein Vorhaben konkret werden sollte, und ggf. rechtzeitig vor Aufnahme der Tätigkeit einen entsprechenden Antrag zu stellen. Da der Kläger die Pizzeria seit 25.04.2003 betreibe, hätte der Antrag am 25.04.2003 gestellt werden müssen.
16 
Wegen Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die Akten des Senats zum vorliegenden Verfahren und der Verfahren L 8 AL 4678/03 PKH-B und L 8 AL 4690/03 PKH-A, die Akte des SG und die Akte der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
17 
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 SGG insgesamt zulässig und erweist sich im Sinne einer Verurteilung zur Neuverbescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats als begründet.
18 
Rechtsgrundlagen des geltend gemachten Anspruches sind § 421 1 (in der durch Gesetz vom 31.07.2003 ab 01.01.2003 gültigen Fassung) i.V.m. § 324 Abs. 1 SGB III.
19 
Nach § 421 1 SGB III haben Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden, Anspruch auf einen monatlichen Existenzgründungszuschuss. Der Zuschuss wird geleistet, wenn der Existenzgründer
20 
1. in einem engen Zusammenhang mit der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit Entgeltersatzleistungen nach diesem Buch bezogen hat oder eine Beschäftigung ausgeübt hat, die als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme oder Strukturanpassungsmaßnahme gefördert worden ist,
21 
2. nach Aufnahme der selbständigen Tätigkeit Arbeitseinkommen nach § 15 des Vierten Buches erzielen wird, das voraussichtlich 25.000 Euro im Jahr nicht überschreiten wird (Abs. 1)
22 
Der Zuschuss wird bis zu drei Jahre erbracht und wird jeweils längstens für ein Jahr bewilligt. Er beträgt im ersten Jahr nach Beendigung der Arbeitslosigkeit monatlich 600 Euro, im zweiten Jahr monatlich 360 Euro und im dritten Jahr monatlich 240 Euro. Vor einer erneuten Bewilligung des Zuschusses hat der Existenzgründer das Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 1 darzulegen. Liegen die Voraussetzungen für ein Ruhen des Anspruchs bei Sperrzeit nach § 144 oder Säumniszeit nach § 145 dieses Buches vor, verkürzt sich die Dauer der Förderung entsprechend der Dauer der Sperrzeit oder der Dauer der Säumniszeit unter Berücksichtigung der bereits verstrichenen Sperr- oder Säumniszeiten (Abs. 2).
23 
Überschreitet das Arbeitseinkommen im Jahr 25.000 Euro, so kann nach Ablauf des bewilligten Zeitraums der Zuschuss nicht mehr erbracht werden. Arbeitsentgelt nach § 14 des Vierten Buches, das im gleichen Zeitraum erzielt wird, wird bei der Ermittlung der für die Förderung maßgeblichen Obergrenze einbezogen. (Abs. 3).
24 
Der Zuschuss ist ausgeschlossen, wenn die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit durch Überbrückungsgeld nach § 57 gefördert wird (Abs. 4).
25 
Nach § 324 Abs. 1 SGB III werden Leistungen der Arbeitsförderung nur erbracht, wenn sie vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses beantragt worden sind. Zur Vermeidung unbilliger Härten kann das Arbeitsamt eine verspätete Antragstellung zulassen. Diese Vorschrift regelt vorrangig den Zeitpunkt, zu dem grundsätzlich der Antrag gestellt werden muss, damit er wirksam werden kann, wobei Leistungen der Arbeitsförderung vorher beantragt werden sollen (vgl. BT-Drs. 13/4941 S.212 zu § 325 SGB III). Sie regelt demgegenüber nicht, ab wann Leistungen erbracht werden dürfen. Die Vorschrift enthält daneben eine Härteregelung, nach der das AA von sich aus eine verspätete Antragstellung zulassen kann, dabei aber an das Vorliegen einer unbilligen Härte gebunden ist. Die Härteregelung des § 324 Abs.1 Satz 2 tritt als lex specialis an die Stelle der allgemeinen Vorschriften über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 27 SGB X) und der Grundsätze zum sozialrechtlichen Herstellungsanspruch (vgl. Gagel, SGB III § 324 RdNr. 16).
26 
Hiervon ausgehend gelangt der Senat – entgegen der Ansicht der Beklagten und des SG – zu der Überzeugung, dass ein Anspruch des Klägers auf Gewährung des beantragten Existenzgründungszuschusses nicht wegen verspäteter Antragstellung ausgeschlossen ist.
27 
Allerdings hat der Kläger den Antrag auf Gewährung eines Existenzgründungszuschusses verspätet gestellt. Nach § 324 Abs. 1 Satz 1 SGB III ist der Antrag auf Zahlung eines Existenzgründungszuschusses grundsätzlich vor dem leistungsbegründenden Ereignis zu stellen. Das leistungsbegründende Ereignis ist die Aufnahme der selbständigen Tätigkeit des Klägers, die seine Arbeitslosigkeit beendete. Diese erfolgte – nach dem eigenen Vorbringen des Klägers – spätestens am 26.04.2003. Den Antrag auf Gewährung eines Existenzgründungszuschusses hat der Kläger erst danach am 28.04.2003 gestellt.
28 
Soweit sich der Kläger im Berufungsverfahren darauf beruft, er habe den Antrag bereits am 09.04.2003 gestellt, kann diesem Vorbringen nicht geglaubt werden. Denn sollte der Kläger bereits am 09.04.2003 den Antrag auf Gewährung des Existenzgründungszuschusses mündlich gestellt haben, so ist nicht verständlich, dass er am 28.04.2003 einen schriftlichen Antrag gestellt hat, ohne auf diesen Umstand hinzuweisen. Sein Antrag vom 28.04.2003 lässt vielmehr darauf schließen, dass er selbst davon ausging, noch einen Antrag stellen zu müssen. Außerdem weisen die hierzu gemachten Angaben des Klägers erhebliche Unstimmigkeiten auf. So hat sich der Kläger erstmals im Berufungsverfahren darauf berufen, am 09.04.2003 einen Antrag auf Gewährung eines Eingliederungszuschusses mündlich gestellt zu haben. Im Widerspruchsverfahren hat der Kläger dagegen vorgetragen, den Antrag am 28.04.2003 gestellt zu haben. Beim SG hat er lediglich vorgetragen, er habe am 09.04.2003 nachgefragt, ob ihm ein Existenzgründungszuschuss zustehen würde, was Frau H. dem Grunde nach bejaht habe. Dass er gleichzeitig einen Antrag gestellt habe, hat der Kläger nicht behauptet. Diese unterschiedlichen Angaben sind nicht verständlich, sollte der Kläger tatsächlich bereits am 09.04.2003 einen Antrag gestellt haben. Weiter spricht der Vortrag des Klägers, zur Zeit seiner Vorsprache beim AA beabsichtigt zu haben, eine Pizza-Stube zu übernehmen, die er ohne finanzielle Unterstützung des AA nicht hätte betreiben können, weshalb die Vorsprache beim AA erfolgt sei, dafür, dass sich der Kläger am 09.04.2003 noch nicht endgültig entschlossen gehabt hatte, die Pizza-Stube zu übernehmen, was ebenfalls darauf schließen lässt, dass es sich am 09.04.2003 um ein bloßes Informationsgespräch gehandelt hat. Dies wird auch dadurch gestützt, dass der Kläger erst am 22.04.2003 sein Gewerbe angemeldet hat. Dem entspricht das Vorbringen des Klägers beim SG, er habe das Gewerbe aufgrund der Beratung durch das AA am 22.04.2003 angemeldet. Selbst wenn der Kläger sich bei dem Gespräch am 09.04.2003 dahin geäußert hätte, dass er auf finanzielle Unterstützung angewiesen sei, könnte diese Äußerung nicht als mündlicher Antrag auf Gewährung eines Existenzgründungszuschusses gewertet werden. Hierzu hätte es näherer zeitlicher Angaben (insbesondere des Betriebsbeginns) bedurft. Dass der Kläger zur Zeit des Gespräches am 09.04.2003 bereits in der Lage war, den Betriebsbeginn anzugeben, ist aber nach dem Ausgeführten nicht anzunehmen. Dies hat der Kläger auch nicht behauptet. Dass der Kläger am 09.04.2003 noch keinen Antrag gestellt hat, bestätigt auch Frau H. in ihrer dienstlichen Stellungnahme vom 18.12.2003. Nach ihren Angaben hat es sich bei dem Gespräch am 09.04.2003 lediglich um ein Informationsgespräch gehandelt hat. Sie hat außerdem bestätigt, dass der Kläger am 09.04.2003 keine Willenserklärung dahin abgegeben hat, dass und ab wann er die Gewährung eines Existenzgründungszuschusses beantragen möchte. Damit erweist sich das Vorbringen des Klägers, am 09.04.2003 einen Antrag gestellt zu haben, als nicht glaubhaft.
29 
Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg auf die Vorschrift des § 193 BGB berufen. Nach dieser Vorschrift tritt, wenn an einem bestimmten Tag oder innerhalb einer Frist eine Willenserklärung abzugeben oder eine Leistung zu bewirken ist und der bestimmte Tag oder der letzte Tag der Frist auf einen Sonntag, einen am Erklärungs- oder Leistungsort staatlich anerkannten allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend fällt, an die Stelle eines solchen Tages der nächste Werktag. Eine solche Fallgestaltung liegt hier jedoch nicht vor. Der Kläger war nach § 324 Abs. 1 Satz 1 SGB III lediglich gehalten, vor dem Betriebsbeginn den Antrag zu stellen. Ein bestimmter Tag oder eine Frist wird hierfür nicht vorgeschrieben.
30 
Gleichwohl durfte die Beklagte den Antrag des Klägers nicht ablehnen. Sie hätte vielmehr eine Ermessensentscheidung gemäß § 324 Abs. 1 Satz 2 SGB III wegen des Vorliegens einer unbilligen Härte treffen müssen.
31 
Der Begriff der unbilligen Härte im Sinne des § 324 Abs. 1 Satz 2 SGB III stellt einen unbestimmten Rechtsbegriff dar, der gerichtlich voll überprüfbar ist und der der Verwaltung keinen Beurteilungsspielraum einräumt. Die tatbestandlichen Voraussetzungen sind im Gesetz nicht näher definiert und stellen eine offene Generalklausel dar (vgl. BSG SozR III-4100 § 44 Nrn. 4, 16). Eine unbillige Härte liegt dann vor, wenn den Antragsteller ein geringes Verschulden trifft und die Folgen erheblich sind (vgl. Gagel, SGB III, § 324 Rdnr.17).
32 
Hiervon ausgehend liegt im Falle des Klägers eine unbillige Härte vor. Die Folgen der Nichtgewährung des beantragten Existenzgründungszuschusses sind für den Kläger erheblich. Der Kläger verliert mögliche Zuschüsse im ersten Jahr in Höhe von monatlich 600 EUR, im zweiten Jahr von monatlich 360 EUR und im dritten Jahr von monatlich 240 EUR. Hierauf ist der Kläger angewiesen. Denn nach seinen im PKH-Antragsverfahren vorgelegten Unterlagen hat der Kläger bislang noch keinen Gewinn erwirtschaften können. Dagegen wiegt das Verschulden des Klägers an der verspäteten Antragstellung gering, selbst wenn von dem Vorbringen der Beklagten ausgegangen würde, der Kläger sei am 09.04.2003 ausdrücklich auf eine rechtzeitige Antragstellung hingewiesen worden. Zutreffend weist der Kläger darauf hin, dass in den ihm bei diesem Gespräch übergebenen Informationsunterlagen nicht auf die Notwendigkeit einer vorherigen Antragstellung hingewiesen wird. Damit würde ein mündlich erteilter Hinweis auf eine rechtzeitige Antragstellung (selbst wenn er gemacht worden ist) relativiert. Denn es liegt nahe, dass ein bei einem Informationsgespräch gemachter entsprechender mündlicher Hinweis wegen des fehlenden Hinweises in den ausgehändigten Informationsunterlagen später in Vergessenheit gerät oder jedenfalls nicht beachtet wird, so dass dem Kläger wegen der geringfügig verspäteten Antragstellung nur leichte(ste) Fahrlässigkeit zur Last gelegt werden kann. Damit liegen zur Überzeugung des Senats die Voraussetzungen einer unbilligen Härte vor.
33 
Die Beklagte ist daher verpflichtet, im Wege pflichtgemäßen Ermessens zu prüfen, ob der verspätete Antrag zugelassen wird (vgl. Wissing u.a., SGB III, § 324 Anm.6 f). Dies hat sie unterlassen. Bei der Ermessensentscheidung darüber, ob die unbillige Härte Veranlassung gibt, die Leistung trotz der Verspätung zu gewähren, hat die Beklagte zu berücksichtigen, welche realen Folgen eine Antragsablehnung für den Kläger hat und ob die Leistung zum Zeitpunkt der Antragstellung ihren Zweck noch erfüllen konnte bzw. ob sie jedenfalls zur Stabilisierung der selbständigen Tätigkeit des Klägers dient, was die Beklagte nach Aktenlage nicht ohne weiteres wird verneinen können. Weiter wird die Beklagte zu berücksichtigen haben, dass auf die Gewährung eines Existenzgründungszuschusses ein Rechtsanspruch besteht. Im Übrigen sind neben den besonderen Verhältnissen und Bedürfnissen des Antragstellers die Gründe zu berücksichtigen, die zur Verspätung geführt haben, sofern diese nicht bereits beim Begriff der Härte berücksichtigt worden sind (vgl. Gagel, a.a.O., Rdnr.18). Dies ist von Seiten der Beklagten nicht erfolgt. Sie hat nicht einmal nach den Gründen der verspäteten Antragstellung gefragt.
34 
Damit ist die Beklagte ihrer Pflicht zur Ermessensbetätigung nicht nachgekommen, weshalb die angefochtene Entscheidung der Beklagten aufzuheben und sie zu verpflichten war, dem Kläger einen neuen Bescheid zu erteilen.
35 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
36 
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Der Senat steht hinsichtlich der entschiedenen Rechtsfragen im Einklang mit der obergerichtlichen Rechtsprechung.

Gründe

 
17 
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 SGG insgesamt zulässig und erweist sich im Sinne einer Verurteilung zur Neuverbescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats als begründet.
18 
Rechtsgrundlagen des geltend gemachten Anspruches sind § 421 1 (in der durch Gesetz vom 31.07.2003 ab 01.01.2003 gültigen Fassung) i.V.m. § 324 Abs. 1 SGB III.
19 
Nach § 421 1 SGB III haben Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden, Anspruch auf einen monatlichen Existenzgründungszuschuss. Der Zuschuss wird geleistet, wenn der Existenzgründer
20 
1. in einem engen Zusammenhang mit der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit Entgeltersatzleistungen nach diesem Buch bezogen hat oder eine Beschäftigung ausgeübt hat, die als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme oder Strukturanpassungsmaßnahme gefördert worden ist,
21 
2. nach Aufnahme der selbständigen Tätigkeit Arbeitseinkommen nach § 15 des Vierten Buches erzielen wird, das voraussichtlich 25.000 Euro im Jahr nicht überschreiten wird (Abs. 1)
22 
Der Zuschuss wird bis zu drei Jahre erbracht und wird jeweils längstens für ein Jahr bewilligt. Er beträgt im ersten Jahr nach Beendigung der Arbeitslosigkeit monatlich 600 Euro, im zweiten Jahr monatlich 360 Euro und im dritten Jahr monatlich 240 Euro. Vor einer erneuten Bewilligung des Zuschusses hat der Existenzgründer das Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 1 darzulegen. Liegen die Voraussetzungen für ein Ruhen des Anspruchs bei Sperrzeit nach § 144 oder Säumniszeit nach § 145 dieses Buches vor, verkürzt sich die Dauer der Förderung entsprechend der Dauer der Sperrzeit oder der Dauer der Säumniszeit unter Berücksichtigung der bereits verstrichenen Sperr- oder Säumniszeiten (Abs. 2).
23 
Überschreitet das Arbeitseinkommen im Jahr 25.000 Euro, so kann nach Ablauf des bewilligten Zeitraums der Zuschuss nicht mehr erbracht werden. Arbeitsentgelt nach § 14 des Vierten Buches, das im gleichen Zeitraum erzielt wird, wird bei der Ermittlung der für die Förderung maßgeblichen Obergrenze einbezogen. (Abs. 3).
24 
Der Zuschuss ist ausgeschlossen, wenn die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit durch Überbrückungsgeld nach § 57 gefördert wird (Abs. 4).
25 
Nach § 324 Abs. 1 SGB III werden Leistungen der Arbeitsförderung nur erbracht, wenn sie vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses beantragt worden sind. Zur Vermeidung unbilliger Härten kann das Arbeitsamt eine verspätete Antragstellung zulassen. Diese Vorschrift regelt vorrangig den Zeitpunkt, zu dem grundsätzlich der Antrag gestellt werden muss, damit er wirksam werden kann, wobei Leistungen der Arbeitsförderung vorher beantragt werden sollen (vgl. BT-Drs. 13/4941 S.212 zu § 325 SGB III). Sie regelt demgegenüber nicht, ab wann Leistungen erbracht werden dürfen. Die Vorschrift enthält daneben eine Härteregelung, nach der das AA von sich aus eine verspätete Antragstellung zulassen kann, dabei aber an das Vorliegen einer unbilligen Härte gebunden ist. Die Härteregelung des § 324 Abs.1 Satz 2 tritt als lex specialis an die Stelle der allgemeinen Vorschriften über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 27 SGB X) und der Grundsätze zum sozialrechtlichen Herstellungsanspruch (vgl. Gagel, SGB III § 324 RdNr. 16).
26 
Hiervon ausgehend gelangt der Senat – entgegen der Ansicht der Beklagten und des SG – zu der Überzeugung, dass ein Anspruch des Klägers auf Gewährung des beantragten Existenzgründungszuschusses nicht wegen verspäteter Antragstellung ausgeschlossen ist.
27 
Allerdings hat der Kläger den Antrag auf Gewährung eines Existenzgründungszuschusses verspätet gestellt. Nach § 324 Abs. 1 Satz 1 SGB III ist der Antrag auf Zahlung eines Existenzgründungszuschusses grundsätzlich vor dem leistungsbegründenden Ereignis zu stellen. Das leistungsbegründende Ereignis ist die Aufnahme der selbständigen Tätigkeit des Klägers, die seine Arbeitslosigkeit beendete. Diese erfolgte – nach dem eigenen Vorbringen des Klägers – spätestens am 26.04.2003. Den Antrag auf Gewährung eines Existenzgründungszuschusses hat der Kläger erst danach am 28.04.2003 gestellt.
28 
Soweit sich der Kläger im Berufungsverfahren darauf beruft, er habe den Antrag bereits am 09.04.2003 gestellt, kann diesem Vorbringen nicht geglaubt werden. Denn sollte der Kläger bereits am 09.04.2003 den Antrag auf Gewährung des Existenzgründungszuschusses mündlich gestellt haben, so ist nicht verständlich, dass er am 28.04.2003 einen schriftlichen Antrag gestellt hat, ohne auf diesen Umstand hinzuweisen. Sein Antrag vom 28.04.2003 lässt vielmehr darauf schließen, dass er selbst davon ausging, noch einen Antrag stellen zu müssen. Außerdem weisen die hierzu gemachten Angaben des Klägers erhebliche Unstimmigkeiten auf. So hat sich der Kläger erstmals im Berufungsverfahren darauf berufen, am 09.04.2003 einen Antrag auf Gewährung eines Eingliederungszuschusses mündlich gestellt zu haben. Im Widerspruchsverfahren hat der Kläger dagegen vorgetragen, den Antrag am 28.04.2003 gestellt zu haben. Beim SG hat er lediglich vorgetragen, er habe am 09.04.2003 nachgefragt, ob ihm ein Existenzgründungszuschuss zustehen würde, was Frau H. dem Grunde nach bejaht habe. Dass er gleichzeitig einen Antrag gestellt habe, hat der Kläger nicht behauptet. Diese unterschiedlichen Angaben sind nicht verständlich, sollte der Kläger tatsächlich bereits am 09.04.2003 einen Antrag gestellt haben. Weiter spricht der Vortrag des Klägers, zur Zeit seiner Vorsprache beim AA beabsichtigt zu haben, eine Pizza-Stube zu übernehmen, die er ohne finanzielle Unterstützung des AA nicht hätte betreiben können, weshalb die Vorsprache beim AA erfolgt sei, dafür, dass sich der Kläger am 09.04.2003 noch nicht endgültig entschlossen gehabt hatte, die Pizza-Stube zu übernehmen, was ebenfalls darauf schließen lässt, dass es sich am 09.04.2003 um ein bloßes Informationsgespräch gehandelt hat. Dies wird auch dadurch gestützt, dass der Kläger erst am 22.04.2003 sein Gewerbe angemeldet hat. Dem entspricht das Vorbringen des Klägers beim SG, er habe das Gewerbe aufgrund der Beratung durch das AA am 22.04.2003 angemeldet. Selbst wenn der Kläger sich bei dem Gespräch am 09.04.2003 dahin geäußert hätte, dass er auf finanzielle Unterstützung angewiesen sei, könnte diese Äußerung nicht als mündlicher Antrag auf Gewährung eines Existenzgründungszuschusses gewertet werden. Hierzu hätte es näherer zeitlicher Angaben (insbesondere des Betriebsbeginns) bedurft. Dass der Kläger zur Zeit des Gespräches am 09.04.2003 bereits in der Lage war, den Betriebsbeginn anzugeben, ist aber nach dem Ausgeführten nicht anzunehmen. Dies hat der Kläger auch nicht behauptet. Dass der Kläger am 09.04.2003 noch keinen Antrag gestellt hat, bestätigt auch Frau H. in ihrer dienstlichen Stellungnahme vom 18.12.2003. Nach ihren Angaben hat es sich bei dem Gespräch am 09.04.2003 lediglich um ein Informationsgespräch gehandelt hat. Sie hat außerdem bestätigt, dass der Kläger am 09.04.2003 keine Willenserklärung dahin abgegeben hat, dass und ab wann er die Gewährung eines Existenzgründungszuschusses beantragen möchte. Damit erweist sich das Vorbringen des Klägers, am 09.04.2003 einen Antrag gestellt zu haben, als nicht glaubhaft.
29 
Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg auf die Vorschrift des § 193 BGB berufen. Nach dieser Vorschrift tritt, wenn an einem bestimmten Tag oder innerhalb einer Frist eine Willenserklärung abzugeben oder eine Leistung zu bewirken ist und der bestimmte Tag oder der letzte Tag der Frist auf einen Sonntag, einen am Erklärungs- oder Leistungsort staatlich anerkannten allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend fällt, an die Stelle eines solchen Tages der nächste Werktag. Eine solche Fallgestaltung liegt hier jedoch nicht vor. Der Kläger war nach § 324 Abs. 1 Satz 1 SGB III lediglich gehalten, vor dem Betriebsbeginn den Antrag zu stellen. Ein bestimmter Tag oder eine Frist wird hierfür nicht vorgeschrieben.
30 
Gleichwohl durfte die Beklagte den Antrag des Klägers nicht ablehnen. Sie hätte vielmehr eine Ermessensentscheidung gemäß § 324 Abs. 1 Satz 2 SGB III wegen des Vorliegens einer unbilligen Härte treffen müssen.
31 
Der Begriff der unbilligen Härte im Sinne des § 324 Abs. 1 Satz 2 SGB III stellt einen unbestimmten Rechtsbegriff dar, der gerichtlich voll überprüfbar ist und der der Verwaltung keinen Beurteilungsspielraum einräumt. Die tatbestandlichen Voraussetzungen sind im Gesetz nicht näher definiert und stellen eine offene Generalklausel dar (vgl. BSG SozR III-4100 § 44 Nrn. 4, 16). Eine unbillige Härte liegt dann vor, wenn den Antragsteller ein geringes Verschulden trifft und die Folgen erheblich sind (vgl. Gagel, SGB III, § 324 Rdnr.17).
32 
Hiervon ausgehend liegt im Falle des Klägers eine unbillige Härte vor. Die Folgen der Nichtgewährung des beantragten Existenzgründungszuschusses sind für den Kläger erheblich. Der Kläger verliert mögliche Zuschüsse im ersten Jahr in Höhe von monatlich 600 EUR, im zweiten Jahr von monatlich 360 EUR und im dritten Jahr von monatlich 240 EUR. Hierauf ist der Kläger angewiesen. Denn nach seinen im PKH-Antragsverfahren vorgelegten Unterlagen hat der Kläger bislang noch keinen Gewinn erwirtschaften können. Dagegen wiegt das Verschulden des Klägers an der verspäteten Antragstellung gering, selbst wenn von dem Vorbringen der Beklagten ausgegangen würde, der Kläger sei am 09.04.2003 ausdrücklich auf eine rechtzeitige Antragstellung hingewiesen worden. Zutreffend weist der Kläger darauf hin, dass in den ihm bei diesem Gespräch übergebenen Informationsunterlagen nicht auf die Notwendigkeit einer vorherigen Antragstellung hingewiesen wird. Damit würde ein mündlich erteilter Hinweis auf eine rechtzeitige Antragstellung (selbst wenn er gemacht worden ist) relativiert. Denn es liegt nahe, dass ein bei einem Informationsgespräch gemachter entsprechender mündlicher Hinweis wegen des fehlenden Hinweises in den ausgehändigten Informationsunterlagen später in Vergessenheit gerät oder jedenfalls nicht beachtet wird, so dass dem Kläger wegen der geringfügig verspäteten Antragstellung nur leichte(ste) Fahrlässigkeit zur Last gelegt werden kann. Damit liegen zur Überzeugung des Senats die Voraussetzungen einer unbilligen Härte vor.
33 
Die Beklagte ist daher verpflichtet, im Wege pflichtgemäßen Ermessens zu prüfen, ob der verspätete Antrag zugelassen wird (vgl. Wissing u.a., SGB III, § 324 Anm.6 f). Dies hat sie unterlassen. Bei der Ermessensentscheidung darüber, ob die unbillige Härte Veranlassung gibt, die Leistung trotz der Verspätung zu gewähren, hat die Beklagte zu berücksichtigen, welche realen Folgen eine Antragsablehnung für den Kläger hat und ob die Leistung zum Zeitpunkt der Antragstellung ihren Zweck noch erfüllen konnte bzw. ob sie jedenfalls zur Stabilisierung der selbständigen Tätigkeit des Klägers dient, was die Beklagte nach Aktenlage nicht ohne weiteres wird verneinen können. Weiter wird die Beklagte zu berücksichtigen haben, dass auf die Gewährung eines Existenzgründungszuschusses ein Rechtsanspruch besteht. Im Übrigen sind neben den besonderen Verhältnissen und Bedürfnissen des Antragstellers die Gründe zu berücksichtigen, die zur Verspätung geführt haben, sofern diese nicht bereits beim Begriff der Härte berücksichtigt worden sind (vgl. Gagel, a.a.O., Rdnr.18). Dies ist von Seiten der Beklagten nicht erfolgt. Sie hat nicht einmal nach den Gründen der verspäteten Antragstellung gefragt.
34 
Damit ist die Beklagte ihrer Pflicht zur Ermessensbetätigung nicht nachgekommen, weshalb die angefochtene Entscheidung der Beklagten aufzuheben und sie zu verpflichten war, dem Kläger einen neuen Bescheid zu erteilen.
35 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
36 
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Der Senat steht hinsichtlich der entschiedenen Rechtsfragen im Einklang mit der obergerichtlichen Rechtsprechung.

(1) Leistungen der Arbeitsförderung werden nur erbracht, wenn sie vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses beantragt worden sind. Zur Vermeidung unbilliger Härten kann die Agentur für Arbeit eine verspätete Antragstellung zulassen.

(2) Berufsausbildungsbeihilfe, Ausbildungsgeld und Arbeitslosengeld können auch nachträglich beantragt werden. Kurzarbeitergeld, die Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge und Lehrgangskosten für die Bezieherinnen und Bezieher von Kurzarbeitergeld und ergänzende Leistungen nach § 102 sind nachträglich zu beantragen.

(3) Insolvenzgeld ist abweichend von Absatz 1 Satz 1 innerhalb einer Ausschlußfrist von zwei Monaten nach dem Insolvenzereignis zu beantragen. Wurde die Frist aus nicht selbst zu vertretenden Gründen versäumt, wird Insolvenzgeld geleistet, wenn der Antrag innerhalb von zwei Monaten nach Wegfall des Hinderungsgrundes gestellt worden ist. Ein selbst zu vertretender Grund liegt vor, wenn sich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht mit der erforderlichen Sorgfalt um die Durchsetzung ihrer Ansprüche bemüht haben.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.