Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 30. Juli 2014 - L 5 KR 1002/12

bei uns veröffentlicht am30.07.2014

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 14.02.2012 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Streitig ist, ob die Klägerin der Versicherungspflicht zur Künstlersozialversicherung unterliegt.
Die 1950 geborene Klägerin war bei Antragstellung als freiwilliges Mitglied bei der B. krankenversichert, derzeit ist sie nach eigenen Angaben freiwilliges Mitglied der I.. Sie erwarb am 24.02.2002 die Lehrberechtigung als Thai Chi Lehrerin des Thai Chi Forums D. Thai Chi ist eine im K. Ch. entwickelte Kampfkunst. Vor allem in jüngerer Zeit wird es häufig als allgemeines System der Bewegungslehre oder der Gymnastik betrachtet, da es einerseits der Gesundheit sehr förderlich sein soll, andererseits der Persönlichkeitsentwicklung und der Meditation dienen kann. Zur Praxis gehören Atemübungen, Körper- und Bewegungsübungen, Konzentrationsübungen und Meditationsübungen der inneren Stille. Die Übungen dienen zur Anreicherung und Harmonisierung des Qi.
In einem von ihr unter dem 23.12.2009 unterzeichneten Fragebogen zur Prüfung der Versicherungspflicht nach dem Gesetz über die Sozialversicherung der selbständigen Künstler und Publizisten (Künstlersozialversicherungsgesetz - KSVG) gab die Klägerin an, sie übe seit Oktober 2004 als ausschließlich selbständige Einzelunternehmerin eine publizistische Tätigkeit im Bereich Wort (Schriftsteller, Dichter) und eine künstlerische Tätigkeit im Bereich der darstellenden Kunst durch Thai Chi, Kampfkunst - Performance und Unterricht aus. Ihr Jahreseinkommen betrage ca. 17.000,00 EUR. Darüber hinaus halte sie Vorträge und Seminare zum Thema Entspannung. Arbeitnehmer beschäftige sie nicht, sie übe auch keine Nebentätigkeiten aus. Ihre Tätigkeit als Publizistin nehme 35 % ihrer Arbeitszeit in Anspruch, der Unterricht in Thai Chi 30 % und Thai Chi Performance, Choreographie-Dozentin am Thai Chi Theater ca. 35 %.
Bezüglich ihrer Tätigkeit legte die Klägerin zahlreiche Rechnungen, Einladungen, Zeitungsartikel und Verträge vor. Daraus geht hervor, dass die Klägerin die im M. Verlag erscheinenden Bücher „Thai Chi für Kinder“ und „Thai Chi für Senioren“ geschrieben und eine Audio CD „Thai Chi für Kinder“ entworfen hat. Beigefügt waren unter anderem auch eine Rechnung an das Institut für Sport und Sportwissenschaft der Universität K. über „Bewegungswelt Thai Chi - interaktives Theater, 5 Akteure“ vom 22.06.2009, die Honorarabrechnung des L. Verlags für einen Textbeitrag in der Zeitung „Sport-Praxis“, Einladungen und Presseberichte über ihren Auftritt beim VdK Aktionstag am 29.08.2009, das Schreiben der H. U., aus dem die Durchführung einer Arbeitsgemeinschaft hervorgeht, einen Zeitungsartikel über eine Vorführung auf der Familienmesse am 24.10.2008, ihren Auftritt zusammen mit einem Schauspieler im Theater am Bahnhof in R. am 09. und 10. März 2007, Dankschreiben des Turnvereins H. sowie der Turnerschaft G. für Auftritte im Rahmen der Aktivitäten diese Vereine und Presseberichte über einen Auftritt bei der Gesellschaft für staufische Geschichte im Rahmen einer Skulpturenenthüllung am 31.10.2009 sowie ein Referat auf dem S. Erzieherinnen-Tag Thema „Die große Kuscheltierreise, Tiger und Bär im Land der Fantasie“.
Mit Bescheid vom 22.03.2010 stellte die Beklagte fest, dass die Klägerin nicht der Versicherungspflicht nach § 1 KSVG unterliegt. Für die Annahme einer künstlerischen/publizistischen Tätigkeit im Sinne des KSVG sei erforderlich, dass das Gesamtbild der Tätigkeit durch künstlerische bzw. publizistische Elemente geprägt werde. Es genüge nicht, wenn einzelne Arbeiten als künstlerisch/publizistisch anzusehen wären, das Gesamtbild der Tätigkeit aber durch andere Arbeiten maßgeblich bestimmt werde. Der Schwerpunkt ihrer Tätigkeitsausübung liege im Bereich des Thai Chi und nicht im publizistischen Bereich. Die ausgeübte Tätigkeit als Thai Chi Lehrerin stelle aber keine künstlerische Tätigkeit dar. Die Versicherungsvoraussetzung „Lehre darstellender Kunst“ sei nur bei Schauspielunterricht erfüllt, nicht jedoch bei der Vermittlung von Techniken und Methoden, die für einen Bühnenkünstler allenfalls mittelbar von Nutzen seien. Insbesondere ein Unterrichtsangebot mit primär allgemein-pädagogischer Zielsetzung falle nicht unter den Begriff „Lehre darstellender Kunst“.
Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin hiergegen geltend, Thai Chi sei eine darstellende Kunst. Sie verbinde sie mit allen Elementen des klassischen und modernen Theaters: Musik, Literatur, Malerei, Choreographie, Mimik, Ausdrucksfähigkeit, Bühnenbild, Kostüme und Bühnenpräsenz. Als Publizistin sei sie Autorin von zwei Fachbüchern, einer stattlichen Anzahl von Publikationen in Fachzeitschriften, sei Produzentin und Autorin einer CD, sei Mitautorin mehrerer lyrischer Anthologien und eines Theaterstückes; insoweit sei sie mehr als eigenschöpferisch wortgestalterisch tätig. Soweit sie auf der Bühne auftrete, sei dies darstellende Kunst. Thai Chi Lehrer würden in der ganzen Welt nicht als Kampfmaschine, sondern als Künstler, ggf. sogar als Tänzer gelten. Ihre Tätigkeit beschränke sich nicht auf ein allgemeines System der Bewegungslehre oder Gymnastik, sondern zeichne den Weg des Künstlers für ihre Teilnehmer vor. Die Verbindung von Kunst und Bewegung sei Grundlage ihres Schaffens. So seien die Fantasiereisen im Bereich Thai Chi eines ihrer Alleinstellungsmerkmale. Sie setze sich insoweit klar und deutlich von den Thai Chi- und Gymnastikschulen ab.
Beigefügt waren ihrem Widerspruchsschreiben Rechnungen, Einladungen sowie Zeitungsartikel über Bühnenauftritte beispielsweise beim Kongress „Kinder bewegen“ an der Universität K., eine Come-Together-Party beim Kinderturnkongress K. 2007, eine Gartenschau sowie ein Merkblatt über ihre Tätigkeit an der H.-Schule (offene Ganztagesschule) Thema: Verbesserung von Körperbewusstsein, Köperwahrnehmung und Sozialverhalten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 22.09.2010 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Bei einem aus unterschiedlichen Tätigkeiten zusammengesetzten Berufsbild könne von einem künstlerisch/publizistischen Beruf nur dann ausgegangen werden, wenn die künstlerischen/publizistischen Elemente das Gesamtbild prägten, also den Schwerpunkt der Berufsausübung bildeten (Hinweis auf BSG Urteile vom 07.12.2006 - B 3 KR 11/06 R und vom 01.10.2009 - B 3 KS 2/08 R). Ein Überwiegen der künstlerisch-publizistischen Aspekte sei in ihrem Fall nicht festzustellen. Ihre Auftritte seien weder dem Bereich der Kleinkunst (Jongleure, Seiltänzer, Zauberer, Akrobaten, Feuerschlucker u. a.) noch dem Bereich der darstellenden Kunst zuzuordnen. Nur dann, wenn eine Tätigkeit Bühnen- oder Showbezug habe bzw. an einer der genannten Aufführungsstätten dargeboten werde, führe sie zur Versicherungspflicht nach dem KSVG. Hierzu zählten von vornherein jedoch nicht Unterhaltungskunst wie Sportveranstaltungen, Veranstaltungen, in denen Sensationen, Raritäten oder Absurditäten dargeboten würden oder Veranstaltungen auf Jahrmärkten, Rummelplätzen und Volksfesten. Die Tätigkeit im Bereich Thai Chi sei nicht mit Tätigkeiten im Varieté oder Zirkus oder im Bereich der Schauspielerei oder des Theaters gleichzusetzen; sie diene vielmehr der Vermittlung praktischer Fähigkeiten im Bereich des Breiten- und Freizeitsports. Ebenso wie Bewegungsformen in den Tanzdisziplinen Standard, Latein oder Jazz-Dance handele es sich bei Thai Chi auch um Bewegung und Gymnastik, die nicht vergleichbar sei mit einem künstlerischen Ballett im Bereich der darstellenden Kunst.
Mit ihrer hiergegen am 08.10.2010 bei dem Sozialgericht Ulm (SG) erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren mit der im Wesentlichen gleichen Begründung weiter. Sie habe für Thai Chi ein neues Profil erschaffen: Die Kunst als Element in der Kampfkunst; sie verbinde Bewegung mit Poesie, Musik und zum Teil auch mit der bildenden Kunst. Hierzu hat sie insbesondere weitere Rechnungen und Zeitungsartikel vorgelegt.
10 
Im Erörterungstermin vom 16.08.2011 gab die Klägerin hinsichtlich ihres Thai Chi Unterrichts an, dass sie grundsätzlich sowohl traditionelles als auch künstlerisches Thai Chi unterrichte. Das traditionelle Thai Chi bestehe aus drei Grundformen: Erde, Himmel und Mensch. Die Bewegung, welche hier traditionell auszuführen sei, sei meistens eine Dreierbewegung, welche sich in eins, zwei und drei gliedere. Traditionell werde Thai Chi mit klassischer Musik ausgeübt. Ihre Ausführung weiche vom klassischen Thai Chi sehr ab. Sie vermische die Grundformen Erde, Himmel und Mensch im Rahmen ihrer Choreographien, soweit dies zur Musik oder zu den Texten von der Bewegung her passe. Eine solche Vermischung sei im klassischen Thai Chi nicht vorgesehen. Auch die Musik, die sie verwende, etwa „Morning has broken“, habe mit der klassischen Musik nichts mehr zu tun. Sie erteile seit etwa acht Jahren immer drei Anfängerkurse und 20 sonstige Kurse. In den Anfängerkursen müsse sie überwiegend traditionelles Thai Chi unterrichten, in den anderen Kursen betrage der künstlerische Anteil aber mindestens die Hälfte der Zeit. Diese Kurse führe sie in Schulen, Vereinen und Studios durch. Dort miete sie sich ein.
11 
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat darauf hingewiesen, dass die Klägerin ihres Erachtens unstreitig eine publizistische Tätigkeit im Sinne von § 2 KSVG ausübe. Die weiter ausgeübten Tätigkeiten im Bereich des Thai Chi stellten jedoch keine künstlerischen Tätigkeiten dar. Insbesondere die Beschreibung der Kursinhalte habe die Beklagte dazu bewogen, eine Tätigkeit im künstlerischen Bereich abzulehnen. So heiße es beispielsweise in der Beschreibung des Kurses „Tiger und Bär im Land der Fantasie“, kindgerechte Entspannungsübungen mit Elementen des Thai Chi und Qi Gong förderten Koordination, Körperhaltung und Konzentration. Das Projekt der Ganztagesbetreuung werde benannt mit „Verbesserung von Körperbewusstsein, Körperwahrnehmung und Sozialverhalten“. Insgesamt sei die Klägerin, auch wenn sie sich von den üblichen Thai Chi Lehrern abhebe, nicht mit Schauspielern, Dramaturgen oder Moderatoren gleichzusetzen.
12 
Thai Chi sei eine Bewegungslehre oder Gymnastik und werde als Mittel der Meditation betrachtet. Es sei im weitesten Sinne eine Sportart mit positiven Auswirkungen auf verschiedene Aspekte der physischen und psychischen Gesundheit. Da die publizistische Tätigkeit der Klägerin nicht den Schwerpunkt ihres Schaffens in finanzieller oder zeitlicher Hinsicht ausmache, und sie auch ihre Schüler nicht zu einer überwiegend künstlerischen Tätigkeit anleite, reichten die künstlerischen Elemente nicht aus, eine darstellende-künstlerische Lehrtätigkeit im Sinne des KSVG anzunehmen.
13 
Auf Aufforderung des SG legte die Klägerin Aufstellungen über den Zeitaufwand sowie die erzielten Umsätze in den verschiedenen Tätigkeitsbereichen vor. Im Einzelnen:
14 
2009:
15 
Art der beruflichen Tätigkeit
Zeitaufwand
Erlöse
Kurse 
762 Stunden
26.885,10 EUR
_______________________________
_____________________
___________________________
Blockunterricht
17 Stunden
850,00 EUR
Ausbildungsreihe
124 Stunden
7.868,90 EUR
Seminare
8 Stunden
913,00 EUR
Workshops
10 Stunden
200,00 EUR
Kongresse
24 Stunden
540,00 EUR
Messen
8 Stunden
        
Zwischensumme
175 Stunden
10.371,90 EUR
                          
Buch   
160 Stunden
3.519,00 EUR
Publikationen
100 Stunden
1.353,95 EUR
Fotos 
20 Stunden
        
Vorträge
6 Stunden
88,00 EUR
Lesungen/Theater
14 Stunden
238,00 EUR
Performance
12 Stunden
178,50 EUR
Ausarbeitung
40 Stunden
        
Reiki 
2 Stunden
        
        
569 Stunden
5.767,50 EUR
                          
Insgesamt
1506 Stunden
43.024,50 EUR
Kurse 
50,60 %
62,52 %
sonstiger Unterricht
11,62 %
24,11 %
publizistische/künstlerische Tätigkeit
37,78 %
13,41 %
16 
2010:
17 
Art der beruflichen Tätigkeit
Zeitaufwand
Erlöse
Kurse 
733 Stunden
29.186,00 EUR
_______________________________
_____________________
___________________________
Blockunterricht
30 Stunden
1.500,00 EUR
Ausbildungsreihe
80 Stunden
2.477,50 EUR
Seminare
24 Stunden
300,00 EUR
Workshops
10 Stunden
80,00 EUR
Kongresse
18 Stunden
1.814,00 EUR
Messen
4 Stunden
        
Zwischensumme
166 Stunden
6.171,50 EUR
                          
Buch   
180 Stunden
50,00 EUR Lesung/Theater
Publikationen
100 Stunden
360,00 EUR Lesung/Theater
Artikel
80 Stunden
100,00 EUR Sommer d. Verf.
Fotos 
30 Stunden
        
Lesungen/Theater
30 Stunden
117,00 EUR Artikel L.
Performance
30 Stunden
2.127,29 EUR Autorenhonorare
Ausarbeitung
40 Stunden
1.215,93 EUR Verkauf Bücher
        
490 Stunden
3.970,22 EUR
                          
Insgesamt
1389 Stunden
39.327,72 EUR
davon Kurse
52,77 %
74,20 %
sonstiger Unterricht
11,95 %
15,70 %
publizistische/künstlerische Tätigkeit
35,27 %
10,10 %
18 
2011:
19 
Art der beruflichen Tätigkeit
Zeitaufwand
Erlöse
Kurse 
682 Stunden
21.398,50 EUR
_______________________________
_____________________
___________________________
Blockunterricht/Sportschule
24 Stunden
750,00 EUR
Ausbildungsreihe
60 Stunden
1.230,50 EUR
Seminare
12 Stunden
375,00 EUR
Workshops
10 Stunden
137,00 EUR
Kongresse
8 Stunden
140,00 EUR
Messen
30 Stunden
        
Zwischensumme
144 Stunden
2.632,50 EUR
                          
Buch   
200 Stunden
60,00 EUR Bürgerhaus
Publikationen
60 Stunden
250,00 EUR Seniorenmesse
Artikel
70 Stunden
130,90 EUR Sch.
Fotos 
40 Stunden
228,00 EUR Sommer d. Verf.
Vorträge
12 Stunden
        
Lesungen/Theater
25 Stunden
597,67 EUR Thai Chi Kinder
205,00 EUR Modernes Lernen
Performance
30 Stunden
584,94 EUR Verkauf Bücher u. CD’s
Ausarbeitung
30 Stunden
1.417,49 EUR Tantiemen
        
467 Stunden
3.474,00 EUR
                          
Insgesamt
1293 Stunden
27.505,00
Kurse 
52,75 %
77,81 %
sonstiger Unterricht
11,14 %
9,57 %
publizistische/künstlerische Tätigkeit
36,11 %
12,63 %
                          
20 
Mit Urteil vom 14.02.2012 hob das SG den Bescheid vom 22.03.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.09.2010 auf und stellte fest, dass die Klägerin mit ihrer Tätigkeit im Bereich Thai Chi seit dem 28.12.2009 der Versicherungspflicht nach § 1 KSVG unterliegt. Neben der publizistischen Tätigkeit der Klägerin, die als Kunst zu qualifizieren sei, sei auch im Bereich der darstellenden Kunst der künstlerische Aspekt der Tätigkeit überwiegend. Maßgeblich für die Beurteilung einer Tätigkeit als Kunst sei, in Abgrenzung zu einer nur handwerklichen Tätigkeit, wie hoch der eigenschöpferische bzw. kreative Charakter der Tätigkeit zu bemessen sei. Auf den monetären Wert der Leistung komme es nicht entscheidend an. Abzustellen sei danach, worin nach der Verkehrsanschauung der Schwerpunkt liege. Nach der Rechtsprechung des BSG vermag Unterricht eine Lehre von der Kunst im Sinne des KSVG nur dann darzustellen, wenn den Teilnehmern vorrangig Fähigkeiten und Fertigkeiten zur eigenständigen aktiven Ausübung künstlerischer Betätigung an die Hand gegeben werde und nicht die reine Vermittlung von Bewegungstechniken im Vordergrund stehe. Unter diesem Gesichtspunkt sei die Vermittlung von Thai Chi, einer im K. Ch. entwickelten Kampfkunst mit festen Bewegungselementen grundsätzlich nicht als Kunst, sondern nur als eine Bewegungslehre anzusehen, bei der die Vermittlung der handwerklichen Fähigkeiten im Vordergrund stünden. Die Klägerin übe hingegen keine Tätigkeit aus, welche unter das klassische Thai Chi zu fassen sei. Sie grenze sich vielmehr durch umfangreiche kreative Eigengestaltung von der bloßen Vermittlung einer Bewegungslehre/Bewegungstechnik ab. Die künstlerischen Elemente würden dabei auch das Gesamtbild prägen. Sie habe unabhängig vom Thai Chi völlig neue Choreographien entwickelt, wobei die Anfängerkurse, in denen sie klassisches Thai Chi vermittle, nur einen untergeordneten Anteil der Tätigkeiten ausmachten.
21 
Gegen das ihr am 17.02.2012 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 07.03.2012 Berufung eingelegt und zur Begründung vorgebracht, Tänzer und Tanzlehrer seien nach dem KSVG versicherungspflichtig, wenn sie darstellende Künstler seien. Darstellender Künstler sei, wer klassisches oder modernes Ballett aufführe oder lehre. Tanzdisziplinen wie Standardtänze, lateinamerikanische Tänze, Tango/Argentino oder Stepptanz seien hingegen nicht der darstellenden Kunst zuzurechnen. Zu letzterer Gruppe gehöre auch Thai Chi. Thai Chi werde im weitesten Sinn als eine Sportart dargestellt, die heute in erster Linie praktiziert werde, weil davon diverse positive Auswirkungen auf verschiedene Aspekte der physischen und psychischen Gesundheit, wie beispielsweise auf das Herz-Kreislauf-System, das Immunsystem, das Schmerzempfinden, das Gleichgewicht und allgemein auf die Körperkontrolle, Beweglichkeit und Kraft erwartet würden. In der freien Enzyklopädie Wikipedia werde kein einziger Hinweis auf eine mögliche Verbindung mit einer künstlerischen Tätigkeit gegeben. Die Klägerin sei schwerpunktmäßig als Dozentin bzw. Lehrkraft im Bereich des Thai Chi tätig und übe damit keine künstlerische Tätigkeit aus und leite auch ihre Schüler nicht zu einer überwiegend künstlerischen Tätigkeit an. Die kreative Gestaltung von Bewegungsabläufen und Musik unter Verwendung von Thai Chi Formen reiche für eine künstlerische Tätigkeit nicht aus. Auch die vom BSG angeführten Tanzformen verlangten kreative Gestaltungen und würden häufig auch für die Öffentlichkeit choreographisch aufbereitet präsentiert. Gleichwohl seien diese Tanzformen überwiegend im Bereich des Sports, der Bewegungslehre oder der Gymnastik zuzuordnen und nicht dem Bereich künstlerischer Tänze. Soweit die Klägerin sich auf die Entscheidung des Bundessozialgerichtes vom 14.12.1994 - 3/12 RK 62/93 zur Künstlereigenschaft einer Eurythmielehrerin und auf das Urteil vom 20.04.1994 - 3/12 RK 14/92 zur Künstlereigenschaft einer Tanzlehrerin für afrikanisch-karibische Tanzformen berufe, übersehe sie, dass das BSG diese Rechtsprechung zwischenzeitlich ausdrücklich aufgegeben habe.
22 
Die Beklagte beantragt,
23 
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 14.02.2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
24 
Die Klägerin beantragt,
25 
die Berufung zurückzuweisen.
26 
Sie hat erneut darauf hingewiesen, dass sie Thai Chi nicht in der klassischen Form unterrichte, sondern sie ihre Berufstätigkeit nur daran orientiere. Ihre berufliche Tätigkeit sei von ihrer eigenschöpferischen Formgestaltung und Interpretation geprägt, die mit der klassischen Ausübung des chinesischen Thai Chi überhaupt nicht mehr zu vergleichen sei. Sie übe keine sportliche Tätigkeit aus, sondern sei Künstlerin mit eigenen schöpferischen Formgestaltungen. Dies unterscheide sie auch von der Tanzlehrerin für Tango/Argentino, der trotz freier Interpretation in erster Linie als Sport zu qualifizieren sei, weil er wettkampfmäßig aufgeführt werde und sich insoweit nicht von anderen Tanzdisziplinen, bei denen es um Turniere und Meisterschaften gehe, unterscheide.
27 
Inzwischen habe sie ein weiteres Buch geschrieben über „Thai Chi und Qi Gong in der Schwangerschaft“.
28 
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die die Klägerin betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten und die Prozessakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
29 
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist gemäß § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft. Der Rechtsstreit geht um das Vorliegen von Versicherungspflicht in einem speziellen Zweig der Krankenversicherung und wird damit von den Berufungsausschlussgründen des § 144 SGG nicht erfasst (vgl. dazu BSG, Beschluss vom 25.07.2002 - B 10 LW 6/02 B).
30 
Die Berufung der Beklagten ist auch begründet. Die Klägerin ist nicht überwiegend künstlerisch oder publizistisch im Sinne von § 1 und 2 KSVG tätig. Sie unterliegt damit nicht der Versicherungspflicht nach diesem Gesetz.
31 
Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KSVG werden selbständige Künstler und Publizisten in der Rentenversicherung der Angestellten, in der gesetzlichen Krankenversicherung und in der sozialen Pflegeversicherung versichert, wenn sie die künstlerische oder publizistische Tätigkeit erwerbsmäßig und nicht nur vorübergehend ausüben. Künstler im Sinne des KSVG ist nach § 2 KSVG, wer Musik, darstellende oder bildende Kunst schafft, ausübt oder lehrt. Publizist ist, wer als Schriftsteller, Journalist oder in anderer Weise publizistisch tätig ist oder Publizistik lehrt.
32 
Die Klägerin ist nach ihren eigenen, im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten Aufstellungen in verschiedenen Bereichen beruflich tätig: sie ist publizistisch tätig, sie hat Auftritte auf Bühnen oder sonst vor Publikum und sie gibt Kurse in Tai Chi vor Personen, die von ihr lernen wollen. Bei einem aus mehreren Tätigkeitsbereichen zusammengesetzten gemischten Beruf, für den ein einheitliches Entgelt gezahlt wird, kann von einer künstlerischen Tätigkeit nur dann ausgegangen werden, wenn die künstlerischen Elemente das Gesamtbild der Tätigkeit prägen (BSGE 82,107). Die Versicherungspflicht nach dem KSVG richtet sich stets nach dem Schwerpunkt der beruflichen Tätigkeit (BSG Urt. v. 01.10.2009 - B 3 KS 2/08 R - Juris Rn 12).
33 
Zwischen den Beteiligten ist nicht weiter streitig, dass die Klägerin mit dem Verfassen von Büchern wie „Thai Chi für Kinder“, „Thai Chi für Senioren“ und „Thai Chi und Qi Gong in der Schwangerschaft“ sowie als Autorin der Audio CD „Thai Chi für Kinder“ publizistisch im Sinne von § 2 Satz 2 KSVG tätig ist. Dies gilt auch für verschiedene von ihr verfasste Aufsätze in Fachzeitschriften sowie für die von ihr gehaltenen Lesungen. Beispielsweise seien insoweit erwähnt die Abrechnung des L. Verlags vom 19.11.2008 über einen Aufsatz in der Zeitschrift „Sportpraxis“ 10/08 (Bl. 24 Verw. Akte), die St.-Lesung vom 23.11.2012 in der H. (Bl. 50 LSG-Akte) oder die Rechnung über „bewegte Lesungen“ am 27.09.2010 (Bl. 18 SG-Akte).
34 
Um ein künstlerische Tätigkeit im Bereich der darstellenden Kunst handelt es sich, soweit die Klägerin selbst auf der Bühne steht und Darbietungen vor einem Publikum erbringt. In diesen Fällen übt sie eine Tätigkeit aus, die der einer Schauspielerin bzw. Balletttänzerin ähnelt und die sich dabei in einem künstlerischen Umfeld bewegt (vgl. dazu BSG, Urteil vom 25.11.2010 - B 3 KS 1/10 R - Juris Rn. 20). Hierzu gehören etwa ihre Auftritte im Rahmen der Veranstaltung „mit Goethe auf Sizilien“, das interaktive Theater mit fünf Akteuren anlässlich des Kinderturnkongresses des Sportinstituts der Universität K. (Bl. 22 Verwaltungsakte), auf der Aktionsbühne des Radio F., die Mitwirkung im Theater am Bahnhof in R. (Bl. 77/78 Verwaltungsakte), bei der Vernissage im Rathaus am 09.05.2007 (Bl. 97 Verwaltungsakte) oder ihre Tanzvorführungen in der Weinstube s’ H.
35 
Keine künstlerische Tätigkeit übt die Klägerin demgegenüber mit dem Abhalten von Kursen in Thai Chi sowie einer Unterrichtstätigkeit an einer Sportschule, dem Durchführen von Ausbildungsreihen, Seminaren und Workshops aus.
36 
In § 2 Satz 1 KSVG werden drei Bereiche künstlerischer Tätigkeit jeweils in den Spielarten des Schaffens, Ausübens und Lehrens umschrieben, nämlich die Musik sowie die bildende und die darstellende Kunst. Eine weitergehende Festlegung, was darunter im Einzelnen zu verstehen ist, ist im Hinblick auf Vielfalt, Komplexität und Dynamik der Erscheinungsform künstlerischer Betätigungsfelder nicht erfolgt. Der Gesetzgeber hat sich in den Materialien allerdings auf einen Bericht der Bundesregierung über die wirtschaftliche und soziale Lage der künstlerischen Berufe (Künstlerbericht) aus dem Jahr 1975 bezogen (BT - Drucksache 7/3071). In dem dort genannten „Tätigkeitskatalog künstlerischer/publizistischer Tätigkeiten“ ist die Ausübung von Thai Chi nicht erwähnt. Dies spricht nach ständiger Rechtsprechung des BSG (zuletzt Urt. v. 01.10.2009 - B 3 KS 2/08 R) jedoch nicht zwangsläufig gegen die Qualifizierung der Tätigkeit als künstlerisch, denn dies würde der Vielfalt und Dynamik in der Entwicklung künstlerischer und/oder publizistischer Berufstätigkeit widersprechen. Im Bereich der darstellenden Kunst - die Bereiche Musik und bildenden Kunst sind im vorliegenden Fall ersichtlich nicht betroffen - findet sich als Einordnungshilfe nur der Katalogberuf des „Balletttänzers“. Mit diesem Beruf ist die Tätigkeit der Klägerin bei der Durchführung von Kursen, Seminaren, Workshops und Ausbildungsreihen nicht vergleichbar.
37 
Der Beruf des Balletttänzers ist ein teilweise landesrechtlich geregelter schulischer Ausbildungsberuf, der insbesondere an Ballettschulen und -akademien, an Schulen für Bühnentanz und solchen für darstellende Künste angeboten wird. Traditionelle Aufgabe des Balletttänzers ist es, Tanzrollen in Ballettinszenierungen zu gestalten, zu reproduzieren, zu interpretieren und auszuführen (BSG Urt. v. 01.10.2009 - B 3 KS 3/08 R - Juris Rn 16). Soweit die Klägerin Kurse in Thai Chi durchführt, ähnelt ihre Tätigkeit indes nicht der eines Ausbilders für Balletttänzer. Ein Unterricht stellt „Lehre von Kunst“ im Sinne des Künstlersozialversicherungsrechts dann dar, wenn den Teilnehmern vorrangig Fähigkeiten und Fertigkeiten zur eigenständigen aktiven Ausübung künstlerischer Betätigungen vermittelt werden. Ein Unterricht mit künstlerischen Elementen gehört nicht zu den vom KSVG erfassten Lehrtätigkeiten, wenn er in erster Linie pädagogischen oder therapeutischen Zielen dient, was z.B. bei Musiktherapie, Tanztherapie, Mal- und Zeichentherapie der Fall ist (BSG, Urteil vom 01.10.2009 - B 3 KS 3/08 R unter teilweiser Aufgabe von BSG vom 14.12.1994 - 3/12 RK 80/92 sowie vom 14.12.1994 - 3/12 RK 62/93). Umgekehrt kann eine künstlerische Tätigkeit nur dann angenommen werden, wenn die Lehre, also der praktische und theoretische Unterricht, darauf gerichtet sind, dem Lernenden die Fähigkeiten und Fertigkeiten beizubringen, die erforderlich sind, um selbst zur Schaffung und Ausübung künstlerischer Darbietungen und Werke in der Lage zu sein (BSG, Urteil vom 01.10.2009 - B 3 KS 2/08 R, Juris Rn. 15).
38 
Die Klägerin verfolgt mit ihrem Unterricht in Thai Chi nicht das Ziel, ihre Teilnehmer zu eigenen künstlerischen Auftritten zu befähigen.
39 
„Tai Chi Chuan ist eine Bewegungsform aus dem alten Ch., deren Ursprung in der Kampfkunst liegt, wobei dieser Kampfaspekt heute in den Hintergrund getreten ist. Die langsamen, harmonischen Bewegungen steigern das Wohlbefinden. Koordination, Körperhaltung, Gleichgewicht, Atmung und Immunsystem werden verbessert. Verspannungen, Gelenkbeschwerden, Nervosität und Blutdruckprobleme erfahren eine Linderung.“ Mit diesen Worten preist die Klägerin in ihrem dem SG vorgelegten Prospekt (Bl. 12 SG-Akte) Thai Chi an. Thai Chi für Senioren wird von ihr als ideale Bewegungsform für Menschen beschrieben, die gesund älter werden wollen. Ziel sei der Erhalt der Beweglichkeit oder das Erlangen einer neuen Beweglichkeit. Neben der körperlichen erfolge auch eine geistige Regeneration, mithin eine Verbesserung der Lebensqualität. Thai Chi für Kinder soll die sportlichen und sozialen Grundkompetenzen sowie die Kreativität der Kinder stärken. Durch Ruherituale und Fantasiereisen werden die Kinder spielerisch zum gemeinsamen Lernen ermutigt. Insgesamt soll durch Thai Chi dem Leben mehr Jahre und den Jahren mehr Leben gegeben werden.
40 
Bei den Thai Chi Kursen der Klägerin werden Bewegungen, Bewegungsabläufe und Bewegungsmuster entsprechend den Lehren des Thai Chi unter Verwendung geeigneter Musik und variabler Choreographien vermittelt. Soweit die Klägerin im Erörterungstermin gegenüber dem Sozialgericht angegeben hat, sie habe das klassische Thai Chi weiterentwickelt, handelt es sich dabei um von ihr verwendete Besonderheiten im Bereich der Musik bzw. der Choreographien, die sie auf die Fähigkeiten ihrer Lehrgangsteilnehmer (Senioren, Kinder, Erzieherinnen) abstellt. Wie aus dem eingangs zitierten Prospekt aber zu entnehmen ist, verbleibt es im Wesentlichen bei den grundsätzlichen Zielen des Thai Chi. Auch von der Ausübungsform handelt es sich nicht um eine künstlerische Tätigkeit. Die Klägerin wird vielmehr tätig wie eine Gymnastiklehrerin, die vor der Gruppe steht und den zu Unterrichtenden die einzelnen Übungen vorführt, die diese sodann nachmachen. Insoweit unterscheidet sich ihre Lehrtätigkeit als „Vorturnerin“ kaum von der Tätigkeit anderer Gymnastiklehrerinnen, die gymnastische Übungen, abgestellt auf die Fähigkeiten der Kursteilnehmer, vorführen und dadurch die Kursteilnehmer in bestimmter Weise bewegen wollen. Dem entsprechen im Übrigen auch die Orte, an denen die Übungen durchgeführt werden. Es sind dies nach den eigenen Angaben der Klägerin Schulen, Räume von Vereinen sowie Sportstudios (vgl. Bl. 10 SG-Akte).
41 
Soweit die Klägerin im gerichtlichen Verfahren geltend gemacht hat, bei den durchgeführten Kursen betrage der künstlerische Anteil zumindest bei den Fortgeschrittenen mindestens die Hälfte der Zeit, vermag der Senat dies so nicht nachzuvollziehen. Auf dem Flyer „Das Bewegungsweltteam“ beschreibt die Klägerin Thai Chi als praktische Übungen für mehr Lebensqualität und Beweglichkeit (Bl. 27 Verwaltungsakte), in dem Artikel vom November 2009 (Bl. 55 Verwaltungsakte) hebt die Klägerin selbst darauf ab, dass Kinder in dem Bereich Gesundheitssport, Körperwahrnehmungs- und Ruheübungen sowie kreativen Spielen Dinge ausprobieren und Spaß haben sollen. Für Senioren stellt sie die Verbesserung des Gleichgewichts und die Sturzprophylaxe an erste Stelle. Im Bericht über den Workshop „Kinder bewegen“ werden persönliche Erfahrungen zum Thema Bewegung, Entspannung und Köperbewusstsein hervorgehoben. Der Zeitungsartikel über ihre Tätigkeit an der Hieber-Schule in U. benennt das Training von Koordination und Konzentration, Wachsamkeit und schnelle Reaktion als Ausbildungsziel. An anderer Stelle (Bl. 93 Verwaltungsakte) wird Thai Chi im Zusammenhang mit der Verbesserung von Körperwahrnehmung und Sozialverhalten dargestellt. Ihre Tätigkeit bei Workshops für Erzieherinnen der D. Akademie D. wird als Leiterin eines Arbeitskreises angegeben. Schließlich zeigt der Kurs „Schattenboxen mit Poesie“ (Bl. 44 LSG-Akte) vom 24.07.2012 die Klägerin in der typischen Situation einer Kursleiterin, deren Bewegungen von den anderen Kursteilnehmern nachgeahmt werden.
42 
Dass für die Klägerin selbst die künstlerischen Ausprägung ihres Unterrichts im Vordergrund steht, ist rechtlich nicht maßgeblich. Für die Abgrenzung von Sport und Kunst ist nicht entscheidend, dass der Ausführende selbst sich als Künstler definiert. Maßgebend ist allein, ob die entsprechenden Darbietungen dem Bereich des Sports oder dem Bereich der Kunst zuzuordnen sind (BSG Urt. v. 16.04.1998 - B 3 KR 7/97 R). Soweit das BSG in der Vergangenheit eine hiervon abweichende Rechtsauffassung vertreten hat (etwa BSG v. 14.12.1994 - 3/12 RK 80/92 - Eurythmielehrerein - oder vom 14.12.1994 - 3/12 RK 62/93 - Lehrerin für afrikanische Tänze), hat es diese Rechtsprechung ausdrücklich aufgegeben (vgl. Urt. v. 01.10.2009 - B 3 KS 2/08 R Juris Rn 17 und BSG Urt. v. 01.10.2009 -B 3 KS 3/08 R - Juris Rn 22). Ein Unterricht mit künstlerischen Elementen gehört nicht zu den vom KSVG erfassten Lehrtätigkeiten, wenn er in erster Linie pädagogischen oder therapeutischen Zielen dient (BSG Urt. v. 01.10.2009 - B 3 KS 3/08 R).
43 
Nach Auffassung des Senats kann die Tätigkeit der Klägerin entgegen ihrem eigenen Vorbringen hinsichtlich der gehaltenen Kurse aber auch hinsichtlich des Blockunterrichts an der Sportschule, der Ausbildungsreihe an einer Sportschule sowie der von ihr gehaltenen Seminare und Workshops insgesamt nicht als künstlerische Tätigkeit qualifiziert werden. Tai Chi ist eine Bewegungslehre, die auf das Innere der Kursteilnehmer zielt, auf ihr psychisches und physisches Wohlbefinden; demgegenüber steht die optische Wirkung auf einen außenstehenden Betrachter nicht im Vordergrund. Die von der Klägerin hervorgehobenen künstlerischen Aspekte dienen lediglich der besseren Vermittlung des Thai Chi und einer Steigerung der gesundheitlichen Ziele des Thai Chi für die körperliche und seelische Verfassung der Teilnehmer. Bei der Abhaltung von Kursen sowie ihrer Unterrichtstätigkeit im Bereich Sportschule, Ausbildungsreihen, Seminare und Workshops wird sie als Ausbilderin tätig, vergleichbar einer Ausbilderin für spezielle Gymnastik. Dabei liegt der Schwerpunkt auf der pädagogischen Wissensvermittlung bzw. der Gesundheitsförderung im weitesten Sinn. Die Ausbildung dient aber nicht dazu, die Ausbildendenden zu befähigen, ihrerseits künstlerisch in der Öffentlichkeit tätig zu sein. Damit unterfällt die Klägerin mit diesen Tätigkeiten aber nicht den Vorschriften von §§ 1 und 2 KSVG.
44 
Diese Tätigkeiten bilden jedoch den Schwerpunkt ihrer Tätigkeit. Hierauf ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG abzustellen (BSG, Urteil vom 07.12.2006 - B 3 KR 11/06 R - juris Rn. 15 sowie BSG, Urteil vom 01.10.2009 - B 3 KS 3/08 R - juris Rn. 12). Die unstreitig publizistische Tätigkeit der Klägerin durch das Verfassen von Büchern, durch Publikationen und Artikel, dem Halten von Vorträgen und die künstlerische Tätigkeit auf der Bühne durch Theaterveranstaltungen, Lesungen sowie Performance-Veranstaltungen umfasst demgegenüber nur einen kleineren Teil ihrer beruflichen Tätigkeit.
45 
Dies ergibt sich aus den eigenen Aufstellungen der Klägerin gegenüber dem SG. Die Angaben der Klägerin im Verwaltungsverfahren, ihre Tätigkeit für Thai Chi Unterricht umfasse nur 30 % ihrer Gesamtarbeit, wohingegen 35 % auf ihre publizistische und weitere 35 % auf choreographische und Theatertätigkeit entfallen würden, erweisen sich damit als nicht zutreffend. Wie sich aus den im Tatbestand wiedergegebenen Aufstellungen ergibt, überwiegt die Kurstätigkeit rein zeitmäßig in den hier vorgelegten Jahren 2009 bis 2011 mit 50 %, 52 % und 52,7 % die anderen Tätigkeitsbereiche deutlich. Stellt man auf die finanzielle Seite ab, werden mehr als 60 bzw. 70 % ihrer Einnahmen (2011 sogar 78 %) vom Kurssektor abgedeckt. Hinzu kommen die Tätigkeiten im Blockunterricht, die Ausbildungsreihen und Seminare mit weiteren 11 %. Damit überwiegen die nicht-künstlerischen Tätigkeiten mit über 60 % die als künstlerisch anzusehenden Tätigkeiten der Klägerin deutlich. Auf publizistische und künstlerische Tätigkeit entfallen im Jahr 2009 lediglich 37,78 %, 2010 35,27 % und 2011 36,12 % der aufgewendeten Zeit bzw. 13,14% (2009), 10,10% (2010) und 12,63 % (2011) ihres Jahreseinkommens.
46 
Der Senat hat bei dieser Wertung die Eigenangaben der Klägerin gegenüber dem SG zugrunde gelegt, insbesondere die von der Klägerin selbst vorgenommene Zusammenrechnung der Unterrichtsstunden für die einzelnen Tätigkeitsarten. Insbesondere für das Jahr 2011 ergibt allerdings die Nachrechnung, dass die von der Klägerin angegebenen Summen größer sind als die im Einzelnen benannten Stunden. Der Senat sieht insofern keinen Widerspruch und hält die einzelnen Stundenangaben für exemplarisch. Geht man aber von den von der Klägerin selbst zusammenfassend genannten Stundenzahlen aus, ergibt sich eindeutig ein Übergewicht der nicht-künstlerischen Tätigkeit. Dass eine deutliche Verschiebung zwischen den drei Tätigkeitsbereichen in den Folgejahren eingetreten ist, ist nicht vorgetragen und bei der über drei Jahre hinweg weitgehend stabilen Verteilung der Arbeitskraft auf die jeweiligen Bereiche auch nicht anzunehmen.
47 
Bei dieser Sachlage unterliegt die Klägerin nicht der Sozialversicherungspflicht in der Künstlersozialversicherung. Das Urteil des SG kann insoweit keinen Bestand haben. Vielmehr erweisen sich die angefochtenen Bescheide der Beklagten als rechtmäßig.
48 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
49 
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Gründe

 
29 
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist gemäß § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft. Der Rechtsstreit geht um das Vorliegen von Versicherungspflicht in einem speziellen Zweig der Krankenversicherung und wird damit von den Berufungsausschlussgründen des § 144 SGG nicht erfasst (vgl. dazu BSG, Beschluss vom 25.07.2002 - B 10 LW 6/02 B).
30 
Die Berufung der Beklagten ist auch begründet. Die Klägerin ist nicht überwiegend künstlerisch oder publizistisch im Sinne von § 1 und 2 KSVG tätig. Sie unterliegt damit nicht der Versicherungspflicht nach diesem Gesetz.
31 
Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KSVG werden selbständige Künstler und Publizisten in der Rentenversicherung der Angestellten, in der gesetzlichen Krankenversicherung und in der sozialen Pflegeversicherung versichert, wenn sie die künstlerische oder publizistische Tätigkeit erwerbsmäßig und nicht nur vorübergehend ausüben. Künstler im Sinne des KSVG ist nach § 2 KSVG, wer Musik, darstellende oder bildende Kunst schafft, ausübt oder lehrt. Publizist ist, wer als Schriftsteller, Journalist oder in anderer Weise publizistisch tätig ist oder Publizistik lehrt.
32 
Die Klägerin ist nach ihren eigenen, im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten Aufstellungen in verschiedenen Bereichen beruflich tätig: sie ist publizistisch tätig, sie hat Auftritte auf Bühnen oder sonst vor Publikum und sie gibt Kurse in Tai Chi vor Personen, die von ihr lernen wollen. Bei einem aus mehreren Tätigkeitsbereichen zusammengesetzten gemischten Beruf, für den ein einheitliches Entgelt gezahlt wird, kann von einer künstlerischen Tätigkeit nur dann ausgegangen werden, wenn die künstlerischen Elemente das Gesamtbild der Tätigkeit prägen (BSGE 82,107). Die Versicherungspflicht nach dem KSVG richtet sich stets nach dem Schwerpunkt der beruflichen Tätigkeit (BSG Urt. v. 01.10.2009 - B 3 KS 2/08 R - Juris Rn 12).
33 
Zwischen den Beteiligten ist nicht weiter streitig, dass die Klägerin mit dem Verfassen von Büchern wie „Thai Chi für Kinder“, „Thai Chi für Senioren“ und „Thai Chi und Qi Gong in der Schwangerschaft“ sowie als Autorin der Audio CD „Thai Chi für Kinder“ publizistisch im Sinne von § 2 Satz 2 KSVG tätig ist. Dies gilt auch für verschiedene von ihr verfasste Aufsätze in Fachzeitschriften sowie für die von ihr gehaltenen Lesungen. Beispielsweise seien insoweit erwähnt die Abrechnung des L. Verlags vom 19.11.2008 über einen Aufsatz in der Zeitschrift „Sportpraxis“ 10/08 (Bl. 24 Verw. Akte), die St.-Lesung vom 23.11.2012 in der H. (Bl. 50 LSG-Akte) oder die Rechnung über „bewegte Lesungen“ am 27.09.2010 (Bl. 18 SG-Akte).
34 
Um ein künstlerische Tätigkeit im Bereich der darstellenden Kunst handelt es sich, soweit die Klägerin selbst auf der Bühne steht und Darbietungen vor einem Publikum erbringt. In diesen Fällen übt sie eine Tätigkeit aus, die der einer Schauspielerin bzw. Balletttänzerin ähnelt und die sich dabei in einem künstlerischen Umfeld bewegt (vgl. dazu BSG, Urteil vom 25.11.2010 - B 3 KS 1/10 R - Juris Rn. 20). Hierzu gehören etwa ihre Auftritte im Rahmen der Veranstaltung „mit Goethe auf Sizilien“, das interaktive Theater mit fünf Akteuren anlässlich des Kinderturnkongresses des Sportinstituts der Universität K. (Bl. 22 Verwaltungsakte), auf der Aktionsbühne des Radio F., die Mitwirkung im Theater am Bahnhof in R. (Bl. 77/78 Verwaltungsakte), bei der Vernissage im Rathaus am 09.05.2007 (Bl. 97 Verwaltungsakte) oder ihre Tanzvorführungen in der Weinstube s’ H.
35 
Keine künstlerische Tätigkeit übt die Klägerin demgegenüber mit dem Abhalten von Kursen in Thai Chi sowie einer Unterrichtstätigkeit an einer Sportschule, dem Durchführen von Ausbildungsreihen, Seminaren und Workshops aus.
36 
In § 2 Satz 1 KSVG werden drei Bereiche künstlerischer Tätigkeit jeweils in den Spielarten des Schaffens, Ausübens und Lehrens umschrieben, nämlich die Musik sowie die bildende und die darstellende Kunst. Eine weitergehende Festlegung, was darunter im Einzelnen zu verstehen ist, ist im Hinblick auf Vielfalt, Komplexität und Dynamik der Erscheinungsform künstlerischer Betätigungsfelder nicht erfolgt. Der Gesetzgeber hat sich in den Materialien allerdings auf einen Bericht der Bundesregierung über die wirtschaftliche und soziale Lage der künstlerischen Berufe (Künstlerbericht) aus dem Jahr 1975 bezogen (BT - Drucksache 7/3071). In dem dort genannten „Tätigkeitskatalog künstlerischer/publizistischer Tätigkeiten“ ist die Ausübung von Thai Chi nicht erwähnt. Dies spricht nach ständiger Rechtsprechung des BSG (zuletzt Urt. v. 01.10.2009 - B 3 KS 2/08 R) jedoch nicht zwangsläufig gegen die Qualifizierung der Tätigkeit als künstlerisch, denn dies würde der Vielfalt und Dynamik in der Entwicklung künstlerischer und/oder publizistischer Berufstätigkeit widersprechen. Im Bereich der darstellenden Kunst - die Bereiche Musik und bildenden Kunst sind im vorliegenden Fall ersichtlich nicht betroffen - findet sich als Einordnungshilfe nur der Katalogberuf des „Balletttänzers“. Mit diesem Beruf ist die Tätigkeit der Klägerin bei der Durchführung von Kursen, Seminaren, Workshops und Ausbildungsreihen nicht vergleichbar.
37 
Der Beruf des Balletttänzers ist ein teilweise landesrechtlich geregelter schulischer Ausbildungsberuf, der insbesondere an Ballettschulen und -akademien, an Schulen für Bühnentanz und solchen für darstellende Künste angeboten wird. Traditionelle Aufgabe des Balletttänzers ist es, Tanzrollen in Ballettinszenierungen zu gestalten, zu reproduzieren, zu interpretieren und auszuführen (BSG Urt. v. 01.10.2009 - B 3 KS 3/08 R - Juris Rn 16). Soweit die Klägerin Kurse in Thai Chi durchführt, ähnelt ihre Tätigkeit indes nicht der eines Ausbilders für Balletttänzer. Ein Unterricht stellt „Lehre von Kunst“ im Sinne des Künstlersozialversicherungsrechts dann dar, wenn den Teilnehmern vorrangig Fähigkeiten und Fertigkeiten zur eigenständigen aktiven Ausübung künstlerischer Betätigungen vermittelt werden. Ein Unterricht mit künstlerischen Elementen gehört nicht zu den vom KSVG erfassten Lehrtätigkeiten, wenn er in erster Linie pädagogischen oder therapeutischen Zielen dient, was z.B. bei Musiktherapie, Tanztherapie, Mal- und Zeichentherapie der Fall ist (BSG, Urteil vom 01.10.2009 - B 3 KS 3/08 R unter teilweiser Aufgabe von BSG vom 14.12.1994 - 3/12 RK 80/92 sowie vom 14.12.1994 - 3/12 RK 62/93). Umgekehrt kann eine künstlerische Tätigkeit nur dann angenommen werden, wenn die Lehre, also der praktische und theoretische Unterricht, darauf gerichtet sind, dem Lernenden die Fähigkeiten und Fertigkeiten beizubringen, die erforderlich sind, um selbst zur Schaffung und Ausübung künstlerischer Darbietungen und Werke in der Lage zu sein (BSG, Urteil vom 01.10.2009 - B 3 KS 2/08 R, Juris Rn. 15).
38 
Die Klägerin verfolgt mit ihrem Unterricht in Thai Chi nicht das Ziel, ihre Teilnehmer zu eigenen künstlerischen Auftritten zu befähigen.
39 
„Tai Chi Chuan ist eine Bewegungsform aus dem alten Ch., deren Ursprung in der Kampfkunst liegt, wobei dieser Kampfaspekt heute in den Hintergrund getreten ist. Die langsamen, harmonischen Bewegungen steigern das Wohlbefinden. Koordination, Körperhaltung, Gleichgewicht, Atmung und Immunsystem werden verbessert. Verspannungen, Gelenkbeschwerden, Nervosität und Blutdruckprobleme erfahren eine Linderung.“ Mit diesen Worten preist die Klägerin in ihrem dem SG vorgelegten Prospekt (Bl. 12 SG-Akte) Thai Chi an. Thai Chi für Senioren wird von ihr als ideale Bewegungsform für Menschen beschrieben, die gesund älter werden wollen. Ziel sei der Erhalt der Beweglichkeit oder das Erlangen einer neuen Beweglichkeit. Neben der körperlichen erfolge auch eine geistige Regeneration, mithin eine Verbesserung der Lebensqualität. Thai Chi für Kinder soll die sportlichen und sozialen Grundkompetenzen sowie die Kreativität der Kinder stärken. Durch Ruherituale und Fantasiereisen werden die Kinder spielerisch zum gemeinsamen Lernen ermutigt. Insgesamt soll durch Thai Chi dem Leben mehr Jahre und den Jahren mehr Leben gegeben werden.
40 
Bei den Thai Chi Kursen der Klägerin werden Bewegungen, Bewegungsabläufe und Bewegungsmuster entsprechend den Lehren des Thai Chi unter Verwendung geeigneter Musik und variabler Choreographien vermittelt. Soweit die Klägerin im Erörterungstermin gegenüber dem Sozialgericht angegeben hat, sie habe das klassische Thai Chi weiterentwickelt, handelt es sich dabei um von ihr verwendete Besonderheiten im Bereich der Musik bzw. der Choreographien, die sie auf die Fähigkeiten ihrer Lehrgangsteilnehmer (Senioren, Kinder, Erzieherinnen) abstellt. Wie aus dem eingangs zitierten Prospekt aber zu entnehmen ist, verbleibt es im Wesentlichen bei den grundsätzlichen Zielen des Thai Chi. Auch von der Ausübungsform handelt es sich nicht um eine künstlerische Tätigkeit. Die Klägerin wird vielmehr tätig wie eine Gymnastiklehrerin, die vor der Gruppe steht und den zu Unterrichtenden die einzelnen Übungen vorführt, die diese sodann nachmachen. Insoweit unterscheidet sich ihre Lehrtätigkeit als „Vorturnerin“ kaum von der Tätigkeit anderer Gymnastiklehrerinnen, die gymnastische Übungen, abgestellt auf die Fähigkeiten der Kursteilnehmer, vorführen und dadurch die Kursteilnehmer in bestimmter Weise bewegen wollen. Dem entsprechen im Übrigen auch die Orte, an denen die Übungen durchgeführt werden. Es sind dies nach den eigenen Angaben der Klägerin Schulen, Räume von Vereinen sowie Sportstudios (vgl. Bl. 10 SG-Akte).
41 
Soweit die Klägerin im gerichtlichen Verfahren geltend gemacht hat, bei den durchgeführten Kursen betrage der künstlerische Anteil zumindest bei den Fortgeschrittenen mindestens die Hälfte der Zeit, vermag der Senat dies so nicht nachzuvollziehen. Auf dem Flyer „Das Bewegungsweltteam“ beschreibt die Klägerin Thai Chi als praktische Übungen für mehr Lebensqualität und Beweglichkeit (Bl. 27 Verwaltungsakte), in dem Artikel vom November 2009 (Bl. 55 Verwaltungsakte) hebt die Klägerin selbst darauf ab, dass Kinder in dem Bereich Gesundheitssport, Körperwahrnehmungs- und Ruheübungen sowie kreativen Spielen Dinge ausprobieren und Spaß haben sollen. Für Senioren stellt sie die Verbesserung des Gleichgewichts und die Sturzprophylaxe an erste Stelle. Im Bericht über den Workshop „Kinder bewegen“ werden persönliche Erfahrungen zum Thema Bewegung, Entspannung und Köperbewusstsein hervorgehoben. Der Zeitungsartikel über ihre Tätigkeit an der Hieber-Schule in U. benennt das Training von Koordination und Konzentration, Wachsamkeit und schnelle Reaktion als Ausbildungsziel. An anderer Stelle (Bl. 93 Verwaltungsakte) wird Thai Chi im Zusammenhang mit der Verbesserung von Körperwahrnehmung und Sozialverhalten dargestellt. Ihre Tätigkeit bei Workshops für Erzieherinnen der D. Akademie D. wird als Leiterin eines Arbeitskreises angegeben. Schließlich zeigt der Kurs „Schattenboxen mit Poesie“ (Bl. 44 LSG-Akte) vom 24.07.2012 die Klägerin in der typischen Situation einer Kursleiterin, deren Bewegungen von den anderen Kursteilnehmern nachgeahmt werden.
42 
Dass für die Klägerin selbst die künstlerischen Ausprägung ihres Unterrichts im Vordergrund steht, ist rechtlich nicht maßgeblich. Für die Abgrenzung von Sport und Kunst ist nicht entscheidend, dass der Ausführende selbst sich als Künstler definiert. Maßgebend ist allein, ob die entsprechenden Darbietungen dem Bereich des Sports oder dem Bereich der Kunst zuzuordnen sind (BSG Urt. v. 16.04.1998 - B 3 KR 7/97 R). Soweit das BSG in der Vergangenheit eine hiervon abweichende Rechtsauffassung vertreten hat (etwa BSG v. 14.12.1994 - 3/12 RK 80/92 - Eurythmielehrerein - oder vom 14.12.1994 - 3/12 RK 62/93 - Lehrerin für afrikanische Tänze), hat es diese Rechtsprechung ausdrücklich aufgegeben (vgl. Urt. v. 01.10.2009 - B 3 KS 2/08 R Juris Rn 17 und BSG Urt. v. 01.10.2009 -B 3 KS 3/08 R - Juris Rn 22). Ein Unterricht mit künstlerischen Elementen gehört nicht zu den vom KSVG erfassten Lehrtätigkeiten, wenn er in erster Linie pädagogischen oder therapeutischen Zielen dient (BSG Urt. v. 01.10.2009 - B 3 KS 3/08 R).
43 
Nach Auffassung des Senats kann die Tätigkeit der Klägerin entgegen ihrem eigenen Vorbringen hinsichtlich der gehaltenen Kurse aber auch hinsichtlich des Blockunterrichts an der Sportschule, der Ausbildungsreihe an einer Sportschule sowie der von ihr gehaltenen Seminare und Workshops insgesamt nicht als künstlerische Tätigkeit qualifiziert werden. Tai Chi ist eine Bewegungslehre, die auf das Innere der Kursteilnehmer zielt, auf ihr psychisches und physisches Wohlbefinden; demgegenüber steht die optische Wirkung auf einen außenstehenden Betrachter nicht im Vordergrund. Die von der Klägerin hervorgehobenen künstlerischen Aspekte dienen lediglich der besseren Vermittlung des Thai Chi und einer Steigerung der gesundheitlichen Ziele des Thai Chi für die körperliche und seelische Verfassung der Teilnehmer. Bei der Abhaltung von Kursen sowie ihrer Unterrichtstätigkeit im Bereich Sportschule, Ausbildungsreihen, Seminare und Workshops wird sie als Ausbilderin tätig, vergleichbar einer Ausbilderin für spezielle Gymnastik. Dabei liegt der Schwerpunkt auf der pädagogischen Wissensvermittlung bzw. der Gesundheitsförderung im weitesten Sinn. Die Ausbildung dient aber nicht dazu, die Ausbildendenden zu befähigen, ihrerseits künstlerisch in der Öffentlichkeit tätig zu sein. Damit unterfällt die Klägerin mit diesen Tätigkeiten aber nicht den Vorschriften von §§ 1 und 2 KSVG.
44 
Diese Tätigkeiten bilden jedoch den Schwerpunkt ihrer Tätigkeit. Hierauf ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG abzustellen (BSG, Urteil vom 07.12.2006 - B 3 KR 11/06 R - juris Rn. 15 sowie BSG, Urteil vom 01.10.2009 - B 3 KS 3/08 R - juris Rn. 12). Die unstreitig publizistische Tätigkeit der Klägerin durch das Verfassen von Büchern, durch Publikationen und Artikel, dem Halten von Vorträgen und die künstlerische Tätigkeit auf der Bühne durch Theaterveranstaltungen, Lesungen sowie Performance-Veranstaltungen umfasst demgegenüber nur einen kleineren Teil ihrer beruflichen Tätigkeit.
45 
Dies ergibt sich aus den eigenen Aufstellungen der Klägerin gegenüber dem SG. Die Angaben der Klägerin im Verwaltungsverfahren, ihre Tätigkeit für Thai Chi Unterricht umfasse nur 30 % ihrer Gesamtarbeit, wohingegen 35 % auf ihre publizistische und weitere 35 % auf choreographische und Theatertätigkeit entfallen würden, erweisen sich damit als nicht zutreffend. Wie sich aus den im Tatbestand wiedergegebenen Aufstellungen ergibt, überwiegt die Kurstätigkeit rein zeitmäßig in den hier vorgelegten Jahren 2009 bis 2011 mit 50 %, 52 % und 52,7 % die anderen Tätigkeitsbereiche deutlich. Stellt man auf die finanzielle Seite ab, werden mehr als 60 bzw. 70 % ihrer Einnahmen (2011 sogar 78 %) vom Kurssektor abgedeckt. Hinzu kommen die Tätigkeiten im Blockunterricht, die Ausbildungsreihen und Seminare mit weiteren 11 %. Damit überwiegen die nicht-künstlerischen Tätigkeiten mit über 60 % die als künstlerisch anzusehenden Tätigkeiten der Klägerin deutlich. Auf publizistische und künstlerische Tätigkeit entfallen im Jahr 2009 lediglich 37,78 %, 2010 35,27 % und 2011 36,12 % der aufgewendeten Zeit bzw. 13,14% (2009), 10,10% (2010) und 12,63 % (2011) ihres Jahreseinkommens.
46 
Der Senat hat bei dieser Wertung die Eigenangaben der Klägerin gegenüber dem SG zugrunde gelegt, insbesondere die von der Klägerin selbst vorgenommene Zusammenrechnung der Unterrichtsstunden für die einzelnen Tätigkeitsarten. Insbesondere für das Jahr 2011 ergibt allerdings die Nachrechnung, dass die von der Klägerin angegebenen Summen größer sind als die im Einzelnen benannten Stunden. Der Senat sieht insofern keinen Widerspruch und hält die einzelnen Stundenangaben für exemplarisch. Geht man aber von den von der Klägerin selbst zusammenfassend genannten Stundenzahlen aus, ergibt sich eindeutig ein Übergewicht der nicht-künstlerischen Tätigkeit. Dass eine deutliche Verschiebung zwischen den drei Tätigkeitsbereichen in den Folgejahren eingetreten ist, ist nicht vorgetragen und bei der über drei Jahre hinweg weitgehend stabilen Verteilung der Arbeitskraft auf die jeweiligen Bereiche auch nicht anzunehmen.
47 
Bei dieser Sachlage unterliegt die Klägerin nicht der Sozialversicherungspflicht in der Künstlersozialversicherung. Das Urteil des SG kann insoweit keinen Bestand haben. Vielmehr erweisen sich die angefochtenen Bescheide der Beklagten als rechtmäßig.
48 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
49 
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 30. Juli 2014 - L 5 KR 1002/12

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Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 30. Juli 2014 - L 5 KR 1002/12 zitiert 8 §§.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 144


(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 1. bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hier

Künstlersozialversicherungsgesetz - KSVG | § 2


Künstler im Sinne dieses Gesetzes ist, wer Musik, darstellende oder bildende Kunst schafft, ausübt oder lehrt. Publizist im Sinne dieses Gesetzes ist, wer als Schriftsteller, Journalist oder in ähnlicher Weise publizistisch tätig ist oder Publizistik

Künstlersozialversicherungsgesetz - KSVG | § 1


Selbständige Künstler und Publizisten werden in der allgemeinen Rentenversicherung, in der gesetzlichen Krankenversicherung und in der sozialen Pflegeversicherung versichert, wenn sie 1. die künstlerische oder publizistische Tätigkeit erwerbsmäßig un

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Bundessozialgericht Urteil, 25. Nov. 2010 - B 3 KS 1/10 R

bei uns veröffentlicht am 25.11.2010

Tenor Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 26. Januar 2010 wird zurückgewiesen.

Referenzen

Selbständige Künstler und Publizisten werden in der allgemeinen Rentenversicherung, in der gesetzlichen Krankenversicherung und in der sozialen Pflegeversicherung versichert, wenn sie

1.
die künstlerische oder publizistische Tätigkeit erwerbsmäßig und nicht nur vorübergehend ausüben und
2.
im Zusammenhang mit der künstlerischen oder publizistischen Tätigkeit nicht mehr als einen Arbeitnehmer beschäftigen, es sei denn, die Beschäftigung erfolgt zur Berufsausbildung oder ist geringfügig im Sinne des § 8 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch.

Künstler im Sinne dieses Gesetzes ist, wer Musik, darstellende oder bildende Kunst schafft, ausübt oder lehrt. Publizist im Sinne dieses Gesetzes ist, wer als Schriftsteller, Journalist oder in ähnlicher Weise publizistisch tätig ist oder Publizistik lehrt.

Selbständige Künstler und Publizisten werden in der allgemeinen Rentenversicherung, in der gesetzlichen Krankenversicherung und in der sozialen Pflegeversicherung versichert, wenn sie

1.
die künstlerische oder publizistische Tätigkeit erwerbsmäßig und nicht nur vorübergehend ausüben und
2.
im Zusammenhang mit der künstlerischen oder publizistischen Tätigkeit nicht mehr als einen Arbeitnehmer beschäftigen, es sei denn, die Beschäftigung erfolgt zur Berufsausbildung oder ist geringfügig im Sinne des § 8 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

Selbständige Künstler und Publizisten werden in der allgemeinen Rentenversicherung, in der gesetzlichen Krankenversicherung und in der sozialen Pflegeversicherung versichert, wenn sie

1.
die künstlerische oder publizistische Tätigkeit erwerbsmäßig und nicht nur vorübergehend ausüben und
2.
im Zusammenhang mit der künstlerischen oder publizistischen Tätigkeit nicht mehr als einen Arbeitnehmer beschäftigen, es sei denn, die Beschäftigung erfolgt zur Berufsausbildung oder ist geringfügig im Sinne des § 8 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch.

Künstler im Sinne dieses Gesetzes ist, wer Musik, darstellende oder bildende Kunst schafft, ausübt oder lehrt. Publizist im Sinne dieses Gesetzes ist, wer als Schriftsteller, Journalist oder in ähnlicher Weise publizistisch tätig ist oder Publizistik lehrt.

Selbständige Künstler und Publizisten werden in der allgemeinen Rentenversicherung, in der gesetzlichen Krankenversicherung und in der sozialen Pflegeversicherung versichert, wenn sie

1.
die künstlerische oder publizistische Tätigkeit erwerbsmäßig und nicht nur vorübergehend ausüben und
2.
im Zusammenhang mit der künstlerischen oder publizistischen Tätigkeit nicht mehr als einen Arbeitnehmer beschäftigen, es sei denn, die Beschäftigung erfolgt zur Berufsausbildung oder ist geringfügig im Sinne des § 8 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch.

Künstler im Sinne dieses Gesetzes ist, wer Musik, darstellende oder bildende Kunst schafft, ausübt oder lehrt. Publizist im Sinne dieses Gesetzes ist, wer als Schriftsteller, Journalist oder in ähnlicher Weise publizistisch tätig ist oder Publizistik lehrt.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 26. Januar 2010 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 4484,70 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Es ist streitig, ob die von der klagenden Gesellschaft an zwei selbstständig tätige Werbefotografen gezahlten Vergütungen für Werbefotografien der Künstlersozialabgabe (KSA) nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) unterliegen.

2

Gegenstand des von der Klägerin seit 1974 betriebenen und am Markt als "Werkstatt für Werbung" (www.farbecht-werbung.de) auftretenden Unternehmens ist die "Herstellung und Vermittlung von Produkten der Druckvorstufe, wie Satz, Illustration, Gestaltung, Bildbearbeitung, Retusche, sowie die Vermittlung und Abwicklung von Drucksachen für Kunden". Seit dem Jahr 2004 erteilt sie dem Fotografenmeister L. (L) und der Fotografin P. (P) Aufträge für Werbefotografien, die sie zur Erfüllung von Aufträgen ihrer Kunden (zB die Gestaltung von Verpackungen für Unterwäsche) benötigt. L und P sind selbstständig tätig, betreiben Studios für Werbefotografie, befassen sich dabei zu einem erheblichen Teil (L) bzw ausschließlich (P) mit der Modefotografie und sind nicht selbst nach dem KSVG versichert. L ist Meister des Fotografenhandwerks und mit seinem Betrieb in der Handwerksrolle eingetragen. Die an L und P gezahlten Vergütungen für Werbefotografien beliefen sich 2004 auf insgesamt 4700 Euro, 2005 auf 28 700 Euro, 2006 auf 47 600 Euro und 2007 auf 41 800 Euro. Die Models sind gesondert bezahlt worden.

3

Aufgrund einer den Zeitraum von 2002 bis 2006 betreffenden Betriebsprüfung stellte die beklagte Trägerin der Rentenversicherung fest, die Klägerin unterliege der Abgabepflicht nach dem KSVG, weil sie ein Unternehmen betreibe, das sich mit der Werbung und Öffentlichkeitsarbeit für Dritte befasse (§ 24 Abs 1 Satz 1 Nr 7 KSVG)und regelmäßig selbstständige Künstler einschalte, um Aufträge ihrer Werbekunden zu erfüllen (§ 24 Abs 2 Satz 1 KSVG). Die KSA belaufe sich für die Jahre 2004 bis 2006 auf insgesamt 4484,70 Euro, weil Werbefotografien gattungsgemäß zur "bildenden Kunst" im Sinne des KSVG gehörten und die dafür gezahlten Vergütungen mit der KSA belegt seien. In die Bemessungsgrundlage (§ 25 KSVG) seien auch die in den Vergütungen von L und P enthaltenen Kostenanteile für die Fotoassistenten und die Aufnahmetechnik einzubeziehen (Bescheid vom 18.3.2008, Widerspruchsbescheid vom 30.7.2008).

4

Im Klageverfahren hat die Klägerin geltend gemacht, die Werbefotografie sei im Wesentlichen handwerklich geprägt und nur in Ausnahmefällen künstlerischer Natur. L und P seien nicht als Künstler anerkannt und erhöben für ihre Arbeit auch keinen künstlerischen Anspruch. Es fehle hier am kunsttypischen kreativen Gestaltungsspielraum, weil L und P an enge Vorgaben der Kunden gebunden seien. Die Aufträge hätten sich auf die naturgetreue Ablichtung der Objekte beschränkt. Außerdem seien mindestens 55,7 % der Vergütungen nicht eigentliches Honorar, sondern Kosten für Aufnahmetechnik und zusätzliches Personal, sodass im Falle des Bestehens einer grundsätzlichen KSA-Pflicht die festgelegte KSA-Schuld zu reduzieren sei.

5

Das SG hat der Klage stattgegeben und die angefochtenen Bescheide aufgehoben (Urteil vom 19.3.2009): L und P seien weder als Künstler noch als Publizisten im Sinne des KSVG anzusehen. Sie seien für die Klägerin zwar als Werbefotografen tätig geworden, hätten dabei aber die handwerkliche Fotografie nicht verlassen. Die Werbefotografie sei nur dann künstlerisch, wenn der Betroffene mit seinen Werken in Fachkreisen als Künstler anerkannt werde. Daran fehle es hier.

6

Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG die erstinstanzliche Entscheidung geändert und die Klage abgewiesen (Urteil vom 26.1.2010): Nach der Entstehungsgeschichte des KSVG sei die Werbefotografie in ihrer gesamten Bandbreite als Teil der "bildenden Kunst" iS des § 2 KSVG einzustufen. Eine Unterscheidung zwischen handwerklicher und künstlerischer Betätigung sei bei der Werbefotografie - anders als zB beim Kunsthandwerk - nicht vorzunehmen. Es komme allein darauf an, dass eine Fotografie zu Werbezwecken hergestellt werde.

7

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts (§§ 2, 24 und 25 KSVG). Nur die - hier nicht vorliegende - künstlerische Werbefotografie werde vom KSVG erfasst. Außerdem macht sie die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (§ 62 SGG) geltend, weil das LSG auf das Argument, die Kosten für die Aufnahmetechnik und die Assistenten seien bei der Bemessung der KSA auszuklammern, nicht eingegangen und die Höhe der festgelegten KSA als unstreitig behandelt habe.

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Die Klägerin beantragt,
das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 26.1.2010 zu ändern und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG Reutlingen vom 19.3.2009 zurückzuweisen.

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Die Beklagte verteidigt das Berufungsurteil und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

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Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das LSG hat zutreffend entschieden, dass die angefochtenen Bescheide der Beklagten rechtmäßig sind.

11

1. Die hier erhobene Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 SGG) ist die richtige Klageart, weil die Klägerin die ersatzlose Aufhebung des von der Beklagten erlassenen Bescheides vom 18.3.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.7.2008 begehrt. Diese Anfechtungsklage betrifft zwei voneinander zu unterscheidende Streitgegenstände. Die Beklagte hat in dem Bescheid vom 18.3.2008 mit dem ersten Verfügungssatz festgestellt, dass die Klägerin wegen des Betriebs eines "kunstvermarktenden" Unternehmens (§ 24 Abs 1 Satz 1 Nr 7 und Abs 2 Satz 1 KSVG) dem Grunde nach zur Abführung der KSA verpflichtet ist (Erfassungsbescheid). Mit dem zweiten Verfügungssatz ist die von der Klägerin für die Jahre 2004 bis 2006 zu entrichtende KSA auf 4484,70 Euro festgesetzt worden (Abgabebescheid). Es handelt sich also um einen kombinierten Verwaltungsakt (§ 31 SGB X), der hinsichtlich beider durch die Verfügungssätze gekennzeichneten Verwaltungsentscheidungen angefochten ist, weil die Klägerin die vollständige Aufhebung des Bescheides vom 18.3.2008 begehrt. Die darin liegende objektive Klagenhäufung ist nach § 56 SGG zulässig, weil sich die Begehren gegen dieselbe Beklagte richten, im Zusammenhang stehen und dasselbe Gericht zuständig ist. Der Annahme einer umfassenden Anfechtung des Bescheides steht auch nicht der Umstand entgegen, dass die Klägerin gemäß ihren Angaben im Erhebungsbogen vom 10.2.2008 ursprünglich selbst von einer grundsätzlichen Abgabepflicht nach § 24 Abs 1 Satz 1 Nr 7 KSVG ausgegangen ist. Sie hat im vorliegenden Rechtsstreit verdeutlicht, auch die Erfassungsentscheidung anfechten zu wollen, weil L und P nicht als Künstler anzusehen seien, sie auch ansonsten keine Aufträge an selbstständige Künstler oder Publizisten erteilt habe und dies gegenwärtig ebenfalls nicht der Fall sei.

12

2. Der Bescheid vom 18.3.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.7.2008 ist formell rechtmäßig, weil er von der Beklagten als zuständiger Behörde erlassen worden ist. Nach § 28p Abs 1a SGB IV(in der Fassung von Art 2 Nr 1a des Dritten Gesetzes zur Änderung des KSVG und anderer Gesetze <3. KSVG-ÄndG> vom 12.6.2007, BGBl I 1034, in Kraft getreten zum 15.6.2007) prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern ua, ob diese die KSA rechtzeitig und vollständig entrichten (Satz 1). Sie erlassen insoweit die erforderlichen Verwaltungsakte einschließlich der Widerspruchsbescheide (Satz 3) und unterrichten die Künstlersozialkasse (KSK) über Sachverhalte, soweit sie Melde- und Abgabepflichten der Arbeitgeber nach dem KSVG betreffen (Satz 4). Damit korrespondierende Vorschriften sind durch das 3. KSVG-ÄndG zum 15.6.2007 auch in das KSVG selbst eingefügt worden (§ 27 Abs 1 Satz 3, § 29 Satz 1, § 35 Abs 1 Satz 2, § 36 Abs 4 Nr 1 KSVG). Die KSK überwacht seit diesem Zeitpunkt nur noch die rechtzeitige und vollständige Entrichtung der Beitragsanteile der Versicherten und der KSA bei den Unternehmern ohne Beschäftigte und den Ausgleichsvereinigungen (§ 35 Abs 1 Satz 1 KSVG), während die Träger der Rentenversicherung im Rahmen ihrer Prüfungen bei den Arbeitgebern nach § 28p SGB IV die rechtzeitige und vollständige Entrichtung der KSA durch diese Unternehmer überwachen(§ 35 Abs 1 Satz 2 KSVG iVm § 28p Abs 1a SGB IV). Diese Zuständigkeitstrennung ist zum 15.6.2007 auch in der nach § 35 Abs 2 KSVG erlassenen KSVG-Beitragsüberwachungsverordnung(vgl § 1 Abs 1 KSVG-BÜVO vom 13.10.1994, BGBl I 2972, in der Fassung durch Art 3 3. KSVG-ÄndG) umgesetzt worden. Hier ist der angefochtene Bescheid im Rahmen einer Betriebsprüfung nach § 28p Abs 1a SGB IV erlassen worden. Deshalb war die Beklagte und nicht die KSK für den Erlass des Erfassungs- und Abgabebescheides sowie des Widerspruchsbescheides zuständig. Die Anfechtungsklage war demzufolge auch gegen die Beklagte und nicht gegen die KSK zu richten.

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3. Die KSK war zum vorliegenden Rechtsstreit nicht notwendig beizuladen (§ 75 SGG). Seit der zum 15.6.2007 eingeführten Zuständigkeitstrennung bei den Prüfungspflichten nach den §§ 29 und 35 KSVG(vgl Finke/Brachmann/Nordhausen, KSVG, 4. Aufl 2009, § 29 RdNr 6 sowie § 35 RdNr 3, 8 und 9) entscheiden die Träger der Rentenversicherung nach § 28p Abs 1a SGB IV iVm § 35 Abs 1 Satz 2 KSVG im Rahmen von Betriebsprüfungen bei Arbeitgebern abschließend und endgültig über die Erfassung der geprüften Unternehmer als abgabepflichtige Vermarkter nach § 24 KSVG und über die Höhe der von ihnen zu entrichtenden KSA nach § 25 KSVG. Die KSK ist an die von den Trägern der Rentenversicherung erlassenen Bescheide gebunden, ohne dass ihr insoweit ein Beteiligungsrecht zusteht. Die Träger der Rentenversicherung haben die KSK lediglich über die von ihnen geführten Rechtsstreitigkeiten nach dem KSVG und deren Ausgang zu unterrichten (§ 28p Abs 1a Satz 4 SGB IV).

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4. Der angefochtene Bescheid ist hinsichtlich des ersten Verfügungssatzes (Erfassungsbescheid) materiell rechtmäßig, weil das von der Klägerin betriebene Unternehmen als "Werkstatt für Werbung" zu den im Katalog des § 24 Abs 1 Satz 1 KSVG aufgeführten typischen Kunst und Publizistik vermarktenden oder verwertenden Unternehmen gehört. Konkret wird sie von der Regelung des § 24 Abs 1 Satz 1 Nr 7 KSVG erfasst, weil sie "Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit für Dritte" anbietet. Dabei kommt es - entgegen der Ansicht der Klägerin - nicht darauf an, ob ein von dem Katalog des § 24 Abs 1 Satz 1 KSVG erfasstes Unternehmen tatsächlich Aufträge an selbstständige Künstler oder Publizisten erteilt. Die KSK ist berechtigt, die grundsätzliche Abgabepflicht eines Unternehmens nach dem KSVG gesondert festzustellen (Erfassungsbescheid), um etwaige Unklarheiten über das Bestehen der Abgabepflicht vorab zu beseitigen (BSGE 64, 221 = SozR 5425 § 24 Nr 2; BSGE 69, 259 = SozR 3-5425 § 24 Nr 1; BSG SozR 3-5425 § 24 Nr 7 und 9; stRspr). Die gleiche Befugnis steht dem Träger der Rentenversicherung zu, wenn die Abgabepflicht im Rahmen einer Betriebsprüfung bei einem Arbeitgeber nach § 35 Abs 1 Satz 2 KSVG iVm § 28p Abs 1a SGB IV festgestellt wird. Falls in einem Kalenderjahr keine Aufträge an selbstständige Künstler oder Publizisten erteilt worden sind, hat die Erfassung als abgabepflichtiges Unternehmen lediglich zur Folge, dass gegenüber der KSK eine "Nullmeldung" abzugeben ist (BSG SozR 3-5425 § 24 Nr 9 S 51 - Landwirtschaftsmuseum).

15

Ergänzend bleibt anzumerken, dass die Abgabepflicht hier auch auf die Generalklausel des § 24 Abs 2 Satz 1 KSVG gestützt werden kann. Danach sind zur KSA solche - von § 24 Abs 1 KSVG nicht erfasste - Unternehmer verpflichtet, die nicht nur gelegentlich Aufträge an selbstständige Künstler oder Publizisten erteilen, um deren Werke oder Leistungen für Zwecke ihres Unternehmens zu nutzen, wenn im Zusammenhang mit dieser Nutzung Einnahmen erzielt werden. Dieser Abgabetatbestand ist ebenfalls erfüllt. Die Klägerin beauftragt L und P, die selbstständige Künstler iS des § 2 KSVG sind(vgl dazu unter 5.), seit dem Jahr 2004 regelmäßig und mehrfach im Jahr mit der Erstellung der Werbefotografien, um ihrerseits Aufträge von Kunden zu erfüllen, aus denen sie ihre Umsätze erzielt. Für die Praxis ist allerdings darauf hinzuweisen, dass die Generalklausel des § 24 Abs 2 Satz 1 KSVG lediglich einen Auffangtatbestand darstellt, auf den die Abgabepflicht nur dann zu stützen ist, wenn ein Unternehmen nicht zu den typischen Vermarktern und Verwertern von Kunst und Publizistik iS des § 24 Abs 1 KSVG gehört.

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5. Der angefochtene Bescheid ist auch hinsichtlich des zweiten Verfügungssatzes (Abgabebescheid) rechtmäßig, weil die KSA dem Grunde und der Höhe nach zutreffend festgelegt worden ist. Rechtsgrundlage ist insoweit § 25 KSVG.

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a) Bemessungsgrundlage der KSA sind nach § 25 Abs 1 Satz 1 KSVG Entgelte für künstlerische oder publizistische Werke oder Leistungen, die ein nach § 24 Abs 1 oder 2 KSVG zur Abgabe Verpflichteter im Rahmen der dort aufgeführten Tätigkeiten im Laufe eines Kalenderjahres an selbstständige Künstler oder Publizisten zahlt, auch wenn diese selbst nach dem KSVG nicht versicherungspflichtig sind. Die Abgabepflicht der Unternehmer knüpft damit nur im Reflex an die Versicherungspflicht der Beauftragten nach dem KSVG an. Nach § 1 Nr 1 KSVG(in der ab 1.1.2005 geltenden Fassung von Art 48 Nr 1 des Gesetzes zur Organisationsreform in der gesetzlichen Rentenversicherung vom 9.12.2004, BGBl I 3242, die im hier relevanten Teil mit der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung durch das Pflege-Versicherungsgesetz vom 26.5.1994, BGBl I 1014, übereinstimmt) werden selbstständige Künstler und Publizisten in der allgemeinen Rentenversicherung, in der gesetzlichen Krankenversicherung und in der sozialen Pflegeversicherung versichert, wenn sie eine künstlerische oder publizistische Tätigkeit erwerbsmäßig und nicht nur vorübergehend ausüben und dabei - abgesehen von Auszubildenden und geringfügig Beschäftigten (§ 8 SGB IV) -nicht mehr als einen Arbeitnehmer beschäftigen (§ 1 Nr 2 KSVG). Gemäß § 2 Satz 1 KSVG ist Künstler im Sinne dieses Gesetzes, wer Musik, darstellende oder bildende Kunst schafft, ausübt oder lehrt. Publizist ist, wer als Schriftsteller, Journalist oder in anderer Weise publizistisch tätig ist oder Publizistik lehrt (§ 2 Satz 2 KSVG). Die Abgabepflicht der Unternehmen ist also insofern von der Versicherungspflicht der selbstständigen Künstler entkoppelt, als auch solche Entgelte in die Bemessungsgrundlage einfließen, die an nicht selbst versicherungspflichtige Künstler gezahlt werden. Mit der Einbeziehung von an nicht versicherungspflichtige Künstler gezahlten Entgelten sollte vermieden werden, dass diese gegenüber den versicherungspflichtigen Künstlern dadurch einen Wettbewerbsvorteil erhalten, dass die Unternehmen bei ihnen Kosten in Höhe der KSA hätten einsparen können. Diese Regelung ist rechtmäßig und verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (BSG SozR 3-5425 § 25 Nr 10 unter Hinweis auf BVerfGE 75, 108 = SozR 5425 § 1 Nr 1; BSGE 99, 297 = SozR 4-5425 § 2 Nr 13; Finke/Brachmann/Nordhausen, aaO, § 25 RdNr 9).

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b) In § 2 Satz 1 KSVG werden drei Bereiche künstlerischer Tätigkeit jeweils in den Spielarten des Schaffens, Ausübens und Lehrens umschrieben, nämlich die Musik sowie die bildende und die darstellende Kunst. Eine weitergehende Festlegung, was man darunter im Einzelnen zu verstehen hat, ist im Hinblick auf die Vielfalt, Komplexität und Dynamik der Erscheinungsformen künstlerischer Betätigungsfelder nicht erfolgt. Der Gesetzgeber spricht im KSVG nur allgemein von "Künstlern" und "künstlerischen Tätigkeiten". Auf eine materielle Definition des Kunstbegriffs hat er hingegen bewusst verzichtet (BT-Drucks 8/3172, S 21). Dieser Begriff ist deshalb aus dem Regelungszweck des KSVG unter Berücksichtigung der allgemeinen Verkehrsauffassung und der historischen Entwicklung zu erschließen (vgl BSG SozR 4-5425 § 24 Nr 6 RdNr 13 und BSGE 83, 160, 161 = SozR 3-5425 § 2 Nr 9 S 33 - jeweils mwN; zum Kunstbegriff des Art 5 GG vgl BVerfGE 30, 173, 188 ff und 81, 108, 116; zur Zielrichtung des KSVG vgl BT-Drucks 9/26, S 18 und BT-Drucks 8/3172, S 19 ff). Aus den Materialien zum KSVG ergibt sich, dass der Begriff der Kunst trotz seiner Unschärfe auf jeden Fall solche künstlerischen Tätigkeiten umfassen soll, mit denen sich der "Bericht der Bundesregierung über die wirtschaftliche und soziale Lage der künstlerischen Berufe (Künstlerbericht)" aus dem Jahre 1975 (BT-Drucks 7/3071) beschäftigt. Der Gesetzgeber hat damit einen an der Typologie von Ausübungsformen orientierten Kunstbegriff vorgegeben, der in aller Regel dann erfüllt ist, wenn das zu beurteilende Werk den Gattungsanforderungen eines bestimmten Kunsttyps (zB Theater, Gemälde, Konzert) entspricht. Bei diesen Berufsfeldern ist das soziale Schutzbedürfnis zu unterstellen, ohne dass es auf die Qualität der künstlerischen Tätigkeit ankommt oder eine bestimmte Werk- und Gestaltungshöhe vorausgesetzt wird (BSGE 98, 152 = SozR 4-5425 § 2 Nr 11 mwN; stRspr). L und P sind hiernach als Werbefotografen Künstler iS des § 2 KSVG.

19

c) Der erkennende Senat hat schon mehrfach entschieden, dass die Werbefotografie "bildende Kunst" iS des § 2 KSVG darstellt(BSG SozR 4-5425 § 24 Nr 2, 3 und 6; BSG SozR 4-5425 § 2 Nr 4). Dies gilt unabhängig davon, ob dem Werbefotografen im konkreten Einzelfall ein kunsttypischer eigenschöpferischer Gestaltungsspielraum zur Verfügung steht, ob die Fotografien tatsächlich eine künstlerische Qualität besitzen oder ob zumindest der Fotograf für sich einen künstlerischen Anspruch erhebt (BSG aaO). Daran ist auch nach erneuter Prüfung festzuhalten.

20

aa) Die Fotografie kann als spezielle Form bildlicher Darstellung von Personen, Sachen und Ereignissen sowohl eindeutig künstlerischer Natur sein als auch in handwerklicher Form ausgeübt werden. Sie ist sowohl Unterrichtsfach an Kunsthochschulen als auch Gegenstand einer staatlich geregelten Ausbildung für einen Handwerksberuf. Damit weist sie Gemeinsamkeiten mit anderen beruflichen Tätigkeiten auf, die sowohl in handwerklicher (vgl BSGE 80, 136 = SozR 3-5425 § 2 Nr 5 - Musikinstrumentenbauer; BSGE 82, 164 = SozR 3-5425 § 2 Nr 8 - Feintäschner; BSG SozR 3-5425 § 2 Nr 14 - Textilrestaurator)als auch in künstlerischer Form ausgeübt werden können. Bei der Zuordnung zum Zwecke der Abgabenerhebung nach dem KSVG hat es der Senat stets abgelehnt, die künstlerische Qualität der jeweiligen Arbeiten zu bewerten, sondern als maßgebend angesehen, in welchem Tätigkeitsbereich und gesellschaftlichen Umfeld die einzelnen Leistungen erbracht werden: Wer sich auf dem herkömmlichen Berufsfeld eines Handwerks bewegt, wird auch nicht dadurch zum Künstler im Sinne des KSVG, dass seine Leistungen einen eigenschöpferischen, gestalterischen Charakter aufweisen, weil ein solcher bei diesen Handwerksberufen typisch ist. Als Künstler ist er vielmehr erst dann einzuordnen, wenn er das typische handwerkliche Berufsfeld verlässt, sich mit seinen Produkten in einem künstlerischen Umfeld bewegt und in künstlerischen Kreisen als gleichrangig anerkannt wird. Andererseits hat der Senat bei Berufstätigkeiten, die nach dem gesetzgeberischen Willen in pauschaler Weise den künstlerischen Betätigungen zuzuordnen sind, nicht als entscheidend angesehen, ob im Einzelfall (zB wegen der Eigenart des Produkts oder wegen konkreter Vorgaben des Auftraggebers) ein großer oder kleiner Gestaltungsspielraum bei der Auftragsdurchführung verbleibt (vgl BSG SozR 3-5425 § 2 Nr 11 - Industriedesigner; BSGE 98, 152 = SozR 4-5425 § 2 Nr 11 - Tätowierer). Die Zweckgebundenheit der Produkte (Gebrauchsgegenstände, Werbemittel) steht ihrer Einordnung als künstlerisch in keinem Fall entgegen.

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bb) Bei der von Werbefotografen betriebenen Art der Fotografie ist für die Einordnung als künstlerisch allein entscheidend, dass sie zu Werbezwecken erfolgt. Für diese Auslegung spricht bereits der schon erwähnte Katalog der typischen Kunst vermarktenden und verwertenden Unternehmen in § 24 Abs 1 Satz 1 KSVG, der unter Nr 7 ausdrücklich die "Werbung und Öffentlichkeitsarbeit für Dritte" betreibenden Unternehmen erfasst. Hinzu kommen nach § 24 Abs 1 Satz 2 KSVG noch die "Eigenwerbung" betreibenden Unternehmen. Werbeagenturen, Public-Relations-Büros sowie die Werbeabteilungen von Unternehmen ziehen für die optische Gestaltung von Werbung und Marketing vielfach selbstständige Grafiker, Werbefotografen, Designer und sonstige Künstler heran (Finke/Brachmann/Nordhausen, aaO, § 24 RdNr 151 und 152). Dabei ist der Bereich der Werbung weit zu fassen. Es geht um die Gestaltung von Werbung in den verschiedenen Medien (Film, Fernsehen, Internet, Zeitungen, Zeitschriften usw) durch Werbefilme, Werbespots, Werbeanzeigen, werbenden Webseiten und Werbeflyern. Zur Werbung gehören deshalb zB auch die Versandhauskataloge (BSG SozR 4-5425 § 24 Nr 2)sowie die Verpackungen der Produkte, um deren werbewirksame Gestaltung es bei den Werbefotografien geht, die von der Klägerin in Auftrag gegeben werden (Verpackung von Unterwäsche und anderen Textilien). Die Einbeziehung der diese verschiedenen Formen der Werbung betreibenden Unternehmen in den Kreis der Kunstvermarkter und Kunstverwerter lässt darauf schließen, dass gerade die von ihnen typischerweise herangezogenen "kreativen" Selbstständigen zu dem Personenkreis zählen, der in § 2 KSVG mit "bildende Kunst Schaffenden" bezeichnet worden ist.

22

Dass dies tatsächlich auch der Vorstellung des Gesetzgebers entspricht, folgt - worauf der Senat immer wieder hingewiesen hat - aus den Materialien zum KSVG (BT-Drucks 8/3172, S 20), wonach ausdrücklich alle "Berufsgruppen" als künstlerisch angesehen werden, die im Künstlerbericht der Bundesregierung aufgeführt sind. Dort sind in der Berufsgruppe "Fotodesigner" künstlerische Fotografen, Lichtbildner, Kameramänner und Werbefotografen genannt (BT-Drucks 7/3071, S 7). Der gesamte Bereich der "kreativen" Werbefotografie ist damit als bildende Kunst iS des KSVG einzustufen, ohne dass es auf den konkreten Auftragsgegenstand und den damit verbundenen - engen oder weiten - Gestaltungsspielraum des Fotografen ankommt (vgl BSG SozR 4-5425 § 2 Nr 4; BSG SozR 4-5425 § 24 Nr 2, 3 und 6; BSG SozR 4-5425 § 25 Nr 1; stRspr).

23

cc) Die von der Klägerin in den Vordergrund gestellte Abgrenzung der von Fotografenmeistern praktizierten professionellen Fotografie als Handwerk, zu der sie auch die von L und P erstellten Werbefotografien zählt, von der "künstlerischen Fotografie", wie sie der Senat im Jahre 1998 im Urteil zur Tätigkeit der Gemäldefotografie für ein Kunstdia-Archiv (BSG SozR 3-5425 § 25 Nr 11) definiert hat, übersieht indes, dass die Berufsgattung der Werbefotografie vom Gesetzgeber pauschal dem Bereich der bildenden Kunst iS des § 2 KSVG zugeordnet worden ist. Sie berücksichtigt nicht, dass die Berufsgattung der Werbefotografie von der Berufsgattung der (zweckfreien) künstlerischen Fotografie zu unterscheiden ist und aus der Verneinung dieser noch nicht folgt, dass es sich um eine handwerkliche Ausübung handelt. Die Werbefotografie - hier in Form der Modefotografie - kann je nach der Ausgestaltung des Auftrags und des geforderten Ergebnisses zwar einen eigenschöpferischen künstlerischen Ausdruck haben, der derjenigen der künstlerischen Fotografie im engeren Sinne nahekommt, der Gestaltungsspielraum kann aber auch stark eingeschränkt sein, ohne dass die Einordnung als "bildende Kunst" iS des § 2 KSVG in Frage zu stellen ist. Allein der bei der Erstellung der Fotografie bestimmte Zweck, der Werbung zu dienen, bewirkt, dass der Fotograf sich nicht auf eine bloße naturgetreue Ablichtung eines Bildobjekts beschränken darf, sondern bemüht sein muss, dieses Objekt nach den Vorstellungen seines Auftraggebers möglichst vorteilhaft - also werbewirksam - ins Bild zu setzen. Wenn dem Auftraggeber eine Anzahl von Aufnahmen desselben Motivs zur Auswahl überlassen wird, besagt dies nur, dass der Auftraggeber das Bild auswählen kann, das aus seiner Sicht sein Angebot für den Kunden am vorteilhaftesten präsentiert, nicht aber, dass es darum ginge, die handwerklich gelungenste Aufnahme herauszusuchen. Letzteres könnte ohne Weiteres dem Fotografen selbst als Fachmann überlassen werden. Die Vielzahl der Aufnahmen eines Motivs bestätigt somit, dass es zahlreiche Möglichkeiten gibt, ein Objekt handwerklich einwandfrei abzulichten, und dass es einer geschmacklich-ästhetischen - und hier auch werbepsychologischen - Entscheidung bedarf, welches die beste Form der Ablichtung ist. Diese Entscheidung muss zunächst vom Fotografen getroffen werden, was nicht ausschließt, dass er seinem Auftraggeber mehrere Varianten zur Auswahl überlässt. Darin liegt der Unterschied zur bloßen Ablichtung von Gemälden für ein Kunstdia-Archiv (BSG SozR 3-5425 § 25 Nr 11), die sich in einer möglichst originalgetreuen Wiedergabe, also der Erfüllung einer handwerklich-technischen Vorgabe, erschöpft.

24

d) Die Einwände der Klägerin und des SG gegen die maßgebliche Heranziehung der Gesetzesmaterialien zum KSVG und des Künstlerberichts der Bundesregierung, auf den der Gesetzgeber im Rahmen des § 2 KSVG verwiesen hat, greifen nicht durch. Es trifft zwar zu, dass der Künstlerbericht im Bereich "Bildende Kunst/Design" mehrere Berufe erwähnt, die zum breiten Gebiet des Kunsthandwerks zählen (zB Keramiker, Graveure, Glas-, Textil-, Holz- und Metallgestalter) und als Handwerksberufe deshalb nur dann zur "Kunst" iS des § 2 KSVG gehören, wenn sich der Betroffene schwerpunktmäßig als Produktdesigner betätigt oder er in einschlägigen Fachkreisen trotz seiner kunsthandwerklichen Ausrichtung als "bildender Künstler" anerkannt ist(BSGE 80, 136 = SozR 3-5425 § 2 Nr 5; BSGE 82, 164 = SozR 3-5425 § 2 Nr 8; BSG SozR 3-5425 § 2 Nr 11 und 14). Eine vergleichbare Mehrdeutigkeit findet sich im Bereich der Werbung aber nicht.

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aa) Hätten die Verfasser des Künstlerberichts - und ihnen folgend der Gesetzgeber des KSVG - nur solche Formen und Produkte der Werbefotografie in den Kunstbegriff einbeziehen wollen, die im herkömmlichen Sinne "künstlerische" Qualität aufweisen oder eine "künstlerische" Werkhöhe repräsentieren, hätte es nahegelegen, auf die gesonderte Aufführung des Berufs des Werbefotografen gänzlich zu verzichten, weil diese "künstlerischen" Teile der Werbefotografie bereits durch die im Künstlerbericht ebenfalls erwähnten Berufsfelder der künstlerischen Fotografie und des Fotodesigns abgedeckt wären.

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bb) Für die Einbeziehung der Werbefotografie in ihrer gesamten Bandbreite spricht ferner der Umstand, dass auch die anderen Berufe, die am kreativen Prozess der bildlichen und textlichen Gestaltung von Werbung und Werbemitteln beteiligt sind, insgesamt und ohne Differenzierung nach künstlerischer oder publizistischer Qualität bzw Werkhöhe und ohne Berücksichtigung der Breite des gestalterischen Spielraums im Einzelfall dem Anwendungsbereich des § 2 KSVG zuzuordnen sind. So gehören zB Werbefilmregisseure, Werbefilmautoren, Werbesprecher, Werbegrafiker, Plakatmaler und Werbetexter unabhängig vom konkreten Inhalt eines Auftrages aus der Werbebranche und unabhängig von dem Umfang des eingeräumten Gestaltungsspielraumes zu den Künstlern und Publizisten iS des § 2 KSVG, weil ihre berufliche Tätigkeit als Gattung künstlerischer bzw publizistischer Natur ist (Regisseur, Drehbuchautor, Sprecher, Grafikdesigner, Maler, "in anderer Weise als durch Schriftstellerei oder Journalismus publizistisch Tätiger") und die Betätigung im Bereich der Werbung an der künstlerischen bzw publizistischen Natur ihrer Arbeit nichts ändert(vgl Finke/Brachmann/Nordhausen, aaO, § 2 RdNr 13, 14, 16, 17, 19, 20, § 24 RdNr 146). Daher wäre es sachwidrig, allein bei der Werbefotografie zwischen künstlerischer und nicht-künstlerischer Natur der Leistung zu unterscheiden.

27

e) Die Ausbildung eines Werbefotografen als Fotografenhandwerker steht - ebenso wie die Eintragung seines Betriebs in der Handwerksrolle - der Einstufung als "bildender Künstler" iS des § 2 KSVG nicht entgegen, weil er als Werbefotograf das handwerkliche Berufsfeld des Fotografenmeisters verlässt. Werbefotografen sind damit Pressefotografen vergleichbar, die ebenfalls unabhängig von ihrer Ausbildung und der künstlerischen Qualität ihrer Bilder allein deshalb - als Publizisten - von § 2 KSVG erfasst werden, weil ihre Tätigkeit einem bestimmten Zweck dient (Pressefotografie, Bildjournalismus, Bildberichterstattung), der vom Berufsfeld des Fotografenhandwerks nicht umfasst wird(BSGE 78, 118 = SozR 3-5425 § 26 Nr 2).

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Bei der Werbefotografie bleibt für ihre Einordnung als künstlerisch also entscheidend, dass sie gerade zu Werbezwecken erfolgt. Dass ein Werbefotograf mit seinen Werken in einschlägigen Fachkreisen als "Künstler" anerkannt und behandelt wird, beispielsweise an Kunstausstellungen teilnimmt, Mitglied von Künstlervereinen ist, in Künstlerlexika aufgeführt wird, Auszeichnungen als Künstler erhalten hat oder andere Indizien auf eine derartige Anerkennung schließen, ist hingegen nicht Voraussetzung. Darauf könnte es nur ankommen, wenn es sich um ein Berufsfeld handeln würde, das dem Handwerk bzw Kunsthandwerk zuzuordnen wäre. Dies ist bei der Werbefotografie aber nicht der Fall, weil sie ein anderes Berufsfeld darstellt als die handwerkliche Fotografie. Die Werbeagenturen und Werbung betreibenden Unternehmen beauftragen deswegen für den für sie wichtigen Werbebereich in aller Regel auch nur professionelle Werbefotografen. Die Werbefotografie verkörpert zudem nicht lediglich einen Annex zur handwerklichen Fotografie. Dies könnte nur angenommen werden, wenn die Mehrzahl der Fotografenmeister sich zugleich als Werbefotografen betätigen würde. Das ist jedoch nicht der Fall. Nur in Ausnahmefällen werden - wie hier von L - beide Berufsfelder gleichzeitig abgedeckt.

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f) Festzuhalten bleibt somit, dass eine Begrenzung der Abgabepflicht nach dem KSVG auf jene Formen der Werbefotografie, die nach herkömmlichem Verständnis "künstlerischer Natur" ist und deshalb der künstlerischen Fotografie gleichzustellen wäre, weder von der Entstehungsgeschichte des KSVG noch von dessen Sinn und Zweck her möglich ist. Da die Einbeziehung aller Formen der Werbefotografie in den Kunstbegriff des § 2 KSVG auf einer Entscheidung des Gesetzgebers beruht, könnte eine denkbare Korrektur auch nur durch den Gesetzgeber selbst erfolgen. Eine Korrektur allein durch eine Änderung der Rechtsprechung wäre ausgeschlossen, weil die aus den Gesetzesmaterialien ersichtliche Grundentscheidung des Gesetzgebers (BT-Drucks 8/3172, S 20) eindeutig ist.

30

6. Die Höhe der zu entrichtenden KSA ist zutreffend berechnet. Nach § 25 Abs 2 Satz 1 KSVG ist Entgelt iS des § 25 Abs 1 KSVG alles, was der zur Abgabe Verpflichtete(§ 24 KSVG)aufwendet, um das Werk oder die Leistung zu erhalten oder zu nutzen, abzüglich der in einer Rechnung oder Gutschrift gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer. Ausgenommen sind nach § 25 Abs 2 Satz 2 KSVG auch die Entgelte, die für urheberrechtliche Nutzungsrechte, sonstige Rechte des Urhebers oder Leistungsschutzrechte an Verwertungsgesellschaften gezahlt werden(Nr 1) sowie steuerfreie Aufwandsentschädigungen und die in § 3 Nr 26 EStG genannten steuerfreien Einnahmen(Nr 2). Nach der auf der Ermächtigungsgrundlage des § 25 Abs 2 Satz 3 KSVG beruhenden Künstlersozialversicherungs-Entgeltverordnung vom 22.1.1991 (BGBl I 156) sind ferner Aufwendungen für nachgewiesene Reisekosten sowie übliche Aufwendungen für die Bewirtung der selbstständigen Künstler und Publizisten aus der Bemessungsgrundlage auszuklammern. Diese Ausnahmetatbestände sind hier nicht erfüllt; weitere Ausnahmetatbestände haben weder der Gesetzgeber noch der Verordnungsgeber vorgesehen. Damit sind auch die in den Vergütungen für L und P enthaltenen Anteile für die Aufnahmetechnik und die Assistenten in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen (vgl im Einzelnen BSG SozR 3-5425 § 25 Nr 6). Offen bleiben kann die Frage, ob auch die gesondert berechneten Honorare für die Models mit der KSA zu belegen wären. Die Beklagte hat diese Honorare nicht in die Bemessungsgrundlage der KSA einbezogen, sondern sich auf die Vergütungen für L und P beschränkt.

31

7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO.

32

8. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a Abs 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3 sowie § 47 Abs 1 GKG. Obgleich hier zwei Streitgegenstände vorliegen (siehe dazu unter 1.), wird das für die Streitwertbemessung maßgebliche wirtschaftliche Interesse der Klägerin an der Klage allein durch die für drei Jahre auf insgesamt 4484,70 Euro festgelegte KSA-Schuld bestimmt, weil das Begehren einheitlich auf die Vermeidung der KSA-Pflicht bezüglich der Vergütungen von L und P in diesem Zeitraum gerichtet ist.

Künstler im Sinne dieses Gesetzes ist, wer Musik, darstellende oder bildende Kunst schafft, ausübt oder lehrt. Publizist im Sinne dieses Gesetzes ist, wer als Schriftsteller, Journalist oder in ähnlicher Weise publizistisch tätig ist oder Publizistik lehrt.

Selbständige Künstler und Publizisten werden in der allgemeinen Rentenversicherung, in der gesetzlichen Krankenversicherung und in der sozialen Pflegeversicherung versichert, wenn sie

1.
die künstlerische oder publizistische Tätigkeit erwerbsmäßig und nicht nur vorübergehend ausüben und
2.
im Zusammenhang mit der künstlerischen oder publizistischen Tätigkeit nicht mehr als einen Arbeitnehmer beschäftigen, es sei denn, die Beschäftigung erfolgt zur Berufsausbildung oder ist geringfügig im Sinne des § 8 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch.

Künstler im Sinne dieses Gesetzes ist, wer Musik, darstellende oder bildende Kunst schafft, ausübt oder lehrt. Publizist im Sinne dieses Gesetzes ist, wer als Schriftsteller, Journalist oder in ähnlicher Weise publizistisch tätig ist oder Publizistik lehrt.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

Selbständige Künstler und Publizisten werden in der allgemeinen Rentenversicherung, in der gesetzlichen Krankenversicherung und in der sozialen Pflegeversicherung versichert, wenn sie

1.
die künstlerische oder publizistische Tätigkeit erwerbsmäßig und nicht nur vorübergehend ausüben und
2.
im Zusammenhang mit der künstlerischen oder publizistischen Tätigkeit nicht mehr als einen Arbeitnehmer beschäftigen, es sei denn, die Beschäftigung erfolgt zur Berufsausbildung oder ist geringfügig im Sinne des § 8 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch.

Künstler im Sinne dieses Gesetzes ist, wer Musik, darstellende oder bildende Kunst schafft, ausübt oder lehrt. Publizist im Sinne dieses Gesetzes ist, wer als Schriftsteller, Journalist oder in ähnlicher Weise publizistisch tätig ist oder Publizistik lehrt.

Selbständige Künstler und Publizisten werden in der allgemeinen Rentenversicherung, in der gesetzlichen Krankenversicherung und in der sozialen Pflegeversicherung versichert, wenn sie

1.
die künstlerische oder publizistische Tätigkeit erwerbsmäßig und nicht nur vorübergehend ausüben und
2.
im Zusammenhang mit der künstlerischen oder publizistischen Tätigkeit nicht mehr als einen Arbeitnehmer beschäftigen, es sei denn, die Beschäftigung erfolgt zur Berufsausbildung oder ist geringfügig im Sinne des § 8 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch.

Künstler im Sinne dieses Gesetzes ist, wer Musik, darstellende oder bildende Kunst schafft, ausübt oder lehrt. Publizist im Sinne dieses Gesetzes ist, wer als Schriftsteller, Journalist oder in ähnlicher Weise publizistisch tätig ist oder Publizistik lehrt.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 26. Januar 2010 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 4484,70 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Es ist streitig, ob die von der klagenden Gesellschaft an zwei selbstständig tätige Werbefotografen gezahlten Vergütungen für Werbefotografien der Künstlersozialabgabe (KSA) nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) unterliegen.

2

Gegenstand des von der Klägerin seit 1974 betriebenen und am Markt als "Werkstatt für Werbung" (www.farbecht-werbung.de) auftretenden Unternehmens ist die "Herstellung und Vermittlung von Produkten der Druckvorstufe, wie Satz, Illustration, Gestaltung, Bildbearbeitung, Retusche, sowie die Vermittlung und Abwicklung von Drucksachen für Kunden". Seit dem Jahr 2004 erteilt sie dem Fotografenmeister L. (L) und der Fotografin P. (P) Aufträge für Werbefotografien, die sie zur Erfüllung von Aufträgen ihrer Kunden (zB die Gestaltung von Verpackungen für Unterwäsche) benötigt. L und P sind selbstständig tätig, betreiben Studios für Werbefotografie, befassen sich dabei zu einem erheblichen Teil (L) bzw ausschließlich (P) mit der Modefotografie und sind nicht selbst nach dem KSVG versichert. L ist Meister des Fotografenhandwerks und mit seinem Betrieb in der Handwerksrolle eingetragen. Die an L und P gezahlten Vergütungen für Werbefotografien beliefen sich 2004 auf insgesamt 4700 Euro, 2005 auf 28 700 Euro, 2006 auf 47 600 Euro und 2007 auf 41 800 Euro. Die Models sind gesondert bezahlt worden.

3

Aufgrund einer den Zeitraum von 2002 bis 2006 betreffenden Betriebsprüfung stellte die beklagte Trägerin der Rentenversicherung fest, die Klägerin unterliege der Abgabepflicht nach dem KSVG, weil sie ein Unternehmen betreibe, das sich mit der Werbung und Öffentlichkeitsarbeit für Dritte befasse (§ 24 Abs 1 Satz 1 Nr 7 KSVG)und regelmäßig selbstständige Künstler einschalte, um Aufträge ihrer Werbekunden zu erfüllen (§ 24 Abs 2 Satz 1 KSVG). Die KSA belaufe sich für die Jahre 2004 bis 2006 auf insgesamt 4484,70 Euro, weil Werbefotografien gattungsgemäß zur "bildenden Kunst" im Sinne des KSVG gehörten und die dafür gezahlten Vergütungen mit der KSA belegt seien. In die Bemessungsgrundlage (§ 25 KSVG) seien auch die in den Vergütungen von L und P enthaltenen Kostenanteile für die Fotoassistenten und die Aufnahmetechnik einzubeziehen (Bescheid vom 18.3.2008, Widerspruchsbescheid vom 30.7.2008).

4

Im Klageverfahren hat die Klägerin geltend gemacht, die Werbefotografie sei im Wesentlichen handwerklich geprägt und nur in Ausnahmefällen künstlerischer Natur. L und P seien nicht als Künstler anerkannt und erhöben für ihre Arbeit auch keinen künstlerischen Anspruch. Es fehle hier am kunsttypischen kreativen Gestaltungsspielraum, weil L und P an enge Vorgaben der Kunden gebunden seien. Die Aufträge hätten sich auf die naturgetreue Ablichtung der Objekte beschränkt. Außerdem seien mindestens 55,7 % der Vergütungen nicht eigentliches Honorar, sondern Kosten für Aufnahmetechnik und zusätzliches Personal, sodass im Falle des Bestehens einer grundsätzlichen KSA-Pflicht die festgelegte KSA-Schuld zu reduzieren sei.

5

Das SG hat der Klage stattgegeben und die angefochtenen Bescheide aufgehoben (Urteil vom 19.3.2009): L und P seien weder als Künstler noch als Publizisten im Sinne des KSVG anzusehen. Sie seien für die Klägerin zwar als Werbefotografen tätig geworden, hätten dabei aber die handwerkliche Fotografie nicht verlassen. Die Werbefotografie sei nur dann künstlerisch, wenn der Betroffene mit seinen Werken in Fachkreisen als Künstler anerkannt werde. Daran fehle es hier.

6

Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG die erstinstanzliche Entscheidung geändert und die Klage abgewiesen (Urteil vom 26.1.2010): Nach der Entstehungsgeschichte des KSVG sei die Werbefotografie in ihrer gesamten Bandbreite als Teil der "bildenden Kunst" iS des § 2 KSVG einzustufen. Eine Unterscheidung zwischen handwerklicher und künstlerischer Betätigung sei bei der Werbefotografie - anders als zB beim Kunsthandwerk - nicht vorzunehmen. Es komme allein darauf an, dass eine Fotografie zu Werbezwecken hergestellt werde.

7

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts (§§ 2, 24 und 25 KSVG). Nur die - hier nicht vorliegende - künstlerische Werbefotografie werde vom KSVG erfasst. Außerdem macht sie die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (§ 62 SGG) geltend, weil das LSG auf das Argument, die Kosten für die Aufnahmetechnik und die Assistenten seien bei der Bemessung der KSA auszuklammern, nicht eingegangen und die Höhe der festgelegten KSA als unstreitig behandelt habe.

8

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 26.1.2010 zu ändern und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG Reutlingen vom 19.3.2009 zurückzuweisen.

9

Die Beklagte verteidigt das Berufungsurteil und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das LSG hat zutreffend entschieden, dass die angefochtenen Bescheide der Beklagten rechtmäßig sind.

11

1. Die hier erhobene Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 SGG) ist die richtige Klageart, weil die Klägerin die ersatzlose Aufhebung des von der Beklagten erlassenen Bescheides vom 18.3.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.7.2008 begehrt. Diese Anfechtungsklage betrifft zwei voneinander zu unterscheidende Streitgegenstände. Die Beklagte hat in dem Bescheid vom 18.3.2008 mit dem ersten Verfügungssatz festgestellt, dass die Klägerin wegen des Betriebs eines "kunstvermarktenden" Unternehmens (§ 24 Abs 1 Satz 1 Nr 7 und Abs 2 Satz 1 KSVG) dem Grunde nach zur Abführung der KSA verpflichtet ist (Erfassungsbescheid). Mit dem zweiten Verfügungssatz ist die von der Klägerin für die Jahre 2004 bis 2006 zu entrichtende KSA auf 4484,70 Euro festgesetzt worden (Abgabebescheid). Es handelt sich also um einen kombinierten Verwaltungsakt (§ 31 SGB X), der hinsichtlich beider durch die Verfügungssätze gekennzeichneten Verwaltungsentscheidungen angefochten ist, weil die Klägerin die vollständige Aufhebung des Bescheides vom 18.3.2008 begehrt. Die darin liegende objektive Klagenhäufung ist nach § 56 SGG zulässig, weil sich die Begehren gegen dieselbe Beklagte richten, im Zusammenhang stehen und dasselbe Gericht zuständig ist. Der Annahme einer umfassenden Anfechtung des Bescheides steht auch nicht der Umstand entgegen, dass die Klägerin gemäß ihren Angaben im Erhebungsbogen vom 10.2.2008 ursprünglich selbst von einer grundsätzlichen Abgabepflicht nach § 24 Abs 1 Satz 1 Nr 7 KSVG ausgegangen ist. Sie hat im vorliegenden Rechtsstreit verdeutlicht, auch die Erfassungsentscheidung anfechten zu wollen, weil L und P nicht als Künstler anzusehen seien, sie auch ansonsten keine Aufträge an selbstständige Künstler oder Publizisten erteilt habe und dies gegenwärtig ebenfalls nicht der Fall sei.

12

2. Der Bescheid vom 18.3.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.7.2008 ist formell rechtmäßig, weil er von der Beklagten als zuständiger Behörde erlassen worden ist. Nach § 28p Abs 1a SGB IV(in der Fassung von Art 2 Nr 1a des Dritten Gesetzes zur Änderung des KSVG und anderer Gesetze <3. KSVG-ÄndG> vom 12.6.2007, BGBl I 1034, in Kraft getreten zum 15.6.2007) prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern ua, ob diese die KSA rechtzeitig und vollständig entrichten (Satz 1). Sie erlassen insoweit die erforderlichen Verwaltungsakte einschließlich der Widerspruchsbescheide (Satz 3) und unterrichten die Künstlersozialkasse (KSK) über Sachverhalte, soweit sie Melde- und Abgabepflichten der Arbeitgeber nach dem KSVG betreffen (Satz 4). Damit korrespondierende Vorschriften sind durch das 3. KSVG-ÄndG zum 15.6.2007 auch in das KSVG selbst eingefügt worden (§ 27 Abs 1 Satz 3, § 29 Satz 1, § 35 Abs 1 Satz 2, § 36 Abs 4 Nr 1 KSVG). Die KSK überwacht seit diesem Zeitpunkt nur noch die rechtzeitige und vollständige Entrichtung der Beitragsanteile der Versicherten und der KSA bei den Unternehmern ohne Beschäftigte und den Ausgleichsvereinigungen (§ 35 Abs 1 Satz 1 KSVG), während die Träger der Rentenversicherung im Rahmen ihrer Prüfungen bei den Arbeitgebern nach § 28p SGB IV die rechtzeitige und vollständige Entrichtung der KSA durch diese Unternehmer überwachen(§ 35 Abs 1 Satz 2 KSVG iVm § 28p Abs 1a SGB IV). Diese Zuständigkeitstrennung ist zum 15.6.2007 auch in der nach § 35 Abs 2 KSVG erlassenen KSVG-Beitragsüberwachungsverordnung(vgl § 1 Abs 1 KSVG-BÜVO vom 13.10.1994, BGBl I 2972, in der Fassung durch Art 3 3. KSVG-ÄndG) umgesetzt worden. Hier ist der angefochtene Bescheid im Rahmen einer Betriebsprüfung nach § 28p Abs 1a SGB IV erlassen worden. Deshalb war die Beklagte und nicht die KSK für den Erlass des Erfassungs- und Abgabebescheides sowie des Widerspruchsbescheides zuständig. Die Anfechtungsklage war demzufolge auch gegen die Beklagte und nicht gegen die KSK zu richten.

13

3. Die KSK war zum vorliegenden Rechtsstreit nicht notwendig beizuladen (§ 75 SGG). Seit der zum 15.6.2007 eingeführten Zuständigkeitstrennung bei den Prüfungspflichten nach den §§ 29 und 35 KSVG(vgl Finke/Brachmann/Nordhausen, KSVG, 4. Aufl 2009, § 29 RdNr 6 sowie § 35 RdNr 3, 8 und 9) entscheiden die Träger der Rentenversicherung nach § 28p Abs 1a SGB IV iVm § 35 Abs 1 Satz 2 KSVG im Rahmen von Betriebsprüfungen bei Arbeitgebern abschließend und endgültig über die Erfassung der geprüften Unternehmer als abgabepflichtige Vermarkter nach § 24 KSVG und über die Höhe der von ihnen zu entrichtenden KSA nach § 25 KSVG. Die KSK ist an die von den Trägern der Rentenversicherung erlassenen Bescheide gebunden, ohne dass ihr insoweit ein Beteiligungsrecht zusteht. Die Träger der Rentenversicherung haben die KSK lediglich über die von ihnen geführten Rechtsstreitigkeiten nach dem KSVG und deren Ausgang zu unterrichten (§ 28p Abs 1a Satz 4 SGB IV).

14

4. Der angefochtene Bescheid ist hinsichtlich des ersten Verfügungssatzes (Erfassungsbescheid) materiell rechtmäßig, weil das von der Klägerin betriebene Unternehmen als "Werkstatt für Werbung" zu den im Katalog des § 24 Abs 1 Satz 1 KSVG aufgeführten typischen Kunst und Publizistik vermarktenden oder verwertenden Unternehmen gehört. Konkret wird sie von der Regelung des § 24 Abs 1 Satz 1 Nr 7 KSVG erfasst, weil sie "Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit für Dritte" anbietet. Dabei kommt es - entgegen der Ansicht der Klägerin - nicht darauf an, ob ein von dem Katalog des § 24 Abs 1 Satz 1 KSVG erfasstes Unternehmen tatsächlich Aufträge an selbstständige Künstler oder Publizisten erteilt. Die KSK ist berechtigt, die grundsätzliche Abgabepflicht eines Unternehmens nach dem KSVG gesondert festzustellen (Erfassungsbescheid), um etwaige Unklarheiten über das Bestehen der Abgabepflicht vorab zu beseitigen (BSGE 64, 221 = SozR 5425 § 24 Nr 2; BSGE 69, 259 = SozR 3-5425 § 24 Nr 1; BSG SozR 3-5425 § 24 Nr 7 und 9; stRspr). Die gleiche Befugnis steht dem Träger der Rentenversicherung zu, wenn die Abgabepflicht im Rahmen einer Betriebsprüfung bei einem Arbeitgeber nach § 35 Abs 1 Satz 2 KSVG iVm § 28p Abs 1a SGB IV festgestellt wird. Falls in einem Kalenderjahr keine Aufträge an selbstständige Künstler oder Publizisten erteilt worden sind, hat die Erfassung als abgabepflichtiges Unternehmen lediglich zur Folge, dass gegenüber der KSK eine "Nullmeldung" abzugeben ist (BSG SozR 3-5425 § 24 Nr 9 S 51 - Landwirtschaftsmuseum).

15

Ergänzend bleibt anzumerken, dass die Abgabepflicht hier auch auf die Generalklausel des § 24 Abs 2 Satz 1 KSVG gestützt werden kann. Danach sind zur KSA solche - von § 24 Abs 1 KSVG nicht erfasste - Unternehmer verpflichtet, die nicht nur gelegentlich Aufträge an selbstständige Künstler oder Publizisten erteilen, um deren Werke oder Leistungen für Zwecke ihres Unternehmens zu nutzen, wenn im Zusammenhang mit dieser Nutzung Einnahmen erzielt werden. Dieser Abgabetatbestand ist ebenfalls erfüllt. Die Klägerin beauftragt L und P, die selbstständige Künstler iS des § 2 KSVG sind(vgl dazu unter 5.), seit dem Jahr 2004 regelmäßig und mehrfach im Jahr mit der Erstellung der Werbefotografien, um ihrerseits Aufträge von Kunden zu erfüllen, aus denen sie ihre Umsätze erzielt. Für die Praxis ist allerdings darauf hinzuweisen, dass die Generalklausel des § 24 Abs 2 Satz 1 KSVG lediglich einen Auffangtatbestand darstellt, auf den die Abgabepflicht nur dann zu stützen ist, wenn ein Unternehmen nicht zu den typischen Vermarktern und Verwertern von Kunst und Publizistik iS des § 24 Abs 1 KSVG gehört.

16

5. Der angefochtene Bescheid ist auch hinsichtlich des zweiten Verfügungssatzes (Abgabebescheid) rechtmäßig, weil die KSA dem Grunde und der Höhe nach zutreffend festgelegt worden ist. Rechtsgrundlage ist insoweit § 25 KSVG.

17

a) Bemessungsgrundlage der KSA sind nach § 25 Abs 1 Satz 1 KSVG Entgelte für künstlerische oder publizistische Werke oder Leistungen, die ein nach § 24 Abs 1 oder 2 KSVG zur Abgabe Verpflichteter im Rahmen der dort aufgeführten Tätigkeiten im Laufe eines Kalenderjahres an selbstständige Künstler oder Publizisten zahlt, auch wenn diese selbst nach dem KSVG nicht versicherungspflichtig sind. Die Abgabepflicht der Unternehmer knüpft damit nur im Reflex an die Versicherungspflicht der Beauftragten nach dem KSVG an. Nach § 1 Nr 1 KSVG(in der ab 1.1.2005 geltenden Fassung von Art 48 Nr 1 des Gesetzes zur Organisationsreform in der gesetzlichen Rentenversicherung vom 9.12.2004, BGBl I 3242, die im hier relevanten Teil mit der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung durch das Pflege-Versicherungsgesetz vom 26.5.1994, BGBl I 1014, übereinstimmt) werden selbstständige Künstler und Publizisten in der allgemeinen Rentenversicherung, in der gesetzlichen Krankenversicherung und in der sozialen Pflegeversicherung versichert, wenn sie eine künstlerische oder publizistische Tätigkeit erwerbsmäßig und nicht nur vorübergehend ausüben und dabei - abgesehen von Auszubildenden und geringfügig Beschäftigten (§ 8 SGB IV) -nicht mehr als einen Arbeitnehmer beschäftigen (§ 1 Nr 2 KSVG). Gemäß § 2 Satz 1 KSVG ist Künstler im Sinne dieses Gesetzes, wer Musik, darstellende oder bildende Kunst schafft, ausübt oder lehrt. Publizist ist, wer als Schriftsteller, Journalist oder in anderer Weise publizistisch tätig ist oder Publizistik lehrt (§ 2 Satz 2 KSVG). Die Abgabepflicht der Unternehmen ist also insofern von der Versicherungspflicht der selbstständigen Künstler entkoppelt, als auch solche Entgelte in die Bemessungsgrundlage einfließen, die an nicht selbst versicherungspflichtige Künstler gezahlt werden. Mit der Einbeziehung von an nicht versicherungspflichtige Künstler gezahlten Entgelten sollte vermieden werden, dass diese gegenüber den versicherungspflichtigen Künstlern dadurch einen Wettbewerbsvorteil erhalten, dass die Unternehmen bei ihnen Kosten in Höhe der KSA hätten einsparen können. Diese Regelung ist rechtmäßig und verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (BSG SozR 3-5425 § 25 Nr 10 unter Hinweis auf BVerfGE 75, 108 = SozR 5425 § 1 Nr 1; BSGE 99, 297 = SozR 4-5425 § 2 Nr 13; Finke/Brachmann/Nordhausen, aaO, § 25 RdNr 9).

18

b) In § 2 Satz 1 KSVG werden drei Bereiche künstlerischer Tätigkeit jeweils in den Spielarten des Schaffens, Ausübens und Lehrens umschrieben, nämlich die Musik sowie die bildende und die darstellende Kunst. Eine weitergehende Festlegung, was man darunter im Einzelnen zu verstehen hat, ist im Hinblick auf die Vielfalt, Komplexität und Dynamik der Erscheinungsformen künstlerischer Betätigungsfelder nicht erfolgt. Der Gesetzgeber spricht im KSVG nur allgemein von "Künstlern" und "künstlerischen Tätigkeiten". Auf eine materielle Definition des Kunstbegriffs hat er hingegen bewusst verzichtet (BT-Drucks 8/3172, S 21). Dieser Begriff ist deshalb aus dem Regelungszweck des KSVG unter Berücksichtigung der allgemeinen Verkehrsauffassung und der historischen Entwicklung zu erschließen (vgl BSG SozR 4-5425 § 24 Nr 6 RdNr 13 und BSGE 83, 160, 161 = SozR 3-5425 § 2 Nr 9 S 33 - jeweils mwN; zum Kunstbegriff des Art 5 GG vgl BVerfGE 30, 173, 188 ff und 81, 108, 116; zur Zielrichtung des KSVG vgl BT-Drucks 9/26, S 18 und BT-Drucks 8/3172, S 19 ff). Aus den Materialien zum KSVG ergibt sich, dass der Begriff der Kunst trotz seiner Unschärfe auf jeden Fall solche künstlerischen Tätigkeiten umfassen soll, mit denen sich der "Bericht der Bundesregierung über die wirtschaftliche und soziale Lage der künstlerischen Berufe (Künstlerbericht)" aus dem Jahre 1975 (BT-Drucks 7/3071) beschäftigt. Der Gesetzgeber hat damit einen an der Typologie von Ausübungsformen orientierten Kunstbegriff vorgegeben, der in aller Regel dann erfüllt ist, wenn das zu beurteilende Werk den Gattungsanforderungen eines bestimmten Kunsttyps (zB Theater, Gemälde, Konzert) entspricht. Bei diesen Berufsfeldern ist das soziale Schutzbedürfnis zu unterstellen, ohne dass es auf die Qualität der künstlerischen Tätigkeit ankommt oder eine bestimmte Werk- und Gestaltungshöhe vorausgesetzt wird (BSGE 98, 152 = SozR 4-5425 § 2 Nr 11 mwN; stRspr). L und P sind hiernach als Werbefotografen Künstler iS des § 2 KSVG.

19

c) Der erkennende Senat hat schon mehrfach entschieden, dass die Werbefotografie "bildende Kunst" iS des § 2 KSVG darstellt(BSG SozR 4-5425 § 24 Nr 2, 3 und 6; BSG SozR 4-5425 § 2 Nr 4). Dies gilt unabhängig davon, ob dem Werbefotografen im konkreten Einzelfall ein kunsttypischer eigenschöpferischer Gestaltungsspielraum zur Verfügung steht, ob die Fotografien tatsächlich eine künstlerische Qualität besitzen oder ob zumindest der Fotograf für sich einen künstlerischen Anspruch erhebt (BSG aaO). Daran ist auch nach erneuter Prüfung festzuhalten.

20

aa) Die Fotografie kann als spezielle Form bildlicher Darstellung von Personen, Sachen und Ereignissen sowohl eindeutig künstlerischer Natur sein als auch in handwerklicher Form ausgeübt werden. Sie ist sowohl Unterrichtsfach an Kunsthochschulen als auch Gegenstand einer staatlich geregelten Ausbildung für einen Handwerksberuf. Damit weist sie Gemeinsamkeiten mit anderen beruflichen Tätigkeiten auf, die sowohl in handwerklicher (vgl BSGE 80, 136 = SozR 3-5425 § 2 Nr 5 - Musikinstrumentenbauer; BSGE 82, 164 = SozR 3-5425 § 2 Nr 8 - Feintäschner; BSG SozR 3-5425 § 2 Nr 14 - Textilrestaurator)als auch in künstlerischer Form ausgeübt werden können. Bei der Zuordnung zum Zwecke der Abgabenerhebung nach dem KSVG hat es der Senat stets abgelehnt, die künstlerische Qualität der jeweiligen Arbeiten zu bewerten, sondern als maßgebend angesehen, in welchem Tätigkeitsbereich und gesellschaftlichen Umfeld die einzelnen Leistungen erbracht werden: Wer sich auf dem herkömmlichen Berufsfeld eines Handwerks bewegt, wird auch nicht dadurch zum Künstler im Sinne des KSVG, dass seine Leistungen einen eigenschöpferischen, gestalterischen Charakter aufweisen, weil ein solcher bei diesen Handwerksberufen typisch ist. Als Künstler ist er vielmehr erst dann einzuordnen, wenn er das typische handwerkliche Berufsfeld verlässt, sich mit seinen Produkten in einem künstlerischen Umfeld bewegt und in künstlerischen Kreisen als gleichrangig anerkannt wird. Andererseits hat der Senat bei Berufstätigkeiten, die nach dem gesetzgeberischen Willen in pauschaler Weise den künstlerischen Betätigungen zuzuordnen sind, nicht als entscheidend angesehen, ob im Einzelfall (zB wegen der Eigenart des Produkts oder wegen konkreter Vorgaben des Auftraggebers) ein großer oder kleiner Gestaltungsspielraum bei der Auftragsdurchführung verbleibt (vgl BSG SozR 3-5425 § 2 Nr 11 - Industriedesigner; BSGE 98, 152 = SozR 4-5425 § 2 Nr 11 - Tätowierer). Die Zweckgebundenheit der Produkte (Gebrauchsgegenstände, Werbemittel) steht ihrer Einordnung als künstlerisch in keinem Fall entgegen.

21

bb) Bei der von Werbefotografen betriebenen Art der Fotografie ist für die Einordnung als künstlerisch allein entscheidend, dass sie zu Werbezwecken erfolgt. Für diese Auslegung spricht bereits der schon erwähnte Katalog der typischen Kunst vermarktenden und verwertenden Unternehmen in § 24 Abs 1 Satz 1 KSVG, der unter Nr 7 ausdrücklich die "Werbung und Öffentlichkeitsarbeit für Dritte" betreibenden Unternehmen erfasst. Hinzu kommen nach § 24 Abs 1 Satz 2 KSVG noch die "Eigenwerbung" betreibenden Unternehmen. Werbeagenturen, Public-Relations-Büros sowie die Werbeabteilungen von Unternehmen ziehen für die optische Gestaltung von Werbung und Marketing vielfach selbstständige Grafiker, Werbefotografen, Designer und sonstige Künstler heran (Finke/Brachmann/Nordhausen, aaO, § 24 RdNr 151 und 152). Dabei ist der Bereich der Werbung weit zu fassen. Es geht um die Gestaltung von Werbung in den verschiedenen Medien (Film, Fernsehen, Internet, Zeitungen, Zeitschriften usw) durch Werbefilme, Werbespots, Werbeanzeigen, werbenden Webseiten und Werbeflyern. Zur Werbung gehören deshalb zB auch die Versandhauskataloge (BSG SozR 4-5425 § 24 Nr 2)sowie die Verpackungen der Produkte, um deren werbewirksame Gestaltung es bei den Werbefotografien geht, die von der Klägerin in Auftrag gegeben werden (Verpackung von Unterwäsche und anderen Textilien). Die Einbeziehung der diese verschiedenen Formen der Werbung betreibenden Unternehmen in den Kreis der Kunstvermarkter und Kunstverwerter lässt darauf schließen, dass gerade die von ihnen typischerweise herangezogenen "kreativen" Selbstständigen zu dem Personenkreis zählen, der in § 2 KSVG mit "bildende Kunst Schaffenden" bezeichnet worden ist.

22

Dass dies tatsächlich auch der Vorstellung des Gesetzgebers entspricht, folgt - worauf der Senat immer wieder hingewiesen hat - aus den Materialien zum KSVG (BT-Drucks 8/3172, S 20), wonach ausdrücklich alle "Berufsgruppen" als künstlerisch angesehen werden, die im Künstlerbericht der Bundesregierung aufgeführt sind. Dort sind in der Berufsgruppe "Fotodesigner" künstlerische Fotografen, Lichtbildner, Kameramänner und Werbefotografen genannt (BT-Drucks 7/3071, S 7). Der gesamte Bereich der "kreativen" Werbefotografie ist damit als bildende Kunst iS des KSVG einzustufen, ohne dass es auf den konkreten Auftragsgegenstand und den damit verbundenen - engen oder weiten - Gestaltungsspielraum des Fotografen ankommt (vgl BSG SozR 4-5425 § 2 Nr 4; BSG SozR 4-5425 § 24 Nr 2, 3 und 6; BSG SozR 4-5425 § 25 Nr 1; stRspr).

23

cc) Die von der Klägerin in den Vordergrund gestellte Abgrenzung der von Fotografenmeistern praktizierten professionellen Fotografie als Handwerk, zu der sie auch die von L und P erstellten Werbefotografien zählt, von der "künstlerischen Fotografie", wie sie der Senat im Jahre 1998 im Urteil zur Tätigkeit der Gemäldefotografie für ein Kunstdia-Archiv (BSG SozR 3-5425 § 25 Nr 11) definiert hat, übersieht indes, dass die Berufsgattung der Werbefotografie vom Gesetzgeber pauschal dem Bereich der bildenden Kunst iS des § 2 KSVG zugeordnet worden ist. Sie berücksichtigt nicht, dass die Berufsgattung der Werbefotografie von der Berufsgattung der (zweckfreien) künstlerischen Fotografie zu unterscheiden ist und aus der Verneinung dieser noch nicht folgt, dass es sich um eine handwerkliche Ausübung handelt. Die Werbefotografie - hier in Form der Modefotografie - kann je nach der Ausgestaltung des Auftrags und des geforderten Ergebnisses zwar einen eigenschöpferischen künstlerischen Ausdruck haben, der derjenigen der künstlerischen Fotografie im engeren Sinne nahekommt, der Gestaltungsspielraum kann aber auch stark eingeschränkt sein, ohne dass die Einordnung als "bildende Kunst" iS des § 2 KSVG in Frage zu stellen ist. Allein der bei der Erstellung der Fotografie bestimmte Zweck, der Werbung zu dienen, bewirkt, dass der Fotograf sich nicht auf eine bloße naturgetreue Ablichtung eines Bildobjekts beschränken darf, sondern bemüht sein muss, dieses Objekt nach den Vorstellungen seines Auftraggebers möglichst vorteilhaft - also werbewirksam - ins Bild zu setzen. Wenn dem Auftraggeber eine Anzahl von Aufnahmen desselben Motivs zur Auswahl überlassen wird, besagt dies nur, dass der Auftraggeber das Bild auswählen kann, das aus seiner Sicht sein Angebot für den Kunden am vorteilhaftesten präsentiert, nicht aber, dass es darum ginge, die handwerklich gelungenste Aufnahme herauszusuchen. Letzteres könnte ohne Weiteres dem Fotografen selbst als Fachmann überlassen werden. Die Vielzahl der Aufnahmen eines Motivs bestätigt somit, dass es zahlreiche Möglichkeiten gibt, ein Objekt handwerklich einwandfrei abzulichten, und dass es einer geschmacklich-ästhetischen - und hier auch werbepsychologischen - Entscheidung bedarf, welches die beste Form der Ablichtung ist. Diese Entscheidung muss zunächst vom Fotografen getroffen werden, was nicht ausschließt, dass er seinem Auftraggeber mehrere Varianten zur Auswahl überlässt. Darin liegt der Unterschied zur bloßen Ablichtung von Gemälden für ein Kunstdia-Archiv (BSG SozR 3-5425 § 25 Nr 11), die sich in einer möglichst originalgetreuen Wiedergabe, also der Erfüllung einer handwerklich-technischen Vorgabe, erschöpft.

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d) Die Einwände der Klägerin und des SG gegen die maßgebliche Heranziehung der Gesetzesmaterialien zum KSVG und des Künstlerberichts der Bundesregierung, auf den der Gesetzgeber im Rahmen des § 2 KSVG verwiesen hat, greifen nicht durch. Es trifft zwar zu, dass der Künstlerbericht im Bereich "Bildende Kunst/Design" mehrere Berufe erwähnt, die zum breiten Gebiet des Kunsthandwerks zählen (zB Keramiker, Graveure, Glas-, Textil-, Holz- und Metallgestalter) und als Handwerksberufe deshalb nur dann zur "Kunst" iS des § 2 KSVG gehören, wenn sich der Betroffene schwerpunktmäßig als Produktdesigner betätigt oder er in einschlägigen Fachkreisen trotz seiner kunsthandwerklichen Ausrichtung als "bildender Künstler" anerkannt ist(BSGE 80, 136 = SozR 3-5425 § 2 Nr 5; BSGE 82, 164 = SozR 3-5425 § 2 Nr 8; BSG SozR 3-5425 § 2 Nr 11 und 14). Eine vergleichbare Mehrdeutigkeit findet sich im Bereich der Werbung aber nicht.

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aa) Hätten die Verfasser des Künstlerberichts - und ihnen folgend der Gesetzgeber des KSVG - nur solche Formen und Produkte der Werbefotografie in den Kunstbegriff einbeziehen wollen, die im herkömmlichen Sinne "künstlerische" Qualität aufweisen oder eine "künstlerische" Werkhöhe repräsentieren, hätte es nahegelegen, auf die gesonderte Aufführung des Berufs des Werbefotografen gänzlich zu verzichten, weil diese "künstlerischen" Teile der Werbefotografie bereits durch die im Künstlerbericht ebenfalls erwähnten Berufsfelder der künstlerischen Fotografie und des Fotodesigns abgedeckt wären.

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bb) Für die Einbeziehung der Werbefotografie in ihrer gesamten Bandbreite spricht ferner der Umstand, dass auch die anderen Berufe, die am kreativen Prozess der bildlichen und textlichen Gestaltung von Werbung und Werbemitteln beteiligt sind, insgesamt und ohne Differenzierung nach künstlerischer oder publizistischer Qualität bzw Werkhöhe und ohne Berücksichtigung der Breite des gestalterischen Spielraums im Einzelfall dem Anwendungsbereich des § 2 KSVG zuzuordnen sind. So gehören zB Werbefilmregisseure, Werbefilmautoren, Werbesprecher, Werbegrafiker, Plakatmaler und Werbetexter unabhängig vom konkreten Inhalt eines Auftrages aus der Werbebranche und unabhängig von dem Umfang des eingeräumten Gestaltungsspielraumes zu den Künstlern und Publizisten iS des § 2 KSVG, weil ihre berufliche Tätigkeit als Gattung künstlerischer bzw publizistischer Natur ist (Regisseur, Drehbuchautor, Sprecher, Grafikdesigner, Maler, "in anderer Weise als durch Schriftstellerei oder Journalismus publizistisch Tätiger") und die Betätigung im Bereich der Werbung an der künstlerischen bzw publizistischen Natur ihrer Arbeit nichts ändert(vgl Finke/Brachmann/Nordhausen, aaO, § 2 RdNr 13, 14, 16, 17, 19, 20, § 24 RdNr 146). Daher wäre es sachwidrig, allein bei der Werbefotografie zwischen künstlerischer und nicht-künstlerischer Natur der Leistung zu unterscheiden.

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e) Die Ausbildung eines Werbefotografen als Fotografenhandwerker steht - ebenso wie die Eintragung seines Betriebs in der Handwerksrolle - der Einstufung als "bildender Künstler" iS des § 2 KSVG nicht entgegen, weil er als Werbefotograf das handwerkliche Berufsfeld des Fotografenmeisters verlässt. Werbefotografen sind damit Pressefotografen vergleichbar, die ebenfalls unabhängig von ihrer Ausbildung und der künstlerischen Qualität ihrer Bilder allein deshalb - als Publizisten - von § 2 KSVG erfasst werden, weil ihre Tätigkeit einem bestimmten Zweck dient (Pressefotografie, Bildjournalismus, Bildberichterstattung), der vom Berufsfeld des Fotografenhandwerks nicht umfasst wird(BSGE 78, 118 = SozR 3-5425 § 26 Nr 2).

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Bei der Werbefotografie bleibt für ihre Einordnung als künstlerisch also entscheidend, dass sie gerade zu Werbezwecken erfolgt. Dass ein Werbefotograf mit seinen Werken in einschlägigen Fachkreisen als "Künstler" anerkannt und behandelt wird, beispielsweise an Kunstausstellungen teilnimmt, Mitglied von Künstlervereinen ist, in Künstlerlexika aufgeführt wird, Auszeichnungen als Künstler erhalten hat oder andere Indizien auf eine derartige Anerkennung schließen, ist hingegen nicht Voraussetzung. Darauf könnte es nur ankommen, wenn es sich um ein Berufsfeld handeln würde, das dem Handwerk bzw Kunsthandwerk zuzuordnen wäre. Dies ist bei der Werbefotografie aber nicht der Fall, weil sie ein anderes Berufsfeld darstellt als die handwerkliche Fotografie. Die Werbeagenturen und Werbung betreibenden Unternehmen beauftragen deswegen für den für sie wichtigen Werbebereich in aller Regel auch nur professionelle Werbefotografen. Die Werbefotografie verkörpert zudem nicht lediglich einen Annex zur handwerklichen Fotografie. Dies könnte nur angenommen werden, wenn die Mehrzahl der Fotografenmeister sich zugleich als Werbefotografen betätigen würde. Das ist jedoch nicht der Fall. Nur in Ausnahmefällen werden - wie hier von L - beide Berufsfelder gleichzeitig abgedeckt.

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f) Festzuhalten bleibt somit, dass eine Begrenzung der Abgabepflicht nach dem KSVG auf jene Formen der Werbefotografie, die nach herkömmlichem Verständnis "künstlerischer Natur" ist und deshalb der künstlerischen Fotografie gleichzustellen wäre, weder von der Entstehungsgeschichte des KSVG noch von dessen Sinn und Zweck her möglich ist. Da die Einbeziehung aller Formen der Werbefotografie in den Kunstbegriff des § 2 KSVG auf einer Entscheidung des Gesetzgebers beruht, könnte eine denkbare Korrektur auch nur durch den Gesetzgeber selbst erfolgen. Eine Korrektur allein durch eine Änderung der Rechtsprechung wäre ausgeschlossen, weil die aus den Gesetzesmaterialien ersichtliche Grundentscheidung des Gesetzgebers (BT-Drucks 8/3172, S 20) eindeutig ist.

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6. Die Höhe der zu entrichtenden KSA ist zutreffend berechnet. Nach § 25 Abs 2 Satz 1 KSVG ist Entgelt iS des § 25 Abs 1 KSVG alles, was der zur Abgabe Verpflichtete(§ 24 KSVG)aufwendet, um das Werk oder die Leistung zu erhalten oder zu nutzen, abzüglich der in einer Rechnung oder Gutschrift gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer. Ausgenommen sind nach § 25 Abs 2 Satz 2 KSVG auch die Entgelte, die für urheberrechtliche Nutzungsrechte, sonstige Rechte des Urhebers oder Leistungsschutzrechte an Verwertungsgesellschaften gezahlt werden(Nr 1) sowie steuerfreie Aufwandsentschädigungen und die in § 3 Nr 26 EStG genannten steuerfreien Einnahmen(Nr 2). Nach der auf der Ermächtigungsgrundlage des § 25 Abs 2 Satz 3 KSVG beruhenden Künstlersozialversicherungs-Entgeltverordnung vom 22.1.1991 (BGBl I 156) sind ferner Aufwendungen für nachgewiesene Reisekosten sowie übliche Aufwendungen für die Bewirtung der selbstständigen Künstler und Publizisten aus der Bemessungsgrundlage auszuklammern. Diese Ausnahmetatbestände sind hier nicht erfüllt; weitere Ausnahmetatbestände haben weder der Gesetzgeber noch der Verordnungsgeber vorgesehen. Damit sind auch die in den Vergütungen für L und P enthaltenen Anteile für die Aufnahmetechnik und die Assistenten in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen (vgl im Einzelnen BSG SozR 3-5425 § 25 Nr 6). Offen bleiben kann die Frage, ob auch die gesondert berechneten Honorare für die Models mit der KSA zu belegen wären. Die Beklagte hat diese Honorare nicht in die Bemessungsgrundlage der KSA einbezogen, sondern sich auf die Vergütungen für L und P beschränkt.

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7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO.

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8. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a Abs 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3 sowie § 47 Abs 1 GKG. Obgleich hier zwei Streitgegenstände vorliegen (siehe dazu unter 1.), wird das für die Streitwertbemessung maßgebliche wirtschaftliche Interesse der Klägerin an der Klage allein durch die für drei Jahre auf insgesamt 4484,70 Euro festgelegte KSA-Schuld bestimmt, weil das Begehren einheitlich auf die Vermeidung der KSA-Pflicht bezüglich der Vergütungen von L und P in diesem Zeitraum gerichtet ist.

Künstler im Sinne dieses Gesetzes ist, wer Musik, darstellende oder bildende Kunst schafft, ausübt oder lehrt. Publizist im Sinne dieses Gesetzes ist, wer als Schriftsteller, Journalist oder in ähnlicher Weise publizistisch tätig ist oder Publizistik lehrt.

Selbständige Künstler und Publizisten werden in der allgemeinen Rentenversicherung, in der gesetzlichen Krankenversicherung und in der sozialen Pflegeversicherung versichert, wenn sie

1.
die künstlerische oder publizistische Tätigkeit erwerbsmäßig und nicht nur vorübergehend ausüben und
2.
im Zusammenhang mit der künstlerischen oder publizistischen Tätigkeit nicht mehr als einen Arbeitnehmer beschäftigen, es sei denn, die Beschäftigung erfolgt zur Berufsausbildung oder ist geringfügig im Sinne des § 8 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch.

Künstler im Sinne dieses Gesetzes ist, wer Musik, darstellende oder bildende Kunst schafft, ausübt oder lehrt. Publizist im Sinne dieses Gesetzes ist, wer als Schriftsteller, Journalist oder in ähnlicher Weise publizistisch tätig ist oder Publizistik lehrt.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.