Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 30. Aug. 2005 - L 13 AL 1226/05

bei uns veröffentlicht am30.08.2005

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Leistung der Entgeltsicherung für ältere Arbeitnehmer (Egs).
Der ... 1945 geborene Kläger hatte seit 1. August 1979 in einem Beschäftigungsverhältnis als Mitarbeiter im Anzeigenaußendienst bei der R KG in O gestanden. Am 17. Dezember 2002 meldete er sich beim Arbeitsamt Lahr (ArbA) arbeitslos und beantragte die Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg). Ausweislich der vorgelegten Arbeitsbescheinigung der R KG vom 30. Dezember 2002 war das Arbeitsverhältnis durch den Arbeitgeber am 29. Mai 2002 mit Wirkung zum 31. Dezember 2002 gekündigt worden. Das in der Arbeitsbescheinigung angegebene beitragspflichtige Bruttoarbeitsentgelt für die letzten zwölf Teilmonate lag zwischen 2.884,03 EUR (für Dezember 2002) und 4.500,00 EUR (für die Monate Mai, Juli, August und November 2002). Am 21. Januar 2003 nahm der Kläger an einer Gruppeninformationsveranstaltung "Rechte/Pflichten" teil. Mit Bescheid vom 31. Januar 2003 bewilligte das ArbA ihm Alg ab 1. Januar 2003 für die Dauer von 960 Tagen in Höhe von 338,43 EUR wöchentlich (gerundetes Bemessungsentgelt 890,00 EUR, Leistungsgruppe C, Kindermerkmal 0). Am 1. Februar 2003 nahm der Kläger eine bis 28. Februar 2003 befristete, weniger als 15 Stunden wöchentlich umfassende Tätigkeit als Ladenhilfe bei der Firma K auf. Ausweislich eines in der Verwaltungsakte des ArbA befindlichen Vermerkes teilte er in der Folge telefonisch mit, er stehe ab 1. April 2003 in einer Vollzeitbeschäftigung bei der L. Neben der Unterschrift unter diesem Vermerk wurde mit einem Stempel das Datum "– 1.04. (unleserlich)" vermerkt.
Die L hatte beim ArbA bereits am 20. März 2003 telefonisch die Bewilligung eines Eingliederungszuschusses (EGZ) für ältere Arbeitnehmer beantragt. Das am 24. März 2003 bei der L eingegangene Antragsformular war dort am Sonntag, dem 31. März 2003 unterzeichnet worden und ging am Montag, dem 1. April 2003 beim ArbA ein. Dem Antrag war der (bis 31. März 2004 befristete) Arbeitsvertrag zwischen der L und dem Kläger vom 28. März 2003 mit Beginn des Anstellungsverhältnisses 1. April 2003 beigefügt. Gemäß § 4 dieses Vertrages stand ihm für seine vertragliche Tätigkeit als Vergütung ein Fixum in Höhe von monatlich 620,00 EUR brutto nebst Umsatzprovisionen zu. Abweichend hiervon sollte der Kläger bis zum 30. September 2003 ein Festgehalt in Höhe von EUR 3.580,00 brutto erhalten; die Umstellung auf Fixum zuzüglich erwirtschafteter Provision war für die Zeit ab 1. Oktober 2003 vorgesehen mit näheren Modifikationen für den Fall, dass Fixum und Provision das anfängliche Festgehalt von 3580,00 EUR unterschreiten. Mit bestandskräftigem Bescheid vom 28. Mai 2003 bewilligte das ArbA der L einen EGZ für ältere Arbeitnehmer für die Dauer vom 1. April 2003 bis 30. Juni 2003 in Höhe von 1.288,80 EUR monatlich.
Am 9. Oktober 2003 teilte der Kläger dem ArbA telefonisch mit, er wolle einen Antrag auf Egs stellen. In seinem dem Antragsformular (beim ArbA eingegangen am 22. Oktober 2003) beigefügten Schreiben vom 21. Oktober 2002 führte er aus, er habe erst vor ca. drei Wochen zufällig durch eine Broschüre der Landesversicherungsanstalt Kenntnis von dieser Leistung erlangt. Auf die Möglichkeit, einen Antrag auf Egs zu stellen, sei er seitens der Mitarbeiter des ArbA nicht hingewiesen worden. Dem Antrag fügte er ferner eine Entgeltbescheinigung der L vom 17. Oktober 2003 bei. Danach betrug die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit seit 1. April 2003 35 Stunden, das monatliche Bruttoarbeitsentgelt belief sich auf 3.580,00 EUR. In einem Aktenvermerk des ArbA vom 5. November 2003 wurde ausgeführt, für die verspätete Antragstellung werde eine unbillige Härte nicht anerkannt. Bei der Gruppeninformationsveranstaltung am 21. Januar 2003 habe zwar keine Einzelberatung stattgefunden, es könne aber auch nicht verlangt werden, dass im Rahmen einer solchen Veranstaltung auf sämtliche denkbaren Möglichkeiten hingewiesen werde. Eine fehlerhafte Beratung zu einer vom Kläger gewünschten Information sei nicht erfolgt. Außerdem seien die Folgen der verspäteten Antragstellung nicht erheblich. Das Alg habe zuletzt ca. 1.467,00 EUR monatlich betragen. Demgegenüber verdiene der Kläger bei der L ca. 2.290,00 EUR netto. Ein Anreiz, das Beschäftigungsverhältnis mit der Bewilligung von Egs zu stabilisieren, sei nicht erforderlich. Mit Bescheid vom 12. November 2003 lehnte die Beklagte den Antrag auf Egs ab.
Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 4. Dezember 2003 Widerspruch. Er trug vor, seines Erachtens habe das ArbA gegen die ihm obliegenden Beratungspflichten verstoßen. Ein Anspruch auf die begehrte Leistung stehe ihm deshalb nach den Grundsätzen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs zu. Mit Widerspruchsbescheid vom 15. März 2004 wies die Widerspruchsstelle des ArbA den Widerspruch zurück. Das Merkblatt für Arbeitslose, das der Kläger bei Arbeitslosmeldung erhalten habe, enthalte einen Hinweis auf das Erfordernis einer rechtzeitigen Antragstellung. Zum Zeitpunkt der Arbeitsaufnahme habe es aus Sicht des ArbA keine Veranlassung gegeben, über die Möglichkeit der Beantragung von Egs zu informieren.
Mit der am 14. April 2004 beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Er habe Herrn M, den für ihn beim ArbA zuständigen Mitarbeiter, bereits am 28. März 2003 über das am 1. April 2003 beginnende Beschäftigungsverhältnis informiert. Dem ArbA sei nicht nur sein Alter, sondern auch das zuletzt erzielte Gehalt bekannt gewesen. Angesichts seiner zwanzigjährigen Betriebszugehörigkeit hätte sich aufgedrängt, dass dieses Gehalt von ihm bei einem beruflichen Neuanfang nicht mehr erzielt werden könne. Außerdem habe es in der fraglichen Zeit intensive Kontakte zwischen der L und dem ArbA gegeben; auch sei seine Einstellung bei der L durch die Beklagte gefördert worden. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Mit Urteil vom 18. Februar 2005 hat das SG die Beklagte verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 1. April 2003 bis 30. September 2004 Egs zu gewähren. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Gegen das ihr am 10. März 2005 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 24. März 2005 schriftlich beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Sie trägt vor, die beantragten Leistungen der Egs seien zu Recht abgelehnt worden, weil der Kläger den erforderlichen Antrag nicht rechtzeitig gestellt habe. Leistungen der Arbeitsförderung könnten nur erbracht werden, wenn sie vor dem Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses beantragt worden seien. Dies sei hier nicht der Fall, da der Antrag des Klägers erst im Oktober 2003 beim ArbA eingegangen sei. Auch zur Vermeidung unbilliger Härten sei eine verspätete Antragstellung hier nicht zuzulassen; eine unbillige Härte liege nicht vor. Letztlich habe sie auch die ihr obliegenden Informations- und Beratungspflichten nicht verletzt. Ein konkreter für sie erkennbarer Anlass für eine Beratung des Klägers über Leistungen der Egs habe im vorliegenden Fall nicht bestanden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 18. Februar 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
10 
Der Kläger beantragt,
11 
die Berufung zurückzuweisen.
12 
Er hält das angefochtene Urteil des SG für zutreffend. Entgegen der ihm obliegenden Verpflichtung habe das ArbA ihn nicht über die Möglichkeit der Beantragung von Leistungen der Egs informiert. Er habe am 28. März 2003 die Aufnahme des Beschäftigungsverhältnisses am 1. April 2003, nicht aber die Höhe der vereinbarten Gehaltszahlung mitgeteilt.
13 
Wegen der weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten (Kundennummer ...), die Klageakte des SG (S 3 AL 1305/04) und die Berufungsakte des Senats (L 13 AL 1087/04) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
14 
Die Berufung der Beklagten hat Erfolg. Sie ist statthaft, da der Wert des Beschwerdegegenstandes 500,00 EUR übersteigt (vgl. §§ 143, 144 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz) und auch im Übrigen zulässig, da sie unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt wurde.
15 
Die Berufung ist auch begründet, das SG hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (vgl. § 54 Abs. 4 SGG) ist der den Antrag des Klägers auf Gewährung von Leistungen zur Egs ablehnende Bescheid vom 12. November 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. März 2004. Dieser erweist sich als rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von Leistungen zur Egs. Darüber hinaus besteht auch kein hilfsweise mit der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage geltend zu machender Anspruch auf Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts.
16 
Gemäß § 421j Abs. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) in der Fassung des am 1. Januar 2003 in Kraft getretenen Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2002 (BGBl. I S. 4607) haben Arbeitnehmer, die das 50. Lebensjahr vollendet haben und ihre Arbeitslosigkeit durch Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung beenden oder vermeiden, Anspruch auf Leistungen der Entgeltsicherung, wenn sie einen Anspruch auf Arbeitslosengeld haben und bei Aufnahme der Beschäftigung noch über einen Restanspruch von mindestens 180 Tagen verfügen oder einen Anspruch auf Arbeitslosengeld über mindestens die gleiche Dauer hätten (Nr. 1) und ein Arbeitsentgelt beanspruchen können, das den tariflichen oder, wenn eine tarifliche Regelung nicht besteht, ortsüblichen Bedingungen entspricht (Nr. 2). Leistungen der Arbeitsförderung werden nach § 324 Abs. 1 Satz 1 SGB III nur erbracht, wenn sie vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses beantragt worden sind. Zur Vermeidung unbilliger Härten kann das Arbeitsamt eine verspätete Antragstellung zulassen (§ 324 Abs. 1 Satz 2 SGB III).
17 
Der Senat kann offenlassen, ob der Kläger die Anspruchsvoraussetzungen für die Leistungen der Egs gemäß § 421j SGB III erfüllt, denn ein Anspruch scheitert vorliegend bereits an der verspäteten Antragstellung. Als leistungsbegründendes Ereignis im Sinne des § 324 Abs. 1 Satz 1 SGB III ist grundsätzlich das Ereignis anzusehen, das den Leistungsfall auslöst. Bei Leistungen der aktiven Arbeitsförderung handelt es sich hier um das Ereignis, das den unmittelbaren Leistungsbedarf verursacht (vgl. Niesel, SGB III, § 324 Rdnr. 5). Im Fall des Klägers ist dieses Ereignis spätestens mit der Aufnahme des Beschäftigungsverhältnisses bei der L am 1. April 2003 eingetreten. Der Antrag auf Gewährung von Leistungen zur Egs ist demgegenüber mündlich erst am 9. Oktober 2003 gestellt worden; der schriftliche Antrag ist beim ArbA erst am 22. Oktober 2003, also lange nach Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses eingegangen.
18 
Eine unbillige Härte im Sinne des § 324 Abs. 1 Satz 2 SGB III, die eine Verpflichtung der Beklagten zur Ermessensausübung hinsichtlich einer Zulassung der verspäteten Antragstellung begründen würde, kann nach Überzeugung des Senats nicht festgestellt werden. Eine solche kann durch Umstände in der Sphäre des Antragstellers begründet sein, z. B. wenn die Ablehnung des Antrages für diesen eine wirtschaftliche Notlage bedeuten würde (vgl. BSG SozR 1300 § 50 Nr. 6; BSG SozR 1300 § 154 Nr. 8). Eine besondere Härte kann darüber hinaus aber auch durch Umstände begründet werden, die dem Verantwortungsbereich des zuständigen Leistungsträgers zuzuordnen sind. Ein verspäteter Antrag kann deshalb jedenfalls dann zugelassen werden, wenn sich die Berufung auf die verspätete Antragstellung aus Sicht des Leistungsträgers als Verstoß gegen Treu und Glauben darstellen würde. Weder für die eine noch für die andere Variante sind im vorliegenden Fall Anhaltspunkte ersichtlich. Der Kläger hat bei der L zunächst ein Bruttoarbeitsentgelt in Höhe von monatlich 3.580,00 EUR erzielt. Für die Zeit ab 1. Oktober 2003 war (befristet bis 31. März 2004) auch nach der Umstellung der Vergütung auf Fixum und Umsatzprovision ein Mindestlohn in Höhe von 3580,00 EUR garantiert. Das sich hieraus ergebende Nettogehalt lag deutlich über dem Alg, das der Kläger bis 31. März 2003 bezogen hat. Eine wirtschaftliche Notlage wurde also durch die Aufnahme der Tätigkeit bei der L nicht verursacht, ein Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem damals noch geltenden Bundessozialhilfegesetz kam bei Weitem nicht in Betracht. Ein Verhalten der Beklagten, das die Berufung auf die verspätete Antragstellung als treuwidrig erscheinen lassen könnte, liegt ebenfalls nicht vor. Die Versagung der beantragten Leistungen allein vermag die Annahme einer unbilligen Härte im Sinne des § 324 Abs. 1 Satz 2 SGB II angesichts der Ausgestaltung dieser Norm als Ausnahmetatbestand nicht zu rechtfertigen. Auch bei Heranziehung der früher bei Versäumung von Antragsfristen im Rentenversicherungsrecht geltenden Nachsichtgewährung (vgl. BSGE 48, 12, 17; BSG SozR 5070 § 10 Nr. 22; BSG SozR 5750 Art. 2 § 51a Nr. 55) könnte eine unbillige Härte nicht bejaht werden, weil die durch die Fristversäumung eintretenden Folgen für den Kläger nicht erheblich, sondern gering sind.
19 
Letztlich kann sich der Kläger auch nicht mit Erfolg auf einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch berufen. Dieses in der sozialgerichtlichen Rechtsprechung entwickelte Rechtsinstitut ist auf die Herstellung des Zustandes gerichtet, der eingetreten wäre, wenn ein Versicherungsträger die ihm aufgrund eines Gesetzes oder eines konkreten Sozialrechtsverhältnisses dem Versicherten gegenüber erwachsenen Haupt- oder Nebenpflichten, insbesondere zur Auskunft und Beratung, ordnungsgemäß wahrgenommen hätte (vgl. BSGE 91, 1; BSG SozR 3-2600 § 115 Nr. 1; SozR 3-1200 § 14 Nr. 12). Voraussetzung für einen solchen Anspruch ist das Vorliegen einer Pflichtverletzung, also eines rechtswidrigen Verhaltens des Versicherungsträgers, durch das ein sozialrechtlicher Schaden entstanden ist (vgl. zum Ganzen Seewald in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, SGB I, vor §§ 38 bis 47 Rdnr. 30 ff. m.w.N.). Der Senat kann offenlassen, ob eine Anwendung dieses Rechtsinstituts wegen der insoweit spezielleren Regelung des § 324 Abs. 1 Satz 2 SGB III ausgeschlossen und die Berücksichtigung einer Pflichtverletzung des zuständigen Leistungsträgers allein im Rahmen des Tatbestandsmerkmals der "unbilligen Härte" möglich ist (Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 23. April 2004 – L 8 AL 4489/03 – veröffentlicht in Juris; ebenso BSGE 56, 266 zum Begriff der besonderen Härte im Sinne des § 140 Abs. 3 des Angestelltenversicherungsgesetzes/§ 1418 Abs. 3 der Reichsversicherungsordnung), denn eine der Beklagten anzulastende Pflichtverletzung ist hier nicht gegeben. Das ArbA hat seine Pflicht zur Beratung und Auskunft (vgl. §§ 14 und 15 SGB I) gegenüber dem Kläger nicht verletzt. Grundsätzlich besteht keine allgemeine Verpflichtung der Beklagten, sämtliche Arbeitslosen auf die für sie möglicherweise in Betracht kommenden Leistungen der Arbeitsförderung auch ohne besonderen Anlass – etwa schon bei der Arbeitslosmeldung oder im Rahmen einer allgemeinen Informationsveranstaltung – hinzuweisen. Eine Beratungspflicht setzt vielmehr voraus, dass dafür nach den Umständen des Einzelfalls ein besonderer Anlass besteht (vgl. BSG SozR 4100 § 125 Nr. 3; SozR 3-4100 § 125 Nr. 19). Ein solcher Anlass kann sich beispielsweise aus einem konkreten Beratungsersuchen des Arbeitslosen ergeben, darüber hinaus ist er aber auch dann anzunehmen, wenn Gestaltungsmöglichkeiten, deren Wahrnehmung offensichtlich so zweckmäßig sind dass sie ein verständiger Versicherter mutmaßlich nutzen würde, klar zu Tage treten (BSG SozR 3-4100 § 110 Nr. 2; SozR 3-1200 § 14 Nr. 12; SozR 2200 § 1290 Nr. 11; SozR 7610 § 242 Nr. 5). Dabei ist die Frage, ob eine Gestaltungsmöglichkeit klar zu Tage tritt, allein nach den objektiven Merkmalen zu beurteilen (BSG SozR 3-1200 § 14 Nr. 16).
20 
Ein solcher Anlass lag hier nicht vor. Nachdem der Kläger selbst bei der Beklagten nicht um eine entsprechende Beratung nachgesucht hat, käme eine Verpflichtung der Beklagten zur "spontanen" Beratung des Klägers nur dann in Betracht, wenn diese vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses im Sinne des § 324 Abs. 1 Satz 1 SGB III, also vor Aufnahme des Beschäftigungsverhältnisses bei der L am 1. April 2003 von sämtlichen Tatbestandsvoraussetzungen eines Anspruchs gemäß § 421j SGB III Kenntnis erlangt hätte, oder diese Kenntnis zumindest ohne Weiteres hätte erlangen können. Den Mitarbeitern des ArbA war jedoch vor dem 1. April 2003 lediglich das Alter des Klägers bekannt. Von der Höhe der zwischen der L und dem Kläger arbeitsvertraglich vereinbarten Vergütung erhielt die Beklagte erst durch den seitens der L gestellten Antrag auf Gewährung eines Egz für ältere Arbeitnehmer Kenntnis. Im Zuge dieses Antragsverfahrens wurde der am 28. März 2003 unterzeichnete Arbeitsvertrag vorgelegt, dieser ist jedoch erst am 1. April 2003 bei der Beklagten eingegangen. Da der Kläger nach seinem eigenen Bekunden nicht auf die Höhe der Vergütung hingewiesen hat, konnte eine Beratung dementsprechend erst nach Eingang des Arbeitsvertrages am 1. April 2003 erfolgen. Eine rechtzeitige Antragstellung im Sinne des § 324 Abs. 1 SGB III hätte zu diesem Zeitpunkt nicht mehr bewirkt werden können.
21 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe

 
14 
Die Berufung der Beklagten hat Erfolg. Sie ist statthaft, da der Wert des Beschwerdegegenstandes 500,00 EUR übersteigt (vgl. §§ 143, 144 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz) und auch im Übrigen zulässig, da sie unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt wurde.
15 
Die Berufung ist auch begründet, das SG hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (vgl. § 54 Abs. 4 SGG) ist der den Antrag des Klägers auf Gewährung von Leistungen zur Egs ablehnende Bescheid vom 12. November 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. März 2004. Dieser erweist sich als rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von Leistungen zur Egs. Darüber hinaus besteht auch kein hilfsweise mit der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage geltend zu machender Anspruch auf Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts.
16 
Gemäß § 421j Abs. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) in der Fassung des am 1. Januar 2003 in Kraft getretenen Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2002 (BGBl. I S. 4607) haben Arbeitnehmer, die das 50. Lebensjahr vollendet haben und ihre Arbeitslosigkeit durch Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung beenden oder vermeiden, Anspruch auf Leistungen der Entgeltsicherung, wenn sie einen Anspruch auf Arbeitslosengeld haben und bei Aufnahme der Beschäftigung noch über einen Restanspruch von mindestens 180 Tagen verfügen oder einen Anspruch auf Arbeitslosengeld über mindestens die gleiche Dauer hätten (Nr. 1) und ein Arbeitsentgelt beanspruchen können, das den tariflichen oder, wenn eine tarifliche Regelung nicht besteht, ortsüblichen Bedingungen entspricht (Nr. 2). Leistungen der Arbeitsförderung werden nach § 324 Abs. 1 Satz 1 SGB III nur erbracht, wenn sie vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses beantragt worden sind. Zur Vermeidung unbilliger Härten kann das Arbeitsamt eine verspätete Antragstellung zulassen (§ 324 Abs. 1 Satz 2 SGB III).
17 
Der Senat kann offenlassen, ob der Kläger die Anspruchsvoraussetzungen für die Leistungen der Egs gemäß § 421j SGB III erfüllt, denn ein Anspruch scheitert vorliegend bereits an der verspäteten Antragstellung. Als leistungsbegründendes Ereignis im Sinne des § 324 Abs. 1 Satz 1 SGB III ist grundsätzlich das Ereignis anzusehen, das den Leistungsfall auslöst. Bei Leistungen der aktiven Arbeitsförderung handelt es sich hier um das Ereignis, das den unmittelbaren Leistungsbedarf verursacht (vgl. Niesel, SGB III, § 324 Rdnr. 5). Im Fall des Klägers ist dieses Ereignis spätestens mit der Aufnahme des Beschäftigungsverhältnisses bei der L am 1. April 2003 eingetreten. Der Antrag auf Gewährung von Leistungen zur Egs ist demgegenüber mündlich erst am 9. Oktober 2003 gestellt worden; der schriftliche Antrag ist beim ArbA erst am 22. Oktober 2003, also lange nach Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses eingegangen.
18 
Eine unbillige Härte im Sinne des § 324 Abs. 1 Satz 2 SGB III, die eine Verpflichtung der Beklagten zur Ermessensausübung hinsichtlich einer Zulassung der verspäteten Antragstellung begründen würde, kann nach Überzeugung des Senats nicht festgestellt werden. Eine solche kann durch Umstände in der Sphäre des Antragstellers begründet sein, z. B. wenn die Ablehnung des Antrages für diesen eine wirtschaftliche Notlage bedeuten würde (vgl. BSG SozR 1300 § 50 Nr. 6; BSG SozR 1300 § 154 Nr. 8). Eine besondere Härte kann darüber hinaus aber auch durch Umstände begründet werden, die dem Verantwortungsbereich des zuständigen Leistungsträgers zuzuordnen sind. Ein verspäteter Antrag kann deshalb jedenfalls dann zugelassen werden, wenn sich die Berufung auf die verspätete Antragstellung aus Sicht des Leistungsträgers als Verstoß gegen Treu und Glauben darstellen würde. Weder für die eine noch für die andere Variante sind im vorliegenden Fall Anhaltspunkte ersichtlich. Der Kläger hat bei der L zunächst ein Bruttoarbeitsentgelt in Höhe von monatlich 3.580,00 EUR erzielt. Für die Zeit ab 1. Oktober 2003 war (befristet bis 31. März 2004) auch nach der Umstellung der Vergütung auf Fixum und Umsatzprovision ein Mindestlohn in Höhe von 3580,00 EUR garantiert. Das sich hieraus ergebende Nettogehalt lag deutlich über dem Alg, das der Kläger bis 31. März 2003 bezogen hat. Eine wirtschaftliche Notlage wurde also durch die Aufnahme der Tätigkeit bei der L nicht verursacht, ein Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem damals noch geltenden Bundessozialhilfegesetz kam bei Weitem nicht in Betracht. Ein Verhalten der Beklagten, das die Berufung auf die verspätete Antragstellung als treuwidrig erscheinen lassen könnte, liegt ebenfalls nicht vor. Die Versagung der beantragten Leistungen allein vermag die Annahme einer unbilligen Härte im Sinne des § 324 Abs. 1 Satz 2 SGB II angesichts der Ausgestaltung dieser Norm als Ausnahmetatbestand nicht zu rechtfertigen. Auch bei Heranziehung der früher bei Versäumung von Antragsfristen im Rentenversicherungsrecht geltenden Nachsichtgewährung (vgl. BSGE 48, 12, 17; BSG SozR 5070 § 10 Nr. 22; BSG SozR 5750 Art. 2 § 51a Nr. 55) könnte eine unbillige Härte nicht bejaht werden, weil die durch die Fristversäumung eintretenden Folgen für den Kläger nicht erheblich, sondern gering sind.
19 
Letztlich kann sich der Kläger auch nicht mit Erfolg auf einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch berufen. Dieses in der sozialgerichtlichen Rechtsprechung entwickelte Rechtsinstitut ist auf die Herstellung des Zustandes gerichtet, der eingetreten wäre, wenn ein Versicherungsträger die ihm aufgrund eines Gesetzes oder eines konkreten Sozialrechtsverhältnisses dem Versicherten gegenüber erwachsenen Haupt- oder Nebenpflichten, insbesondere zur Auskunft und Beratung, ordnungsgemäß wahrgenommen hätte (vgl. BSGE 91, 1; BSG SozR 3-2600 § 115 Nr. 1; SozR 3-1200 § 14 Nr. 12). Voraussetzung für einen solchen Anspruch ist das Vorliegen einer Pflichtverletzung, also eines rechtswidrigen Verhaltens des Versicherungsträgers, durch das ein sozialrechtlicher Schaden entstanden ist (vgl. zum Ganzen Seewald in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, SGB I, vor §§ 38 bis 47 Rdnr. 30 ff. m.w.N.). Der Senat kann offenlassen, ob eine Anwendung dieses Rechtsinstituts wegen der insoweit spezielleren Regelung des § 324 Abs. 1 Satz 2 SGB III ausgeschlossen und die Berücksichtigung einer Pflichtverletzung des zuständigen Leistungsträgers allein im Rahmen des Tatbestandsmerkmals der "unbilligen Härte" möglich ist (Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 23. April 2004 – L 8 AL 4489/03 – veröffentlicht in Juris; ebenso BSGE 56, 266 zum Begriff der besonderen Härte im Sinne des § 140 Abs. 3 des Angestelltenversicherungsgesetzes/§ 1418 Abs. 3 der Reichsversicherungsordnung), denn eine der Beklagten anzulastende Pflichtverletzung ist hier nicht gegeben. Das ArbA hat seine Pflicht zur Beratung und Auskunft (vgl. §§ 14 und 15 SGB I) gegenüber dem Kläger nicht verletzt. Grundsätzlich besteht keine allgemeine Verpflichtung der Beklagten, sämtliche Arbeitslosen auf die für sie möglicherweise in Betracht kommenden Leistungen der Arbeitsförderung auch ohne besonderen Anlass – etwa schon bei der Arbeitslosmeldung oder im Rahmen einer allgemeinen Informationsveranstaltung – hinzuweisen. Eine Beratungspflicht setzt vielmehr voraus, dass dafür nach den Umständen des Einzelfalls ein besonderer Anlass besteht (vgl. BSG SozR 4100 § 125 Nr. 3; SozR 3-4100 § 125 Nr. 19). Ein solcher Anlass kann sich beispielsweise aus einem konkreten Beratungsersuchen des Arbeitslosen ergeben, darüber hinaus ist er aber auch dann anzunehmen, wenn Gestaltungsmöglichkeiten, deren Wahrnehmung offensichtlich so zweckmäßig sind dass sie ein verständiger Versicherter mutmaßlich nutzen würde, klar zu Tage treten (BSG SozR 3-4100 § 110 Nr. 2; SozR 3-1200 § 14 Nr. 12; SozR 2200 § 1290 Nr. 11; SozR 7610 § 242 Nr. 5). Dabei ist die Frage, ob eine Gestaltungsmöglichkeit klar zu Tage tritt, allein nach den objektiven Merkmalen zu beurteilen (BSG SozR 3-1200 § 14 Nr. 16).
20 
Ein solcher Anlass lag hier nicht vor. Nachdem der Kläger selbst bei der Beklagten nicht um eine entsprechende Beratung nachgesucht hat, käme eine Verpflichtung der Beklagten zur "spontanen" Beratung des Klägers nur dann in Betracht, wenn diese vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses im Sinne des § 324 Abs. 1 Satz 1 SGB III, also vor Aufnahme des Beschäftigungsverhältnisses bei der L am 1. April 2003 von sämtlichen Tatbestandsvoraussetzungen eines Anspruchs gemäß § 421j SGB III Kenntnis erlangt hätte, oder diese Kenntnis zumindest ohne Weiteres hätte erlangen können. Den Mitarbeitern des ArbA war jedoch vor dem 1. April 2003 lediglich das Alter des Klägers bekannt. Von der Höhe der zwischen der L und dem Kläger arbeitsvertraglich vereinbarten Vergütung erhielt die Beklagte erst durch den seitens der L gestellten Antrag auf Gewährung eines Egz für ältere Arbeitnehmer Kenntnis. Im Zuge dieses Antragsverfahrens wurde der am 28. März 2003 unterzeichnete Arbeitsvertrag vorgelegt, dieser ist jedoch erst am 1. April 2003 bei der Beklagten eingegangen. Da der Kläger nach seinem eigenen Bekunden nicht auf die Höhe der Vergütung hingewiesen hat, konnte eine Beratung dementsprechend erst nach Eingang des Arbeitsvertrages am 1. April 2003 erfolgen. Eine rechtzeitige Antragstellung im Sinne des § 324 Abs. 1 SGB III hätte zu diesem Zeitpunkt nicht mehr bewirkt werden können.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

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(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 151


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Jeder hat Anspruch auf Beratung über seine Rechte und Pflichten nach diesem Gesetzbuch. Zuständig für die Beratung sind die Leistungsträger, denen gegenüber die Rechte geltend zu machen oder die Pflichten zu erfüllen sind.

Sozialgesetzbuch (SGB) Erstes Buch (I) - Allgemeiner Teil - (Artikel I des Gesetzes vom 11. Dezember 1975, BGBl. I S. 3015) - SGB 1 | § 15 Auskunft


(1) Die nach Landesrecht zuständigen Stellen, die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung sind verpflichtet, über alle sozialen Angelegenheiten nach diesem Gesetzbuch Auskünfte zu erteilen. (2) Die Auskunftspf

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Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 02. Juni 2004 - L 13 AL 1087/04

bei uns veröffentlicht am 02.06.2004

Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 4. Februar 2004 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten. Tatbestand   1

Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 23. Apr. 2004 - L 8 AL 4489/03

bei uns veröffentlicht am 23.04.2004

Tatbestand   1  Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung eines Existenzgründungszuschusses zusteht. 2  Der Kläger bezog vom Arbeitsamt Lahr (AA) Arbei

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Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 4. Februar 2004 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten über das Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld (Alg) wegen des Eintritts einer dreiwöchigen Sperrzeit.
Der 1949 geborene Kläger war in der Zeit vom 1. Juni 2001 bis 31. März 2002 als Vertriebsbeauftragter bei der Firma in Sch. (G.) beschäftigt. Am 1. März 2003 nahm er eine gemäß Zeitarbeitsvertrag vom 16. März 2003 bis 30. Juni 2003 befristete Beschäftigung beim Sportverein 1886 e. V. (H.) auf. Nach § 1 des Arbeitsvertrages umfasste das Aufgabengebiet des Klägers die Abwicklung der Spielbetriebsgesellschaft H. mbH, den Neuaufbau einer Handballabteilung, Marketing und Öffentlichkeitsarbeit. Er verpflichtete sich darüber hinaus, im Bedarfsfall auch andere ihm zumutbare Tätigkeiten zu übernehmen. Die Arbeitsvertragsparteien lösten das Beschäftigungsverhältnis mit Vereinbarung vom 13. Mai 2003 zum 31. Mai 2003 vorzeitig auf.
Am 14. Mai 2003 meldete sich der Kläger beim Arbeitsamt M., Geschäftsstelle Schw. (ArbA) mit Wirkung zum 1. Juni 2003 arbeitslos und beantragte die Bewilligung von Alg. Nach Vorlage von Arbeitsbescheinigungen der Firma G. und des H. erklärte der Kläger in dem Fragebogen zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses bei Kündigung durch den Arbeitnehmer oder Abschluss eines Aufhebungs-/Auflösungsvertrages vom 16. Mai 2003, er habe die Arbeiten für den Verein bereits vorzeitig beendet. Der Neuaufbau einer Handballabteilung sei bereits zum 31. Mai 2003 abgeschlossen gewesen. Deshalb habe man sich auf eine vorzeitige Lösung des Vertrages zu diesem Zeitpunkt geeinigt.
Mit Bescheid vom 19. Mai 2003 stellte das ArbA den Eintritt einer dreiwöchigen Sperrzeit (1. Juni 2003 bis 21. Juni 2003) fest. Zur Begründung führte es aus, der Kläger habe das Beschäftigungsverhältnis beim H. durch Abschluss eines Aufhebungsvertrages selbst gelöst. Für dieses Verhalten habe er keinen wichtigen Grund gehabt. Das Arbeitsverhältnis habe nach den vertraglichen Regelungen nicht mit Erledigung der übertragenen Aufgaben, sondern mit Ablauf der vereinbarten Vertragslaufzeit geendet. Außerdem habe der Kläger sich gegenüber dem Arbeitgeber verpflichtet, auch andere ihm zumutbare Beschäftigungen zu übernehmen. Mit Bescheid vom 22. Mai 2003 bewilligte das ArbA dem Kläger Alg ab 22. Juni 2003 in Höhe von wöchentlich 335,23 EUR (wöchentliches Bemessungsentgelt gerundet 880, Leistungsgruppe C, Kindermerkmal 0). Gegen den Bescheid vom 19. Mai 2003 erhob der Kläger am 10. Juni 2003 Widerspruch. Er trug vor, der Arbeitsvertrag habe eine feste Aufgabenstellung beinhaltet. Nach Erfüllung dieser Aufgaben sei man an ihn herangetreten und habe um eine einvernehmliche Vertragsaufhebung gebeten. Gleichzeitig sei ihm zum Jahresende ein fester Arbeitsplatz in Aussicht gestellt worden. Bei dieser Sachlage habe für ihn keine ernsthafte Möglichkeit bestanden, der Bitte des H. nicht zu entsprechen. Mit Widerspruchsbescheid vom 24. Oktober 2003 wies die Widerspruchsstelle des ArbA den Widerspruch zurück. Weder die vorzeitige Erledigung der vertraglich geschuldeten Arbeit, noch die vage Aussicht auf eine Festanstellung zu einem noch nicht absehbaren Zeitpunkt könne als wichtiger Grund für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses anerkannt werden.
Mit der am 31. Oktober 2003 beim Sozialgericht Mannheim (SG) erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Die vertragliche Festlegung der Dauer des Beschäftigungsverhältnisses sei unter seiner Mitwirkung erfolgt. Die ursprüngliche Prognose habe sich jedoch als unrichtig erwiesen, er sei in der Lage gewesen, die ihm gestellten Aufgaben zügiger zu erledigen. Er habe deshalb keinen Grund gesehen, den H. länger mit einer Gehaltszahlung zu belasten, ohne hierfür eine Gegenleistung erbringen zu können. Mit seiner Zustimmung zur vorzeitigen Vertragsauflösung habe er ein der Arbeitsplatzsituation angepasstes Verhalten gezeigt, das nicht sanktioniert werden dürfe. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Das SG hat in der mündlichen Verhandlung am 4. Februar 2004 den Kläger persönlich angehört und den ersten Vorsitzenden des H., M., als Zeugen vernommen. Dieser hat ausgesagt, der Kläger habe die ihm übertragenen Aufgaben zur vollsten Zufriedenheit in kürzester Zeit erledigt. Die finanzielle Situation des Vereins sei aber nach wie vor sehr schwierig gewesen, es habe letztlich die Insolvenz gedroht. Deshalb habe man nach Abschluss der dem Kläger übertragenen Aufgaben auf eine vorzeitige Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses gedrängt. Die finanziellen Probleme seien auch ursächlich dafür, dass die zunächst in Aussicht genommene Festanstellung des Klägers in der Geschäftsstelle des Vereins noch nicht habe realisiert werden können. Mit Urteil vom 4. Februar 2004 hat das SG den Bescheid vom 19. Mai 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Oktober 2003 aufgehoben. Der Kläger habe durch seine Zustimmung zur vorzeitigen Vertragsauflösung das Beschäftigungsverhältnis beim H. zwar gelöst, hierfür habe er jedoch einen wichtigen Grund gehabt. Der Eintritt einer Sperrzeit sei deshalb ausgeschlossen. Die rechtliche Ausgestaltung des Beschäftigungsverhältnisses sei den Interessen der Vertragsparteien nicht gerecht geworden. Diesem Umstand müsse auch bei der Beurteilung, ob ein wichtiger Grund vorliege, Rechnung getragen werden. Eine unzweckmäßige Vertragsgestaltung solle durch den Sperrzeittatbestand nämlich nicht sanktioniert werden. Außerdem müssten die sozialen Gründe, gegenüber den Mitgliedern eines gemeinnützigen Vereins nicht auf einer Vertragserfüllung zu bestehen, berücksichtigt werden.
Gegen das ihr gemäß Empfangsbekenntnis am 16. Februar 2004 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 16. März 2004 schriftlich beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Sie trägt vor, der Kläger habe entgegen den Ausführungen des SG keinen wichtigen Grund für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gehabt. Ein solcher könne nur anerkannt werden, wenn dem Arbeitnehmer unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung seiner Interessen mit denjenigen der Versichertengemeinschaft oder der Allgemeinheit ein anderes Verhalten nicht zugemutet werden könne. Die Wahrung der wirtschaftlichen Interessen des H. stelle keinen wichtigen Grund in diesem Sinne dar.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 4. Februar 2004 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
10 
die Berufung zurückzuweisen.
11 
Er hält die rechtliche Würdigung des SG für zutreffend. Die Aussage des Zeugen M. habe deutlich gemacht, dass der gesamte Verein in seiner Existenz gefährdet gewesen sei. In einer solchen Situation könne dem Interesse der Versichertengemeinschaft an einer Aufrechterhaltung des Beschäftigungsverhältnisses nicht der Vorrang eingeräumt werden.
12 
Wegen der weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten, die Klageakte des SG (S 9 AL 3138/03) und die Berufungsakte des Senats (L 13 AL 1087/04) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
13 
Die Berufung der Beklagten hat Erfolg. Sie ist statthaft, da der Wert des Beschwerdegegenstandes 500 EUR übersteigt (vgl. §§ 143, 144 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) und zulässig, da sie unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt wurde.
14 
Die Berufung ist auch begründet, das SG hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage ist neben dem für den Zeitraum vom 1. Juni 2003 bis 21. Juni 2003 das Ruhen des Anspruchs auf Alg feststellenden Bescheid vom 19. Mai 2003 auch der Bewilligungsbescheid vom 22. Mai 2003, mit dem die Beklagte Alg ab 22. Juni 2003 gewährt hat. Der Kläger begehrt die Bewilligung von Alg bereits ab 1. Juni 2003, dieses Prozessziel kann er mit einer isolierten Anfechtung des Bescheides vom 19. Mai 2003 allein nicht erreichen. Die Beklagte hat jedoch zu Recht den Eintritt einer dreiwöchigen Sperrzeit festgestellt. Der Bescheid vom 19. Mai 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Oktober 2003 erweist sich deshalb als rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Dementsprechend hat die Beklagte mit Bescheid vom 22. Mai 2003 zutreffend Alg erst ab 22. Juni 2003 bewilligt, der Kläger hat keinen Anspruch auf Alg bereits ab 1. Juni 2003.
15 
Nach § 144 Abs. 1 Nr. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) in der hier anzuwendenden Fassung des Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2002 (BGBl. I S. 4607) tritt eine Sperrzeit unter anderem dann ein, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat, ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund zu haben. Die Sperrzeit beginnt mit dem Tage nach dem Ereignis, das sie begründet; während der Sperrzeit ruht der Anspruch auf Alg (§ 144 Abs. 2 Sätze 1 und 2 SGB III). Die Dauer der Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe beträgt zwölf Wochen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 SGB III), sie verkürzt sich auf drei Wochen, wenn das Arbeitsverhältnis innerhalb von sechs Wochen nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, ohne eine Sperrzeit geendet hätte (§ 144 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 SGB III).
16 
Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Grundgedanke der Sperrzeitregelung ist, dass sich die Versichertengemeinschaft gegen vom Versicherten zu vertretende Risikofälle wehren muss (vgl. eingehend Bundessozialgericht (BSG) SozR 3-4100 § 119 Nr. 15 und 17). Es kommt darauf an, ob der Arbeitslose die wesentliche Ursache für den Eintritt - oder nach einer Zwischenbeschäftigung die Fortdauer - der Arbeitslosigkeit gesetzt hat (vgl. BSG SozR 4100 § 119 Nr. 24; BSG SozR 3-4100 § 119 Nr. 6). Vorliegend hat der Kläger hat durch die Zustimmung zur einvernehmlichen und vorzeitigen Vertragsauflösung sein Beschäftigungsverhältnis gelöst und damit seine erneute Arbeitslosigkeit zumindest grob fahrlässig herbeigeführt. Zutreffend hat das SG darauf hingewiesen, dass der Kläger aufgrund der ohnehin bestehenden Befristung des Arbeitsvertrages lediglich dazu beigetragen hat, 30 Tage früher arbeitslos zu werden, diesem Umstand wird jedoch durch die Regelung des § 144 Abs. 3 Nr. 1 SGB III bereits Rechnung getragen.
17 
Einen wichtigen Grund für sein Verhalten hatte der Kläger nicht. Ein solcher ist nur gegeben, wenn dem Arbeitslosen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung seiner Interessen mit denen der Versichertengemeinschaft ein anderes Verhalten nicht hätte zugemutet werden können (vgl. BSG SozR 3-4100 § 119 Nr. 14 und 15). Maßgeblicher Gesichtspunkt für die Anerkennung eines wichtigen Grundes ist letztlich die Schutzbedürftigkeit des Arbeitslosen in seiner konkreten Situation (vgl. Niesel, SGB III, § 144 Rdnr. 77 m.w.N.). Nur wenn Umstände vorliegen, die nach verständigem Ermessen dem Arbeitslosen eine Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses insgesamt nicht mehr zumutbar erscheinen lassen, weil sonst seine Interessen in unbilliger Weise geschädigt würden, ist ein wichtiger Grund anzunehmen (BSG SozR 4100 § 119 Nr. 17). Solche Umstände sind im Falle des Klägers nicht ersichtlich und wurden von diesem auch nicht vorgetragen. Der Kläger hat nicht behauptet, dass eine Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses für ihn unzumutbar gewesen und deshalb seinen eigenen Interessen zuwidergelaufen wäre. Er hat vielmehr Gründe vorgebracht, die aus Sicht des Arbeitgebers eine vorzeitige Vertragsauflösung unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten als geboten erscheinen lassen. Dessen Interessen zu schützen ist jedoch nicht Schutzzweck des den Eintritt einer Sperrzeit bei Vorliegen eines wichtigen Grundes ausschließenden Ausnahmetatbestandes. Deshalb sind bei der vorzunehmenden Abwägung nicht die Interessen des Arbeitgebers, sondern diejenigen des Arbeitslosen dem Interesse der Versichertengemeinschaft gegenüberzustellen. Gerade hinter Aufhebungs- und Abwicklungsvereinbarungen stehen in aller Regel gewichtige wirtschaftliche Notwendigkeiten auf Seiten des Arbeitgebers, ohne dass dies die Annahme eines wichtigen Grundes für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses durch den Arbeitgeber rechtfertigt. Etwas anderes mag gelten, wenn der Arbeitnehmer durch seine Zustimmung zu einer einvernehmlichen Vertragsauflösung einer bereits feststehenden oder konkret drohenden Kündigung durch den Arbeitgeber zuvorkommt (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 17. Oktober 2002 - B 7 AL 92/01 R - veröffentlicht in Juris). Eine derartige Sachlage war vorliegend jedoch nicht gegeben.
18 
Die vage Aussicht, in der Geschäftsstelle des Vereins möglicherweise eine Festanstellung zu erhalten, ist nicht als wichtiger Grund im Sinne des § 144 Abs. 1 SGB III anzuerkennen. Im Interesse der Versichertengemeinschaft kommt ein solcher nur dann in Betracht, wenn eine konkrete und ernst zu nehmende Aussicht auf einen solchen Arbeitsplatz besteht (vgl. Niesel, SGB III, § 144 Rdnr. 25). Angesichts der schwierigen Finanzsituation des Vereins war zum Zeitpunkt der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses aber in keiner Weise absehbar, ob und gegebenenfalls zu welchem Zeitpunkt eine Festanstellung des Klägers finanzierbar werden würde. Damit verbleibt als in den Abwägungsprozess einzustellendes Interesse des Klägers allein die von ihm vorgetragene soziale Verpflichtung gegenüber den Mitgliedern des Vereins, in deren Interesse nicht auf einer Vertragserfüllung zu bestehen. Dieser Beweggrund vermag nach Überzeugung des Senats die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses und damit die Herbeiführung der eigenen Arbeitslosigkeit zu Lasten der Versichertengemeinschaft ebenfalls nicht zu rechtfertigen. Es ist grundsätzlich Sache des Arbeitgebers, durch geeignete Vertragsgestaltung bestehende Beschäftigungsverhältnisse den eigenen betrieblichen Erfordernissen anzupassen. Unterbleibt dies - aus welchen Gründen auch immer - soll sich der Arbeitgeber nicht auf Kosten der Allgemeinheit von seinen Verpflichtungen befreien können. Gerade diesem Zweck dient auch der Sperrzeittatbestand des § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGB III.
19 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe

 
13 
Die Berufung der Beklagten hat Erfolg. Sie ist statthaft, da der Wert des Beschwerdegegenstandes 500 EUR übersteigt (vgl. §§ 143, 144 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) und zulässig, da sie unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt wurde.
14 
Die Berufung ist auch begründet, das SG hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage ist neben dem für den Zeitraum vom 1. Juni 2003 bis 21. Juni 2003 das Ruhen des Anspruchs auf Alg feststellenden Bescheid vom 19. Mai 2003 auch der Bewilligungsbescheid vom 22. Mai 2003, mit dem die Beklagte Alg ab 22. Juni 2003 gewährt hat. Der Kläger begehrt die Bewilligung von Alg bereits ab 1. Juni 2003, dieses Prozessziel kann er mit einer isolierten Anfechtung des Bescheides vom 19. Mai 2003 allein nicht erreichen. Die Beklagte hat jedoch zu Recht den Eintritt einer dreiwöchigen Sperrzeit festgestellt. Der Bescheid vom 19. Mai 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Oktober 2003 erweist sich deshalb als rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Dementsprechend hat die Beklagte mit Bescheid vom 22. Mai 2003 zutreffend Alg erst ab 22. Juni 2003 bewilligt, der Kläger hat keinen Anspruch auf Alg bereits ab 1. Juni 2003.
15 
Nach § 144 Abs. 1 Nr. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) in der hier anzuwendenden Fassung des Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2002 (BGBl. I S. 4607) tritt eine Sperrzeit unter anderem dann ein, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat, ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund zu haben. Die Sperrzeit beginnt mit dem Tage nach dem Ereignis, das sie begründet; während der Sperrzeit ruht der Anspruch auf Alg (§ 144 Abs. 2 Sätze 1 und 2 SGB III). Die Dauer der Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe beträgt zwölf Wochen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 SGB III), sie verkürzt sich auf drei Wochen, wenn das Arbeitsverhältnis innerhalb von sechs Wochen nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, ohne eine Sperrzeit geendet hätte (§ 144 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 SGB III).
16 
Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Grundgedanke der Sperrzeitregelung ist, dass sich die Versichertengemeinschaft gegen vom Versicherten zu vertretende Risikofälle wehren muss (vgl. eingehend Bundessozialgericht (BSG) SozR 3-4100 § 119 Nr. 15 und 17). Es kommt darauf an, ob der Arbeitslose die wesentliche Ursache für den Eintritt - oder nach einer Zwischenbeschäftigung die Fortdauer - der Arbeitslosigkeit gesetzt hat (vgl. BSG SozR 4100 § 119 Nr. 24; BSG SozR 3-4100 § 119 Nr. 6). Vorliegend hat der Kläger hat durch die Zustimmung zur einvernehmlichen und vorzeitigen Vertragsauflösung sein Beschäftigungsverhältnis gelöst und damit seine erneute Arbeitslosigkeit zumindest grob fahrlässig herbeigeführt. Zutreffend hat das SG darauf hingewiesen, dass der Kläger aufgrund der ohnehin bestehenden Befristung des Arbeitsvertrages lediglich dazu beigetragen hat, 30 Tage früher arbeitslos zu werden, diesem Umstand wird jedoch durch die Regelung des § 144 Abs. 3 Nr. 1 SGB III bereits Rechnung getragen.
17 
Einen wichtigen Grund für sein Verhalten hatte der Kläger nicht. Ein solcher ist nur gegeben, wenn dem Arbeitslosen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung seiner Interessen mit denen der Versichertengemeinschaft ein anderes Verhalten nicht hätte zugemutet werden können (vgl. BSG SozR 3-4100 § 119 Nr. 14 und 15). Maßgeblicher Gesichtspunkt für die Anerkennung eines wichtigen Grundes ist letztlich die Schutzbedürftigkeit des Arbeitslosen in seiner konkreten Situation (vgl. Niesel, SGB III, § 144 Rdnr. 77 m.w.N.). Nur wenn Umstände vorliegen, die nach verständigem Ermessen dem Arbeitslosen eine Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses insgesamt nicht mehr zumutbar erscheinen lassen, weil sonst seine Interessen in unbilliger Weise geschädigt würden, ist ein wichtiger Grund anzunehmen (BSG SozR 4100 § 119 Nr. 17). Solche Umstände sind im Falle des Klägers nicht ersichtlich und wurden von diesem auch nicht vorgetragen. Der Kläger hat nicht behauptet, dass eine Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses für ihn unzumutbar gewesen und deshalb seinen eigenen Interessen zuwidergelaufen wäre. Er hat vielmehr Gründe vorgebracht, die aus Sicht des Arbeitgebers eine vorzeitige Vertragsauflösung unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten als geboten erscheinen lassen. Dessen Interessen zu schützen ist jedoch nicht Schutzzweck des den Eintritt einer Sperrzeit bei Vorliegen eines wichtigen Grundes ausschließenden Ausnahmetatbestandes. Deshalb sind bei der vorzunehmenden Abwägung nicht die Interessen des Arbeitgebers, sondern diejenigen des Arbeitslosen dem Interesse der Versichertengemeinschaft gegenüberzustellen. Gerade hinter Aufhebungs- und Abwicklungsvereinbarungen stehen in aller Regel gewichtige wirtschaftliche Notwendigkeiten auf Seiten des Arbeitgebers, ohne dass dies die Annahme eines wichtigen Grundes für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses durch den Arbeitgeber rechtfertigt. Etwas anderes mag gelten, wenn der Arbeitnehmer durch seine Zustimmung zu einer einvernehmlichen Vertragsauflösung einer bereits feststehenden oder konkret drohenden Kündigung durch den Arbeitgeber zuvorkommt (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 17. Oktober 2002 - B 7 AL 92/01 R - veröffentlicht in Juris). Eine derartige Sachlage war vorliegend jedoch nicht gegeben.
18 
Die vage Aussicht, in der Geschäftsstelle des Vereins möglicherweise eine Festanstellung zu erhalten, ist nicht als wichtiger Grund im Sinne des § 144 Abs. 1 SGB III anzuerkennen. Im Interesse der Versichertengemeinschaft kommt ein solcher nur dann in Betracht, wenn eine konkrete und ernst zu nehmende Aussicht auf einen solchen Arbeitsplatz besteht (vgl. Niesel, SGB III, § 144 Rdnr. 25). Angesichts der schwierigen Finanzsituation des Vereins war zum Zeitpunkt der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses aber in keiner Weise absehbar, ob und gegebenenfalls zu welchem Zeitpunkt eine Festanstellung des Klägers finanzierbar werden würde. Damit verbleibt als in den Abwägungsprozess einzustellendes Interesse des Klägers allein die von ihm vorgetragene soziale Verpflichtung gegenüber den Mitgliedern des Vereins, in deren Interesse nicht auf einer Vertragserfüllung zu bestehen. Dieser Beweggrund vermag nach Überzeugung des Senats die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses und damit die Herbeiführung der eigenen Arbeitslosigkeit zu Lasten der Versichertengemeinschaft ebenfalls nicht zu rechtfertigen. Es ist grundsätzlich Sache des Arbeitgebers, durch geeignete Vertragsgestaltung bestehende Beschäftigungsverhältnisse den eigenen betrieblichen Erfordernissen anzupassen. Unterbleibt dies - aus welchen Gründen auch immer - soll sich der Arbeitgeber nicht auf Kosten der Allgemeinheit von seinen Verpflichtungen befreien können. Gerade diesem Zweck dient auch der Sperrzeittatbestand des § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGB III.
19 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

(2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. In diesem Fall legt das Sozialgericht die Berufungsschrift oder das Protokoll mit seinen Akten unverzüglich dem Landessozialgericht vor.

(3) Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Leistungen der Arbeitsförderung werden nur erbracht, wenn sie vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses beantragt worden sind. Zur Vermeidung unbilliger Härten kann die Agentur für Arbeit eine verspätete Antragstellung zulassen.

(2) Berufsausbildungsbeihilfe, Ausbildungsgeld und Arbeitslosengeld können auch nachträglich beantragt werden. Kurzarbeitergeld, die Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge und Lehrgangskosten für die Bezieherinnen und Bezieher von Kurzarbeitergeld und ergänzende Leistungen nach § 102 sind nachträglich zu beantragen.

(3) Insolvenzgeld ist abweichend von Absatz 1 Satz 1 innerhalb einer Ausschlußfrist von zwei Monaten nach dem Insolvenzereignis zu beantragen. Wurde die Frist aus nicht selbst zu vertretenden Gründen versäumt, wird Insolvenzgeld geleistet, wenn der Antrag innerhalb von zwei Monaten nach Wegfall des Hinderungsgrundes gestellt worden ist. Ein selbst zu vertretender Grund liegt vor, wenn sich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht mit der erforderlichen Sorgfalt um die Durchsetzung ihrer Ansprüche bemüht haben.

Tatbestand

 
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung eines Existenzgründungszuschusses zusteht.
Der Kläger bezog vom Arbeitsamt Lahr (AA) Arbeitslosenhilfe. Am 28.04.2003 stellte er beim AA einen schriftlichen Antrag auf Gewährung eines Existenzgründungszuschusses zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit. Er legte eine Gewerbeanmeldung vom 22.04.2003 vor, in der der Kläger als Beginn des Betriebs seiner Pizzeria den 25.04.2003 angab.
Mit Bescheid vom 13.05.2003 lehnte das AA den Antrag des Klägers ab, da er verspätet gestellt worden sei. Eine unbillige Härte liege nicht vor.
Hiergegen erhob der Kläger am 23.05.2003 Widerspruch. Er trug vor, er habe am 28.04.2003 den Antrag gestellt. In einem ihm ausgehändigten Informationsblatt seien keine Hinweise enthalten, wann der Antrag zu stellen sei. Er habe am Wochenende vor der Antragstellung das Lokal eröffnet. Eine verspätete Antragstellung sei nicht erkennbar.
Das AA holte eine Stellungnahme seiner Bediensteten H. vom 06.06.2003 ein, in der sie ausführte, am 09.04.2003 habe mit dem Kläger ein Informationsgespräch über Förderungsleistungen für Existenzgründer stattgefunden. Auf das Erfordernis einer rechtzeitigen Antragstellung sei ausdrücklich hingewiesen worden. Im Informationsblatt finde sich kein Hinweis zur Antragstellung.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10.06.2003 wurde der Widerspruch durch die Widerspruchsstelle des AA zurückgewiesen. Leistungen der Arbeitsförderung würden nur erbracht, wenn sie vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses beantragt worden seien. Dabei komme es auf den Beginn der Tätigkeit an. Der Kläger habe seine Tätigkeit am 25.04.2003 begonnen. Von einer mangelnden oder fehlerhaften Beratung des Klägers am 09.04.2003 sei nicht auszugehen. Ob der Bewilligung des Zuschusses entgegenstehe, dass der Kläger nach seinen Angaben seine Verlobte als Mitarbeiterin habe einstellen wollen, könne dahingestellt bleiben.
Hiergegen erhob der Kläger am 14.07.2003 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG). Er trug vor, er habe bereits am 09.04.2003 beim AA (Frau H.) vorgesprochen und mitgeteilt, dass er die Möglichkeit habe, eine Pizzeria zu eröffnen. Weiter habe er nachgefragt, ob ihm ein Existenzgründungszuschuss zustehe. Dies sei dem Grunde nach bejaht worden. Er habe Merkblätter ausgehändigt bekommen, die er vorlegte. Am 22.04.2003 habe er das Gewerbe angemeldet. Am Abend des 25.04.2003 habe er eine Eröffnungsfeier mit geladenen Gästen abgehalten. Die Pizzeria sei am Samstag, den 26.04.2003 offiziell eröffnet worden. Er habe den Antrag am Samstag oder Sonntag nicht stellen können. Im stehe der Zuschuss zumindest ab 28.04.2003 zu.
Die Beklagte trat der Klage unter Bezug auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid entgegen.
Mit Gerichtsbescheid vom 10.10.2003 wies das SG die Klage ab. Nach § 324 Absatz 1 Satz 1 SGB III würden Leistungen der Arbeitsförderung nur erbracht, wenn sie vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses beantragt worden seien. Diese Voraussetzungen lägen nicht vor. Der Kläger habe spätestens am 26.04.2003 seine selbständige Tätigkeit aufgenommen. Der Antrag sei erst am 28.04.2003 gestellt worden. Er hätte den Antrag bereits vor dem 26.04.2003 stellen können. Auf eine rechtzeitige Antragstellung sei der Kläger ausdrücklich hingewiesen worden. Eine unbillige Härte sei nicht zu erkennen.
10 
Gegen diese ihm am 14.10.2003 zugestellte Entscheidung hat der Kläger am 10.11.2003 Berufung eingelegt. Er hat zur Begründung ergänzend vorgetragen, er habe beabsichtigt, sich selbständig zu machen und eine leerstehende Pizza-Stube zu übernehmen, die er seit April nunmehr eigenständig betreibe. Er habe gewusst, dass er ohne finanzielle Unterstützung des AA nicht in der Lage sei, das Gewerbe zu betreiben. Aus diesem Grunde habe er am 09.04.2003 beim AA vorgesprochen und die Angelegenheit mit Frau H. erörtert. Er habe bei dem Gespräch darauf hingewiesen, dass er auf finanzielle Unterstützung angewiesen sei und habe diese auch mündlich beantragt. In den ihm dabei ausgehändigten Merkblättern seien keine Hinweise enthalten, dass der Antrag vor der Aufnahme der Tätigkeit schriftlich zu stellen sei. Unzutreffend sei, dass er von Frau H. schriftlich oder mündlich auf die rechtzeitige Antragstellung hingewiesen worden sei. Frau H. sei davon ausgegangen, dass dieser Hinweis in den übergebenen Informationsblättern enthalten sei. Dies sei nicht der Fall. Es liege eine Aufklärungspflichtverletzung vor, welche die Beklagte schadenersatzpflichtig mache. Auch hieraus ergebe sich ein Anspruch auf Bewilligung des Zuschusses. Die Voraussetzungen für die Bewilligung des Zuschusses lägen vor. Der Anspruch dürfe gemäß § 193 BGB nicht daran scheitern, dass er den Antrag nicht bereits am Samstag, den 26.04.2003 schriftlich gestellt habe. Er habe den Antrag bereits am 09.04.2003 rechtzeitig gestellt. Sein Antrag hätte in einen Antrag auf Überbrückungsgeld umgedeutet werden können und müssen, für das eine vorherige Antragstellung nicht erforderlich sei. Er hätte auch einen Anspruch auf Überbrückungsgeld gemäß § 57 SGB III gehabt. Wenn von einer verspäteten Antragstellung ausgegangen werde, liege eine unbillige Härte vor.
11 
Der Kläger beantragt,
12 
die Beklagte unter Aufhebung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Freiburg vom 10. Oktober 2003 und des Bescheides vom 13. Mai 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Juni 2003 zu verurteilen, über seinen Antrag vom 28. April 2003 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
13 
Die Beklagte beantragt,
14 
die Berufung zurückzuweisen.
15 
Sie ist dem Vorbringen des Klägers unter Vorlage einer dienstlichen Stellungnahme von Frau H. vom 18.12.2003 entgegen getreten. Der Zuschuss sei vom Kläger erst am 28.04.2003 beantragt worden. Am 09.04.2003 habe ein Informationsgespräch stattgefunden, ohne dass der Kläger erklärt habe, einen Antrag stellen zu wollen. Der Kläger sei am 09.04.2003 ausdrücklich gebeten worden sich zu melden, sobald sein Vorhaben konkret werden sollte, und ggf. rechtzeitig vor Aufnahme der Tätigkeit einen entsprechenden Antrag zu stellen. Da der Kläger die Pizzeria seit 25.04.2003 betreibe, hätte der Antrag am 25.04.2003 gestellt werden müssen.
16 
Wegen Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die Akten des Senats zum vorliegenden Verfahren und der Verfahren L 8 AL 4678/03 PKH-B und L 8 AL 4690/03 PKH-A, die Akte des SG und die Akte der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
17 
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 SGG insgesamt zulässig und erweist sich im Sinne einer Verurteilung zur Neuverbescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats als begründet.
18 
Rechtsgrundlagen des geltend gemachten Anspruches sind § 421 1 (in der durch Gesetz vom 31.07.2003 ab 01.01.2003 gültigen Fassung) i.V.m. § 324 Abs. 1 SGB III.
19 
Nach § 421 1 SGB III haben Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden, Anspruch auf einen monatlichen Existenzgründungszuschuss. Der Zuschuss wird geleistet, wenn der Existenzgründer
20 
1. in einem engen Zusammenhang mit der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit Entgeltersatzleistungen nach diesem Buch bezogen hat oder eine Beschäftigung ausgeübt hat, die als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme oder Strukturanpassungsmaßnahme gefördert worden ist,
21 
2. nach Aufnahme der selbständigen Tätigkeit Arbeitseinkommen nach § 15 des Vierten Buches erzielen wird, das voraussichtlich 25.000 Euro im Jahr nicht überschreiten wird (Abs. 1)
22 
Der Zuschuss wird bis zu drei Jahre erbracht und wird jeweils längstens für ein Jahr bewilligt. Er beträgt im ersten Jahr nach Beendigung der Arbeitslosigkeit monatlich 600 Euro, im zweiten Jahr monatlich 360 Euro und im dritten Jahr monatlich 240 Euro. Vor einer erneuten Bewilligung des Zuschusses hat der Existenzgründer das Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 1 darzulegen. Liegen die Voraussetzungen für ein Ruhen des Anspruchs bei Sperrzeit nach § 144 oder Säumniszeit nach § 145 dieses Buches vor, verkürzt sich die Dauer der Förderung entsprechend der Dauer der Sperrzeit oder der Dauer der Säumniszeit unter Berücksichtigung der bereits verstrichenen Sperr- oder Säumniszeiten (Abs. 2).
23 
Überschreitet das Arbeitseinkommen im Jahr 25.000 Euro, so kann nach Ablauf des bewilligten Zeitraums der Zuschuss nicht mehr erbracht werden. Arbeitsentgelt nach § 14 des Vierten Buches, das im gleichen Zeitraum erzielt wird, wird bei der Ermittlung der für die Förderung maßgeblichen Obergrenze einbezogen. (Abs. 3).
24 
Der Zuschuss ist ausgeschlossen, wenn die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit durch Überbrückungsgeld nach § 57 gefördert wird (Abs. 4).
25 
Nach § 324 Abs. 1 SGB III werden Leistungen der Arbeitsförderung nur erbracht, wenn sie vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses beantragt worden sind. Zur Vermeidung unbilliger Härten kann das Arbeitsamt eine verspätete Antragstellung zulassen. Diese Vorschrift regelt vorrangig den Zeitpunkt, zu dem grundsätzlich der Antrag gestellt werden muss, damit er wirksam werden kann, wobei Leistungen der Arbeitsförderung vorher beantragt werden sollen (vgl. BT-Drs. 13/4941 S.212 zu § 325 SGB III). Sie regelt demgegenüber nicht, ab wann Leistungen erbracht werden dürfen. Die Vorschrift enthält daneben eine Härteregelung, nach der das AA von sich aus eine verspätete Antragstellung zulassen kann, dabei aber an das Vorliegen einer unbilligen Härte gebunden ist. Die Härteregelung des § 324 Abs.1 Satz 2 tritt als lex specialis an die Stelle der allgemeinen Vorschriften über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 27 SGB X) und der Grundsätze zum sozialrechtlichen Herstellungsanspruch (vgl. Gagel, SGB III § 324 RdNr. 16).
26 
Hiervon ausgehend gelangt der Senat – entgegen der Ansicht der Beklagten und des SG – zu der Überzeugung, dass ein Anspruch des Klägers auf Gewährung des beantragten Existenzgründungszuschusses nicht wegen verspäteter Antragstellung ausgeschlossen ist.
27 
Allerdings hat der Kläger den Antrag auf Gewährung eines Existenzgründungszuschusses verspätet gestellt. Nach § 324 Abs. 1 Satz 1 SGB III ist der Antrag auf Zahlung eines Existenzgründungszuschusses grundsätzlich vor dem leistungsbegründenden Ereignis zu stellen. Das leistungsbegründende Ereignis ist die Aufnahme der selbständigen Tätigkeit des Klägers, die seine Arbeitslosigkeit beendete. Diese erfolgte – nach dem eigenen Vorbringen des Klägers – spätestens am 26.04.2003. Den Antrag auf Gewährung eines Existenzgründungszuschusses hat der Kläger erst danach am 28.04.2003 gestellt.
28 
Soweit sich der Kläger im Berufungsverfahren darauf beruft, er habe den Antrag bereits am 09.04.2003 gestellt, kann diesem Vorbringen nicht geglaubt werden. Denn sollte der Kläger bereits am 09.04.2003 den Antrag auf Gewährung des Existenzgründungszuschusses mündlich gestellt haben, so ist nicht verständlich, dass er am 28.04.2003 einen schriftlichen Antrag gestellt hat, ohne auf diesen Umstand hinzuweisen. Sein Antrag vom 28.04.2003 lässt vielmehr darauf schließen, dass er selbst davon ausging, noch einen Antrag stellen zu müssen. Außerdem weisen die hierzu gemachten Angaben des Klägers erhebliche Unstimmigkeiten auf. So hat sich der Kläger erstmals im Berufungsverfahren darauf berufen, am 09.04.2003 einen Antrag auf Gewährung eines Eingliederungszuschusses mündlich gestellt zu haben. Im Widerspruchsverfahren hat der Kläger dagegen vorgetragen, den Antrag am 28.04.2003 gestellt zu haben. Beim SG hat er lediglich vorgetragen, er habe am 09.04.2003 nachgefragt, ob ihm ein Existenzgründungszuschuss zustehen würde, was Frau H. dem Grunde nach bejaht habe. Dass er gleichzeitig einen Antrag gestellt habe, hat der Kläger nicht behauptet. Diese unterschiedlichen Angaben sind nicht verständlich, sollte der Kläger tatsächlich bereits am 09.04.2003 einen Antrag gestellt haben. Weiter spricht der Vortrag des Klägers, zur Zeit seiner Vorsprache beim AA beabsichtigt zu haben, eine Pizza-Stube zu übernehmen, die er ohne finanzielle Unterstützung des AA nicht hätte betreiben können, weshalb die Vorsprache beim AA erfolgt sei, dafür, dass sich der Kläger am 09.04.2003 noch nicht endgültig entschlossen gehabt hatte, die Pizza-Stube zu übernehmen, was ebenfalls darauf schließen lässt, dass es sich am 09.04.2003 um ein bloßes Informationsgespräch gehandelt hat. Dies wird auch dadurch gestützt, dass der Kläger erst am 22.04.2003 sein Gewerbe angemeldet hat. Dem entspricht das Vorbringen des Klägers beim SG, er habe das Gewerbe aufgrund der Beratung durch das AA am 22.04.2003 angemeldet. Selbst wenn der Kläger sich bei dem Gespräch am 09.04.2003 dahin geäußert hätte, dass er auf finanzielle Unterstützung angewiesen sei, könnte diese Äußerung nicht als mündlicher Antrag auf Gewährung eines Existenzgründungszuschusses gewertet werden. Hierzu hätte es näherer zeitlicher Angaben (insbesondere des Betriebsbeginns) bedurft. Dass der Kläger zur Zeit des Gespräches am 09.04.2003 bereits in der Lage war, den Betriebsbeginn anzugeben, ist aber nach dem Ausgeführten nicht anzunehmen. Dies hat der Kläger auch nicht behauptet. Dass der Kläger am 09.04.2003 noch keinen Antrag gestellt hat, bestätigt auch Frau H. in ihrer dienstlichen Stellungnahme vom 18.12.2003. Nach ihren Angaben hat es sich bei dem Gespräch am 09.04.2003 lediglich um ein Informationsgespräch gehandelt hat. Sie hat außerdem bestätigt, dass der Kläger am 09.04.2003 keine Willenserklärung dahin abgegeben hat, dass und ab wann er die Gewährung eines Existenzgründungszuschusses beantragen möchte. Damit erweist sich das Vorbringen des Klägers, am 09.04.2003 einen Antrag gestellt zu haben, als nicht glaubhaft.
29 
Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg auf die Vorschrift des § 193 BGB berufen. Nach dieser Vorschrift tritt, wenn an einem bestimmten Tag oder innerhalb einer Frist eine Willenserklärung abzugeben oder eine Leistung zu bewirken ist und der bestimmte Tag oder der letzte Tag der Frist auf einen Sonntag, einen am Erklärungs- oder Leistungsort staatlich anerkannten allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend fällt, an die Stelle eines solchen Tages der nächste Werktag. Eine solche Fallgestaltung liegt hier jedoch nicht vor. Der Kläger war nach § 324 Abs. 1 Satz 1 SGB III lediglich gehalten, vor dem Betriebsbeginn den Antrag zu stellen. Ein bestimmter Tag oder eine Frist wird hierfür nicht vorgeschrieben.
30 
Gleichwohl durfte die Beklagte den Antrag des Klägers nicht ablehnen. Sie hätte vielmehr eine Ermessensentscheidung gemäß § 324 Abs. 1 Satz 2 SGB III wegen des Vorliegens einer unbilligen Härte treffen müssen.
31 
Der Begriff der unbilligen Härte im Sinne des § 324 Abs. 1 Satz 2 SGB III stellt einen unbestimmten Rechtsbegriff dar, der gerichtlich voll überprüfbar ist und der der Verwaltung keinen Beurteilungsspielraum einräumt. Die tatbestandlichen Voraussetzungen sind im Gesetz nicht näher definiert und stellen eine offene Generalklausel dar (vgl. BSG SozR III-4100 § 44 Nrn. 4, 16). Eine unbillige Härte liegt dann vor, wenn den Antragsteller ein geringes Verschulden trifft und die Folgen erheblich sind (vgl. Gagel, SGB III, § 324 Rdnr.17).
32 
Hiervon ausgehend liegt im Falle des Klägers eine unbillige Härte vor. Die Folgen der Nichtgewährung des beantragten Existenzgründungszuschusses sind für den Kläger erheblich. Der Kläger verliert mögliche Zuschüsse im ersten Jahr in Höhe von monatlich 600 EUR, im zweiten Jahr von monatlich 360 EUR und im dritten Jahr von monatlich 240 EUR. Hierauf ist der Kläger angewiesen. Denn nach seinen im PKH-Antragsverfahren vorgelegten Unterlagen hat der Kläger bislang noch keinen Gewinn erwirtschaften können. Dagegen wiegt das Verschulden des Klägers an der verspäteten Antragstellung gering, selbst wenn von dem Vorbringen der Beklagten ausgegangen würde, der Kläger sei am 09.04.2003 ausdrücklich auf eine rechtzeitige Antragstellung hingewiesen worden. Zutreffend weist der Kläger darauf hin, dass in den ihm bei diesem Gespräch übergebenen Informationsunterlagen nicht auf die Notwendigkeit einer vorherigen Antragstellung hingewiesen wird. Damit würde ein mündlich erteilter Hinweis auf eine rechtzeitige Antragstellung (selbst wenn er gemacht worden ist) relativiert. Denn es liegt nahe, dass ein bei einem Informationsgespräch gemachter entsprechender mündlicher Hinweis wegen des fehlenden Hinweises in den ausgehändigten Informationsunterlagen später in Vergessenheit gerät oder jedenfalls nicht beachtet wird, so dass dem Kläger wegen der geringfügig verspäteten Antragstellung nur leichte(ste) Fahrlässigkeit zur Last gelegt werden kann. Damit liegen zur Überzeugung des Senats die Voraussetzungen einer unbilligen Härte vor.
33 
Die Beklagte ist daher verpflichtet, im Wege pflichtgemäßen Ermessens zu prüfen, ob der verspätete Antrag zugelassen wird (vgl. Wissing u.a., SGB III, § 324 Anm.6 f). Dies hat sie unterlassen. Bei der Ermessensentscheidung darüber, ob die unbillige Härte Veranlassung gibt, die Leistung trotz der Verspätung zu gewähren, hat die Beklagte zu berücksichtigen, welche realen Folgen eine Antragsablehnung für den Kläger hat und ob die Leistung zum Zeitpunkt der Antragstellung ihren Zweck noch erfüllen konnte bzw. ob sie jedenfalls zur Stabilisierung der selbständigen Tätigkeit des Klägers dient, was die Beklagte nach Aktenlage nicht ohne weiteres wird verneinen können. Weiter wird die Beklagte zu berücksichtigen haben, dass auf die Gewährung eines Existenzgründungszuschusses ein Rechtsanspruch besteht. Im Übrigen sind neben den besonderen Verhältnissen und Bedürfnissen des Antragstellers die Gründe zu berücksichtigen, die zur Verspätung geführt haben, sofern diese nicht bereits beim Begriff der Härte berücksichtigt worden sind (vgl. Gagel, a.a.O., Rdnr.18). Dies ist von Seiten der Beklagten nicht erfolgt. Sie hat nicht einmal nach den Gründen der verspäteten Antragstellung gefragt.
34 
Damit ist die Beklagte ihrer Pflicht zur Ermessensbetätigung nicht nachgekommen, weshalb die angefochtene Entscheidung der Beklagten aufzuheben und sie zu verpflichten war, dem Kläger einen neuen Bescheid zu erteilen.
35 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
36 
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Der Senat steht hinsichtlich der entschiedenen Rechtsfragen im Einklang mit der obergerichtlichen Rechtsprechung.

Gründe

 
17 
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 SGG insgesamt zulässig und erweist sich im Sinne einer Verurteilung zur Neuverbescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats als begründet.
18 
Rechtsgrundlagen des geltend gemachten Anspruches sind § 421 1 (in der durch Gesetz vom 31.07.2003 ab 01.01.2003 gültigen Fassung) i.V.m. § 324 Abs. 1 SGB III.
19 
Nach § 421 1 SGB III haben Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden, Anspruch auf einen monatlichen Existenzgründungszuschuss. Der Zuschuss wird geleistet, wenn der Existenzgründer
20 
1. in einem engen Zusammenhang mit der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit Entgeltersatzleistungen nach diesem Buch bezogen hat oder eine Beschäftigung ausgeübt hat, die als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme oder Strukturanpassungsmaßnahme gefördert worden ist,
21 
2. nach Aufnahme der selbständigen Tätigkeit Arbeitseinkommen nach § 15 des Vierten Buches erzielen wird, das voraussichtlich 25.000 Euro im Jahr nicht überschreiten wird (Abs. 1)
22 
Der Zuschuss wird bis zu drei Jahre erbracht und wird jeweils längstens für ein Jahr bewilligt. Er beträgt im ersten Jahr nach Beendigung der Arbeitslosigkeit monatlich 600 Euro, im zweiten Jahr monatlich 360 Euro und im dritten Jahr monatlich 240 Euro. Vor einer erneuten Bewilligung des Zuschusses hat der Existenzgründer das Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 1 darzulegen. Liegen die Voraussetzungen für ein Ruhen des Anspruchs bei Sperrzeit nach § 144 oder Säumniszeit nach § 145 dieses Buches vor, verkürzt sich die Dauer der Förderung entsprechend der Dauer der Sperrzeit oder der Dauer der Säumniszeit unter Berücksichtigung der bereits verstrichenen Sperr- oder Säumniszeiten (Abs. 2).
23 
Überschreitet das Arbeitseinkommen im Jahr 25.000 Euro, so kann nach Ablauf des bewilligten Zeitraums der Zuschuss nicht mehr erbracht werden. Arbeitsentgelt nach § 14 des Vierten Buches, das im gleichen Zeitraum erzielt wird, wird bei der Ermittlung der für die Förderung maßgeblichen Obergrenze einbezogen. (Abs. 3).
24 
Der Zuschuss ist ausgeschlossen, wenn die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit durch Überbrückungsgeld nach § 57 gefördert wird (Abs. 4).
25 
Nach § 324 Abs. 1 SGB III werden Leistungen der Arbeitsförderung nur erbracht, wenn sie vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses beantragt worden sind. Zur Vermeidung unbilliger Härten kann das Arbeitsamt eine verspätete Antragstellung zulassen. Diese Vorschrift regelt vorrangig den Zeitpunkt, zu dem grundsätzlich der Antrag gestellt werden muss, damit er wirksam werden kann, wobei Leistungen der Arbeitsförderung vorher beantragt werden sollen (vgl. BT-Drs. 13/4941 S.212 zu § 325 SGB III). Sie regelt demgegenüber nicht, ab wann Leistungen erbracht werden dürfen. Die Vorschrift enthält daneben eine Härteregelung, nach der das AA von sich aus eine verspätete Antragstellung zulassen kann, dabei aber an das Vorliegen einer unbilligen Härte gebunden ist. Die Härteregelung des § 324 Abs.1 Satz 2 tritt als lex specialis an die Stelle der allgemeinen Vorschriften über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 27 SGB X) und der Grundsätze zum sozialrechtlichen Herstellungsanspruch (vgl. Gagel, SGB III § 324 RdNr. 16).
26 
Hiervon ausgehend gelangt der Senat – entgegen der Ansicht der Beklagten und des SG – zu der Überzeugung, dass ein Anspruch des Klägers auf Gewährung des beantragten Existenzgründungszuschusses nicht wegen verspäteter Antragstellung ausgeschlossen ist.
27 
Allerdings hat der Kläger den Antrag auf Gewährung eines Existenzgründungszuschusses verspätet gestellt. Nach § 324 Abs. 1 Satz 1 SGB III ist der Antrag auf Zahlung eines Existenzgründungszuschusses grundsätzlich vor dem leistungsbegründenden Ereignis zu stellen. Das leistungsbegründende Ereignis ist die Aufnahme der selbständigen Tätigkeit des Klägers, die seine Arbeitslosigkeit beendete. Diese erfolgte – nach dem eigenen Vorbringen des Klägers – spätestens am 26.04.2003. Den Antrag auf Gewährung eines Existenzgründungszuschusses hat der Kläger erst danach am 28.04.2003 gestellt.
28 
Soweit sich der Kläger im Berufungsverfahren darauf beruft, er habe den Antrag bereits am 09.04.2003 gestellt, kann diesem Vorbringen nicht geglaubt werden. Denn sollte der Kläger bereits am 09.04.2003 den Antrag auf Gewährung des Existenzgründungszuschusses mündlich gestellt haben, so ist nicht verständlich, dass er am 28.04.2003 einen schriftlichen Antrag gestellt hat, ohne auf diesen Umstand hinzuweisen. Sein Antrag vom 28.04.2003 lässt vielmehr darauf schließen, dass er selbst davon ausging, noch einen Antrag stellen zu müssen. Außerdem weisen die hierzu gemachten Angaben des Klägers erhebliche Unstimmigkeiten auf. So hat sich der Kläger erstmals im Berufungsverfahren darauf berufen, am 09.04.2003 einen Antrag auf Gewährung eines Eingliederungszuschusses mündlich gestellt zu haben. Im Widerspruchsverfahren hat der Kläger dagegen vorgetragen, den Antrag am 28.04.2003 gestellt zu haben. Beim SG hat er lediglich vorgetragen, er habe am 09.04.2003 nachgefragt, ob ihm ein Existenzgründungszuschuss zustehen würde, was Frau H. dem Grunde nach bejaht habe. Dass er gleichzeitig einen Antrag gestellt habe, hat der Kläger nicht behauptet. Diese unterschiedlichen Angaben sind nicht verständlich, sollte der Kläger tatsächlich bereits am 09.04.2003 einen Antrag gestellt haben. Weiter spricht der Vortrag des Klägers, zur Zeit seiner Vorsprache beim AA beabsichtigt zu haben, eine Pizza-Stube zu übernehmen, die er ohne finanzielle Unterstützung des AA nicht hätte betreiben können, weshalb die Vorsprache beim AA erfolgt sei, dafür, dass sich der Kläger am 09.04.2003 noch nicht endgültig entschlossen gehabt hatte, die Pizza-Stube zu übernehmen, was ebenfalls darauf schließen lässt, dass es sich am 09.04.2003 um ein bloßes Informationsgespräch gehandelt hat. Dies wird auch dadurch gestützt, dass der Kläger erst am 22.04.2003 sein Gewerbe angemeldet hat. Dem entspricht das Vorbringen des Klägers beim SG, er habe das Gewerbe aufgrund der Beratung durch das AA am 22.04.2003 angemeldet. Selbst wenn der Kläger sich bei dem Gespräch am 09.04.2003 dahin geäußert hätte, dass er auf finanzielle Unterstützung angewiesen sei, könnte diese Äußerung nicht als mündlicher Antrag auf Gewährung eines Existenzgründungszuschusses gewertet werden. Hierzu hätte es näherer zeitlicher Angaben (insbesondere des Betriebsbeginns) bedurft. Dass der Kläger zur Zeit des Gespräches am 09.04.2003 bereits in der Lage war, den Betriebsbeginn anzugeben, ist aber nach dem Ausgeführten nicht anzunehmen. Dies hat der Kläger auch nicht behauptet. Dass der Kläger am 09.04.2003 noch keinen Antrag gestellt hat, bestätigt auch Frau H. in ihrer dienstlichen Stellungnahme vom 18.12.2003. Nach ihren Angaben hat es sich bei dem Gespräch am 09.04.2003 lediglich um ein Informationsgespräch gehandelt hat. Sie hat außerdem bestätigt, dass der Kläger am 09.04.2003 keine Willenserklärung dahin abgegeben hat, dass und ab wann er die Gewährung eines Existenzgründungszuschusses beantragen möchte. Damit erweist sich das Vorbringen des Klägers, am 09.04.2003 einen Antrag gestellt zu haben, als nicht glaubhaft.
29 
Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg auf die Vorschrift des § 193 BGB berufen. Nach dieser Vorschrift tritt, wenn an einem bestimmten Tag oder innerhalb einer Frist eine Willenserklärung abzugeben oder eine Leistung zu bewirken ist und der bestimmte Tag oder der letzte Tag der Frist auf einen Sonntag, einen am Erklärungs- oder Leistungsort staatlich anerkannten allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend fällt, an die Stelle eines solchen Tages der nächste Werktag. Eine solche Fallgestaltung liegt hier jedoch nicht vor. Der Kläger war nach § 324 Abs. 1 Satz 1 SGB III lediglich gehalten, vor dem Betriebsbeginn den Antrag zu stellen. Ein bestimmter Tag oder eine Frist wird hierfür nicht vorgeschrieben.
30 
Gleichwohl durfte die Beklagte den Antrag des Klägers nicht ablehnen. Sie hätte vielmehr eine Ermessensentscheidung gemäß § 324 Abs. 1 Satz 2 SGB III wegen des Vorliegens einer unbilligen Härte treffen müssen.
31 
Der Begriff der unbilligen Härte im Sinne des § 324 Abs. 1 Satz 2 SGB III stellt einen unbestimmten Rechtsbegriff dar, der gerichtlich voll überprüfbar ist und der der Verwaltung keinen Beurteilungsspielraum einräumt. Die tatbestandlichen Voraussetzungen sind im Gesetz nicht näher definiert und stellen eine offene Generalklausel dar (vgl. BSG SozR III-4100 § 44 Nrn. 4, 16). Eine unbillige Härte liegt dann vor, wenn den Antragsteller ein geringes Verschulden trifft und die Folgen erheblich sind (vgl. Gagel, SGB III, § 324 Rdnr.17).
32 
Hiervon ausgehend liegt im Falle des Klägers eine unbillige Härte vor. Die Folgen der Nichtgewährung des beantragten Existenzgründungszuschusses sind für den Kläger erheblich. Der Kläger verliert mögliche Zuschüsse im ersten Jahr in Höhe von monatlich 600 EUR, im zweiten Jahr von monatlich 360 EUR und im dritten Jahr von monatlich 240 EUR. Hierauf ist der Kläger angewiesen. Denn nach seinen im PKH-Antragsverfahren vorgelegten Unterlagen hat der Kläger bislang noch keinen Gewinn erwirtschaften können. Dagegen wiegt das Verschulden des Klägers an der verspäteten Antragstellung gering, selbst wenn von dem Vorbringen der Beklagten ausgegangen würde, der Kläger sei am 09.04.2003 ausdrücklich auf eine rechtzeitige Antragstellung hingewiesen worden. Zutreffend weist der Kläger darauf hin, dass in den ihm bei diesem Gespräch übergebenen Informationsunterlagen nicht auf die Notwendigkeit einer vorherigen Antragstellung hingewiesen wird. Damit würde ein mündlich erteilter Hinweis auf eine rechtzeitige Antragstellung (selbst wenn er gemacht worden ist) relativiert. Denn es liegt nahe, dass ein bei einem Informationsgespräch gemachter entsprechender mündlicher Hinweis wegen des fehlenden Hinweises in den ausgehändigten Informationsunterlagen später in Vergessenheit gerät oder jedenfalls nicht beachtet wird, so dass dem Kläger wegen der geringfügig verspäteten Antragstellung nur leichte(ste) Fahrlässigkeit zur Last gelegt werden kann. Damit liegen zur Überzeugung des Senats die Voraussetzungen einer unbilligen Härte vor.
33 
Die Beklagte ist daher verpflichtet, im Wege pflichtgemäßen Ermessens zu prüfen, ob der verspätete Antrag zugelassen wird (vgl. Wissing u.a., SGB III, § 324 Anm.6 f). Dies hat sie unterlassen. Bei der Ermessensentscheidung darüber, ob die unbillige Härte Veranlassung gibt, die Leistung trotz der Verspätung zu gewähren, hat die Beklagte zu berücksichtigen, welche realen Folgen eine Antragsablehnung für den Kläger hat und ob die Leistung zum Zeitpunkt der Antragstellung ihren Zweck noch erfüllen konnte bzw. ob sie jedenfalls zur Stabilisierung der selbständigen Tätigkeit des Klägers dient, was die Beklagte nach Aktenlage nicht ohne weiteres wird verneinen können. Weiter wird die Beklagte zu berücksichtigen haben, dass auf die Gewährung eines Existenzgründungszuschusses ein Rechtsanspruch besteht. Im Übrigen sind neben den besonderen Verhältnissen und Bedürfnissen des Antragstellers die Gründe zu berücksichtigen, die zur Verspätung geführt haben, sofern diese nicht bereits beim Begriff der Härte berücksichtigt worden sind (vgl. Gagel, a.a.O., Rdnr.18). Dies ist von Seiten der Beklagten nicht erfolgt. Sie hat nicht einmal nach den Gründen der verspäteten Antragstellung gefragt.
34 
Damit ist die Beklagte ihrer Pflicht zur Ermessensbetätigung nicht nachgekommen, weshalb die angefochtene Entscheidung der Beklagten aufzuheben und sie zu verpflichten war, dem Kläger einen neuen Bescheid zu erteilen.
35 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
36 
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Der Senat steht hinsichtlich der entschiedenen Rechtsfragen im Einklang mit der obergerichtlichen Rechtsprechung.

Jeder hat Anspruch auf Beratung über seine Rechte und Pflichten nach diesem Gesetzbuch. Zuständig für die Beratung sind die Leistungsträger, denen gegenüber die Rechte geltend zu machen oder die Pflichten zu erfüllen sind.

(1) Die nach Landesrecht zuständigen Stellen, die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung sind verpflichtet, über alle sozialen Angelegenheiten nach diesem Gesetzbuch Auskünfte zu erteilen.

(2) Die Auskunftspflicht erstreckt sich auf die Benennung der für die Sozialleistungen zuständigen Leistungsträger sowie auf alle Sach- und Rechtsfragen, die für die Auskunftsuchenden von Bedeutung sein können und zu deren Beantwortung die Auskunftsstelle imstande ist.

(3) Die Auskunftsstellen sind verpflichtet, untereinander und mit den anderen Leistungsträgern mit dem Ziel zusammenzuarbeiten, eine möglichst umfassende Auskunftserteilung durch eine Stelle sicherzustellen.

(4) Die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung sollen über Möglichkeiten zum Aufbau einer staatlich geförderten zusätzlichen Altersvorsorge produkt- und anbieterneutral Auskünfte erteilen.

(1) Leistungen der Arbeitsförderung werden nur erbracht, wenn sie vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses beantragt worden sind. Zur Vermeidung unbilliger Härten kann die Agentur für Arbeit eine verspätete Antragstellung zulassen.

(2) Berufsausbildungsbeihilfe, Ausbildungsgeld und Arbeitslosengeld können auch nachträglich beantragt werden. Kurzarbeitergeld, die Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge und Lehrgangskosten für die Bezieherinnen und Bezieher von Kurzarbeitergeld und ergänzende Leistungen nach § 102 sind nachträglich zu beantragen.

(3) Insolvenzgeld ist abweichend von Absatz 1 Satz 1 innerhalb einer Ausschlußfrist von zwei Monaten nach dem Insolvenzereignis zu beantragen. Wurde die Frist aus nicht selbst zu vertretenden Gründen versäumt, wird Insolvenzgeld geleistet, wenn der Antrag innerhalb von zwei Monaten nach Wegfall des Hinderungsgrundes gestellt worden ist. Ein selbst zu vertretender Grund liegt vor, wenn sich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht mit der erforderlichen Sorgfalt um die Durchsetzung ihrer Ansprüche bemüht haben.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

(2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. In diesem Fall legt das Sozialgericht die Berufungsschrift oder das Protokoll mit seinen Akten unverzüglich dem Landessozialgericht vor.

(3) Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Leistungen der Arbeitsförderung werden nur erbracht, wenn sie vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses beantragt worden sind. Zur Vermeidung unbilliger Härten kann die Agentur für Arbeit eine verspätete Antragstellung zulassen.

(2) Berufsausbildungsbeihilfe, Ausbildungsgeld und Arbeitslosengeld können auch nachträglich beantragt werden. Kurzarbeitergeld, die Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge und Lehrgangskosten für die Bezieherinnen und Bezieher von Kurzarbeitergeld und ergänzende Leistungen nach § 102 sind nachträglich zu beantragen.

(3) Insolvenzgeld ist abweichend von Absatz 1 Satz 1 innerhalb einer Ausschlußfrist von zwei Monaten nach dem Insolvenzereignis zu beantragen. Wurde die Frist aus nicht selbst zu vertretenden Gründen versäumt, wird Insolvenzgeld geleistet, wenn der Antrag innerhalb von zwei Monaten nach Wegfall des Hinderungsgrundes gestellt worden ist. Ein selbst zu vertretender Grund liegt vor, wenn sich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht mit der erforderlichen Sorgfalt um die Durchsetzung ihrer Ansprüche bemüht haben.

Tatbestand

 
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung eines Existenzgründungszuschusses zusteht.
Der Kläger bezog vom Arbeitsamt Lahr (AA) Arbeitslosenhilfe. Am 28.04.2003 stellte er beim AA einen schriftlichen Antrag auf Gewährung eines Existenzgründungszuschusses zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit. Er legte eine Gewerbeanmeldung vom 22.04.2003 vor, in der der Kläger als Beginn des Betriebs seiner Pizzeria den 25.04.2003 angab.
Mit Bescheid vom 13.05.2003 lehnte das AA den Antrag des Klägers ab, da er verspätet gestellt worden sei. Eine unbillige Härte liege nicht vor.
Hiergegen erhob der Kläger am 23.05.2003 Widerspruch. Er trug vor, er habe am 28.04.2003 den Antrag gestellt. In einem ihm ausgehändigten Informationsblatt seien keine Hinweise enthalten, wann der Antrag zu stellen sei. Er habe am Wochenende vor der Antragstellung das Lokal eröffnet. Eine verspätete Antragstellung sei nicht erkennbar.
Das AA holte eine Stellungnahme seiner Bediensteten H. vom 06.06.2003 ein, in der sie ausführte, am 09.04.2003 habe mit dem Kläger ein Informationsgespräch über Förderungsleistungen für Existenzgründer stattgefunden. Auf das Erfordernis einer rechtzeitigen Antragstellung sei ausdrücklich hingewiesen worden. Im Informationsblatt finde sich kein Hinweis zur Antragstellung.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10.06.2003 wurde der Widerspruch durch die Widerspruchsstelle des AA zurückgewiesen. Leistungen der Arbeitsförderung würden nur erbracht, wenn sie vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses beantragt worden seien. Dabei komme es auf den Beginn der Tätigkeit an. Der Kläger habe seine Tätigkeit am 25.04.2003 begonnen. Von einer mangelnden oder fehlerhaften Beratung des Klägers am 09.04.2003 sei nicht auszugehen. Ob der Bewilligung des Zuschusses entgegenstehe, dass der Kläger nach seinen Angaben seine Verlobte als Mitarbeiterin habe einstellen wollen, könne dahingestellt bleiben.
Hiergegen erhob der Kläger am 14.07.2003 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG). Er trug vor, er habe bereits am 09.04.2003 beim AA (Frau H.) vorgesprochen und mitgeteilt, dass er die Möglichkeit habe, eine Pizzeria zu eröffnen. Weiter habe er nachgefragt, ob ihm ein Existenzgründungszuschuss zustehe. Dies sei dem Grunde nach bejaht worden. Er habe Merkblätter ausgehändigt bekommen, die er vorlegte. Am 22.04.2003 habe er das Gewerbe angemeldet. Am Abend des 25.04.2003 habe er eine Eröffnungsfeier mit geladenen Gästen abgehalten. Die Pizzeria sei am Samstag, den 26.04.2003 offiziell eröffnet worden. Er habe den Antrag am Samstag oder Sonntag nicht stellen können. Im stehe der Zuschuss zumindest ab 28.04.2003 zu.
Die Beklagte trat der Klage unter Bezug auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid entgegen.
Mit Gerichtsbescheid vom 10.10.2003 wies das SG die Klage ab. Nach § 324 Absatz 1 Satz 1 SGB III würden Leistungen der Arbeitsförderung nur erbracht, wenn sie vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses beantragt worden seien. Diese Voraussetzungen lägen nicht vor. Der Kläger habe spätestens am 26.04.2003 seine selbständige Tätigkeit aufgenommen. Der Antrag sei erst am 28.04.2003 gestellt worden. Er hätte den Antrag bereits vor dem 26.04.2003 stellen können. Auf eine rechtzeitige Antragstellung sei der Kläger ausdrücklich hingewiesen worden. Eine unbillige Härte sei nicht zu erkennen.
10 
Gegen diese ihm am 14.10.2003 zugestellte Entscheidung hat der Kläger am 10.11.2003 Berufung eingelegt. Er hat zur Begründung ergänzend vorgetragen, er habe beabsichtigt, sich selbständig zu machen und eine leerstehende Pizza-Stube zu übernehmen, die er seit April nunmehr eigenständig betreibe. Er habe gewusst, dass er ohne finanzielle Unterstützung des AA nicht in der Lage sei, das Gewerbe zu betreiben. Aus diesem Grunde habe er am 09.04.2003 beim AA vorgesprochen und die Angelegenheit mit Frau H. erörtert. Er habe bei dem Gespräch darauf hingewiesen, dass er auf finanzielle Unterstützung angewiesen sei und habe diese auch mündlich beantragt. In den ihm dabei ausgehändigten Merkblättern seien keine Hinweise enthalten, dass der Antrag vor der Aufnahme der Tätigkeit schriftlich zu stellen sei. Unzutreffend sei, dass er von Frau H. schriftlich oder mündlich auf die rechtzeitige Antragstellung hingewiesen worden sei. Frau H. sei davon ausgegangen, dass dieser Hinweis in den übergebenen Informationsblättern enthalten sei. Dies sei nicht der Fall. Es liege eine Aufklärungspflichtverletzung vor, welche die Beklagte schadenersatzpflichtig mache. Auch hieraus ergebe sich ein Anspruch auf Bewilligung des Zuschusses. Die Voraussetzungen für die Bewilligung des Zuschusses lägen vor. Der Anspruch dürfe gemäß § 193 BGB nicht daran scheitern, dass er den Antrag nicht bereits am Samstag, den 26.04.2003 schriftlich gestellt habe. Er habe den Antrag bereits am 09.04.2003 rechtzeitig gestellt. Sein Antrag hätte in einen Antrag auf Überbrückungsgeld umgedeutet werden können und müssen, für das eine vorherige Antragstellung nicht erforderlich sei. Er hätte auch einen Anspruch auf Überbrückungsgeld gemäß § 57 SGB III gehabt. Wenn von einer verspäteten Antragstellung ausgegangen werde, liege eine unbillige Härte vor.
11 
Der Kläger beantragt,
12 
die Beklagte unter Aufhebung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Freiburg vom 10. Oktober 2003 und des Bescheides vom 13. Mai 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Juni 2003 zu verurteilen, über seinen Antrag vom 28. April 2003 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
13 
Die Beklagte beantragt,
14 
die Berufung zurückzuweisen.
15 
Sie ist dem Vorbringen des Klägers unter Vorlage einer dienstlichen Stellungnahme von Frau H. vom 18.12.2003 entgegen getreten. Der Zuschuss sei vom Kläger erst am 28.04.2003 beantragt worden. Am 09.04.2003 habe ein Informationsgespräch stattgefunden, ohne dass der Kläger erklärt habe, einen Antrag stellen zu wollen. Der Kläger sei am 09.04.2003 ausdrücklich gebeten worden sich zu melden, sobald sein Vorhaben konkret werden sollte, und ggf. rechtzeitig vor Aufnahme der Tätigkeit einen entsprechenden Antrag zu stellen. Da der Kläger die Pizzeria seit 25.04.2003 betreibe, hätte der Antrag am 25.04.2003 gestellt werden müssen.
16 
Wegen Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die Akten des Senats zum vorliegenden Verfahren und der Verfahren L 8 AL 4678/03 PKH-B und L 8 AL 4690/03 PKH-A, die Akte des SG und die Akte der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
17 
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 SGG insgesamt zulässig und erweist sich im Sinne einer Verurteilung zur Neuverbescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats als begründet.
18 
Rechtsgrundlagen des geltend gemachten Anspruches sind § 421 1 (in der durch Gesetz vom 31.07.2003 ab 01.01.2003 gültigen Fassung) i.V.m. § 324 Abs. 1 SGB III.
19 
Nach § 421 1 SGB III haben Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden, Anspruch auf einen monatlichen Existenzgründungszuschuss. Der Zuschuss wird geleistet, wenn der Existenzgründer
20 
1. in einem engen Zusammenhang mit der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit Entgeltersatzleistungen nach diesem Buch bezogen hat oder eine Beschäftigung ausgeübt hat, die als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme oder Strukturanpassungsmaßnahme gefördert worden ist,
21 
2. nach Aufnahme der selbständigen Tätigkeit Arbeitseinkommen nach § 15 des Vierten Buches erzielen wird, das voraussichtlich 25.000 Euro im Jahr nicht überschreiten wird (Abs. 1)
22 
Der Zuschuss wird bis zu drei Jahre erbracht und wird jeweils längstens für ein Jahr bewilligt. Er beträgt im ersten Jahr nach Beendigung der Arbeitslosigkeit monatlich 600 Euro, im zweiten Jahr monatlich 360 Euro und im dritten Jahr monatlich 240 Euro. Vor einer erneuten Bewilligung des Zuschusses hat der Existenzgründer das Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 1 darzulegen. Liegen die Voraussetzungen für ein Ruhen des Anspruchs bei Sperrzeit nach § 144 oder Säumniszeit nach § 145 dieses Buches vor, verkürzt sich die Dauer der Förderung entsprechend der Dauer der Sperrzeit oder der Dauer der Säumniszeit unter Berücksichtigung der bereits verstrichenen Sperr- oder Säumniszeiten (Abs. 2).
23 
Überschreitet das Arbeitseinkommen im Jahr 25.000 Euro, so kann nach Ablauf des bewilligten Zeitraums der Zuschuss nicht mehr erbracht werden. Arbeitsentgelt nach § 14 des Vierten Buches, das im gleichen Zeitraum erzielt wird, wird bei der Ermittlung der für die Förderung maßgeblichen Obergrenze einbezogen. (Abs. 3).
24 
Der Zuschuss ist ausgeschlossen, wenn die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit durch Überbrückungsgeld nach § 57 gefördert wird (Abs. 4).
25 
Nach § 324 Abs. 1 SGB III werden Leistungen der Arbeitsförderung nur erbracht, wenn sie vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses beantragt worden sind. Zur Vermeidung unbilliger Härten kann das Arbeitsamt eine verspätete Antragstellung zulassen. Diese Vorschrift regelt vorrangig den Zeitpunkt, zu dem grundsätzlich der Antrag gestellt werden muss, damit er wirksam werden kann, wobei Leistungen der Arbeitsförderung vorher beantragt werden sollen (vgl. BT-Drs. 13/4941 S.212 zu § 325 SGB III). Sie regelt demgegenüber nicht, ab wann Leistungen erbracht werden dürfen. Die Vorschrift enthält daneben eine Härteregelung, nach der das AA von sich aus eine verspätete Antragstellung zulassen kann, dabei aber an das Vorliegen einer unbilligen Härte gebunden ist. Die Härteregelung des § 324 Abs.1 Satz 2 tritt als lex specialis an die Stelle der allgemeinen Vorschriften über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 27 SGB X) und der Grundsätze zum sozialrechtlichen Herstellungsanspruch (vgl. Gagel, SGB III § 324 RdNr. 16).
26 
Hiervon ausgehend gelangt der Senat – entgegen der Ansicht der Beklagten und des SG – zu der Überzeugung, dass ein Anspruch des Klägers auf Gewährung des beantragten Existenzgründungszuschusses nicht wegen verspäteter Antragstellung ausgeschlossen ist.
27 
Allerdings hat der Kläger den Antrag auf Gewährung eines Existenzgründungszuschusses verspätet gestellt. Nach § 324 Abs. 1 Satz 1 SGB III ist der Antrag auf Zahlung eines Existenzgründungszuschusses grundsätzlich vor dem leistungsbegründenden Ereignis zu stellen. Das leistungsbegründende Ereignis ist die Aufnahme der selbständigen Tätigkeit des Klägers, die seine Arbeitslosigkeit beendete. Diese erfolgte – nach dem eigenen Vorbringen des Klägers – spätestens am 26.04.2003. Den Antrag auf Gewährung eines Existenzgründungszuschusses hat der Kläger erst danach am 28.04.2003 gestellt.
28 
Soweit sich der Kläger im Berufungsverfahren darauf beruft, er habe den Antrag bereits am 09.04.2003 gestellt, kann diesem Vorbringen nicht geglaubt werden. Denn sollte der Kläger bereits am 09.04.2003 den Antrag auf Gewährung des Existenzgründungszuschusses mündlich gestellt haben, so ist nicht verständlich, dass er am 28.04.2003 einen schriftlichen Antrag gestellt hat, ohne auf diesen Umstand hinzuweisen. Sein Antrag vom 28.04.2003 lässt vielmehr darauf schließen, dass er selbst davon ausging, noch einen Antrag stellen zu müssen. Außerdem weisen die hierzu gemachten Angaben des Klägers erhebliche Unstimmigkeiten auf. So hat sich der Kläger erstmals im Berufungsverfahren darauf berufen, am 09.04.2003 einen Antrag auf Gewährung eines Eingliederungszuschusses mündlich gestellt zu haben. Im Widerspruchsverfahren hat der Kläger dagegen vorgetragen, den Antrag am 28.04.2003 gestellt zu haben. Beim SG hat er lediglich vorgetragen, er habe am 09.04.2003 nachgefragt, ob ihm ein Existenzgründungszuschuss zustehen würde, was Frau H. dem Grunde nach bejaht habe. Dass er gleichzeitig einen Antrag gestellt habe, hat der Kläger nicht behauptet. Diese unterschiedlichen Angaben sind nicht verständlich, sollte der Kläger tatsächlich bereits am 09.04.2003 einen Antrag gestellt haben. Weiter spricht der Vortrag des Klägers, zur Zeit seiner Vorsprache beim AA beabsichtigt zu haben, eine Pizza-Stube zu übernehmen, die er ohne finanzielle Unterstützung des AA nicht hätte betreiben können, weshalb die Vorsprache beim AA erfolgt sei, dafür, dass sich der Kläger am 09.04.2003 noch nicht endgültig entschlossen gehabt hatte, die Pizza-Stube zu übernehmen, was ebenfalls darauf schließen lässt, dass es sich am 09.04.2003 um ein bloßes Informationsgespräch gehandelt hat. Dies wird auch dadurch gestützt, dass der Kläger erst am 22.04.2003 sein Gewerbe angemeldet hat. Dem entspricht das Vorbringen des Klägers beim SG, er habe das Gewerbe aufgrund der Beratung durch das AA am 22.04.2003 angemeldet. Selbst wenn der Kläger sich bei dem Gespräch am 09.04.2003 dahin geäußert hätte, dass er auf finanzielle Unterstützung angewiesen sei, könnte diese Äußerung nicht als mündlicher Antrag auf Gewährung eines Existenzgründungszuschusses gewertet werden. Hierzu hätte es näherer zeitlicher Angaben (insbesondere des Betriebsbeginns) bedurft. Dass der Kläger zur Zeit des Gespräches am 09.04.2003 bereits in der Lage war, den Betriebsbeginn anzugeben, ist aber nach dem Ausgeführten nicht anzunehmen. Dies hat der Kläger auch nicht behauptet. Dass der Kläger am 09.04.2003 noch keinen Antrag gestellt hat, bestätigt auch Frau H. in ihrer dienstlichen Stellungnahme vom 18.12.2003. Nach ihren Angaben hat es sich bei dem Gespräch am 09.04.2003 lediglich um ein Informationsgespräch gehandelt hat. Sie hat außerdem bestätigt, dass der Kläger am 09.04.2003 keine Willenserklärung dahin abgegeben hat, dass und ab wann er die Gewährung eines Existenzgründungszuschusses beantragen möchte. Damit erweist sich das Vorbringen des Klägers, am 09.04.2003 einen Antrag gestellt zu haben, als nicht glaubhaft.
29 
Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg auf die Vorschrift des § 193 BGB berufen. Nach dieser Vorschrift tritt, wenn an einem bestimmten Tag oder innerhalb einer Frist eine Willenserklärung abzugeben oder eine Leistung zu bewirken ist und der bestimmte Tag oder der letzte Tag der Frist auf einen Sonntag, einen am Erklärungs- oder Leistungsort staatlich anerkannten allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend fällt, an die Stelle eines solchen Tages der nächste Werktag. Eine solche Fallgestaltung liegt hier jedoch nicht vor. Der Kläger war nach § 324 Abs. 1 Satz 1 SGB III lediglich gehalten, vor dem Betriebsbeginn den Antrag zu stellen. Ein bestimmter Tag oder eine Frist wird hierfür nicht vorgeschrieben.
30 
Gleichwohl durfte die Beklagte den Antrag des Klägers nicht ablehnen. Sie hätte vielmehr eine Ermessensentscheidung gemäß § 324 Abs. 1 Satz 2 SGB III wegen des Vorliegens einer unbilligen Härte treffen müssen.
31 
Der Begriff der unbilligen Härte im Sinne des § 324 Abs. 1 Satz 2 SGB III stellt einen unbestimmten Rechtsbegriff dar, der gerichtlich voll überprüfbar ist und der der Verwaltung keinen Beurteilungsspielraum einräumt. Die tatbestandlichen Voraussetzungen sind im Gesetz nicht näher definiert und stellen eine offene Generalklausel dar (vgl. BSG SozR III-4100 § 44 Nrn. 4, 16). Eine unbillige Härte liegt dann vor, wenn den Antragsteller ein geringes Verschulden trifft und die Folgen erheblich sind (vgl. Gagel, SGB III, § 324 Rdnr.17).
32 
Hiervon ausgehend liegt im Falle des Klägers eine unbillige Härte vor. Die Folgen der Nichtgewährung des beantragten Existenzgründungszuschusses sind für den Kläger erheblich. Der Kläger verliert mögliche Zuschüsse im ersten Jahr in Höhe von monatlich 600 EUR, im zweiten Jahr von monatlich 360 EUR und im dritten Jahr von monatlich 240 EUR. Hierauf ist der Kläger angewiesen. Denn nach seinen im PKH-Antragsverfahren vorgelegten Unterlagen hat der Kläger bislang noch keinen Gewinn erwirtschaften können. Dagegen wiegt das Verschulden des Klägers an der verspäteten Antragstellung gering, selbst wenn von dem Vorbringen der Beklagten ausgegangen würde, der Kläger sei am 09.04.2003 ausdrücklich auf eine rechtzeitige Antragstellung hingewiesen worden. Zutreffend weist der Kläger darauf hin, dass in den ihm bei diesem Gespräch übergebenen Informationsunterlagen nicht auf die Notwendigkeit einer vorherigen Antragstellung hingewiesen wird. Damit würde ein mündlich erteilter Hinweis auf eine rechtzeitige Antragstellung (selbst wenn er gemacht worden ist) relativiert. Denn es liegt nahe, dass ein bei einem Informationsgespräch gemachter entsprechender mündlicher Hinweis wegen des fehlenden Hinweises in den ausgehändigten Informationsunterlagen später in Vergessenheit gerät oder jedenfalls nicht beachtet wird, so dass dem Kläger wegen der geringfügig verspäteten Antragstellung nur leichte(ste) Fahrlässigkeit zur Last gelegt werden kann. Damit liegen zur Überzeugung des Senats die Voraussetzungen einer unbilligen Härte vor.
33 
Die Beklagte ist daher verpflichtet, im Wege pflichtgemäßen Ermessens zu prüfen, ob der verspätete Antrag zugelassen wird (vgl. Wissing u.a., SGB III, § 324 Anm.6 f). Dies hat sie unterlassen. Bei der Ermessensentscheidung darüber, ob die unbillige Härte Veranlassung gibt, die Leistung trotz der Verspätung zu gewähren, hat die Beklagte zu berücksichtigen, welche realen Folgen eine Antragsablehnung für den Kläger hat und ob die Leistung zum Zeitpunkt der Antragstellung ihren Zweck noch erfüllen konnte bzw. ob sie jedenfalls zur Stabilisierung der selbständigen Tätigkeit des Klägers dient, was die Beklagte nach Aktenlage nicht ohne weiteres wird verneinen können. Weiter wird die Beklagte zu berücksichtigen haben, dass auf die Gewährung eines Existenzgründungszuschusses ein Rechtsanspruch besteht. Im Übrigen sind neben den besonderen Verhältnissen und Bedürfnissen des Antragstellers die Gründe zu berücksichtigen, die zur Verspätung geführt haben, sofern diese nicht bereits beim Begriff der Härte berücksichtigt worden sind (vgl. Gagel, a.a.O., Rdnr.18). Dies ist von Seiten der Beklagten nicht erfolgt. Sie hat nicht einmal nach den Gründen der verspäteten Antragstellung gefragt.
34 
Damit ist die Beklagte ihrer Pflicht zur Ermessensbetätigung nicht nachgekommen, weshalb die angefochtene Entscheidung der Beklagten aufzuheben und sie zu verpflichten war, dem Kläger einen neuen Bescheid zu erteilen.
35 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
36 
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Der Senat steht hinsichtlich der entschiedenen Rechtsfragen im Einklang mit der obergerichtlichen Rechtsprechung.

Gründe

 
17 
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 SGG insgesamt zulässig und erweist sich im Sinne einer Verurteilung zur Neuverbescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats als begründet.
18 
Rechtsgrundlagen des geltend gemachten Anspruches sind § 421 1 (in der durch Gesetz vom 31.07.2003 ab 01.01.2003 gültigen Fassung) i.V.m. § 324 Abs. 1 SGB III.
19 
Nach § 421 1 SGB III haben Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden, Anspruch auf einen monatlichen Existenzgründungszuschuss. Der Zuschuss wird geleistet, wenn der Existenzgründer
20 
1. in einem engen Zusammenhang mit der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit Entgeltersatzleistungen nach diesem Buch bezogen hat oder eine Beschäftigung ausgeübt hat, die als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme oder Strukturanpassungsmaßnahme gefördert worden ist,
21 
2. nach Aufnahme der selbständigen Tätigkeit Arbeitseinkommen nach § 15 des Vierten Buches erzielen wird, das voraussichtlich 25.000 Euro im Jahr nicht überschreiten wird (Abs. 1)
22 
Der Zuschuss wird bis zu drei Jahre erbracht und wird jeweils längstens für ein Jahr bewilligt. Er beträgt im ersten Jahr nach Beendigung der Arbeitslosigkeit monatlich 600 Euro, im zweiten Jahr monatlich 360 Euro und im dritten Jahr monatlich 240 Euro. Vor einer erneuten Bewilligung des Zuschusses hat der Existenzgründer das Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 1 darzulegen. Liegen die Voraussetzungen für ein Ruhen des Anspruchs bei Sperrzeit nach § 144 oder Säumniszeit nach § 145 dieses Buches vor, verkürzt sich die Dauer der Förderung entsprechend der Dauer der Sperrzeit oder der Dauer der Säumniszeit unter Berücksichtigung der bereits verstrichenen Sperr- oder Säumniszeiten (Abs. 2).
23 
Überschreitet das Arbeitseinkommen im Jahr 25.000 Euro, so kann nach Ablauf des bewilligten Zeitraums der Zuschuss nicht mehr erbracht werden. Arbeitsentgelt nach § 14 des Vierten Buches, das im gleichen Zeitraum erzielt wird, wird bei der Ermittlung der für die Förderung maßgeblichen Obergrenze einbezogen. (Abs. 3).
24 
Der Zuschuss ist ausgeschlossen, wenn die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit durch Überbrückungsgeld nach § 57 gefördert wird (Abs. 4).
25 
Nach § 324 Abs. 1 SGB III werden Leistungen der Arbeitsförderung nur erbracht, wenn sie vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses beantragt worden sind. Zur Vermeidung unbilliger Härten kann das Arbeitsamt eine verspätete Antragstellung zulassen. Diese Vorschrift regelt vorrangig den Zeitpunkt, zu dem grundsätzlich der Antrag gestellt werden muss, damit er wirksam werden kann, wobei Leistungen der Arbeitsförderung vorher beantragt werden sollen (vgl. BT-Drs. 13/4941 S.212 zu § 325 SGB III). Sie regelt demgegenüber nicht, ab wann Leistungen erbracht werden dürfen. Die Vorschrift enthält daneben eine Härteregelung, nach der das AA von sich aus eine verspätete Antragstellung zulassen kann, dabei aber an das Vorliegen einer unbilligen Härte gebunden ist. Die Härteregelung des § 324 Abs.1 Satz 2 tritt als lex specialis an die Stelle der allgemeinen Vorschriften über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 27 SGB X) und der Grundsätze zum sozialrechtlichen Herstellungsanspruch (vgl. Gagel, SGB III § 324 RdNr. 16).
26 
Hiervon ausgehend gelangt der Senat – entgegen der Ansicht der Beklagten und des SG – zu der Überzeugung, dass ein Anspruch des Klägers auf Gewährung des beantragten Existenzgründungszuschusses nicht wegen verspäteter Antragstellung ausgeschlossen ist.
27 
Allerdings hat der Kläger den Antrag auf Gewährung eines Existenzgründungszuschusses verspätet gestellt. Nach § 324 Abs. 1 Satz 1 SGB III ist der Antrag auf Zahlung eines Existenzgründungszuschusses grundsätzlich vor dem leistungsbegründenden Ereignis zu stellen. Das leistungsbegründende Ereignis ist die Aufnahme der selbständigen Tätigkeit des Klägers, die seine Arbeitslosigkeit beendete. Diese erfolgte – nach dem eigenen Vorbringen des Klägers – spätestens am 26.04.2003. Den Antrag auf Gewährung eines Existenzgründungszuschusses hat der Kläger erst danach am 28.04.2003 gestellt.
28 
Soweit sich der Kläger im Berufungsverfahren darauf beruft, er habe den Antrag bereits am 09.04.2003 gestellt, kann diesem Vorbringen nicht geglaubt werden. Denn sollte der Kläger bereits am 09.04.2003 den Antrag auf Gewährung des Existenzgründungszuschusses mündlich gestellt haben, so ist nicht verständlich, dass er am 28.04.2003 einen schriftlichen Antrag gestellt hat, ohne auf diesen Umstand hinzuweisen. Sein Antrag vom 28.04.2003 lässt vielmehr darauf schließen, dass er selbst davon ausging, noch einen Antrag stellen zu müssen. Außerdem weisen die hierzu gemachten Angaben des Klägers erhebliche Unstimmigkeiten auf. So hat sich der Kläger erstmals im Berufungsverfahren darauf berufen, am 09.04.2003 einen Antrag auf Gewährung eines Eingliederungszuschusses mündlich gestellt zu haben. Im Widerspruchsverfahren hat der Kläger dagegen vorgetragen, den Antrag am 28.04.2003 gestellt zu haben. Beim SG hat er lediglich vorgetragen, er habe am 09.04.2003 nachgefragt, ob ihm ein Existenzgründungszuschuss zustehen würde, was Frau H. dem Grunde nach bejaht habe. Dass er gleichzeitig einen Antrag gestellt habe, hat der Kläger nicht behauptet. Diese unterschiedlichen Angaben sind nicht verständlich, sollte der Kläger tatsächlich bereits am 09.04.2003 einen Antrag gestellt haben. Weiter spricht der Vortrag des Klägers, zur Zeit seiner Vorsprache beim AA beabsichtigt zu haben, eine Pizza-Stube zu übernehmen, die er ohne finanzielle Unterstützung des AA nicht hätte betreiben können, weshalb die Vorsprache beim AA erfolgt sei, dafür, dass sich der Kläger am 09.04.2003 noch nicht endgültig entschlossen gehabt hatte, die Pizza-Stube zu übernehmen, was ebenfalls darauf schließen lässt, dass es sich am 09.04.2003 um ein bloßes Informationsgespräch gehandelt hat. Dies wird auch dadurch gestützt, dass der Kläger erst am 22.04.2003 sein Gewerbe angemeldet hat. Dem entspricht das Vorbringen des Klägers beim SG, er habe das Gewerbe aufgrund der Beratung durch das AA am 22.04.2003 angemeldet. Selbst wenn der Kläger sich bei dem Gespräch am 09.04.2003 dahin geäußert hätte, dass er auf finanzielle Unterstützung angewiesen sei, könnte diese Äußerung nicht als mündlicher Antrag auf Gewährung eines Existenzgründungszuschusses gewertet werden. Hierzu hätte es näherer zeitlicher Angaben (insbesondere des Betriebsbeginns) bedurft. Dass der Kläger zur Zeit des Gespräches am 09.04.2003 bereits in der Lage war, den Betriebsbeginn anzugeben, ist aber nach dem Ausgeführten nicht anzunehmen. Dies hat der Kläger auch nicht behauptet. Dass der Kläger am 09.04.2003 noch keinen Antrag gestellt hat, bestätigt auch Frau H. in ihrer dienstlichen Stellungnahme vom 18.12.2003. Nach ihren Angaben hat es sich bei dem Gespräch am 09.04.2003 lediglich um ein Informationsgespräch gehandelt hat. Sie hat außerdem bestätigt, dass der Kläger am 09.04.2003 keine Willenserklärung dahin abgegeben hat, dass und ab wann er die Gewährung eines Existenzgründungszuschusses beantragen möchte. Damit erweist sich das Vorbringen des Klägers, am 09.04.2003 einen Antrag gestellt zu haben, als nicht glaubhaft.
29 
Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg auf die Vorschrift des § 193 BGB berufen. Nach dieser Vorschrift tritt, wenn an einem bestimmten Tag oder innerhalb einer Frist eine Willenserklärung abzugeben oder eine Leistung zu bewirken ist und der bestimmte Tag oder der letzte Tag der Frist auf einen Sonntag, einen am Erklärungs- oder Leistungsort staatlich anerkannten allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend fällt, an die Stelle eines solchen Tages der nächste Werktag. Eine solche Fallgestaltung liegt hier jedoch nicht vor. Der Kläger war nach § 324 Abs. 1 Satz 1 SGB III lediglich gehalten, vor dem Betriebsbeginn den Antrag zu stellen. Ein bestimmter Tag oder eine Frist wird hierfür nicht vorgeschrieben.
30 
Gleichwohl durfte die Beklagte den Antrag des Klägers nicht ablehnen. Sie hätte vielmehr eine Ermessensentscheidung gemäß § 324 Abs. 1 Satz 2 SGB III wegen des Vorliegens einer unbilligen Härte treffen müssen.
31 
Der Begriff der unbilligen Härte im Sinne des § 324 Abs. 1 Satz 2 SGB III stellt einen unbestimmten Rechtsbegriff dar, der gerichtlich voll überprüfbar ist und der der Verwaltung keinen Beurteilungsspielraum einräumt. Die tatbestandlichen Voraussetzungen sind im Gesetz nicht näher definiert und stellen eine offene Generalklausel dar (vgl. BSG SozR III-4100 § 44 Nrn. 4, 16). Eine unbillige Härte liegt dann vor, wenn den Antragsteller ein geringes Verschulden trifft und die Folgen erheblich sind (vgl. Gagel, SGB III, § 324 Rdnr.17).
32 
Hiervon ausgehend liegt im Falle des Klägers eine unbillige Härte vor. Die Folgen der Nichtgewährung des beantragten Existenzgründungszuschusses sind für den Kläger erheblich. Der Kläger verliert mögliche Zuschüsse im ersten Jahr in Höhe von monatlich 600 EUR, im zweiten Jahr von monatlich 360 EUR und im dritten Jahr von monatlich 240 EUR. Hierauf ist der Kläger angewiesen. Denn nach seinen im PKH-Antragsverfahren vorgelegten Unterlagen hat der Kläger bislang noch keinen Gewinn erwirtschaften können. Dagegen wiegt das Verschulden des Klägers an der verspäteten Antragstellung gering, selbst wenn von dem Vorbringen der Beklagten ausgegangen würde, der Kläger sei am 09.04.2003 ausdrücklich auf eine rechtzeitige Antragstellung hingewiesen worden. Zutreffend weist der Kläger darauf hin, dass in den ihm bei diesem Gespräch übergebenen Informationsunterlagen nicht auf die Notwendigkeit einer vorherigen Antragstellung hingewiesen wird. Damit würde ein mündlich erteilter Hinweis auf eine rechtzeitige Antragstellung (selbst wenn er gemacht worden ist) relativiert. Denn es liegt nahe, dass ein bei einem Informationsgespräch gemachter entsprechender mündlicher Hinweis wegen des fehlenden Hinweises in den ausgehändigten Informationsunterlagen später in Vergessenheit gerät oder jedenfalls nicht beachtet wird, so dass dem Kläger wegen der geringfügig verspäteten Antragstellung nur leichte(ste) Fahrlässigkeit zur Last gelegt werden kann. Damit liegen zur Überzeugung des Senats die Voraussetzungen einer unbilligen Härte vor.
33 
Die Beklagte ist daher verpflichtet, im Wege pflichtgemäßen Ermessens zu prüfen, ob der verspätete Antrag zugelassen wird (vgl. Wissing u.a., SGB III, § 324 Anm.6 f). Dies hat sie unterlassen. Bei der Ermessensentscheidung darüber, ob die unbillige Härte Veranlassung gibt, die Leistung trotz der Verspätung zu gewähren, hat die Beklagte zu berücksichtigen, welche realen Folgen eine Antragsablehnung für den Kläger hat und ob die Leistung zum Zeitpunkt der Antragstellung ihren Zweck noch erfüllen konnte bzw. ob sie jedenfalls zur Stabilisierung der selbständigen Tätigkeit des Klägers dient, was die Beklagte nach Aktenlage nicht ohne weiteres wird verneinen können. Weiter wird die Beklagte zu berücksichtigen haben, dass auf die Gewährung eines Existenzgründungszuschusses ein Rechtsanspruch besteht. Im Übrigen sind neben den besonderen Verhältnissen und Bedürfnissen des Antragstellers die Gründe zu berücksichtigen, die zur Verspätung geführt haben, sofern diese nicht bereits beim Begriff der Härte berücksichtigt worden sind (vgl. Gagel, a.a.O., Rdnr.18). Dies ist von Seiten der Beklagten nicht erfolgt. Sie hat nicht einmal nach den Gründen der verspäteten Antragstellung gefragt.
34 
Damit ist die Beklagte ihrer Pflicht zur Ermessensbetätigung nicht nachgekommen, weshalb die angefochtene Entscheidung der Beklagten aufzuheben und sie zu verpflichten war, dem Kläger einen neuen Bescheid zu erteilen.
35 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
36 
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Der Senat steht hinsichtlich der entschiedenen Rechtsfragen im Einklang mit der obergerichtlichen Rechtsprechung.

Jeder hat Anspruch auf Beratung über seine Rechte und Pflichten nach diesem Gesetzbuch. Zuständig für die Beratung sind die Leistungsträger, denen gegenüber die Rechte geltend zu machen oder die Pflichten zu erfüllen sind.

(1) Die nach Landesrecht zuständigen Stellen, die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung sind verpflichtet, über alle sozialen Angelegenheiten nach diesem Gesetzbuch Auskünfte zu erteilen.

(2) Die Auskunftspflicht erstreckt sich auf die Benennung der für die Sozialleistungen zuständigen Leistungsträger sowie auf alle Sach- und Rechtsfragen, die für die Auskunftsuchenden von Bedeutung sein können und zu deren Beantwortung die Auskunftsstelle imstande ist.

(3) Die Auskunftsstellen sind verpflichtet, untereinander und mit den anderen Leistungsträgern mit dem Ziel zusammenzuarbeiten, eine möglichst umfassende Auskunftserteilung durch eine Stelle sicherzustellen.

(4) Die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung sollen über Möglichkeiten zum Aufbau einer staatlich geförderten zusätzlichen Altersvorsorge produkt- und anbieterneutral Auskünfte erteilen.

(1) Leistungen der Arbeitsförderung werden nur erbracht, wenn sie vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses beantragt worden sind. Zur Vermeidung unbilliger Härten kann die Agentur für Arbeit eine verspätete Antragstellung zulassen.

(2) Berufsausbildungsbeihilfe, Ausbildungsgeld und Arbeitslosengeld können auch nachträglich beantragt werden. Kurzarbeitergeld, die Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge und Lehrgangskosten für die Bezieherinnen und Bezieher von Kurzarbeitergeld und ergänzende Leistungen nach § 102 sind nachträglich zu beantragen.

(3) Insolvenzgeld ist abweichend von Absatz 1 Satz 1 innerhalb einer Ausschlußfrist von zwei Monaten nach dem Insolvenzereignis zu beantragen. Wurde die Frist aus nicht selbst zu vertretenden Gründen versäumt, wird Insolvenzgeld geleistet, wenn der Antrag innerhalb von zwei Monaten nach Wegfall des Hinderungsgrundes gestellt worden ist. Ein selbst zu vertretender Grund liegt vor, wenn sich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht mit der erforderlichen Sorgfalt um die Durchsetzung ihrer Ansprüche bemüht haben.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.