Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 21. Okt. 2014 - L 11 R 932/14

bei uns veröffentlicht am21.10.2014

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 13.01.2014 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten über die Nachforderung von Pflichtbeiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung für den Zeitraum 01.01.2006 bis 31.12.2010 in Höhe von 24.273,00 EUR.
Die 1966 geborene Klägerin ist seit 1995 als freiberufliche Sportlehrerin tätig. Sie stellte am 29.09.1995 einen Antrag auf freiwillige Versicherung und teilte mit, sie sei seit August 1995 als freiberufliche Sportlehrerin tätig. Die Beklagte wies die Klägerin mit Schreiben vom 08.11.1995 darauf hin, dass sie als selbstständige Sportlehrerin kraft Gesetzes der Versicherungspflicht nach § 2 Nr 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) unterliege, sofern sie keinen Arbeitnehmer beschäftige. Mit Schreiben vom 22.11.1995 antwortete die Klägerin, nach Rücksprache mit Frau Z. von der Auskunfts- und Beratungsstelle in U. müsse sie den Punkt 4 (des Formulars) nicht ausfüllen, da sie ab 01.08.1995 freiberuflich tätig sei und einen Arbeitnehmer ab diesem Zeitpunkt beschäftige. Mit Bescheid vom 24.11.1995 teilte die Beklagte der Klägerin mit, sie sei berechtigt, freiwillige Beiträge zur Rentenversicherung der Angestellten zu zahlen. Für die Zeit ab August 1995 leistete die Klägerin daraufhin freiwillige Beiträge in Höhe von zunächst 107,88 DM monatlich.
Im Oktober 2010 leitete die Beklagte ein Verfahren zur Prüfung der Versicherungspflicht als selbstständig Tätige ein. Die Klägerin füllte den ihr übersandten Fragebogen aus und teilte hierin mit, sie habe vom 01.08.1995 bis 31.03.1999 eine geringfügig Beschäftigte gehabt.
Mit Bescheid vom 07.12.2010 teilte die Beklagte mit, dass nach § 2 Satz 1 Nr 1 bis 2 SGB VI selbstständige Lehrer, Erzieher und Pflegepersonen versicherungspflichtig seien, die im Zusammenhang mit ihrer selbstständigen Tätigkeit keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigten. In der Zeit vom 01.08.1995 bis 31.03.1999 habe keine Versicherungspflicht bestanden, da die Klägerin einen oder mehrere versicherungspflichtige Arbeitnehmer beschäftigt habe. In der Zeit vom 01.04.1999 bis 31.12.2005 habe zwar Versicherungspflicht bestanden, da die Beiträge für diese Zeit bereits nach § 25 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) verjährt seien, könnten diese nach § 197 Abs 1 SGB VI auch nicht mehr wirksam gezahlt werden. Die Beiträge ab 01.01.2006 seien noch nicht verjährt und seien noch zu zahlen. Mit weiterem Bescheid vom 07.12.2010 setzte die Beklagte die für die Zeit vom 01.01.2006 bis 31.12.2010 zu zahlenden Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung auf 29.637,00 EUR fest.
Mit Widerspruch vom 07.01.2011 machte die Klägerin geltend, dass sie mit Beginn ihrer selbstständigen Tätigkeit um Feststellung ihres Status sowohl in der gesetzlichen Kranken- als auch Rentenversicherung gebeten habe. Die Feststellungen der zuständigen Stellen seien eindeutig gewesen. Sie habe aufgrund dessen ihre Altersabsicherung durch Abschluss privater Renten- und Lebensversicherungen gewährleistet. Durch die heutige Überprüfung des Status könne es zumindest nicht zu einer rückwirkenden Änderung der Einstufung kommen. Die damalige Feststellung führe zu einem Befreiungstatbestand. Eine Zahlung sei ihr aus wirtschaftlichen Gründen nicht möglich. Sie sei auch nicht in der Lage, einen monatlichen Betrag von über 500,00 EUR aufzubringen. Es werde um Niederschlagung der Forderung gebeten.
Mit Bescheid vom 16.08.2011 teilte die Beklagte eine Änderung der Beitragshöhe mit. Sie forderte nunmehr 28.271,48 EUR für die Zeit vom 01.01.2006 bis 31.08.2011, davon 24.273,00 EUR für die Zeit vom 01.01.2006 bis 31.12.2010. Mit Bescheid vom 09.12.2011 setzte die Beklagte die Beitragshöhe ab Januar 2012 auf 519,08 EUR monatlich fest, mit weiterem Bescheid vom 22.10.2012 für die Zeit ab 01.03.2012 auf monatlich 394,67 EUR.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13.09.2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Dem Begehren auf Rücknahme der Beitragsforderung könne nicht entsprochen werden. Selbstständig tätige Lehrer und Erzieher unterlägen kraft Gesetzes der Versicherungspflicht, wenn sie im Zusammenhang mit ihrer selbstständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigten. Unter den gemäß § 2 Satz 1 Nr 1 SGB VI versicherungspflichtigen selbstständig tätigen Lehrern seien Personen zu verstehen, die einen der geistigen Entwicklung auf dem Gebiet der Wissenschaften dienenden Unterricht erteilten. Auch die Unterweisung in körperlichen Übungen und mechanischen Tätigkeiten zähle dazu. Der Lehrbegriff sei weit auszulegen und beinhalte jegliches Übermitteln von Wissen, Können und Fertigkeiten. Es werde nicht darauf abgestellt, auf welchen Gebieten Wissen und Kenntnisse vermittelt würden, auf welche Weise der Lehrer seine Kenntnisse und die Lehrfähigkeit erworben habe oder wie er den Wissensstoff anderen vermittele. Es spiele für die Beurteilung der selbstständigen Tätigkeit des Weiteren keine Rolle, ob deren Inhalt Gedächtnisspuren hinterlasse und inwieweit er außerhalb des Unterrichts reproduzierbar sei (unter Hinweis auf Rechtsprechung des Bundessozialgerichts). Die zugrunde liegende Tätigkeit als freiberufliche Sportlehrerin erfülle die Begriffsdefinition eines Lehrers. Die Versicherungspflicht sei zutreffend beurteilt und festgestellt worden. Am 25.09.1995 habe die Klägerin einen Antrag auf freiwillige Versicherung gestellt und in diesem Antrag angegeben, dass sie seit August 1995 eine selbstständige Tätigkeit als freiberufliche Sportlehrerin ausübe. Die Klägerin habe mitgeteilt, dass sie ab August 1995 einen Arbeitnehmer beschäftige. Aufgrund dieser Angaben sei seinerzeit festgestellt worden, dass aufgrund der Beschäftigung eines Arbeitnehmers eine Versicherungspflicht nach § 2 Satz 1 Nr 1 SGB VI entfalle und mit Bescheid vom 24.11.1995 sei die freiwillige Versicherung zugelassen worden. In der Folgezeit habe die Klägerin versäumt, den Rentenversicherungsträger über Änderungen in der selbstständigen Tätigkeit zu informieren. Die Änderung habe darin gelegen, dass ab dem 01.04.1999 kein Arbeitnehmer mehr beschäftigt worden sei. Die Rechtsfolgen, die sich aus dieser Änderung ergäben, seien spätestens seit dem Schreiben der Verwaltung vom 08.11.1995 bekannt. Eine Mitteilung der Änderung sei schuldhaft unterlassen worden. Ein Verwirkungshandeln der Verwaltung liege nicht vor, denn die Vernachlässigung der Mitwirkungspflichten gehe auch zu Lasten der Klägerin. Die Feststellung der Krankenkasse KKH in einem Schreiben vom 25.08.1995 sei für den vorliegenden Sachverhalt ohne Belang, denn von der Krankenkasse sei ausschließlich das Vorliegen von Krankenversicherungspflicht geprüft worden. Die Verjährung der Beitragsforderung für den Zeitraum vom 01.04.1999 bis 31.12.2005 sei bereits berücksichtigt worden. Es verbleibe danach bei der zutreffend festgestellten Versicherungspflicht in der Rentenversicherung als Sportlehrerin und der damit verbundenen Beitragspflicht.
Hiergegen richtet sich die am 25.09.2012 zum Sozialgericht Ulm (SG) erhobene Klage. Die Klägerin macht geltend, eine Grundlage für die Versicherungspflicht sei nicht ersichtlich, zumal sie nachweislich auch privat Vorkehrungen für ihre Altersvorsorge getroffen habe. Fraglich sei auch, ob die zugrunde gelegte Norm des § 2 Satz 1 Nr 1 SGB VI verfassungskonform sei, da es zu einer Existenzvernichtung kommen könne. Die Klägerin sei zu keinem Zeitpunkt über die Beitragspflicht aufgeklärt worden. Zudem erhebe sie die Einrede der Verjährung.
Mit Urteil vom 13.01.2014 hat das SG die Bescheide der Beklagten vom 07.12.2010 in der Fassung des Bescheids vom 16.08.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.09.2012 aufgehoben, soweit der Zeitraum bis einschließlich 31.12.2010 betroffen sei. Die Beklagte könne Pflichtbeiträge für die Zeit vom 01.01.2006 bis 31.12.2010 nicht fordern. Streitgegenständlich seien die genannten Bescheide nur, soweit sie die Zeit bis einschließlich 31.12.2010 beträfen, da sich der ursprünglich angefochtene Bescheid vom 07.12.2010 lediglich hierauf beziehe. Auch die weiteren Bescheide seien nicht Gegenstand des Klageverfahrens, da sie einen späteren Zeitraum beträfen. Die Beklagte habe ihre Entscheidung zwar zu Recht auf § 2 Satz 1 Nr 1 SGB VI gestützt, denn die Klägerin sei selbstständige Lehrerin und beschäftige seit Beginn der selbstständigen Tätigkeit keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer. Sie unterliege daher seit 01.08.1995 der Versicherungspflicht gemäß § 2 Satz 1 Nr 1 SGB VI. Der Bescheid der Beklagten vom 24.11.1995, mit dem über die Bezahlung von freiwilligen Beiträgen entschieden worden sei, sei daher von Anfang an rechtswidrig gewesen und hätte unter Berücksichtigung der Voraussetzungen des § 45 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) aufgehoben werden müssen. Eine Aufhebung des Bescheids vom 24.11.1995 sei zu keinem Zeitpunkt erfolgt und wäre im Übrigen lediglich innerhalb von zwei bzw bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen allenfalls innerhalb von zehn Jahren nach Erlass des Bescheids möglich gewesen. Dieser Bescheid habe daher nach wie vor Gültigkeit, sodass die Feststellung der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und die Nachforderung von Beiträgen mit den angefochtenen Bescheiden ins Leere gehe.
10 
Gegen das ihr am 23.01.2014 zugestellte Urteil richtet sich die am 21.02.2014 eingelegte Berufung der Beklagten. Streitig sei, ob für die Klägerin ab 01.08.1995 Versicherungspflicht kraft Gesetzes nach § 2 Satz 1 Nr 1 SGB VI festgestellt werden könne, obwohl sie mit Bescheid vom 24.11.1995 zur freiwilligen Versicherung zugelassen worden sei. Die Beklagte teile die Auffassung des SG nicht. Die Versicherungspflicht nach § 2 Satz 1 Nr 1 SGB VI trete kraft Gesetzes ein, wenn alle Tatbestandsmerkmale erfüllt seien. Eines Verwaltungsaktes bedürfe es nicht. Die Feststellung der Versicherungspflicht durch Verwaltungsakt habe lediglich deklaratorischen Charakter. Der Bescheid vom 07.12.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.09.2012 sei insofern nicht rechtswidrig, als darin festgestellt worden sei, dass die Klägerin ab 01.08.1995 als selbstständig tätige Sportlehrerin der Versicherungspflicht kraft Gesetzes nach § 2 Satz 1 Nr 1 SGB VI unterliege. Auch werde mit der Entscheidung über die freiwillige Versicherung nicht gleichzeitig die Versicherungspflicht kraft Gesetzes ausgeschlossen. Der Tenor des Zulassungsbescheides beziehe sich ausschließlich auf die Berechtigung zur Zahlung freiwilliger Beiträge. Keinesfalls werde durch den Tenor im Zulassungsbescheid verbindlich festgestellt, dass eine Versicherungspflicht nicht vorliege. Auch aus den weiteren Ausführungen des Bescheides gehe eine Klärung der Frage einer möglichen Pflichtversicherung und eine Aussage hierzu nicht hervor. Der Zulassungsbescheid räume lediglich - unzutreffend - neben der kraft Gesetzes bestehenden Versicherungspflicht ein zusätzliches Recht ein, nämlich das Recht zur Zahlung freiwilliger Beiträge. Die Grundsätze der Auslegung von Verwaltungsakten würden überdehnt, wenn bindende Aussagen über all jene Tatbestandsmerkmale, die zur Begründung der getroffenen Entscheidung inzident geprüft werden müssten, deren Prüfung jedoch nicht dokumentiert sei, in sie hineingelesen würden. Der Versicherungspflicht kraft Gesetzes stehe auch nicht entgegen, dass der rechtswidrige Bescheid über die Zulassung zur freiwilligen Versicherung nicht mehr korrigierbar sei. Das Entstehen der gesetzlichen Versicherungspflicht nach § 2 SGB VI sei unabhängig von der Entscheidung über die Berechtigung zur freiwilligen Versicherung zu sehen. Der rechtswidrige, nicht mehr aufhebbare Bescheid über die Zulassung zur freiwilligen Versicherung indiziere keineswegs die Rechtswidrigkeit der kraft Gesetzes entstehenden Versicherungspflicht. Vielmehr bestehe das Recht zur freiwilligen Versicherung - aus formalen Gründen - neben der kraft Gesetzes entstandenen Versicherungspflicht als selbstständige Sportlehrerin. Die Rechtsauffassung der Beklagten, dass das Bestehen eines rechtswidrigen, bestandskräftigen Bescheides über die Zulassung zur freiwilligen Versicherung der Feststellung der Versicherungspflicht kraft Gesetzes nicht entgegenstehe, sei bereits durch Landessozialgerichte (LSG) bestätigt worden (unter Hinweis auf LSG Bremen 25.03.1999, L 2 RA 18/98 und LSG Baden-Württemberg 18.04.2000, L 1 RA 4115/98). Aus Sicht der Beklagten unterliege die Klägerin seit dem 01.08.1995 als selbstständige Sportlehrerin der Versicherungspflicht kraft Gesetzes, weshalb die noch nicht verjährten Beiträge zu fordern seien. Wie im Widerspruchsbescheid bereits festgestellt, sei die Beitragsforderung auch nicht verwirkt.
11 
Die Beklagte beantragt,
12 
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 13.01.2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
13 
Die Klägerin beantragt,
14 
die Berufung zurückzuweisen.
15 
Sie hält die Ausführungen des SG für korrekt und die Darlegungen der Beklagten weder für überzeugend noch nachvollziehbar.
16 
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
17 
Die Berufung der Beklagten, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 153 Abs 1, 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheidet, hat Erfolg.
18 
Die form- und fristgerecht eingelegte (§ 151 Abs 1 SGG) und statthafte (§ 143 SGG) Berufung ist zulässig und begründet, denn die Bescheide vom 07.12.2010, abgeändert durch Bescheid vom 16.08.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.09.2012 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Das SG hat daher zu Unrecht die Bescheide aufgehoben, soweit der Zeitraum bis 31.12.2010 betroffen ist.
19 
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist allein die Beitragsnachforderung für den Zeitraum vom 01.01.2006 bis 31.12.2010 in Höhe von 24.237,00 EUR, denn allein insoweit hat das SG die angefochtenen Bescheide aufgehoben. Für den nachfolgenden Zeitraum sind die Bescheide der Beklagten dagegen bestandskräftig geworden.
20 
Rechtsgrundlage für die Feststellung der Versicherungspflicht der Klägerin ist § 2 Satz 1 Nr 1 SGB VI. Danach unterliegen selbstständige Lehrer und Erzieher der Versicherungspflicht, wenn sie im Zusammenhang mit ihrer selbstständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen. Dies ist bei der Klägerin unstreitig seit 01.08.1995 der Fall, da sie als selbstständige Lehrerin zu keinem Zeitpunkt einen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigt hat. Zu den Einzelheiten einer selbstständigen Tätigkeit als Lehrerin wird auf die ausführliche und zutreffende Darstellung im Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 13.09.2012 Bezug genommen (§§ 153 Abs 1, 136 Abs 3 SGG). Die Klägerin ist daher ab 01.08.1995 kraft Gesetzes versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung. Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 Satz 1 Nr 1 SGB VI wird im Übrigen auch von der Klägerin selbst nicht in Frage gestellt.
21 
Entgegen der Auffassung des SG steht die Zulassung zur freiwilligen Versicherung mit Bescheid der Beklagten vom 24.11.1995 der Nachforderung von Pflichtbeiträgen nicht entgegen. Zwar hat die Beklagte diesen - von Anfang an rechtswidrigen - Bescheid nicht aufgehoben und kann dies auch nicht mehr. Der Bescheid vom 24.11.1995 enthält allerdings keine Regelung zum Vorliegen von Versicherungsfreiheit in der Tätigkeit als Sportlehrerin und steht daher der (deklaratorischen) Feststellung der Versicherungspflicht mit Nachforderung von Beiträgen nicht entgegen. Der Tenor des Bescheids vom 24.11.1995 lautet: „Sie sind berechtigt, freiwillige Beiträge zur Rentenversicherung der Angestellten zu zahlen.“ Im Folgenden finden sich allein Ausführungen zum Zahlbetrag und zu Zahlungsmodalitäten für die Zahlung der freiwilligen Beiträge ab 01.08.1995. Mit keinem Wort werden Ausführungen zur Versicherungsfreiheit der zugrunde liegenden Tätigkeit gemacht. Die Zulassung zur freiwilligen Versicherung enthält damit keine Regelung dazu, dass Versicherungspflicht nicht vorliegt. Der Senat teilt insoweit die Auffassung der Beklagten, dass ein Verwaltungsakt keine bindenden Aussagen über Tatbestandsmerkmale enthält, die zur Begründung der getroffenen Entscheidung nur inzident ohne weitere Erwähnung geprüft worden sind (so bereits SG München, 11.01.2006 S 30 R 1649/05). Der Versicherungspflicht kraft Gesetzes steht daher nicht entgegen, dass die Klägerin aufgrund des rechtswidrigen, aber bestandskräftigen Bescheids vom 24.11.1995 berechtigt ist, freiwillige Beiträge zu entrichten (ebenso LSG Bremen 25.03.1999, L 2 RA 18/98; LSG Baden-Württemberg 18.04.2000, L 1 RA 4115/98). Anders mag die Rechtslage zu beurteilen sein, wenn bereits im Tenor des Bescheids Aussagen zu Versicherungspflicht oder -freiheit getroffen werden (zu einem solchen Fall Bayerisches LSG 02.10.2012, L 5 R 781/12b ER, juris). Ein derartiger Fall liegt hier indes nicht vor.
22 
Die Höhe der festgesetzten Beiträge ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Es handelt sich um einkommensgerechte Beiträge, wie sich der Beitragsrechnung (Anlage zum Bescheid vom 16.08.2011) entnehmen lässt. Einwendungen gegen die Art der Berechnung der Beiträge hat die Klägerin auch nicht erhoben.
23 
Die Beiträge sind auch weder verjährt noch hat die Beklagte ihre Geltendmachung verwirkt. Die nach § 25 Abs 1 SGB IV verjährten Beiträge hat die Beklagte schon gar nicht geltend gemacht. Im Zeitraum 01.01.2006 bis 31.12.2010 war zum Zeitpunkt des Nachforderungsbescheids im Dezember 2010 die Verjährung noch nicht eingetreten. Die Beitragsforderung ist auch nicht verwirkt. Das Rechtsinstitut der Verwirkung ist als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 Bürgerliches Gesetzbuch) auch im Sozialversicherungsrecht anerkannt (ständige Rechtsprechung BSG 27.07.2011, B 12 R 16/09 R, juris mwN). Die Verwirkung setzt als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung voraus, dass der Berechtigte die Ausübung seines Rechts während eines längeren Zeitraums unterlassen hat und weitere besondere Umstände hinzutreten, die nach den Besonderheiten des Einzelfalls und des in Betracht kommenden Rechtsgebiets die verspätete Geltendmachung des Rechts nach Treu und Glauben dem Verpflichteten gegenüber als illoyal erscheinen lassen (hierzu ausführlich BSG 01.07.2010, B 13 R 67/09 R, juris). Solche, die Verwirkung auslösenden „besonderen Umstände“ liegen vor, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten (Verwirkungsverhalten) darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nicht mehr geltend machen werde (Vertrauensgrundlage) und der Verpflichtete tatsächlich darauf vertraut hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt wird (Vertrauenstatbestand) und sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat (Vertrauensverhalten), dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (BSG 27.07.2011, aaO).
24 
Die Klägerin hat auf der Grundlage des Bescheids vom 24.11.1995 in gutem Glauben an das Nichtbestehen einer Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung finanzielle Mittel in eine anderweitige Alterssicherung investiert. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte, dass die Klägerin wusste, dass die Versicherungsfreiheit als selbstständige Lehrerin nur dann vorliegt, wenn ein versicherungspflichtiger Arbeitnehmer beschäftigt wird. Darauf hatte die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 08.11.1995 nicht hingewiesen, sondern nur verkürzt mitgeteilt, dass die Klägerin als selbstständige Sportlehrerin, sofern sie keinen Arbeitnehmer beschäftige, kraft Gesetz der Versicherungspflicht nach § 2 Satz 1 Nr 1 SGB VI unterliege. Dieses Schreiben schließt jedoch zugleich auch den Fortbestand der Vertrauensgrundlage für den Zeitraum aus, ab dem die Klägerin keinen Arbeitnehmer mehr beschäftigt hat. Ab 01.04.1999 musste der Klägerin, die zu diesem Zeitpunkt und auch im Folgenden überhaupt keine Arbeitnehmer mehr beschäftigt hatte, klar sein, dass (jedenfalls) jetzt Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung besteht. Eine entsprechende Änderungsmitteilung zum April 1999 hat die Klägerin gegenüber der Beklagten nicht abgegeben. Es gibt daher jedenfalls für den hier streitigen Zeitraum der Jahre 2006 bis 2010 keine Grundlage, von einer Verwirkung durch die Beklagte auszugehen.
25 
Soweit die Klägerin schließlich die Verfassungswidrigkeit der Rentenversicherungspflicht von selbstständigen Lehrern insgesamt annimmt, sieht der Senat hierfür keine Anhaltspunkte. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat sich bereits dazu geäußert, dass die Begründung der Versicherungspflicht nach § 2 Satz 1 Nr 1 SGB VI nicht gegen Art 14 Abs 1 Grundgesetz (GG) verstößt, dass der Schutzbereich des Art 12 Abs 1 GG insoweit nicht berührt ist, da keine Berufs-sondern Beitragspflichten normiert werden und dass die Zwangsmitgliedschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung und damit verbundene Beitragspflichten auch nicht Art 2 Abs 1 GG verletzen, da mit der Versicherungspflicht ein legitimer Zweck verfolgt wird (BVerfG 26.06.2007, 1 BvR 2204/00, 1 BvR 1355/03, SozR 4-2600 § 2 Nr 10). Auch der allgemeine Gleichheitssatz ist nicht verletzt, da eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung im Vergleich zu anderen nicht rentenversicherungspflichtigen Selbstständigen nicht vorliegt. Der Gesetzgeber hat selbstständige Lehrter deshalb als besonders schutzbedürftig eingestuft, weil ihr Lebensunterhalt primär auf der Verwertung der eigenen Arbeitskraft basiert (BVerfG 26.06.2007, aaO). Schließlich ist auch zu berücksichtigen, dass durch die von der Klägerin zu leistenden Pflichtbeiträge eine nicht unerhebliche Rentenerhöhung für eine etwa zu gewährende Rente wegen Erwerbsminderung oder Altersrente eintreten wird.
26 
Über Stundung, Niederschlagung oder Erlass der Forderung ist im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits nicht zu entscheiden.
27 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
28 
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 1 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.

Gründe

 
17 
Die Berufung der Beklagten, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 153 Abs 1, 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheidet, hat Erfolg.
18 
Die form- und fristgerecht eingelegte (§ 151 Abs 1 SGG) und statthafte (§ 143 SGG) Berufung ist zulässig und begründet, denn die Bescheide vom 07.12.2010, abgeändert durch Bescheid vom 16.08.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.09.2012 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Das SG hat daher zu Unrecht die Bescheide aufgehoben, soweit der Zeitraum bis 31.12.2010 betroffen ist.
19 
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist allein die Beitragsnachforderung für den Zeitraum vom 01.01.2006 bis 31.12.2010 in Höhe von 24.237,00 EUR, denn allein insoweit hat das SG die angefochtenen Bescheide aufgehoben. Für den nachfolgenden Zeitraum sind die Bescheide der Beklagten dagegen bestandskräftig geworden.
20 
Rechtsgrundlage für die Feststellung der Versicherungspflicht der Klägerin ist § 2 Satz 1 Nr 1 SGB VI. Danach unterliegen selbstständige Lehrer und Erzieher der Versicherungspflicht, wenn sie im Zusammenhang mit ihrer selbstständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen. Dies ist bei der Klägerin unstreitig seit 01.08.1995 der Fall, da sie als selbstständige Lehrerin zu keinem Zeitpunkt einen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigt hat. Zu den Einzelheiten einer selbstständigen Tätigkeit als Lehrerin wird auf die ausführliche und zutreffende Darstellung im Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 13.09.2012 Bezug genommen (§§ 153 Abs 1, 136 Abs 3 SGG). Die Klägerin ist daher ab 01.08.1995 kraft Gesetzes versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung. Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 Satz 1 Nr 1 SGB VI wird im Übrigen auch von der Klägerin selbst nicht in Frage gestellt.
21 
Entgegen der Auffassung des SG steht die Zulassung zur freiwilligen Versicherung mit Bescheid der Beklagten vom 24.11.1995 der Nachforderung von Pflichtbeiträgen nicht entgegen. Zwar hat die Beklagte diesen - von Anfang an rechtswidrigen - Bescheid nicht aufgehoben und kann dies auch nicht mehr. Der Bescheid vom 24.11.1995 enthält allerdings keine Regelung zum Vorliegen von Versicherungsfreiheit in der Tätigkeit als Sportlehrerin und steht daher der (deklaratorischen) Feststellung der Versicherungspflicht mit Nachforderung von Beiträgen nicht entgegen. Der Tenor des Bescheids vom 24.11.1995 lautet: „Sie sind berechtigt, freiwillige Beiträge zur Rentenversicherung der Angestellten zu zahlen.“ Im Folgenden finden sich allein Ausführungen zum Zahlbetrag und zu Zahlungsmodalitäten für die Zahlung der freiwilligen Beiträge ab 01.08.1995. Mit keinem Wort werden Ausführungen zur Versicherungsfreiheit der zugrunde liegenden Tätigkeit gemacht. Die Zulassung zur freiwilligen Versicherung enthält damit keine Regelung dazu, dass Versicherungspflicht nicht vorliegt. Der Senat teilt insoweit die Auffassung der Beklagten, dass ein Verwaltungsakt keine bindenden Aussagen über Tatbestandsmerkmale enthält, die zur Begründung der getroffenen Entscheidung nur inzident ohne weitere Erwähnung geprüft worden sind (so bereits SG München, 11.01.2006 S 30 R 1649/05). Der Versicherungspflicht kraft Gesetzes steht daher nicht entgegen, dass die Klägerin aufgrund des rechtswidrigen, aber bestandskräftigen Bescheids vom 24.11.1995 berechtigt ist, freiwillige Beiträge zu entrichten (ebenso LSG Bremen 25.03.1999, L 2 RA 18/98; LSG Baden-Württemberg 18.04.2000, L 1 RA 4115/98). Anders mag die Rechtslage zu beurteilen sein, wenn bereits im Tenor des Bescheids Aussagen zu Versicherungspflicht oder -freiheit getroffen werden (zu einem solchen Fall Bayerisches LSG 02.10.2012, L 5 R 781/12b ER, juris). Ein derartiger Fall liegt hier indes nicht vor.
22 
Die Höhe der festgesetzten Beiträge ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Es handelt sich um einkommensgerechte Beiträge, wie sich der Beitragsrechnung (Anlage zum Bescheid vom 16.08.2011) entnehmen lässt. Einwendungen gegen die Art der Berechnung der Beiträge hat die Klägerin auch nicht erhoben.
23 
Die Beiträge sind auch weder verjährt noch hat die Beklagte ihre Geltendmachung verwirkt. Die nach § 25 Abs 1 SGB IV verjährten Beiträge hat die Beklagte schon gar nicht geltend gemacht. Im Zeitraum 01.01.2006 bis 31.12.2010 war zum Zeitpunkt des Nachforderungsbescheids im Dezember 2010 die Verjährung noch nicht eingetreten. Die Beitragsforderung ist auch nicht verwirkt. Das Rechtsinstitut der Verwirkung ist als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 Bürgerliches Gesetzbuch) auch im Sozialversicherungsrecht anerkannt (ständige Rechtsprechung BSG 27.07.2011, B 12 R 16/09 R, juris mwN). Die Verwirkung setzt als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung voraus, dass der Berechtigte die Ausübung seines Rechts während eines längeren Zeitraums unterlassen hat und weitere besondere Umstände hinzutreten, die nach den Besonderheiten des Einzelfalls und des in Betracht kommenden Rechtsgebiets die verspätete Geltendmachung des Rechts nach Treu und Glauben dem Verpflichteten gegenüber als illoyal erscheinen lassen (hierzu ausführlich BSG 01.07.2010, B 13 R 67/09 R, juris). Solche, die Verwirkung auslösenden „besonderen Umstände“ liegen vor, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten (Verwirkungsverhalten) darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nicht mehr geltend machen werde (Vertrauensgrundlage) und der Verpflichtete tatsächlich darauf vertraut hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt wird (Vertrauenstatbestand) und sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat (Vertrauensverhalten), dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (BSG 27.07.2011, aaO).
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Die Klägerin hat auf der Grundlage des Bescheids vom 24.11.1995 in gutem Glauben an das Nichtbestehen einer Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung finanzielle Mittel in eine anderweitige Alterssicherung investiert. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte, dass die Klägerin wusste, dass die Versicherungsfreiheit als selbstständige Lehrerin nur dann vorliegt, wenn ein versicherungspflichtiger Arbeitnehmer beschäftigt wird. Darauf hatte die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 08.11.1995 nicht hingewiesen, sondern nur verkürzt mitgeteilt, dass die Klägerin als selbstständige Sportlehrerin, sofern sie keinen Arbeitnehmer beschäftige, kraft Gesetz der Versicherungspflicht nach § 2 Satz 1 Nr 1 SGB VI unterliege. Dieses Schreiben schließt jedoch zugleich auch den Fortbestand der Vertrauensgrundlage für den Zeitraum aus, ab dem die Klägerin keinen Arbeitnehmer mehr beschäftigt hat. Ab 01.04.1999 musste der Klägerin, die zu diesem Zeitpunkt und auch im Folgenden überhaupt keine Arbeitnehmer mehr beschäftigt hatte, klar sein, dass (jedenfalls) jetzt Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung besteht. Eine entsprechende Änderungsmitteilung zum April 1999 hat die Klägerin gegenüber der Beklagten nicht abgegeben. Es gibt daher jedenfalls für den hier streitigen Zeitraum der Jahre 2006 bis 2010 keine Grundlage, von einer Verwirkung durch die Beklagte auszugehen.
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Soweit die Klägerin schließlich die Verfassungswidrigkeit der Rentenversicherungspflicht von selbstständigen Lehrern insgesamt annimmt, sieht der Senat hierfür keine Anhaltspunkte. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat sich bereits dazu geäußert, dass die Begründung der Versicherungspflicht nach § 2 Satz 1 Nr 1 SGB VI nicht gegen Art 14 Abs 1 Grundgesetz (GG) verstößt, dass der Schutzbereich des Art 12 Abs 1 GG insoweit nicht berührt ist, da keine Berufs-sondern Beitragspflichten normiert werden und dass die Zwangsmitgliedschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung und damit verbundene Beitragspflichten auch nicht Art 2 Abs 1 GG verletzen, da mit der Versicherungspflicht ein legitimer Zweck verfolgt wird (BVerfG 26.06.2007, 1 BvR 2204/00, 1 BvR 1355/03, SozR 4-2600 § 2 Nr 10). Auch der allgemeine Gleichheitssatz ist nicht verletzt, da eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung im Vergleich zu anderen nicht rentenversicherungspflichtigen Selbstständigen nicht vorliegt. Der Gesetzgeber hat selbstständige Lehrter deshalb als besonders schutzbedürftig eingestuft, weil ihr Lebensunterhalt primär auf der Verwertung der eigenen Arbeitskraft basiert (BVerfG 26.06.2007, aaO). Schließlich ist auch zu berücksichtigen, dass durch die von der Klägerin zu leistenden Pflichtbeiträge eine nicht unerhebliche Rentenerhöhung für eine etwa zu gewährende Rente wegen Erwerbsminderung oder Altersrente eintreten wird.
26 
Über Stundung, Niederschlagung oder Erlass der Forderung ist im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits nicht zu entscheiden.
27 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
28 
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 1 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.

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Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 21. Okt. 2014 - L 11 R 932/14 zitiert 14 §§.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 153


(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt. (2) Das Landessozialgericht

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 151


(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. (2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerh

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 143


Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

Sozialgesetzbuch (SGB) Viertes Buch (IV) - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (Artikel I des Gesetzes vom 23. Dezember 1976, BGBl. I S. 3845) - SGB 4 | § 25 Verjährung


(1) Ansprüche auf Beiträge verjähren in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden sind. Ansprüche auf vorsätzlich vorenthaltene Beiträge verjähren in dreißig Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 2 Selbständig Tätige


Versicherungspflichtig sind selbständig tätige 1. Lehrer und Erzieher, die im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen,2. Pflegepersonen, die in der Kranken-, Wochen-, Säuglin

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 197 Wirksamkeit von Beiträgen


(1) Pflichtbeiträge sind wirksam, wenn sie gezahlt werden, solange der Anspruch auf ihre Zahlung noch nicht verjährt ist. (2) Freiwillige Beiträge sind wirksam, wenn sie bis zum 31. März des Jahres, das dem Jahr folgt, für das sie gelten sollen,

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Bundessozialgericht Urteil, 27. Juli 2011 - B 12 R 16/09 R

bei uns veröffentlicht am 27.07.2011

Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 14. Mai 2009 wird zurückgewiesen.

Bundessozialgericht Urteil, 01. Juli 2010 - B 13 R 67/09 R

bei uns veröffentlicht am 01.07.2010

Tatbestand 1 Im Streit steht die Verpflichtung der Klägerin zur Zahlung des Säumniszuschlags in Höhe von 1778,00 Euro wegen verspäteter Abführung von Beiträgen zur geset

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Versicherungspflichtig sind selbständig tätige

1.
Lehrer und Erzieher, die im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen,
2.
Pflegepersonen, die in der Kranken-, Wochen-, Säuglings- oder Kinderpflege tätig sind und im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen,
3.
Hebammen und Entbindungspfleger,
4.
Seelotsen der Reviere im Sinne des Gesetzes über das Seelotswesen,
5.
Künstler und Publizisten nach näherer Bestimmung des Künstlersozialversicherungsgesetzes,
6.
Hausgewerbetreibende,
7.
Küstenschiffer und Küstenfischer, die zur Besatzung ihres Fahrzeuges gehören oder als Küstenfischer ohne Fahrzeug fischen und regelmäßig nicht mehr als vier versicherungspflichtige Arbeitnehmer beschäftigen,
8.
Gewerbetreibende, die in die Handwerksrolle eingetragen sind und in ihrer Person die für die Eintragung in die Handwerksrolle erforderlichen Voraussetzungen erfüllen, wobei Handwerksbetriebe im Sinne der §§ 2 und 3 der Handwerksordnung sowie Betriebsfortführungen auf Grund von § 4 der Handwerksordnung außer Betracht bleiben; ist eine Personengesellschaft in die Handwerksrolle eingetragen, gilt als Gewerbetreibender, wer als Gesellschafter in seiner Person die Voraussetzungen für die Eintragung in die Handwerksrolle erfüllt,
9.
Personen, die
a)
im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen und
b)
auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind; bei Gesellschaftern gelten als Auftraggeber die Auftraggeber der Gesellschaft.
Als Arbeitnehmer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1, 2, 7 und 9 gelten
1.
auch Personen, die berufliche Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen beruflicher Bildung erwerben,
2.
nicht Personen, die geringfügig beschäftigt sind,
3.
für Gesellschafter auch die Arbeitnehmer der Gesellschaft.

(1) Pflichtbeiträge sind wirksam, wenn sie gezahlt werden, solange der Anspruch auf ihre Zahlung noch nicht verjährt ist.

(2) Freiwillige Beiträge sind wirksam, wenn sie bis zum 31. März des Jahres, das dem Jahr folgt, für das sie gelten sollen, gezahlt werden.

(3) In Fällen besonderer Härte, insbesondere bei drohendem Verlust der Anwartschaft auf eine Rente, ist auf Antrag der Versicherten die Zahlung von Beiträgen auch nach Ablauf der in den Absätzen 1 und 2 genannten Fristen zuzulassen, wenn die Versicherten an der rechtzeitigen Beitragszahlung ohne Verschulden gehindert waren. Der Antrag kann nur innerhalb von drei Monaten nach Wegfall des Hinderungsgrundes gestellt werden. Die Beitragszahlung hat binnen einer vom Träger der Rentenversicherung zu bestimmenden angemessenen Frist zu erfolgen.

(4) Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 27 des Zehnten Buches ist ausgeschlossen.

Versicherungspflichtig sind selbständig tätige

1.
Lehrer und Erzieher, die im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen,
2.
Pflegepersonen, die in der Kranken-, Wochen-, Säuglings- oder Kinderpflege tätig sind und im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen,
3.
Hebammen und Entbindungspfleger,
4.
Seelotsen der Reviere im Sinne des Gesetzes über das Seelotswesen,
5.
Künstler und Publizisten nach näherer Bestimmung des Künstlersozialversicherungsgesetzes,
6.
Hausgewerbetreibende,
7.
Küstenschiffer und Küstenfischer, die zur Besatzung ihres Fahrzeuges gehören oder als Küstenfischer ohne Fahrzeug fischen und regelmäßig nicht mehr als vier versicherungspflichtige Arbeitnehmer beschäftigen,
8.
Gewerbetreibende, die in die Handwerksrolle eingetragen sind und in ihrer Person die für die Eintragung in die Handwerksrolle erforderlichen Voraussetzungen erfüllen, wobei Handwerksbetriebe im Sinne der §§ 2 und 3 der Handwerksordnung sowie Betriebsfortführungen auf Grund von § 4 der Handwerksordnung außer Betracht bleiben; ist eine Personengesellschaft in die Handwerksrolle eingetragen, gilt als Gewerbetreibender, wer als Gesellschafter in seiner Person die Voraussetzungen für die Eintragung in die Handwerksrolle erfüllt,
9.
Personen, die
a)
im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen und
b)
auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind; bei Gesellschaftern gelten als Auftraggeber die Auftraggeber der Gesellschaft.
Als Arbeitnehmer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1, 2, 7 und 9 gelten
1.
auch Personen, die berufliche Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen beruflicher Bildung erwerben,
2.
nicht Personen, die geringfügig beschäftigt sind,
3.
für Gesellschafter auch die Arbeitnehmer der Gesellschaft.

(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

(2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. In diesem Fall legt das Sozialgericht die Berufungsschrift oder das Protokoll mit seinen Akten unverzüglich dem Landessozialgericht vor.

(3) Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

Versicherungspflichtig sind selbständig tätige

1.
Lehrer und Erzieher, die im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen,
2.
Pflegepersonen, die in der Kranken-, Wochen-, Säuglings- oder Kinderpflege tätig sind und im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen,
3.
Hebammen und Entbindungspfleger,
4.
Seelotsen der Reviere im Sinne des Gesetzes über das Seelotswesen,
5.
Künstler und Publizisten nach näherer Bestimmung des Künstlersozialversicherungsgesetzes,
6.
Hausgewerbetreibende,
7.
Küstenschiffer und Küstenfischer, die zur Besatzung ihres Fahrzeuges gehören oder als Küstenfischer ohne Fahrzeug fischen und regelmäßig nicht mehr als vier versicherungspflichtige Arbeitnehmer beschäftigen,
8.
Gewerbetreibende, die in die Handwerksrolle eingetragen sind und in ihrer Person die für die Eintragung in die Handwerksrolle erforderlichen Voraussetzungen erfüllen, wobei Handwerksbetriebe im Sinne der §§ 2 und 3 der Handwerksordnung sowie Betriebsfortführungen auf Grund von § 4 der Handwerksordnung außer Betracht bleiben; ist eine Personengesellschaft in die Handwerksrolle eingetragen, gilt als Gewerbetreibender, wer als Gesellschafter in seiner Person die Voraussetzungen für die Eintragung in die Handwerksrolle erfüllt,
9.
Personen, die
a)
im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen und
b)
auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind; bei Gesellschaftern gelten als Auftraggeber die Auftraggeber der Gesellschaft.
Als Arbeitnehmer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1, 2, 7 und 9 gelten
1.
auch Personen, die berufliche Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen beruflicher Bildung erwerben,
2.
nicht Personen, die geringfügig beschäftigt sind,
3.
für Gesellschafter auch die Arbeitnehmer der Gesellschaft.

(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt.

(2) Das Landessozialgericht kann in dem Urteil über die Berufung von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(3) Das Urteil ist von den Mitgliedern des Senats zu unterschreiben. Ist ein Mitglied verhindert, so vermerkt der Vorsitzende, bei dessen Verhinderung der dienstälteste beisitzende Berufsrichter, dies unter dem Urteil mit Angabe des Hinderungsgrunds.

(4) Das Landessozialgericht kann, außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1, die Berufung durch Beschluß zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören. § 158 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5) Der Senat kann in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1 durch Beschluss die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.

Versicherungspflichtig sind selbständig tätige

1.
Lehrer und Erzieher, die im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen,
2.
Pflegepersonen, die in der Kranken-, Wochen-, Säuglings- oder Kinderpflege tätig sind und im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen,
3.
Hebammen und Entbindungspfleger,
4.
Seelotsen der Reviere im Sinne des Gesetzes über das Seelotswesen,
5.
Künstler und Publizisten nach näherer Bestimmung des Künstlersozialversicherungsgesetzes,
6.
Hausgewerbetreibende,
7.
Küstenschiffer und Küstenfischer, die zur Besatzung ihres Fahrzeuges gehören oder als Küstenfischer ohne Fahrzeug fischen und regelmäßig nicht mehr als vier versicherungspflichtige Arbeitnehmer beschäftigen,
8.
Gewerbetreibende, die in die Handwerksrolle eingetragen sind und in ihrer Person die für die Eintragung in die Handwerksrolle erforderlichen Voraussetzungen erfüllen, wobei Handwerksbetriebe im Sinne der §§ 2 und 3 der Handwerksordnung sowie Betriebsfortführungen auf Grund von § 4 der Handwerksordnung außer Betracht bleiben; ist eine Personengesellschaft in die Handwerksrolle eingetragen, gilt als Gewerbetreibender, wer als Gesellschafter in seiner Person die Voraussetzungen für die Eintragung in die Handwerksrolle erfüllt,
9.
Personen, die
a)
im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen und
b)
auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind; bei Gesellschaftern gelten als Auftraggeber die Auftraggeber der Gesellschaft.
Als Arbeitnehmer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1, 2, 7 und 9 gelten
1.
auch Personen, die berufliche Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen beruflicher Bildung erwerben,
2.
nicht Personen, die geringfügig beschäftigt sind,
3.
für Gesellschafter auch die Arbeitnehmer der Gesellschaft.

(1) Ansprüche auf Beiträge verjähren in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden sind. Ansprüche auf vorsätzlich vorenthaltene Beiträge verjähren in dreißig Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden sind.

(2) Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs sinngemäß. Die Verjährung ist für die Dauer einer Prüfung beim Arbeitgeber gehemmt; diese Hemmung der Verjährung bei einer Prüfung gilt auch gegenüber den auf Grund eines Werkvertrages für den Arbeitgeber tätigen Nachunternehmern und deren weiteren Nachunternehmern. Satz 2 gilt nicht, wenn die Prüfung unmittelbar nach ihrem Beginn für die Dauer von mehr als sechs Monaten aus Gründen unterbrochen wird, die die prüfende Stelle zu vertreten hat. Die Hemmung beginnt mit dem Tag des Beginns der Prüfung beim Arbeitgeber oder bei der vom Arbeitgeber mit der Lohn- und Gehaltsabrechnung beauftragten Stelle und endet mit der Bekanntgabe des Beitragsbescheides, spätestens nach Ablauf von sechs Kalendermonaten nach Abschluss der Prüfung. Kommt es aus Gründen, die die prüfende Stelle nicht zu vertreten hat, zu einem späteren Beginn der Prüfung, beginnt die Hemmung mit dem in der Prüfungsankündigung ursprünglich bestimmten Tag. Die Sätze 2 bis 5 gelten für Prüfungen der Beitragszahlung bei sonstigen Versicherten, in Fällen der Nachversicherung und bei versicherungspflichtigen Selbständigen entsprechend. Die Sätze 1 bis 5 gelten auch für Prüfungen nach § 28q Absatz 1 und 1a sowie nach § 251 Absatz 5 und § 252 Absatz 5 des Fünften Buches.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 14. Mai 2009 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert wird auf 6081,97 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die von der Beklagten (Deutsche Rentenversicherung Bund) festgestellte Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 1. bis 4. und zu 6. für die Zeit ihrer praktischen Fahrlehrerausbildung in seiner Ausbildungsfahrschule sowie die hierauf bezogene Beitragsforderung.

2

Der Kläger betreibt eine Ausbildungsfahrschule, in der er in den Jahren 2002 bis 2005 ua die oa Beigeladenen als Fahrlehreranwärter für die Fahrlehrerlaubnis der Klasse BE ausbildete. Bewerber um diese Fahrlehrerlaubnis müssen sich entsprechend dem Gesetz über das Fahrlehrerwesen (FahrlG) nach fünfmonatiger Ausbildung in einer Fahrlehrerausbildungsstätte zusätzlich einer viereinhalbmonatigen Ausbildung in einer Ausbildungsfahrschule unterziehen; die letztgenannte (praktische) Ausbildung wird durch zwei einwöchige Lehrgänge in einer Fahrlehrerausbildungsstätte unterbrochen bzw abgeschlossen. Nach dem Besuch der Fahrlehrerausbildungsstätte sind eine fahrpraktische Prüfung und eine Fachkundeprüfung zu bestehen, um zunächst eine befristete Fahrlehrerlaubnis zu erhalten, die dann Voraussetzung für die praktische Ausbildung ist. Am Ende der Ausbildung steht nach erfolgreich abzuleistenden Lehrproben im theoretischen und fahrpraktischen Unterricht der Erwerb der (unbefristeten) Fahrlehrerlaubnis.

3

Der Kläger schloss mit den Beigeladenen "Praktikumsverträge", aufgrund derer ihre Tätigkeit in der Fahrschule mit bis zu 410 Euro monatlich vergütet wurde, soweit ihnen anderweitige Einkünfte zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts nicht gewährt wurden. Die Beigeladenen hospitierten zunächst im Betrieb des Klägers und erteilten dann dort eigenständig theoretischen und praktischen Fahrunterricht. Ihre regelmäßige Anwesenheit betrug ca 14 Wochenstunden (vorgeschriebene Gesamtstundenzahl mindestens 360 Stunden; Freitag idR "Studientag" zur freien Verfügung). Die Dauer des Praktikums sollte viereinhalb Monate nicht unter- und neun Monate nicht überschreiten. Die tatsächliche Länge des Praktikums hing davon ab, wann sich der jeweilige Fahrlehreranwärter zur abschließenden Prüfung befähigt sah. Im Einzelnen ergaben sich folgende Ausbildungszeiten im Betrieb des Klägers:

  Beigeladener zu 1.:           1.1.2003 bis 21.5.2003       
  Beigeladener zu 2.:           1.5.2005 bis 13.10.2005       
  Beigeladener zu 3.:           15.7.2004 bis 12.1.2005       
  Beigeladener zu 4.:           1.1.2002 bis 26.2.2003       
  Beigeladener zu 6.:           11.7.2005 bis 31.8.2005       
4

Nach einer 2006 durchgeführten Betriebsprüfung für die Jahre 2002 bis 2005 stellte die Beklagte die grundsätzliche Versicherungspflicht der genannten Beigeladenen während der Ausbildung im Betrieb des Klägers fest und forderte von diesem sich hieraus ergebende Beiträge zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie zur Bundesagentur für Arbeit nach (insgesamt 6081,97 Euro): Die Tätigkeit der beigeladenen Fahrlehreranwärter in einer Ausbildungsfahrschule sei nicht lediglich integrierter Bestandteil einer schulischen Berufsausbildung zum Fahrlehrer und stelle auch kein versicherungsfreies Praktikum dar (Bescheid vom 24.7.2006; Widerspruchsbescheid vom 28.6.2007). Das SG hat der dagegen gerichteten Anfechtungsklage stattgegeben, weil die Beigeladenen auch während ihrer Tätigkeit im Betrieb des Klägers - die als in das Fachstudium bei der Fahrlehrerausbildungsstätte eingebettetes Praktikum in der Ausbildungsfahrschule zu qualifizieren sei - als Studierende versicherungsfrei gewesen seien (Urteil vom 24.4.2008).

5

Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG das Urteil des SG geändert und die Klage abgewiesen (Urteil vom 14.5.2009): Nach der Rechtsprechung des BSG seien Praktika nur dann versicherungsfreie Teile des Studiums, wenn das maßgebende Hochschul-, Fachhochschul- bzw Fachschulrecht die Praktika ausdrücklich als Teil des Studiums bezeichnet und deren Durchführung in der Hand der Hochschule, Fachhochschule bzw Fachschule liege oder wenn die Praktika durch Hochschul-, Fachhochschul- bzw Fachschulrecht oder durch die genannten Einrichtungen selbst geregelt und gelenkt werden. Vorliegend sei dies nicht der Fall gewesen. Hier habe insbesondere die Organisation des praktischen Ausbildungsabschnitts sowie die inhaltliche Verantwortung ausschließlich der Ausbildungsfahrschule oblegen. Insoweit handele es sich nur um einen einheitlichen Ausbildungsgang, nicht aber um eine Sachlage, die einem (dualen) "Studiengang" vergleichbar sei. Zwischen dem theoretischen und praktischen Ausbildungsabschnitt bestehe eine deutliche Trennung, die einem in ein Studium eingebettetes Praktikum nicht entspreche. Die Beitragsforderung sei im Übrigen trotz zuvor ohne Beanstandungen durchgeführter Betriebsprüfungen nicht verwirkt.

6

Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung von § 6 Abs 1 Nr 3 SGB V, § 20 Abs 1 Satz 1 SGB XI iVm § 6 Abs 1 Nr 3 SGB V, § 27 Abs 4 Nr 2 SGB III und § 5 Abs 3 SGB VI sowie (sinngemäß) einen Verstoß gegen die Grundsätze über die Verwirkung: Entgegen der Ansicht des LSG seien die betroffenen Beigeladenen versicherungsfrei gewesen, weil es sich um Personen handele, die ein öffentlich-rechtlich geregeltes Praktikum ableisteten, welches in einer Studien- oder Prüfungsordnung vorgeschrieben und eng mit einer theoretischen Ausbildung verzahnt sei. Maßgeblich sei, dass der Beruf des Fahrlehrers nur nach erfolgreichem Absolvieren beider Ausbildungsabschnitte ergriffen werden könne. Die Grundsätze über einheitliche Studiengänge müssten auch bei sonstigen einheitlichen Ausbildungsgängen Anwendung finden. Unbeschadet dessen sei Verwirkung eingetreten, weil die Beklagte noch im März 2002 ausdrücklich bestätigt habe, dass die Versicherungs- und Beitragspflicht der Betroffenen in den Jahren 1998 bis 2001 im Betrieb zutreffend gehandhabt worden sei.

7

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 14. Mai 2009 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 24. April 2008 zurückzuweisen.

8

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend. Dass der Beruf des Fahrlehrers nur nach der Absolvierung beider Abschnitte der Ausbildung ergriffen werden könne, rechtfertige ebenso wenig Versicherungsfreiheit während des praktischen Ausbildungsabschnitts wie in den vom BSG entschiedenen Fällen des juristischen Vorbereitungsdienstes oder des Anerkennungsjahrs von Sozialarbeitern.

10

Die Beigeladenen zu 7. und 8. schließen sich - ohne selbst Anträge zu stellen - den Ausführungen der Beklagten an.

11

Die Beigeladene zu 16. hält - ebenfalls ohne eigene Antragstellung - das Urteil des LSG für zutreffend. Abzustellen sei allein darauf, ob entweder die Berufstätigkeit oder das Studium den Schwerpunkt der Tätigkeit ausmache.

12

Die übrigen Beigeladenen haben sich nicht geäußert oder ausdrücklich von einer Stellungnahme abgesehen.

Entscheidungsgründe

13

Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Zu Recht hat das LSG das Urteil des SG geändert und die Klage abgewiesen. Die von der Beklagten (Deutsche Rentenversicherung Bund) im Bescheidwege getroffene Feststellung der Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 1. bis 4. und zu 6. während der Dauer ihrer praktischen Fahrlehrerausbildung im Betrieb des Klägers ist ebenso rechtmäßig (hierzu 1.) wie die hierauf bezogene Beitragsforderung (hierzu 2.).

14

1. Die Beigeladenen zu 1. bis 4. und zu 6. waren während ihrer praktischen Fahrlehrerausbildung versicherungspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung (KV), der gesetzlichen Rentenversicherung (RV) und der sozialen Pflegeversicherung (sPV) sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung (hierzu a), denn sie waren zu ihrer Berufsausbildung (hierzu aa) im betrieblichen Rahmen (hierzu bb) Beschäftigte. Das folgt aus einer sozialversicherungsrechtlichen Würdigung der für die Ausbildung von Fahrlehrern geltenden Rechtsvorschriften des Bundesrechts in Verbindung mit den Feststellungen des LSG zur tatsächlichen Durchführung der Ausbildung. Dem steht nicht entgegen, dass die praktische Fahrlehrerausbildung etwa als Teil eines insgesamt die Versicherungspflicht nicht begründenden (Hoch-)Schulbildungsgangs zu betrachten wäre (hierzu cc). Die genannten - versicherungspflichtigen - Beigeladenen waren auch nicht aufgrund des sogenannten Werkstudentenprivilegs in diesen Versicherungszweigen versicherungsfrei (hierzu b).

15

a) Die Beigeladenen zu 1. bis 4. und zu 6. waren während der Dauer ihrer praktischen Fahrlehrerausbildung im Betrieb des Klägers versicherungspflichtig zur KV, RV, sPV und nach dem Recht der Arbeitsförderung. In den Jahren 2002 bis 2005, die hier im Streit stehen, unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt waren, nach § 2 Abs 2 Nr 1 SGB IV(Gesamtnorm idF durch Gesetz vom 26.6.2001, BGBl I 1310) in allen Zweigen der Sozialversicherung nach Maßgabe der besonderen Vorschriften für die einzelnen Versicherungszweige der Versicherungspflicht. Für die RV regelte § 1 Satz 1 Nr 1 Halbs 1 SGB VI(idF vom 19.2.2002, BGBl I 754, 1404, 3384) und im Arbeitsförderungsrecht § 25 Abs 1 SGB III(seit Einführung des SGB III zum 1.1.1998 unverändert) die Versicherungspflicht übereinstimmend mit § 2 Abs 2 Nr 1 SGB IV. In der KV und sPV waren Arbeiter, Angestellte und zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, ebenso versicherungspflichtig (§ 5 Abs 1 Nr 1 SGB V - seit In-Kraft-Treten zum 1.1.1989 unverändert; § 20 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB XI idF durch Gesetz vom 24.3.1997, BGBl I 594) wie Personen, die eine in Studien- oder Prüfungsordnungen vorgeschriebene berufspraktische Tätigkeit ohne Arbeitsentgelt verrichten, oder zur ihrer Berufsausbildung ohne Arbeitsentgelt Beschäftigte (§ 5 Abs 1 Nr 10 SGB V; § 20 Abs 1 Satz 2 Nr 10 SGB XI jeweils idF durch Gesetz vom 22.12.1999, BGBl I 2626). Nach § 7 Abs 1 Satz 1 SGB IV(in seiner bis heute unverändert geltenden Ursprungsfassung) ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach § 7 Abs 2 SGB IV gilt als Beschäftigung auch der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen betrieblicher Berufsbildung (im Folgenden einheitlich "Berufsausbildung").

16

aa) Die Beigeladenen zu 1. bis 4. und zu 6. standen während der streitigen Zeiträume ihrer praktischen Fahrlehrerausbildung iS der vorgenannten Normen in einer "Berufsausbildung" und galten nach § 7 Abs 2 SGB IV als Beschäftigte im Betrieb des Klägers. Dies folgt aus den für den Senat bindend (§ 163 SGG) festgestellten Tatsachen des LSG, die nicht mit Revisionsrügen angegriffen worden sind. Danach war Gegenstand der Tätigkeit der genannten Beigeladenen im Betrieb des Klägers der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen einer betrieblichen Berufsausbildung.

17

Was unter Berufsausbildung im Sinne der oben genannten Normen zu verstehen ist, ist weder in den Versicherungspflichttatbeständen selbst noch in § 7 Abs 2 SGB IV geregelt. Dies richtet sich grundsätzlich nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG; vgl BSGE 105, 56 = SozR 4-2400 § 7 Nr 11, RdNr 18; BSG SozR 3-2940 § 2 Nr 3 S 18; SozR 3-2600 § 1 Nr 7 S 9, 12, unter Bezugnahme auf BT-Drucks 7/4122 S 31),das für die praktische Ausbildung der Beigeladenen zu 1., 3. und 4. noch in der bis zum 31.3.2005 geltenden Fassung, für die am 1.5.2005 bzw 11.7.2005 begonnenen praktischen Ausbildungen der Beigeladenen zu 2. und 6. idF durch Gesetz vom 23.3.2005 (BGBl I 931 - BBiG 2005) Anwendung findet. Danach ist Berufsausbildung die für eine bestimmte Person erstmalige Vermittlung beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen im Hinblick auf eine bestimmte berufliche Tätigkeit in einem Berufsausbildungsverhältnis (§§ 1, 2 BBiG bzw §§ 1 und 3 BBiG 2005) oder - wenn die Betroffenen dem Anwendungsbereich des § 1 BBiG/BBiG 2005 nicht unterfallen(vgl Leinemann/Taubert, BBiG, 2. Aufl 2008, § 26 RdNr 1) - innerhalb eines anderen Vertragsverhältnisses nach § 19 BBiG bzw § 26 BBiG 2005(BSG SozR 3-2940 § 2 Nr 3 S 18; vgl auch BSG SozR 3-2600 § 1 Nr 7 S 9).

18

Dass es sich bei den von den genannten Beigeladenen absolvierten Ausbildungszeiten in einer Ausbildungsfahrschule um eine Berufsausbildung iS der eingangs zitierten Normen handelt, ergibt sich hinsichtlich des Merkmals "Vermittlung beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen im Rahmen einer betrieblichen Berufsausbildung" aus den bindenden Feststellungen des LSG, wonach die genannten Beigeladenen in der Ausbildungsfahrschule des Klägers den nach § 2 Abs 5 FahrlG für den Erwerb der Fahrlehrerlaubnis (hier der Klasse BE) vorgeschriebenen praktischen Teil der Fahrlehrerausbildung absolvierten. Diese ist nach den §§ 1, 2 FahrlG(hier § 1 idF durch Gesetz vom 24.4.1998, BGBl I 747; § 2 idF vom 29.10.2001, BGBl I 2785; bzgl der Beigeladenen zu 2. und 6. mWv 1.6. bzw 1.7.2005 §§ 1, 2 FahrlG idF durch Gesetz vom 3.5.2005, BGBl I 1221 bzw vom 21.6.2005, BGBl I 1818) Voraussetzung für den Erwerb der Fahrlehrerlaubnis, die für die Ausübung des Berufs des Fahrlehrers vorgeschrieben ist.

19

Dabei kann vorliegend offen bleiben, ob es sich bei der Ausbildung der Beigeladenen zu 1. bis 4. und 6. insgesamt oder im Einzelfall um eine berufliche Erstausbildung oder um eine Umschulung handelte. Nach der Rechtsprechung des Senats steht einer Berufsausbildung iS des § 7 Abs 2 SGB IV nämlich die berufliche Umschulung gleich, wenn die Umschulung für einen anerkannten Ausbildungsberuf erfolgt und nach den Vorschriften des BBiG betriebsgebunden durchgeführt wird(BSG SozR 3-2600 § 1 Nr 7 S 9; BSGE 58, 218, 220, 221 = SozR 2200 § 165 Nr 82 S 139). Diese Gleichstellung ist auf Bildungsgänge zu erstrecken, die nicht auf die Qualifikation für einen anerkannten Ausbildungsberuf iS des § 25 BBiG bzw § 4 BBiG 2005 gerichtet sind, sofern diese - wie die Ausbildung zum Fahrlehrer - zumindest innerhalb eines anderen Vertragsverhältnisses nach § 19 BBiG bzw § 26 BBiG 2005 durchgeführt wird. Denn nach der Rechtsprechung des BSG können auch (Erst-)Ausbildungsgänge oder Ausbildungsteile in nicht anerkannten Ausbildungsberufen Berufsausbildung iS des § 7 Abs 2 SGB IV sein, wenn berufliche Kenntnisse im Rahmen betrieblicher Berufsbildung vermittelt werden(vgl zB zur einstufigen Juristenausbildung: BSGE 64, 130, 133 f = SozR 2200 § 1232 Nr 26; BSGE 66, 211, 212 f = SozR 3-2940 § 2 Nr 1; BSG SozR 3-2940 § 2 Nr 2; zum juristischen Vorbereitungsdienst außerhalb des Beamtenverhältnisses: BSG SozR 3-2940 § 2 Nr 3; BSG SozR 3-2500 § 8 Nr 2; zu einem Vorpraktikum zum Studium des Maschinenbauwesens: BSG SozR 3-2500 § 5 Nr 15; vgl auch BAG, Urteil vom 18.11.2008 - 3 AZR 192/07 - NZA 2009, 435 zum Studiengang Diplom-Betriebswirt ). Ähnlich verhält es sich hier.

20

bb) Die streitbefangene praktische Fahrlehrerausbildung erfüllt auch den Tatbestand einer "betrieblichen" Berufsausbildung iS des § 7 Abs 2 SGB IV(zum Begriff vgl näher bereits BSG SozR 3-2600 § 1 Nr 7). So handelt es sich bei dem Ort der Ausbildung, den Ausbildungsfahrschulen, nach § 21a FahrlG(in der seither unveränderten Fassung durch Gesetz vom 24.4.1998, BGBl I 747) um "normale" Fahrschulen, an denen Fahrlehrer mit befristeter Fahrlehrerlaubnis - zu ihrer Ausbildung - tätig sind, mithin um Betriebe der Wirtschaft iS von § 1 Abs 5 BBiG bzw § 2 Abs 1 Nr 1 BBiG 2005(zum Begriff vgl Leinemann/Taubert, aaO § 2 BBiG RdNr 5). Dies gilt nach den vom LSG festgestellten Tatsachen auch für die Fahrschule des Klägers, in deren Dienstleistungsprozess (= Ausbildung von Fahrschülern) die Beigeladenen zu 1. bis 4. und 6. zu ihrer Ausbildung eingegliedert waren.

21

cc) Einer Qualifikation der praktischen Fahrlehrerausbildung als betriebliche Berufsausbildung iS des § 7 Abs 2 SGB IV steht nicht entgegen, dass sie etwa wegen der Verknüpfung mit der theoretischen Ausbildung in einer Fahrlehrerausbildungsstätte als unselbstständiger Bestandteil einer - insgesamt nicht betrieblichen - Hochschul- oder allgemeinen Schulausbildung nach § 2 Abs 1 BBiG bzw § 3 BBiG 2005 vom Anwendungsbereich des BBiG bzw BBiG 2005 ausgenommen wäre.

22

Bereits in der Vergangenheit hat sich das BSG mit den Konsequenzen eines zeitlichen oder organisatorischen Zusammenhangs einer praktischen Tätigkeit mit einer nicht betrieblichen Ausbildung für die Versicherungspflicht dieser praktischen Tätigkeit befasst. In diesen Fällen handelte es sich vorwiegend um Ausbildungen, die als Studium an einer Hochschule oder (staatlich anerkannten) Fachhochschule durchgeführt wurden (vgl die Übersicht zur Rspr des BSG und BAG: BSGE 105, 56 = SozR 4-2400 § 7 Nr 11, RdNr 20 f sowie zur Rspr des BSG bis 1994: BSG SozR 3-2500 § 5 Nr 15 S 49). Dabei hat der Senat in Fällen von Praxisphasen, die während eines klassischen Studiengangs absolviert wurden (soweit keine Besonderheiten vorlagen), Versicherungspflicht wegen Beschäftigung angenommen oder diese unterstellt (vgl BSG SozR 2200 § 172 Nr 12 und Nr 15). In einem Fall zweistufiger Juristenausbildung, in dem der juristische Vorbereitungsdienst außerhalb eines Beamtenverhältnisses (und ohne Bezug zum Universitätsstudium) zurückgelegt wurde, hat der Senat eine Beschäftigung iS von § 7 Abs 2 SGB IV angenommen(BSG SozR 3-2940 § 2 Nr 3 S 19 f). Das BSG hat auch die Rechtspraktika von Absolventen einstufiger Juristenausbildungen als Beschäftigung zur Berufsausbildung iS des § 7 Abs 2 SGB IV angesehen(grundlegend BSGE 64, 130, 133 ff = SozR 2200 § 1232 Nr 26 S 75 ff; zuletzt BSG SozR 3-2940 § 2 Nr 7 S 35 mwN). Hierbei hat es sich auf die Rechtsprechung des BAG zum BBiG gestützt, wonach berufliche (Zwischen)Praktika ausnahmsweise keine Beschäftigung darstellen, wenn sie aufgrund landesrechtlicher Vorschriften in die Hochschul- oder Fachhochschulausbildung eingegliedert und deshalb als Teil des Studiums anzusehen sind, für den § 19 BBiG(nunmehr § 26 BBiG 2005) nicht gilt (BAGE 26, 198; 35, 173; vgl zuletzt BAG, Urteil vom 18.11.2008 - 3 AZR 192/07 - NZA 209, 435).Jedoch ist ein Beschäftigungsverhältnis nach § 7 Abs 2 SGB IV mangels (betrieblicher) Berufsbildung nur zu verneinen, wenn die praktische Ausbildung im Wesentlichen nichtbetrieblich, also durch die Ausbildungsstätte Hochschule oder Fachhochschule geregelt und gelenkt wird (vgl erneut BSGE 64, 130, 133 ff = SozR 2200 § 1232 Nr 26 S 75 ff; BSG SozR 3-2940 § 2 Nr 7 S 35). Hierauf aufbauend hat der Senat mit Urteil vom 1.12.2009 (BSGE 105, 56 = SozR 4-2400 § 7 Nr 11)entschieden, dass berufspraktische Phasen im Rahmen eines sogenannten praxisintegrierten Studiums keine Versicherungspflicht begründen, sofern sie sich infolge organisatorischer und/oder curricularer Verzahnung mit der theoretischen Hochschulausbildung als Bestandteil des Studiums darstellen (zur geplanten Schaffung einer in § 25 Abs 1 SGB III und § 5 Abs 4a SGB V geregelten künftig einheitlichen Versicherungspflicht von Teilnehmern an dualen Studiengängen vgl allerdings Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialbesetzbuch und anderer Gesetze, BR-Drucks 315/11 S 3 sowie S 26 f und S 28 f ). Dabei hat der Senat sich für die von ihm zu beurteilenden sozial(versicherungs)rechtlichen Zusammenhänge der zuvor genannten Rechtsprechung des BAG angeschlossen, die zuletzt unter Verweis auf § 3 Abs 2 Nr 1 BBiG 2005, wonach dieses Gesetz nicht für die Berufsbildung gilt, die in berufsqualifizierenden oder vergleichbaren Studiengängen an Hochschulen auf der Grundlage ua der Hochschulgesetze der Länder durchgeführt wird, die Anwendung des BBiG bzw BBiG 2005 ausgeschlossen hat, soweit die praktische Tätigkeit Teil eines Studiums ist(BAG NZA 2009, 435).

23

Vor diesem rechtlichen Hintergrund, der nicht lediglich auf den Bereich der Hochschulausbildungsgänge beschränkt ist, kann die Revision nicht erfolgreich sein, obwohl auch der Kläger eine enge Verzahnung von theoretischer und praktischer Ausbildung hervorhebt. Dem stehen die im Senatsurteil vom 1.12.2009 (aaO) aufgestellten Grundsätze entgegen, ohne dass es auf fehlende Feststellungen des LSG zu der für einen Ausschluss der geltend gemachten einheitlichen Ausbildung vom sachlichen Anwendungsbereich des BBiG bzw BBiG 2005 notwendigen schulrechtlichen Einordnung der Fahrlehrerausbildungsstätten ankommt. Jedenfalls stellt sich die in Ausbildungsfahrschulen zu absolvierende praktische Ausbildung entgegen der Ansicht des Klägers nicht als derart eng mit dem Besuch der Fahrlehrerausbildungsstätte verzahnt dar, dass sie als integraler Bestandteil des Besuchs der Ausbildungsstätte zu werten ist.

24

Zwar steht nach der eingangs zitierten Rechtsprechung der Annahme einer engen Verzahnung zwischen (hoch)schulischer und praktischer Ausbildung das - hier jeweils festgestellte - Vorliegen zweier eigenständiger Verträge über die theoretische und die praktische Ausbildung oder ein erheblicher zeitlicher Anteil der praktischen Ausbildung an der Gesamtausbildungszeit nicht entgegen, wenn die Auslegung des mit dem Ausbildungsbetrieb geschlossenen Vertrags und seine tatsächliche Durchführung ergibt, dass die praktische Ausbildung in das Studium eingegliedert ist (BSGE 105, 56 = SozR 4-2400 § 7 Nr 11, RdNr 23). Insoweit kommt es darauf an, ob das maßgebende Recht die praktische Ausbildung ausdrücklich als Teil der theoretischen Ausbildung bezeichnet (BSGE 64, 130, 134 = SozR 2200 § 1232 Nr 26 mit Nachweisen zur Rspr des BAG) und/oder die praktische Ausbildung im wesentlichen außerbetrieblich, also durch die Ausbildungsstätte (Hochschule), geregelt und gelenkt wird (BSGE 105, 56 = SozR 4-2400 § 7 Nr 11, RdNr 26). Solches ist zB anzunehmen, wenn der Inhalt der praktischen Ausbildung nach Maßgabe der Studien- bzw Ausbildungsordnung der (Hoch)Schule mit dieser abgestimmt und von dieser genehmigt werden muss, der Ausbildungsbetrieb und der Auszubildende während der Praxisphasen Kontakt zur (Hoch)Schule und deren Betreuern halten und sich die Aufgaben des Auszubildenden im Ausbildungsbetrieb an den Vorgaben der (Hoch)Schule orientieren (BSGE 105, 56 = SozR 4-2400 § 7 Nr 11, RdNr 24; vgl auch die Unterscheidung zwischen Praxis- und Studienzeiten in BSGE 66, 211, 212 f = SozR 3-2940 § 2 Nr 1). Soweit durch den Kläger oder im angegriffenen Urteil die zeitliche Gewichtung der theoretischen und praktischen Ausbildung und die Umklammerung letzterer durch Ausbildungsabschnitte in einer Fahrlehrerausbildungsstätte angesprochen werden, bilden diese im vorliegenden Zusammenhang kein geeignetes Unterscheidungsmerkmal (vgl bereits BSGE 64, 130, 139 = SozR 2200 § 1232 Nr 26).

25

Ob für die Annahme einer Integration der praktischen Ausbildung in die (Hoch)Schulausbildung die Feststellung einer staatlichen Anerkennung auch der praktischen Ausbildung notwendig ist, hat der Senat auch vor dem Hintergrund der dieses nahelegenden Rechtsprechung des BAG (BAG NZA 2009, 435; Urteil vom 18.11.2008 - 3 AZR 312/07) bisher offen gelassen (BSGE 105, 56 = SozR 4-2400 § 7 Nr 11, RdNr 25). Dies kann auch vorliegend offen bleiben, denn soweit das BAG im Rahmen nicht tragender Ausführungen der zitierten Entscheidungen (aaO) die Forderung nach solchen Feststellungen erhoben hat, bezog sich dies auf die Anerkennung der Prüfungsordnungen privater, staatlich anerkannter Hochschulen im Hinblick auf ihre Gleichwertigkeit mit denjenigen staatlicher Hochschulen nach Maßgabe des landesrechtlichen Hochschulrechts. Erst die Erstreckung der Anerkennung einer solchen Prüfungsordnung auch auf den praktischen Teil der Ausbildung erlaubt es, diese als integralen Bestandteil eines Studiengangs zu betrachten.

26

Die vom Kläger zu Gunsten einer einheitlichen schulischen Ausbildung angeführte Anerkennung einer Fahrlehrerausbildungsstätte durch die - landesrechtlich festgelegte - Erlaubnisbehörde nach § 22 FahrlG(idF durch Gesetz vom 24.4.1998, aaO, ebenso wie die nachfolgend zitierten Regelungen) ist hiermit schon nicht vergleichbar, denn sie ist nicht auf die Gleichstellung mit staatlichen Ausbildungsstellen bezogen. Sie umfasst auch nicht den Betrieb einer Ausbildungsfahrschule, der nach § 21a FahrlG - neben der allgemeinen Fahrschulerlaubnis - keiner Erlaubnis oder Anerkennung bedarf, sondern lediglich untersagt werden kann, wenn der Inhaber der Ausbildungsfahrschule oder der verantwortliche Leiter eines Ausbildungsbetriebs die persönlichen Anforderungen für die Ausbildung von Fahrlehrern mit befristeter Fahrlehrerlaubnis nicht erfüllt oder nicht dafür Sorge trägt, dass der Ausbildungsfahrlehrer seinen Verpflichtungen im Rahmen der Fahrlehrerausbildung nachkommt. Entsprechendes gilt nach § 9b FahrlG auch für die Tätigkeit als Ausbildungsfahrlehrer. Soweit darüber hinaus § 26 Abs 2 FahrlG(idF durch Gesetz vom 3.2.1976, aaO) iVm § 2 Abs 1 Fahrlehrer-Ausbildungsordnung(FahrlAusbO - zuletzt geändert am 7.8.2002, BGBl I 3267) die Genehmigung des Ausbildungsplans der Fahrlehrerausbildungsstätte vorsieht, umfasst weder dieser Ausbildungsplan noch die Genehmigung die praktische Ausbildung in der Ausbildungsfahrschule. Denn für diese ist nach dem auf Grundlage des § 9b Abs 4 FahrlG erlassenen § 3 Abs 1 FahrlAusbO die Aufstellung und gesonderte Genehmigung eines separaten Ausbildungsplans durch die Erlaubnisbehörde erforderlich.

27

Zu Recht hat das LSG die separaten und getrennt zu genehmigenden Ausbildungspläne als Argument gegen eine Einheit der Ausbildung in der Fahrlehrerausbildungsstätte und Ausbildungsfahrschule gewertet, weil gerade keine gemeinsame Regelung der theoretischen und praktischen Ausbildung erfolgt und der Inhalt der praktischen Ausbildung gerade nicht iS der oben genannten Indizien für eine Einheit beider Ausbildungsabschnitte der Genehmigung durch die Stätte der theoretischen Ausbildung bedarf. Für die Selbstständigkeit beider Ausbildungsabschnitte spricht insoweit auch, dass die Ausbildung in der Ausbildungsfahrschule weder im FahrlG, noch in der FahrlAusbO oder der Durchführungsverordnung zum FahrlG (vom 18.8.1998, BGBl I 2307 - hier idF durch die Verordnungen vom 29.10.2001, BGBl I 2785, vom 7.8.2002, BGBl I 3267 und vom 7.1.2004, BGBl I 43) als Teil der Ausbildung in der Fahrlehrerausbildungsstätte bezeichnet wird. Unterstrichen wird dies durch den als Anlage zu § 2 Abs 1 FahrlAusbO erlassenen Rahmenplan für die Fahrlehrerausbildung an Fahrlehrerausbildungsstätten(BGBl I 1998, 2322), nach dessen Abschnitt 1.6.6 der Fahrlehreranwärter zwar durch die Ausbildungsstätte auf die praktische Ausbildung vorzubereiten ist, ohne dass dort allerdings Organisation und Inhalt der Ausbildung in den Ausbildungsfahrschulen geregelt werden. Derartige Festlegungen finden sich vielmehr ausschließlich in § 3 Abs 1 FahrlAusbO. Eine rechtliche Verklammerung beider Ausbildungsteile erfolgt auch nicht durch das nach § 9a Abs 3 FahrlG vom Inhaber einer befristeten Fahrlehrerlaubnis über seine praktische Ausbildung zu führende Berichtsheft. Denn dieses ist ausschließlich durch den Ausbildungsfahrlehrer und den Inhaber bzw verantwortlichen Leiter der Ausbildungsfahrschule, aber gerade nicht durch Personal der Fahrlehrerausbildungsstätte abzuzeichnen. Gleichzeitig schreibt auch Abschnitt 1.7 (Auswertung der Erfahrungen aus der praktischen Ausbildung) des Rahmenplans nicht vor, dass dieses Gegenstand der beiden einwöchigen Kurse während und nach der praktischen Ausbildung ist. Dem LSG ist auch darin zu folgen, dass die konkrete Formulierung verschiedener Vorschriften des FahrlG darauf hindeutet, dass der Gesetz- bzw Verordnungsgeber Fahrlehrerausbildungsstätten und Ausbildungsfahrschulen als organisatorisch unabhängige Ausbildungseinrichtungen sowie die dort jeweils durchgeführten Ausbildungsabschnitte als unabhängig und gleichberechtigt nebeneinander stehend ansieht (vgl § 2 Abs 3 Satz 1 Nr 1 FahrlG: "Die Dauer der Ausbildung … beträgt … fünfeinhalb Monate in einer Fahrlehrerausbildungsstätte und viereinhalb Monate in einer Ausbildungsfahrschule"; § 2 Abs 5 Satz 1 - 3 FahrlG: "Der Bewerber … hat sich nach fünfmonatiger Ausbildung in einer Fahrlehrerausbildungsstätte zusätzlich einer viereinhalbmonatigen Ausbildung in einer Ausbildungsfahrschule zu unterziehen. Die Ausbildung in einer Ausbildungsfahrschule ist … durch einen einwöchigen Lehrgang in einer Fahrlehrerausbildungsstätte zu unterbrechen. Die Ausbildung des Bewerbers endet mit einem weiteren einwöchigen Lehrgang in einer Fahrlehrerausbildungsstätte nach Abschluss der Ausbildung in einer Ausbildungsfahrschule"; § 1 Satz 1 FahrlAusbO: "Die Ausbildung zum Fahrlehrer erfolgt in einer amtlich anerkannten Fahrlehrerausbildungsstätte und in einer Ausbildungsfahrschule").

28

Darüber hinaus spricht auch die vom LSG getroffene Feststellung, dass sich die vertraglichen Bindungen der Beigeladenen zu 1. bis 4. und 6. an die Fahrlehrerausbildungsstätte nicht von Anfang an auf alle drei theoretischen Ausbildungsabschnitte erstreckt haben, gegen eine Einheit der Ausbildung in der Fahrlehrerausbildungsstätte und in der Ausbildungsfahrschule und gegen eine Überordnung der erstgenannten Ausbildung. Andernfalls wäre eine regelmäßige Rückkehr der Fahrlehreranwärter an die zu Beginn der Ausbildung besuchte Fahrlehrerausbildungsstätte zu erwarten, die aber auch nach dem Wortlaut des § 2 Abs 5 Satz 2 und 3 FahrlG("Lehrgang in einer Fahrlehrerausbildungsstätte" statt "in der Fahrlehrerausbildungsstätte") nicht vorgeschrieben ist.

29

Schließlich sind auch die im Urteil des LSG wiedergegebenen Angaben der genannten Beigeladenen sowie der von einem Teil von ihnen besuchten Fahrlehrerausbildungsstätte, wonach nur einzelne von ihnen während der Ausbildung in der Ausbildungsfahrschule des Klägers Kontakt zu den Lehrern dieser Ausbildungsstätte gesucht haben und die Ausbildungsfahrschulen für den Inhalt der "Praktika" allein verantwortlich gewesen sind, nach Maßgabe der oben genannten Kriterien im Sinne einer Selbstständigkeit beider Ausbildungsabschnitte zu deuten.

30

Aufgrund dieser Erwägungen kann die praktische Fahrlehrerausbildung in der Ausbildungsfahrschule des Klägers nicht nur als unselbstständiger Bestandteil einer einheitlichen Fahrlehrerausbildung in einer Fahrlehrerausbildungsstätte angesehen werden und ist deshalb nicht von einer Qualifikation als betriebliche Berufsausbildung ausgeschlossen.

31

b) Die Beigeladenen zu 1. bis 4. und zu 6. waren während der Dauer ihrer Praktika zur Fahrlehrerausbildung im Betrieb des Klägers auch nicht etwa aufgrund des sogenannten Werkstudentenprivilegs nach § 6 Abs 1 Nr 3 SGB V, § 20 Abs 1 Satz 1 SGB XI iVm § 6 Abs 1 Nr 3 SGB V, § 5 Abs 3 SGB VI und § 27 Abs 4 Nr 2 SGB III versicherungsfrei.Diese - in der Revisionsbegründung allerdings in den Vordergrund gerückte - Frage nach der Versicherungsfreiheit als Praktikant stellt sich, wie der Senat zuletzt zu sogenannten praxisintegrierten dualen Studiengängen herausgestellt hat (BSGE 105, 56 = SozR 4-2400 § 7 Nr 11, RdNr 15), erst, wenn zuvor das Vorliegen eines - hier nach den Ausführungen unter a) zu bejahenden - Versicherungspflichttatbestandes wegen einer Beschäftigung (gegen Arbeitsentgelt oder zur Berufsausbildung) feststeht.

32

aa) Nach diesen Vorschriften sind in der GKV und sPV versicherungsfrei Personen, die während der Dauer ihres Studiums als ordentliche Studierende einer Hochschule oder einer der fachlichen Ausbildung dienenden Schule gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind (§ 6 Abs 1 Nr 3 SGB V in der seit 1989 unveränderten Fassung; für die sPV iVm § 20 Abs 1 Satz 1 SGB XI in der seit 1995 unveränderten Fassung). Die Beigeladenen zu 1. bis 4. und zu 6. erfüllen - auch soweit sie entgeltlich beschäftigt waren - nicht die genannten Voraussetzungen, denn sie waren während der streitigen praktischen Ausbildung nicht unmittelbar oder sinngemäß "ordentliche Studierende" einer - vorliegend allein in Frage kommenden - der fachlichen Ausbildung dienenden Schule (zum Begriff vgl BSG SozR 2200 § 172 Nr 17). Dabei kann offen bleiben, ob sie noch in einem fortbestehenden Vertragsverhältnis zur Ausbildungsstätte standen oder ob die Teilnahme an den beiden vorgeschriebenen einwöchigen Kursen erst während der Ausbildung in der Ausbildungsfahrschule in der zuvor besuchten oder einer anderen Ausbildungsstätte vereinbart worden ist. Denn dem insoweit maßgebenden Gesamtbild nach (vgl zu dessen Maßgeblichkeit nur BSG SozR 3-2500 § 5 Nr 15 S 49 ff mwN)waren sie während der praktischen Ausbildung nicht (mehr) Schüler einer Fahrlehrerausbildungsstätte. Vom Fortbestand einer Schüler- oder Studenteneigenschaft während einer praktischen Tätigkeit kann nämlich nur dann ausgegangen werden, wenn die Betroffenen ihrem gesamten Erscheinungsbild nach noch Schüler bzw Student sind, so dass die Ausbildung in der Schule oder das Studium die Hauptsache und die Beschäftigung die Nebensache ist (vgl nur BSG SozR 3-2500 § 5 Nr 15 S 51 mwN). Dies folgt ua aus dem Sinn des Werkstudentenprivilegs, idR kürzere, dem Studium oder dem Schulbesuch untergeordnete entgeltliche Beschäftigungen versicherungsfrei zu belassen (Peters in KassKomm, Stand der Einzelkommentierung April 2011, § 6 SGB V RdNr 39) und dadurch eine Kontinuität des Versicherungsgrundes zu gewährleisten (BSG Urteil vom 21.1.1987 - 7 RAr 10/86 - Die Beiträge 1987, 138).

33

In diesem Sinne waren die genannten Beigeladenen während der Beschäftigung in der Ausbildungsfahrschule des Klägers nicht mehr Schüler, sondern Beschäftigte. Denn sowohl nach den oben insbesondere unter 1. a) cc) dargestellten rechtlichen Regelungen über die Fahrlehrerausbildung wie auch nach den Feststellungen des LSG zu deren tatsächlicher Durchführung fand die Ausbildung der genannten Beigeladenen in dieser Zeit ausschließlich in der Ausbildungsfahrschule und nicht in der Fahrlehrerausbildungsstätte statt. Ein Fortbestand rechtlicher Beziehungen zu dieser war zudem nach den Ausbildungsvorschriften nicht notwendig und lag auch nur im Einzelfall vor. Auch wurde die schulische Ausbildung nicht etwa durch die praktische Ausbildung iS eines Zwischenpraktikums unterbrochen. Vielmehr folgt nach dem Wortlaut des § 2 Abs 5 FahrlG die praktische Ausbildung in der Ausbildungsfahrschule der theoretischen Ausbildung in einer Fahrlehrerausbildungsstätte und wird ihrerseits einmalig für eine Woche durch eine Woche der Auswertung der Erfahrungen aus der praktischen Ausbildung(Abschnitt 1.7 des Rahmenplans für die Fahrlehrerausbildung an Fahrlehrerausbildungsstätten, aaO) an einer - nicht notwendig derselben - Fahrlehrerausbildungsstätte unterbrochen. Dementsprechend schließt sich die weitere Woche an der Fahrlehrerausbildungsstätte erst nach Abschluss der Ausbildung in der Ausbildungsfahrschule an diese an. Demnach stand während der praktischen Ausbildung in der Ausbildungsfahrschule die Beschäftigung im Vordergrund.

34

bb) Da die Beigeladenen während ihrer Beschäftigung in der Ausbildungsfahrschule des Klägers ihrem Erscheinungsbild nach nicht mehr Schüler einer Fahrlehrerausbildungsstätte waren, liegt auch in der RV und nach dem Recht der Arbeitsförderung keine Versicherungsfreiheit wegen des Werkstudentenprivilegs vor. Denn versicherungsfrei in der RV sind danach nur Personen, die während der Dauer eines Studiums als ordentliche Studierende einer Fachschule oder Hochschule ein Praktikum ableisten, das in ihrer Studienordnung oder Prüfungsordnung vorgeschrieben ist (§ 5 Abs 3 Nr 1 SGB VI idF vom 19.2.2002, BGBl I 754) oder bis zum 31.7.2004 (§ 5 Abs 3 idF durch Gesetz vom 21.7.2004, BGBl I 1791) auch, wenn diese Personen ein Praktikum ohne Entgelt oder gegen ein Entgelt, das regelmäßig im Monat 325 Euro bzw ab 1.4.2003 monatlich 400 Euro nicht übersteigt, ableisten (§ 5 Abs 3 Nr 2 SGB VI idF vom 19.2.2002, aaO, bzw Gesetz vom 23.12.2002, BGBl I 4621). Versicherungsfrei nach dem Recht der Arbeitsförderung sind als Werkstudenten nur Personen, die während der Dauer ihrer Ausbildung an einer allgemeinbildenden Schule oder ihres Studiums als ordentliche Studierende einer Hochschule oder einer der fachlichen Ausbildung dienenden Schule eine Beschäftigung ausüben (§ 27 Abs 4 SGB III in der bisher nicht geänderten Fassung durch Gesetz vom 24.3.1997, BGBl I 594). Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt.

35

2. Die Beklagte hat - was zwischen den Beteiligten nicht umstritten ist - die aufgrund der Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 1. bis 4. und zu 6. während der Dauer ihrer Praktika zur Fahrlehrerausbildung im Betrieb des Klägers von diesem zu entrichtenden Beiträge der Höhe nach zutreffend festgestellt. Die mit Bescheid vom 24.7.2006 festgestellte Beitragsforderung für die Zeit zwischen dem 1.1.2002 und 31.12.2005 ist entgegen dem Revisionsvorbringen auch nicht verwirkt.

36

Das Rechtsinstitut der Verwirkung ist als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) auch für das Sozialversicherungsrecht und insbesondere für die Nachforderung von Beiträgen zur Sozialversicherung anerkannt (stRspr, vgl zuletzt BSG SozR 4-2400 § 24 Nr 5 RdNr 30 mwN). Die Verwirkung setzt als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung voraus, dass der Berechtigte die Ausübung seines Rechts während eines längeren Zeitraums unterlassen hat und weitere besondere Umstände hinzutreten, die nach den Besonderheiten des Einzelfalls und des in Betracht kommenden Rechtsgebietes das verspätete Geltendmachen des Rechts nach Treu und Glauben dem Verpflichteten gegenüber als illoyal erscheinen lassen. Solche, die Verwirkung auslösenden "besonderen Umstände" liegen vor, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten (Verwirkungsverhalten) darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nicht mehr geltend machen werde (Vertrauensgrundlage) und der Verpflichtete tatsächlich darauf vertraut hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt wird (Vertrauenstatbestand) und sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat (Vertrauensverhalten), dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (BSG, aaO, RdNr 31 mwN).

37

Eine Verwirkung scheitert hier bereits am Fehlen des Zeitmoments, also eines längeren Zeitraums, in dem die Beklagte die Ausübung ihres Rechts zur Geltendmachung rückständiger Beiträge unterlassen hätte. Es widerspräche der gesetzgeberischen Wertung, wenn entgegen dem durch § 28p Abs 1 Satz 1 Halbs 2 SGB IV(in der trotz zweimaliger Neubekanntmachung bisher unveränderten Fassung durch Gesetz vom 30.6.1995, BGBl I 890) angeordneten vierjährigen Prüfungsturnus bereits die - hier vorliegende - zeitnahe Geltendmachung von Nachforderungen aufgrund einer fristgerecht durchgeführten Prüfung ohne Weiteres als verspätetet anzusehen. Eine Verwirkung scheitert vorliegend zudem daran, dass ein Verwirkungsverhalten der Beklagten, das zum Zeitablauf hinzutreten muss, vom LSG ausdrücklich nicht festgestellt worden ist, ohne dass dagegen Revisionsrügen erhoben werden. Ein Vertrauenstatbestand ergibt sich insbesondere nicht aus vorangegangenen Betriebsprüfungen, die Aussagen bezüglich der Versicherungs- und Beitragspflichten ausschließlich zu früheren, abgelaufenen Zeiträumen treffen (vgl bereits BSGE 93, 119 = SozR 4-2400 § 22 Nr 2, RdNr 36 mwN; BSGE 47, 194, 198 = SozR 2200 § 1399 Nr 11). Zudem hatte die Beklagte nach den - nicht mit Revisionsrügen angegriffenen und daher für den Senat bindenden (§ 163 SGG) - Feststellungen des LSG zu keinem Zeitpunkt vor der hier streitgegenständlichen Betriebsprüfung in Bescheiden konkrete Aussagen zur Versicherungspflicht von Fahrlehreranwärtern gemacht.

38

3. Die Kostenentscheidung folgt, da weder der Kläger noch die Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören, aus § 197a Abs 1 Satz 1 Halbs 3 SGG iVm § 154 Abs 2, § 162 Abs 3 VwGO.

39

4. Der Streitwert für das Revisionsverfahren war gemäß § 197a Abs 1 Satz 1 Halbs 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 1 GKG in Höhe der streitigen Beitragsforderung festzusetzen.

Tatbestand

1

Im Streit steht die Verpflichtung der Klägerin zur Zahlung des Säumniszuschlags in Höhe von 1778,00 Euro wegen verspäteter Abführung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung im Rahmen der Nachversicherung.

2

Der juristische Vorbereitungsdienst als Rechtsreferendarin im Beamtenverhältnis auf Widerruf der 1969 geborenen G. R. (im Folgenden: Referendarin) bei der klagenden Freien und Hansestadt endete am 20.7.2000. Die Personalstelle für Referendare beim Hanseatischen Oberlandesgericht zeigte dem für Nachversicherungen zuständigen Personalamt/Zentrale Personaldienste der Klägerin (im Folgenden: Nachversicherungsstelle) an, dass die Referendarin ohne Anspruch auf Versorgung aus dem Dienst ausgeschieden war. Sie übermittelte die während dieses Zeitraums der versicherungsfreien Beschäftigung als Beamtin erzielten Gesamtbruttobezüge in Höhe von 63 154,95 DM. Diese Nachversicherungsanzeige vom 12.9.2000 ging bei der Nachversicherungsstelle der Klägerin am 7.12.2000 ein. Die Nachversicherungsstelle wandte sich mit mehreren Schreiben (vom 7.2.2002, 24.7.2002 und 10.10.2002) zur Ermittlung von Gründen für den Aufschub der Nachversicherung an die Referendarin; diese reagierte auf keines dieser Schreiben. Am 24.1.2003 übersandte die Klägerin der Beklagten (damals: Bundesversicherungsanstalt für Angestellte) die Bescheinigung über die Nachversicherung der Referendarin. Das nachzuversichernde Entgelt bezifferte die Klägerin mit 67 504,33 DM. Mit Wertstellung vom 10.2.2003 ging der Nachversicherungsbeitrag in Höhe von 6730,31 Euro (13 163,34 DM = 19,5% von 67 504,33 DM) bei der Beklagten ein.

3

Mit Schreiben vom 28.3.2003 (der Klägerin zugegangen am 2.4.2003) teilte die Beklagte der Klägerin mit, sie werde künftig Säumniszuschläge auf verspätet gezahlte Nachversicherungsbeiträge erheben, und verwies hierzu auf das beigefügte Informationsblatt "Säumniszuschläge auf verspätet gezahlte Nachversicherungsbeiträge". Hierin heißt es ua:

        

"Die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) weist mit dieser Information darauf hin, dass sie ihre bisherige Rechtsauffassung aufgibt und im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit und soziale Sicherung sowie dem Bundesrechnungshof künftig in allen Fällen der verspäteten Zahlung von Nachversicherungsbeiträgen Säumniszuschläge (§ 24 Viertes Buch Sozialgesetzbuch - SGB IV) erheben wird. …

        

Die Rentenversicherungsträger berücksichtigen die Ausführungen des Bundesministeriums des Innern in seinem Rundschreiben vom 27.4.1999 - DII6-224012/55 -, wonach Nachversicherungsschuldner spätestens drei Monate nach unversorgtem Ausscheiden des Beschäftigten aus dem Beschäftigungs- bzw Dienstverhältnis über den Aufschub oder die Durchführung der Nachversicherung entscheiden soll. Ein Säumniszuschlag wird deshalb nicht erhoben, wenn die Nachversicherungsbeiträge innerhalb von drei Monaten nach Eintritt der Voraussetzungen für die Nachversicherung gezahlt werden.
Frühester Zeitpunkt der Säumnis ist der 1.1.1995, weil seit diesem Zeitpunkt die Erhebung von Säumniszuschlägen nicht mehr im Ermessen der beitragsentgegennehmenden Stelle liegt, sondern von Gesetz wegen zu erfolgen hat."

4

Mit Bescheid vom 16.5.2003 erhob die Beklagte gemäß § 24 Abs 1 SGB IV den Säumniszuschlag in Höhe von 1841,50 Euro, wobei sie 29 Monate der Säumnis, gerechnet ab 21.10.2000, zugrunde legte. Die Höhe der Nachversicherungsschuld am 21.10.2000 wurde mit 12 451,64 DM (19,3% von 64 516,25 DM) beziffert.

5

Die vor dem SG Hamburg erhobene Klage (Urteil vom 25.1.2006 - S 10 RA 319/03) und die Berufung vor dem LSG Hamburg (Urteil vom 23.7.2008 - L 6 RA 64/06) blieben erfolglos. Das LSG Hamburg hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Klägerin habe in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG auf eine Anhörung (§ 24 Abs 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch) rechtswirksam verzichtet. Die Beklagte habe den streitigen Bescheid zu Recht auf § 24 Abs 1 SGB IV gestützt. Insofern werde der Rechtsprechung des BSG (Senatsurteil vom 12.2.2004 - SozR 4-2400 § 24 Nr 2)gefolgt. Ein Fall der Säumnis habe vorgelegen, weil die Klägerin die Beiträge zur Nachversicherung erst verspätet (am 10.2.2003) gezahlt habe. Der Nachversicherungsfall sei bereits ab dem unversorgten Ausscheiden der Referendarin aus dem Vorbereitungsdienst mit Bestehen der Zweiten juristischen Staatsprüfung am 20.7.2000 eingetreten. Mit Wirkung vom 21.7.2000 (§ 8 Abs 2 Satz 1 Nr 1, § 181 Abs 5 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch) sei sie deshalb nachzuversichern gewesen. Aufschubgründe gemäß § 184 Abs 2 SGB VI hätten nicht vorgelegen. Die Berechnung der Säumnis erst ab 21.10.2000 begünstige die Klägerin daher.

6

Ein Fall der unverschuldeten Unkenntnis der Klägerin von ihrer Pflicht zur Beitragszahlung iS von § 24 Abs 2 SGB IV, der der Erhebung des Säumniszuschlags entgegenstehe, habe die Klägerin nicht glaubhaft gemacht. Sie habe seit Erhalt der Anzeige der Personalstelle für Referendare am 7.12.2000 von der Zahlungspflicht gewusst und sei dennoch über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr untätig geblieben. Erst ab 7.2.2002 habe die Klägerin den Nachversicherungsvorgang bearbeitet. Sie habe selbst eingeräumt, dass der lange Zeitraum der Untätigkeit auf einer Fehlorganisation in der Personalverwaltung bzw auf einem Organisationsverschulden beruht habe. Hierfür spreche, dass die Klägerin in einer Vielzahl von Fällen (einige Hundert) die Nachversicherung verspätet durchgeführt habe. Auch im Zeitraum ab der erstmaligen Kontaktaufnahme mit der Referendarin (Schreiben vom 7.2.2002) bis zur Durchführung der Nachversicherung Anfang des Jahres 2003 habe keine unverschuldete Unkenntnis von der Zahlungspflicht vorgelegen. Die schuldhafte Kenntnis der Klägerin bis 6.2.2002 habe sich nicht dadurch in eine schuldlose Unkenntnis der Zahlungsverpflichtung mit der Folge schuldloser Säumnis gewandelt, dass die Referendarin auf keines der Schreiben der Klägerin reagiert habe. Die Klägerin hätte die Nachversicherungsbeiträge - wegen Fehlens von Aufschubgründen - sofort entrichten und so eine Säumnis vermeiden können. Der Klägerin sei es auch zumutbar gewesen, personelle oder verfahrensordnende Vorkehrungen zu treffen, um eine Verzögerung bei der Durchführung der Nachversicherung zu vermeiden.

7

Dem stehe auch nicht das Schreiben der Beklagten vom 28.3.2003 nebst Informationsblatt entgegen. Hierbei handele es sich lediglich um einen Hinweis auf die Rechtslage und weder um einen Verzicht auf den streitigen Säumniszuschlag noch um die Zusicherung, von dessen Erhebung abzusehen. Die Festsetzung des Säumniszuschlags sei auch nicht verwirkt. Zwar sei das Rechtsinstitut der Verwirkung als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 Bürgerliches Gesetzbuch) auch auf die Nachforderung von Beiträgen zur Sozialversicherung nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 14.7.2004 - SozR 4-2400 § 7 Nr 4) anzuwenden. Der Verwirkung stehe aber die seit Januar 1995 geltende Rechtspflicht des § 24 SGB IV zur Festsetzung von Säumniszuschlägen entgegen, wonach der Beklagten kein Ermessen mehr eingeräumt sei. Im Übrigen könnten besonderen Umständen, aus denen sich eine Unbilligkeit der Festsetzung des Säumniszuschlags im Einzelfall ergebe, nur durch Stundung oder Erlass (§ 76 Abs 2 Nr 1 bzw 3 SGB IV) Rechnung getragen werden. Einer lückenausfüllenden Anwendung des Rechtsinstituts der Verwirkung bedürfe es daher nicht. Insofern könne offen bleiben, ob es unbillig sei, wenn die Klägerin in einer Vielzahl von Fällen die Nachversicherung verspätet vorgenommen und die Beklagte es andererseits jahrelang unterlassen habe, diese Praxis durch die Erhebung von Säumniszuschlägen zu sanktionieren. Hinsichtlich der Höhe der getroffenen Festsetzung könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Klägerin begünstigt worden sei. Die Beklagte habe lediglich 29 Monate im Hinblick auf das Rundschreiben des Bundesministers des Innern vom 27.4.1999 (DII6-224012/55) berücksichtigt; tatsächlich seien aber 32 Monate (vom 21.7.2000 bis zur Wertstellung am 10.2.2003) der Säumnis zu berücksichtigen gewesen. Da sich der Beitragssatz im Jahre 2003 auf 19,5 % erhöht habe, ergebe dies eine höhere als die festgesetzte Nachversicherungsschuld (von 7631,82 anstelle von 7553,55 Euro).

8

Mit der vom Senat zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung von § 24 Abs 2 SGB IV. Sie ist der Meinung, das LSG habe den im Senatsurteil vom 12.2.2004 (BSG SozR 4-2400 § 24 Nr 2)aufgezeigten Anwendungsbereich der Norm auf Nachversicherungsbeiträge verkannt. Sie räumt ein, bis zum Beginn der Bearbeitung des Nachversicherungsvorgangs im Februar 2002 fahrlässig in Unkenntnis der Zahlungsverpflichtung gewesen zu sein. Allerdings sei die Verzögerung in der Bearbeitung ab Juli 2002 bis zur Zahlung der Nachversicherungsbeiträge im Februar 2003 allein auf die fehlende Mitwirkung der Referendarin zurückzuführen. Während dieses Zeitraums (acht Monate) habe die Klägerin die Säumnis daher nicht verschuldet; dies entspreche auch dem der Norm zugrunde liegenden Schuldnerschutz. Die Erhebung des Säumniszuschlags verletze den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) in Ausprägung der unzulässigen bzw rechtsmissbräuchlichen Rechtsausübung (venire contra factum proprium). Das Nachversicherungsverfahren sei mit Wertstellung der Beiträge am 10.2.2003 abgeschlossen worden. Erstmals mit Schreiben vom 28.3.2003 habe die Beklagte mitgeteilt, sie werde künftig Säumniszuschläge erheben. Eine Anpassung an die geänderte Verwaltungspraxis sei ihr für abgeschlossene Fälle weder tatsächlich möglich noch haushälterisch zumutbar. Schließlich sei der Anspruch auf den Säumniszuschlag verwirkt. Das Rechtsinstitut der Verwirkung sei auch auf die Festsetzung von Säumniszuschlägen anzuwenden. Die Beklagte habe über einen langen Zeitraum (von 1995 bis März 2003) unterlassen, Säumniszuschläge bei verspäteter Zahlung von Nachversicherungsbeiträgen entgegen bestehender Rechtspflicht zu erheben (Zeitmoment). Dieses dauerhafte Unterlassen sei bewusst und planmäßig erfolgt; im Nichtstun sei ein besonderer Umstand zu sehen (Umstandsmoment). Die Klägerin habe sowohl ihre Haushaltsplanung als auch ihre Aufbau- und Ablauforganisation auf das Nichtstun der Beklagten seit 1995 eingerichtet. Die Nacherhebung der Säumniszuschläge für alle Nachversicherungsfälle des Zeitraumes 1995 bis März 2003 führe zu einem unzumutbaren finanziellen Nachteil. Die Klägerin könne ihren Verpflichtungen aus Art 109 Grundgesetz (GG) und der landeseigenen Haushaltsordnung, den - ohnehin schon defizitären - Haushalt auszugleichen, nur erschwert nachkommen.

9

Die Beklagte hat den streitigen Säumniszuschlag in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auf den Betrag von 1778,00 Euro reduziert.

10

Die Klägerin hat das Teilanerkenntnis angenommen und beantragt,

        

die Urteile des Landessozialgerichts Hamburg vom 23.7.2008 und des Sozialgerichts Hamburg vom 25.1.2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 16.5.2003 vollständig aufzuheben.

11

Die Beklagte beantragt,

die Revision insoweit zurückzuweisen.

12

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und beruft sich hinsichtlich ihrer Verwaltungspraxis zusätzlich auf das Schreiben des Verbands Deutscher Rentenversicherungsträger (VDR) vom 14.4.2000 und auf das Rundschreiben des Bundesministeriums des Innern vom 27.4.1999 (DII6-224012/55).

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision der Klägerin ist nicht begründet.

14

1. Verfahrenshindernisse, die bei zulässiger Revision von Amts wegen zu beachten sind (vgl BSG SozR 4-1300 § 84 Nr 1 RdNr 22; BSG SozR 3-1500 § 158 Nr 3 S 12), stehen einer Sachentscheidung nicht entgegen. Die Klage ist zulässig, ohne dass es der Durchführung eines Vorverfahrens vor Erhebung der Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz) bedurfte. Die klagende Freie und Hansestadt führt die Klage als Land iS von § 78 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGG. Zu Recht hat die Beklagte den geforderten Säumniszuschlag durch Verwaltungsakt (Bescheid vom 16.5.2003) festgesetzt. Der für die Nachversicherung zuständige Rentenversicherungsträger ist berechtigt, auch gegenüber öffentlich-rechtlichen Arbeitgebern die Nachentrichtung der Beiträge durch Verwaltungsakt einzufordern (vgl BSG SozR 2400 § 124 Nr 6 S 18). Im Nachversicherungsverfahren anfallende Säumniszuschläge dürfen ebenfalls durch Verwaltungsakt und auch gegenüber öffentlich-rechtlichen Trägern geltend gemacht werden (vgl Senatsurteil vom 29.11.2007 - BSGE 99, 227 = SozR 4-2600 § 186 Nr 1).

15

Das LSG hat die Berufung der Beklagten zu Recht als zulässig erachtet (§ 143 SGG). Insbesondere liegt keine Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden vor (§ 144 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGG), so dass es auch bei der vorliegenden Beschwer von unter 10 000 Euro keiner Zulassung der Berufung bedurfte. Zwar sind an dem Rechtsstreit zwei juristische Personen des öffentlichen Rechts beteiligt. Es handelt sich jedoch um keinen Erstattungsanspruch; es geht nicht darum, "Leistungs-"Vorgänge wirtschaftlich rückgängig zu machen, um den erstattungsberechtigten Träger so zu stellen, wie er stünde, wenn er keine Auslagen (Kosten, Leistungen) erbracht hätte (Senatsurteil vom 6.5.1998 - SozR 3-1500 § 144 Nr 14 S 37 mwN). Säumniszuschläge dienen vor allem dem Zweck, der Säumnis bei Erfüllung von Zahlungspflichten entgegenzuwirken. Sie sind Druckmittel zur Sicherstellung eines geordneten Verwaltungsablaufs und der Beschaffung der hierfür benötigten Finanzmittel (BSG SozR 4-2500 § 266 Nr 4; BSGE 35, 78 = SozR Nr 1 zu § 397a RVO; BSG Urteil vom 23.10.1987 - 12 RK 11/86 - ZIP 1988, 984).

16

Der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids steht nicht entgegen, dass die Klägerin vor seinem Erlass nicht angehört worden ist (§ 24 Abs 1 SGB X). Nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG auf ihr Anhörungsrecht verzichtet. Der Senat hat bereits entschieden, dass ein solcher Verzicht wirksam ist (vgl Senatsurteil vom 29.11.2007 - BSGE 99, 227 = SozR 4-2600 § 186 Nr 1 mwN).

17

2. Die Voraussetzungen für den Anspruch der Beklagten auf Erhebung des Säumniszuschlags sind erfüllt (a); ein Fall unverschuldeter Unkenntnis von der Zahlungsverpflichtung hat die Klägerin nicht glaubhaft gemacht (b); aus dem Schreiben der Beklagten vom 28.3.2003 nebst Informationsblatt kann die Klägerin weder eine Zusicherung noch einen Verzicht herleiten (c); weder verstößt die Geltendmachung des Säumniszuschlags gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) noch liegt eine Verwirkung als Fall der unzulässigen Rechtsausübung vor (d).

18

a) Gemäß § 24 Abs 1 Satz 1 SGB IV ist für Beiträge, die der Zahlungspflichtige nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt hat, für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von 1 vH des rückständigen, auf 50 Euro nach unten abgerundeten Betrages zu zahlen.

19

Die Nachversicherungsbeiträge für die Referendarin waren seit 21.7.2000 fällig. Die Fälligkeit der Beiträge zur Nachversicherung richtet sich gemäß § 23 Abs 4 SGB IV nach § 184 Abs 1 Satz 1 SGB VI (§ 184 Abs 1 Satz 2 und 3 SGB IV - mit Wirkung vom 1.1.2008 eingefügt -, die spezielle Regelungen zum Beginn der Säumnis iS von § 24 SGB IV enthalten, sind vorliegend nicht anzuwenden). Danach werden die Beiträge gezahlt, wenn die Voraussetzungen für die Nachversicherung eingetreten sind und insbesondere keine Gründe für den Aufschub der Beitragszahlung vorliegen. Nachversicherungsschuldner und damit zahlungspflichtig ist die klagende Freie und Hansestadt als ehemaliger Dienstherr der Referendarin. Säumniszuschläge in Nachversicherungsfällen sind auch von Körperschaften des öffentlichen Rechts zu entrichten (vgl Senatsurteile vom 12.2.2004 - BSGE 92, 150 = SozR 4-2400 § 24 Nr 2, RdNr 10 ff; vom 17.4.2008 - BSGE 100, 215 = SozR 4-2400 § 25 Nr 2, RdNr 16). Die Voraussetzungen für die Nachversicherung liegen regelmäßig mit dem unversorgten Ausscheiden aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis (hier Beamtenverhältnis auf Widerruf im Vorbereitungsdienst) vor (§ 8 Abs 2 Nr 1 SGB VI).

20

Nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) war die Referendarin mit Ablauf des 20.7.2000 aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf im Vorbereitungsdienst ausgeschieden, so dass die Nachversicherungsschuld am 21.7.2000 entstanden war. Gründe für einen Aufschub der Beitragszahlung (§ 184 Abs 1 Satz 1 Halbs 2 SGB VI, § 184 Abs 2 Satz 1 Nr 1 bis 3 SGB VI)lagen nicht vor und sind von der Klägerin auch nicht behauptet worden. Damit entstand die Nachversicherungsschuld grundsätzlich am Folgetag des unversorgten Ausscheidens der Nachzuversichernden (vgl Senatsurteile vom 12.2.2004 - BSGE 92, 150 = SozR 4-2400 § 24 Nr 2, RdNr 23; vom 29.11.2007 - BSGE 99, 227 = SozR 4-2600 § 186 Nr 1, RdNr 27; vgl auch BSG SozR 3-2600 § 8 Nr 4 S 7 mwN). Der hiervon abweichend festgesetzte spätere Beginn der Säumnis (21.10.2000) - dem Rundschreiben des Bundesministers des Innern vom 27.4.1999 (DII6-224012/55) entsprechend - begünstigt die Klägerin und ist daher nicht zu beanstanden. Nach den bindenden Feststellungen des LSG sind die Nachversicherungsbeiträge erst am 10.2.2003, also verspätet bei der Beklagten eingegangen.

21

b) Der Erhebung des Säumniszuschlags steht auch keine unverschuldete Unkenntnis von der Zahlungspflicht der Nachversicherungsbeiträge entgegen.

22

aa) Seit der mit Wirkung vom 1.1.1995 eingefügten Neufassung von § 24 Abs 1 SGB IV (durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Sozialgesetzbuchs vom 13.6.1994 - 2. SGBÄndG, BGBl I, 1229) sind Säumniszuschläge bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen zwingend zu zahlen und ist ihre Erhebung nicht mehr - wie noch nach der Vorläufervorschrift - in das Ermessen des Versicherungsträgers gestellt. Die Neufassung lehnt sich an § 240 der Abgabenordnung an(vgl BT-Drucks 12/5187 S 30; Udsching in Hauck/Haines, SGB IV, Stand 2007, K § 24 RdNr 2). Gemäß § 24 Abs 2 SGB IV ist ein Säumniszuschlag jedoch dann nicht zu erheben, wenn eine Beitragsforderung durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellt wird, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte. Diese Vorschrift dient der Vermeidung unbilliger Härten (vgl Senatsurteil vom 12.2.2004 - BSGE 92, 150 = SozR 4-2400 § 24 Nr 2, RdNr 24 unter Bezugnahme auf Udsching aaO RdNr 10).

23

bb) Der unverschuldeten Unkenntnis von der Zahlungspflicht steht sowohl fahrlässiges wie auch vorsätzliches Verhalten iS von § 276 BGB entgegen. Bei Körperschaften des öffentlichen Rechts schließt das Außerachtlassen ausreichender organisatorischer Vorkehrungen (sog Organisa-tionsverschulden) eine unverschuldete Unkenntnis iS von § 24 Abs 2 SGB IV aus. Das Fehlen notwendiger organisatorischer Maßnahmen bedingt, dass sich die Organisation das Wissen einzelner Mitarbeiter zurechnen lassen muss (vgl Senatsurteile vom 17.4.2008 - BSGE 100, 215 = SozR 4-2400 § 25 Nr 2, RdNr 18; vom 29.11.2007 - BSGE 99, 227 = SozR 4-2600 § 186 Nr 1, RdNr 29; vom 12.2.2004 - BSGE 92, 150 = SozR 4-2400 § 24 Nr 2, RdNr 26; zum Verschuldensmaßstab vgl Udsching aaO RdNr 11; Segebrecht in Juris PraxisKomm, Stand 2006, § 24 SGB IV RdNr 32; VerbKomm, Stand 2008, § 24 SGB IV RdNr 5; Seewald in Kasseler Komm, Stand 2008, § 24 SGB IV RdNr 14a). Soweit in der Literatur die Frage aufgeworfen wird, ob erst Vorsatz die unverschuldete Unkenntnis von der Zahlungspflicht ausschließt (vgl Roßbach in Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Komm zum Sozialrecht, 2009, § 24 SGB IV RdNr 8), ergibt sich für diese Auffassung kein Anhaltspunkt in der Rechtsprechung des BSG (Urteile des 12. Senats vom 26.1.2005 - SozR 4-2400 § 14 Nr 7 RdNr 28 und vom 30.3.2000 - SozR 3-2400 § 25 Nr 7 S 35 f). Aus diesen Entscheidungen lässt sich eine Einengung des Verschuldensmaßstabes in § 24 Abs 2 SGB IV auf Vorsatz nicht herleiten. Lediglich die bei der Beurteilung des Vorsatzes iS des § 25 Abs 1 Satz 2 SGB IV (Verjährung der Ansprüche auf Beiträge) entwickelten Maßstäbe sind hiernach auch bei der Prüfung des subjektiven Tatbestandes von § 24 Abs 2 SGB IV anzuwenden; dh es ist eine konkret-individuelle Betrachtung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Dies aber gilt auch für die Prüfung der glaubhaft gemachten unverschuldeten Unkenntnis von der Zahlungspflicht der Nachversicherungsbeiträge.

24

cc) Unter Anlegung dieses Prüfmaßstabes sind die bindenden Feststellungen des LSG zur fahrlässigen Unkenntnis der Klägerin nicht zu beanstanden. Sie räumt selbst ein, die Unkenntnis von der Zahlungspflicht während des Zeitraumes der Nichtbearbeitung des Nachversicherungsvorganges bis zum 6.2.2002 verschuldet zu haben. Hieran zu zweifeln, besteht kein Anlass; das LSG ist davon ausgegangen, dass die Klägerin ein Organisationsverschulden, insbesondere eine Fehlorganisation in der Personalverwaltung zu vertreten hat.

25

Rechtsfehlerfrei hat das LSG für den anschließenden Zeitraum vom 7.2.2002 und auch ab Juli 2002 (wie von der Klägerin geltend gemacht) bis zum Zeitpunkt der Nachversicherung Anfang des Jahres 2003 festgestellt, dass die Klägerin ihre unverschuldete Unkenntnis von der Zahlungspflicht nicht glaubhaft gemacht hat. Zwar hat die Referendarin gegen ihre Auskunftspflicht gemäß § 28o Abs 1 SGB IV verstoßen, indem sie die Anfragen ab 7.2.2002 nach der Art ihrer Beschäftigung unbeantwortet ließ. Dennoch ist dem LSG zuzustimmen, dass sich die bis dahin bestandene verschuldete Unkenntnis nicht deshalb in eine unverschuldete Unkenntnis umgewandelt hat. Die Auffassung der Klägerin, dass ihr ein Verschulden spätestens ab dem Zeitpunkt nicht mehr hätte vorgeworfen können, ab dem sie mit einer Antwort der Referendarin hätte rechnen dürfen, überzeugt nicht. Der Klägerin wäre es durch einfache organisatorische Maßnahmen möglich und zumutbar gewesen, sich zeitnah die notwendige Kenntnis über das Vorliegen bzw Fehlen etwaiger Aufschubtatbestände zu verschaffen. Sie hätte die Bearbeitung des Nachversicherungsvorgangs durch geeignete Maßnahmen so vorantreiben können, dass die Nachversicherung innerhalb jener drei Monate erledigt worden wäre, die die Beklagte bei Ermittlung des für den Säumniszuschlag maßgebenden Zeitraums von vornherein unberücksichtigt gelassen hat.

26

Als eine solche Maßnahme hätte zB bereits das erste Schreiben der Klägerin im Februar 2002 gegen Zustellungsnachweis an die Referendarin verschickt werden können, verbunden mit der Ankündigung, die Nachversicherung für den Fall durchzuführen, dass nicht binnen einer angemessenen Frist ein Aufschubtatbestand mitgeteilt wird. Das Außerachtlassen jeglicher organisatorischer Vorkehrungen, wie etwa der Erlass einer Dienstanweisung, die auch Nachversicherungsfälle bei gänzlich fehlender Mitwirkung der Nachzuversichernden erfasst, erfüllt den Tatbestand eines fahrlässigen Organisationsverschuldens. Während des maßgeblichen Zeitraums kann die Klägerin daher keinen Schuldnerschutz geltend machen. Die Klägerin trifft die Pflicht, die gesetzlichen Voraussetzungen der Nachversicherung aufzuklären (§ 184 Abs 1 Satz 1 SGB VI), über Aufschubtatbestände zu entscheiden (§ 184 Abs 2 und 3 SGB VI) und die Beiträge zur Nachversicherung zu zahlen (§ 185 SGB VI). Das bedeutet, dass der Arbeitgeber die Beitragsschuld und deren Fälligkeit selbst zu ermitteln (vgl BSG vom 12.2.2004 - BSGE 92, 150, 156 = SozR 4-2400 § 24 Nr 2 RdNr 33)und bei Fälligkeit umgehend zu zahlen hat. Nur so sind Defizite im Haushalt des Rentenversicherungsträgers zu vermeiden.

27

c) Auch das Schreiben vom 28.3.2003 und das beigefügte Informationsblatt stehen dem Anspruch der Beklagten auf Erhebung des Säumniszuschlags nicht entgegen. Das Schreiben enthält weder eine Zusicherung noch einen Verzicht.

28

Wie das LSG zutreffend festgestellt hat, lässt sich diesem Schreiben eine Zusicherung (§ 34 Abs 1 Satz 1 SGB X) der Beklagten des Inhalts nicht entnehmen, dass sie die Festsetzung des Säumniszuschlags für die am 10.2.2003 eingegangenen Nachversicherungsbeiträge unterlassen werde. Ebenso wenig liegt in dem Schreiben ein Verzicht auf dessen Erhebung - etwa als Angebot einer Vereinbarung, eine Forderung nicht durchzusetzen (Erlassvertrag "pactum de non petendo", BSG vom 26.6.1980 - 5 RJ 70/90 - Juris RdNr 63). Hierfür gibt der Wortlaut weder des Schreibens noch des Informationsblattes etwas her, insbesondere auch nicht das in beiden verwendete Wort "künftig", aus dem die Klägerin herauslesen will, die Beklagte werde Säumniszuschläge nicht für zum Zeitpunkt des Schreibens abgeschlossene Nachversicherungsfälle - wie den der Referendarin - geltend machen. Eine derartige Einschränkung kann den Texten jedoch gerade deshalb nicht entnommen werden, weil die Beklagte dort ihre Erkenntnis mitteilt, sie sei - seit 1.1.1995 - gesetzlich verpflichtet, Säumniszuschläge auch in Nachversicherungsfällen zu erheben, und die Nachversicherungsschuldner seien verpflichtet, diese (auch ohne Aufforderung seitens der Beklagten) zu zahlen. Wenn die Beklagte damit gleichzeitig auf einen Teil der - nicht ohnehin verjährten (§ 25 SGB IV, s hierzu Senatsurteil vom 17.4.2008 - BSGE 100, 215 = SozR 4-2400 § 25 Nr 2, RdNr 24 f) - Säumniszuschläge hätte verzichten wollen, hätte dies in den Texten deutlich zum Ausdruck kommen müssen, etwa durch Angabe eines Stichtags. Dies ist hier nicht geschehen.

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d) Das Geltendmachen des Säumniszuschlags widerspricht schließlich nicht dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB); es liegt keine Verwirkung als Fall der unzulässigen Rechtsausübung vor.

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aa) Das Rechtsinstitut der Verwirkung ist als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) auch im Sozialversicherungsrecht (vgl BSGE 7, 199, 200; 34, 211, 213; 41, 275, 278; 59, 87, 94 = SozR 2200 § 245 Nr 4 S 22 f; BSGE 80, 41, 43 = SozR 3-2200 § 1303 Nr 6 S 17 f)und insbesondere für die Nachforderung von Beiträgen zur Sozialversicherung für zurückliegende Zeiten anerkannt (vgl BSGE 17, 173, 174 f; 21, 52, 55 f; BSGE 47, 194, 196 = SozR 2200 § 1399 Nr 11 S 15; BSGE 93, 119 = SozR 4-2400 § 22 Nr 2, RdNr 35).

31

Die Verwirkung setzt als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung (vgl Heinrichs in Palandt, BGB, 69. Aufl 2010, § 242 RdNr 87)voraus, dass der Berechtigte die Ausübung seines Rechts während eines längeren Zeitraumes unterlassen hat und weitere besondere Umstände hinzutreten, die nach den Besonderheiten des Einzelfalls und des in Betracht kommenden Rechtsgebietes das verspätete Geltendmachen des Rechts nach Treu und Glauben dem Verpflichteten gegenüber als illoyal erscheinen lassen (vgl BVerfGE 32, 305; BVerwGE 44, 339, 343; BFHE 129, 201, 202; BSGE 34, 211, 214; 35, 91, 95 mwN). Solche, die Verwirkung auslösenden "besonderen Umstände" liegen vor, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten (Verwirkungsverhalten) darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nicht mehr geltend machen werde (Vertrauensgrundlage) und der Verpflichtete tatsächlich darauf vertraut hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt wird (Vertrauenstatbestand) und sich infolge dessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat (Vertrauensverhalten), dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (vgl BSGE 47, 194, 196 = SozR 2200 § 1399 Nr 11 S 15 mwN; BSGE 80, 41, 43 = SozR 3-2200 § 1303 Nr 6 S 18; BVerwGE 44, 339, 343 f).

32

bb) Zwar ist der Klägerin insoweit zuzustimmen, dass das BSG noch nicht ausdrücklich die Frage entschieden hat, ob das Rechtsinstitut der Verwirkung auch auf Säumniszuschläge Anwendung findet. Nach den oben dargelegten Maßstäben bestehen hieran aber keine grundlegenden Zweifel. Für dessen Anwendbarkeit spricht bereits, dass die Hauptforderung (der durch Verwaltungsakt festgesetzte Nachversicherungsbeitrag) grundsätzlich der Verwirkung unterliegen kann, so dass dies erst recht für die Nebenforderung (Säumniszuschlag) gelten könnte. Letztendlich kann der Senat diese Frage aber unentschieden lassen, weil die aufgezeigten Voraussetzungen der Verwirkung nicht erfüllt sind. Es bedarf daher auch keiner abschließenden Entscheidung, ob der Anwendbarkeit des Grundsatzes der Verwirkung bereits entgegensteht, dass die seit 1995 geltende Neufassung des § 24 SGB IV eine gebundene Norm ist, die der Behörde keine Ermessensausübung mehr einräumt(vgl die in der Literatur vertretene Auffassung, die die Anwendbarkeit der Verwirkung grundsätzlich auf "verzichtbare" Rechte der Behörde im Verwaltungsrecht beschränkt: so Wolff/Bachof/Stober/Kluth, Verwaltungsrecht I, 12. Aufl 2007, § 37 RdNr 18; vgl Müller-Grune, Der Grundsatz von Treu und Glauben im Allgemeinen Verwaltungsrecht, 2006, S 116; aA Ossenbühl, NVwZ 1995, 547, 549 f; Kothe, VerwArch 88 <1998>, 456, 487 f). Auch wenn das LSG die Auffassung vertreten hat, dass mit Rücksicht auf die Möglichkeit eines haushaltsrechtlichen Erlasses des Säumniszuschlags (§ 76 Abs 2 Nr 3 SGB IV) es keiner "Lücken ausfüllenden" Anwendung des Rechtsinstituts der Verwirkung bedürfe, reichen die tatsächlichen Feststellungen des LSG noch aus, um das Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen zu verneinen.

33

cc) Grundsätzlich sind strenge Anforderungen an das Verwirkungsverhalten zu stellen, weil dem Interesse des Beitragsschuldners, das Ausmaß der wirtschaftlichen Belastung durch Beitragsnachforderungen in angemessenen Grenzen zu halten, bereits durch die "kurze", vierjährige Verjährungsfrist gemäß § 25 Abs 1 Satz 1 SGB IV hinreichend Rechnung getragen wird, die auch auf Säumniszuschläge bei nicht vorsätzlichem Handeln Anwendung findet(vgl Senatsurteile vom 12.2.2004 - BSGE 92, 150, 154 = SozR 4-2400 § 24 Nr 2 S 22, RdNr 19; vom 17.4.2008 - BSGE 100, 215 = SozR 4-2400 § 25 Nr 2, RdNr 24 mwN; während im Fall der vorsätzlichen Vorenthaltung der Beiträge die 30jährige Verjährungsfrist gemäß § 25 Abs 1 Satz 2 SGB IV gilt). Ein “bloßes Nichtstun" als Verwirkungsverhalten reicht regelmäßig nicht aus; ein konkretes Verhalten des Gläubigers muss hinzukommen, welches bei dem Schuldner die berechtigte Erwartung erweckt hat, dass eine Forderung nicht besteht oder nicht geltend gemacht wird (vgl BSG SozR 2200 § 1399 Nr 11 S 17; BSG vom 23.5.1989 - HV-Info 1989, 2030).

34

dd) Ein solches Verwirkungsverhalten der Beklagten, das bei der Klägerin das berechtigte Vertrauen begründen durfte, die Beklagte werde auch fortan keine Säumniszuschläge erheben, liegt nicht vor. Die Beklagte hatte es - entgegen ihrer Gesetzesbindung (Art 20 Abs 3 GG) - unterlassen, die seit 1995 bestehende zwingende Gesetzespflicht zur Erhebung von Säumniszuschlägen flächendeckend in die Praxis umzusetzen. Dieses rechtswidrige Unterlassen der Beklagten erfüllt nach den aufgezeigten Maßstäben weder die Anforderungen eines Vertrauen begründenden Verwirkungsverhaltens noch durfte die Klägerin das “bloße Nichtstun“ der Beklagten als bewusst und planmäßig erachten und deshalb darauf vertrauen, nicht zu Säumniszuschlägen herangezogen zu werden.

35

Zwar mag im Einzelfall auch ein bloßes Unterlassen dann ein schutzwürdiges Vertrauen begründen und zur Verwirkung eines Rechts führen, wenn der Schuldner das Nichtstun des Gläubigers nach den Umständen als bewusst und planmäßig betrachten darf (BSGE 45, 38, 48 = SozR 4100 § 40 Nr 17 S 55; BSGE 47, 194, 198 = SozR 2200 § 1399 Nr 11 S 17). Dies ist (BSGE 47 aaO) jedoch noch nicht einmal dann angenommen worden, wenn unterlassene Beitragszahlungen bei Betriebsprüfungen der Einzugsstellen nicht beanstandet wurden, sondern lediglich für den Fall erwogen worden, dass maßgebliche Personen der Geschäftsleitung entsprechende Erklärungen abgegeben hätten (BSGE 47 aaO, 199). Derartiges hat jedoch die Klägerin nie behauptet.

36

Keinesfalls kann das Schreiben vom 28.3.2003 mit dem beigefügten Informationsblatt kausal für ein Vertrauensverhalten der Klägerin im Sinne der oa Definition der Verwirkung gewesen sein. Denn selbst wenn aus dem Schreiben, wie die Klägerin meint, die Ankündigung zu entnehmen wäre, (gesetzwidrig) Säumniszuschläge lediglich in noch nicht abgeschlossenen Nachversicherungsfällen zu erheben, kann die zögerliche Bearbeitung des Nachversicherungsvorgangs der Referendarin in der Zeit zwischen Juli 2000 und Februar 2003 nicht auf einem durch das spätere Schreiben der Beklagten vom März 2003 gesetzten Vertrauen beruhen. Ein zeitlich früheres Verwirkungsverhalten der Beklagten hat die Klägerin weder vorgetragen noch ist es sonst ersichtlich.

37

Ebenso wenig ist ersichtlich, welches schutzwürdige Vertrauensverhalten die Klägerin auf der erstmals in dem Schreiben und dem Informationsblatt enthaltenen Aussage, die Beklagte habe bisher eine gegenteilige "Rechtsauffassung" gehabt, hätte aufbauen können. Dieses müsste zeitlich zwischen dem Eingang des Schreibens der Beklagten vom 28.3.2003 und dem Eingang des - hierzu nach Ansicht der Klägerin in Widerspruch stehenden - angefochtenen Säumniszuschlag-Bescheids vom 16.5.2003 liegen. Insoweit ist jedoch gleichfalls weder etwas vorgetragen noch sonst erkennbar.

38

Die vom Senat in Fortführung der einschlägigen Rechtsprechung aufgestellten strengen Maßstäbe für die Verwirkung einer Forderung der Beklagten gegenüber der Klägerin sind Ausdruck dessen, dass beide Beteiligte als Träger öffentlicher Verwaltung an das Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art 20 Abs 3 GG) gebunden sind. Deshalb kann sich der Schuldner in der Regel nicht auf den Fortbestand eines rechtswidrigen Zustandes berufen, sondern muss ebenso wie der Gläubiger darauf achten, dass öffentliche Mittel rechtmäßig und sachgerecht verwendet werden. Die Beteiligten unterliegen beide dem Gebot der rechtzeitigen und vollständigen Erhebung der Einnahmen und der Fälligkeit der Ausgaben (§ 67 Abs 1, 76 Abs 1 SGB IV; § 11 Abs 2 Landeshaushaltsordnung der Freien und Hansestadt Hamburg vom 23.12.1971, HmbGVBl 1972, 10). Ein Vertrauen auf die Beibehaltung einer als rechtswidrig erkannten Verwaltungspraxis verdient im Verhältnis zwischen Behörden regelmäßig keinen Vertrauensschutz (vgl BVerwGE 23, 25, 30; 27, 215, 217 f; 60, 208, 211).

39

Der Senat vermag sich aus den dargelegten Gründen auch nicht der Rechtsmeinung des SG Dresden (Urteil vom 1.11.2005 - S 32 R 661/05, rechtskräftig, unveröffentlicht) anzuschließen, wonach die geänderte Verwaltungspraxis der Beklagten für "alle künftigen Sachverhalte" (ab Kenntnis vom Informationsblatt der Beklagten am 2.4.2003) und nicht rückwirkend auf vor diesem Zeitpunkt gezahlte Nachversicherungsbeiträge Anwendung finden soll. Eine solche - rechtswidrige - Praxis verdient wie dargelegt keinen Vertrauensschutz.

40

ee) Da es mithin an einer für ein mögliches Vertrauensverhalten kausalen Vertrauensgrundlage fehlt, kann dahingestellt bleiben, ob die weiteren Voraussetzungen der Verwirkung erfüllt sind. Die Erhebung des Säumniszuschlags führt jedenfalls nicht zu einem unzumutbaren Nachteil der Klägerin. Einen finanziellen Nachteil hat die Klägerin nicht beziffert, sondern lediglich vorgetragen, dass es unzumutbar sei, Säumniszuschläge für den Zeitraum 1995 bis 2003 nachzuentrichten. Dem stehen allerdings mögliche Zinsvorteile im Haushalt der Klägerin durch die verspätete Entrichtung von Nachversicherungsbeiträgen gegenüber sowie die Vorteile, die die Klägerin durch die fehlende Heranziehung von Säumniszuschlägen in bereits verjährten Fällen hatte.

41

ff) Schließlich liegt auch kein Fall der unzulässigen Rechtsausübung hinsichtlich des von der Klägerin geltend gemachten Vorwurfs eines treuwidrigen Verhaltens in Form des "venire contra factum proprium" vor. Denn ein Verhalten, das zu eigenem früheren Verhalten in Widerspruch steht (s BSGE 65, 272, 277= SozR 4100 § 78 Nr 8 S 36 mwN), welches wiederum einen Vertrauenstatbestand geschaffen hat, aufgrund dessen die Klägerin berechtigterweise davon ausgehen durfte, Säumniszuschläge für verspätet gezahlte Nachversicherungsbeiträge würden auch nach der gesetzlichen Neuregelung nicht erhoben, ist der Beklagten nicht zur Last zu legen. Auch in dieser Hinsicht fehlt es - über das "bloße Nichtstun" hinaus - an der Schaffung eines Vertrauenstatbestandes bis zum Abschluss des Nachversicherungsverfahrens.

42

3. Die Höhe des Anspruchs haben die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat unstreitig gestellt. Die Beklagte hat den Säumniszuschlag auf den Betrag von 1778,00 Euro reduziert. Die Klägerin hat dieses Teilanerkenntnis der Beklagten angenommen, so dass der Rechtsstreit in der Hauptsache insoweit erledigt ist (§ 101 Abs 2 SGG).

43

4. Ob und inwieweit die Beklagte der Klägerin den entstandenen Säumniszuschlag erlassen darf, wenn dessen Einziehung nach Lage des Einzelfalls unbillig wäre (§ 76 Abs 2 Nr 3 SGB IV), ist im Rahmen des Einziehungsverfahrens zu entscheiden.

44

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 SGG, da die Beteiligten nicht zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören. Der Klägerin waren gemäß §§ 154 Abs 2, 162 Verwaltungsgerichtsordnung iVm § 197a Abs 1 Halbs 3 SGG die Kosten des ganz überwiegend ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels aufzuerlegen. Die Klägerin ist als Land von der Zahlung der Gerichtskosten gemäß § 2 Abs 1 des Gerichtskostengesetzes befreit.

Versicherungspflichtig sind selbständig tätige

1.
Lehrer und Erzieher, die im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen,
2.
Pflegepersonen, die in der Kranken-, Wochen-, Säuglings- oder Kinderpflege tätig sind und im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen,
3.
Hebammen und Entbindungspfleger,
4.
Seelotsen der Reviere im Sinne des Gesetzes über das Seelotswesen,
5.
Künstler und Publizisten nach näherer Bestimmung des Künstlersozialversicherungsgesetzes,
6.
Hausgewerbetreibende,
7.
Küstenschiffer und Küstenfischer, die zur Besatzung ihres Fahrzeuges gehören oder als Küstenfischer ohne Fahrzeug fischen und regelmäßig nicht mehr als vier versicherungspflichtige Arbeitnehmer beschäftigen,
8.
Gewerbetreibende, die in die Handwerksrolle eingetragen sind und in ihrer Person die für die Eintragung in die Handwerksrolle erforderlichen Voraussetzungen erfüllen, wobei Handwerksbetriebe im Sinne der §§ 2 und 3 der Handwerksordnung sowie Betriebsfortführungen auf Grund von § 4 der Handwerksordnung außer Betracht bleiben; ist eine Personengesellschaft in die Handwerksrolle eingetragen, gilt als Gewerbetreibender, wer als Gesellschafter in seiner Person die Voraussetzungen für die Eintragung in die Handwerksrolle erfüllt,
9.
Personen, die
a)
im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen und
b)
auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind; bei Gesellschaftern gelten als Auftraggeber die Auftraggeber der Gesellschaft.
Als Arbeitnehmer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1, 2, 7 und 9 gelten
1.
auch Personen, die berufliche Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen beruflicher Bildung erwerben,
2.
nicht Personen, die geringfügig beschäftigt sind,
3.
für Gesellschafter auch die Arbeitnehmer der Gesellschaft.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

(2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. In diesem Fall legt das Sozialgericht die Berufungsschrift oder das Protokoll mit seinen Akten unverzüglich dem Landessozialgericht vor.

(3) Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

Versicherungspflichtig sind selbständig tätige

1.
Lehrer und Erzieher, die im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen,
2.
Pflegepersonen, die in der Kranken-, Wochen-, Säuglings- oder Kinderpflege tätig sind und im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen,
3.
Hebammen und Entbindungspfleger,
4.
Seelotsen der Reviere im Sinne des Gesetzes über das Seelotswesen,
5.
Künstler und Publizisten nach näherer Bestimmung des Künstlersozialversicherungsgesetzes,
6.
Hausgewerbetreibende,
7.
Küstenschiffer und Küstenfischer, die zur Besatzung ihres Fahrzeuges gehören oder als Küstenfischer ohne Fahrzeug fischen und regelmäßig nicht mehr als vier versicherungspflichtige Arbeitnehmer beschäftigen,
8.
Gewerbetreibende, die in die Handwerksrolle eingetragen sind und in ihrer Person die für die Eintragung in die Handwerksrolle erforderlichen Voraussetzungen erfüllen, wobei Handwerksbetriebe im Sinne der §§ 2 und 3 der Handwerksordnung sowie Betriebsfortführungen auf Grund von § 4 der Handwerksordnung außer Betracht bleiben; ist eine Personengesellschaft in die Handwerksrolle eingetragen, gilt als Gewerbetreibender, wer als Gesellschafter in seiner Person die Voraussetzungen für die Eintragung in die Handwerksrolle erfüllt,
9.
Personen, die
a)
im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen und
b)
auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind; bei Gesellschaftern gelten als Auftraggeber die Auftraggeber der Gesellschaft.
Als Arbeitnehmer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1, 2, 7 und 9 gelten
1.
auch Personen, die berufliche Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen beruflicher Bildung erwerben,
2.
nicht Personen, die geringfügig beschäftigt sind,
3.
für Gesellschafter auch die Arbeitnehmer der Gesellschaft.

(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt.

(2) Das Landessozialgericht kann in dem Urteil über die Berufung von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(3) Das Urteil ist von den Mitgliedern des Senats zu unterschreiben. Ist ein Mitglied verhindert, so vermerkt der Vorsitzende, bei dessen Verhinderung der dienstälteste beisitzende Berufsrichter, dies unter dem Urteil mit Angabe des Hinderungsgrunds.

(4) Das Landessozialgericht kann, außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1, die Berufung durch Beschluß zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören. § 158 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5) Der Senat kann in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1 durch Beschluss die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.

Versicherungspflichtig sind selbständig tätige

1.
Lehrer und Erzieher, die im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen,
2.
Pflegepersonen, die in der Kranken-, Wochen-, Säuglings- oder Kinderpflege tätig sind und im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen,
3.
Hebammen und Entbindungspfleger,
4.
Seelotsen der Reviere im Sinne des Gesetzes über das Seelotswesen,
5.
Künstler und Publizisten nach näherer Bestimmung des Künstlersozialversicherungsgesetzes,
6.
Hausgewerbetreibende,
7.
Küstenschiffer und Küstenfischer, die zur Besatzung ihres Fahrzeuges gehören oder als Küstenfischer ohne Fahrzeug fischen und regelmäßig nicht mehr als vier versicherungspflichtige Arbeitnehmer beschäftigen,
8.
Gewerbetreibende, die in die Handwerksrolle eingetragen sind und in ihrer Person die für die Eintragung in die Handwerksrolle erforderlichen Voraussetzungen erfüllen, wobei Handwerksbetriebe im Sinne der §§ 2 und 3 der Handwerksordnung sowie Betriebsfortführungen auf Grund von § 4 der Handwerksordnung außer Betracht bleiben; ist eine Personengesellschaft in die Handwerksrolle eingetragen, gilt als Gewerbetreibender, wer als Gesellschafter in seiner Person die Voraussetzungen für die Eintragung in die Handwerksrolle erfüllt,
9.
Personen, die
a)
im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen und
b)
auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind; bei Gesellschaftern gelten als Auftraggeber die Auftraggeber der Gesellschaft.
Als Arbeitnehmer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1, 2, 7 und 9 gelten
1.
auch Personen, die berufliche Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen beruflicher Bildung erwerben,
2.
nicht Personen, die geringfügig beschäftigt sind,
3.
für Gesellschafter auch die Arbeitnehmer der Gesellschaft.

(1) Ansprüche auf Beiträge verjähren in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden sind. Ansprüche auf vorsätzlich vorenthaltene Beiträge verjähren in dreißig Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden sind.

(2) Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs sinngemäß. Die Verjährung ist für die Dauer einer Prüfung beim Arbeitgeber gehemmt; diese Hemmung der Verjährung bei einer Prüfung gilt auch gegenüber den auf Grund eines Werkvertrages für den Arbeitgeber tätigen Nachunternehmern und deren weiteren Nachunternehmern. Satz 2 gilt nicht, wenn die Prüfung unmittelbar nach ihrem Beginn für die Dauer von mehr als sechs Monaten aus Gründen unterbrochen wird, die die prüfende Stelle zu vertreten hat. Die Hemmung beginnt mit dem Tag des Beginns der Prüfung beim Arbeitgeber oder bei der vom Arbeitgeber mit der Lohn- und Gehaltsabrechnung beauftragten Stelle und endet mit der Bekanntgabe des Beitragsbescheides, spätestens nach Ablauf von sechs Kalendermonaten nach Abschluss der Prüfung. Kommt es aus Gründen, die die prüfende Stelle nicht zu vertreten hat, zu einem späteren Beginn der Prüfung, beginnt die Hemmung mit dem in der Prüfungsankündigung ursprünglich bestimmten Tag. Die Sätze 2 bis 5 gelten für Prüfungen der Beitragszahlung bei sonstigen Versicherten, in Fällen der Nachversicherung und bei versicherungspflichtigen Selbständigen entsprechend. Die Sätze 1 bis 5 gelten auch für Prüfungen nach § 28q Absatz 1 und 1a sowie nach § 251 Absatz 5 und § 252 Absatz 5 des Fünften Buches.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 14. Mai 2009 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert wird auf 6081,97 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die von der Beklagten (Deutsche Rentenversicherung Bund) festgestellte Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 1. bis 4. und zu 6. für die Zeit ihrer praktischen Fahrlehrerausbildung in seiner Ausbildungsfahrschule sowie die hierauf bezogene Beitragsforderung.

2

Der Kläger betreibt eine Ausbildungsfahrschule, in der er in den Jahren 2002 bis 2005 ua die oa Beigeladenen als Fahrlehreranwärter für die Fahrlehrerlaubnis der Klasse BE ausbildete. Bewerber um diese Fahrlehrerlaubnis müssen sich entsprechend dem Gesetz über das Fahrlehrerwesen (FahrlG) nach fünfmonatiger Ausbildung in einer Fahrlehrerausbildungsstätte zusätzlich einer viereinhalbmonatigen Ausbildung in einer Ausbildungsfahrschule unterziehen; die letztgenannte (praktische) Ausbildung wird durch zwei einwöchige Lehrgänge in einer Fahrlehrerausbildungsstätte unterbrochen bzw abgeschlossen. Nach dem Besuch der Fahrlehrerausbildungsstätte sind eine fahrpraktische Prüfung und eine Fachkundeprüfung zu bestehen, um zunächst eine befristete Fahrlehrerlaubnis zu erhalten, die dann Voraussetzung für die praktische Ausbildung ist. Am Ende der Ausbildung steht nach erfolgreich abzuleistenden Lehrproben im theoretischen und fahrpraktischen Unterricht der Erwerb der (unbefristeten) Fahrlehrerlaubnis.

3

Der Kläger schloss mit den Beigeladenen "Praktikumsverträge", aufgrund derer ihre Tätigkeit in der Fahrschule mit bis zu 410 Euro monatlich vergütet wurde, soweit ihnen anderweitige Einkünfte zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts nicht gewährt wurden. Die Beigeladenen hospitierten zunächst im Betrieb des Klägers und erteilten dann dort eigenständig theoretischen und praktischen Fahrunterricht. Ihre regelmäßige Anwesenheit betrug ca 14 Wochenstunden (vorgeschriebene Gesamtstundenzahl mindestens 360 Stunden; Freitag idR "Studientag" zur freien Verfügung). Die Dauer des Praktikums sollte viereinhalb Monate nicht unter- und neun Monate nicht überschreiten. Die tatsächliche Länge des Praktikums hing davon ab, wann sich der jeweilige Fahrlehreranwärter zur abschließenden Prüfung befähigt sah. Im Einzelnen ergaben sich folgende Ausbildungszeiten im Betrieb des Klägers:

  Beigeladener zu 1.:           1.1.2003 bis 21.5.2003       
  Beigeladener zu 2.:           1.5.2005 bis 13.10.2005       
  Beigeladener zu 3.:           15.7.2004 bis 12.1.2005       
  Beigeladener zu 4.:           1.1.2002 bis 26.2.2003       
  Beigeladener zu 6.:           11.7.2005 bis 31.8.2005       
4

Nach einer 2006 durchgeführten Betriebsprüfung für die Jahre 2002 bis 2005 stellte die Beklagte die grundsätzliche Versicherungspflicht der genannten Beigeladenen während der Ausbildung im Betrieb des Klägers fest und forderte von diesem sich hieraus ergebende Beiträge zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie zur Bundesagentur für Arbeit nach (insgesamt 6081,97 Euro): Die Tätigkeit der beigeladenen Fahrlehreranwärter in einer Ausbildungsfahrschule sei nicht lediglich integrierter Bestandteil einer schulischen Berufsausbildung zum Fahrlehrer und stelle auch kein versicherungsfreies Praktikum dar (Bescheid vom 24.7.2006; Widerspruchsbescheid vom 28.6.2007). Das SG hat der dagegen gerichteten Anfechtungsklage stattgegeben, weil die Beigeladenen auch während ihrer Tätigkeit im Betrieb des Klägers - die als in das Fachstudium bei der Fahrlehrerausbildungsstätte eingebettetes Praktikum in der Ausbildungsfahrschule zu qualifizieren sei - als Studierende versicherungsfrei gewesen seien (Urteil vom 24.4.2008).

5

Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG das Urteil des SG geändert und die Klage abgewiesen (Urteil vom 14.5.2009): Nach der Rechtsprechung des BSG seien Praktika nur dann versicherungsfreie Teile des Studiums, wenn das maßgebende Hochschul-, Fachhochschul- bzw Fachschulrecht die Praktika ausdrücklich als Teil des Studiums bezeichnet und deren Durchführung in der Hand der Hochschule, Fachhochschule bzw Fachschule liege oder wenn die Praktika durch Hochschul-, Fachhochschul- bzw Fachschulrecht oder durch die genannten Einrichtungen selbst geregelt und gelenkt werden. Vorliegend sei dies nicht der Fall gewesen. Hier habe insbesondere die Organisation des praktischen Ausbildungsabschnitts sowie die inhaltliche Verantwortung ausschließlich der Ausbildungsfahrschule oblegen. Insoweit handele es sich nur um einen einheitlichen Ausbildungsgang, nicht aber um eine Sachlage, die einem (dualen) "Studiengang" vergleichbar sei. Zwischen dem theoretischen und praktischen Ausbildungsabschnitt bestehe eine deutliche Trennung, die einem in ein Studium eingebettetes Praktikum nicht entspreche. Die Beitragsforderung sei im Übrigen trotz zuvor ohne Beanstandungen durchgeführter Betriebsprüfungen nicht verwirkt.

6

Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung von § 6 Abs 1 Nr 3 SGB V, § 20 Abs 1 Satz 1 SGB XI iVm § 6 Abs 1 Nr 3 SGB V, § 27 Abs 4 Nr 2 SGB III und § 5 Abs 3 SGB VI sowie (sinngemäß) einen Verstoß gegen die Grundsätze über die Verwirkung: Entgegen der Ansicht des LSG seien die betroffenen Beigeladenen versicherungsfrei gewesen, weil es sich um Personen handele, die ein öffentlich-rechtlich geregeltes Praktikum ableisteten, welches in einer Studien- oder Prüfungsordnung vorgeschrieben und eng mit einer theoretischen Ausbildung verzahnt sei. Maßgeblich sei, dass der Beruf des Fahrlehrers nur nach erfolgreichem Absolvieren beider Ausbildungsabschnitte ergriffen werden könne. Die Grundsätze über einheitliche Studiengänge müssten auch bei sonstigen einheitlichen Ausbildungsgängen Anwendung finden. Unbeschadet dessen sei Verwirkung eingetreten, weil die Beklagte noch im März 2002 ausdrücklich bestätigt habe, dass die Versicherungs- und Beitragspflicht der Betroffenen in den Jahren 1998 bis 2001 im Betrieb zutreffend gehandhabt worden sei.

7

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 14. Mai 2009 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 24. April 2008 zurückzuweisen.

8

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend. Dass der Beruf des Fahrlehrers nur nach der Absolvierung beider Abschnitte der Ausbildung ergriffen werden könne, rechtfertige ebenso wenig Versicherungsfreiheit während des praktischen Ausbildungsabschnitts wie in den vom BSG entschiedenen Fällen des juristischen Vorbereitungsdienstes oder des Anerkennungsjahrs von Sozialarbeitern.

10

Die Beigeladenen zu 7. und 8. schließen sich - ohne selbst Anträge zu stellen - den Ausführungen der Beklagten an.

11

Die Beigeladene zu 16. hält - ebenfalls ohne eigene Antragstellung - das Urteil des LSG für zutreffend. Abzustellen sei allein darauf, ob entweder die Berufstätigkeit oder das Studium den Schwerpunkt der Tätigkeit ausmache.

12

Die übrigen Beigeladenen haben sich nicht geäußert oder ausdrücklich von einer Stellungnahme abgesehen.

Entscheidungsgründe

13

Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Zu Recht hat das LSG das Urteil des SG geändert und die Klage abgewiesen. Die von der Beklagten (Deutsche Rentenversicherung Bund) im Bescheidwege getroffene Feststellung der Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 1. bis 4. und zu 6. während der Dauer ihrer praktischen Fahrlehrerausbildung im Betrieb des Klägers ist ebenso rechtmäßig (hierzu 1.) wie die hierauf bezogene Beitragsforderung (hierzu 2.).

14

1. Die Beigeladenen zu 1. bis 4. und zu 6. waren während ihrer praktischen Fahrlehrerausbildung versicherungspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung (KV), der gesetzlichen Rentenversicherung (RV) und der sozialen Pflegeversicherung (sPV) sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung (hierzu a), denn sie waren zu ihrer Berufsausbildung (hierzu aa) im betrieblichen Rahmen (hierzu bb) Beschäftigte. Das folgt aus einer sozialversicherungsrechtlichen Würdigung der für die Ausbildung von Fahrlehrern geltenden Rechtsvorschriften des Bundesrechts in Verbindung mit den Feststellungen des LSG zur tatsächlichen Durchführung der Ausbildung. Dem steht nicht entgegen, dass die praktische Fahrlehrerausbildung etwa als Teil eines insgesamt die Versicherungspflicht nicht begründenden (Hoch-)Schulbildungsgangs zu betrachten wäre (hierzu cc). Die genannten - versicherungspflichtigen - Beigeladenen waren auch nicht aufgrund des sogenannten Werkstudentenprivilegs in diesen Versicherungszweigen versicherungsfrei (hierzu b).

15

a) Die Beigeladenen zu 1. bis 4. und zu 6. waren während der Dauer ihrer praktischen Fahrlehrerausbildung im Betrieb des Klägers versicherungspflichtig zur KV, RV, sPV und nach dem Recht der Arbeitsförderung. In den Jahren 2002 bis 2005, die hier im Streit stehen, unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt waren, nach § 2 Abs 2 Nr 1 SGB IV(Gesamtnorm idF durch Gesetz vom 26.6.2001, BGBl I 1310) in allen Zweigen der Sozialversicherung nach Maßgabe der besonderen Vorschriften für die einzelnen Versicherungszweige der Versicherungspflicht. Für die RV regelte § 1 Satz 1 Nr 1 Halbs 1 SGB VI(idF vom 19.2.2002, BGBl I 754, 1404, 3384) und im Arbeitsförderungsrecht § 25 Abs 1 SGB III(seit Einführung des SGB III zum 1.1.1998 unverändert) die Versicherungspflicht übereinstimmend mit § 2 Abs 2 Nr 1 SGB IV. In der KV und sPV waren Arbeiter, Angestellte und zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, ebenso versicherungspflichtig (§ 5 Abs 1 Nr 1 SGB V - seit In-Kraft-Treten zum 1.1.1989 unverändert; § 20 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB XI idF durch Gesetz vom 24.3.1997, BGBl I 594) wie Personen, die eine in Studien- oder Prüfungsordnungen vorgeschriebene berufspraktische Tätigkeit ohne Arbeitsentgelt verrichten, oder zur ihrer Berufsausbildung ohne Arbeitsentgelt Beschäftigte (§ 5 Abs 1 Nr 10 SGB V; § 20 Abs 1 Satz 2 Nr 10 SGB XI jeweils idF durch Gesetz vom 22.12.1999, BGBl I 2626). Nach § 7 Abs 1 Satz 1 SGB IV(in seiner bis heute unverändert geltenden Ursprungsfassung) ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach § 7 Abs 2 SGB IV gilt als Beschäftigung auch der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen betrieblicher Berufsbildung (im Folgenden einheitlich "Berufsausbildung").

16

aa) Die Beigeladenen zu 1. bis 4. und zu 6. standen während der streitigen Zeiträume ihrer praktischen Fahrlehrerausbildung iS der vorgenannten Normen in einer "Berufsausbildung" und galten nach § 7 Abs 2 SGB IV als Beschäftigte im Betrieb des Klägers. Dies folgt aus den für den Senat bindend (§ 163 SGG) festgestellten Tatsachen des LSG, die nicht mit Revisionsrügen angegriffen worden sind. Danach war Gegenstand der Tätigkeit der genannten Beigeladenen im Betrieb des Klägers der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen einer betrieblichen Berufsausbildung.

17

Was unter Berufsausbildung im Sinne der oben genannten Normen zu verstehen ist, ist weder in den Versicherungspflichttatbeständen selbst noch in § 7 Abs 2 SGB IV geregelt. Dies richtet sich grundsätzlich nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG; vgl BSGE 105, 56 = SozR 4-2400 § 7 Nr 11, RdNr 18; BSG SozR 3-2940 § 2 Nr 3 S 18; SozR 3-2600 § 1 Nr 7 S 9, 12, unter Bezugnahme auf BT-Drucks 7/4122 S 31),das für die praktische Ausbildung der Beigeladenen zu 1., 3. und 4. noch in der bis zum 31.3.2005 geltenden Fassung, für die am 1.5.2005 bzw 11.7.2005 begonnenen praktischen Ausbildungen der Beigeladenen zu 2. und 6. idF durch Gesetz vom 23.3.2005 (BGBl I 931 - BBiG 2005) Anwendung findet. Danach ist Berufsausbildung die für eine bestimmte Person erstmalige Vermittlung beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen im Hinblick auf eine bestimmte berufliche Tätigkeit in einem Berufsausbildungsverhältnis (§§ 1, 2 BBiG bzw §§ 1 und 3 BBiG 2005) oder - wenn die Betroffenen dem Anwendungsbereich des § 1 BBiG/BBiG 2005 nicht unterfallen(vgl Leinemann/Taubert, BBiG, 2. Aufl 2008, § 26 RdNr 1) - innerhalb eines anderen Vertragsverhältnisses nach § 19 BBiG bzw § 26 BBiG 2005(BSG SozR 3-2940 § 2 Nr 3 S 18; vgl auch BSG SozR 3-2600 § 1 Nr 7 S 9).

18

Dass es sich bei den von den genannten Beigeladenen absolvierten Ausbildungszeiten in einer Ausbildungsfahrschule um eine Berufsausbildung iS der eingangs zitierten Normen handelt, ergibt sich hinsichtlich des Merkmals "Vermittlung beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen im Rahmen einer betrieblichen Berufsausbildung" aus den bindenden Feststellungen des LSG, wonach die genannten Beigeladenen in der Ausbildungsfahrschule des Klägers den nach § 2 Abs 5 FahrlG für den Erwerb der Fahrlehrerlaubnis (hier der Klasse BE) vorgeschriebenen praktischen Teil der Fahrlehrerausbildung absolvierten. Diese ist nach den §§ 1, 2 FahrlG(hier § 1 idF durch Gesetz vom 24.4.1998, BGBl I 747; § 2 idF vom 29.10.2001, BGBl I 2785; bzgl der Beigeladenen zu 2. und 6. mWv 1.6. bzw 1.7.2005 §§ 1, 2 FahrlG idF durch Gesetz vom 3.5.2005, BGBl I 1221 bzw vom 21.6.2005, BGBl I 1818) Voraussetzung für den Erwerb der Fahrlehrerlaubnis, die für die Ausübung des Berufs des Fahrlehrers vorgeschrieben ist.

19

Dabei kann vorliegend offen bleiben, ob es sich bei der Ausbildung der Beigeladenen zu 1. bis 4. und 6. insgesamt oder im Einzelfall um eine berufliche Erstausbildung oder um eine Umschulung handelte. Nach der Rechtsprechung des Senats steht einer Berufsausbildung iS des § 7 Abs 2 SGB IV nämlich die berufliche Umschulung gleich, wenn die Umschulung für einen anerkannten Ausbildungsberuf erfolgt und nach den Vorschriften des BBiG betriebsgebunden durchgeführt wird(BSG SozR 3-2600 § 1 Nr 7 S 9; BSGE 58, 218, 220, 221 = SozR 2200 § 165 Nr 82 S 139). Diese Gleichstellung ist auf Bildungsgänge zu erstrecken, die nicht auf die Qualifikation für einen anerkannten Ausbildungsberuf iS des § 25 BBiG bzw § 4 BBiG 2005 gerichtet sind, sofern diese - wie die Ausbildung zum Fahrlehrer - zumindest innerhalb eines anderen Vertragsverhältnisses nach § 19 BBiG bzw § 26 BBiG 2005 durchgeführt wird. Denn nach der Rechtsprechung des BSG können auch (Erst-)Ausbildungsgänge oder Ausbildungsteile in nicht anerkannten Ausbildungsberufen Berufsausbildung iS des § 7 Abs 2 SGB IV sein, wenn berufliche Kenntnisse im Rahmen betrieblicher Berufsbildung vermittelt werden(vgl zB zur einstufigen Juristenausbildung: BSGE 64, 130, 133 f = SozR 2200 § 1232 Nr 26; BSGE 66, 211, 212 f = SozR 3-2940 § 2 Nr 1; BSG SozR 3-2940 § 2 Nr 2; zum juristischen Vorbereitungsdienst außerhalb des Beamtenverhältnisses: BSG SozR 3-2940 § 2 Nr 3; BSG SozR 3-2500 § 8 Nr 2; zu einem Vorpraktikum zum Studium des Maschinenbauwesens: BSG SozR 3-2500 § 5 Nr 15; vgl auch BAG, Urteil vom 18.11.2008 - 3 AZR 192/07 - NZA 2009, 435 zum Studiengang Diplom-Betriebswirt ). Ähnlich verhält es sich hier.

20

bb) Die streitbefangene praktische Fahrlehrerausbildung erfüllt auch den Tatbestand einer "betrieblichen" Berufsausbildung iS des § 7 Abs 2 SGB IV(zum Begriff vgl näher bereits BSG SozR 3-2600 § 1 Nr 7). So handelt es sich bei dem Ort der Ausbildung, den Ausbildungsfahrschulen, nach § 21a FahrlG(in der seither unveränderten Fassung durch Gesetz vom 24.4.1998, BGBl I 747) um "normale" Fahrschulen, an denen Fahrlehrer mit befristeter Fahrlehrerlaubnis - zu ihrer Ausbildung - tätig sind, mithin um Betriebe der Wirtschaft iS von § 1 Abs 5 BBiG bzw § 2 Abs 1 Nr 1 BBiG 2005(zum Begriff vgl Leinemann/Taubert, aaO § 2 BBiG RdNr 5). Dies gilt nach den vom LSG festgestellten Tatsachen auch für die Fahrschule des Klägers, in deren Dienstleistungsprozess (= Ausbildung von Fahrschülern) die Beigeladenen zu 1. bis 4. und 6. zu ihrer Ausbildung eingegliedert waren.

21

cc) Einer Qualifikation der praktischen Fahrlehrerausbildung als betriebliche Berufsausbildung iS des § 7 Abs 2 SGB IV steht nicht entgegen, dass sie etwa wegen der Verknüpfung mit der theoretischen Ausbildung in einer Fahrlehrerausbildungsstätte als unselbstständiger Bestandteil einer - insgesamt nicht betrieblichen - Hochschul- oder allgemeinen Schulausbildung nach § 2 Abs 1 BBiG bzw § 3 BBiG 2005 vom Anwendungsbereich des BBiG bzw BBiG 2005 ausgenommen wäre.

22

Bereits in der Vergangenheit hat sich das BSG mit den Konsequenzen eines zeitlichen oder organisatorischen Zusammenhangs einer praktischen Tätigkeit mit einer nicht betrieblichen Ausbildung für die Versicherungspflicht dieser praktischen Tätigkeit befasst. In diesen Fällen handelte es sich vorwiegend um Ausbildungen, die als Studium an einer Hochschule oder (staatlich anerkannten) Fachhochschule durchgeführt wurden (vgl die Übersicht zur Rspr des BSG und BAG: BSGE 105, 56 = SozR 4-2400 § 7 Nr 11, RdNr 20 f sowie zur Rspr des BSG bis 1994: BSG SozR 3-2500 § 5 Nr 15 S 49). Dabei hat der Senat in Fällen von Praxisphasen, die während eines klassischen Studiengangs absolviert wurden (soweit keine Besonderheiten vorlagen), Versicherungspflicht wegen Beschäftigung angenommen oder diese unterstellt (vgl BSG SozR 2200 § 172 Nr 12 und Nr 15). In einem Fall zweistufiger Juristenausbildung, in dem der juristische Vorbereitungsdienst außerhalb eines Beamtenverhältnisses (und ohne Bezug zum Universitätsstudium) zurückgelegt wurde, hat der Senat eine Beschäftigung iS von § 7 Abs 2 SGB IV angenommen(BSG SozR 3-2940 § 2 Nr 3 S 19 f). Das BSG hat auch die Rechtspraktika von Absolventen einstufiger Juristenausbildungen als Beschäftigung zur Berufsausbildung iS des § 7 Abs 2 SGB IV angesehen(grundlegend BSGE 64, 130, 133 ff = SozR 2200 § 1232 Nr 26 S 75 ff; zuletzt BSG SozR 3-2940 § 2 Nr 7 S 35 mwN). Hierbei hat es sich auf die Rechtsprechung des BAG zum BBiG gestützt, wonach berufliche (Zwischen)Praktika ausnahmsweise keine Beschäftigung darstellen, wenn sie aufgrund landesrechtlicher Vorschriften in die Hochschul- oder Fachhochschulausbildung eingegliedert und deshalb als Teil des Studiums anzusehen sind, für den § 19 BBiG(nunmehr § 26 BBiG 2005) nicht gilt (BAGE 26, 198; 35, 173; vgl zuletzt BAG, Urteil vom 18.11.2008 - 3 AZR 192/07 - NZA 209, 435).Jedoch ist ein Beschäftigungsverhältnis nach § 7 Abs 2 SGB IV mangels (betrieblicher) Berufsbildung nur zu verneinen, wenn die praktische Ausbildung im Wesentlichen nichtbetrieblich, also durch die Ausbildungsstätte Hochschule oder Fachhochschule geregelt und gelenkt wird (vgl erneut BSGE 64, 130, 133 ff = SozR 2200 § 1232 Nr 26 S 75 ff; BSG SozR 3-2940 § 2 Nr 7 S 35). Hierauf aufbauend hat der Senat mit Urteil vom 1.12.2009 (BSGE 105, 56 = SozR 4-2400 § 7 Nr 11)entschieden, dass berufspraktische Phasen im Rahmen eines sogenannten praxisintegrierten Studiums keine Versicherungspflicht begründen, sofern sie sich infolge organisatorischer und/oder curricularer Verzahnung mit der theoretischen Hochschulausbildung als Bestandteil des Studiums darstellen (zur geplanten Schaffung einer in § 25 Abs 1 SGB III und § 5 Abs 4a SGB V geregelten künftig einheitlichen Versicherungspflicht von Teilnehmern an dualen Studiengängen vgl allerdings Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialbesetzbuch und anderer Gesetze, BR-Drucks 315/11 S 3 sowie S 26 f und S 28 f ). Dabei hat der Senat sich für die von ihm zu beurteilenden sozial(versicherungs)rechtlichen Zusammenhänge der zuvor genannten Rechtsprechung des BAG angeschlossen, die zuletzt unter Verweis auf § 3 Abs 2 Nr 1 BBiG 2005, wonach dieses Gesetz nicht für die Berufsbildung gilt, die in berufsqualifizierenden oder vergleichbaren Studiengängen an Hochschulen auf der Grundlage ua der Hochschulgesetze der Länder durchgeführt wird, die Anwendung des BBiG bzw BBiG 2005 ausgeschlossen hat, soweit die praktische Tätigkeit Teil eines Studiums ist(BAG NZA 2009, 435).

23

Vor diesem rechtlichen Hintergrund, der nicht lediglich auf den Bereich der Hochschulausbildungsgänge beschränkt ist, kann die Revision nicht erfolgreich sein, obwohl auch der Kläger eine enge Verzahnung von theoretischer und praktischer Ausbildung hervorhebt. Dem stehen die im Senatsurteil vom 1.12.2009 (aaO) aufgestellten Grundsätze entgegen, ohne dass es auf fehlende Feststellungen des LSG zu der für einen Ausschluss der geltend gemachten einheitlichen Ausbildung vom sachlichen Anwendungsbereich des BBiG bzw BBiG 2005 notwendigen schulrechtlichen Einordnung der Fahrlehrerausbildungsstätten ankommt. Jedenfalls stellt sich die in Ausbildungsfahrschulen zu absolvierende praktische Ausbildung entgegen der Ansicht des Klägers nicht als derart eng mit dem Besuch der Fahrlehrerausbildungsstätte verzahnt dar, dass sie als integraler Bestandteil des Besuchs der Ausbildungsstätte zu werten ist.

24

Zwar steht nach der eingangs zitierten Rechtsprechung der Annahme einer engen Verzahnung zwischen (hoch)schulischer und praktischer Ausbildung das - hier jeweils festgestellte - Vorliegen zweier eigenständiger Verträge über die theoretische und die praktische Ausbildung oder ein erheblicher zeitlicher Anteil der praktischen Ausbildung an der Gesamtausbildungszeit nicht entgegen, wenn die Auslegung des mit dem Ausbildungsbetrieb geschlossenen Vertrags und seine tatsächliche Durchführung ergibt, dass die praktische Ausbildung in das Studium eingegliedert ist (BSGE 105, 56 = SozR 4-2400 § 7 Nr 11, RdNr 23). Insoweit kommt es darauf an, ob das maßgebende Recht die praktische Ausbildung ausdrücklich als Teil der theoretischen Ausbildung bezeichnet (BSGE 64, 130, 134 = SozR 2200 § 1232 Nr 26 mit Nachweisen zur Rspr des BAG) und/oder die praktische Ausbildung im wesentlichen außerbetrieblich, also durch die Ausbildungsstätte (Hochschule), geregelt und gelenkt wird (BSGE 105, 56 = SozR 4-2400 § 7 Nr 11, RdNr 26). Solches ist zB anzunehmen, wenn der Inhalt der praktischen Ausbildung nach Maßgabe der Studien- bzw Ausbildungsordnung der (Hoch)Schule mit dieser abgestimmt und von dieser genehmigt werden muss, der Ausbildungsbetrieb und der Auszubildende während der Praxisphasen Kontakt zur (Hoch)Schule und deren Betreuern halten und sich die Aufgaben des Auszubildenden im Ausbildungsbetrieb an den Vorgaben der (Hoch)Schule orientieren (BSGE 105, 56 = SozR 4-2400 § 7 Nr 11, RdNr 24; vgl auch die Unterscheidung zwischen Praxis- und Studienzeiten in BSGE 66, 211, 212 f = SozR 3-2940 § 2 Nr 1). Soweit durch den Kläger oder im angegriffenen Urteil die zeitliche Gewichtung der theoretischen und praktischen Ausbildung und die Umklammerung letzterer durch Ausbildungsabschnitte in einer Fahrlehrerausbildungsstätte angesprochen werden, bilden diese im vorliegenden Zusammenhang kein geeignetes Unterscheidungsmerkmal (vgl bereits BSGE 64, 130, 139 = SozR 2200 § 1232 Nr 26).

25

Ob für die Annahme einer Integration der praktischen Ausbildung in die (Hoch)Schulausbildung die Feststellung einer staatlichen Anerkennung auch der praktischen Ausbildung notwendig ist, hat der Senat auch vor dem Hintergrund der dieses nahelegenden Rechtsprechung des BAG (BAG NZA 2009, 435; Urteil vom 18.11.2008 - 3 AZR 312/07) bisher offen gelassen (BSGE 105, 56 = SozR 4-2400 § 7 Nr 11, RdNr 25). Dies kann auch vorliegend offen bleiben, denn soweit das BAG im Rahmen nicht tragender Ausführungen der zitierten Entscheidungen (aaO) die Forderung nach solchen Feststellungen erhoben hat, bezog sich dies auf die Anerkennung der Prüfungsordnungen privater, staatlich anerkannter Hochschulen im Hinblick auf ihre Gleichwertigkeit mit denjenigen staatlicher Hochschulen nach Maßgabe des landesrechtlichen Hochschulrechts. Erst die Erstreckung der Anerkennung einer solchen Prüfungsordnung auch auf den praktischen Teil der Ausbildung erlaubt es, diese als integralen Bestandteil eines Studiengangs zu betrachten.

26

Die vom Kläger zu Gunsten einer einheitlichen schulischen Ausbildung angeführte Anerkennung einer Fahrlehrerausbildungsstätte durch die - landesrechtlich festgelegte - Erlaubnisbehörde nach § 22 FahrlG(idF durch Gesetz vom 24.4.1998, aaO, ebenso wie die nachfolgend zitierten Regelungen) ist hiermit schon nicht vergleichbar, denn sie ist nicht auf die Gleichstellung mit staatlichen Ausbildungsstellen bezogen. Sie umfasst auch nicht den Betrieb einer Ausbildungsfahrschule, der nach § 21a FahrlG - neben der allgemeinen Fahrschulerlaubnis - keiner Erlaubnis oder Anerkennung bedarf, sondern lediglich untersagt werden kann, wenn der Inhaber der Ausbildungsfahrschule oder der verantwortliche Leiter eines Ausbildungsbetriebs die persönlichen Anforderungen für die Ausbildung von Fahrlehrern mit befristeter Fahrlehrerlaubnis nicht erfüllt oder nicht dafür Sorge trägt, dass der Ausbildungsfahrlehrer seinen Verpflichtungen im Rahmen der Fahrlehrerausbildung nachkommt. Entsprechendes gilt nach § 9b FahrlG auch für die Tätigkeit als Ausbildungsfahrlehrer. Soweit darüber hinaus § 26 Abs 2 FahrlG(idF durch Gesetz vom 3.2.1976, aaO) iVm § 2 Abs 1 Fahrlehrer-Ausbildungsordnung(FahrlAusbO - zuletzt geändert am 7.8.2002, BGBl I 3267) die Genehmigung des Ausbildungsplans der Fahrlehrerausbildungsstätte vorsieht, umfasst weder dieser Ausbildungsplan noch die Genehmigung die praktische Ausbildung in der Ausbildungsfahrschule. Denn für diese ist nach dem auf Grundlage des § 9b Abs 4 FahrlG erlassenen § 3 Abs 1 FahrlAusbO die Aufstellung und gesonderte Genehmigung eines separaten Ausbildungsplans durch die Erlaubnisbehörde erforderlich.

27

Zu Recht hat das LSG die separaten und getrennt zu genehmigenden Ausbildungspläne als Argument gegen eine Einheit der Ausbildung in der Fahrlehrerausbildungsstätte und Ausbildungsfahrschule gewertet, weil gerade keine gemeinsame Regelung der theoretischen und praktischen Ausbildung erfolgt und der Inhalt der praktischen Ausbildung gerade nicht iS der oben genannten Indizien für eine Einheit beider Ausbildungsabschnitte der Genehmigung durch die Stätte der theoretischen Ausbildung bedarf. Für die Selbstständigkeit beider Ausbildungsabschnitte spricht insoweit auch, dass die Ausbildung in der Ausbildungsfahrschule weder im FahrlG, noch in der FahrlAusbO oder der Durchführungsverordnung zum FahrlG (vom 18.8.1998, BGBl I 2307 - hier idF durch die Verordnungen vom 29.10.2001, BGBl I 2785, vom 7.8.2002, BGBl I 3267 und vom 7.1.2004, BGBl I 43) als Teil der Ausbildung in der Fahrlehrerausbildungsstätte bezeichnet wird. Unterstrichen wird dies durch den als Anlage zu § 2 Abs 1 FahrlAusbO erlassenen Rahmenplan für die Fahrlehrerausbildung an Fahrlehrerausbildungsstätten(BGBl I 1998, 2322), nach dessen Abschnitt 1.6.6 der Fahrlehreranwärter zwar durch die Ausbildungsstätte auf die praktische Ausbildung vorzubereiten ist, ohne dass dort allerdings Organisation und Inhalt der Ausbildung in den Ausbildungsfahrschulen geregelt werden. Derartige Festlegungen finden sich vielmehr ausschließlich in § 3 Abs 1 FahrlAusbO. Eine rechtliche Verklammerung beider Ausbildungsteile erfolgt auch nicht durch das nach § 9a Abs 3 FahrlG vom Inhaber einer befristeten Fahrlehrerlaubnis über seine praktische Ausbildung zu führende Berichtsheft. Denn dieses ist ausschließlich durch den Ausbildungsfahrlehrer und den Inhaber bzw verantwortlichen Leiter der Ausbildungsfahrschule, aber gerade nicht durch Personal der Fahrlehrerausbildungsstätte abzuzeichnen. Gleichzeitig schreibt auch Abschnitt 1.7 (Auswertung der Erfahrungen aus der praktischen Ausbildung) des Rahmenplans nicht vor, dass dieses Gegenstand der beiden einwöchigen Kurse während und nach der praktischen Ausbildung ist. Dem LSG ist auch darin zu folgen, dass die konkrete Formulierung verschiedener Vorschriften des FahrlG darauf hindeutet, dass der Gesetz- bzw Verordnungsgeber Fahrlehrerausbildungsstätten und Ausbildungsfahrschulen als organisatorisch unabhängige Ausbildungseinrichtungen sowie die dort jeweils durchgeführten Ausbildungsabschnitte als unabhängig und gleichberechtigt nebeneinander stehend ansieht (vgl § 2 Abs 3 Satz 1 Nr 1 FahrlG: "Die Dauer der Ausbildung … beträgt … fünfeinhalb Monate in einer Fahrlehrerausbildungsstätte und viereinhalb Monate in einer Ausbildungsfahrschule"; § 2 Abs 5 Satz 1 - 3 FahrlG: "Der Bewerber … hat sich nach fünfmonatiger Ausbildung in einer Fahrlehrerausbildungsstätte zusätzlich einer viereinhalbmonatigen Ausbildung in einer Ausbildungsfahrschule zu unterziehen. Die Ausbildung in einer Ausbildungsfahrschule ist … durch einen einwöchigen Lehrgang in einer Fahrlehrerausbildungsstätte zu unterbrechen. Die Ausbildung des Bewerbers endet mit einem weiteren einwöchigen Lehrgang in einer Fahrlehrerausbildungsstätte nach Abschluss der Ausbildung in einer Ausbildungsfahrschule"; § 1 Satz 1 FahrlAusbO: "Die Ausbildung zum Fahrlehrer erfolgt in einer amtlich anerkannten Fahrlehrerausbildungsstätte und in einer Ausbildungsfahrschule").

28

Darüber hinaus spricht auch die vom LSG getroffene Feststellung, dass sich die vertraglichen Bindungen der Beigeladenen zu 1. bis 4. und 6. an die Fahrlehrerausbildungsstätte nicht von Anfang an auf alle drei theoretischen Ausbildungsabschnitte erstreckt haben, gegen eine Einheit der Ausbildung in der Fahrlehrerausbildungsstätte und in der Ausbildungsfahrschule und gegen eine Überordnung der erstgenannten Ausbildung. Andernfalls wäre eine regelmäßige Rückkehr der Fahrlehreranwärter an die zu Beginn der Ausbildung besuchte Fahrlehrerausbildungsstätte zu erwarten, die aber auch nach dem Wortlaut des § 2 Abs 5 Satz 2 und 3 FahrlG("Lehrgang in einer Fahrlehrerausbildungsstätte" statt "in der Fahrlehrerausbildungsstätte") nicht vorgeschrieben ist.

29

Schließlich sind auch die im Urteil des LSG wiedergegebenen Angaben der genannten Beigeladenen sowie der von einem Teil von ihnen besuchten Fahrlehrerausbildungsstätte, wonach nur einzelne von ihnen während der Ausbildung in der Ausbildungsfahrschule des Klägers Kontakt zu den Lehrern dieser Ausbildungsstätte gesucht haben und die Ausbildungsfahrschulen für den Inhalt der "Praktika" allein verantwortlich gewesen sind, nach Maßgabe der oben genannten Kriterien im Sinne einer Selbstständigkeit beider Ausbildungsabschnitte zu deuten.

30

Aufgrund dieser Erwägungen kann die praktische Fahrlehrerausbildung in der Ausbildungsfahrschule des Klägers nicht nur als unselbstständiger Bestandteil einer einheitlichen Fahrlehrerausbildung in einer Fahrlehrerausbildungsstätte angesehen werden und ist deshalb nicht von einer Qualifikation als betriebliche Berufsausbildung ausgeschlossen.

31

b) Die Beigeladenen zu 1. bis 4. und zu 6. waren während der Dauer ihrer Praktika zur Fahrlehrerausbildung im Betrieb des Klägers auch nicht etwa aufgrund des sogenannten Werkstudentenprivilegs nach § 6 Abs 1 Nr 3 SGB V, § 20 Abs 1 Satz 1 SGB XI iVm § 6 Abs 1 Nr 3 SGB V, § 5 Abs 3 SGB VI und § 27 Abs 4 Nr 2 SGB III versicherungsfrei.Diese - in der Revisionsbegründung allerdings in den Vordergrund gerückte - Frage nach der Versicherungsfreiheit als Praktikant stellt sich, wie der Senat zuletzt zu sogenannten praxisintegrierten dualen Studiengängen herausgestellt hat (BSGE 105, 56 = SozR 4-2400 § 7 Nr 11, RdNr 15), erst, wenn zuvor das Vorliegen eines - hier nach den Ausführungen unter a) zu bejahenden - Versicherungspflichttatbestandes wegen einer Beschäftigung (gegen Arbeitsentgelt oder zur Berufsausbildung) feststeht.

32

aa) Nach diesen Vorschriften sind in der GKV und sPV versicherungsfrei Personen, die während der Dauer ihres Studiums als ordentliche Studierende einer Hochschule oder einer der fachlichen Ausbildung dienenden Schule gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind (§ 6 Abs 1 Nr 3 SGB V in der seit 1989 unveränderten Fassung; für die sPV iVm § 20 Abs 1 Satz 1 SGB XI in der seit 1995 unveränderten Fassung). Die Beigeladenen zu 1. bis 4. und zu 6. erfüllen - auch soweit sie entgeltlich beschäftigt waren - nicht die genannten Voraussetzungen, denn sie waren während der streitigen praktischen Ausbildung nicht unmittelbar oder sinngemäß "ordentliche Studierende" einer - vorliegend allein in Frage kommenden - der fachlichen Ausbildung dienenden Schule (zum Begriff vgl BSG SozR 2200 § 172 Nr 17). Dabei kann offen bleiben, ob sie noch in einem fortbestehenden Vertragsverhältnis zur Ausbildungsstätte standen oder ob die Teilnahme an den beiden vorgeschriebenen einwöchigen Kursen erst während der Ausbildung in der Ausbildungsfahrschule in der zuvor besuchten oder einer anderen Ausbildungsstätte vereinbart worden ist. Denn dem insoweit maßgebenden Gesamtbild nach (vgl zu dessen Maßgeblichkeit nur BSG SozR 3-2500 § 5 Nr 15 S 49 ff mwN)waren sie während der praktischen Ausbildung nicht (mehr) Schüler einer Fahrlehrerausbildungsstätte. Vom Fortbestand einer Schüler- oder Studenteneigenschaft während einer praktischen Tätigkeit kann nämlich nur dann ausgegangen werden, wenn die Betroffenen ihrem gesamten Erscheinungsbild nach noch Schüler bzw Student sind, so dass die Ausbildung in der Schule oder das Studium die Hauptsache und die Beschäftigung die Nebensache ist (vgl nur BSG SozR 3-2500 § 5 Nr 15 S 51 mwN). Dies folgt ua aus dem Sinn des Werkstudentenprivilegs, idR kürzere, dem Studium oder dem Schulbesuch untergeordnete entgeltliche Beschäftigungen versicherungsfrei zu belassen (Peters in KassKomm, Stand der Einzelkommentierung April 2011, § 6 SGB V RdNr 39) und dadurch eine Kontinuität des Versicherungsgrundes zu gewährleisten (BSG Urteil vom 21.1.1987 - 7 RAr 10/86 - Die Beiträge 1987, 138).

33

In diesem Sinne waren die genannten Beigeladenen während der Beschäftigung in der Ausbildungsfahrschule des Klägers nicht mehr Schüler, sondern Beschäftigte. Denn sowohl nach den oben insbesondere unter 1. a) cc) dargestellten rechtlichen Regelungen über die Fahrlehrerausbildung wie auch nach den Feststellungen des LSG zu deren tatsächlicher Durchführung fand die Ausbildung der genannten Beigeladenen in dieser Zeit ausschließlich in der Ausbildungsfahrschule und nicht in der Fahrlehrerausbildungsstätte statt. Ein Fortbestand rechtlicher Beziehungen zu dieser war zudem nach den Ausbildungsvorschriften nicht notwendig und lag auch nur im Einzelfall vor. Auch wurde die schulische Ausbildung nicht etwa durch die praktische Ausbildung iS eines Zwischenpraktikums unterbrochen. Vielmehr folgt nach dem Wortlaut des § 2 Abs 5 FahrlG die praktische Ausbildung in der Ausbildungsfahrschule der theoretischen Ausbildung in einer Fahrlehrerausbildungsstätte und wird ihrerseits einmalig für eine Woche durch eine Woche der Auswertung der Erfahrungen aus der praktischen Ausbildung(Abschnitt 1.7 des Rahmenplans für die Fahrlehrerausbildung an Fahrlehrerausbildungsstätten, aaO) an einer - nicht notwendig derselben - Fahrlehrerausbildungsstätte unterbrochen. Dementsprechend schließt sich die weitere Woche an der Fahrlehrerausbildungsstätte erst nach Abschluss der Ausbildung in der Ausbildungsfahrschule an diese an. Demnach stand während der praktischen Ausbildung in der Ausbildungsfahrschule die Beschäftigung im Vordergrund.

34

bb) Da die Beigeladenen während ihrer Beschäftigung in der Ausbildungsfahrschule des Klägers ihrem Erscheinungsbild nach nicht mehr Schüler einer Fahrlehrerausbildungsstätte waren, liegt auch in der RV und nach dem Recht der Arbeitsförderung keine Versicherungsfreiheit wegen des Werkstudentenprivilegs vor. Denn versicherungsfrei in der RV sind danach nur Personen, die während der Dauer eines Studiums als ordentliche Studierende einer Fachschule oder Hochschule ein Praktikum ableisten, das in ihrer Studienordnung oder Prüfungsordnung vorgeschrieben ist (§ 5 Abs 3 Nr 1 SGB VI idF vom 19.2.2002, BGBl I 754) oder bis zum 31.7.2004 (§ 5 Abs 3 idF durch Gesetz vom 21.7.2004, BGBl I 1791) auch, wenn diese Personen ein Praktikum ohne Entgelt oder gegen ein Entgelt, das regelmäßig im Monat 325 Euro bzw ab 1.4.2003 monatlich 400 Euro nicht übersteigt, ableisten (§ 5 Abs 3 Nr 2 SGB VI idF vom 19.2.2002, aaO, bzw Gesetz vom 23.12.2002, BGBl I 4621). Versicherungsfrei nach dem Recht der Arbeitsförderung sind als Werkstudenten nur Personen, die während der Dauer ihrer Ausbildung an einer allgemeinbildenden Schule oder ihres Studiums als ordentliche Studierende einer Hochschule oder einer der fachlichen Ausbildung dienenden Schule eine Beschäftigung ausüben (§ 27 Abs 4 SGB III in der bisher nicht geänderten Fassung durch Gesetz vom 24.3.1997, BGBl I 594). Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt.

35

2. Die Beklagte hat - was zwischen den Beteiligten nicht umstritten ist - die aufgrund der Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 1. bis 4. und zu 6. während der Dauer ihrer Praktika zur Fahrlehrerausbildung im Betrieb des Klägers von diesem zu entrichtenden Beiträge der Höhe nach zutreffend festgestellt. Die mit Bescheid vom 24.7.2006 festgestellte Beitragsforderung für die Zeit zwischen dem 1.1.2002 und 31.12.2005 ist entgegen dem Revisionsvorbringen auch nicht verwirkt.

36

Das Rechtsinstitut der Verwirkung ist als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) auch für das Sozialversicherungsrecht und insbesondere für die Nachforderung von Beiträgen zur Sozialversicherung anerkannt (stRspr, vgl zuletzt BSG SozR 4-2400 § 24 Nr 5 RdNr 30 mwN). Die Verwirkung setzt als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung voraus, dass der Berechtigte die Ausübung seines Rechts während eines längeren Zeitraums unterlassen hat und weitere besondere Umstände hinzutreten, die nach den Besonderheiten des Einzelfalls und des in Betracht kommenden Rechtsgebietes das verspätete Geltendmachen des Rechts nach Treu und Glauben dem Verpflichteten gegenüber als illoyal erscheinen lassen. Solche, die Verwirkung auslösenden "besonderen Umstände" liegen vor, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten (Verwirkungsverhalten) darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nicht mehr geltend machen werde (Vertrauensgrundlage) und der Verpflichtete tatsächlich darauf vertraut hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt wird (Vertrauenstatbestand) und sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat (Vertrauensverhalten), dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (BSG, aaO, RdNr 31 mwN).

37

Eine Verwirkung scheitert hier bereits am Fehlen des Zeitmoments, also eines längeren Zeitraums, in dem die Beklagte die Ausübung ihres Rechts zur Geltendmachung rückständiger Beiträge unterlassen hätte. Es widerspräche der gesetzgeberischen Wertung, wenn entgegen dem durch § 28p Abs 1 Satz 1 Halbs 2 SGB IV(in der trotz zweimaliger Neubekanntmachung bisher unveränderten Fassung durch Gesetz vom 30.6.1995, BGBl I 890) angeordneten vierjährigen Prüfungsturnus bereits die - hier vorliegende - zeitnahe Geltendmachung von Nachforderungen aufgrund einer fristgerecht durchgeführten Prüfung ohne Weiteres als verspätetet anzusehen. Eine Verwirkung scheitert vorliegend zudem daran, dass ein Verwirkungsverhalten der Beklagten, das zum Zeitablauf hinzutreten muss, vom LSG ausdrücklich nicht festgestellt worden ist, ohne dass dagegen Revisionsrügen erhoben werden. Ein Vertrauenstatbestand ergibt sich insbesondere nicht aus vorangegangenen Betriebsprüfungen, die Aussagen bezüglich der Versicherungs- und Beitragspflichten ausschließlich zu früheren, abgelaufenen Zeiträumen treffen (vgl bereits BSGE 93, 119 = SozR 4-2400 § 22 Nr 2, RdNr 36 mwN; BSGE 47, 194, 198 = SozR 2200 § 1399 Nr 11). Zudem hatte die Beklagte nach den - nicht mit Revisionsrügen angegriffenen und daher für den Senat bindenden (§ 163 SGG) - Feststellungen des LSG zu keinem Zeitpunkt vor der hier streitgegenständlichen Betriebsprüfung in Bescheiden konkrete Aussagen zur Versicherungspflicht von Fahrlehreranwärtern gemacht.

38

3. Die Kostenentscheidung folgt, da weder der Kläger noch die Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören, aus § 197a Abs 1 Satz 1 Halbs 3 SGG iVm § 154 Abs 2, § 162 Abs 3 VwGO.

39

4. Der Streitwert für das Revisionsverfahren war gemäß § 197a Abs 1 Satz 1 Halbs 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 1 GKG in Höhe der streitigen Beitragsforderung festzusetzen.

Tatbestand

1

Im Streit steht die Verpflichtung der Klägerin zur Zahlung des Säumniszuschlags in Höhe von 1778,00 Euro wegen verspäteter Abführung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung im Rahmen der Nachversicherung.

2

Der juristische Vorbereitungsdienst als Rechtsreferendarin im Beamtenverhältnis auf Widerruf der 1969 geborenen G. R. (im Folgenden: Referendarin) bei der klagenden Freien und Hansestadt endete am 20.7.2000. Die Personalstelle für Referendare beim Hanseatischen Oberlandesgericht zeigte dem für Nachversicherungen zuständigen Personalamt/Zentrale Personaldienste der Klägerin (im Folgenden: Nachversicherungsstelle) an, dass die Referendarin ohne Anspruch auf Versorgung aus dem Dienst ausgeschieden war. Sie übermittelte die während dieses Zeitraums der versicherungsfreien Beschäftigung als Beamtin erzielten Gesamtbruttobezüge in Höhe von 63 154,95 DM. Diese Nachversicherungsanzeige vom 12.9.2000 ging bei der Nachversicherungsstelle der Klägerin am 7.12.2000 ein. Die Nachversicherungsstelle wandte sich mit mehreren Schreiben (vom 7.2.2002, 24.7.2002 und 10.10.2002) zur Ermittlung von Gründen für den Aufschub der Nachversicherung an die Referendarin; diese reagierte auf keines dieser Schreiben. Am 24.1.2003 übersandte die Klägerin der Beklagten (damals: Bundesversicherungsanstalt für Angestellte) die Bescheinigung über die Nachversicherung der Referendarin. Das nachzuversichernde Entgelt bezifferte die Klägerin mit 67 504,33 DM. Mit Wertstellung vom 10.2.2003 ging der Nachversicherungsbeitrag in Höhe von 6730,31 Euro (13 163,34 DM = 19,5% von 67 504,33 DM) bei der Beklagten ein.

3

Mit Schreiben vom 28.3.2003 (der Klägerin zugegangen am 2.4.2003) teilte die Beklagte der Klägerin mit, sie werde künftig Säumniszuschläge auf verspätet gezahlte Nachversicherungsbeiträge erheben, und verwies hierzu auf das beigefügte Informationsblatt "Säumniszuschläge auf verspätet gezahlte Nachversicherungsbeiträge". Hierin heißt es ua:

        

"Die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) weist mit dieser Information darauf hin, dass sie ihre bisherige Rechtsauffassung aufgibt und im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit und soziale Sicherung sowie dem Bundesrechnungshof künftig in allen Fällen der verspäteten Zahlung von Nachversicherungsbeiträgen Säumniszuschläge (§ 24 Viertes Buch Sozialgesetzbuch - SGB IV) erheben wird. …

        

Die Rentenversicherungsträger berücksichtigen die Ausführungen des Bundesministeriums des Innern in seinem Rundschreiben vom 27.4.1999 - DII6-224012/55 -, wonach Nachversicherungsschuldner spätestens drei Monate nach unversorgtem Ausscheiden des Beschäftigten aus dem Beschäftigungs- bzw Dienstverhältnis über den Aufschub oder die Durchführung der Nachversicherung entscheiden soll. Ein Säumniszuschlag wird deshalb nicht erhoben, wenn die Nachversicherungsbeiträge innerhalb von drei Monaten nach Eintritt der Voraussetzungen für die Nachversicherung gezahlt werden.
Frühester Zeitpunkt der Säumnis ist der 1.1.1995, weil seit diesem Zeitpunkt die Erhebung von Säumniszuschlägen nicht mehr im Ermessen der beitragsentgegennehmenden Stelle liegt, sondern von Gesetz wegen zu erfolgen hat."

4

Mit Bescheid vom 16.5.2003 erhob die Beklagte gemäß § 24 Abs 1 SGB IV den Säumniszuschlag in Höhe von 1841,50 Euro, wobei sie 29 Monate der Säumnis, gerechnet ab 21.10.2000, zugrunde legte. Die Höhe der Nachversicherungsschuld am 21.10.2000 wurde mit 12 451,64 DM (19,3% von 64 516,25 DM) beziffert.

5

Die vor dem SG Hamburg erhobene Klage (Urteil vom 25.1.2006 - S 10 RA 319/03) und die Berufung vor dem LSG Hamburg (Urteil vom 23.7.2008 - L 6 RA 64/06) blieben erfolglos. Das LSG Hamburg hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Klägerin habe in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG auf eine Anhörung (§ 24 Abs 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch) rechtswirksam verzichtet. Die Beklagte habe den streitigen Bescheid zu Recht auf § 24 Abs 1 SGB IV gestützt. Insofern werde der Rechtsprechung des BSG (Senatsurteil vom 12.2.2004 - SozR 4-2400 § 24 Nr 2)gefolgt. Ein Fall der Säumnis habe vorgelegen, weil die Klägerin die Beiträge zur Nachversicherung erst verspätet (am 10.2.2003) gezahlt habe. Der Nachversicherungsfall sei bereits ab dem unversorgten Ausscheiden der Referendarin aus dem Vorbereitungsdienst mit Bestehen der Zweiten juristischen Staatsprüfung am 20.7.2000 eingetreten. Mit Wirkung vom 21.7.2000 (§ 8 Abs 2 Satz 1 Nr 1, § 181 Abs 5 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch) sei sie deshalb nachzuversichern gewesen. Aufschubgründe gemäß § 184 Abs 2 SGB VI hätten nicht vorgelegen. Die Berechnung der Säumnis erst ab 21.10.2000 begünstige die Klägerin daher.

6

Ein Fall der unverschuldeten Unkenntnis der Klägerin von ihrer Pflicht zur Beitragszahlung iS von § 24 Abs 2 SGB IV, der der Erhebung des Säumniszuschlags entgegenstehe, habe die Klägerin nicht glaubhaft gemacht. Sie habe seit Erhalt der Anzeige der Personalstelle für Referendare am 7.12.2000 von der Zahlungspflicht gewusst und sei dennoch über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr untätig geblieben. Erst ab 7.2.2002 habe die Klägerin den Nachversicherungsvorgang bearbeitet. Sie habe selbst eingeräumt, dass der lange Zeitraum der Untätigkeit auf einer Fehlorganisation in der Personalverwaltung bzw auf einem Organisationsverschulden beruht habe. Hierfür spreche, dass die Klägerin in einer Vielzahl von Fällen (einige Hundert) die Nachversicherung verspätet durchgeführt habe. Auch im Zeitraum ab der erstmaligen Kontaktaufnahme mit der Referendarin (Schreiben vom 7.2.2002) bis zur Durchführung der Nachversicherung Anfang des Jahres 2003 habe keine unverschuldete Unkenntnis von der Zahlungspflicht vorgelegen. Die schuldhafte Kenntnis der Klägerin bis 6.2.2002 habe sich nicht dadurch in eine schuldlose Unkenntnis der Zahlungsverpflichtung mit der Folge schuldloser Säumnis gewandelt, dass die Referendarin auf keines der Schreiben der Klägerin reagiert habe. Die Klägerin hätte die Nachversicherungsbeiträge - wegen Fehlens von Aufschubgründen - sofort entrichten und so eine Säumnis vermeiden können. Der Klägerin sei es auch zumutbar gewesen, personelle oder verfahrensordnende Vorkehrungen zu treffen, um eine Verzögerung bei der Durchführung der Nachversicherung zu vermeiden.

7

Dem stehe auch nicht das Schreiben der Beklagten vom 28.3.2003 nebst Informationsblatt entgegen. Hierbei handele es sich lediglich um einen Hinweis auf die Rechtslage und weder um einen Verzicht auf den streitigen Säumniszuschlag noch um die Zusicherung, von dessen Erhebung abzusehen. Die Festsetzung des Säumniszuschlags sei auch nicht verwirkt. Zwar sei das Rechtsinstitut der Verwirkung als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 Bürgerliches Gesetzbuch) auch auf die Nachforderung von Beiträgen zur Sozialversicherung nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 14.7.2004 - SozR 4-2400 § 7 Nr 4) anzuwenden. Der Verwirkung stehe aber die seit Januar 1995 geltende Rechtspflicht des § 24 SGB IV zur Festsetzung von Säumniszuschlägen entgegen, wonach der Beklagten kein Ermessen mehr eingeräumt sei. Im Übrigen könnten besonderen Umständen, aus denen sich eine Unbilligkeit der Festsetzung des Säumniszuschlags im Einzelfall ergebe, nur durch Stundung oder Erlass (§ 76 Abs 2 Nr 1 bzw 3 SGB IV) Rechnung getragen werden. Einer lückenausfüllenden Anwendung des Rechtsinstituts der Verwirkung bedürfe es daher nicht. Insofern könne offen bleiben, ob es unbillig sei, wenn die Klägerin in einer Vielzahl von Fällen die Nachversicherung verspätet vorgenommen und die Beklagte es andererseits jahrelang unterlassen habe, diese Praxis durch die Erhebung von Säumniszuschlägen zu sanktionieren. Hinsichtlich der Höhe der getroffenen Festsetzung könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Klägerin begünstigt worden sei. Die Beklagte habe lediglich 29 Monate im Hinblick auf das Rundschreiben des Bundesministers des Innern vom 27.4.1999 (DII6-224012/55) berücksichtigt; tatsächlich seien aber 32 Monate (vom 21.7.2000 bis zur Wertstellung am 10.2.2003) der Säumnis zu berücksichtigen gewesen. Da sich der Beitragssatz im Jahre 2003 auf 19,5 % erhöht habe, ergebe dies eine höhere als die festgesetzte Nachversicherungsschuld (von 7631,82 anstelle von 7553,55 Euro).

8

Mit der vom Senat zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung von § 24 Abs 2 SGB IV. Sie ist der Meinung, das LSG habe den im Senatsurteil vom 12.2.2004 (BSG SozR 4-2400 § 24 Nr 2)aufgezeigten Anwendungsbereich der Norm auf Nachversicherungsbeiträge verkannt. Sie räumt ein, bis zum Beginn der Bearbeitung des Nachversicherungsvorgangs im Februar 2002 fahrlässig in Unkenntnis der Zahlungsverpflichtung gewesen zu sein. Allerdings sei die Verzögerung in der Bearbeitung ab Juli 2002 bis zur Zahlung der Nachversicherungsbeiträge im Februar 2003 allein auf die fehlende Mitwirkung der Referendarin zurückzuführen. Während dieses Zeitraums (acht Monate) habe die Klägerin die Säumnis daher nicht verschuldet; dies entspreche auch dem der Norm zugrunde liegenden Schuldnerschutz. Die Erhebung des Säumniszuschlags verletze den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) in Ausprägung der unzulässigen bzw rechtsmissbräuchlichen Rechtsausübung (venire contra factum proprium). Das Nachversicherungsverfahren sei mit Wertstellung der Beiträge am 10.2.2003 abgeschlossen worden. Erstmals mit Schreiben vom 28.3.2003 habe die Beklagte mitgeteilt, sie werde künftig Säumniszuschläge erheben. Eine Anpassung an die geänderte Verwaltungspraxis sei ihr für abgeschlossene Fälle weder tatsächlich möglich noch haushälterisch zumutbar. Schließlich sei der Anspruch auf den Säumniszuschlag verwirkt. Das Rechtsinstitut der Verwirkung sei auch auf die Festsetzung von Säumniszuschlägen anzuwenden. Die Beklagte habe über einen langen Zeitraum (von 1995 bis März 2003) unterlassen, Säumniszuschläge bei verspäteter Zahlung von Nachversicherungsbeiträgen entgegen bestehender Rechtspflicht zu erheben (Zeitmoment). Dieses dauerhafte Unterlassen sei bewusst und planmäßig erfolgt; im Nichtstun sei ein besonderer Umstand zu sehen (Umstandsmoment). Die Klägerin habe sowohl ihre Haushaltsplanung als auch ihre Aufbau- und Ablauforganisation auf das Nichtstun der Beklagten seit 1995 eingerichtet. Die Nacherhebung der Säumniszuschläge für alle Nachversicherungsfälle des Zeitraumes 1995 bis März 2003 führe zu einem unzumutbaren finanziellen Nachteil. Die Klägerin könne ihren Verpflichtungen aus Art 109 Grundgesetz (GG) und der landeseigenen Haushaltsordnung, den - ohnehin schon defizitären - Haushalt auszugleichen, nur erschwert nachkommen.

9

Die Beklagte hat den streitigen Säumniszuschlag in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auf den Betrag von 1778,00 Euro reduziert.

10

Die Klägerin hat das Teilanerkenntnis angenommen und beantragt,

        

die Urteile des Landessozialgerichts Hamburg vom 23.7.2008 und des Sozialgerichts Hamburg vom 25.1.2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 16.5.2003 vollständig aufzuheben.

11

Die Beklagte beantragt,

die Revision insoweit zurückzuweisen.

12

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und beruft sich hinsichtlich ihrer Verwaltungspraxis zusätzlich auf das Schreiben des Verbands Deutscher Rentenversicherungsträger (VDR) vom 14.4.2000 und auf das Rundschreiben des Bundesministeriums des Innern vom 27.4.1999 (DII6-224012/55).

Entscheidungsgründe

13

Die zulässige Revision der Klägerin ist nicht begründet.

14

1. Verfahrenshindernisse, die bei zulässiger Revision von Amts wegen zu beachten sind (vgl BSG SozR 4-1300 § 84 Nr 1 RdNr 22; BSG SozR 3-1500 § 158 Nr 3 S 12), stehen einer Sachentscheidung nicht entgegen. Die Klage ist zulässig, ohne dass es der Durchführung eines Vorverfahrens vor Erhebung der Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz) bedurfte. Die klagende Freie und Hansestadt führt die Klage als Land iS von § 78 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGG. Zu Recht hat die Beklagte den geforderten Säumniszuschlag durch Verwaltungsakt (Bescheid vom 16.5.2003) festgesetzt. Der für die Nachversicherung zuständige Rentenversicherungsträger ist berechtigt, auch gegenüber öffentlich-rechtlichen Arbeitgebern die Nachentrichtung der Beiträge durch Verwaltungsakt einzufordern (vgl BSG SozR 2400 § 124 Nr 6 S 18). Im Nachversicherungsverfahren anfallende Säumniszuschläge dürfen ebenfalls durch Verwaltungsakt und auch gegenüber öffentlich-rechtlichen Trägern geltend gemacht werden (vgl Senatsurteil vom 29.11.2007 - BSGE 99, 227 = SozR 4-2600 § 186 Nr 1).

15

Das LSG hat die Berufung der Beklagten zu Recht als zulässig erachtet (§ 143 SGG). Insbesondere liegt keine Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden vor (§ 144 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGG), so dass es auch bei der vorliegenden Beschwer von unter 10 000 Euro keiner Zulassung der Berufung bedurfte. Zwar sind an dem Rechtsstreit zwei juristische Personen des öffentlichen Rechts beteiligt. Es handelt sich jedoch um keinen Erstattungsanspruch; es geht nicht darum, "Leistungs-"Vorgänge wirtschaftlich rückgängig zu machen, um den erstattungsberechtigten Träger so zu stellen, wie er stünde, wenn er keine Auslagen (Kosten, Leistungen) erbracht hätte (Senatsurteil vom 6.5.1998 - SozR 3-1500 § 144 Nr 14 S 37 mwN). Säumniszuschläge dienen vor allem dem Zweck, der Säumnis bei Erfüllung von Zahlungspflichten entgegenzuwirken. Sie sind Druckmittel zur Sicherstellung eines geordneten Verwaltungsablaufs und der Beschaffung der hierfür benötigten Finanzmittel (BSG SozR 4-2500 § 266 Nr 4; BSGE 35, 78 = SozR Nr 1 zu § 397a RVO; BSG Urteil vom 23.10.1987 - 12 RK 11/86 - ZIP 1988, 984).

16

Der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids steht nicht entgegen, dass die Klägerin vor seinem Erlass nicht angehört worden ist (§ 24 Abs 1 SGB X). Nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG auf ihr Anhörungsrecht verzichtet. Der Senat hat bereits entschieden, dass ein solcher Verzicht wirksam ist (vgl Senatsurteil vom 29.11.2007 - BSGE 99, 227 = SozR 4-2600 § 186 Nr 1 mwN).

17

2. Die Voraussetzungen für den Anspruch der Beklagten auf Erhebung des Säumniszuschlags sind erfüllt (a); ein Fall unverschuldeter Unkenntnis von der Zahlungsverpflichtung hat die Klägerin nicht glaubhaft gemacht (b); aus dem Schreiben der Beklagten vom 28.3.2003 nebst Informationsblatt kann die Klägerin weder eine Zusicherung noch einen Verzicht herleiten (c); weder verstößt die Geltendmachung des Säumniszuschlags gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) noch liegt eine Verwirkung als Fall der unzulässigen Rechtsausübung vor (d).

18

a) Gemäß § 24 Abs 1 Satz 1 SGB IV ist für Beiträge, die der Zahlungspflichtige nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt hat, für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von 1 vH des rückständigen, auf 50 Euro nach unten abgerundeten Betrages zu zahlen.

19

Die Nachversicherungsbeiträge für die Referendarin waren seit 21.7.2000 fällig. Die Fälligkeit der Beiträge zur Nachversicherung richtet sich gemäß § 23 Abs 4 SGB IV nach § 184 Abs 1 Satz 1 SGB VI (§ 184 Abs 1 Satz 2 und 3 SGB IV - mit Wirkung vom 1.1.2008 eingefügt -, die spezielle Regelungen zum Beginn der Säumnis iS von § 24 SGB IV enthalten, sind vorliegend nicht anzuwenden). Danach werden die Beiträge gezahlt, wenn die Voraussetzungen für die Nachversicherung eingetreten sind und insbesondere keine Gründe für den Aufschub der Beitragszahlung vorliegen. Nachversicherungsschuldner und damit zahlungspflichtig ist die klagende Freie und Hansestadt als ehemaliger Dienstherr der Referendarin. Säumniszuschläge in Nachversicherungsfällen sind auch von Körperschaften des öffentlichen Rechts zu entrichten (vgl Senatsurteile vom 12.2.2004 - BSGE 92, 150 = SozR 4-2400 § 24 Nr 2, RdNr 10 ff; vom 17.4.2008 - BSGE 100, 215 = SozR 4-2400 § 25 Nr 2, RdNr 16). Die Voraussetzungen für die Nachversicherung liegen regelmäßig mit dem unversorgten Ausscheiden aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis (hier Beamtenverhältnis auf Widerruf im Vorbereitungsdienst) vor (§ 8 Abs 2 Nr 1 SGB VI).

20

Nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) war die Referendarin mit Ablauf des 20.7.2000 aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf im Vorbereitungsdienst ausgeschieden, so dass die Nachversicherungsschuld am 21.7.2000 entstanden war. Gründe für einen Aufschub der Beitragszahlung (§ 184 Abs 1 Satz 1 Halbs 2 SGB VI, § 184 Abs 2 Satz 1 Nr 1 bis 3 SGB VI)lagen nicht vor und sind von der Klägerin auch nicht behauptet worden. Damit entstand die Nachversicherungsschuld grundsätzlich am Folgetag des unversorgten Ausscheidens der Nachzuversichernden (vgl Senatsurteile vom 12.2.2004 - BSGE 92, 150 = SozR 4-2400 § 24 Nr 2, RdNr 23; vom 29.11.2007 - BSGE 99, 227 = SozR 4-2600 § 186 Nr 1, RdNr 27; vgl auch BSG SozR 3-2600 § 8 Nr 4 S 7 mwN). Der hiervon abweichend festgesetzte spätere Beginn der Säumnis (21.10.2000) - dem Rundschreiben des Bundesministers des Innern vom 27.4.1999 (DII6-224012/55) entsprechend - begünstigt die Klägerin und ist daher nicht zu beanstanden. Nach den bindenden Feststellungen des LSG sind die Nachversicherungsbeiträge erst am 10.2.2003, also verspätet bei der Beklagten eingegangen.

21

b) Der Erhebung des Säumniszuschlags steht auch keine unverschuldete Unkenntnis von der Zahlungspflicht der Nachversicherungsbeiträge entgegen.

22

aa) Seit der mit Wirkung vom 1.1.1995 eingefügten Neufassung von § 24 Abs 1 SGB IV (durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Sozialgesetzbuchs vom 13.6.1994 - 2. SGBÄndG, BGBl I, 1229) sind Säumniszuschläge bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen zwingend zu zahlen und ist ihre Erhebung nicht mehr - wie noch nach der Vorläufervorschrift - in das Ermessen des Versicherungsträgers gestellt. Die Neufassung lehnt sich an § 240 der Abgabenordnung an(vgl BT-Drucks 12/5187 S 30; Udsching in Hauck/Haines, SGB IV, Stand 2007, K § 24 RdNr 2). Gemäß § 24 Abs 2 SGB IV ist ein Säumniszuschlag jedoch dann nicht zu erheben, wenn eine Beitragsforderung durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellt wird, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte. Diese Vorschrift dient der Vermeidung unbilliger Härten (vgl Senatsurteil vom 12.2.2004 - BSGE 92, 150 = SozR 4-2400 § 24 Nr 2, RdNr 24 unter Bezugnahme auf Udsching aaO RdNr 10).

23

bb) Der unverschuldeten Unkenntnis von der Zahlungspflicht steht sowohl fahrlässiges wie auch vorsätzliches Verhalten iS von § 276 BGB entgegen. Bei Körperschaften des öffentlichen Rechts schließt das Außerachtlassen ausreichender organisatorischer Vorkehrungen (sog Organisa-tionsverschulden) eine unverschuldete Unkenntnis iS von § 24 Abs 2 SGB IV aus. Das Fehlen notwendiger organisatorischer Maßnahmen bedingt, dass sich die Organisation das Wissen einzelner Mitarbeiter zurechnen lassen muss (vgl Senatsurteile vom 17.4.2008 - BSGE 100, 215 = SozR 4-2400 § 25 Nr 2, RdNr 18; vom 29.11.2007 - BSGE 99, 227 = SozR 4-2600 § 186 Nr 1, RdNr 29; vom 12.2.2004 - BSGE 92, 150 = SozR 4-2400 § 24 Nr 2, RdNr 26; zum Verschuldensmaßstab vgl Udsching aaO RdNr 11; Segebrecht in Juris PraxisKomm, Stand 2006, § 24 SGB IV RdNr 32; VerbKomm, Stand 2008, § 24 SGB IV RdNr 5; Seewald in Kasseler Komm, Stand 2008, § 24 SGB IV RdNr 14a). Soweit in der Literatur die Frage aufgeworfen wird, ob erst Vorsatz die unverschuldete Unkenntnis von der Zahlungspflicht ausschließt (vgl Roßbach in Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Komm zum Sozialrecht, 2009, § 24 SGB IV RdNr 8), ergibt sich für diese Auffassung kein Anhaltspunkt in der Rechtsprechung des BSG (Urteile des 12. Senats vom 26.1.2005 - SozR 4-2400 § 14 Nr 7 RdNr 28 und vom 30.3.2000 - SozR 3-2400 § 25 Nr 7 S 35 f). Aus diesen Entscheidungen lässt sich eine Einengung des Verschuldensmaßstabes in § 24 Abs 2 SGB IV auf Vorsatz nicht herleiten. Lediglich die bei der Beurteilung des Vorsatzes iS des § 25 Abs 1 Satz 2 SGB IV (Verjährung der Ansprüche auf Beiträge) entwickelten Maßstäbe sind hiernach auch bei der Prüfung des subjektiven Tatbestandes von § 24 Abs 2 SGB IV anzuwenden; dh es ist eine konkret-individuelle Betrachtung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Dies aber gilt auch für die Prüfung der glaubhaft gemachten unverschuldeten Unkenntnis von der Zahlungspflicht der Nachversicherungsbeiträge.

24

cc) Unter Anlegung dieses Prüfmaßstabes sind die bindenden Feststellungen des LSG zur fahrlässigen Unkenntnis der Klägerin nicht zu beanstanden. Sie räumt selbst ein, die Unkenntnis von der Zahlungspflicht während des Zeitraumes der Nichtbearbeitung des Nachversicherungsvorganges bis zum 6.2.2002 verschuldet zu haben. Hieran zu zweifeln, besteht kein Anlass; das LSG ist davon ausgegangen, dass die Klägerin ein Organisationsverschulden, insbesondere eine Fehlorganisation in der Personalverwaltung zu vertreten hat.

25

Rechtsfehlerfrei hat das LSG für den anschließenden Zeitraum vom 7.2.2002 und auch ab Juli 2002 (wie von der Klägerin geltend gemacht) bis zum Zeitpunkt der Nachversicherung Anfang des Jahres 2003 festgestellt, dass die Klägerin ihre unverschuldete Unkenntnis von der Zahlungspflicht nicht glaubhaft gemacht hat. Zwar hat die Referendarin gegen ihre Auskunftspflicht gemäß § 28o Abs 1 SGB IV verstoßen, indem sie die Anfragen ab 7.2.2002 nach der Art ihrer Beschäftigung unbeantwortet ließ. Dennoch ist dem LSG zuzustimmen, dass sich die bis dahin bestandene verschuldete Unkenntnis nicht deshalb in eine unverschuldete Unkenntnis umgewandelt hat. Die Auffassung der Klägerin, dass ihr ein Verschulden spätestens ab dem Zeitpunkt nicht mehr hätte vorgeworfen können, ab dem sie mit einer Antwort der Referendarin hätte rechnen dürfen, überzeugt nicht. Der Klägerin wäre es durch einfache organisatorische Maßnahmen möglich und zumutbar gewesen, sich zeitnah die notwendige Kenntnis über das Vorliegen bzw Fehlen etwaiger Aufschubtatbestände zu verschaffen. Sie hätte die Bearbeitung des Nachversicherungsvorgangs durch geeignete Maßnahmen so vorantreiben können, dass die Nachversicherung innerhalb jener drei Monate erledigt worden wäre, die die Beklagte bei Ermittlung des für den Säumniszuschlag maßgebenden Zeitraums von vornherein unberücksichtigt gelassen hat.

26

Als eine solche Maßnahme hätte zB bereits das erste Schreiben der Klägerin im Februar 2002 gegen Zustellungsnachweis an die Referendarin verschickt werden können, verbunden mit der Ankündigung, die Nachversicherung für den Fall durchzuführen, dass nicht binnen einer angemessenen Frist ein Aufschubtatbestand mitgeteilt wird. Das Außerachtlassen jeglicher organisatorischer Vorkehrungen, wie etwa der Erlass einer Dienstanweisung, die auch Nachversicherungsfälle bei gänzlich fehlender Mitwirkung der Nachzuversichernden erfasst, erfüllt den Tatbestand eines fahrlässigen Organisationsverschuldens. Während des maßgeblichen Zeitraums kann die Klägerin daher keinen Schuldnerschutz geltend machen. Die Klägerin trifft die Pflicht, die gesetzlichen Voraussetzungen der Nachversicherung aufzuklären (§ 184 Abs 1 Satz 1 SGB VI), über Aufschubtatbestände zu entscheiden (§ 184 Abs 2 und 3 SGB VI) und die Beiträge zur Nachversicherung zu zahlen (§ 185 SGB VI). Das bedeutet, dass der Arbeitgeber die Beitragsschuld und deren Fälligkeit selbst zu ermitteln (vgl BSG vom 12.2.2004 - BSGE 92, 150, 156 = SozR 4-2400 § 24 Nr 2 RdNr 33)und bei Fälligkeit umgehend zu zahlen hat. Nur so sind Defizite im Haushalt des Rentenversicherungsträgers zu vermeiden.

27

c) Auch das Schreiben vom 28.3.2003 und das beigefügte Informationsblatt stehen dem Anspruch der Beklagten auf Erhebung des Säumniszuschlags nicht entgegen. Das Schreiben enthält weder eine Zusicherung noch einen Verzicht.

28

Wie das LSG zutreffend festgestellt hat, lässt sich diesem Schreiben eine Zusicherung (§ 34 Abs 1 Satz 1 SGB X) der Beklagten des Inhalts nicht entnehmen, dass sie die Festsetzung des Säumniszuschlags für die am 10.2.2003 eingegangenen Nachversicherungsbeiträge unterlassen werde. Ebenso wenig liegt in dem Schreiben ein Verzicht auf dessen Erhebung - etwa als Angebot einer Vereinbarung, eine Forderung nicht durchzusetzen (Erlassvertrag "pactum de non petendo", BSG vom 26.6.1980 - 5 RJ 70/90 - Juris RdNr 63). Hierfür gibt der Wortlaut weder des Schreibens noch des Informationsblattes etwas her, insbesondere auch nicht das in beiden verwendete Wort "künftig", aus dem die Klägerin herauslesen will, die Beklagte werde Säumniszuschläge nicht für zum Zeitpunkt des Schreibens abgeschlossene Nachversicherungsfälle - wie den der Referendarin - geltend machen. Eine derartige Einschränkung kann den Texten jedoch gerade deshalb nicht entnommen werden, weil die Beklagte dort ihre Erkenntnis mitteilt, sie sei - seit 1.1.1995 - gesetzlich verpflichtet, Säumniszuschläge auch in Nachversicherungsfällen zu erheben, und die Nachversicherungsschuldner seien verpflichtet, diese (auch ohne Aufforderung seitens der Beklagten) zu zahlen. Wenn die Beklagte damit gleichzeitig auf einen Teil der - nicht ohnehin verjährten (§ 25 SGB IV, s hierzu Senatsurteil vom 17.4.2008 - BSGE 100, 215 = SozR 4-2400 § 25 Nr 2, RdNr 24 f) - Säumniszuschläge hätte verzichten wollen, hätte dies in den Texten deutlich zum Ausdruck kommen müssen, etwa durch Angabe eines Stichtags. Dies ist hier nicht geschehen.

29

d) Das Geltendmachen des Säumniszuschlags widerspricht schließlich nicht dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB); es liegt keine Verwirkung als Fall der unzulässigen Rechtsausübung vor.

30

aa) Das Rechtsinstitut der Verwirkung ist als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) auch im Sozialversicherungsrecht (vgl BSGE 7, 199, 200; 34, 211, 213; 41, 275, 278; 59, 87, 94 = SozR 2200 § 245 Nr 4 S 22 f; BSGE 80, 41, 43 = SozR 3-2200 § 1303 Nr 6 S 17 f)und insbesondere für die Nachforderung von Beiträgen zur Sozialversicherung für zurückliegende Zeiten anerkannt (vgl BSGE 17, 173, 174 f; 21, 52, 55 f; BSGE 47, 194, 196 = SozR 2200 § 1399 Nr 11 S 15; BSGE 93, 119 = SozR 4-2400 § 22 Nr 2, RdNr 35).

31

Die Verwirkung setzt als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung (vgl Heinrichs in Palandt, BGB, 69. Aufl 2010, § 242 RdNr 87)voraus, dass der Berechtigte die Ausübung seines Rechts während eines längeren Zeitraumes unterlassen hat und weitere besondere Umstände hinzutreten, die nach den Besonderheiten des Einzelfalls und des in Betracht kommenden Rechtsgebietes das verspätete Geltendmachen des Rechts nach Treu und Glauben dem Verpflichteten gegenüber als illoyal erscheinen lassen (vgl BVerfGE 32, 305; BVerwGE 44, 339, 343; BFHE 129, 201, 202; BSGE 34, 211, 214; 35, 91, 95 mwN). Solche, die Verwirkung auslösenden "besonderen Umstände" liegen vor, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten (Verwirkungsverhalten) darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nicht mehr geltend machen werde (Vertrauensgrundlage) und der Verpflichtete tatsächlich darauf vertraut hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt wird (Vertrauenstatbestand) und sich infolge dessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat (Vertrauensverhalten), dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (vgl BSGE 47, 194, 196 = SozR 2200 § 1399 Nr 11 S 15 mwN; BSGE 80, 41, 43 = SozR 3-2200 § 1303 Nr 6 S 18; BVerwGE 44, 339, 343 f).

32

bb) Zwar ist der Klägerin insoweit zuzustimmen, dass das BSG noch nicht ausdrücklich die Frage entschieden hat, ob das Rechtsinstitut der Verwirkung auch auf Säumniszuschläge Anwendung findet. Nach den oben dargelegten Maßstäben bestehen hieran aber keine grundlegenden Zweifel. Für dessen Anwendbarkeit spricht bereits, dass die Hauptforderung (der durch Verwaltungsakt festgesetzte Nachversicherungsbeitrag) grundsätzlich der Verwirkung unterliegen kann, so dass dies erst recht für die Nebenforderung (Säumniszuschlag) gelten könnte. Letztendlich kann der Senat diese Frage aber unentschieden lassen, weil die aufgezeigten Voraussetzungen der Verwirkung nicht erfüllt sind. Es bedarf daher auch keiner abschließenden Entscheidung, ob der Anwendbarkeit des Grundsatzes der Verwirkung bereits entgegensteht, dass die seit 1995 geltende Neufassung des § 24 SGB IV eine gebundene Norm ist, die der Behörde keine Ermessensausübung mehr einräumt(vgl die in der Literatur vertretene Auffassung, die die Anwendbarkeit der Verwirkung grundsätzlich auf "verzichtbare" Rechte der Behörde im Verwaltungsrecht beschränkt: so Wolff/Bachof/Stober/Kluth, Verwaltungsrecht I, 12. Aufl 2007, § 37 RdNr 18; vgl Müller-Grune, Der Grundsatz von Treu und Glauben im Allgemeinen Verwaltungsrecht, 2006, S 116; aA Ossenbühl, NVwZ 1995, 547, 549 f; Kothe, VerwArch 88 <1998>, 456, 487 f). Auch wenn das LSG die Auffassung vertreten hat, dass mit Rücksicht auf die Möglichkeit eines haushaltsrechtlichen Erlasses des Säumniszuschlags (§ 76 Abs 2 Nr 3 SGB IV) es keiner "Lücken ausfüllenden" Anwendung des Rechtsinstituts der Verwirkung bedürfe, reichen die tatsächlichen Feststellungen des LSG noch aus, um das Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen zu verneinen.

33

cc) Grundsätzlich sind strenge Anforderungen an das Verwirkungsverhalten zu stellen, weil dem Interesse des Beitragsschuldners, das Ausmaß der wirtschaftlichen Belastung durch Beitragsnachforderungen in angemessenen Grenzen zu halten, bereits durch die "kurze", vierjährige Verjährungsfrist gemäß § 25 Abs 1 Satz 1 SGB IV hinreichend Rechnung getragen wird, die auch auf Säumniszuschläge bei nicht vorsätzlichem Handeln Anwendung findet(vgl Senatsurteile vom 12.2.2004 - BSGE 92, 150, 154 = SozR 4-2400 § 24 Nr 2 S 22, RdNr 19; vom 17.4.2008 - BSGE 100, 215 = SozR 4-2400 § 25 Nr 2, RdNr 24 mwN; während im Fall der vorsätzlichen Vorenthaltung der Beiträge die 30jährige Verjährungsfrist gemäß § 25 Abs 1 Satz 2 SGB IV gilt). Ein “bloßes Nichtstun" als Verwirkungsverhalten reicht regelmäßig nicht aus; ein konkretes Verhalten des Gläubigers muss hinzukommen, welches bei dem Schuldner die berechtigte Erwartung erweckt hat, dass eine Forderung nicht besteht oder nicht geltend gemacht wird (vgl BSG SozR 2200 § 1399 Nr 11 S 17; BSG vom 23.5.1989 - HV-Info 1989, 2030).

34

dd) Ein solches Verwirkungsverhalten der Beklagten, das bei der Klägerin das berechtigte Vertrauen begründen durfte, die Beklagte werde auch fortan keine Säumniszuschläge erheben, liegt nicht vor. Die Beklagte hatte es - entgegen ihrer Gesetzesbindung (Art 20 Abs 3 GG) - unterlassen, die seit 1995 bestehende zwingende Gesetzespflicht zur Erhebung von Säumniszuschlägen flächendeckend in die Praxis umzusetzen. Dieses rechtswidrige Unterlassen der Beklagten erfüllt nach den aufgezeigten Maßstäben weder die Anforderungen eines Vertrauen begründenden Verwirkungsverhaltens noch durfte die Klägerin das “bloße Nichtstun“ der Beklagten als bewusst und planmäßig erachten und deshalb darauf vertrauen, nicht zu Säumniszuschlägen herangezogen zu werden.

35

Zwar mag im Einzelfall auch ein bloßes Unterlassen dann ein schutzwürdiges Vertrauen begründen und zur Verwirkung eines Rechts führen, wenn der Schuldner das Nichtstun des Gläubigers nach den Umständen als bewusst und planmäßig betrachten darf (BSGE 45, 38, 48 = SozR 4100 § 40 Nr 17 S 55; BSGE 47, 194, 198 = SozR 2200 § 1399 Nr 11 S 17). Dies ist (BSGE 47 aaO) jedoch noch nicht einmal dann angenommen worden, wenn unterlassene Beitragszahlungen bei Betriebsprüfungen der Einzugsstellen nicht beanstandet wurden, sondern lediglich für den Fall erwogen worden, dass maßgebliche Personen der Geschäftsleitung entsprechende Erklärungen abgegeben hätten (BSGE 47 aaO, 199). Derartiges hat jedoch die Klägerin nie behauptet.

36

Keinesfalls kann das Schreiben vom 28.3.2003 mit dem beigefügten Informationsblatt kausal für ein Vertrauensverhalten der Klägerin im Sinne der oa Definition der Verwirkung gewesen sein. Denn selbst wenn aus dem Schreiben, wie die Klägerin meint, die Ankündigung zu entnehmen wäre, (gesetzwidrig) Säumniszuschläge lediglich in noch nicht abgeschlossenen Nachversicherungsfällen zu erheben, kann die zögerliche Bearbeitung des Nachversicherungsvorgangs der Referendarin in der Zeit zwischen Juli 2000 und Februar 2003 nicht auf einem durch das spätere Schreiben der Beklagten vom März 2003 gesetzten Vertrauen beruhen. Ein zeitlich früheres Verwirkungsverhalten der Beklagten hat die Klägerin weder vorgetragen noch ist es sonst ersichtlich.

37

Ebenso wenig ist ersichtlich, welches schutzwürdige Vertrauensverhalten die Klägerin auf der erstmals in dem Schreiben und dem Informationsblatt enthaltenen Aussage, die Beklagte habe bisher eine gegenteilige "Rechtsauffassung" gehabt, hätte aufbauen können. Dieses müsste zeitlich zwischen dem Eingang des Schreibens der Beklagten vom 28.3.2003 und dem Eingang des - hierzu nach Ansicht der Klägerin in Widerspruch stehenden - angefochtenen Säumniszuschlag-Bescheids vom 16.5.2003 liegen. Insoweit ist jedoch gleichfalls weder etwas vorgetragen noch sonst erkennbar.

38

Die vom Senat in Fortführung der einschlägigen Rechtsprechung aufgestellten strengen Maßstäbe für die Verwirkung einer Forderung der Beklagten gegenüber der Klägerin sind Ausdruck dessen, dass beide Beteiligte als Träger öffentlicher Verwaltung an das Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art 20 Abs 3 GG) gebunden sind. Deshalb kann sich der Schuldner in der Regel nicht auf den Fortbestand eines rechtswidrigen Zustandes berufen, sondern muss ebenso wie der Gläubiger darauf achten, dass öffentliche Mittel rechtmäßig und sachgerecht verwendet werden. Die Beteiligten unterliegen beide dem Gebot der rechtzeitigen und vollständigen Erhebung der Einnahmen und der Fälligkeit der Ausgaben (§ 67 Abs 1, 76 Abs 1 SGB IV; § 11 Abs 2 Landeshaushaltsordnung der Freien und Hansestadt Hamburg vom 23.12.1971, HmbGVBl 1972, 10). Ein Vertrauen auf die Beibehaltung einer als rechtswidrig erkannten Verwaltungspraxis verdient im Verhältnis zwischen Behörden regelmäßig keinen Vertrauensschutz (vgl BVerwGE 23, 25, 30; 27, 215, 217 f; 60, 208, 211).

39

Der Senat vermag sich aus den dargelegten Gründen auch nicht der Rechtsmeinung des SG Dresden (Urteil vom 1.11.2005 - S 32 R 661/05, rechtskräftig, unveröffentlicht) anzuschließen, wonach die geänderte Verwaltungspraxis der Beklagten für "alle künftigen Sachverhalte" (ab Kenntnis vom Informationsblatt der Beklagten am 2.4.2003) und nicht rückwirkend auf vor diesem Zeitpunkt gezahlte Nachversicherungsbeiträge Anwendung finden soll. Eine solche - rechtswidrige - Praxis verdient wie dargelegt keinen Vertrauensschutz.

40

ee) Da es mithin an einer für ein mögliches Vertrauensverhalten kausalen Vertrauensgrundlage fehlt, kann dahingestellt bleiben, ob die weiteren Voraussetzungen der Verwirkung erfüllt sind. Die Erhebung des Säumniszuschlags führt jedenfalls nicht zu einem unzumutbaren Nachteil der Klägerin. Einen finanziellen Nachteil hat die Klägerin nicht beziffert, sondern lediglich vorgetragen, dass es unzumutbar sei, Säumniszuschläge für den Zeitraum 1995 bis 2003 nachzuentrichten. Dem stehen allerdings mögliche Zinsvorteile im Haushalt der Klägerin durch die verspätete Entrichtung von Nachversicherungsbeiträgen gegenüber sowie die Vorteile, die die Klägerin durch die fehlende Heranziehung von Säumniszuschlägen in bereits verjährten Fällen hatte.

41

ff) Schließlich liegt auch kein Fall der unzulässigen Rechtsausübung hinsichtlich des von der Klägerin geltend gemachten Vorwurfs eines treuwidrigen Verhaltens in Form des "venire contra factum proprium" vor. Denn ein Verhalten, das zu eigenem früheren Verhalten in Widerspruch steht (s BSGE 65, 272, 277= SozR 4100 § 78 Nr 8 S 36 mwN), welches wiederum einen Vertrauenstatbestand geschaffen hat, aufgrund dessen die Klägerin berechtigterweise davon ausgehen durfte, Säumniszuschläge für verspätet gezahlte Nachversicherungsbeiträge würden auch nach der gesetzlichen Neuregelung nicht erhoben, ist der Beklagten nicht zur Last zu legen. Auch in dieser Hinsicht fehlt es - über das "bloße Nichtstun" hinaus - an der Schaffung eines Vertrauenstatbestandes bis zum Abschluss des Nachversicherungsverfahrens.

42

3. Die Höhe des Anspruchs haben die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat unstreitig gestellt. Die Beklagte hat den Säumniszuschlag auf den Betrag von 1778,00 Euro reduziert. Die Klägerin hat dieses Teilanerkenntnis der Beklagten angenommen, so dass der Rechtsstreit in der Hauptsache insoweit erledigt ist (§ 101 Abs 2 SGG).

43

4. Ob und inwieweit die Beklagte der Klägerin den entstandenen Säumniszuschlag erlassen darf, wenn dessen Einziehung nach Lage des Einzelfalls unbillig wäre (§ 76 Abs 2 Nr 3 SGB IV), ist im Rahmen des Einziehungsverfahrens zu entscheiden.

44

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 SGG, da die Beteiligten nicht zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören. Der Klägerin waren gemäß §§ 154 Abs 2, 162 Verwaltungsgerichtsordnung iVm § 197a Abs 1 Halbs 3 SGG die Kosten des ganz überwiegend ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels aufzuerlegen. Die Klägerin ist als Land von der Zahlung der Gerichtskosten gemäß § 2 Abs 1 des Gerichtskostengesetzes befreit.

Versicherungspflichtig sind selbständig tätige

1.
Lehrer und Erzieher, die im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen,
2.
Pflegepersonen, die in der Kranken-, Wochen-, Säuglings- oder Kinderpflege tätig sind und im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen,
3.
Hebammen und Entbindungspfleger,
4.
Seelotsen der Reviere im Sinne des Gesetzes über das Seelotswesen,
5.
Künstler und Publizisten nach näherer Bestimmung des Künstlersozialversicherungsgesetzes,
6.
Hausgewerbetreibende,
7.
Küstenschiffer und Küstenfischer, die zur Besatzung ihres Fahrzeuges gehören oder als Küstenfischer ohne Fahrzeug fischen und regelmäßig nicht mehr als vier versicherungspflichtige Arbeitnehmer beschäftigen,
8.
Gewerbetreibende, die in die Handwerksrolle eingetragen sind und in ihrer Person die für die Eintragung in die Handwerksrolle erforderlichen Voraussetzungen erfüllen, wobei Handwerksbetriebe im Sinne der §§ 2 und 3 der Handwerksordnung sowie Betriebsfortführungen auf Grund von § 4 der Handwerksordnung außer Betracht bleiben; ist eine Personengesellschaft in die Handwerksrolle eingetragen, gilt als Gewerbetreibender, wer als Gesellschafter in seiner Person die Voraussetzungen für die Eintragung in die Handwerksrolle erfüllt,
9.
Personen, die
a)
im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen und
b)
auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind; bei Gesellschaftern gelten als Auftraggeber die Auftraggeber der Gesellschaft.
Als Arbeitnehmer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1, 2, 7 und 9 gelten
1.
auch Personen, die berufliche Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen beruflicher Bildung erwerben,
2.
nicht Personen, die geringfügig beschäftigt sind,
3.
für Gesellschafter auch die Arbeitnehmer der Gesellschaft.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.