Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 21. Feb. 2017 - L 11 R 4192/15

bei uns veröffentlicht am21.02.2017

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 01.09.2015 abgeändert und der Bescheid der Beklagten vom 11.09.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.10.2015 aufgehoben.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten, ob beim Kläger aufgrund einer Tätigkeit bei der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen zu 1) vom 01.01.2013 bis 10.06.2014 Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung bestand.
Der am 31.10.1977 geborene Kläger ist als Rechtsanwalt tätig. Er war im Zeitraum vom 01.01.2012 bis 10.06.2014 an der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen zu 1) (H. & S. GmbH Rechtsanwaltsgesellschaft - Handelsregister bei dem Amtsgericht F. - HRB ...) als Gesellschafter mit einem Gesellschaftsanteil von 47,5 % beteiligt. Ein weiterer Rechtsanwalt hielt ebenfalls 47,5% der Anteile, ein Steuerberater und Wirtschaftsprüfer die übrigen 5%. Der Gesellschaftsvertrag sah in § 7 vor, dass in der Gesellschafterversammlung nach Geschäftsanteilen abgestimmt werde und je 1 EUR Geschäftsanteil eine Stimme gewähre. Gesellschafter, die keine Rechtsanwälte seien, hätten kein Stimmrecht.
Der Kläger war ab 01.01.2013 bei der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen zu 1) neben seiner anwaltlichen Tätigkeit als Prokurist tätig und erhielt hierfür monatlich pauschal 2.000 EUR. Ein schriftlicher Vertrag hierzu existiert nicht.
Im März 2013 übersandte der Kläger der Beklagten ein Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und wies darin darauf hin, dass er aus seiner Sicht als „Rechtsanwalt (Prokurist)“ selbstständig tätig sei. In einem anschließend übersandten Fragebogen zur Feststellung der Pflichtversicherung führte der Kläger aus, dass er als Prokurist voll weisungsbefugt sei und er typische rechtsanwaltliche Tätigkeiten ausübe. Die Leistungsabteilung der Beklagten bat deren Clearingstelle um Stellungnahme zum Sozialversicherungsverhältnis. Diese war der Auffassung, dass der Kläger in seiner Tätigkeit als Prokurist dem Personenkreis der abhängig Beschäftigten zuzuordnen sei. Mit Schreiben vom 20.09.2013 bat die Leistungsabteilung der Beklagten den Kläger, aufgrund weiterer notwendiger Ermittlungen zunächst einen Statusantrag bei der Clearingstelle oder der Einzugsstelle zu stellen.
Mit Schreiben vom 31.10.2013 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er einen solchen Antrag stellen wolle. Am 29.01.2014 übersandte er einen ausgefüllten Formblattantrag. Darin gab er unter anderem an, dass von der Vergütung iHv 2.000 EUR Lohnsteuer entrichtet werde und die Vergütung als Betriebsausgabe verbucht werde. Er war der Auffassung, dass bezüglich seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt eine Beschäftigung nicht vorliege.
Mit Schreiben vom 03.02.2014 hörte die Beklagte den Kläger zu einem beabsichtigten Bescheid über das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung und Versicherungspflicht in der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung an. Die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen zu 1) nahm Stellung und teilte mit, dass es sich bei der Vergütung um eine Entschädigung für das mögliche Haftungsrisiko, jedoch nicht um ein Entgelt für geleistete Arbeit handle. Der Kläger sei als Rechtsanwalt tätig. Neben seiner Tätigkeit als Geschäftsführer in einer weiteren Rechtsanwalts-GmbH, sei er hier zusätzlich als Prokurist bestellt. Dabei handle es sich ebenfalls um selbstständige Tätigkeiten. Es liege auch ein unternehmerisches Risiko vor, da er am Gewinn, aber auch am Verlust der Gesellschaft beteiligt sei. Der Kläger unterliege gerade nicht dem Weisungsrecht des Geschäftsführers.
Mit Bescheid vom 27.03.2014 stellte die Beklagte fest, dass die Tätigkeit des Klägers als mitarbeitender Gesellschafter bei der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen zu 1) seit dem 01.01.2013 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde und Versicherungspflicht in der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe. In der Begründung führte die Beklagte aus, dass die Tätigkeit als mitarbeitender Gesellschafter zu beurteilen sei.
Im anschließenden Widerspruchsverfahren teilte die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen zu 1) mit, dass Kläger nunmehr zum Geschäftsführer bestellt sei. Die diesbezügliche Eintragung ins Handelsregister ist am 11.06.2014 erfolgt.
Mit Bescheid vom 11.09.2014 nahm die Beklagte den Bescheid vom 27.03.2014 für die Zeit ab 11.06.2014 zurück und stellte fest, dass der Kläger die Tätigkeit als Geschäftsführer bei der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen zu 1) seit dem 11.06.2014 nicht im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe und deshalb ab diesem Tag in dieser Tätigkeit keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe. Mit Widerspruchsbescheid vom 05.01.2015 wies die Beklagte den Widerspruch zurück, soweit ihm nicht abgeholfen worden sei. Die Feststellung, dass die Tätigkeit als mitarbeitender Gesellschafter in der Zeit vom 01.01.2013 bis 10.06.2014 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt worden sei und Versicherungspflicht in der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe, bleibe bestehen.
10 
Hiergegen hat der Kläger am 04.02.2015 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben. Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 01.09.2015 abgewiesen und zur Begründung auf den Widerspruchsbescheid verwiesen. Der Umstand, dass die Beklagte bei der gleich gelagerten Situation bezüglich seines Partners in der zweiten gemeinsamen Gesellschaft zu einer selbständigen Tätigkeit als Prokurist gekommen sei, führe nicht zu einem Gleichbehandlungsanspruch im Unrecht. Solange der Kläger nicht zum Geschäftsführer bestellt gewesen sei, habe er keine Rechtsmacht besessen, seine Weisungsgebundenheit als Angestellter der Gesellschaft aufzuheben oder abzuschwächen.
11 
Die Klägerbevollmächtigte hat gegen den ihr am 07.09.2015 zugestellten Gerichtsbescheid am 05.10.2015 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Der Berichterstatter hat am 27.09.2016 die Sach- und Rechtslage mit dem Vertreter der Beklagten erörtert. Auf richterliche Hinweise im Termin hat die Beklagte mit Schreiben vom 19.10.2016 Stellung genommen.
12 
Der Kläger ist der Ansicht, dass eine selbständige Tätigkeit vorliege. Der Umstand, dass er zunächst nicht Geschäftsführer der Gesellschaft gewesen sei, liege ausschließlich in haftungsrechtlichen Gründen. Intern sei jedoch abgesprochen gewesen, dass beide Partner dieselbe Stellung innehaben sollten. Es sei daher in seiner Entscheidungsbefugnis völlig frei gewesen. Auch habe sein Partner als Geschäftsführer keine Berechtigung gehabt, ihm auch nur eine Weisung zu erteilen. Es habe zudem aufgrund einer Abrede die Möglichkeit bestanden, das Festgehalt in wirtschaftlich schlechten Zeiten zu kürzen.
13 
Der Kläger beantragt sinngemäß,
14 
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 01.09.2015 sowie den Bescheid vom 27.03.2014 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 11.09.2014 und des Widerspruchsbescheides vom 05.01.2015 aufzuheben und festzustellen, dass seine Tätigkeit als mitarbeitender Gesellschafter bei der H. & S. GmbH Rechtsanwaltsgesellschaft in der Zeit vom 01.01.2013 bis 10.06.2014 im Rahmen eines nicht abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt wurde und keine Versicherungspflicht in der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestand.
15 
Die Beklagte beantragt,
16 
die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
17 
Sie ist ua der Auffassung, dass es unerheblich sei, dass der Kläger als mitarbeitender Gesellschafter seine Tätigkeit sowohl als Prokurist als auch als Rechtsanwalt ausübe. Unabhängig von der Ausgestaltung der Mitarbeit handle es sich bei einem mitarbeitenden Gesellschafter um ein Vertragsverhältnis im Innenverhältnis der GmbH, welchem der Gesellschaftsvertrag zu Grunde liege.
18 
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalt und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz, sowie die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
19 
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig sowie bzgl. der Anfechtungsklage begründet.
20 
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 27.03.2014 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 11.09.2014 und des Widerspruchsbescheides vom 05.01.2015, mit dem festgestellt worden ist, dass der Kläger vom 01.01.2013 bis 10.06.2014 in seiner Tätigkeit als mitarbeitender Gesellschafter für die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen zu 1) abhängig beschäftigt war und der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.
21 
Der Statusfeststellungsbescheid ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Die Beklagte hat zu Unrecht den Status und die sich daraus ergebende Versicherungspflicht allgemein als „mitarbeitender Gesellschafter“ bei der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen zu 1) beurteilt und festgestellt.
22 
Soweit die Beklagte in den Bescheiden explizit die Tätigkeit eines mitarbeitenden Gesellschafters beurteilt, handelt es sich insoweit nicht um eine konkrete Tätigkeit. Vielmehr wird damit nur beschrieben, dass ein Gesellschafter in der Gesellschaft mitarbeitet.
23 
Die Zuordnung eines Lebenssachverhalts zum rechtlichen Typus der abhängigen Beschäftigung erfordert nach der Rechtsprechung des BSG, der sich der Senat anschließt, stets notwendig zum einen die konkrete Bezeichnung des Rechtsverhältnisses und zum anderen die Kennzeichnung der zu seiner Invollzugsetzung jeweils erforderlichen Umstände. Schon allein die Feststellung einer abhängigen Beschäftigung ist unter diesen Umständen nur dann hinreichend bestimmt iS von § 33 Abs 1 SGB X, wenn sich im Einzelfall zumindest durch Auslegung vor dem Hintergrund der den Beteiligten bekannten Umstände erschließt, auf welche konkreten rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten sie sich als Anknüpfungssachverhalt beziehen soll (BSG 11.03.2009, B 12 R 11/07 R, BSGE 103, 17-27, SozR 4-2400 § 7a Nr 2 Rn 12).
24 
Es obliegt demnach der Beklagten, einen Statusfeststellungsbescheid bezüglich einer konkreten Tätigkeit zu erlassen. Erfolgt dies nicht, ist der Bescheid nicht bestimmt genug iSv § 33 SGB X und daher rechtswidrig (Pattar in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, § 33 SGB X, Rn. 104). So liegt der Fall hier.
25 
Die Bestimmtheit lässt sich nach Ansicht des Senats im vorliegenden Einzelfall auch nicht über eine Auslegung des Bescheides herleiten. Aus dem Wortlaut der Bescheide und des Widerspruchsbescheides lässt sich nicht entnehmen, welche konkrete Tätigkeit beurteilt wird. Im Änderungsbescheid vom 11.09.2014 wird explizit die Tätigkeit als Geschäftsführer ab 11.06.2014 beurteilt. Dies spricht dafür, dass auch die Beklagte einen Unterschied zwischen der Verwaltungstätigkeit (Prokurist und später Geschäftsführer) und der Tätigkeit als Rechtsanwalt macht. Gleiches ergibt sich aus der Stellungnahme der Clearingabteilung an die Leistungsabteilung der Beklagten vom 19.09.2013 (Bl. 103 der Verwaltungsakte), die ebenfalls im hier maßgeblichen Verwaltungsverfahren vorlag. Denn dort wird ausgeführt, dass die Clearingabteilung grundsätzlich die Auffassung teile, wonach der Kläger in seiner Tätigkeit als Prokurist dem Personenkreis der abhängig Beschäftigten zuzuordnen sei. Diese Abgrenzung spiegelt sich jedoch in den maßgeblichen streitgegenständlichen Bescheiden nicht mehr wieder.
26 
Der Senat kann offen lassen, ob hier zur Beurteilung eine einheitliche Tätigkeit als Rechtsanwalt steht, oder der Kläger im hier streitgegenständlichen Zeitraum vom 01.01.2013 bis 10.06.2014 tatsächlich zwei voneinander unabhängige Tätigkeiten für die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen zu 1) ausgeübt hat. Auf die bzgl. der ersten Variante bislang von der Beklagten nicht ermittelten und nicht in die Gesamtabwägung eingestellten Umstände der Vergütung für die gesamte anwaltliche Tätigkeit und die Weisungsfreiheit gem § 59f Abs 4 S 2 BRAO hat der Berichterstatter bereits im Erörterungstermin vom 27.09.2016 hingewiesen. Nach Ansicht des Senats gibt es jedoch auch für die zweite Variante gute Argumente. Zum einen war der Kläger als Rechtsanwalt tätig. Zum anderen war er zum Prokuristen bestellt und als solcher nahm er auch Aufgaben wahr. Ein schriftlicher Vertrag existiert nicht. Für die Tätigkeit als Prokurist erhielt der Kläger eine monatlich gleich bleibende Vergütung iHv 2.000 EUR, welche als Betriebsausgabe verbucht und für die Lohnsteuer entrichtet worden ist. Dies entnimmt der Senat sowohl den Angaben im Statusfeststellungen wie auch den Ausführungen der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen zu 1) im Anhörungsverfahren. Beide Tätigkeiten könnten unabhängig voneinander zu beurteilen sein, denn es ist grundsätzlich möglich, dass ein Mitarbeiter für denselben Auftraggeber/Arbeitgeber sowohl abhängig beschäftigt als auch selbstständig tätig wird (BSG 31.10.2012, B 12 R 1/11 R, SozR 4-2400 § 14 Nr 16, Rn 17). Dies gilt jedenfalls nach Auffassung des Senats in den Fällen, in denen inhaltlich klar voneinander abgrenzbare Tätigkeiten vorliegen. Die vom Bundessozialgericht (BSG) entwickelten Grundsätze für das einheitliche Beschäftigungsverhältnis (BSG 27.06.2012, B 12 KR 28/10 R, SozR 4-2400 § 8 Nr 5, Rn 23; Senatsurteil vom 18.10.2016, L 11 R 3254/14) greifen dann nicht.
27 
Da der streitgegenständliche Bescheid schon mangels Bestimmtheit rechtswidrig ist, war er aufzuheben. Für eine Feststellung durch den Senat im Wege der erhobenen Feststellungsklage ist in dieser Einzelfallkonstellation kein Raum. Vielmehr bedarf es gegebenenfalls zunächst neuer Verwaltungsentscheidungen.
28 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt, dass der Statusbescheid vollständig aufgehoben wurde. Die Feststellungsklage tritt dabei hier in den Hintergrund.
29 
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Nr 1 und 2 SGG).

Gründe

 
19 
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig sowie bzgl. der Anfechtungsklage begründet.
20 
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 27.03.2014 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 11.09.2014 und des Widerspruchsbescheides vom 05.01.2015, mit dem festgestellt worden ist, dass der Kläger vom 01.01.2013 bis 10.06.2014 in seiner Tätigkeit als mitarbeitender Gesellschafter für die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen zu 1) abhängig beschäftigt war und der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.
21 
Der Statusfeststellungsbescheid ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Die Beklagte hat zu Unrecht den Status und die sich daraus ergebende Versicherungspflicht allgemein als „mitarbeitender Gesellschafter“ bei der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen zu 1) beurteilt und festgestellt.
22 
Soweit die Beklagte in den Bescheiden explizit die Tätigkeit eines mitarbeitenden Gesellschafters beurteilt, handelt es sich insoweit nicht um eine konkrete Tätigkeit. Vielmehr wird damit nur beschrieben, dass ein Gesellschafter in der Gesellschaft mitarbeitet.
23 
Die Zuordnung eines Lebenssachverhalts zum rechtlichen Typus der abhängigen Beschäftigung erfordert nach der Rechtsprechung des BSG, der sich der Senat anschließt, stets notwendig zum einen die konkrete Bezeichnung des Rechtsverhältnisses und zum anderen die Kennzeichnung der zu seiner Invollzugsetzung jeweils erforderlichen Umstände. Schon allein die Feststellung einer abhängigen Beschäftigung ist unter diesen Umständen nur dann hinreichend bestimmt iS von § 33 Abs 1 SGB X, wenn sich im Einzelfall zumindest durch Auslegung vor dem Hintergrund der den Beteiligten bekannten Umstände erschließt, auf welche konkreten rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten sie sich als Anknüpfungssachverhalt beziehen soll (BSG 11.03.2009, B 12 R 11/07 R, BSGE 103, 17-27, SozR 4-2400 § 7a Nr 2 Rn 12).
24 
Es obliegt demnach der Beklagten, einen Statusfeststellungsbescheid bezüglich einer konkreten Tätigkeit zu erlassen. Erfolgt dies nicht, ist der Bescheid nicht bestimmt genug iSv § 33 SGB X und daher rechtswidrig (Pattar in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, § 33 SGB X, Rn. 104). So liegt der Fall hier.
25 
Die Bestimmtheit lässt sich nach Ansicht des Senats im vorliegenden Einzelfall auch nicht über eine Auslegung des Bescheides herleiten. Aus dem Wortlaut der Bescheide und des Widerspruchsbescheides lässt sich nicht entnehmen, welche konkrete Tätigkeit beurteilt wird. Im Änderungsbescheid vom 11.09.2014 wird explizit die Tätigkeit als Geschäftsführer ab 11.06.2014 beurteilt. Dies spricht dafür, dass auch die Beklagte einen Unterschied zwischen der Verwaltungstätigkeit (Prokurist und später Geschäftsführer) und der Tätigkeit als Rechtsanwalt macht. Gleiches ergibt sich aus der Stellungnahme der Clearingabteilung an die Leistungsabteilung der Beklagten vom 19.09.2013 (Bl. 103 der Verwaltungsakte), die ebenfalls im hier maßgeblichen Verwaltungsverfahren vorlag. Denn dort wird ausgeführt, dass die Clearingabteilung grundsätzlich die Auffassung teile, wonach der Kläger in seiner Tätigkeit als Prokurist dem Personenkreis der abhängig Beschäftigten zuzuordnen sei. Diese Abgrenzung spiegelt sich jedoch in den maßgeblichen streitgegenständlichen Bescheiden nicht mehr wieder.
26 
Der Senat kann offen lassen, ob hier zur Beurteilung eine einheitliche Tätigkeit als Rechtsanwalt steht, oder der Kläger im hier streitgegenständlichen Zeitraum vom 01.01.2013 bis 10.06.2014 tatsächlich zwei voneinander unabhängige Tätigkeiten für die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen zu 1) ausgeübt hat. Auf die bzgl. der ersten Variante bislang von der Beklagten nicht ermittelten und nicht in die Gesamtabwägung eingestellten Umstände der Vergütung für die gesamte anwaltliche Tätigkeit und die Weisungsfreiheit gem § 59f Abs 4 S 2 BRAO hat der Berichterstatter bereits im Erörterungstermin vom 27.09.2016 hingewiesen. Nach Ansicht des Senats gibt es jedoch auch für die zweite Variante gute Argumente. Zum einen war der Kläger als Rechtsanwalt tätig. Zum anderen war er zum Prokuristen bestellt und als solcher nahm er auch Aufgaben wahr. Ein schriftlicher Vertrag existiert nicht. Für die Tätigkeit als Prokurist erhielt der Kläger eine monatlich gleich bleibende Vergütung iHv 2.000 EUR, welche als Betriebsausgabe verbucht und für die Lohnsteuer entrichtet worden ist. Dies entnimmt der Senat sowohl den Angaben im Statusfeststellungen wie auch den Ausführungen der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen zu 1) im Anhörungsverfahren. Beide Tätigkeiten könnten unabhängig voneinander zu beurteilen sein, denn es ist grundsätzlich möglich, dass ein Mitarbeiter für denselben Auftraggeber/Arbeitgeber sowohl abhängig beschäftigt als auch selbstständig tätig wird (BSG 31.10.2012, B 12 R 1/11 R, SozR 4-2400 § 14 Nr 16, Rn 17). Dies gilt jedenfalls nach Auffassung des Senats in den Fällen, in denen inhaltlich klar voneinander abgrenzbare Tätigkeiten vorliegen. Die vom Bundessozialgericht (BSG) entwickelten Grundsätze für das einheitliche Beschäftigungsverhältnis (BSG 27.06.2012, B 12 KR 28/10 R, SozR 4-2400 § 8 Nr 5, Rn 23; Senatsurteil vom 18.10.2016, L 11 R 3254/14) greifen dann nicht.
27 
Da der streitgegenständliche Bescheid schon mangels Bestimmtheit rechtswidrig ist, war er aufzuheben. Für eine Feststellung durch den Senat im Wege der erhobenen Feststellungsklage ist in dieser Einzelfallkonstellation kein Raum. Vielmehr bedarf es gegebenenfalls zunächst neuer Verwaltungsentscheidungen.
28 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt, dass der Statusbescheid vollständig aufgehoben wurde. Die Feststellungsklage tritt dabei hier in den Hintergrund.
29 
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Nr 1 und 2 SGG).

ra.de-Urteilsbesprechung zu Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 21. Feb. 2017 - L 11 R 4192/15

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 21. Feb. 2017 - L 11 R 4192/15

Referenzen - Gesetze

Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 21. Feb. 2017 - L 11 R 4192/15 zitiert 7 §§.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 160


(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bu

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 33 Bestimmtheit und Form des Verwaltungsaktes


(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein. (2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich oder elektronisch zu bestätigen, w

Bundesrechtsanwaltsordnung - BRAO | § 59f Zulassung


(1) Berufsausübungsgesellschaften bedürfen der Zulassung durch die Rechtsanwaltskammer. Keiner Zulassung nach Satz 1 bedürfen Personengesellschaften, bei denen keine Beschränkung der Haftung der natürlichen Personen vorliegt und denen als Gesellschaf

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 21. Feb. 2017 - L 11 R 4192/15 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 21. Feb. 2017 - L 11 R 4192/15 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundessozialgericht Urteil, 31. Okt. 2012 - B 12 R 1/11 R

bei uns veröffentlicht am 31.10.2012

Tenor Das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 5. November 2010 wird aufgehoben. Die Sache wird

Bundessozialgericht Urteil, 27. Juni 2012 - B 12 KR 28/10 R

bei uns veröffentlicht am 27.06.2012

Tenor Auf die Revision der Beigeladenen zu 3. wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein- Westfalen vom 9. September 2010 aufgehoben, soweit es die Rentenversicherungspflicht der Beigeladen

Referenzen

(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein.

(2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich oder elektronisch zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und der Betroffene dies unverzüglich verlangt. Ein elektronischer Verwaltungsakt ist unter denselben Voraussetzungen schriftlich zu bestätigen; § 36a Abs. 2 des Ersten Buches findet insoweit keine Anwendung.

(3) Ein schriftlicher oder elektronischer Verwaltungsakt muss die erlassende Behörde erkennen lassen und die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten. Wird für einen Verwaltungsakt, für den durch Rechtsvorschrift die Schriftform angeordnet ist, die elektronische Form verwendet, muss auch das der Signatur zugrunde liegende qualifizierte Zertifikat oder ein zugehöriges qualifiziertes Attributzertifikat die erlassende Behörde erkennen lassen. Im Fall des § 36a Absatz 2 Satz 4 Nummer 3 des Ersten Buches muss die Bestätigung nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes die erlassende Behörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lassen.

(4) Für einen Verwaltungsakt kann für die nach § 36a Abs. 2 des Ersten Buches erforderliche Signatur durch Rechtsvorschrift die dauerhafte Überprüfbarkeit vorgeschrieben werden.

(5) Bei einem Verwaltungsakt, der mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird, können abweichend von Absatz 3 Satz 1 Unterschrift und Namenswiedergabe fehlen; bei einem elektronischen Verwaltungsakt muss auch das der Signatur zugrunde liegende Zertifikat nur die erlassende Behörde erkennen lassen. Zur Inhaltsangabe können Schlüsselzeichen verwendet werden, wenn derjenige, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, auf Grund der dazu gegebenen Erläuterungen den Inhalt des Verwaltungsaktes eindeutig erkennen kann.

Tenor

Das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 5. November 2010 wird aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 10 573,62 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die klagende Krankenkasse wendet sich gegen die Heranziehung von "Aufwandsentschädigungen", die ihre Rechtsvorgängerin Mitarbeitern für die Werbung neuer Mitglieder gezahlt hat, zur Bemessung von Beiträgen zu den Zweigen der Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung.

2

Die Klägerin ist Rechtsnachfolgerin der Kaufmännischen Krankenkasse (im Folgenden einheitlich: die Klägerin). Nach einer Betriebsprüfung für den Zeitraum 1.1.1998 bis 31.12.2001 forderte der beklagte Rentenversicherungsträger (jetzt: Deutsche Rentenversicherung Braunschweig-Hannover) mit Bescheid vom 28.10.2002 von der Klägerin die Nachzahlung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen. Von der Gesamtforderung (13 536,82 Euro) entfielen 10 573,62 Euro auf Beiträge, die nach der Summe als sog "Aufwandsentschädigung" erfolgter Zahlungen erhoben wurden. Diese "Aufwandsentschädigung" von jeweils 30,00 DM wurde ca 400 Innendienstmitarbeitern der Klägerin, die andere dienstliche Aufgaben als die Mitgliederwerbung hatten und arbeitsvertraglich hierzu nicht verpflichtet waren, als Prämie für neu geworbene Krankenkassenmitglieder gezahlt. Hierzu hatte die Beklagte in einer Mitteilung "Aufwandsentschädigung für die Werbung neuer Mitglieder durch Innendienst-Mitarbeiter/innen" vom 18.6.1998 auf die "Notwendigkeit" der Bereitschaft von Innendienstmitarbeitern, neue Mitglieder zu gewinnen, hingewiesen. Den Widerspruch der Klägerin gegen die Berücksichtigung der "Aufwandsentschädigung" als Arbeitsentgelt wies die Beklagte zurück (Widerspruchsbescheid vom 25.11.2004). Die Klage hat das SG abgewiesen (Urteil vom 18.2.2009).

3

Die Berufung der Klägerin hat das LSG unter Änderung der Kostenentscheidung des SG zurückgewiesen (Urteil vom 5.11.2010): Die "Aufwandsentschädigungen" seien beitragspflichtiges Arbeitsentgelt, denn sie seien an Innendienstmitarbeiter der Klägerin im ursächlichen Zusammenhang mit deren sozialversicherungspflichtiger Tätigkeit gezahlt worden, auch wenn diese zur Mitgliederwerbung nicht verpflichtet gewesen seien. Dieser Zusammenhang bestehe, weil gerade das Wissen über die Aufgaben ihrer Organisation und die Kenntnisse über die Besonderheiten ihrer Krankenkasse sowie das hierdurch begründete besondere Vertrauen die Mitarbeiter in die Lage versetzt hätten, wirksam um neue Mitglieder zu werben. Diesen Zusammenhang habe auch die Klägerin erkannt, wie ihre Mitteilung vom 18.6.1998 belege. Im Ergebnis abweichende einkommensteuerrechtliche Rechtsprechung des BFH (BFHE 181, 488) sei für das Sozialversicherungsrecht nicht maßgeblich.

4

Mit der Revision rügt die Klägerin eine Verletzung von § 14 Abs 1 SGB IV. Die Innendienstmitarbeiter seien nicht in ihrer Eigenschaft als Arbeitnehmer, sondern als Krankenkassenmitglieder werbend tätig geworden. Die Mitteilung vom 18.6.1998 sei ein bloßes internes Informationsschreiben an alle Landesverwaltungen, Regionalgeschäftsstellen und Geschäftsstellen zur Klärung der Frage gewesen, ob überhaupt Aufwandsentschädigungen hätten gezahlt werden dürfen. Selbst wenn man der Auffassung sei, es handele sich bei den Werbeaktivitäten der Betroffenen um eine selbstständige Tätigkeit neben der Beschäftigung, liege keine einheitliche Beschäftigung im Sinne der Rechtsprechung des BSG vor. Die Vorinstanzen gingen zu Unrecht davon aus, die Mitarbeiter hätten sich "Insiderwissen" bei der Werbung zunutze gemacht. Der Status als Mitarbeiter sei weder von ihr (der Klägerin) als besonderer Vorteil angesehen worden, noch begründe er ein besonderes Vertrauen bei den Umworbenen. Der vorliegende Sachverhalt sei nicht mit demjenigen der vom LSG zitierten BSG-Rechtsprechung vergleichbar, insbesondere weil die Prämie an alle Mitglieder für eine erfolgreiche Werbung gezahlt worden sei, dh auch ohne dass diese bei ihr beschäftigt gewesen seien.

5

Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 5. November 2010 und des Sozialgerichts Hannover vom 18. Februar 2009 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 28. Oktober 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. November 2004 aufzuheben, soweit darin die Zahlung von mehr als 2963,20 Euro gefordert wird.

6

Die Beklagte beantragt,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

7

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Der Sachverhalt sei ebenso zu beurteilen wie der des Urteils des BSG vom 15.2.1989 (12 RK 34/87 - SozR 2200 § 165 Nr 95).

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision der klagenden Krankenkasse ist im Sinne der Aufhebung des Berufungsurteils und der Zurückverweisung der Sache an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet (vgl § 170 Abs 2 S 2 SGG).

9

Der Senat kann nicht abschließend beurteilen, ob die von der Klägerin in der Zeit vom 1.1.1998 bis 31.12.2001 an Innendienstmitarbeiter gezahlten "Aufwandsentschädigungen" als Arbeitsentgelt zur Beitragsbemessung in den Zweigen der Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung heranzuziehen waren, wie die Vorinstanzen übereinstimmend mit der von der Beklagten bei ihrer Betriebsprüfung gewonnenen Einschätzung meinen.

10

1. Das LSG ist in prozessrechtlicher Hinsicht im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass die Beiladung der Arbeitnehmer, an die die streitige "Aufwandsentschädigung" gezahlt wurde, nicht erforderlich war, da die Beklagte die diesbezügliche Beitragsforderung durch Summenbescheid von der Summe der vom Arbeitgeber gezahlten Beträge geltend machte (vgl BSGE 89, 158, 159 = SozR 3-2400 § 28f Nr 3 S 4). Jedoch ist auch im Rechtstreit über einen Summenbescheid die Beiladung der Fremdversicherungsträger geboten (BSG aaO). Daher wird das LSG vor der erneuten Verhandlung und Entscheidung nicht nur die notwendige Beiladung (§ 75 Abs 2 SGG) der Pflegekasse bei der Klägerin und der Bundesagentur für Arbeit nachzuholen haben. Vielmehr wird das LSG auch zu prüfen haben, ob im Betrieb der Klägerin noch andere Krankenkassen als sie selbst vertreten waren, auf die die durch Summenbescheid erhobenen Beiträge nach § 28i S 3 SGB IV iVm § 175 Abs 3 S 3 SGB V(jeweils idF durch Gesetz vom 21.12.1992, BGBl I 2266) und Ziff 5.3.3. der Gemeinsamen Verlautbarung der Spitzenverbände der Krankenkassen zum Krankenkassenwahlrecht vom 22.11.2001 (Die Beiträge 2002, 312, 347, 352) aufzuteilen waren. In diesem Fall wären auch diese Krankenkassen, deren Pflegekassen sowie die Rechtsnachfolger der Landesversicherungsanstalten, in deren Bezirk diese Krankenkassen ihren Sitz hatten (§ 28k Abs 1 S 3 SGB IV idF durch Gesetz vom 20.12.1996, BGBl I 2049), notwendig beizuladen.

11

2. Die Revision ist nicht etwa bereits deshalb erfolgreich, weil die Beklagte die streitigen Beiträge im Rahmen der bei der Klägerin vorgenommenen Betriebsprüfung nicht im Wege eines Summenbescheids hätte geltend machen dürfen. Nach § 28p Abs 1 S 1 und 5 SGB IV(idF durch Gesetz vom 16.12.1997, BGBl I 2970) prüfen die Träger der Rentenversicherung mindestens alle vier Jahre bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach diesem Gesetzbuch, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen. Sie setzen insoweit auch Beiträge durch Verwaltungsakt fest. Dazu kann der prüfende Träger der Rentenversicherung nach § 28f Abs 2 SGB IV(idF durch Gesetz vom 24.3.1997, BGBl I 594) den Beitrag in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung und zur Arbeitsförderung von der Summe der vom Arbeitgeber gezahlten Arbeitsentgelte geltend machen, wenn ein Arbeitgeber die Aufzeichnungspflicht nicht ordnungsgemäß erfüllt, dadurch die Versicherungs- oder Beitragspflicht oder die Beitragshöhe nicht festgestellt werden können und das Arbeitsentgelt nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand einem bestimmten Beschäftigten zugeordnet werden kann. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat das LSG festgestellt, ohne dass insoweit Rechtsfehler erkennbar sind und die Beteiligten dies mit Revisionsrügen angreifen.

12

3. Die Revision der Klägerin führt indessen aus anderen Gründen jedenfalls zur Aufhebung des LSG-Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die Feststellungen des LSG reichen nicht aus, um abschließend beurteilen zu können, ob die von der Klägerin im streitigen Zeitraum an Innendienstmitarbeiter gezahlten "Aufwandsentschädigungen" für die Werbung von Neumitgliedern als Arbeitsentgelt zur Beitragsbemessung heranzuziehen sind.

13

Bemessungsgrundlage der Beiträge abhängig Beschäftigter ist in der Kranken-, Pflege-, Renten- sowie Arbeitslosenversicherung jeweils das Arbeitsentgelt des Beschäftigten (§ 226 Abs 1 Nr 1 SGB V, § 57 Abs 1 SGB XI iVm § 226 Abs 1 S 1 SGB V, § 162 Nr 1 SGB VI, § 342 SGB III; jeweils in der im streitigen Zeitraum geltenden Fassung). Arbeitsentgelt sind nach dem bis heute inhaltlich unveränderten § 14 Abs 1 S 1 SGB IV (bis 31.3.1999 § 14 Abs 1 SGB IV) "alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden".

14

Eine Beitragspflicht der streitigen "Aufwandsentschädigungen" als Arbeitsentgelt in diesem Sinne folgt - entgegen der Ansicht der Beklagten - nicht bereits aus den im Urteil des Senats vom 15.2.1989 (BSG SozR 2200 § 165 Nr 95) aufgestellten Grundsätzen. Abweichend vom damaligen Sachverhalt wurden die "Aufwandsentschädigungen" vorliegend nämlich nicht unmittelbar aus der Beschäftigung erzielt. In dem genannten Urteil hatte der Senat dagegen Vergütungen, die Zeitungsausträger für die Werbung neuer Abonnenten gezahlt wurden, als beitragspflichtiges Arbeitsentgelt angesehen, denn die sog Werbetätigkeit war kein von der versicherungs- und beitragspflichtigen Beschäftigung als Zeitungsausträger abtrennbarer und - als neben dieser ausgeübte selbstständige Tätigkeit - einer eigenständigen rechtlichen Beurteilung fähiger Teil der Gesamttätigkeit. Hierfür fehlte es an einer für eine selbstständige Tätigkeit kennzeichnenden Werbeinitiative. Vielmehr hatten die Zeitungsausträger nur im Sinne einer im Wesentlichen "mechanischen Botentätigkeit" die Wünsche von Interessenten an den Verlag weiterzugeben.

15

Demgegenüber gehörte im nun zu entscheidenden Fall nach den insoweit nicht mit zulässigen Revisionsrügen oder Gegenrügen angefochtenen und für den Senat deshalb bindenden (§ 163 SGG) tatsächlichen Feststellungen des LSG die Mitgliederwerbung weder zu den arbeitsvertraglichen Pflichten der Empfänger der "Aufwandsentschädigungen" im Rahmen ihrer Beschäftigung als Innendienstmitarbeiter, noch beschränkte sich der "Aufwand" auf die bloße Weitergabe von Beitrittswünschen. Vielmehr wurde nach den Feststellungen des LSG zum Inhalt der Mitteilung der Klägerin vom 18.6.1998 gerade die Bereitschaft dieser Mitarbeiter zum Gewinnen neuer Mitglieder, also zur aktiv werbenden Tätigkeit erwartet und das hiermit verbundene Engagement mit der "Aufwandsentschädigung" in Form eines Geldbetrages erfolgsabhängig im Einzelfall honoriert.

16

Nach der Rechtsprechung des BSG gehören zu den Einnahmen, die im Zusammenhang mit einer Beschäftigung erzielt werden, und damit zum Arbeitsentgelt iS von § 14 Abs 1 S 1 SGB IV jedoch auch solche aus selbstständigen Tätigkeiten in einer sogenannten einheitlichen Beschäftigung. Eine einheitliche Beschäftigung ist anzunehmen, wenn eine selbstständige Tätigkeit mit einer abhängigen Beschäftigung derart verbunden ist, dass sie nur aufgrund der abhängigen Beschäftigung ausgeübt werden kann und insgesamt wie ein Teil der abhängigen Beschäftigung erscheint (BSG SozR 3-2400 § 14 Nr 8 S 16 ff und Nr 15 S 28 f). Die Art der Verbindung, die zwischen selbstständiger Tätigkeit und abhängiger Beschäftigung bestehen muss, um eine einheitliche Beschäftigung annehmen zu können, lässt sich nicht abstrakt für alle selbstständigen Tätigkeiten umschreiben. Sie wird vielmehr von der Eigenart der jeweiligen selbstständigen Tätigkeit bestimmt. Diese muss nicht notwendig weitergehend mit der abhängigen Beschäftigung verbunden sein, etwa in der Art, dass sie in diese zeitlich, örtlich, organisatorisch und inhaltlich eingebunden ist, um eine einheitliche Beschäftigung anzunehmen. Abhängig von der Art der Tätigkeit kann eine einheitliche Beschäftigung auch bereits dann bejaht werden, wenn aus der Beschäftigung gewonnene Kenntnisse und Erfahrungen für die Tätigkeit genutzt werden müssen und die Tätigkeit dem Arbeitgeber nützlich ist (so BSG SozR 3-2400 § 14 Nr 15 S 29 f).

17

Der durch die einheitliche Beschäftigung erfolgenden Verklammerung von Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit steht eine möglicherweise abweichende steuerrechtliche Beurteilung (vgl zu Prämien, die ein Verlagsunternehmen seinen Zeitungsausträgern für die Werbung neuer Abonnenten gewährt, BFHE 181, 488) nicht entgegen. Eine steuerrechtliche Beurteilung als Arbeitslohn oder als Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit (= Arbeitseinkommen iS von § 15 Abs 1 SGB IV) ist für die Beurteilung der im Sozialversicherungsrecht eigenständig geregelten Arbeitsentgelteigenschaft (§ 14 SGB IV) nicht maßgebend oder vorgreiflich (vgl BSGE 66, 219, 221 = SozR 3-2400 § 14 Nr 2 S 4; BSG SozR 3-2400 § 14 Nr 15 S 31). Eine Grenze findet die einheitliche Beschäftigung jedoch dort, wo der Zusammenhang zwischen Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit kein notwendiger mehr ist, insbesondere wenn weder die selbstständige Tätigkeit als solche noch die konkrete Art und Weise ihrer Ausübung vom Bestand der Beschäftigung abhängig sind. In diesem Sinne setzt schon die Entwurfsbegründung zu § 14 SGB IV für den Begriff des Arbeitsentgelts einen ursächlichen Zusammenhang zwischen einer Zuwendung und der Beschäftigung voraus(Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Entwurf eines SGB - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung, BT-Drucks 7/4122 S 32 zu § 14; vgl auch BSG SozR 2100 § 14 Nr 19 S 17 f).

18

Der ursächliche Zusammenhang ist - wie oben dargelegt - nach der Eigenart der jeweiligen selbstständigen Tätigkeit zu bestimmen. Er würde vorliegend dann fehlen, wenn "Aufwandsentschädigungen" zu denselben Bedingungen in nennenswertem Umfang auch an nicht bei der Klägerin beschäftigte Personen gezahlt worden wären und die werbend tätigen Innendienstmitarbeiter der Klägerin aufgrund ihrer Beschäftigung gegenüber diesen Personen keine wesentlichen Vorteile hatten. Ein solcher Zusammenhang dürfte also auch dann bestehen, wenn werbende Innendienstmitarbeiter von Seiten der Klägerin für diese Tätigkeit Unterstützung erhielten, die nicht im selben Umfange auch Personen tatsächlich zuteil wurde, die nicht bei der Klägerin beschäftigt waren.

19

Ob im vorliegenden Fall eine einheitliche Beschäftigung und daher Arbeitsentgelt anzunehmen ist, kann der Senat auf Grundlage der wenigen Tatsachen, die das LSG festgestellt hat, selbst nicht abschließend beurteilen. Soweit das LSG einen Zusammenhang darauf gestützt hat, dass gerade das Wissen über die Aufgaben ihrer Organisation und die Kenntnisse über die Besonderheiten ihrer Krankenkasse sowie das hierdurch begründete besondere Vertrauen die werbenden Innendienstmitarbeiter in die Lage versetzt hätten, wirksam um Mitglieder zu werben, ist - wie auch die Klägerin der Sache nach rügt - nicht erkennbar, welche tatsächlichen Feststellungen dieser Behauptung zugrunde liegen. Insoweit wird das LSG noch festzustellen haben, ob es für eine solche Annahme tatsächliche Anhaltspunkte gibt, auf deren Grundlage es sich rechtsfehlerfrei eine entsprechende Überzeugung bilden kann. Anderenfalls wird es zu ermitteln haben, ob die in der mündlichen Verhandlung protokollierte und in der Revisionsbegründung wiederholte Behauptung der Klägerin zutrifft, die Prämie sei auch an nicht bei ihr angestellte Mitglieder für eine erfolgreiche Werbung gezahlt worden. Dabei wird ua der von Januar 2003 stammende Ausdruck einer Internet-Seite der Klägerin in der Verwaltungsakte der Beklagten (Bl 128) zu würdigen sein, wonach für eine durch externe Personen erfolgende Mitgliederwerbung (nur) eine "kleine Überraschung" und die Teilnahme an einer Verlosung ausgelobt wird. Sofern die "Aufwandsentschädigung" indessen tatsächlich in derselben Höhe auch an nicht bei der Klägerin beschäftigte Mitglieder gezahlt wurde, wird das LSG weiter Ermittlungen darüber anzustellen haben, ob die Innendienstmitarbeiter entgegen dem in der Mitteilung vom 18.6.1998 erweckten Anschein tatsächlich keinerlei Zugriff auf den Datenbestand der Klägerin hatten und von dieser auch nicht in anderer Weise unterstützt wurden, dh, ob sie einen "Wettbewerbsvorteil" gegenüber betriebsexternen Werbern hatten. Sollte das LSG anschließend dazu gelangen, dass das die gezahlten "Aufwandsentschädigungen" dem Grunde nach Arbeitsentgelt iS des § 14 Abs 1 S 1 SGB IV darstellen, so wird es weiter zu prüfen haben, ob dieses möglicherweise nach § 1 Arbeitsentgeltverordnung(in den Fassungen vom 18.12.1984, BGBl I 1642 und vom 12.12.1989, BGBl I 2177) gleichwohl nicht dem Arbeitsentgelt zuzurechnen war. Sofern auf die "Aufwandsentschädigungen" grundsätzlich Beiträge zu erheben waren, wird das LSG sodann auch zu prüfen haben, ob die im angefochtenen Bescheid angenommene Zuständigkeit der Klägerin als Einzugsstelle für die gesamte nach der Summe festgestellte Beitragsforderung im Hinblick auf § 28i S 3 SGB IV iVm § 175 Abs 3 S 3 SGB V(jeweils idF durch Gesetz vom 21.12.1992, BGBl I 2266) und Ziff 5.3.3 der Gemeinsamen Verlautbarung der Spitzenverbände der Krankenkassen zum Krankenkassenwahlrecht vom 22.11.2001 (Die Beiträge 2002, 312, 347, 352, dort Ziff 5.3.3) zutreffend war und ob sich anderenfalls auch aufgrund unterschiedlicher Beitragssätze Auswirkungen auf die Höhe der Beitragsforderung ergeben.

20

4. Die Kostenentscheidung bleibt der das Verfahren abschließenden Entscheidung des LSG vorbehalten. Die dennoch notwendige Streitwertfestsetzung durch den Senat (vgl BSGE 98, 238 = SozR 4-1300 § 111 Nr 4, RdNr 24) beruht auf § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 63 Abs 2 S 1, § 47 Abs 1, § 52 Abs 1 und 3 GKG.

Tenor

Auf die Revision der Beigeladenen zu 3. wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein- Westfalen vom 9. September 2010 aufgehoben, soweit es die Rentenversicherungspflicht der Beigeladenen zu 1. betrifft. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 14. Oktober 2008 wird insoweit zurückgewiesen.

Der Kläger und die Beklagte tragen jeweils die Hälfte der Kosten des Klage- und Berufungsverfahrens. Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 3. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 2285,37 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten (noch) darüber, ob die Beigeladene zu 1. als Betreuerin psychisch erkrankter Menschen der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung als Beschäftigte unterlag.

2

Die Beigeladene zu 1. war seit Januar 1990 bei dem klagenden Verein als Verwaltungsangestellte - seit 2005 wegen eines Studiums der Sozialarbeit im Umfang von 24 Wochenstunden - beschäftigt. Daneben unterstützte sie ab 1.9.2006 auf der Grundlage jeweils gesonderter Verträge mit dem Kläger "über die Übernahme einer eigenverantwortlichen Betreuung im Rahmen eines arbeitnehmerähnlichen Vertragsverhältnisses" psychisch kranke Menschen, die in einer betreuten Wohneinrichtung des Klägers lebten; die Vergütung hierfür überstieg regelmäßig nicht 400 Euro im Monat.

3

Auf Anfrage des Klägers stellte die beklagte Krankenkasse als Einzugsstelle mit Bescheid vom 7.12.2006 fest, dass die Beigeladene zu 1. auch in ihrer Tätigkeit als Betreuerin der Sozialversicherungspflicht als Beschäftigte des Klägers unterliege. Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11.1.2007 zurück.

4

Das SG hat die Klage abgewiesen, weil die Beigeladene zu 1. in ihrer weiteren Tätigkeit für den Kläger seit 1.9.2006 als Beschäftigte in allen Zweigen der Sozialversicherung versicherungspflichtig sei (Urteil vom 14.10.2008). Nach Einlegung der Berufung durch den Kläger hat die Beklagte mit Bescheid vom 23.7.2009 unter Änderung des Ausgangsbescheides insoweit ergänzend die Feststellung der Versicherungspflicht in Bezug auf die Zweige der gesetzlichen Kranken-, sozialen Pflege-, gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung und deren Beginn ab 1.9.2006 konkretisiert. Das LSG hat das Urteil des SG aufgehoben und unter Aufhebung der ergangenen Bescheide festgestellt, dass die Beigeladene zu 1. in der Zeit von September 2006 bis November 2009 in ihrer weiteren Tätigkeit nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei: Zwar sei die Beigeladene zu 1. in ihrer betreuenden Tätigkeit nicht selbstständig tätig, sondern beschäftigt gewesen; sie habe jedoch in dieser Beschäftigung nicht der Sozialversicherungspflicht unterlegen, weil sie als Betreuerin beim Kläger nur geringfügig iS von § 8 Abs 1 Nr 1 SGB IV beschäftigt und damit versicherungsfrei gewesen sei. Eine Zusammenrechnung der Entgelte aus beiden Beschäftigungen habe hier nicht gemäß § 8 Abs 2 S 1 SGB IV zu erfolgen. Entgegen der Auffassung der Beklagten und der älteren Rechtsprechung des BSG (BSGE 55, 1 = SozR 2200 § 168 Nr 7) sei eine weitere geringfügige Nebenbeschäftigung bei demselben Arbeitgeber wegen des eindeutigen, deutlich von dem Wortlaut der bis zum 30.6.1977 geltenden Regelung des § 168 Abs 1 Nr 1 RVO abweichenden Wortlauts des § 8 Abs 2 S 1 SGB IV und der seit 1998 bestehenden Regelung über das Teilarbeitslosengeld sowie der dazu ergangenen Rechtsprechung(BSGE 88, 180 = SozR 3-4300 § 150 Nr 1) nicht als einheitliche Beschäftigung anzusehen (Urteil vom 9.9.2010).

5

Mit seiner auf die Entscheidung des LSG zur Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung der Beigeladenen zu 1. beschränkten Revision rügt der zu 3. beigeladene Rentenversicherungsträger die Verletzung von § 1 S 1 Nr 1, § 5 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB VI iVm § 8 Abs 1 Nr 1 und Abs 2 S 1 SGB IV. Zwar sei das LSG zutreffend davon ausgegangen, dass die Beigeladene zu 1. in allen Tätigkeiten beim Kläger beschäftigt gewesen sei, alle bei demselben Arbeitgeber ausgeübten Beschäftigungen seien jedoch entsprechend der bisherigen Rechtsprechung des BSG ohne Rücksicht auf ihre arbeitsvertragliche Gestaltung als eine einheitliche (versicherungspflichtige) Beschäftigung anzusehen. BSG-Rechtsprechung zum Teilarbeitslosengeld stehe dem nicht entgegen, weil der Begriff "Beschäftigung" dort einen abweichenden leistungsrechtlichen Inhalt habe.

6

Die Beigeladene zu 3. beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 9. September 2010 aufzuheben, soweit es die Rentenversicherungspflicht der Beigeladenen zu 1. betrifft, und insoweit die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 14. Oktober 2008 zurückzuweisen.

7

Der Kläger beantragt,
die Revision der Beigeladenen zu 3. zurückzuweisen.

8

Er hält das Urteil des LSG für zutreffend. Zu Recht habe das LSG angenommen, dass neben der Hauptbeschäftigung eine versicherungsfreie geringfügige Nebenbeschäftigung bei demselben Arbeitgeber vorgelegen habe.

9

Die Beklagte, die Beigeladene zu 1., die zu 2. beigeladene Pflegekasse und die zu 4. beigeladene Bundesagentur für Arbeit haben keinen Antrag gestellt. Die Beigeladene zu 4. schließt sich der Rechtsauffassung der Beigeladenen zu 3. an.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision der Beigeladenen zu 3. (= Träger der gesetzlichen Rentenversicherung) ist begründet und führt zur Aufhebung des LSG-Urteils, soweit es die Rentenversicherungspflicht der Beigeladenen zu 1. betrifft, sowie insoweit zur Zurückweisung der Berufung des Klägers gegen das erstinstanzliche Urteil.

11

Das LSG hat zu Unrecht das klageabweisende Urteil des SG sowie die Bescheide der beklagten Krankenkasse als Einzugsstelle (Bescheid vom 7.12.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.1.2007 und des ergänzenden Bescheides vom 23.7.2009) in vollem Umfang aufgehoben und das Nichtbestehen von Rentenversicherungspflicht festgestellt.

12

Die Bescheide der Beklagten sind hinsichtlich der im Revisionsverfahren allein (noch) streitigen Feststellung der Rentenversicherungspflicht rechtmäßig. Die Beigeladene zu 1. war im streitigen Zeitraum von September 2006 bis November 2009 in ihrer für den Kläger ausgeübten weiteren Tätigkeit als Betreuerin nicht wegen Geringfügigkeit dieser Beschäftigung versicherungsfrei, sondern unterlag auch insoweit der Versicherungspflicht als Beschäftigte.

13

1. Gegenstand der Revision der Beigeladenen zu 3. ist entsprechend dem von ihr gestellten, auf die Rentenversicherungspflicht beschränkten Antrag die Aufhebung des Urteils des LSG, soweit es das Urteil des SG und die Bescheide der Beklagten hinsichtlich der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung aufgehoben hat. Der während des Berufungsverfahrens erlassene Bescheid vom 23.7.2009 hat den Bescheid vom 7.12.2006 um die Feststellungen des Bestehens von Versicherungspflicht in den im Einzelnen konkretisierend genannten Versicherungszweigen sowie hinsichtlich deren Beginn in der weiteren Beschäftigung iS von § 96 Abs 1 SGG iVm § 153 Abs 1 SGG ergänzt und insoweit ersetzt(vgl allgemein BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - USK 2011-125, Juris RdNr 13). Zwar hat das LSG den Bescheid vom 23.7.2009 im Tenor seines Urteils nicht ausdrücklich benannt, aus dessen Hervorhebung in den Entscheidungsgründen als vom LSG geprüfter Bescheid ergibt sich jedoch, dass es über beide Bescheide entschieden und diese vollständig aufgehoben hat.

14

2. Die Revision der Beigeladenen zu 3. ist zulässig. Die Beigeladene zu 3. war als Rentenversicherungsträger befugt, gegen das Urteil des LSG - soweit es die ihren Aufgabenbereich berührende Rentenversicherungspflicht betrifft - Revision einzulegen, weil die Entscheidung des LSG sie insoweit beschwert (vgl BSGE 17, 1, 2 = SozR Nr 31 zu § 165 RVO; BSGE 84, 136, 139 = SozR 3-2400 § 28h Nr 9). Die Revision hat auch in der Sache Erfolg (dazu im Folgenden 3. bis 5.).

15

3. Zutreffend hat das LSG die Beklagte als die für die Durchführung der Krankenversicherung der Beigeladenen zu 1. zuständige Krankenkasse und damit als Einzugsstelle angesehen, die gemäß § 28h Abs 2 SGB IV(in der hier anwendbaren, bis zur Änderung durch das Dritte Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 5.8.2010 geltenden Fassung) iVm § 28i S 1 SGB IV für die Entscheidung über das Bestehen von Versicherungspflicht in der weiteren Tätigkeit der Beigeladenen zu 1. für den Kläger zuständig war. Zwar ist die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See gemäß § 28i S 5 SGB IV(idF des Gesetzes zur Organisationsreform in der gesetzlichen Rentenversicherung vom 9.12.2004, BGBl I 3242) bei geringfügigen Beschäftigungen die zuständige Einzugsstelle; für die vom Arbeitgeber beantragte Feststellung, ob ein bei ihm versicherungspflichtig Beschäftigter auch in einer weiteren Tätigkeit bei ihm der Versicherungspflicht unterliegt, verblieb es jedoch bei der Zuständigkeit der für den versicherungspflichtig Beschäftigten bisher zuständigen Krankenkasse.

16

4. Die Beklagte hat in ihren Bescheiden ausgehend von den dafür maßgebenden Rechtsgrundlagen zutreffend angenommen, dass die Beigeladene zu 1. von September 2006 bis November 2009 auch in ihrer weiteren Tätigkeit als Betreuerin beschäftigt war und deshalb der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterlag.

17

a. In den Jahren 2006 bis 2009, um die es hier geht, unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, in der gesetzlichen Rentenversicherung gemäß § 1 S 1 Nr 1 SGB VI der Versicherungspflicht. Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer (abhängigen) Beschäftigung war § 7 Abs 1 SGB IV in seiner bis heute unverändert geltenden Fassung. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs 1 S 1 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (stRspr, vgl zum Ganzen zB BSG Urteil vom 25.4.2012 - B 12 KR 24/10 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen - Juris RdNr 16).

18

b. Im vorliegenden Rechtsstreit ist das LSG für die hier (allein) zu beurteilende Fallkonstellation auf der Grundlage der genannten Rechtsprechung und aufgrund einer Gesamtwürdigung der von ihm ermittelten, als Kriterien für eine selbstständige Tätigkeit oder eine Beschäftigung in Betracht kommenden tatsächlichen Umstände nach seinen nicht mit zulässigen und begründeten Revisionsrügen angegriffenen und damit für den Senat bindenden Feststellungen (vgl § 163 SGG) zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beigeladene zu 1. in ihrer Tätigkeit als Betreuerin von September 2006 bis November 2009 beschäftigt war. Hiervon gehen gleichermaßen die Beteiligten aus. Die vom Berufungsgericht hierbei zu Grunde gelegten rechtlichen Grundsätze sind zutreffend, auch die von ihm vorgenommene Gesamtwürdigung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl zu den Prüfungsmaßstäben BSG aaO Juris RdNr 22 ff).

19

5. Zu Unrecht ist das LSG allerdings zu der Einschätzung gelangt, dass die Beigeladene zu 1. in ihrer weiteren für den Kläger ausgeübten Beschäftigung wegen Geringfügigkeit in der gesetzlichen Rentenversicherung ausnahmsweise nicht versicherungspflichtig, sondern versicherungsfrei war. Die Voraussetzungen des § 5 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB VI lagen darauf bezogen nicht vor.

20

a. Gemäß § 5 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB VI in der hier anzuwendenden ab 1.4.2003 geltenden Fassung (des Zweiten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2002, BGBl I 4621) sind in der gesetzlichen Rentenversicherung Personen in einer geringfügigen Beschäftigung iS von § 8 Abs 1 und § 8a SGB IV versicherungsfrei. Gemäß § 8 Abs 1 Nr 1 SGB IV(idF dieses Gesetzes, aaO) liegt eine geringfügige Beschäftigung vor, wenn das Arbeitsentgelt aus ihr regelmäßig 400 Euro im Monat nicht übersteigt. Aus § 5 Abs 2 S 1 Halbs 2 SGB VI(in der ab 1.4.2003 geltenden Fassung dieses Gesetzes, aaO) iVm § 8 Abs 2 SGB IV folgt, dass - mit Ausnahme einer geringfügigen Beschäftigung - eine geringfügige Beschäftigung mit einer nicht geringfügigen, in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtigen Beschäftigung zusammenzurechnen ist. Zu Unrecht hat das LSG angenommen, dass die Beschäftigung der Beigeladenen zu 1. als Betreuerin eine versicherungsfreie geringfügige Beschäftigung iS dieser Vorschriften war, die nicht mit ihrer beim Kläger darüber hinaus ausgeübten versicherungspflichtigen Beschäftigung als Verwaltungsangestellte zusammenzurechnen war.

21

b. Zwar hat das LSG festgestellt, dass das aus der weiteren Beschäftigung erzielte Entgelt der Beigeladenen zu 1. in der streitigen Zeit von September 2006 bis November 2009 in der Regel 400 Euro monatlich nicht überstieg. Eine daran anknüpfende geringfügige Beschäftigung iS von § 5 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB VI, § 8 Abs 1 Nr 1, Abs 2 SGB IV lag bereits deshalb nicht vor, weil die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1. als Betreuerin bei demselben Arbeitgeber verrichtet wurde. Infolgedessen ist von einer (einzigen) einheitlichen Beschäftigung der Beigeladenen zu 1. im Sinne dieser Vorschriften mit einem Gesamtentgelt auszugehen, das die für die Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit geltende Entgeltgrenze überstieg.

22

c. Dem LSG kann nicht darin gefolgt werden, dass neben einer versicherungspflichtigen Beschäftigung eine versicherungsfreie geringfügige Beschäftigung auch dann vorliegen kann, wenn letztere bei demselben Arbeitgeber verrichtet wird.

23

Der Senat hat schon in seinem Urteil vom 16.2.1983 (12 RK 26/81 - BSGE 55, 1 = SozR 2200 § 168 Nr 7)entschieden, dass Beschäftigungen unabhängig von deren arbeitsvertraglicher Gestaltung bei demselben Arbeitgeber sozialversicherungsrechtlich für die Beurteilung der Geringfügigkeit als Voraussetzung für die Versicherungsfreiheit nicht nur nach § 168 Abs 1 Nr 1 RVO und § 1228 Nr 4 RVO in den bis zum 30.6.1977 geltenden Fassungen (aF), sondern auch in den ab 1.7.1977 geltenden Fassungen als einheitliche Beschäftigung zu werten waren. Er hat dies unter Berücksichtigung des Wortlauts und der Entstehungsgeschichte dieser Vorschriften damit begründet, dass es keine Anhaltspunkte dafür gab, dass mit der Neufassung dieser Vorschriften eine weitreichende Rechtsänderung dahin erfolgen sollte, dass eine Nebenbeschäftigung, die ausdrücklich nach § 168 Abs 1 Nr 1 RVO aF und § 1228 Nr 4 RVO aF neben einer Hauptbeschäftigung nur versicherungsfrei sein konnte, wenn sie nicht bei demselben Arbeitgeber ausgeübt wurde, nach der damaligen Rechtsänderung nicht mehr der Versicherungspflicht unterliegen sollte, obwohl sie bei demselben Arbeitgeber verrichtet wurde. Durch die Neuregelung der geringfügigen Beschäftigung in § 8 SGB IV und die Angleichung der § 168 Abs 1 Nr 1 RVO aF und § 1228 Nr 4 RVO aF wurden seinerzeit die bis dahin sowohl im Krankenversicherungs- als auch Rentenversicherungsrecht geregelten Voraussetzungen der versicherungsfreien Nebenbeschäftigung überarbeitet, zusammengefasst, im Wortlaut geändert und der Begriff der Nebenbeschäftigung durch den Begriff der geringfügigen Beschäftigung ersetzt. Der Senat hat in seinem Urteil darauf abgestellt, dass im Hinblick auf die durch eine solche Rechtsänderung entstehenden erheblichen Manipulationsmöglichkeiten eine beabsichtigte Änderung der Versicherungspflicht von Nebenbeschäftigungen bei demselben Arbeitgeber in irgendeiner Form in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck hätte kommen müssen, was jedoch nicht der Fall war.

24

An dieser Rechtsprechung hält der Senat nach erneuter Prüfung auch bezogen auf die vorliegend anzuwendenden Vorschriften - insbesondere des § 5 Abs 2 SGB VI - fest. Die Auffassung des LSG, die Grenze jeder Auslegung sei der Wortlaut einer Vorschrift, der hier die vom BSG angenommene Einschränkung nicht explizit enthalte, berücksichtigt nicht hinreichend, dass dann, wenn - wie auch hier - der Wortlaut einer gesetzlichen Regelung jedenfalls nicht eindeutig, sondern offen ist, durch weitere Auslegungsmethoden der Inhalt ermittelt werden muss. Entgegen der Auffassung des LSG war dem Wortlaut der genannten Vorschriften nicht eindeutig zu entnehmen und ist dem Wortlaut der aktuell heranzuziehenden Regelungen ebenfalls nicht zu entnehmen, ob und unter welchen Voraussetzungen mehrere verschiedene, für einen Arbeitgeber verrichtete Beschäftigungen als eine oder mehrere Beschäftigungen im Rechtssinne anzusehen sind.

25

d. Nach Ergehen des Senatsurteils vom 16.2.1983 (aaO), dem die Sozialversicherungsträger und - soweit ersichtlich - bis auf das nunmehr angefochtene Urteil auch die instanzgerichtliche Rechtsprechung gefolgt sind, haben auch spätere Änderungen von § 8 SGB IV, § 1228 RVO und § 5 SGB VI die Versicherungspflicht einer geringfügigen Beschäftigung, die neben einer versicherungspflichtigen Beschäftigung beim selben Arbeitgeber ausgeübt wird, nicht beseitigt. Hätte die über fast drei Jahrzehnte hinweg bekannte BSG-Rechtsprechung, wonach bei der hier gegebenen Konstellation nicht mehrere Beschäftigungen vorliegen, sondern eine einheitliche Beschäftigung im Sinne der Vorschriften über die Geringfügigkeit besteht, nicht den Intentionen des Gesetzgebers entsprochen, wäre es naheliegend gewesen, die Rechtslage im Zuge einer der zahlreichen anderen Gesetzesneuregelungen im Bereich des Sozialversicherungsrechts zu revidieren. Das ist jedoch nicht geschehen (der BSG-Rspr weiter folgend auch zB: Knospe in Hauck/Haines, SGB IV, K § 8 RdNr 28, Stand Einzelkommentierung II/2007; Fichte in Hauck/Noftz, SGB VI, K § 1 RdNr 21, Stand Einzelkommentierung XII/2006; Marschner in Kreikebohm, SGB IV, 2008, § 8 RdNr 14; Seewald in KassKomm, § 8 SGB IV RdNr 29, Stand Einzelkommentierung Oktober 2011; Dankelmann in Eichenhofer/Wenner, SGB I/IV/X, 2012, § 8 SGB IV RdNr 54; kritisch: Berchtold in Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 2. Aufl 2011, § 8 SGB IV RdNr 14).

26

§ 1228 Nr 4 RVO, § 4 Nr 5 AVG und § 30 Nr 4 RKG wurden vielmehr durch das Rentenreformgesetz vom 18.12.1989 (BGBl I 2261, 1990 I 1337) mit Wirkung zum 1.1.1992 durch § 5 Abs 2 S 1 Nr 2 SGB VI weitgehend wortgleich ersetzt, ohne dass Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Änderungen der Rechtslage im Hinblick auf die Versicherungspflicht einer neben einer versicherungspflichtigen Beschäftigung ausgeübten weiteren geringfügigen Beschäftigung bei demselben Arbeitgeber erfolgen sollten. Auch die Änderungen des § 8 SGB IV und § 5 SGB VI zum 1.4.1999 (durch das Gesetz zur Neuregelung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse vom 24.3.1999, BGBl I 388) enthielten keine Einschränkung der Versicherungspflicht von Beschäftigungen bei demselben Arbeitgeber, sondern erweiterten ua die Versicherungspflicht geringfügiger Beschäftigungen. § 8 Abs 2 S 1 SGB IV ordnete nunmehr die Zusammenrechnung geringfügiger Beschäftigungen auch mit einer nicht geringfügigen Beschäftigung - in der Rentenversicherung allerdings gemäß § 5 Abs 2 S 1 Halbs 2 SGB VI beschränkt auf eine in der Rentenversicherung versicherungspflichtige Beschäftigung - an. Aus dem in den Gesetzesmaterialien (vgl Gesetzesentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse, BT-Drucks 14/280 S 10) angegebenen Grund für die Änderung, das weitere Aufsplitten von Arbeitsverhältnissen zu verhindern, kann kein Rückschluss auf die bisherige Rechtslage in Bezug auf mehrere Beschäftigungen bei demselben Arbeitgeber gezogen werden. Denn das "Aufsplitten" konnte sich auf mehrere geringfügige Beschäftigungen verschiedener Arbeitnehmer bei einem Arbeitgeber, aber gleichermaßen auf mehrere Beschäftigungen eines Arbeitnehmers bei verschiedenen Arbeitgebern beziehen und musste nicht mehrere Beschäftigungen eines Arbeitnehmers bei einem Arbeitgeber mit umfassen. Auch der Änderung des § 8 Abs 2 SGB IV mit Wirkung zum 1.4.2003 (durch das Zweite Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2002, BGBl I 4621) ist nicht zu entnehmen, dass abweichend von der bis dahin geltenden Rechtslage nunmehr mehrere Tätigkeiten desselben Arbeitnehmers bei demselben Arbeitgeber als mehrere Beschäftigungen iS von § 8 Abs 1 und Abs 2 SGB IV sowie § 5 Abs 2 SGB VI gelten sollten. Zwar sehen die Vorschriften seither wieder die Versicherungsfreiheit einer geringfügigen Beschäftigung neben einer versicherungspflichtigen Beschäftigung vor; es fehlen jedoch Hinweise darauf, dass über die insoweit bereits vor dem 1.4.1999 bestehende Rechtslage hinaus damit erstmals auch eine weitere Beschäftigung bei demselben Arbeitgeber versicherungsfrei sein sollte. Anhaltspunkte hierfür sind weder der aufgrund des Vorschlages des Vermittlungsausschusses (vgl Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses zum Zweiten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt, BT-Drucks 15/202 S 3) Gesetz gewordenen Fassung noch sonstigen Umständen zu entnehmen.

27

e. Die in der höchstrichterlichen Rechtsprechung im Recht der Arbeitsförderung vorgenommene Auslegung des Begriffs der Beschäftigung spricht ebenfalls nicht für die vom LSG vertretene Auslegung.

28

Im Zusammenhang mit der Prüfung der Voraussetzungen eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld sah auch der 7. Senat des BSG in seinem Urteil vom 6.2.1992 (SozR 3-1500 § 54 Nr 9 S 24)für die Beurteilung, ob eine kurzzeitige Beschäftigung iS von § 102 AFG vorliegt, unter Bezugnahme auf das Urteil des 12. Senats vom 16.2.1983 (aaO) Tätigkeiten aufgrund verschiedener Lehraufträge desselben Arbeitgebers ohne Rücksicht auf die vertragliche Gestaltung als einheitliche Beschäftigung an. Soweit der 7. Senat für die Prüfung eines Anspruchs auf Teilarbeitslosengeld nach § 150 SGB III unter Bezugnahme auf die zu dieser Vorschrift vorliegende Gesetzesbegründung annahm, dass prinzipiell bei einem Arbeitgeber zwei anspruchsbegründende Teilzeitbeschäftigungen iS von § 150 Abs 1 Nr 1 iVm § 150 Abs 2 Nr 1 SGB III bestehen können(vgl BSGE 88, 180, 186 = SozR 3-4300 § 150 Nr 1 S 8 und BSGE 90, 270, 271 = SozR 4-4300 § 150 Nr 1 RdNr 7),hat er schon selbst darauf hingewiesen, dass die in den Entscheidungen des 12. Senats vom 16.2.1983 und des 7. Senats vom 6.2.1992 enthaltenen Grundsätze nicht ohne Weiteres auf die Auslegung des Begriffs der Beschäftigung iS von § 150 SGB III übertragbar sind(vgl BSGE 88, 180, 186 = SozR 3-4300 § 150 Nr 1 S 8). Da die Auslegung des Begriffs der "Beschäftigung" in der Sozialversicherung sowohl nach der Rechtsprechung der für die Leistungen als auch für das Beitragsrecht zuständigen Senate "funktionsdifferent" zu erfolgen hat (vgl BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 9 RdNr 21 mwN),kann von der Möglichkeit des Vorliegens mehrerer Beschäftigungen bei demselben Arbeitgeber im leistungsrechtlichen Sinne nicht ohne Weiteres auf eine identische Rechtslage auch im Versicherungs- und Beitragsrecht geschlossen werden. Daher ist die Folgerung, dass neben einer versicherungspflichtigen Beschäftigung eine wegen Geringfügigkeit versicherungsfreie Beschäftigung bei demselben Arbeitgeber bestehen kann, weder zwingend noch gerechtfertigt.

29

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Halbs 3 SGG iVm § 154 Abs 1 und 2, § 162 Abs 3 VwGO. Der Senat war dabei nicht gehindert, die die Beklagte belastende Kostenentscheidung des LSG zu deren Gunsten zu ändern und dem Kläger einen Teil der Kosten des Klage- und Berufungsverfahrens aufzuerlegen, obwohl beide Beteiligten keine Rechtsmittel eingelegt haben. Denn insoweit gilt das Verbot der reformatio in peius nicht (vgl BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 6 RdNr 22 mwN). Im Hinblick auf das Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens des Klägers und der Beklagten im Klage- und Berufungsverfahren erscheint es angemessen, ihnen unter Änderung der Kostenentscheidung des LSG entsprechend dem Verhältnis der Höhe der Rentenversicherungsbeiträge zur Höhe der Gesamtsozialversicherungsbeiträge jeweils die Hälfte der Kosten des Klage- und Berufungsverfahrens aufzuerlegen. Da die Beigeladene zu 3. im Revisionsverfahren in vollem Umfang obsiegt hat und der Kläger insoweit unterlegen ist, sind dem Kläger die Kosten des Revisionsverfahrens einschließlich der Kosten der Beigeladenen zu 3. aufzuerlegen. Da sich die übrigen Beigeladenen im Revisionsverfahren nicht beteiligt haben, sind deren außergerichtlichen Kosten nicht zu erstatten.

30

Der Streitwert für das Revisionsverfahren war gemäß § 197a Abs 1 S 1 Halbs 1 SGG iVm § 63 Abs 2 S 1, § 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 1 GKG in Höhe der zusätzlich vom Kläger als Arbeitgeber zu zahlenden Rentenversicherungsbeiträge festzusetzen.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein.

(2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich oder elektronisch zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und der Betroffene dies unverzüglich verlangt. Ein elektronischer Verwaltungsakt ist unter denselben Voraussetzungen schriftlich zu bestätigen; § 36a Abs. 2 des Ersten Buches findet insoweit keine Anwendung.

(3) Ein schriftlicher oder elektronischer Verwaltungsakt muss die erlassende Behörde erkennen lassen und die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten. Wird für einen Verwaltungsakt, für den durch Rechtsvorschrift die Schriftform angeordnet ist, die elektronische Form verwendet, muss auch das der Signatur zugrunde liegende qualifizierte Zertifikat oder ein zugehöriges qualifiziertes Attributzertifikat die erlassende Behörde erkennen lassen. Im Fall des § 36a Absatz 2 Satz 4 Nummer 3 des Ersten Buches muss die Bestätigung nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes die erlassende Behörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lassen.

(4) Für einen Verwaltungsakt kann für die nach § 36a Abs. 2 des Ersten Buches erforderliche Signatur durch Rechtsvorschrift die dauerhafte Überprüfbarkeit vorgeschrieben werden.

(5) Bei einem Verwaltungsakt, der mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird, können abweichend von Absatz 3 Satz 1 Unterschrift und Namenswiedergabe fehlen; bei einem elektronischen Verwaltungsakt muss auch das der Signatur zugrunde liegende Zertifikat nur die erlassende Behörde erkennen lassen. Zur Inhaltsangabe können Schlüsselzeichen verwendet werden, wenn derjenige, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, auf Grund der dazu gegebenen Erläuterungen den Inhalt des Verwaltungsaktes eindeutig erkennen kann.

Tenor

Das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 5. November 2010 wird aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 10 573,62 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die klagende Krankenkasse wendet sich gegen die Heranziehung von "Aufwandsentschädigungen", die ihre Rechtsvorgängerin Mitarbeitern für die Werbung neuer Mitglieder gezahlt hat, zur Bemessung von Beiträgen zu den Zweigen der Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung.

2

Die Klägerin ist Rechtsnachfolgerin der Kaufmännischen Krankenkasse (im Folgenden einheitlich: die Klägerin). Nach einer Betriebsprüfung für den Zeitraum 1.1.1998 bis 31.12.2001 forderte der beklagte Rentenversicherungsträger (jetzt: Deutsche Rentenversicherung Braunschweig-Hannover) mit Bescheid vom 28.10.2002 von der Klägerin die Nachzahlung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen. Von der Gesamtforderung (13 536,82 Euro) entfielen 10 573,62 Euro auf Beiträge, die nach der Summe als sog "Aufwandsentschädigung" erfolgter Zahlungen erhoben wurden. Diese "Aufwandsentschädigung" von jeweils 30,00 DM wurde ca 400 Innendienstmitarbeitern der Klägerin, die andere dienstliche Aufgaben als die Mitgliederwerbung hatten und arbeitsvertraglich hierzu nicht verpflichtet waren, als Prämie für neu geworbene Krankenkassenmitglieder gezahlt. Hierzu hatte die Beklagte in einer Mitteilung "Aufwandsentschädigung für die Werbung neuer Mitglieder durch Innendienst-Mitarbeiter/innen" vom 18.6.1998 auf die "Notwendigkeit" der Bereitschaft von Innendienstmitarbeitern, neue Mitglieder zu gewinnen, hingewiesen. Den Widerspruch der Klägerin gegen die Berücksichtigung der "Aufwandsentschädigung" als Arbeitsentgelt wies die Beklagte zurück (Widerspruchsbescheid vom 25.11.2004). Die Klage hat das SG abgewiesen (Urteil vom 18.2.2009).

3

Die Berufung der Klägerin hat das LSG unter Änderung der Kostenentscheidung des SG zurückgewiesen (Urteil vom 5.11.2010): Die "Aufwandsentschädigungen" seien beitragspflichtiges Arbeitsentgelt, denn sie seien an Innendienstmitarbeiter der Klägerin im ursächlichen Zusammenhang mit deren sozialversicherungspflichtiger Tätigkeit gezahlt worden, auch wenn diese zur Mitgliederwerbung nicht verpflichtet gewesen seien. Dieser Zusammenhang bestehe, weil gerade das Wissen über die Aufgaben ihrer Organisation und die Kenntnisse über die Besonderheiten ihrer Krankenkasse sowie das hierdurch begründete besondere Vertrauen die Mitarbeiter in die Lage versetzt hätten, wirksam um neue Mitglieder zu werben. Diesen Zusammenhang habe auch die Klägerin erkannt, wie ihre Mitteilung vom 18.6.1998 belege. Im Ergebnis abweichende einkommensteuerrechtliche Rechtsprechung des BFH (BFHE 181, 488) sei für das Sozialversicherungsrecht nicht maßgeblich.

4

Mit der Revision rügt die Klägerin eine Verletzung von § 14 Abs 1 SGB IV. Die Innendienstmitarbeiter seien nicht in ihrer Eigenschaft als Arbeitnehmer, sondern als Krankenkassenmitglieder werbend tätig geworden. Die Mitteilung vom 18.6.1998 sei ein bloßes internes Informationsschreiben an alle Landesverwaltungen, Regionalgeschäftsstellen und Geschäftsstellen zur Klärung der Frage gewesen, ob überhaupt Aufwandsentschädigungen hätten gezahlt werden dürfen. Selbst wenn man der Auffassung sei, es handele sich bei den Werbeaktivitäten der Betroffenen um eine selbstständige Tätigkeit neben der Beschäftigung, liege keine einheitliche Beschäftigung im Sinne der Rechtsprechung des BSG vor. Die Vorinstanzen gingen zu Unrecht davon aus, die Mitarbeiter hätten sich "Insiderwissen" bei der Werbung zunutze gemacht. Der Status als Mitarbeiter sei weder von ihr (der Klägerin) als besonderer Vorteil angesehen worden, noch begründe er ein besonderes Vertrauen bei den Umworbenen. Der vorliegende Sachverhalt sei nicht mit demjenigen der vom LSG zitierten BSG-Rechtsprechung vergleichbar, insbesondere weil die Prämie an alle Mitglieder für eine erfolgreiche Werbung gezahlt worden sei, dh auch ohne dass diese bei ihr beschäftigt gewesen seien.

5

Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 5. November 2010 und des Sozialgerichts Hannover vom 18. Februar 2009 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 28. Oktober 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. November 2004 aufzuheben, soweit darin die Zahlung von mehr als 2963,20 Euro gefordert wird.

6

Die Beklagte beantragt,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

7

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Der Sachverhalt sei ebenso zu beurteilen wie der des Urteils des BSG vom 15.2.1989 (12 RK 34/87 - SozR 2200 § 165 Nr 95).

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision der klagenden Krankenkasse ist im Sinne der Aufhebung des Berufungsurteils und der Zurückverweisung der Sache an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet (vgl § 170 Abs 2 S 2 SGG).

9

Der Senat kann nicht abschließend beurteilen, ob die von der Klägerin in der Zeit vom 1.1.1998 bis 31.12.2001 an Innendienstmitarbeiter gezahlten "Aufwandsentschädigungen" als Arbeitsentgelt zur Beitragsbemessung in den Zweigen der Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung heranzuziehen waren, wie die Vorinstanzen übereinstimmend mit der von der Beklagten bei ihrer Betriebsprüfung gewonnenen Einschätzung meinen.

10

1. Das LSG ist in prozessrechtlicher Hinsicht im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass die Beiladung der Arbeitnehmer, an die die streitige "Aufwandsentschädigung" gezahlt wurde, nicht erforderlich war, da die Beklagte die diesbezügliche Beitragsforderung durch Summenbescheid von der Summe der vom Arbeitgeber gezahlten Beträge geltend machte (vgl BSGE 89, 158, 159 = SozR 3-2400 § 28f Nr 3 S 4). Jedoch ist auch im Rechtstreit über einen Summenbescheid die Beiladung der Fremdversicherungsträger geboten (BSG aaO). Daher wird das LSG vor der erneuten Verhandlung und Entscheidung nicht nur die notwendige Beiladung (§ 75 Abs 2 SGG) der Pflegekasse bei der Klägerin und der Bundesagentur für Arbeit nachzuholen haben. Vielmehr wird das LSG auch zu prüfen haben, ob im Betrieb der Klägerin noch andere Krankenkassen als sie selbst vertreten waren, auf die die durch Summenbescheid erhobenen Beiträge nach § 28i S 3 SGB IV iVm § 175 Abs 3 S 3 SGB V(jeweils idF durch Gesetz vom 21.12.1992, BGBl I 2266) und Ziff 5.3.3. der Gemeinsamen Verlautbarung der Spitzenverbände der Krankenkassen zum Krankenkassenwahlrecht vom 22.11.2001 (Die Beiträge 2002, 312, 347, 352) aufzuteilen waren. In diesem Fall wären auch diese Krankenkassen, deren Pflegekassen sowie die Rechtsnachfolger der Landesversicherungsanstalten, in deren Bezirk diese Krankenkassen ihren Sitz hatten (§ 28k Abs 1 S 3 SGB IV idF durch Gesetz vom 20.12.1996, BGBl I 2049), notwendig beizuladen.

11

2. Die Revision ist nicht etwa bereits deshalb erfolgreich, weil die Beklagte die streitigen Beiträge im Rahmen der bei der Klägerin vorgenommenen Betriebsprüfung nicht im Wege eines Summenbescheids hätte geltend machen dürfen. Nach § 28p Abs 1 S 1 und 5 SGB IV(idF durch Gesetz vom 16.12.1997, BGBl I 2970) prüfen die Träger der Rentenversicherung mindestens alle vier Jahre bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach diesem Gesetzbuch, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen. Sie setzen insoweit auch Beiträge durch Verwaltungsakt fest. Dazu kann der prüfende Träger der Rentenversicherung nach § 28f Abs 2 SGB IV(idF durch Gesetz vom 24.3.1997, BGBl I 594) den Beitrag in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung und zur Arbeitsförderung von der Summe der vom Arbeitgeber gezahlten Arbeitsentgelte geltend machen, wenn ein Arbeitgeber die Aufzeichnungspflicht nicht ordnungsgemäß erfüllt, dadurch die Versicherungs- oder Beitragspflicht oder die Beitragshöhe nicht festgestellt werden können und das Arbeitsentgelt nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand einem bestimmten Beschäftigten zugeordnet werden kann. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat das LSG festgestellt, ohne dass insoweit Rechtsfehler erkennbar sind und die Beteiligten dies mit Revisionsrügen angreifen.

12

3. Die Revision der Klägerin führt indessen aus anderen Gründen jedenfalls zur Aufhebung des LSG-Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die Feststellungen des LSG reichen nicht aus, um abschließend beurteilen zu können, ob die von der Klägerin im streitigen Zeitraum an Innendienstmitarbeiter gezahlten "Aufwandsentschädigungen" für die Werbung von Neumitgliedern als Arbeitsentgelt zur Beitragsbemessung heranzuziehen sind.

13

Bemessungsgrundlage der Beiträge abhängig Beschäftigter ist in der Kranken-, Pflege-, Renten- sowie Arbeitslosenversicherung jeweils das Arbeitsentgelt des Beschäftigten (§ 226 Abs 1 Nr 1 SGB V, § 57 Abs 1 SGB XI iVm § 226 Abs 1 S 1 SGB V, § 162 Nr 1 SGB VI, § 342 SGB III; jeweils in der im streitigen Zeitraum geltenden Fassung). Arbeitsentgelt sind nach dem bis heute inhaltlich unveränderten § 14 Abs 1 S 1 SGB IV (bis 31.3.1999 § 14 Abs 1 SGB IV) "alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden".

14

Eine Beitragspflicht der streitigen "Aufwandsentschädigungen" als Arbeitsentgelt in diesem Sinne folgt - entgegen der Ansicht der Beklagten - nicht bereits aus den im Urteil des Senats vom 15.2.1989 (BSG SozR 2200 § 165 Nr 95) aufgestellten Grundsätzen. Abweichend vom damaligen Sachverhalt wurden die "Aufwandsentschädigungen" vorliegend nämlich nicht unmittelbar aus der Beschäftigung erzielt. In dem genannten Urteil hatte der Senat dagegen Vergütungen, die Zeitungsausträger für die Werbung neuer Abonnenten gezahlt wurden, als beitragspflichtiges Arbeitsentgelt angesehen, denn die sog Werbetätigkeit war kein von der versicherungs- und beitragspflichtigen Beschäftigung als Zeitungsausträger abtrennbarer und - als neben dieser ausgeübte selbstständige Tätigkeit - einer eigenständigen rechtlichen Beurteilung fähiger Teil der Gesamttätigkeit. Hierfür fehlte es an einer für eine selbstständige Tätigkeit kennzeichnenden Werbeinitiative. Vielmehr hatten die Zeitungsausträger nur im Sinne einer im Wesentlichen "mechanischen Botentätigkeit" die Wünsche von Interessenten an den Verlag weiterzugeben.

15

Demgegenüber gehörte im nun zu entscheidenden Fall nach den insoweit nicht mit zulässigen Revisionsrügen oder Gegenrügen angefochtenen und für den Senat deshalb bindenden (§ 163 SGG) tatsächlichen Feststellungen des LSG die Mitgliederwerbung weder zu den arbeitsvertraglichen Pflichten der Empfänger der "Aufwandsentschädigungen" im Rahmen ihrer Beschäftigung als Innendienstmitarbeiter, noch beschränkte sich der "Aufwand" auf die bloße Weitergabe von Beitrittswünschen. Vielmehr wurde nach den Feststellungen des LSG zum Inhalt der Mitteilung der Klägerin vom 18.6.1998 gerade die Bereitschaft dieser Mitarbeiter zum Gewinnen neuer Mitglieder, also zur aktiv werbenden Tätigkeit erwartet und das hiermit verbundene Engagement mit der "Aufwandsentschädigung" in Form eines Geldbetrages erfolgsabhängig im Einzelfall honoriert.

16

Nach der Rechtsprechung des BSG gehören zu den Einnahmen, die im Zusammenhang mit einer Beschäftigung erzielt werden, und damit zum Arbeitsentgelt iS von § 14 Abs 1 S 1 SGB IV jedoch auch solche aus selbstständigen Tätigkeiten in einer sogenannten einheitlichen Beschäftigung. Eine einheitliche Beschäftigung ist anzunehmen, wenn eine selbstständige Tätigkeit mit einer abhängigen Beschäftigung derart verbunden ist, dass sie nur aufgrund der abhängigen Beschäftigung ausgeübt werden kann und insgesamt wie ein Teil der abhängigen Beschäftigung erscheint (BSG SozR 3-2400 § 14 Nr 8 S 16 ff und Nr 15 S 28 f). Die Art der Verbindung, die zwischen selbstständiger Tätigkeit und abhängiger Beschäftigung bestehen muss, um eine einheitliche Beschäftigung annehmen zu können, lässt sich nicht abstrakt für alle selbstständigen Tätigkeiten umschreiben. Sie wird vielmehr von der Eigenart der jeweiligen selbstständigen Tätigkeit bestimmt. Diese muss nicht notwendig weitergehend mit der abhängigen Beschäftigung verbunden sein, etwa in der Art, dass sie in diese zeitlich, örtlich, organisatorisch und inhaltlich eingebunden ist, um eine einheitliche Beschäftigung anzunehmen. Abhängig von der Art der Tätigkeit kann eine einheitliche Beschäftigung auch bereits dann bejaht werden, wenn aus der Beschäftigung gewonnene Kenntnisse und Erfahrungen für die Tätigkeit genutzt werden müssen und die Tätigkeit dem Arbeitgeber nützlich ist (so BSG SozR 3-2400 § 14 Nr 15 S 29 f).

17

Der durch die einheitliche Beschäftigung erfolgenden Verklammerung von Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit steht eine möglicherweise abweichende steuerrechtliche Beurteilung (vgl zu Prämien, die ein Verlagsunternehmen seinen Zeitungsausträgern für die Werbung neuer Abonnenten gewährt, BFHE 181, 488) nicht entgegen. Eine steuerrechtliche Beurteilung als Arbeitslohn oder als Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit (= Arbeitseinkommen iS von § 15 Abs 1 SGB IV) ist für die Beurteilung der im Sozialversicherungsrecht eigenständig geregelten Arbeitsentgelteigenschaft (§ 14 SGB IV) nicht maßgebend oder vorgreiflich (vgl BSGE 66, 219, 221 = SozR 3-2400 § 14 Nr 2 S 4; BSG SozR 3-2400 § 14 Nr 15 S 31). Eine Grenze findet die einheitliche Beschäftigung jedoch dort, wo der Zusammenhang zwischen Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit kein notwendiger mehr ist, insbesondere wenn weder die selbstständige Tätigkeit als solche noch die konkrete Art und Weise ihrer Ausübung vom Bestand der Beschäftigung abhängig sind. In diesem Sinne setzt schon die Entwurfsbegründung zu § 14 SGB IV für den Begriff des Arbeitsentgelts einen ursächlichen Zusammenhang zwischen einer Zuwendung und der Beschäftigung voraus(Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Entwurf eines SGB - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung, BT-Drucks 7/4122 S 32 zu § 14; vgl auch BSG SozR 2100 § 14 Nr 19 S 17 f).

18

Der ursächliche Zusammenhang ist - wie oben dargelegt - nach der Eigenart der jeweiligen selbstständigen Tätigkeit zu bestimmen. Er würde vorliegend dann fehlen, wenn "Aufwandsentschädigungen" zu denselben Bedingungen in nennenswertem Umfang auch an nicht bei der Klägerin beschäftigte Personen gezahlt worden wären und die werbend tätigen Innendienstmitarbeiter der Klägerin aufgrund ihrer Beschäftigung gegenüber diesen Personen keine wesentlichen Vorteile hatten. Ein solcher Zusammenhang dürfte also auch dann bestehen, wenn werbende Innendienstmitarbeiter von Seiten der Klägerin für diese Tätigkeit Unterstützung erhielten, die nicht im selben Umfange auch Personen tatsächlich zuteil wurde, die nicht bei der Klägerin beschäftigt waren.

19

Ob im vorliegenden Fall eine einheitliche Beschäftigung und daher Arbeitsentgelt anzunehmen ist, kann der Senat auf Grundlage der wenigen Tatsachen, die das LSG festgestellt hat, selbst nicht abschließend beurteilen. Soweit das LSG einen Zusammenhang darauf gestützt hat, dass gerade das Wissen über die Aufgaben ihrer Organisation und die Kenntnisse über die Besonderheiten ihrer Krankenkasse sowie das hierdurch begründete besondere Vertrauen die werbenden Innendienstmitarbeiter in die Lage versetzt hätten, wirksam um Mitglieder zu werben, ist - wie auch die Klägerin der Sache nach rügt - nicht erkennbar, welche tatsächlichen Feststellungen dieser Behauptung zugrunde liegen. Insoweit wird das LSG noch festzustellen haben, ob es für eine solche Annahme tatsächliche Anhaltspunkte gibt, auf deren Grundlage es sich rechtsfehlerfrei eine entsprechende Überzeugung bilden kann. Anderenfalls wird es zu ermitteln haben, ob die in der mündlichen Verhandlung protokollierte und in der Revisionsbegründung wiederholte Behauptung der Klägerin zutrifft, die Prämie sei auch an nicht bei ihr angestellte Mitglieder für eine erfolgreiche Werbung gezahlt worden. Dabei wird ua der von Januar 2003 stammende Ausdruck einer Internet-Seite der Klägerin in der Verwaltungsakte der Beklagten (Bl 128) zu würdigen sein, wonach für eine durch externe Personen erfolgende Mitgliederwerbung (nur) eine "kleine Überraschung" und die Teilnahme an einer Verlosung ausgelobt wird. Sofern die "Aufwandsentschädigung" indessen tatsächlich in derselben Höhe auch an nicht bei der Klägerin beschäftigte Mitglieder gezahlt wurde, wird das LSG weiter Ermittlungen darüber anzustellen haben, ob die Innendienstmitarbeiter entgegen dem in der Mitteilung vom 18.6.1998 erweckten Anschein tatsächlich keinerlei Zugriff auf den Datenbestand der Klägerin hatten und von dieser auch nicht in anderer Weise unterstützt wurden, dh, ob sie einen "Wettbewerbsvorteil" gegenüber betriebsexternen Werbern hatten. Sollte das LSG anschließend dazu gelangen, dass das die gezahlten "Aufwandsentschädigungen" dem Grunde nach Arbeitsentgelt iS des § 14 Abs 1 S 1 SGB IV darstellen, so wird es weiter zu prüfen haben, ob dieses möglicherweise nach § 1 Arbeitsentgeltverordnung(in den Fassungen vom 18.12.1984, BGBl I 1642 und vom 12.12.1989, BGBl I 2177) gleichwohl nicht dem Arbeitsentgelt zuzurechnen war. Sofern auf die "Aufwandsentschädigungen" grundsätzlich Beiträge zu erheben waren, wird das LSG sodann auch zu prüfen haben, ob die im angefochtenen Bescheid angenommene Zuständigkeit der Klägerin als Einzugsstelle für die gesamte nach der Summe festgestellte Beitragsforderung im Hinblick auf § 28i S 3 SGB IV iVm § 175 Abs 3 S 3 SGB V(jeweils idF durch Gesetz vom 21.12.1992, BGBl I 2266) und Ziff 5.3.3 der Gemeinsamen Verlautbarung der Spitzenverbände der Krankenkassen zum Krankenkassenwahlrecht vom 22.11.2001 (Die Beiträge 2002, 312, 347, 352, dort Ziff 5.3.3) zutreffend war und ob sich anderenfalls auch aufgrund unterschiedlicher Beitragssätze Auswirkungen auf die Höhe der Beitragsforderung ergeben.

20

4. Die Kostenentscheidung bleibt der das Verfahren abschließenden Entscheidung des LSG vorbehalten. Die dennoch notwendige Streitwertfestsetzung durch den Senat (vgl BSGE 98, 238 = SozR 4-1300 § 111 Nr 4, RdNr 24) beruht auf § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 63 Abs 2 S 1, § 47 Abs 1, § 52 Abs 1 und 3 GKG.

Tenor

Auf die Revision der Beigeladenen zu 3. wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein- Westfalen vom 9. September 2010 aufgehoben, soweit es die Rentenversicherungspflicht der Beigeladenen zu 1. betrifft. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 14. Oktober 2008 wird insoweit zurückgewiesen.

Der Kläger und die Beklagte tragen jeweils die Hälfte der Kosten des Klage- und Berufungsverfahrens. Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 3. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 2285,37 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten (noch) darüber, ob die Beigeladene zu 1. als Betreuerin psychisch erkrankter Menschen der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung als Beschäftigte unterlag.

2

Die Beigeladene zu 1. war seit Januar 1990 bei dem klagenden Verein als Verwaltungsangestellte - seit 2005 wegen eines Studiums der Sozialarbeit im Umfang von 24 Wochenstunden - beschäftigt. Daneben unterstützte sie ab 1.9.2006 auf der Grundlage jeweils gesonderter Verträge mit dem Kläger "über die Übernahme einer eigenverantwortlichen Betreuung im Rahmen eines arbeitnehmerähnlichen Vertragsverhältnisses" psychisch kranke Menschen, die in einer betreuten Wohneinrichtung des Klägers lebten; die Vergütung hierfür überstieg regelmäßig nicht 400 Euro im Monat.

3

Auf Anfrage des Klägers stellte die beklagte Krankenkasse als Einzugsstelle mit Bescheid vom 7.12.2006 fest, dass die Beigeladene zu 1. auch in ihrer Tätigkeit als Betreuerin der Sozialversicherungspflicht als Beschäftigte des Klägers unterliege. Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11.1.2007 zurück.

4

Das SG hat die Klage abgewiesen, weil die Beigeladene zu 1. in ihrer weiteren Tätigkeit für den Kläger seit 1.9.2006 als Beschäftigte in allen Zweigen der Sozialversicherung versicherungspflichtig sei (Urteil vom 14.10.2008). Nach Einlegung der Berufung durch den Kläger hat die Beklagte mit Bescheid vom 23.7.2009 unter Änderung des Ausgangsbescheides insoweit ergänzend die Feststellung der Versicherungspflicht in Bezug auf die Zweige der gesetzlichen Kranken-, sozialen Pflege-, gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung und deren Beginn ab 1.9.2006 konkretisiert. Das LSG hat das Urteil des SG aufgehoben und unter Aufhebung der ergangenen Bescheide festgestellt, dass die Beigeladene zu 1. in der Zeit von September 2006 bis November 2009 in ihrer weiteren Tätigkeit nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei: Zwar sei die Beigeladene zu 1. in ihrer betreuenden Tätigkeit nicht selbstständig tätig, sondern beschäftigt gewesen; sie habe jedoch in dieser Beschäftigung nicht der Sozialversicherungspflicht unterlegen, weil sie als Betreuerin beim Kläger nur geringfügig iS von § 8 Abs 1 Nr 1 SGB IV beschäftigt und damit versicherungsfrei gewesen sei. Eine Zusammenrechnung der Entgelte aus beiden Beschäftigungen habe hier nicht gemäß § 8 Abs 2 S 1 SGB IV zu erfolgen. Entgegen der Auffassung der Beklagten und der älteren Rechtsprechung des BSG (BSGE 55, 1 = SozR 2200 § 168 Nr 7) sei eine weitere geringfügige Nebenbeschäftigung bei demselben Arbeitgeber wegen des eindeutigen, deutlich von dem Wortlaut der bis zum 30.6.1977 geltenden Regelung des § 168 Abs 1 Nr 1 RVO abweichenden Wortlauts des § 8 Abs 2 S 1 SGB IV und der seit 1998 bestehenden Regelung über das Teilarbeitslosengeld sowie der dazu ergangenen Rechtsprechung(BSGE 88, 180 = SozR 3-4300 § 150 Nr 1) nicht als einheitliche Beschäftigung anzusehen (Urteil vom 9.9.2010).

5

Mit seiner auf die Entscheidung des LSG zur Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung der Beigeladenen zu 1. beschränkten Revision rügt der zu 3. beigeladene Rentenversicherungsträger die Verletzung von § 1 S 1 Nr 1, § 5 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB VI iVm § 8 Abs 1 Nr 1 und Abs 2 S 1 SGB IV. Zwar sei das LSG zutreffend davon ausgegangen, dass die Beigeladene zu 1. in allen Tätigkeiten beim Kläger beschäftigt gewesen sei, alle bei demselben Arbeitgeber ausgeübten Beschäftigungen seien jedoch entsprechend der bisherigen Rechtsprechung des BSG ohne Rücksicht auf ihre arbeitsvertragliche Gestaltung als eine einheitliche (versicherungspflichtige) Beschäftigung anzusehen. BSG-Rechtsprechung zum Teilarbeitslosengeld stehe dem nicht entgegen, weil der Begriff "Beschäftigung" dort einen abweichenden leistungsrechtlichen Inhalt habe.

6

Die Beigeladene zu 3. beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 9. September 2010 aufzuheben, soweit es die Rentenversicherungspflicht der Beigeladenen zu 1. betrifft, und insoweit die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 14. Oktober 2008 zurückzuweisen.

7

Der Kläger beantragt,
die Revision der Beigeladenen zu 3. zurückzuweisen.

8

Er hält das Urteil des LSG für zutreffend. Zu Recht habe das LSG angenommen, dass neben der Hauptbeschäftigung eine versicherungsfreie geringfügige Nebenbeschäftigung bei demselben Arbeitgeber vorgelegen habe.

9

Die Beklagte, die Beigeladene zu 1., die zu 2. beigeladene Pflegekasse und die zu 4. beigeladene Bundesagentur für Arbeit haben keinen Antrag gestellt. Die Beigeladene zu 4. schließt sich der Rechtsauffassung der Beigeladenen zu 3. an.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision der Beigeladenen zu 3. (= Träger der gesetzlichen Rentenversicherung) ist begründet und führt zur Aufhebung des LSG-Urteils, soweit es die Rentenversicherungspflicht der Beigeladenen zu 1. betrifft, sowie insoweit zur Zurückweisung der Berufung des Klägers gegen das erstinstanzliche Urteil.

11

Das LSG hat zu Unrecht das klageabweisende Urteil des SG sowie die Bescheide der beklagten Krankenkasse als Einzugsstelle (Bescheid vom 7.12.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.1.2007 und des ergänzenden Bescheides vom 23.7.2009) in vollem Umfang aufgehoben und das Nichtbestehen von Rentenversicherungspflicht festgestellt.

12

Die Bescheide der Beklagten sind hinsichtlich der im Revisionsverfahren allein (noch) streitigen Feststellung der Rentenversicherungspflicht rechtmäßig. Die Beigeladene zu 1. war im streitigen Zeitraum von September 2006 bis November 2009 in ihrer für den Kläger ausgeübten weiteren Tätigkeit als Betreuerin nicht wegen Geringfügigkeit dieser Beschäftigung versicherungsfrei, sondern unterlag auch insoweit der Versicherungspflicht als Beschäftigte.

13

1. Gegenstand der Revision der Beigeladenen zu 3. ist entsprechend dem von ihr gestellten, auf die Rentenversicherungspflicht beschränkten Antrag die Aufhebung des Urteils des LSG, soweit es das Urteil des SG und die Bescheide der Beklagten hinsichtlich der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung aufgehoben hat. Der während des Berufungsverfahrens erlassene Bescheid vom 23.7.2009 hat den Bescheid vom 7.12.2006 um die Feststellungen des Bestehens von Versicherungspflicht in den im Einzelnen konkretisierend genannten Versicherungszweigen sowie hinsichtlich deren Beginn in der weiteren Beschäftigung iS von § 96 Abs 1 SGG iVm § 153 Abs 1 SGG ergänzt und insoweit ersetzt(vgl allgemein BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - USK 2011-125, Juris RdNr 13). Zwar hat das LSG den Bescheid vom 23.7.2009 im Tenor seines Urteils nicht ausdrücklich benannt, aus dessen Hervorhebung in den Entscheidungsgründen als vom LSG geprüfter Bescheid ergibt sich jedoch, dass es über beide Bescheide entschieden und diese vollständig aufgehoben hat.

14

2. Die Revision der Beigeladenen zu 3. ist zulässig. Die Beigeladene zu 3. war als Rentenversicherungsträger befugt, gegen das Urteil des LSG - soweit es die ihren Aufgabenbereich berührende Rentenversicherungspflicht betrifft - Revision einzulegen, weil die Entscheidung des LSG sie insoweit beschwert (vgl BSGE 17, 1, 2 = SozR Nr 31 zu § 165 RVO; BSGE 84, 136, 139 = SozR 3-2400 § 28h Nr 9). Die Revision hat auch in der Sache Erfolg (dazu im Folgenden 3. bis 5.).

15

3. Zutreffend hat das LSG die Beklagte als die für die Durchführung der Krankenversicherung der Beigeladenen zu 1. zuständige Krankenkasse und damit als Einzugsstelle angesehen, die gemäß § 28h Abs 2 SGB IV(in der hier anwendbaren, bis zur Änderung durch das Dritte Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 5.8.2010 geltenden Fassung) iVm § 28i S 1 SGB IV für die Entscheidung über das Bestehen von Versicherungspflicht in der weiteren Tätigkeit der Beigeladenen zu 1. für den Kläger zuständig war. Zwar ist die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See gemäß § 28i S 5 SGB IV(idF des Gesetzes zur Organisationsreform in der gesetzlichen Rentenversicherung vom 9.12.2004, BGBl I 3242) bei geringfügigen Beschäftigungen die zuständige Einzugsstelle; für die vom Arbeitgeber beantragte Feststellung, ob ein bei ihm versicherungspflichtig Beschäftigter auch in einer weiteren Tätigkeit bei ihm der Versicherungspflicht unterliegt, verblieb es jedoch bei der Zuständigkeit der für den versicherungspflichtig Beschäftigten bisher zuständigen Krankenkasse.

16

4. Die Beklagte hat in ihren Bescheiden ausgehend von den dafür maßgebenden Rechtsgrundlagen zutreffend angenommen, dass die Beigeladene zu 1. von September 2006 bis November 2009 auch in ihrer weiteren Tätigkeit als Betreuerin beschäftigt war und deshalb der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterlag.

17

a. In den Jahren 2006 bis 2009, um die es hier geht, unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, in der gesetzlichen Rentenversicherung gemäß § 1 S 1 Nr 1 SGB VI der Versicherungspflicht. Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer (abhängigen) Beschäftigung war § 7 Abs 1 SGB IV in seiner bis heute unverändert geltenden Fassung. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs 1 S 1 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (stRspr, vgl zum Ganzen zB BSG Urteil vom 25.4.2012 - B 12 KR 24/10 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen - Juris RdNr 16).

18

b. Im vorliegenden Rechtsstreit ist das LSG für die hier (allein) zu beurteilende Fallkonstellation auf der Grundlage der genannten Rechtsprechung und aufgrund einer Gesamtwürdigung der von ihm ermittelten, als Kriterien für eine selbstständige Tätigkeit oder eine Beschäftigung in Betracht kommenden tatsächlichen Umstände nach seinen nicht mit zulässigen und begründeten Revisionsrügen angegriffenen und damit für den Senat bindenden Feststellungen (vgl § 163 SGG) zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beigeladene zu 1. in ihrer Tätigkeit als Betreuerin von September 2006 bis November 2009 beschäftigt war. Hiervon gehen gleichermaßen die Beteiligten aus. Die vom Berufungsgericht hierbei zu Grunde gelegten rechtlichen Grundsätze sind zutreffend, auch die von ihm vorgenommene Gesamtwürdigung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl zu den Prüfungsmaßstäben BSG aaO Juris RdNr 22 ff).

19

5. Zu Unrecht ist das LSG allerdings zu der Einschätzung gelangt, dass die Beigeladene zu 1. in ihrer weiteren für den Kläger ausgeübten Beschäftigung wegen Geringfügigkeit in der gesetzlichen Rentenversicherung ausnahmsweise nicht versicherungspflichtig, sondern versicherungsfrei war. Die Voraussetzungen des § 5 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB VI lagen darauf bezogen nicht vor.

20

a. Gemäß § 5 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB VI in der hier anzuwendenden ab 1.4.2003 geltenden Fassung (des Zweiten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2002, BGBl I 4621) sind in der gesetzlichen Rentenversicherung Personen in einer geringfügigen Beschäftigung iS von § 8 Abs 1 und § 8a SGB IV versicherungsfrei. Gemäß § 8 Abs 1 Nr 1 SGB IV(idF dieses Gesetzes, aaO) liegt eine geringfügige Beschäftigung vor, wenn das Arbeitsentgelt aus ihr regelmäßig 400 Euro im Monat nicht übersteigt. Aus § 5 Abs 2 S 1 Halbs 2 SGB VI(in der ab 1.4.2003 geltenden Fassung dieses Gesetzes, aaO) iVm § 8 Abs 2 SGB IV folgt, dass - mit Ausnahme einer geringfügigen Beschäftigung - eine geringfügige Beschäftigung mit einer nicht geringfügigen, in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtigen Beschäftigung zusammenzurechnen ist. Zu Unrecht hat das LSG angenommen, dass die Beschäftigung der Beigeladenen zu 1. als Betreuerin eine versicherungsfreie geringfügige Beschäftigung iS dieser Vorschriften war, die nicht mit ihrer beim Kläger darüber hinaus ausgeübten versicherungspflichtigen Beschäftigung als Verwaltungsangestellte zusammenzurechnen war.

21

b. Zwar hat das LSG festgestellt, dass das aus der weiteren Beschäftigung erzielte Entgelt der Beigeladenen zu 1. in der streitigen Zeit von September 2006 bis November 2009 in der Regel 400 Euro monatlich nicht überstieg. Eine daran anknüpfende geringfügige Beschäftigung iS von § 5 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB VI, § 8 Abs 1 Nr 1, Abs 2 SGB IV lag bereits deshalb nicht vor, weil die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1. als Betreuerin bei demselben Arbeitgeber verrichtet wurde. Infolgedessen ist von einer (einzigen) einheitlichen Beschäftigung der Beigeladenen zu 1. im Sinne dieser Vorschriften mit einem Gesamtentgelt auszugehen, das die für die Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit geltende Entgeltgrenze überstieg.

22

c. Dem LSG kann nicht darin gefolgt werden, dass neben einer versicherungspflichtigen Beschäftigung eine versicherungsfreie geringfügige Beschäftigung auch dann vorliegen kann, wenn letztere bei demselben Arbeitgeber verrichtet wird.

23

Der Senat hat schon in seinem Urteil vom 16.2.1983 (12 RK 26/81 - BSGE 55, 1 = SozR 2200 § 168 Nr 7)entschieden, dass Beschäftigungen unabhängig von deren arbeitsvertraglicher Gestaltung bei demselben Arbeitgeber sozialversicherungsrechtlich für die Beurteilung der Geringfügigkeit als Voraussetzung für die Versicherungsfreiheit nicht nur nach § 168 Abs 1 Nr 1 RVO und § 1228 Nr 4 RVO in den bis zum 30.6.1977 geltenden Fassungen (aF), sondern auch in den ab 1.7.1977 geltenden Fassungen als einheitliche Beschäftigung zu werten waren. Er hat dies unter Berücksichtigung des Wortlauts und der Entstehungsgeschichte dieser Vorschriften damit begründet, dass es keine Anhaltspunkte dafür gab, dass mit der Neufassung dieser Vorschriften eine weitreichende Rechtsänderung dahin erfolgen sollte, dass eine Nebenbeschäftigung, die ausdrücklich nach § 168 Abs 1 Nr 1 RVO aF und § 1228 Nr 4 RVO aF neben einer Hauptbeschäftigung nur versicherungsfrei sein konnte, wenn sie nicht bei demselben Arbeitgeber ausgeübt wurde, nach der damaligen Rechtsänderung nicht mehr der Versicherungspflicht unterliegen sollte, obwohl sie bei demselben Arbeitgeber verrichtet wurde. Durch die Neuregelung der geringfügigen Beschäftigung in § 8 SGB IV und die Angleichung der § 168 Abs 1 Nr 1 RVO aF und § 1228 Nr 4 RVO aF wurden seinerzeit die bis dahin sowohl im Krankenversicherungs- als auch Rentenversicherungsrecht geregelten Voraussetzungen der versicherungsfreien Nebenbeschäftigung überarbeitet, zusammengefasst, im Wortlaut geändert und der Begriff der Nebenbeschäftigung durch den Begriff der geringfügigen Beschäftigung ersetzt. Der Senat hat in seinem Urteil darauf abgestellt, dass im Hinblick auf die durch eine solche Rechtsänderung entstehenden erheblichen Manipulationsmöglichkeiten eine beabsichtigte Änderung der Versicherungspflicht von Nebenbeschäftigungen bei demselben Arbeitgeber in irgendeiner Form in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck hätte kommen müssen, was jedoch nicht der Fall war.

24

An dieser Rechtsprechung hält der Senat nach erneuter Prüfung auch bezogen auf die vorliegend anzuwendenden Vorschriften - insbesondere des § 5 Abs 2 SGB VI - fest. Die Auffassung des LSG, die Grenze jeder Auslegung sei der Wortlaut einer Vorschrift, der hier die vom BSG angenommene Einschränkung nicht explizit enthalte, berücksichtigt nicht hinreichend, dass dann, wenn - wie auch hier - der Wortlaut einer gesetzlichen Regelung jedenfalls nicht eindeutig, sondern offen ist, durch weitere Auslegungsmethoden der Inhalt ermittelt werden muss. Entgegen der Auffassung des LSG war dem Wortlaut der genannten Vorschriften nicht eindeutig zu entnehmen und ist dem Wortlaut der aktuell heranzuziehenden Regelungen ebenfalls nicht zu entnehmen, ob und unter welchen Voraussetzungen mehrere verschiedene, für einen Arbeitgeber verrichtete Beschäftigungen als eine oder mehrere Beschäftigungen im Rechtssinne anzusehen sind.

25

d. Nach Ergehen des Senatsurteils vom 16.2.1983 (aaO), dem die Sozialversicherungsträger und - soweit ersichtlich - bis auf das nunmehr angefochtene Urteil auch die instanzgerichtliche Rechtsprechung gefolgt sind, haben auch spätere Änderungen von § 8 SGB IV, § 1228 RVO und § 5 SGB VI die Versicherungspflicht einer geringfügigen Beschäftigung, die neben einer versicherungspflichtigen Beschäftigung beim selben Arbeitgeber ausgeübt wird, nicht beseitigt. Hätte die über fast drei Jahrzehnte hinweg bekannte BSG-Rechtsprechung, wonach bei der hier gegebenen Konstellation nicht mehrere Beschäftigungen vorliegen, sondern eine einheitliche Beschäftigung im Sinne der Vorschriften über die Geringfügigkeit besteht, nicht den Intentionen des Gesetzgebers entsprochen, wäre es naheliegend gewesen, die Rechtslage im Zuge einer der zahlreichen anderen Gesetzesneuregelungen im Bereich des Sozialversicherungsrechts zu revidieren. Das ist jedoch nicht geschehen (der BSG-Rspr weiter folgend auch zB: Knospe in Hauck/Haines, SGB IV, K § 8 RdNr 28, Stand Einzelkommentierung II/2007; Fichte in Hauck/Noftz, SGB VI, K § 1 RdNr 21, Stand Einzelkommentierung XII/2006; Marschner in Kreikebohm, SGB IV, 2008, § 8 RdNr 14; Seewald in KassKomm, § 8 SGB IV RdNr 29, Stand Einzelkommentierung Oktober 2011; Dankelmann in Eichenhofer/Wenner, SGB I/IV/X, 2012, § 8 SGB IV RdNr 54; kritisch: Berchtold in Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 2. Aufl 2011, § 8 SGB IV RdNr 14).

26

§ 1228 Nr 4 RVO, § 4 Nr 5 AVG und § 30 Nr 4 RKG wurden vielmehr durch das Rentenreformgesetz vom 18.12.1989 (BGBl I 2261, 1990 I 1337) mit Wirkung zum 1.1.1992 durch § 5 Abs 2 S 1 Nr 2 SGB VI weitgehend wortgleich ersetzt, ohne dass Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Änderungen der Rechtslage im Hinblick auf die Versicherungspflicht einer neben einer versicherungspflichtigen Beschäftigung ausgeübten weiteren geringfügigen Beschäftigung bei demselben Arbeitgeber erfolgen sollten. Auch die Änderungen des § 8 SGB IV und § 5 SGB VI zum 1.4.1999 (durch das Gesetz zur Neuregelung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse vom 24.3.1999, BGBl I 388) enthielten keine Einschränkung der Versicherungspflicht von Beschäftigungen bei demselben Arbeitgeber, sondern erweiterten ua die Versicherungspflicht geringfügiger Beschäftigungen. § 8 Abs 2 S 1 SGB IV ordnete nunmehr die Zusammenrechnung geringfügiger Beschäftigungen auch mit einer nicht geringfügigen Beschäftigung - in der Rentenversicherung allerdings gemäß § 5 Abs 2 S 1 Halbs 2 SGB VI beschränkt auf eine in der Rentenversicherung versicherungspflichtige Beschäftigung - an. Aus dem in den Gesetzesmaterialien (vgl Gesetzesentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse, BT-Drucks 14/280 S 10) angegebenen Grund für die Änderung, das weitere Aufsplitten von Arbeitsverhältnissen zu verhindern, kann kein Rückschluss auf die bisherige Rechtslage in Bezug auf mehrere Beschäftigungen bei demselben Arbeitgeber gezogen werden. Denn das "Aufsplitten" konnte sich auf mehrere geringfügige Beschäftigungen verschiedener Arbeitnehmer bei einem Arbeitgeber, aber gleichermaßen auf mehrere Beschäftigungen eines Arbeitnehmers bei verschiedenen Arbeitgebern beziehen und musste nicht mehrere Beschäftigungen eines Arbeitnehmers bei einem Arbeitgeber mit umfassen. Auch der Änderung des § 8 Abs 2 SGB IV mit Wirkung zum 1.4.2003 (durch das Zweite Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2002, BGBl I 4621) ist nicht zu entnehmen, dass abweichend von der bis dahin geltenden Rechtslage nunmehr mehrere Tätigkeiten desselben Arbeitnehmers bei demselben Arbeitgeber als mehrere Beschäftigungen iS von § 8 Abs 1 und Abs 2 SGB IV sowie § 5 Abs 2 SGB VI gelten sollten. Zwar sehen die Vorschriften seither wieder die Versicherungsfreiheit einer geringfügigen Beschäftigung neben einer versicherungspflichtigen Beschäftigung vor; es fehlen jedoch Hinweise darauf, dass über die insoweit bereits vor dem 1.4.1999 bestehende Rechtslage hinaus damit erstmals auch eine weitere Beschäftigung bei demselben Arbeitgeber versicherungsfrei sein sollte. Anhaltspunkte hierfür sind weder der aufgrund des Vorschlages des Vermittlungsausschusses (vgl Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses zum Zweiten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt, BT-Drucks 15/202 S 3) Gesetz gewordenen Fassung noch sonstigen Umständen zu entnehmen.

27

e. Die in der höchstrichterlichen Rechtsprechung im Recht der Arbeitsförderung vorgenommene Auslegung des Begriffs der Beschäftigung spricht ebenfalls nicht für die vom LSG vertretene Auslegung.

28

Im Zusammenhang mit der Prüfung der Voraussetzungen eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld sah auch der 7. Senat des BSG in seinem Urteil vom 6.2.1992 (SozR 3-1500 § 54 Nr 9 S 24)für die Beurteilung, ob eine kurzzeitige Beschäftigung iS von § 102 AFG vorliegt, unter Bezugnahme auf das Urteil des 12. Senats vom 16.2.1983 (aaO) Tätigkeiten aufgrund verschiedener Lehraufträge desselben Arbeitgebers ohne Rücksicht auf die vertragliche Gestaltung als einheitliche Beschäftigung an. Soweit der 7. Senat für die Prüfung eines Anspruchs auf Teilarbeitslosengeld nach § 150 SGB III unter Bezugnahme auf die zu dieser Vorschrift vorliegende Gesetzesbegründung annahm, dass prinzipiell bei einem Arbeitgeber zwei anspruchsbegründende Teilzeitbeschäftigungen iS von § 150 Abs 1 Nr 1 iVm § 150 Abs 2 Nr 1 SGB III bestehen können(vgl BSGE 88, 180, 186 = SozR 3-4300 § 150 Nr 1 S 8 und BSGE 90, 270, 271 = SozR 4-4300 § 150 Nr 1 RdNr 7),hat er schon selbst darauf hingewiesen, dass die in den Entscheidungen des 12. Senats vom 16.2.1983 und des 7. Senats vom 6.2.1992 enthaltenen Grundsätze nicht ohne Weiteres auf die Auslegung des Begriffs der Beschäftigung iS von § 150 SGB III übertragbar sind(vgl BSGE 88, 180, 186 = SozR 3-4300 § 150 Nr 1 S 8). Da die Auslegung des Begriffs der "Beschäftigung" in der Sozialversicherung sowohl nach der Rechtsprechung der für die Leistungen als auch für das Beitragsrecht zuständigen Senate "funktionsdifferent" zu erfolgen hat (vgl BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 9 RdNr 21 mwN),kann von der Möglichkeit des Vorliegens mehrerer Beschäftigungen bei demselben Arbeitgeber im leistungsrechtlichen Sinne nicht ohne Weiteres auf eine identische Rechtslage auch im Versicherungs- und Beitragsrecht geschlossen werden. Daher ist die Folgerung, dass neben einer versicherungspflichtigen Beschäftigung eine wegen Geringfügigkeit versicherungsfreie Beschäftigung bei demselben Arbeitgeber bestehen kann, weder zwingend noch gerechtfertigt.

29

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Halbs 3 SGG iVm § 154 Abs 1 und 2, § 162 Abs 3 VwGO. Der Senat war dabei nicht gehindert, die die Beklagte belastende Kostenentscheidung des LSG zu deren Gunsten zu ändern und dem Kläger einen Teil der Kosten des Klage- und Berufungsverfahrens aufzuerlegen, obwohl beide Beteiligten keine Rechtsmittel eingelegt haben. Denn insoweit gilt das Verbot der reformatio in peius nicht (vgl BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 6 RdNr 22 mwN). Im Hinblick auf das Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens des Klägers und der Beklagten im Klage- und Berufungsverfahren erscheint es angemessen, ihnen unter Änderung der Kostenentscheidung des LSG entsprechend dem Verhältnis der Höhe der Rentenversicherungsbeiträge zur Höhe der Gesamtsozialversicherungsbeiträge jeweils die Hälfte der Kosten des Klage- und Berufungsverfahrens aufzuerlegen. Da die Beigeladene zu 3. im Revisionsverfahren in vollem Umfang obsiegt hat und der Kläger insoweit unterlegen ist, sind dem Kläger die Kosten des Revisionsverfahrens einschließlich der Kosten der Beigeladenen zu 3. aufzuerlegen. Da sich die übrigen Beigeladenen im Revisionsverfahren nicht beteiligt haben, sind deren außergerichtlichen Kosten nicht zu erstatten.

30

Der Streitwert für das Revisionsverfahren war gemäß § 197a Abs 1 S 1 Halbs 1 SGG iVm § 63 Abs 2 S 1, § 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 1 GKG in Höhe der zusätzlich vom Kläger als Arbeitgeber zu zahlenden Rentenversicherungsbeiträge festzusetzen.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.