Landgericht Zweibrücken Beschluss, 07. Apr. 2009 - Qs 7/09
Gericht
Tenor
Auf die Beschwerde des Verurteilten wird der Beschluss des AG Zweibrücken vom 02. Januar 2009 aufgehoben.
Aus den nachfolgend genannten Strafen wird nach §§ 54, 55 StGB, 460, 462 StPO eine nachträgliche Gesamtfreiheitsstrafe von
2 Monaten und 2 Wochen
gebildet, deren Vollstreckung auf die Dauer von 2 Jahren zur Bewährung ausgesetzt wird. Die Weisungen und Auflagen aus dem Bewährungsbeschluss des AG Zweibrücken vom 28. Februar 2007 bleiben aufrecht erhalten, unter Anrechnung bereits geleisteter Zahlungen auf die Geldauflage in Höhe von 500,-- € an den Kinderschutzbund Zweibrücken.
In die nachträgliche Gesamtstrafenbildung wurden aufgenommen:
1. Urteil des AG Zweibrücken vom 28. Februar 2007 in 4124 Js 14957/06 - rechtskräftig seit 08. März 2007 - wegen Vergehen nach dem Gewaltschutzgesetz in Tateinheit mit Bedrohung ( Tatdatum: 23. 11. 2006 ) waren 2 Monate Freiheitsstrafe verhängt unter Strafaussetzung zur Bewährung.
Die Bewährungszeit war auf 3 Jahre festgesetzt und der Verurteilte für die Dauer der Bewährungszeit einem Bewährungshelfer unterstellt.
2. Am 07. Februar 2008 hat ihn das AG Homburg in 41 VRs 25 Js 302/07-14 Ds 292/07 - rechtskräftig seit 15. 02. 2008 - wegen Diebstahls ( Tatdatum: 24. 02.2 007 ) zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 40,-- € verurteilt.
Gründe
- 1
Mit Beschluss vom 02. 01. 2009 hatte das AG Zweibrücken die nachträgliche Bildung einer Gesamtstrafe abgelehnt. Zur Begründung ist ausgeführt, dass dies aus spezialpräventiven Gründen geboten erscheine, weil die Bildung einer Gesamtfreiheitsstrafe zur Folge gehabt hätte, dass der Verurteilte für die Diebstahlstat am 24. Februar 2007 ansonsten praktisch nicht mehr einzustehen hätte.
- 2
Gegen diese Entscheidung hat der Beschwerdeführer rechtzeitig sofortige Beschwerde eingelegt. Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg.
- 3
Die Bildung einer Gesamtstrafe nach § 53 Abs. 2 S. 1 StGB i.V.m. § 44 Abs. 1 S. 1 StGB ist auch dann die Regel, wenn Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammentrifft.
- 4
§ 53 Abs. 2 S. 2 1. Halbs. StGB stellt es lediglich in das Ermessen des Gerichts anstatt der Bildung einer Gesamtfreiheitsstrafe ausnahmsweise ( vgl. Fischer, StGB, 56. Aufl. § 53 Rdnr. 6 mit zahlreichen weiteren Nachweisen ) auf Geldstrafe neben Freiheitsstrafe gesondert zu erkennen.
- 5
Da die Bildung der Gesamtfreiheitsstrafe der Regelfall ist, muss die Anwendung der Ausnahmevorschrift über das Bestehenbleiben der Geldstrafe hingegen immer besonders begründet werden.
- 6
Eine tragfähige Begründung für das Unterbleiben der Gesamtstrafenbildung enthält die angefochtene Entscheidung indes nicht. Zwar hat der Amtsrichter zu erkennen gegeben, dass er sich seines Ermessens bewusst war. Der karge Hinweis, dass aus spezialpräventiven Gründen davon abzusehen sei, eine Gesamtstrafe zu bilden, genügt vorliegend nicht. Die Ausübung des Ermessens nach § 53 Abs. 2 S. 2 StGB hat sich nämlich an Strafzumessungsgründen zu orientieren, wobei für eine Gesamtstrafe insbesondere sprechen kann, dass eine gesonderte Geldstrafe nicht bezahlt werden oder die Resozialisierung eines Verurteilten gefährdet werden kann ( vgl. Fischer, a.a.O. Rdnr. 7 zu § 53 StGB ). Vorliegend hatte die Bewährungshelferin des Verurteilten mit Schreiben vom 26. 08. 2008 ausdrücklich auf die finanzielle Situation des Verurteilten hingewiesen und zur Förderung von dessen Resozialisierung angeregt, von weiteren Belastungen durch Geldstrafen oder Geldbußen abzusehen. Vielmehr sollte der sich stabilisierenden Situation des Verurteilten durch die Bildung einer nachträglichen Gesamtfreiheitsstrafe Rechnung getragen werden.
- 7
Eine Auseinandersetzung mit diesen Erwägungen lässt die angefochtene Entscheidung vermissen.
- 8
Die Besorgnis, dass der Verurteilte für die Diebstahlstat bei der Bildung einer Gesamtfreiheitsstrafe praktisch nicht mehr einzustehen hätte, ist unbegründet. Insofern hat die Kammer eine angemessene Heraufsetzung der Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Monaten und 2 Wochen beschlossen, die einerseits dem Unterschreitungsgebot des § 54 Abs. 2 StGB Rechnung trägt, andererseits aber dem Beschwerdeführer hinreichend deutlich vor Augen führt, dass er auch für die Diebstahltat gerade zu stehen hat.
- 9
Nachdem der Beschwerdeführer seit der Verurteilung am 28. Februar 2007 offenbar ein straffreies Leben führt, ist auch eine weiterhin positive Prognose zu stellen, weshalb die Gesamtfreiheitsstrafe nach § 56 StGB zur Bewährung auszusetzen war. Der Bildung einer Gesamtfreiheitsstrafe durch die Kammer im Beschwerdeverfahren steht auch nicht das Verschlechterungsverbot entgegen. Denn gerade der vorliegende Fall zeigt, dass die Gesamtfreiheitsstrafe nicht stets das schwerere Übel gegenüber der gesondert bestehenbleibenden Geldstrafe ist.
- 10
Die Kammer hielt es für angezeigt, die Bewährungszeit auf 2 Jahre festzusetzen unter Berücksichtigung der bereits seit 08. März 2007 laufenden Bewährungszeit. Die Unterstellung unter die Bewährungshilfe erschien als Hilfestellung für den Verurteilten weiterhin sinnvoll.
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Annotations
(1) Ist eine der Einzelstrafen eine lebenslange Freiheitsstrafe, so wird als Gesamtstrafe auf lebenslange Freiheitsstrafe erkannt. In allen übrigen Fällen wird die Gesamtstrafe durch Erhöhung der verwirkten höchsten Strafe, bei Strafen verschiedener Art durch Erhöhung der ihrer Art nach schwersten Strafe gebildet. Dabei werden die Person des Täters und die einzelnen Straftaten zusammenfassend gewürdigt.
(2) Die Gesamtstrafe darf die Summe der Einzelstrafen nicht erreichen. Sie darf bei zeitigen Freiheitsstrafen fünfzehn Jahre und bei Geldstrafe siebenhundertzwanzig Tagessätze nicht übersteigen.
(3) Ist eine Gesamtstrafe aus Freiheits- und Geldstrafe zu bilden, so entspricht bei der Bestimmung der Summe der Einzelstrafen ein Tagessatz einem Tag Freiheitsstrafe.
(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Als frühere Verurteilung gilt das Urteil in dem früheren Verfahren, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.
(2) Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, sind aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden.
(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt.
(2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. Jedoch kann das Gericht auf Geldstrafe auch gesondert erkennen; soll in diesen Fällen wegen mehrerer Straftaten Geldstrafe verhängt werden, so wird insoweit auf eine Gesamtgeldstrafe erkannt.
(3) § 52 Abs. 3 und 4 gilt sinngemäß.
(1) Wird jemand wegen einer Straftat zu einer Freiheitsstrafe oder einer Geldstrafe verurteilt, so kann ihm das Gericht für die Dauer von einem Monat bis zu sechs Monaten verbieten, im Straßenverkehr Kraftfahrzeuge jeder oder einer bestimmten Art zu führen. Auch wenn die Straftat nicht bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen wurde, kommt die Anordnung eines Fahrverbots namentlich in Betracht, wenn sie zur Einwirkung auf den Täter oder zur Verteidigung der Rechtsordnung erforderlich erscheint oder hierdurch die Verhängung einer Freiheitsstrafe oder deren Vollstreckung vermieden werden kann. Ein Fahrverbot ist in der Regel anzuordnen, wenn in den Fällen einer Verurteilung nach § 315c Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a, Abs. 3 oder § 316 die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 unterbleibt.
(2) Das Fahrverbot wird wirksam, wenn der Führerschein nach Rechtskraft des Urteils in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von einem Monat seit Eintritt der Rechtskraft. Für seine Dauer werden von einer deutschen Behörde ausgestellte nationale und internationale Führerscheine amtlich verwahrt. Dies gilt auch, wenn der Führerschein von einer Behörde eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ausgestellt worden ist, sofern der Inhaber seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland hat. In anderen ausländischen Führerscheinen wird das Fahrverbot vermerkt.
(3) Ist ein Führerschein amtlich zu verwahren oder das Fahrverbot in einem ausländischen Führerschein zu vermerken, so wird die Verbotsfrist erst von dem Tage an gerechnet, an dem dies geschieht. In die Verbotsfrist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist.
(4) Werden gegen den Täter mehrere Fahrverbote rechtskräftig verhängt, so sind die Verbotsfristen nacheinander zu berechnen. Die Verbotsfrist auf Grund des früher wirksam gewordenen Fahrverbots läuft zuerst. Werden Fahrverbote gleichzeitig wirksam, so läuft die Verbotsfrist auf Grund des früher angeordneten Fahrverbots zuerst, bei gleichzeitiger Anordnung ist die frühere Tat maßgebend.
(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt.
(2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. Jedoch kann das Gericht auf Geldstrafe auch gesondert erkennen; soll in diesen Fällen wegen mehrerer Straftaten Geldstrafe verhängt werden, so wird insoweit auf eine Gesamtgeldstrafe erkannt.
(3) § 52 Abs. 3 und 4 gilt sinngemäß.
(1) Ist eine der Einzelstrafen eine lebenslange Freiheitsstrafe, so wird als Gesamtstrafe auf lebenslange Freiheitsstrafe erkannt. In allen übrigen Fällen wird die Gesamtstrafe durch Erhöhung der verwirkten höchsten Strafe, bei Strafen verschiedener Art durch Erhöhung der ihrer Art nach schwersten Strafe gebildet. Dabei werden die Person des Täters und die einzelnen Straftaten zusammenfassend gewürdigt.
(2) Die Gesamtstrafe darf die Summe der Einzelstrafen nicht erreichen. Sie darf bei zeitigen Freiheitsstrafen fünfzehn Jahre und bei Geldstrafe siebenhundertzwanzig Tagessätze nicht übersteigen.
(3) Ist eine Gesamtstrafe aus Freiheits- und Geldstrafe zu bilden, so entspricht bei der Bestimmung der Summe der Einzelstrafen ein Tagessatz einem Tag Freiheitsstrafe.
(1) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von nicht mehr als einem Jahr setzt das Gericht die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Verurteilte sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird. Dabei sind namentlich die Persönlichkeit des Verurteilten, sein Vorleben, die Umstände seiner Tat, sein Verhalten nach der Tat, seine Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Aussetzung für ihn zu erwarten sind.
(2) Das Gericht kann unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 auch die Vollstreckung einer höheren Freiheitsstrafe, die zwei Jahre nicht übersteigt, zur Bewährung aussetzen, wenn nach der Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit des Verurteilten besondere Umstände vorliegen. Bei der Entscheidung ist namentlich auch das Bemühen des Verurteilten, den durch die Tat verursachten Schaden wiedergutzumachen, zu berücksichtigen.
(3) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten wird die Vollstreckung nicht ausgesetzt, wenn die Verteidigung der Rechtsordnung sie gebietet.
(4) Die Strafaussetzung kann nicht auf einen Teil der Strafe beschränkt werden. Sie wird durch eine Anrechnung von Untersuchungshaft oder einer anderen Freiheitsentziehung nicht ausgeschlossen.