Landgericht Ulm Urteil, 08. Apr. 2005 - 10 O 23/04 KfH

bei uns veröffentlicht am08.04.2005

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 62.172,67 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 24.01.2004 zu bezahlen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

 
Die Klägerin verlangt von der Beklagten, einem bundesweit tätigen Energieleistungsunternehmen, welches sich auf die Energieversorgung von Unternehmen der Contracting-Branche spezialisiert hat, die restliche Vergütung für die Belieferung mit Fernwärme in Höhe von 62.172,67 EUR.
Die Klägerin, ein in ... ansässiges Versorgungsunternehmen mit einem Fernwärmeanteil in Höhe von ca. 80 %, bezogen auf ... belieferte die zunächst von der Firma ... verwalteten Wohnungseigentümergemeinschaften ..., ..., ..., ..., ..., ..., ..., ... und ... mit Fernwärme.
Diese Verträge übernahm die Beklagte mit Wirkung vom 01.09.2002 (vgl. Schreiben der Beklagten vom 26.07.2002, K 2 = Bl. 19 d.A.). Nach erfolgter Vertragsübernahme versuchte die Beklagte, mit der Klägerin für ihre Abnahmestellen Preisreduzierungen zu vereinbaren (vgl. Schreiben der Beklagten vom 24.10.2002, B 1 = Bl. 91 d.A.) und stellte die Zahlung auf Rechnungen bzw. Abschlagszahlungen unter den Vorbehalt der zu verhandelnden Energiebezugskosten. Am 25.06.2003 unterzeichnete die Beklagte den von der Klägerin übersandten Vertrag über die Versorgung mit Fernwärme betreffend das Wohn- und Geschäftshaus ... (vgl. K 3 = Bl. 20 - 25 d.A.).
In diesem Vertrag ist u.a. bestimmt:
§ 4
Preise und Zahlungsbedingungen
(1) Für die Berechnung der gelieferten Wärme gelten die beigefügten Fernwärmepreise
Fernwärmepreise Dampf
(2) Abweichend von der in den beigefügten Fernwärmepreisen festgelegten Abrechnungsmethode kann auf eine monatliche Abschlagszahlung mit jährlicher Abrechnung übergegangen werden.
(3) Das für die Fernwärmeversorgung zu entrichtende Entgelt wird 2 Wochen nach Zugang der Rechnung fällig, soweit nicht bei Erhebung von Abschlagszahlungen die Zahlungstermine im voraus datumsmäßig schon festgesetzt sind.
§ 10
10 
Ergänzende Bestimmungen
11 
Außer den vorgenannten Bestimmungen sind Bestandteil des Fernwärmeversorgungsvertrages:
12 
(1) Die "Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme vom 20. Juni 1980" (BGBL. I S. 742) – AVBFernwärmeV – in der jeweils gültigen Fassung. Der Kunde im Sinne dieses Vertrages ist auch Anschlußnehmer im Sinne der AVBFernwärmeV (Anlage).
13 
(2) Die vereinbarten Fernwärmepreise (Anlage).
14 
(3) Die beigefügten Technischen Anschlußbedingungen (TAB).
§ 11
15 
Anpassung bei Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse
16 
(1) Sollten sich die wirtschaftlichen oder die technisch-wirtschaftlichen Verhältnisse, auf denen die Preise und Bestimmungen dieses Vertrages beruhen, gegenüber dem Zeitpunkt des Vertragsabschlusses wesentlich ändern, so ist der Vertrag den geänderten Verhältnissen anzupassen. Eine wesentliche Änderung im Sinne dieser Bestimmung liegt z.B. vor, wenn die Kosten der FUG sich derart ändern, dass die mittels Preisgleitklausel mögliche Anpassung der Wärmepreise nicht mehr Rechnung trägt.
17 
Eine Anpassung ist schriftlich zu verlangen. Sie wirkt nicht über den Zeitpunkt zurück, zu dem das Verlangen gestellt worden ist.
18 
(2) Sollten nach Vertragsabschluß Steuern oder sonstige Abgaben eingeführt oder geändert werden, die sich auf die Kosten des Fernwärmeversorgungsunternehmens oder die Verhältnisse am Wärmemarkt auswirken, so ist das Unternehmen berechtigt, die Preise entsprechend anzupassen oder dem Kunden die Steuern oder Abgaben unmittelbar in Rechnung zu stellen."
19 
In den beigefügten Fernwärmepreisen sind die Grund- bzw. Leistungspreise am 01.01.1995 und ab 01.10.2000 angegeben (vgl. Bl. 25 und Bl. 30 d.A.).
20 
Mit Schreiben vom 16.06.2003 forderte die Beklagte die Klägerin auf, die vertragsgegenständliche Preisgleitklausel sachlich zu rechtfertigen, bat um Erläuterung der einzelnen preisbildenden Faktoren und stellte die Preisgleitklausel sowie die gesamte Preisstellung der Klägerin unter den Vorbehalt der angemessen und üblichen Gestaltung. Zugleich teilte sie der Klägerin mit, dass sie die bereits übersandten Verträge unter diesen Vorbehalten annehme und die gegengezeichneten Ausfertigungen in der Anlage beigefügt seien (B 2 = Bl. 93-95 d.A.).
21 
Nachdem die Klägerin hierauf nicht reagierte, rügte die Beklagte erneut die Unbilligkeit der Preisstellung. Außerdem forderte die Beklagte die Klägerin unter Fristsetzung bis 05.10.2003 auf, ihre Preiskalkulation in geeigneter Form offen zu legen. Die Beklagte kündigte zudem an, ausstehende Rechnungen bis zur Offenlegung der Preise nicht zu begleichen. Darüber hinaus erklärte sie die Aufrechnung mit Rückforderungsansprüchen. In diesem Schreiben vom 03.12.2003 bedankte sich die Beklagte für die Bestätigung der Beendigung der Verträge zum 01.11.2003 und die erhaltenen Endabrechnungen (K 17 = Bl. 67-68 d.A.). Die Klägerin antwortete hierauf mit Schreiben vom 22.12.2003 (K 18 = Bl. 69 d.A.). Sie wies den Vorwurf, ihre Fernwärmepreise seien um mindestens 20 % zu hoch, zurück. Zugleich berief sich die Klägerin auf einen aktuellen Fernwärmepreisvergleich der ..., aus dem sich ergebe, dass ihre Preise im Quervergleich dieser Umfrage um 6,2 % unter dem Bundesdurchschnitt liege.
22 
Die Beklagte wies mit Schreiben vom 21.01.2004 den vorgelegten Preisvergleich zurück. Sie wies u.a. darauf hin, dass für die Billigkeit der Preisstellung nicht der allgemeine Vergleich mit der Preisstellung anderer Fernwärmeversorgungsunternehmen maßgebend sei, sondern allein die Preiskalkulation für die konkreten Abnahmestellen (K 22 = Bl. 76 d.A.). Die geltend gemachten Forderungen seien daher nicht fällig. Ihr stünde bis auf weiteres auch ein Zurückbehaltungsrecht zu.
23 
Der offene Betrag aus der Belieferung der Wohnungseigentümergemeinschaften Fernwärme beläuft sich auf insgesamt EUR 62.172,67.
24 
Eine Preiserhöhung nach der Preisgleitklausel hat im Vertragszeitraum nicht stattgefunden.
25 
Wegen der Einzelheiten der Zusammensetzung der Forderungen wird auf die von der Klägerin vorgelegten Abrechnungen (K 5 – K 16 d.A.) Bezug genommen.
26 
Die Klägerin mahnte die Zahlung des offen stehenden Betrages zuletzt mit Anwaltsschreiben vom 16.01.2004 unter Fristsetzung zum 23.01.2004 an. (K 19 = Bl. 70/71 d.A.).
27 
Die Beklagte vereinnahmte die von der Klägerin in Rechnung gestellten Fernwärmepreise von den jeweiligen Wohnungseigentümergemeinschaften. Im Vertrag über die Fernwärmeversorgung mit den Wohnungseigentümergemeinschaften ist vereinbart, dass ab dem zweiten Jahr der Versorgung die erzielten Einkaufsvorteile bei den Energielieferanten nach Abzug des hierfür angefallenen betrieblichen Aufwandes zu gleichen Teilen zwischen der Beklagten und dem Kunden aufgeteilt und im Rahmen der Jahresendabrechnung für die Energielieferung als individueller Rabatt für die jeweils betreffende Abnahmestelle an den Kunden weitergegeben wird (B 26 = Bl. 493-496 d.A., insbesondere Bl. 494 d.A.).
28 
Die Klägerin ist der Auffassung,
29 
die Beklagte sei zur Zahlung der offen stehenden Rechnungsbeträge für die Fernwärmeversorgung in vollem Umfang verpflichtet. Eine gerichtliche Billigkeitskontrolle nach § 315 BGB scheide aus, da die Preise individuell vereinbart worden seien, sie keine faktische Monopolstellung inne habe und die Beklagte keine Endverbraucherin sei. Die Primärentscheidung für einen Energieträger stehe jedem Verbraucher offen. Insoweit konkurriere sie mit Wettbewerbern anderer Energieformen. Auch nach der getroffenen Primärentscheidung des Verbrauchers sei sie in der Preisbildung nicht frei. Denn sie sei darauf angewiesen, weitere Kunden für die von ihr betriebene Energieform zu finden. Das sei ihr nicht möglich, wenn sie nicht preismäßig mit den Mitbewerbern anderer Energien konkurrieren könnte. Das Verhalten der Beklagten sei auch rechtsmissbräuchlich. Sie erhebe zur Erzielung eigenen Gewinnes die Einrede der Unbilligkeit. Der Endverbraucher werde dadurch im Ergebnis nicht geschützt. Die Beklagte könne sich auf § 315 BGB in diesem Verfahren überdies wegen der vorrangigen und abschließenden Regelung des § 30 AVBFernwärmeV nicht berufen. Dies sei der Beklagten allenfalls in einem Rückforderungsprozess möglich. Der Anwendungsbereich des § 315 BGB sei vorliegend auch deshalb nicht gegeben, weil die Missbrauchsregelungen des GWB vorrangig seien. Die von ihr in Ansatz gebrachten Preise seien bereits bei Eintritt der Beklagten in die Verträge dieser mitgeteilt worden, inklusive der Preiserhöhung ab 01.10.2000. Auch ihre Preisanpassungsklausel sei inhaltlich nicht zu beanstanden. Ihre Preise entsprächen der Billigkeit. Ihr sei eine angemessene Verzinsung ihres Kapitals und eine angemessene Rückstellung für Investitionen zuzubilligen. Der Jahresüberschuss im Geschäftsjahr vom 01. Oktober 2002 bis 30. September 2003 habe insgesamt 1.119.999,48 EUR betragen. Davon sei eine Dividende in Höhe von EUR 1.033.000,00 an die Gesellschafter ausgeschüttet worden. Bei einem Stammkapital von EUR 18.407.000,00 entspreche dies einer Kapitalverzinsung von ca. 5,6 %. Die von ihr in Ansatz gebrachten Preise seien daher sachgerecht und lägen innerhalb des ihr zustehenden Beurteilungsspielraums bei der Bestimmung des billigen Preises. Es sei ihr nicht zumutbar, ihre Kosten auf die unterschiedlichen Kundengruppen umzulegen. Sie berechne sämtlichen Abnehmern die gleichen Preise mit Ausnahme von zwei Sonderkunden, nämlich der ... und der .... Die Sonderkonditionen gegenüber diesen zwei Abnehmern seien gerechtfertigt, weil dadurch eine stärkere Auslastung auch im Sommer gewährleistet sei. Der Grundpreis sei ab einer Abnahmemenge von 701 kW niedriger. Dies komme allerdings allen Abnehmern zugute, auch wenn ihre Kunden überwiegend, nämlich nahezu bis ca. 95 %, weniger als 701 kW abnehmen.
30 
Es sei ihr nicht zumutbar, sämtliche Kostenpositionen im Einzelnen aufzuschlüsseln, diese Kostenpositionen sachlich und nach ihrer tatsächlichen Notwendigkeit zu belegen. Die einzelnen Kostenpositionen seien in ihren Jahresabschlüssen dokumentiert. Die Beklagte bestreite jede einzelne Kostenposition. Das könne und dürfe aber nicht dazu führen, dass sie bis ins Detail gehend und ausufernd alle Kostenpositionen darzulegen und zu belegen habe. Das könne nicht Sinn einer Billigkeitskontrolle sein. Es müsse ausreichen, dass sie nach einer betriebswirtschaftlich in Betracht kommenden Bewertungsmethode darlege, dass ihre Preise sachlich gerechtfertigt seien und wie hoch ihre Gewinnspanne sei. Eine entsprechende Darlegung liege innerhalb ihres Ermessens bei der Preisbestimmung und könne nicht beanstandet werden. Bei der Preisbestimmung sei zwar der Endverbraucher vor überhöhten Preisen zu schützen, zu berücksichtigen seien jedoch auch ihre Interessen an einer kostendeckenden Produktion. Dazu zählten auch, dass ihr durch Rechtsstreitigkeiten nicht uferlose Kosten durch überzogene Darlegungslasten aufgebürdet werden, die letztlich gegebenenfalls wieder in die Preiskalkulation einflössen, in dem sie zur Erfüllung dieser überzogenen Darlegungslasten hierfür die entsprechenden Vorarbeiten durchzuführen habe.
31 
Mit der Zahlung der offen stehenden Beträge, deren Berechnung die zum Vertragszeitpunkt gültigen Verträge zugrunde lägen und die der Beklagten bereits bei Eintritt in die Verträge bekannt gewesen seien, befinde sich die Beklagte seit dem 25.01.2004 in Verzug.
32 
Die Klägerin beantragt,
33 
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin EUR 62.172,67 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 24.01.2004 zu bezahlen.
34 
Die Beklagte beantragt,
35 
die Klage abzuweisen.
36 
Sie ist der Ansicht,
37 
dass die Klagforderung nicht fällig sei. Ein Wettbewerb finde auf dem Fernwärmeversorgungsmarkt nach der Primärentscheidung des Verbrauchers nicht statt. Die Klägerin diktiere die Preise einseitig. Die Klägerin habe Preisverhandlungen kategorisch abgelehnt. Dadurch habe die Klägerin ihre Stellung als Monopolistin auf dem örtlichen Fernwärmemarkt ausgenutzt. Eine individuelle Preisvereinbarung habe nicht stattgefunden. Anders könne die kategorische Ablehnung von Preisverhandlungen durch die Klägerin nicht verstanden werden. Die von der Klägerin einseitig festgelegten Preise für die Fernwärme und das Heizungswasser seien nicht Vertragsinhalt geworden. Die bloße Kenntnis von den Preisen der Klägerin bedeute nicht, dass der Abnehmer mit diesen Preisen einverstanden sei. Den Preisen der Klägerin habe sie weder ausdrücklich noch stillschweigend zugestimmt. Selbst dann, wenn kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht der Klägerin vereinbart worden sei, seien die von der Klägerin einseitig festgelegten Preise aufgrund ihrer Monopolstellung der gerichtlichen Billigkeitskontrolle unterworfen. Maßgebend hierfür sei nur, dass es hinsichtlich der Preisfestsetzung an einem freien Wettbewerb, der angemessene Preise sicherstelle, mangle und die Klägerin die "Macht" habe, die Preise einseitig festzulegen.
38 
Die Klägerin verkenne die Rechtslage, wenn sie sich darauf berufe, § 315 BGB sei auf "Weiterverteiler" nicht anzuwenden. Die Billigkeitskontrolle scheide nicht aus, weil sie nicht "Endverbraucher" sei, sondern gewerbsmäßig handle und selbst nicht "unmittelbar" auf den Leistungsbezug der Klägerin angewiesen sei. Die Klägerin verkenne, dass die Billigkeitskontrolle hiervon unabhängig sei und mit ihr das Ziel verfolgt werde, generell angemessene Preise sicherzustellen. Die Billigkeitskontrolle könne nicht davon abhängig sein, wer im Verhältnis zur Klägerin deren Vertragspartner sei. Die Klägerin verkenne die Rechtslage, soweit sie sich darauf berufe, dass § 30 AVBFernwärmeV bzw. die Bestimmungen des GWW vorrangig seien. Das Gegenteil sei der Fall.
39 
Die Klägerin sei ihrer Verpflichtung zur Offenlegung ihrer Kalkulation in keinster Weise nachgekommen. Auch insoweit verkenne die Klägerin die höchstrichterliche und obergerichtliche Rechtsprechung. Die Billigkeitskontrolle beziehe sich nicht auf einen Vergleich mit Preisen anderer "Monopolisten", sondern auf die konkrete Kostenstruktur der Klägerin. Bei der Darlegung ihrer Kostenstruktur habe die Klägerin nach ihren jeweiligen Kundengruppen zu differenzieren. Dass die Klägerin verschiedene Kundengruppen bediene, habe sie selbst zugestanden. Sie habe daher ihre Kosten getrennt für ihre Sonderabnehmer und für die übrigen Kunden bis zu 700 kW bzw. über 700 kW darzulegen. Die von der Klägerin gewählte Methode sei hierfür bereits dem Grunde nach nicht geeignet.
40 
Auch die von der Klägerin verwandte Preisanpassungsklausel sei sachlich nicht gerechtfertigt und daher fehlerhaft. In der Preisanpassungsklausel seien die Kosten für leichtes Heizöl mit 45 % gewichtet. Bei dieser Gewichtung trage die Preisänderungsklausel in keinster Weise der Kostenentwicklung Rechnung, die bei der Klägerin durch Erzeugung und Bereitstellung der Fernwärme bestehe.
41 
Die Forderungen der Klägerin seien daher nicht gerechtfertigt. Der Einholung eines Sachverständigengutachtens bedürfe es nicht, da die Darlegungen der Klägerin zu ihrer Kostenstruktur nicht der geforderten Einzelfallgerechtigkeit entsprechen. Die von der Klägerin vorgelegten und zitierten erstinstanzlichen und obergerichtlichen Urteile seien verfehlt.
42 
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die von den Parteien zu den Akten gereichten Unterlagen ergänzend Bezug genommen, insbesondere auf die beiderseits vorgelegten Gutachten zur Billigkeit der Preise, nämlich auf das Gutachten der Wirtschaftsberatung ... vom 20.12.2004 (K 36 = Bl. 328 d.A.), das Gutachten der ... vom 27.10.2004 (B 24 = Bl. 273-290 d.A.) und das Gutachten von ... vom 10.02.2005 (Bl. 497 d.A.).
43 
Die Parteien haben jeweils eine Vielzahl von gerichtlichen Entscheidungen und auch Rechtsgutachten vorgelegt. Auch insoweit wird auf den Akteninhalt verwiesen.
44 
Die Parteien haben sich mit einer Entscheidung durch den Vorsitzenden gemäß § 349 Abs. 3 ZPO einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe

 
45 
Die Klage ist begründet.
I.
46 
Die Beklagte ist gemäß § 433 Abs. 2 BGB zur Bezahlung der bereits von ihr von den Wohnungseigentümergemeinschaften vereinnahmten, der berechneten Höhe nach unstreitigen, streitgegenständlichen Fernwärmerechnungen verpflichtet, da die Einrede der Unbilligkeit im vorliegenden Fall nicht greift.
47 
Nachdem beide Parteien sich auf jeweils von ihnen vorgelegte Gerichtsentscheidungen berufen können, ist es notwendig, sich mit der dogmatischen Struktur des § 315 BGB zu befassen, insbesondere nachdem beide Parteien durch Vorlage von Rechtsgutachten ihre gegenseitigen Ausführungen untermauert haben.
II.
48 
1. Der direkte Anwendungsbereich des § 315 BGB betrifft die Fälle, in denen die Parteien keine Einigung über die Höhe des Preises bzw. über den Rahmen erzielt haben, in dem sich die Leistungsbestimmung zu halten hat. Diese Vertragslücke soll durch § 315 BGB geschlossen werden. Der Anwendungsbereich des § 315 BGB ist daher nicht gegeben, wenn die Tarife individuell ausgehandelt wurden (BGH NJW-RR 1990, 1204), wenn also die Parteien weder ausdrücklich noch stillschweigend ein Leistungsbestimmungsrecht der Klägerin vereinbart haben. Wenn die Leistung im Vertrag ausdrücklich oder stillschweigend bestimmt ist, ist der Anwendungsbereich des § 315 BGB nicht eröffnet (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 17.02.2005, 2 U 83/04 und OLG Karlsruhe, Urteil vom 27.10.2004, 6 U 64/02, beide Urteile sind nicht rechtskräftig).
49 
2. Im zu beurteilenden Fall hat die Beklagte mit Schreiben vom 26.07.2002 den Eintritt in die bestehenden Verträge mit Wirkung vom 01.09.2002 erklärt. Sie hat am 25.06.2003 den Vertrag über die Versorgung von Fernwärme für das ... unterzeichnet. Damit hat sie die Preise der Klägerin akzeptiert, die sich aus den beigefügten Preisblättern ergaben. Die von der Klägerin berechneten Preise waren der Beklagten auch bereits bei Vertragseintritt bekannt, was sich u.a. daraus ergibt, dass die Beklagte nach Eintritt in die Verträge mit Schreiben vom 24.10.2002 die Klägerin um ein Angebot zur Reduzierung der Energiebezugskosten bat (B 1 = Bl. 91 d.A.). Gleichzeitig stellte sie bereits erfolgte und künftige Abschlagszahlungen oder Zahlungen auf Rechnungen unter den Vorbehalt der zu verhandelnden Energiebezugskosten. Auch in ihrem Schreiben vom 16.06.2003 beanstandete die Beklagte nicht die Preise der Klägerin, sondern nur die sachliche Rechtfertigung der Preisgleitklausel, die sie unter den Vorbehalt der angemessenen und üblichen Gestaltung stellte. Unter diesem Vorbehalt nahm sie die Verträge an (B 2 = Bl. 93 d.A.). Erst mit Schreiben vom 03.12.2003 – nachdem die Vertragsbeziehungen zum 01.11.2003 beendet worden waren – beanstandete die Beklagte die Angemessenheit und Üblichkeit der Preisstellung und forderte zur Darlegung der Preiskalkulation auf (K 17 = Bl. 67/68 d.A.).
50 
3. Aus den tatsächlichen Gegebenheiten zum Vertragseintritt ergibt sich:
51 
– Die Preise der Klägerin waren der Beklagten im Zeitpunkt des Vertragseintritts mit Wirkung zum 01.09.2002 der Höhe nach spezifiziert bekannt.
52 
– Die Parteien haben nach Vertragseintritt über die Preise verhandelt, ungeachtet dessen, dass die Klägerin mit einer Preisreduzierung nicht einverstanden war.
53 
– Die Beklagte hat die Preise der Klägerin durch Unterzeichnung des Vertrages über die Versorgung des ... mit Fernwärme akzeptiert.
54 
– Die Beklagte hat mit Schreiben vom 16.09.2003 auch die Preisbedingungen für die übrigen Objekte angenommen, in dem der zuvor mit Schreiben vom 24.10.2002 erklärte Vorbehalt nicht mehr zum Ausdruck kommt.
55 
Die dem Energiebezug zugrunde liegenden Preise der Klägerin, die sich ab Vertragseintritt der Beklagten bis zur Beendigung der Vertragsverhältnisse nicht änderten, sind damit Vertragsinhalt geworden. Die Preise lagen spezifiziert fest und wurden von der Beklagten akzeptiert. Ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht durch die Klägerin haben die Parteien gerade nicht vereinbart.
56 
Anders verhält es sich zwar mit der Preisanpassungsklausel. Die Preisanpassungsklausel ist aber im vorliegenden Fall nicht von Bedeutung, da im Vertragszeitraum eine Vertragsanpassung nicht stattfand.
III.
57 
§ 315 BGB findet auch keine entsprechende Anwendung. Zwar ist in Rechtsprechung und Literatur seit langem anerkannt, dass die Tarife von Unternehmen, die – im Rahmen eines privatrechtlich ausgestalteten Benutzungsverhältnisses – Leistungen der Daseinsvorsorge anbieten, auf deren Inanspruchnahme der andere Vertragsteil im Bedarfsfall angewiesen ist, grundsätzlich der Billigkeitskontrolle nach § 315 Abs. 3 BGB unterworfen sind (BGH NJW 1992, 171, 173, ablehnend aber Rieble, in Staudinger, BGB (2001), § 315 Rn. 48). Diese Grundsätze, die auf die besondere Situation des für sein Dasein auf bestimmte Leistungen und Waren angewiesenen Einzelnen Bedacht nehmen, sind wegen der nicht vergleichbaren Interessenlage nicht auf den Streit von zwei Handelsgesellschaften über die Angemessenheit der zwischen ihnen jedenfalls im Ansatz ausgehandelten Preise übertragbar (vgl. die oben zitierten Urteile der Oberlandesgerichte Stuttgart und Karlsruhe; a.A. Schwintowski in der von der Beklagten vorgelegten Rechtsgutachten, B 29, dort Seite 17; s. auch BGH NJW-RR 1992, 183).
58 
Hinzu kommt, dass die Beklagte es planmäßig darauf anlegt – wie die Vielzahl ihrer Rechtsstreitigkeiten zeigt – nach Eintritt in die Versorgungsverträge die Energieversorgungsunternehmen durch die Einrede der Unbilligkeit zur Offenlegung ihrer Preiskalkulation zu bewegen und der hieraus gewerblich erzielte Gewinn im ersten Vertragsjahr ausschließlich ihr zufließt und sie in den darauf folgenden Jahren nach Abzug ihrer Unkosten nur die Hälfte an den Endverbraucher auskehrt. Der Endverbraucher partizipiert dadurch allenfalls geringfügig am "Erfolg" der Beklagten. Die Beklagte hat die Vertragsbeziehungen, die zum 01.09.2002 begannen, bereits zum 01.11.2003 beendet. Damit fließt im Ergebnis den Mitgliedern der Wohnungseigentümergemeinschaft kein Vorteil zu. Das zeigt, dass es der Beklagten nicht in erster Linie um den Schutz der Endverbraucher geht, sondern (zumindest auch) um ihren eigenen Gewinn. Die Tätigkeit der Beklagten ist zwar deshalb nicht zu beanstanden. Das Schutzbedürfnis, das nach der Rechtsprechung die analoge Anwendung des § 315 BGB bei einer faktischen Monopolstellung rechtfertigt, ist aber insoweit nicht gegeben (vgl. LG Frankenthal, Urteil vom 25.11.2004, 2 HK O 86/04, K 35 = Bl. 308-312 d.A.).
59 
Es kann im vorliegenden Fall deshalb dahingestellt bleiben, ob der Rechtsprechung, die § 315 BGB analog anwendet, zu folgen ist oder ob es an einer planwidrigen Regelungslücke und damit an den Voraussetzungen für eine Analogie infolge einer abschließenden Regelung der Thematik der sachwidrigen Ausnutzung einer Monopolstellung im Kartellrecht fehlt (vgl. hierzu das von der Klägerin vorgelegte Rechtsgutachten, K 59 d.A.).
60 
Zweifelhaft ist auch, ob der Klägerin die für die analoge Anwendung des § 315 BGB erforderliche Marktmacht zukommt. Die Fernwärmeversorgung steht in umfassender Konkurrenz zur Gasversorgung und zur Mineralölwirtschaft. Diese Wettbewerbssituation entfällt nicht nach der Primärentscheidung des Verbrauchers für die Energieform Fernwärme. Denn das Fernwärmeversorgungsunternehmen ist wegen ihrer erheblichen Festkosten ebenso wie alle anderen leistungsgebundenen Energieversorger auf eine hohe Auslastung ihrer Investitionen und damit auf die Gewinnung neuer Kunden angewiesen. Würde die Klägerin eine Preispolitik zu Lasten von Altkunden machen, würde sie kaum noch Neukunden gewinnen. Da die Klägerin jedoch auf die Gewinnung von Neukunden angewiesen ist, besteht die Wettbewerbskonkurrenz mit Anbietern anderer Energieformen auch nach der getroffenen Primärentscheidung des Verbrauchers fort. Die Klägerin ist also nicht frei in ihrer Preisbestimmung, sondern muss den Preis "neukundenorientiert" und damit im Wettbewerb mit anderen Wettbewerbern ausrichten. Diese wirtschaftlichen Gegebenheiten verbieten die Annahme eines "faktischen" Leistungsbestimmungsrechts der Preise.
IV.
61 
Die Preise der Klägerin sind auch nicht unbillig. Die Beklagte weist zwar zu Recht darauf hin, dass nach der Rechtsprechung des BGH (BGH NJW-RR 1992, 183 ff) die Klägerin im Einzelnen vorzutragen und gegebenenfalls zu beweisen hat, welche allgemeinen und besonderen Kosten, die ihr durch die Belieferung der Beklagten mit Fernwärme entstehen, abzudecken waren, ferner, welchen Gewinn sie zur Bildung von Rücklagen, zur Finanzierung von Investitionen oder zur Verzinsung des aufgenommenen Kapitals bzw. der Einlagen ihrer Aktionäre mit dem der Beklagten berechneten Preis erzielt.
62 
Die Klägerin hat ihre Preiskalkulation im Schriftsatz vom 30.09.2004 (vgl. Bl. 221 ff d.A.) dargelegt, sie hat eine Aufstellung über ihre Jahresergebnisse ab 1973 bis 2002/2003 (vgl. K 28 = Bl. 236 d.A.) sowie ein Gutachten der ... vom 20.12.2004 (K 36 = Bl. 328 d.A.) vorgelegt. Die Wirtschaftsberatungs AG ... hat die Angemessenheit der Fernwärmepreise anhand einer Kalkulation nach dem Prinzip der Nettosubstanzerhaltung beurteilt und im Wege einer annuitätischen Wirtschaftsberechnung ein nachhaltiges kalkulatorisches Jahresergebnis der ausschließlich auf die Fernwärme bezogenen Geschäftstätigkeit der Klägerin ermittelt. Den bei der Fernwärmeerzeugung als Koppelprodukt anfallenden Strom – soweit er von der Klägerin selbst verbraucht wurde – bewertete die ... zu Marktpreisen. Die Berechnung durch die ... führte zu einer Verzinsung des gezeichneten Kapitals (nominal) von 5,96 %/a (vgl. Anlage 10 zum Gutachten der Wirtschaftsberatung ... vom 20.12.2004, K 36 = Bl. 328 d.A.). Diese ermittelte Verzinsung ist angemessen. Die Einwendungen der Beklagten gegen die Bewertungsmethode sind nicht durchgreiflich. Das von der Wirtschaftsberatung ... angewandte Verfahren trennt zwar die verschiedenen Produkte (Wärme, Kälte, Strom) nicht voneinander ab und differenziert auch inhaltlich nicht zwischen den einzelnen Kundengruppen (Wohnungswirtschaft, Gewerbe, Industrie, Sonstige). Es unterstellt, dass sämtliche Aufwendungen für die Erzeugung und Verteilung der Fernwärme sowie für die Vorhaltung und Werterhaltung der dazu notwendigen technischen Einrichtungen inklusive Personal und Kosten der zentralen Verwaltung und des Vertriebes, gleichermaßen von allen angeschlossenen Kunden und unabhängig von örtlichen Gegebenheiten der Erzeugung und Verteilung, verschiedenen Abnahmestrukturen und Verbräuchen sowie individuellen Sondereinflüssen verursacht werden. Bei Beachtung der Kundenstruktur der Klägerin ist jedoch eine konkrete Zuordnung der Kosten und Erlöse speziell zu den jeweiligen Kundengruppen entbehrlich. Die Klägerin hat zwar zwei Sonderkunden, nämlich die ... und die ... Der Arbeitspreis der übrigen Kunden ist jedoch gleich, nur der Grundpreis ist degressiv. Die Degression beginnt ab 701 kW. Der überwiegende Kundenanteil, nämlich ca. 95 %, bezieht jedoch weniger als 700 kW. Aufgrund dieser Kundenstruktur der Klägerin ist zur Beurteilung der Angemessenheit der Preise eine Aufgliederung zu den jeweiligen Kundengruppen nicht erforderlich. Die pauschale Berechnung der Klägerin liegt innerhalb des ihr zustehenden Beurteilungsspielraums und erlaubt eine Billigkeitskontrolle. Die von ihr angewandte Methode ist damit im vorliegenden Fall geeignet, den Nachweis zu erbringen, dass sie ihre Marktmacht nicht missbraucht und ihre Preise billig sind. Die Klägerin steht mit Mitbewerbern anderer Energieformen in einem Wettbewerb. Ihre Kunden sind zwar nach der Primärentscheidung für die Energieform Fernwärme an sie gebunden. Die Klägerin ist jedoch – worauf bereits hingewiesen wurde –, darauf angewiesen, neue Kunden zu gewinnen und mit Anbietern anderer Energieformen auch nach der getroffenen Primärentscheidung von Verbrauchern zu konkurrieren. Hieraus folgt, dass die Klägerin ihre Preise nicht unabhängig vom Markt bilden kann. Ihre Preise liegen zwar bei einem Preisvergleich mit anderen Anbietern von Fernwärme in der BRD nicht im unteren Bereich, sondern etwa im mittleren bis oberen Bereich. Nach der von der Beklagten vorgelegten Hitliste ... Fernwärmepreisvergleich: Stand 01.10.2001 – lag die Klägerin mit ihren Preisen auf Platz 55 von insgesamt 70 überprüften Unternehmen und ca. 5,84 - 8,9 % über dem Mittelwert aller FVU (vgl. Bl. 290). Demgegenüber ergibt sich aus dem von der Klägerin vorgelegten Fernwärme-Preisvergleich, Kurzumfrage: 01.10.2003, bei einem Vergleich von 179 Unternehmen, dass die Klägerin Platz 64 einnimmt und ihre Preise unter dem Durchschnittspreis aller 179 Unternehmen bzw. der 117 Unternehmen in den alten Ländern liegt (vgl. K 25 = Bl. 154/157 d.A.). Auch dies macht deutlich, dass die Preise der Klägerin letztlich nicht zu beanstanden sind. Ein Missbrauch ihrer Marktmacht – falls die Klägerin als Monopolistin anzusehen wäre – liegt damit nicht vor. Ihre Preise liegen somit innerhalb des ihr zuzubilligenden Spielraums. Auch aus diesem Grunde haben die Einwendungen der Beklagten keinen Erfolg.
V.
63 
Der Zinsanspruch folgt aus §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 2 BGB.
64 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.

Gründe

 
45 
Die Klage ist begründet.
I.
46 
Die Beklagte ist gemäß § 433 Abs. 2 BGB zur Bezahlung der bereits von ihr von den Wohnungseigentümergemeinschaften vereinnahmten, der berechneten Höhe nach unstreitigen, streitgegenständlichen Fernwärmerechnungen verpflichtet, da die Einrede der Unbilligkeit im vorliegenden Fall nicht greift.
47 
Nachdem beide Parteien sich auf jeweils von ihnen vorgelegte Gerichtsentscheidungen berufen können, ist es notwendig, sich mit der dogmatischen Struktur des § 315 BGB zu befassen, insbesondere nachdem beide Parteien durch Vorlage von Rechtsgutachten ihre gegenseitigen Ausführungen untermauert haben.
II.
48 
1. Der direkte Anwendungsbereich des § 315 BGB betrifft die Fälle, in denen die Parteien keine Einigung über die Höhe des Preises bzw. über den Rahmen erzielt haben, in dem sich die Leistungsbestimmung zu halten hat. Diese Vertragslücke soll durch § 315 BGB geschlossen werden. Der Anwendungsbereich des § 315 BGB ist daher nicht gegeben, wenn die Tarife individuell ausgehandelt wurden (BGH NJW-RR 1990, 1204), wenn also die Parteien weder ausdrücklich noch stillschweigend ein Leistungsbestimmungsrecht der Klägerin vereinbart haben. Wenn die Leistung im Vertrag ausdrücklich oder stillschweigend bestimmt ist, ist der Anwendungsbereich des § 315 BGB nicht eröffnet (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 17.02.2005, 2 U 83/04 und OLG Karlsruhe, Urteil vom 27.10.2004, 6 U 64/02, beide Urteile sind nicht rechtskräftig).
49 
2. Im zu beurteilenden Fall hat die Beklagte mit Schreiben vom 26.07.2002 den Eintritt in die bestehenden Verträge mit Wirkung vom 01.09.2002 erklärt. Sie hat am 25.06.2003 den Vertrag über die Versorgung von Fernwärme für das ... unterzeichnet. Damit hat sie die Preise der Klägerin akzeptiert, die sich aus den beigefügten Preisblättern ergaben. Die von der Klägerin berechneten Preise waren der Beklagten auch bereits bei Vertragseintritt bekannt, was sich u.a. daraus ergibt, dass die Beklagte nach Eintritt in die Verträge mit Schreiben vom 24.10.2002 die Klägerin um ein Angebot zur Reduzierung der Energiebezugskosten bat (B 1 = Bl. 91 d.A.). Gleichzeitig stellte sie bereits erfolgte und künftige Abschlagszahlungen oder Zahlungen auf Rechnungen unter den Vorbehalt der zu verhandelnden Energiebezugskosten. Auch in ihrem Schreiben vom 16.06.2003 beanstandete die Beklagte nicht die Preise der Klägerin, sondern nur die sachliche Rechtfertigung der Preisgleitklausel, die sie unter den Vorbehalt der angemessenen und üblichen Gestaltung stellte. Unter diesem Vorbehalt nahm sie die Verträge an (B 2 = Bl. 93 d.A.). Erst mit Schreiben vom 03.12.2003 – nachdem die Vertragsbeziehungen zum 01.11.2003 beendet worden waren – beanstandete die Beklagte die Angemessenheit und Üblichkeit der Preisstellung und forderte zur Darlegung der Preiskalkulation auf (K 17 = Bl. 67/68 d.A.).
50 
3. Aus den tatsächlichen Gegebenheiten zum Vertragseintritt ergibt sich:
51 
– Die Preise der Klägerin waren der Beklagten im Zeitpunkt des Vertragseintritts mit Wirkung zum 01.09.2002 der Höhe nach spezifiziert bekannt.
52 
– Die Parteien haben nach Vertragseintritt über die Preise verhandelt, ungeachtet dessen, dass die Klägerin mit einer Preisreduzierung nicht einverstanden war.
53 
– Die Beklagte hat die Preise der Klägerin durch Unterzeichnung des Vertrages über die Versorgung des ... mit Fernwärme akzeptiert.
54 
– Die Beklagte hat mit Schreiben vom 16.09.2003 auch die Preisbedingungen für die übrigen Objekte angenommen, in dem der zuvor mit Schreiben vom 24.10.2002 erklärte Vorbehalt nicht mehr zum Ausdruck kommt.
55 
Die dem Energiebezug zugrunde liegenden Preise der Klägerin, die sich ab Vertragseintritt der Beklagten bis zur Beendigung der Vertragsverhältnisse nicht änderten, sind damit Vertragsinhalt geworden. Die Preise lagen spezifiziert fest und wurden von der Beklagten akzeptiert. Ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht durch die Klägerin haben die Parteien gerade nicht vereinbart.
56 
Anders verhält es sich zwar mit der Preisanpassungsklausel. Die Preisanpassungsklausel ist aber im vorliegenden Fall nicht von Bedeutung, da im Vertragszeitraum eine Vertragsanpassung nicht stattfand.
III.
57 
§ 315 BGB findet auch keine entsprechende Anwendung. Zwar ist in Rechtsprechung und Literatur seit langem anerkannt, dass die Tarife von Unternehmen, die – im Rahmen eines privatrechtlich ausgestalteten Benutzungsverhältnisses – Leistungen der Daseinsvorsorge anbieten, auf deren Inanspruchnahme der andere Vertragsteil im Bedarfsfall angewiesen ist, grundsätzlich der Billigkeitskontrolle nach § 315 Abs. 3 BGB unterworfen sind (BGH NJW 1992, 171, 173, ablehnend aber Rieble, in Staudinger, BGB (2001), § 315 Rn. 48). Diese Grundsätze, die auf die besondere Situation des für sein Dasein auf bestimmte Leistungen und Waren angewiesenen Einzelnen Bedacht nehmen, sind wegen der nicht vergleichbaren Interessenlage nicht auf den Streit von zwei Handelsgesellschaften über die Angemessenheit der zwischen ihnen jedenfalls im Ansatz ausgehandelten Preise übertragbar (vgl. die oben zitierten Urteile der Oberlandesgerichte Stuttgart und Karlsruhe; a.A. Schwintowski in der von der Beklagten vorgelegten Rechtsgutachten, B 29, dort Seite 17; s. auch BGH NJW-RR 1992, 183).
58 
Hinzu kommt, dass die Beklagte es planmäßig darauf anlegt – wie die Vielzahl ihrer Rechtsstreitigkeiten zeigt – nach Eintritt in die Versorgungsverträge die Energieversorgungsunternehmen durch die Einrede der Unbilligkeit zur Offenlegung ihrer Preiskalkulation zu bewegen und der hieraus gewerblich erzielte Gewinn im ersten Vertragsjahr ausschließlich ihr zufließt und sie in den darauf folgenden Jahren nach Abzug ihrer Unkosten nur die Hälfte an den Endverbraucher auskehrt. Der Endverbraucher partizipiert dadurch allenfalls geringfügig am "Erfolg" der Beklagten. Die Beklagte hat die Vertragsbeziehungen, die zum 01.09.2002 begannen, bereits zum 01.11.2003 beendet. Damit fließt im Ergebnis den Mitgliedern der Wohnungseigentümergemeinschaft kein Vorteil zu. Das zeigt, dass es der Beklagten nicht in erster Linie um den Schutz der Endverbraucher geht, sondern (zumindest auch) um ihren eigenen Gewinn. Die Tätigkeit der Beklagten ist zwar deshalb nicht zu beanstanden. Das Schutzbedürfnis, das nach der Rechtsprechung die analoge Anwendung des § 315 BGB bei einer faktischen Monopolstellung rechtfertigt, ist aber insoweit nicht gegeben (vgl. LG Frankenthal, Urteil vom 25.11.2004, 2 HK O 86/04, K 35 = Bl. 308-312 d.A.).
59 
Es kann im vorliegenden Fall deshalb dahingestellt bleiben, ob der Rechtsprechung, die § 315 BGB analog anwendet, zu folgen ist oder ob es an einer planwidrigen Regelungslücke und damit an den Voraussetzungen für eine Analogie infolge einer abschließenden Regelung der Thematik der sachwidrigen Ausnutzung einer Monopolstellung im Kartellrecht fehlt (vgl. hierzu das von der Klägerin vorgelegte Rechtsgutachten, K 59 d.A.).
60 
Zweifelhaft ist auch, ob der Klägerin die für die analoge Anwendung des § 315 BGB erforderliche Marktmacht zukommt. Die Fernwärmeversorgung steht in umfassender Konkurrenz zur Gasversorgung und zur Mineralölwirtschaft. Diese Wettbewerbssituation entfällt nicht nach der Primärentscheidung des Verbrauchers für die Energieform Fernwärme. Denn das Fernwärmeversorgungsunternehmen ist wegen ihrer erheblichen Festkosten ebenso wie alle anderen leistungsgebundenen Energieversorger auf eine hohe Auslastung ihrer Investitionen und damit auf die Gewinnung neuer Kunden angewiesen. Würde die Klägerin eine Preispolitik zu Lasten von Altkunden machen, würde sie kaum noch Neukunden gewinnen. Da die Klägerin jedoch auf die Gewinnung von Neukunden angewiesen ist, besteht die Wettbewerbskonkurrenz mit Anbietern anderer Energieformen auch nach der getroffenen Primärentscheidung des Verbrauchers fort. Die Klägerin ist also nicht frei in ihrer Preisbestimmung, sondern muss den Preis "neukundenorientiert" und damit im Wettbewerb mit anderen Wettbewerbern ausrichten. Diese wirtschaftlichen Gegebenheiten verbieten die Annahme eines "faktischen" Leistungsbestimmungsrechts der Preise.
IV.
61 
Die Preise der Klägerin sind auch nicht unbillig. Die Beklagte weist zwar zu Recht darauf hin, dass nach der Rechtsprechung des BGH (BGH NJW-RR 1992, 183 ff) die Klägerin im Einzelnen vorzutragen und gegebenenfalls zu beweisen hat, welche allgemeinen und besonderen Kosten, die ihr durch die Belieferung der Beklagten mit Fernwärme entstehen, abzudecken waren, ferner, welchen Gewinn sie zur Bildung von Rücklagen, zur Finanzierung von Investitionen oder zur Verzinsung des aufgenommenen Kapitals bzw. der Einlagen ihrer Aktionäre mit dem der Beklagten berechneten Preis erzielt.
62 
Die Klägerin hat ihre Preiskalkulation im Schriftsatz vom 30.09.2004 (vgl. Bl. 221 ff d.A.) dargelegt, sie hat eine Aufstellung über ihre Jahresergebnisse ab 1973 bis 2002/2003 (vgl. K 28 = Bl. 236 d.A.) sowie ein Gutachten der ... vom 20.12.2004 (K 36 = Bl. 328 d.A.) vorgelegt. Die Wirtschaftsberatungs AG ... hat die Angemessenheit der Fernwärmepreise anhand einer Kalkulation nach dem Prinzip der Nettosubstanzerhaltung beurteilt und im Wege einer annuitätischen Wirtschaftsberechnung ein nachhaltiges kalkulatorisches Jahresergebnis der ausschließlich auf die Fernwärme bezogenen Geschäftstätigkeit der Klägerin ermittelt. Den bei der Fernwärmeerzeugung als Koppelprodukt anfallenden Strom – soweit er von der Klägerin selbst verbraucht wurde – bewertete die ... zu Marktpreisen. Die Berechnung durch die ... führte zu einer Verzinsung des gezeichneten Kapitals (nominal) von 5,96 %/a (vgl. Anlage 10 zum Gutachten der Wirtschaftsberatung ... vom 20.12.2004, K 36 = Bl. 328 d.A.). Diese ermittelte Verzinsung ist angemessen. Die Einwendungen der Beklagten gegen die Bewertungsmethode sind nicht durchgreiflich. Das von der Wirtschaftsberatung ... angewandte Verfahren trennt zwar die verschiedenen Produkte (Wärme, Kälte, Strom) nicht voneinander ab und differenziert auch inhaltlich nicht zwischen den einzelnen Kundengruppen (Wohnungswirtschaft, Gewerbe, Industrie, Sonstige). Es unterstellt, dass sämtliche Aufwendungen für die Erzeugung und Verteilung der Fernwärme sowie für die Vorhaltung und Werterhaltung der dazu notwendigen technischen Einrichtungen inklusive Personal und Kosten der zentralen Verwaltung und des Vertriebes, gleichermaßen von allen angeschlossenen Kunden und unabhängig von örtlichen Gegebenheiten der Erzeugung und Verteilung, verschiedenen Abnahmestrukturen und Verbräuchen sowie individuellen Sondereinflüssen verursacht werden. Bei Beachtung der Kundenstruktur der Klägerin ist jedoch eine konkrete Zuordnung der Kosten und Erlöse speziell zu den jeweiligen Kundengruppen entbehrlich. Die Klägerin hat zwar zwei Sonderkunden, nämlich die ... und die ... Der Arbeitspreis der übrigen Kunden ist jedoch gleich, nur der Grundpreis ist degressiv. Die Degression beginnt ab 701 kW. Der überwiegende Kundenanteil, nämlich ca. 95 %, bezieht jedoch weniger als 700 kW. Aufgrund dieser Kundenstruktur der Klägerin ist zur Beurteilung der Angemessenheit der Preise eine Aufgliederung zu den jeweiligen Kundengruppen nicht erforderlich. Die pauschale Berechnung der Klägerin liegt innerhalb des ihr zustehenden Beurteilungsspielraums und erlaubt eine Billigkeitskontrolle. Die von ihr angewandte Methode ist damit im vorliegenden Fall geeignet, den Nachweis zu erbringen, dass sie ihre Marktmacht nicht missbraucht und ihre Preise billig sind. Die Klägerin steht mit Mitbewerbern anderer Energieformen in einem Wettbewerb. Ihre Kunden sind zwar nach der Primärentscheidung für die Energieform Fernwärme an sie gebunden. Die Klägerin ist jedoch – worauf bereits hingewiesen wurde –, darauf angewiesen, neue Kunden zu gewinnen und mit Anbietern anderer Energieformen auch nach der getroffenen Primärentscheidung von Verbrauchern zu konkurrieren. Hieraus folgt, dass die Klägerin ihre Preise nicht unabhängig vom Markt bilden kann. Ihre Preise liegen zwar bei einem Preisvergleich mit anderen Anbietern von Fernwärme in der BRD nicht im unteren Bereich, sondern etwa im mittleren bis oberen Bereich. Nach der von der Beklagten vorgelegten Hitliste ... Fernwärmepreisvergleich: Stand 01.10.2001 – lag die Klägerin mit ihren Preisen auf Platz 55 von insgesamt 70 überprüften Unternehmen und ca. 5,84 - 8,9 % über dem Mittelwert aller FVU (vgl. Bl. 290). Demgegenüber ergibt sich aus dem von der Klägerin vorgelegten Fernwärme-Preisvergleich, Kurzumfrage: 01.10.2003, bei einem Vergleich von 179 Unternehmen, dass die Klägerin Platz 64 einnimmt und ihre Preise unter dem Durchschnittspreis aller 179 Unternehmen bzw. der 117 Unternehmen in den alten Ländern liegt (vgl. K 25 = Bl. 154/157 d.A.). Auch dies macht deutlich, dass die Preise der Klägerin letztlich nicht zu beanstanden sind. Ein Missbrauch ihrer Marktmacht – falls die Klägerin als Monopolistin anzusehen wäre – liegt damit nicht vor. Ihre Preise liegen somit innerhalb des ihr zuzubilligenden Spielraums. Auch aus diesem Grunde haben die Einwendungen der Beklagten keinen Erfolg.
V.
63 
Der Zinsanspruch folgt aus §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 2 BGB.
64 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.

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Landgericht Ulm Urteil, 08. Apr. 2005 - 10 O 23/04 KfH zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

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Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 17. Feb. 2005 - 2 U 83/04

bei uns veröffentlicht am 17.02.2005

Tenor 1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Vorsitzenden der 41. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Stuttgart vom 10.02.2004 wird z u r ü c k g e w i e s e n. 2. Die Klägerin trägt die

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(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.

Einwände gegen Rechnungen und Abschlagsberechnungen berechtigen zum Zahlungsaufschub oder zur Zahlungsverweigerung nur,

1.
soweit sich aus den Umständen ergibt, daß offensichtliche Fehler vorliegen, und
2.
wenn der Zahlungsaufschub oder die Zahlungsverweigerung innerhalb von zwei Jahren nach Zugang der fehlerhaften Rechnung oder Abschlagsberechnung geltend gemacht wird.

(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.

Einwände gegen Rechnungen und Abschlagsberechnungen berechtigen zum Zahlungsaufschub oder zur Zahlungsverweigerung nur,

1.
soweit sich aus den Umständen ergibt, daß offensichtliche Fehler vorliegen, und
2.
wenn der Zahlungsaufschub oder die Zahlungsverweigerung innerhalb von zwei Jahren nach Zugang der fehlerhaften Rechnung oder Abschlagsberechnung geltend gemacht wird.

(1) In der Kammer für Handelssachen hat der Vorsitzende die Sache so weit zu fördern, dass sie in einer mündlichen Verhandlung vor der Kammer erledigt werden kann. Beweise darf er nur insoweit erheben, als anzunehmen ist, dass es für die Beweiserhebung auf die besondere Sachkunde der ehrenamtlichen Richter nicht ankommt und die Kammer das Beweisergebnis auch ohne unmittelbaren Eindruck von dem Verlauf der Beweisaufnahme sachgemäß zu würdigen vermag.

(2) Der Vorsitzende entscheidet

1.
über die Verweisung des Rechtsstreits;
2.
über Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen, soweit über sie abgesondert verhandelt wird;
3.
über die Aussetzung des Verfahrens;
4.
bei Zurücknahme der Klage, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder Anerkenntnis des Anspruchs;
5.
bei Säumnis einer Partei oder beider Parteien;
6.
über die Kosten des Rechtsstreits nach § 91a;
7.
im Verfahren über die Bewilligung der Prozesskostenhilfe;
8.
in Wechsel- und Scheckprozessen;
9.
über die Art einer angeordneten Sicherheitsleistung;
10.
über die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung;
11.
über den Wert des Streitgegenstandes;
12.
über Kosten, Gebühren und Auslagen.

(3) Im Einverständnis der Parteien kann der Vorsitzende auch im Übrigen an Stelle der Kammer entscheiden.

(4) Die §§ 348 und 348a sind nicht anzuwenden.

(1) Durch den Kaufvertrag wird der Verkäufer einer Sache verpflichtet, dem Käufer die Sache zu übergeben und das Eigentum an der Sache zu verschaffen. Der Verkäufer hat dem Käufer die Sache frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen.

(2) Der Käufer ist verpflichtet, dem Verkäufer den vereinbarten Kaufpreis zu zahlen und die gekaufte Sache abzunehmen.

(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Vorsitzenden der 41. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Stuttgart vom 10.02.2004 wird

z u r ü c k g e w i e s e n.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

Gegenstandswert des Berufungsverfahrens: 20.000,00 EUR.

Gründe

 
I.
Die Berufung ist zulässig, sie hat der Sache nach jedoch keinen Erfolg.
A.
Zum einen wird auf die Feststellungen in der angegriffenen Entscheidung Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Zusammenfassend und ergänzend:
Die Klägerin verfügt über eine Genehmigung nach § 3 EnWG für das gesamte Bundesgebiet und bietet elektrische Energie, insbesondere für Privatverbraucher und Gewerbekunden, an. Die Beklagte war bis zur Liberalisierung des Strommarktes im Jahre 1998 Gebietsmonopolistin auf dem Gebiet des Vertriebs und der Verteilung elektrischer Energie in ihrem Netzbereich. Am 01.01.2002 unterbreitete die Beklagte der Klägerin ein Angebot über Preise und Regelungen für die Netznutzung (K 1). Die Klägerin nahm die Netznutzung auf und meldete u.a. am 21.06.2002 der Beklagten ihre Kunden an. Einen ihr unterbreiteten Lieferantenrahmenvertrag unterzeichnete die Klägerin nicht. Vielmehr schrieb sie der Beklagten am 24.06.2002 u.a. (K 2):
„... als Stromversorger (Händler) nutzen wir Ihr Stromnetz zur Versorgung unserer Kunden im Wege der Durchleitung nach der Verbändevereinbarung "II Plus".
In diesem Rahmen werden uns Entgelte für die Netznutzung in Rechnung gestellt.
Da uns nach bisherigem Kenntnisstand keine Darlegung der Kostenkalkulation Ihrerseits vorliegt, können wir die Angemessenheit der verlangten Entgelte derzeit nicht abschließend beurteilen. Auf Anraten unserer Anwaltskanzlei ... werden wir daher 30 % der geforderten Entgelte nach Preisblatt zunächst einbehalten, bis ein Nachweis der Angemessenheit vorliegt ...".
Die Beklagte hat der Klägerin entsprechend der ihr eingangs unterbreiteten Preise und Regelungen ein Entgelt für die Netznutzung in Höhe von 6,23 ct/kWh netto in Rechnung gestellt, für sog. Mess- und Verrechnungsleistungen, also Kosten für die Erfassung, Wartung und Abrechnung der Energielieferung an den jeweiligen Kunden (sog. Metering-Kosten), ein Entgelt von 28,00 EUR/Jahr netto für Eintarifzähler von Kunden ohne registrierende Leistungsmessung. Entsprechend ihrer Ankündigung hatte die Klägerin anfänglich nur 70 % der Rechnungsbeträge beglichen. Zwischenzeitlich sind keine Rechnungsbeträge mehr offen, da die Klägerin, allerdings unter Vorbehalt, die Differenz bezahlt hat (Bl. 105, 204).
10 
Die Klägerin hat im Wesentlichen vorgebracht,
11 
die von der Beklagten in Rechnung gestellten Entgelte seien überhöht und weiterhin Folge eines auf dem Strommarkt nicht bestehenden Wettbewerbs. Da sie zur Ausübung ihres Geschäftes auf den Zugang zum von der Rechtsvorgängerin der Beklagten gehaltenen Stromnetz angewiesen sei, könne sie gemäß § 315 BGB die gerichtliche Festsetzung der angemessenen Vergütung begehren. Für die Angemessenheit der erhobenen Entgelte träfe ohnehin die Beklagte die Beweislast, die, um dieser zu genügen, wie von der Klägerin mehrfach gefordert, auch ihre Kalkulation offen legen müsse. Dieser Anspruch auf gerichtliche Bestimmung stehe ihr neben einer kartellrechtlichen Billigkeitskontrolle gemäß §§ 19, 20 GWB und einer Überprüfungsmöglichkeit nach § 6 EnWG zu. Auch letztere führten zu dem Ergebnis, dass die Beklagte unvertretbar übersetzte Entgelte in Fortwirkung ihrer monopolartigen Stellung erhebe. Soweit sich die Beklagte auf die aktuellste Verbändevereinbarung (VV II plus) berufe und darauf, dass dieser nach § 6 Abs. 1 S. 5 EnWG die Vermutung guter fachlicher Praxis zukomme, sei nicht nur die im Gesetz für diese Vermutungswirkung bestimmte Frist zum 31.12.2003 längst abgelaufen, vielmehr stelle diese Vereinbarung, die unter Ausschluss etwa von Verbrauchern einzig unter der Federführung von Netzbetreibern zu Stande gekommen sei, eine ihrerseits unzulässige Kartellabsprache eines Lobbyistenverbandes dar, deren Beachtlichkeit auch die Unwirksamkeitsfolge des Art. 81 EGV entgegenstünde. Bei einer solchermaßen zusammengesetzten Entgeltfindungskommission sei unausbleiblich, dass die in dieser Vereinbarung niedergelegten Bemessungsgrundlagen einseitig und damit falsch seien und plangemäß zu unvertretbar übersetzten Entgelten führten. Die Preise einiger anderer Netzbetreiber belegten auch, dass die marktgerechten Preise weit niedriger lägen. Diese bildeten jedenfalls die Höchstgrenze für eine Entgelterhebung der Beklagten.
12 
Die Klägerin hat deshalb beantragt, für Recht zu erkennen:
13 
1. Das Gericht möge das billige Netznutzungsentgelt für die Nutzung des Stromversorgungsnetzes der Beklagten durch die Klägerin zur Energieversorgung ihrer Kunden, die sie in dem Netzgebiet der Beklagten angemeldet und versorgt bzw. versorgt hat, einschließlich der Nutzung der vorgelagerten Netze bis zu dem örtlich zuständigen Regelzonenbetreiber bestimmen,
14 
hilfsweise feststellen, dass der Beklagten kein Anspruch auf Netznutzungsentgelt für Kunden ohne registrierende Leistungsmessung in Höhe eines Arbeitspreises von derzeit 6,23 ct/kWh (netto) zusteht, soweit er 50 % der geltend gemachten Beträge übersteigt.
15 
2. Das Gericht möge das billige Entgelt für die Mess- und Verrechnungsleistungen für Eintarifzähler im Rahmen der Netznutzung des Stromverteilungsnetzes der Beklagten durch die Klägerin zur Belieferung ihrer an das Niederspannungsnetz der Beklagten angeschlossenen Lastprofilkunden, die sie in dem Netzgebiet der Beklagten angemeldet und versorgt bzw. versorgt hat, bestimmen,
16 
hilfsweise festzustellen, dass der Beklagten kein Anspruch auf Netznutzungsentgelt für Kunden ohne registrierende Leistungsmessung in Höhe eine Mess- und Verrechnungspreises von derzeit EURO 28,00 pro Jahr (netto) (Verrechnungspreis für Eintarifzähler) zusteht, soweit dieser den Betrag von EURO 15,33 pro Jahr übersteigt.
17 
Die Beklagte hat beantragt,
18 
die Klage abzuweisen.
19 
Sie hat hauptsächlich eingewandt, dem Begehren nach § 315 BGB stehe schon entgegen, dass es an einer vertraglichen Grundlage fehle, welche einer Partei, hier angeblich der Beklagten, ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht zugewiesen habe. Die im Weiteren bemühte kartellrechtliche Kontrolle sei der Klägerin schon im Hinblick auf den Vorrang des § 6 EnWG verwehrt. Durch die Einhaltung der VV II plus streite eine Vermutung für die von der Beklagten gehandhabte Praxis, welche die Klägerin nicht widerlegt habe. Da der Gesetzgeber der ihm im Einzelnen bekannten Verbändevereinbarung kraft Gesetzes die Vermutungswirkung beigelegt habe, verfingen die umfänglichen Angriffe der Klägerin gegen einzelne Bewertungsmerkmale dieses Regelwerkes nicht. Angesichts der Gesetzesqualität dieser Vereinbarung sei auch dem Rückgriff auf Art. 81 EGV kein Erfolg beschieden. Ungeachtet dessen seien die von der Beklagten verlangten Preise auch angemessen und das Ergebnis eines auf diesem Energiemarkt bereits herrschenden Wettbewerbs. Verweise auf vereinzelt günstigere Entgelte ließen die jeweiligen Tarifbedingungen und zuschnitte außer Acht und auch, dass die Beklagte etwa hinsichtlich der Netznutzungsentgelte zu den günstigsten Anbietern in der Bundesrepublik gehöre.
20 
Das Landgericht wies die Klage ab. Dabei stellte es u.a. fest (Bl. 474 = US 3): „... Die Klägerin ... Nach ihrem Vorbringen berechnete die Beklagte das Netznutzungsentgelt und das Entgelt für die Mess- und Verrechnungsdienstleistungen unzulässig und unzutreffend auf der Grundlage der Verbändevereinbarung über Kriterien zur Bestimmung von Netznutzungsentgelten für elektrische Energie und über Prinzipien der Netznutzung vom 13.12.2001". Inhaltsgleich findet sich in den Entscheidungsgründen (Bl. 478 = US 7 unten): „Die Beklagte hat nach ihren Angaben und auch nach dem Vorbringen der Klägerin die von der Klägerin" - hier muss es ersichtlich heißen: „der Beklagten", da die Klägerin keine Netznutzungsentgelte erhebt - „geforderten Benutzungsentgelte und die Entgelte für die Mess- und Verrechnungsdienstleistungen auf der Grundlage der Preisfindungsprinzipien der Verbändevereinbarung ermittelt. Es ist deshalb unbeachtlich, dass die Klägerin nunmehr nach Schluss der mündlichen Verhandlung ihren Vortrag relativiert". Im Kern folgte das Landgericht der Verteidigungslinie der Beklagten, indem es die Vereinbarung eines einseitigen Leistungsbestimmungsrechtes verneinte und durch die Einhaltung der VV II plus den angegriffenen Tarifen der Beklagten die Vermutung guter fachlicher Praxis nach § 6 Abs. 1 S. 5 EnWG zukommen ließ. Da die von der Beklagten geforderten Entgelte sich im mittleren Rahmen der von den inländischen Netzbetreibern geforderten Entgelte bewegten, gingen auch die kartellrechtlichen Angriffe der Klägerin ins Leere.
21 
Dagegen wendet sich die Berufung der Klägerin,
22 
welche nunmehr entschieden in Abrede stellt, dass die Beklagte sich bei der Ermittlung der erhobenen Tarife überhaupt an die Vorgaben der VV II plus hielte. Im Übrigen führt sie unter wiederholender Vertiefung ihre bereits erstinstanzlich vorgebrachten Angriffe ins Feld.
23 
Die Klägerin beantragt:
24 
1. Das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 10. Februar 2004 (Az: 41 O 38/03 KfH) wird abgeändert;
25 
2. a) das Gericht möge das billige Netznutzungsentgelt für die Nutzung des Stromversorgungsnetzes der Beklagten durch die Klägerin zur Energieversorgung ihrer Kunden, die sie in dem Netzgebiet der Beklagten angemeldet und versorgt bzw. versorgt hat, einschließlich der Nutzung der vorgelagerten Netze bis zu dem örtlich zuständigen Regelzonenbetreiber für die Zeit vom 1. August 2002 bis zum 31. Dezember 2004 bestimmen,
26 
b) hilfsweise festzustellen, dass der Beklagten kein Anspruch auf Netznutzungsentgelt für Kunden ohne registrierende Leistungsmessung in Höhe eines Arbeitspreises von 6,23 ct/kWh (netto) bis zum 31. Dezember 2003 und in Höhe eines Arbeitspreises von 5,96 ct/kWh (netto) ab dem 1. Januar 2004 zusteht, soweit er jeweils 50 % der geltend gemachten Beträge übersteigt;
27 
3. a) das Gericht möge das billige Entgelt für die Mess- und Verrechnungsleistungen für Eintarifzähler im Rahmen der Netznutzung des Stromverteilungsnetzes der Beklagten durch die Klägerin zur Belieferung ihrer an das Niederspannungsnetz der Beklagten angeschlossenen Lastprofilkunden, die sie in dem Netzgebiet der Beklagten angemeldet und versorgt bzw. versorgt hat, für die Zeit vom 1. August 2002 bis zum 31. Dezember 2004 bestimmen;
28 
b) hilfsweise festzustellen, dass der Beklagten kein Anspruch auf Netznutzungsentgelt für Kunden ohne registrierende Leistungsmessung in Höhe eines Mess- und Verrechnungspreises von 28,00 EUR/a (netto) (Verrechnungspreis für Eintarifzähler) zusteht, soweit dieser den Betrag von 15,33 EUR/Jahr übersteigt.
29 
4. für den Fall, dass das Berufungsgericht eine weitere Verhandlung nach § 538 Abs. 2 für erforderlich hält, eine Zurückverweisung.
30 
Die Beklagte beantragt:
31 
Die Berufung wird zurückgewiesen.
32 
Sie rügt das Bestreiten der Klägerin, dass die Beklagte bei der Erhebung ihrer Tarife sich von den Vorgaben der VV II plus leiten lasse, als verspätet und verteidigt im Übrigen die angefochtene Entscheidung als richtig.
33 
Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze sowie die Verhandlungsniederschriften verwiesen.
B.
1.
34 
Klageantrag Ziff. 1 (Netznutzungsentgelt)
35 
a) Hauptantrag
36 
aa) Ein Anspruch gemäß § 315 Abs. 3 BGB steht der Klägerin nicht zu.
(1)
37 
(α) Zwar mag der Klägerin darin beizutreten sein, dass die Unbilligkeit einer Leistungsbestimmung durch den Vertragsgegner auch durch Klage geltend gemacht werden kann (Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Aufl., § 315, 17; Gehrlein in Bamberger/Roth, BGB [2003], § 315, 11); diese ist Gestaltungsklage (Gottwald in MüKo, BGB, 4. Aufl., § 315, 47; Rieble in Staudinger, BGB [2001], § 315, 75, 233). Der Bestimmungsberechtigte ist, sofern die andere Seite substantiierte Einwendungen erhebt, auch für die Billigkeit der getroffenen Bestimmung grundsätzlich beweisbelastet (BGH NJW 2003, 1449, 1450; 1992, 171, 174; Gehrlein a.a.O. § 315, 13; Gottwald a.a.O. § 315, 53; Rieble a.a.O. § 315, 229; krit. Palandt/Heinrichs a.a.O. § 315, 19); der Gegner kann unter Umständen zur Offenlegung seiner Kalkulation verpflichtet sein (BGH a.a.O. 174; Palandt/Heinrichs a.a.O. 19).
38 
(β) Diese Beweislastverteilung erlaubt der Klägerin grundsätzlich die Erhebung der Bestimmungsklage, so wie auch bei umgekehrter Parteirolle die bloße Einrede der Unbilligkeit (Palandt/Heinrichs a.a.O. 16), ohne dass sie im Einzelnen den billigen Betrag herleitend darstellen müsste. Der Mangel einer solchen Darlegung - ungeachtet der Frage, ob damit ein Zulässigkeits- oder Begründetheitsdefizit betroffen wäre - macht danach die Klage in jedem Fall nicht unzulässig, was aber die Beklagte rügt.
(2)
39 
(α) Die Anwendung des § 315 Abs. 3 BGB setzt aber voraus, dass eine Vereinbarung gemäß § 315 Abs. 1 BGB getroffen worden ist, wonach einer Partei ausdrücklich oder stillschweigend ein Leistungsbestimmungsrecht zustehen soll. Ist die Leistung im Vertrag bereits - stillschweigend - bestimmt, was bei Verweis auf übliche Preise oder beim Bestehen von Tarifen oder Honorarwerken der Fall ist, ist der Anwendungsbereich des § 315 Abs. 3 BGB nicht eröffnet (Palandt/Heinrichs a.a.O. § 315, 4; Erman/Battes, BGB, 10. Aufl., § 315, 3; RGRK/Ballhaus, BGB, 12. Aufl., vor § 315, 4 und § 315, 1; Hk-BGB/Schulze, § 315, 3). § 315 Abs. 3 BGB ist nicht für eine allgemeine richterliche Vertragshilfe nutzbar zu machen. Die Vertragshilfe des § 315 BGB greift nur dort, wo die Parteien das vereinbart haben, sich also autonom der richterlichen Schlichtung durch Ersatzleistungsbestimmung unterworfen haben (Rieble in Staudinger a.a.O. 23).
40 
(β) Vorliegend haben die Parteien kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht vereinbart. Vielmehr hat die Klägerin in ihrem Schreiben vom 24.06.2002 (K 2) nur festgestellt, wonach die Beklagte abrechnet, und dieser Art der Abrechnung sogleich die Berechtigung abgesprochen, weshalb sie auch einen Teil der in Rechnung gestellten Vergütung nicht leistete und auch die spätere Erfüllung dieser Deckungslücke unter Vorbehalt stellte.
(3)
41 
(α) Eine Überprüfung nach § 315 BGB ist auch nicht deshalb eröffnet, weil vorliegend Tarife eines Energieversorgungsunternehmens betroffen sind. Zwar ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung seit langem anerkannt, dass die Tarife von Unternehmen, die - im Rahmen eines privatrechtlich ausgestalteten Benutzungsverhältnisses - Leistungen der Daseinsvorsorge anbieten, auf deren Inanspruchnahme der andere Vertragsteil im Bedarfsfall angewiesen ist, grundsätzlich der Billigkeitskontrolle nach § 315 Abs. 3 BGB unterworfen sind (BGH NJW 1992, 171, 173; Erman/Battes a.a.O. § 315, 2; Hk-BGB/Schulze a.a.O. § 315, 1; abl. Rieble in Staudinger a.a.O. § 315, 48). Diese Grundsätze, die auf die besondere Situation des für sein Dasein auf bestimmte Leistungen und Waren angewiesenen Einzelnen Bedacht nehmen, sind wegen der nicht vergleichbaren Interessenlage nicht auf den Streit von zwei Handelsgesellschaften über die Angemessenheit der zwischen ihnen jedenfalls im Ansatz ausgehandelten Preise übertragbar (so auch OLG Karlsruhe Urteil vom 27.10.2004 - 6 U 22/04 - US. 6 = BB 7 = Bl. 629).
42 
(β) Danach gilt, was Rieble in Staudinger a.a.O. 48 mit seiner Kritik an der bezeichneten Rechtsprechung ganz allgemein feststellt, im Ergebnis auch bei der vorliegenden Konstellation: Auch die Vertragsbedingungen von Monopolisten, auf deren Leistungen der Kunde angewiesen ist, sind nicht nach § 315 auf ihre Billigkeit hin zu kontrollieren, weil der Monopolist kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht ausübt und sich auch keiner richterlichen Ersatzleistungsbestimmung unterworfen hat. Die Marktmacht von Monopolisten und Oligopolisten wird nach dem GWB kontrolliert. Der Preismissbrauch kann nach den §§ 19 Abs. 4 Nr. 2 und 3, 20 Abs. 1 bis 3 GWB vom Kartellamt (§ 32 GWB) wie vom Opfer (§ 33 GWB) angegriffen werden. Der Zugang zu wesentlichen Einrichtungen zu angemessenen Entgelten ist in § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB geregelt. § 315 Abs. 3 ist kein Ansatzpunkt für eine kartellähnliche Preismissbrauchskontrolle. § 8 AGBG [a.F.] spricht ebenso gegen eine Preiskontrolle auch von Monopolisten.
43 
bb) Auch § 6 EnWG ist der Klägerin vorliegend nicht behilflich.
44 
(1) § 6 Abs. 1 S. 5 EnWG stellt die widerlegliche Regel auf, dass bei Einhaltung der Verbändevereinbarung über Kriterien zur Bestimmung von Netznutzungsentgelten für elektrische Energie und über Prinzipien der Netznutzung vom 13. Dezember 2001 (BAnz Nr. 0/85 b vom 08.05.2002) die Erfüllung „guter fachlicher Praxis“ vermutet wird. Die im Gesetz genannte Befristung für die Vermutung (31. Dezember 2003) ist allerdings zwischenzeitlich abgelaufen.
45 
(2) Gleichwohl - auch darin folgt der Senat den Ausführungen im Urteil des OLG Karlsruhe a.a.O., dort US. 7 - ergibt sich daraus nicht nur, dass bis zu jenem Zeitpunkt bei Einhaltung dieser Vereinbarung zugleich vermutet wird, dass diese Preisgestaltung keinen Verstoß gegen Angemessenheits- oder Billigkeitsmerkmale darstellt. Diese Vermutung zielte darauf ab, in einer Übergangszeit, insbesondere bis zur Schaffung einer Regulierungsbehörde, der Praxis eine Leitlinie an die Hand zu geben, um Rechtsfrieden zu schaffen. Zwar ist die Zeitschranke mittlerweile überschritten. Damit ist aber nicht am 31.12.2003 der nämliche Sachverhalt und Rechtszustand angemessen und billig und am 01.01.2004 rechtlich untragbar geworden. Nimmt der Gesetzgeber keine Fristverlängerung vor oder installiert er die Regelungsbehörde (noch) nicht, so hat sich zwar diese Rechtslage formal verändert. Die vormalige Wertung hat an ihrem Aussagegehalt in der Sache aber nichts verloren. Deshalb ist auch nach dem 31.12.2003 davon auszugehen, dass Entgelte, welche dieser Vereinbarung, die der Gesetzgeber immerhin im Bundesanzeiger veröffentlicht hat, folgen, im Ansatz nicht beanstandungswürdig erscheinen.
46 
(3) Im Übrigen ist der von Beklagtenseite verlangte Tarif insgesamt gemäß § 12 BTOElt genehmigt (vgl. LOrdner = LO - B 10 - B 13). Zwar mag die Tarifgenehmigung nach dieser Vorschrift für sich keinen allgemeinen Billigkeitsnachweis erbringen (offen gelassen in BGH NJW 2003, 1449, 1450). Ihr kommt jedoch gleichwohl Indizwirkung für die Angemessenheit und Billigkeit der Tarife zu (KG ZNER 2002, 209, 210; m.krit.Anm. Säcker 211). Eine solche Genehmigung stellt zugleich ein Indiz dafür dar, dass sich die Tarife der Beklagten schon vor VV II plus im Rahmen üblicher Berechnungsstrukturen bewegt haben.
47 
(4) Dass die Beklagte bei ihrer Tariferhebung den Vorgaben der VV II plus folgt, ist der auch im Berufungsrechtszug zu Grunde zu legende Sachstand.
48 
(α)
49 
[1] Dafür, welche Tatsachen in erster Instanz vorgetragen, welche bestritten worden und welche unbestritten geblieben sind, erbringt der Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils, zu welchem auch die Wiedergabe von Tatsachenvortrag in den Entscheidungsgründen gehört, gemäß § 314 ZPO Beweis, der nur durch das Sitzungsprotokoll, soweit dieses Tatsachenvortrag konkret wiedergibt, entkräftet werden kann. Das gilt auch für unrichtig wiedergegebenen Tatsachenvortrag. Die Unrichtigkeit des Tatbestandes einschließlich der Wiedergabe von Tatsachenvortrag in den Entscheidungsgründen kann nur mit Hilfe eines beim Gericht des ersten Rechtszuges anzubringenden Antrags nach § 320 ZPO auf Berichtigung des Tatbestandes geltend gemacht werden. Ist dies versäumt worden, so muss das Berufungsgericht wegen der Beweiskraft des Tatbestandes von dem dort wiedergegebenen Tatsachenvortrag als richtig ausgehen. Daraus folgt für § 529 Abs. 1 Nr. 1, dass eine Partei im Berufungsverfahren nicht mit Erfolg unter Hinweis auf erstinstanzliche Schriftsätze geltend machen kann, der Tatbestand des angefochtenen Urteils gebe den Sachvortrag unrichtig wieder und begründe deshalb Zweifel an einer Tatsachenfeststellung des Erstrichters (Ball in Musielak, ZPO, 4. Aufl., § 529,6 m.N.). Dabei wird auch nicht der Gehalt der Beweiswirkung des § 314 ZPO überdehnt, indem aus der Nichterwähnung von Vortrag im Tatbestand oder dem Tatbestand gleichkommenden Urteilspassagen geschlussfolgert würde, er sei gar nicht gehalten worden (vgl. hierzu BGHZ 158, 269 = NJW 2004, 1876, 1879). Denn vorliegend gibt der Tatbestand den hierzu gehaltenen Vortrag der Klägerin positiv wieder.
50 
[2] Da das Landgericht, wie aufgezeigt, als Tatsachenvortrag auch der Klägerin wiedergegeben hat, dass die Beklagte ihre Entgelte nach den Regeln der VV II plus erhebe, und ein Tatbestandsberichtigungsantrag nicht gestellt worden ist, ist dies für das Berufungsgericht als Sachstand bindend festgestellt, soweit die Klägerin nicht nach § 529 Abs. 1 Nr. 2, § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO ihr Bestreiten im Berufungsrechtszug als neue Tatsache zulässigermaßen einführen darf. Dies ist jedoch nicht der Fall. Denn es ist nicht ersichtlich noch nachvollziehbar gemacht, dass die Klägerin anderes als Nachlässigkeit an einem entsprechenden Vorbringen in erster Instanz gehindert hat.
51 
[3] Gleiches gilt für ein Vorbringen in erster Instanz nach Schluss der dortigen mündlichen Verhandlung in einem nicht nachgelassenen Schriftsatz. Solches Vorbringen kann dann in der Berufungsinstanz nur unter den Voraussetzungen der §§ 531 Abs. 2, 532 ZPO wiederholt werden (Huber in Musielak a.a.O. § 296 a, 5 m.w.N.). Auch soweit die Klägerin, worauf das Landgericht in seinen angeführten Urteilspassagen auch abhebt, nach Schluss der mündlichen Verhandlung diese Übereinstimmung der Entgeltberechnung mit den Regeln der VV II plus bestritten hat (etwa 418, 433, 455), unterliegt auch dieses im zweiten Rechtszug wieder belebte Bestreiten dem Ausschluss nach den vorgenannten Berufungsvorschriften, da anderes als Nachlässigkeit für diese Art der Verfahrensteilhabe weder vorgetragen noch ersichtlich ist.
52 
[4] Nach diesen Verfahrensregeln ist und bleibt unstreitiger Sachstand, dass die Tariferhebung der Beklagten dem Regelwerk der VV II plus folgt und entspricht.
53 
(β) Jenseits dieser formalen prozessualen Schranke kann auch bei Würdigung des umfangreichen Vortrages der Klägerin in erster Instanz gemessen an § 138 Abs. 3 ZPO der Inbegriff ihres Vorbringens hierzu auch nur so verstanden werden, wie es die wiedergegebenen landgerichtlichen Urteilspassagen ausweisen: die Tariferhebung nach VV II plus war unstreitig.
54 
[1] Die Beklagte hat erstinstanzlich - wie ungebrochen auch zweitinstanzlich (Bl. 576, 587) - immer wieder vorgetragen und stets bekräftigt, dass sie sich in ihrer Tarifkalkulation streng an die Vorgaben der VV II plus halte. Dies hat sie ferner noch näher zu belegen versucht, indem sie ein Testat eines Wirtschaftsprüfers vorgelegt hat (B 15 = Bl. 199 - Anl.), welches die Einhaltung der Kalkulationsgesichtspunkte der Verbändevereinbarung bestätigte. Zwar war das Klägervorbringen hierzu nicht durchgängig einheitlich, wie bereits etwa in der Klage aufscheint. So findet sich dort auf Bl. 8 oben etwa, dass die Beklagte angemessene Entgelte verlange, „dieses ergibt sich aus der Anwendung der Entgeltbemessungsmaßstäbe in der Verbändevereinbarung II, bzw. der Verbändevereinbarung II". Alsdann liest sich: „... selbst bei einer Anwendung der Regelungen der VV II plus ...". Erstinstanzlich lässt sich zwar auch finden, dass die Klägerin bestreite, dass die Beklagte die VV II plus einhalte. Geschah dies nicht ohnehin erst in nach Schluss der mündlichen Verhandlung (vgl. Bl. 409) eingereichten, nicht nachgelassenen Schriftsätzen (etwa Bl. 418, 433, 455), was - wie oben ausgeführt - schon verfahrensrechtlich keine Beachtung finden konnte, so ist ein solches Vorbringen stets vereinzelt geblieben und abgelöst worden von einem nahezu durchgängig gegenläufigen Vortrag. Auch hat die Beklagte wieder und wieder (vgl. etwa Bl. 325, 406) als Vorbringen der Klägerin zusammenfassend festgestellt, dass nun die Einhaltung der Vorgaben der VV II plus unstreitig sei. Der Senat verkennt nicht, dass die Verfahrensordnung einer Partei nicht in die Hand gibt, durch solche einseitigen Feststellungen verfahrensrechtlich eine Gestaltungswirkung auszuüben. Bleibt jedoch, wie vorliegend, ein direkter Widerspruch der Klägerin auf diese wertende Betrachtung aus, so wirft dies doch ein bezeichnendes Licht darauf, wie die Klägerin ihr nicht immer eindeutiges Vorbringen ersichtlich selbst verstanden wissen wollte. Wiederholt hat denn auch die Klägerin nicht nur vorgebracht, „die Überhöhung der Netznutzungsentgelte ergibt sich aus der branchenweiten Anwendung einer zwischen den Verbänden der Verbraucher und der Elektrizitätserzeugung unter Ausschluss der privaten Verbraucher und netzunabhängigen Händler getroffenen Verbändevereinbarung II vom 13.12.1999 bzw. der Verbändevereinbarung II plus vom 13.12.2001" (Bl. 28, vgl. auch 266), sondern auch: „auch der Beklagten dient diese Verbändevereinbarung ... bis zum heutigen Tage als Berechnungsgrundlage bezüglich des Vertragsverhältnisses mit der Klägerin" (Bl. 30, 32, 278, 259, 355, 356, 357, 371). Diese Positionierung im Rechtsstreit deckt sich auch vollkommen mit der weiteren Angriffslinie der Klägerin, dass „unter Berücksichtigung dessen ... festzustellen [ist], dass die Ansätze des Kalkulationsleitfadens (Anlage 3) zur Verbändevereinbarung II plus dazu führen, dass die Beklagte überhöhte Kosten festgesetzt hat, die zu weit überhöhten Gewinnen führen" (Bl. 232), dass erst eine Anwendung der VV II plus eine „systematische Überhöhung" der Tarife der Beklagten ermögliche (Bl. 30, 45, 205, 303, 418), denn „die Überhöhung der Entgelte [ergibt sich] unter anderem unmittelbar aus den Berechnungsmaßstäben der Verbändevereinbarungen" (Bl. 26). Danach musste nach dem Vorbringen der Klägerin die Beklagte geradezu zwingend das Regelwerk der VV II plus einhalten, um in den Genuss der durch Lobbyistenarbeit festgeschriebenen einseitigen Berücksichtigung der Interessen der Monopolisten zu kommen. Zwar war auch mehrfach die Offenlegung der Kalkulation der Beklagten gefordert. Darin war aber noch kein Bestreiten zu sehen, dass die Beklagte sich an die Kalkulationsgrundlage der VV II plus halte. Denn die Klägerin hat die Rechtsverbindlichkeit dieser Verbändevereinbarung stets bekämpft, sie mithin auszuräumen versucht, um dann auf der Grundlage einer originären Beklagtenkalkulation diese der Fehlsamkeit und Unangemessenheit zu überführen. Danach hat das Landgericht zu Recht in seinem Urteil als unstreitig behandelt, dass die Beklagte ihre von der Klägerin geforderten Tarife nach der VV II plus berechne.
55 
Darauf hat der Senat in seiner mündlichen Verhandlung auch hingewiesen.
56 
[2] Ein Schriftsatzrecht zu diesem gerichtlichen Hinweis hat die Klägerin nicht erbeten. Ihr stand jedoch frei, wovon sie auch mit ihrem Schriftsatz vom 31.1.2005 Gebrauch gemacht hat, zur Wertung ihres erstinstanzlichen Vorbringens Stellung zu nehmen. Diese Stellungnahme gibt jedoch keinen Anlass, von der schon in der mündlichen Verhandlung verlautbarten Sicht des Senates abzuweichen. Die Darstellung unter aa) leistet eine Gesamtschau des klägerischen Vorbringens, welche bereits Teile im Klägervortrag aufnimmt, die als Bestreiten der Übereinstimmung der Tarifherleitung der Beklagten mit dem Regelwerk in der VV II plus ausgelegt werden können. Der nachgereichte Schriftsatz greift demgegenüber nur zwei Passagen im eigenen Vortrag in ihrer Vereinzelung auf und lässt sie isoliert stehen, ohne den auch nach § 138 Abs. 3 ZPO gebotenen Gesamtzusammenhang herzustellen.
57 
(5) Soweit die Klägerin im Rahmen ihres umfänglichen Vorbringens der VV II plus abspricht, überhaupt taugliches Preisbildungssystem zu sein und dies durch eine Reihe von Stellungnahmen und privatgutachterlichen Äußerungen (vgl. etwa K 32, 33, 44 und K 68 bis 76 = Bl. 648 bis 654) zu belegen sucht, ist dieser Versuch bereits im Ansatz verfehlt. Denn der Gesetzgeber hat in Kenntnis der heftigen Auseinandersetzung um die Tauglichkeit des Preisfindungssystems schon bei VV II und im Bewusstsein, dass diese Verbändevereinbarung durch ein nicht ausgeglichen besetztes Gremium zu Stande gekommen ist, diesem Regelwerk durch Gesetz seine Angemessenheit bescheinigt und dieses verfahrensrechtlich mit großem Beweisvorsprung ausgestattet. Bei einer nicht geringer gewordenen rechtlichen und politischen Kontroverse hat der Gesetzgeber dieser im Verbändewerk VV II plus fortgeschriebenen Ausgangsvereinbarung erneut durch Gesetz das nämliche Richtigkeitstestat - jedenfalls für eine Übergangsphase - ausgestellt und es verfahrensrechtlich in gleicher Weise abgesichert.
58 
cc) Ein anderes Ergebnis lässt sich auch nicht bei Rückgriff auf die §§ 19, 20 GWB finden.
59 
Dabei mag zu Grunde gelegt werden, wofür auch § 6 Abs. 1 S. 6 EnWG einen Anhalt bietet, dass die kartellrechtlichen Normen eigenständig nicht nur neben § 315 BGB, sondern auch neben der Spezialnorm des § 6 EnWG stehen und damit geprüft werden können. Dabei ist ergänzend zu beachten, dass im Rahmen dieser kartellrechtlichen Vorschriften nicht jede Preisüberhöhung Ausdruck einer missbräuchlichen Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung ist. Erforderlich ist vielmehr in diesem Regelungsbereich ein deutlicher Abstand zwischen dem zur kartellrechtlichen Überprüfung stehenden Preis und dem als Vergleichsmaßstab heranzuziehenden (wirklichen oder fiktiven) Wettbewerbspreis (OLG Düsseldorf B.v. 17.03.2004 - Kart. 18./03 [V] = B 52 = K 54 = BB 5 = Bl. 611). Entspricht aber, wie hergeleitet, das angegriffene Tarifwerk der Beklagten guter fachlicher Praxis, so kann sich darin nicht zugleich eine Preisüberhöhung verkörpern, die Ausdruck einer missbräuchlichen Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung ist. Da danach die Vermutungswirkung bei der gegebenen Einhaltung der VV II plus eingreift (vgl. allgemein hierzu OLG Karlsruhe a.a.O. US 6; OLG Düsseldorf a.a.O. BS 26), und zwar auch jenseits der gesetzlichen Vermutungsschranke des 31.12.2003, ist vorliegend auch die nur schlüssige Darlegung eines kartellrechtlich missbräuchlichen Verhaltens gescheitert.
60 
dd) Eine andere Sicht ist auch nicht mit Blick auf Art. 81 EGV geboten.
61 
(1) Art. 81 Abs. 1 EGV verbietet alle Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, welche im Handel zwischen den Mitgliedsstaaten eine Wettbewerbsbeschränkung bezwecken oder bewirken. Adressaten des Kartellverbotes sind danach Unternehmen. Auch der EuGH versteht in ständiger Rechtsprechung unter „Unternehmen" jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einheit, unabhängig von ihrer Rechtsform und der Art ihrer Finanzierung (Stockenhuber in Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, Art. 81 EGV, 51; Geiger, EUV/EGV, 3. Aufl., Art. 81 EGV, 6 bis 9; vgl. auch Grill in Lenz/Borchardt, EU - und EG - Vertrag, 3. Aufl. [2003], Art. 81 EGV, 1 bis 4, je m.N.). Vorliegend verkennt die Klägerin, worauf bereits die Beklagte und ergänzend auch der Senat in der mündlichen Verhandlung hingewiesen haben, dass es vorliegend nicht um die Prüfung der Verbändevereinbarung an sich geht, die für sich betrachtet wohl unter diese Vorschrift zu fassen wäre. Vorliegend ist sie aber einem Wandel unterlegen, indem ihr der Gesetzgeber Gesetzesqualität beigemessen hat. Damit aber ist die VV II plus aus dem Anwendungsbereich des Art. 81 EGV und im Übrigen auch dem des Art. 82 EGV (vgl. hierzu etwa Jung in Grabitz/Hilf a.a.O. Art. 82, 21) herausgetreten.
62 
(2) Selbst wenn auch der nationale Gesetzgeber unmittelbar Art. 81 EGV unterworfen wäre oder sich aus dieser Norm für ihn zumindest eine bindende Leitentscheidung ergäbe, so könnte gleichwohl ein Verstoß nicht erkannt werden. Denn weitere Voraussetzung wäre, dass eine Wettbewerbsbeschränkung bezweckt oder bewirkt würde (vgl. hierzu etwa Geiger a.a.O. Art. 81 EGV, 22 bis 24). Solches ist ebenso wenig der Fall. Denn die Erhebung der Verbändevereinbarung zu einem gesetzlichen Tatbestandsmerkmal diente ausschließlich dem Zweck, in einer schwierigen Anfangsphase der Findung und Schaffung von Wettbewerbsregeln auf diesem Energiemarkt, für den es angesichts seiner bisher monopolistischen Prägung keine unter dem Druck eines Wettbewerbs sich ausbildende Preise gab, einen möglichst störungsfreien, an der Sicherung des Rechtsfriedens und der Schaffung von Wettbewerb ausgerichteten Übergang zu ermöglichen. Diese gerade auf Wettbewerbsbegünstigung und Wettbewerbsschaffung ausgerichtete gesetzgeberische Vorgehensweise verhält sich entgegengesetzt zu der durch Art. 81 EGV inkriminierten Zweckbestimmung oder auch nur (objektiven) Auswirkung. So hat denn auch der EuGH zu Art. 85 Abs. 1 EWG - Vertrag [dem Vorläufer von Art. 81 Abs. 1 EGV] entschieden, dass, damit eine Vereinbarung vom Verbot erfasst werde, Voraussetzungen vorliegen müssten, aus denen sich insgesamt ergebe, dass der Wettbewerb tatsächlich spürbar verhindert, eingeschränkt oder verfälscht worden sei. Hierbei sei auf den Wettbewerb abzustellen, wie er ohne die streitige Vereinbarung bestehen würde. Das Vorliegen einer Wettbewerbsstörung könne vor allem dann zweifelhaft erscheinen, wenn sich die Vereinbarung gerade für das Eindringen eines Unternehmens in ein Gebiet als notwendig erweist (EuGH GRUR Ausl. 1966, 586, 587 - Société Technique Minière; vgl. auch allg. EuGH NJW 1986, 1415, 1416 - Pronuptia [Tz. 15 und 27(2)]). Nichts anderes muss gelten, worauf bereits die Beklagte zu Recht hingewiesen hat, wenn erst eine Regelung Wettbewerb auf den Weg bringen soll.
63 
b) Hilfsantrag
64 
Da die von der Beklagten in Ansatz gebrachten und erhobenen Tarife den Angriffen der Klägerin standhalten, kann auch nicht dem Hilfsbegehren entsprochen werden, die Entgelte - und sei es auch nur in gewissen zeitlichen Rahmen - mit Höchstbetragskappungen zu versehen.
2.
65 
Klagantrag 2 (Metering-Entgelte)
66 
a) Hauptantrag
67 
aa) Im Bereich dieses Streitgegenstandes Mess- und Verrechnungsdienstleistungen stellen sich nahezu die nämlichen Fragen wie beim Klageantrag Ziff. 1 (Netznutzungsentgelte), welche durchgängig die nämlichen Antworten erfahren müssen. Dies gilt schon für die Eingangsfrage nach der Anwendbarkeit des § 315 BGB.
68 
bb) Auch § 6 Abs. 1 EnWG ist in gleicher Weise abzuhandeln hinsichtlich der Überprüfung der beanstandeten Netznutzungsentgelte. So ist auch hier als unstreitig zu behandelnder Sachstand, dass die Beklagte auch insoweit ihre geforderten Entgelte nach dem Regelwerk der VV II plus berechnet. Der Klägerin ist allerdings zuzugeben, dass die VV II plus in Ziff. 2.2.2 hinsichtlich Kosten für die Messung und Abrechnung erklärt, diese würden „separat vom Netznutzungsentgelt in Rechnung gestellt"; Ähnliches für eine abschichtende Handhabung findet sich in Anlage 3 zur Verbändevereinbarung (dort S. 4: „Die Entgelte verstehen sich ohne Messung ..."). Damit wird der hier betroffene Bereich der Metering-Kosten aber nicht außerhalb der VV II plus gestellt und von ihr ausgegrenzt, er wird vielmehr nur als neben der Netznutzungsfrage stehender eigenständiger Erhebungsbereich angesprochen. Damit aber gilt auch für ihn, was Ziff. 7 der VV II plus als „zusätzlichen Bestandteil der Vereinbarung“ benennt, nämlich etwa die Anlage 1, welche die technischen Rahmenbedingungen auch dem Metering-Code unterwirft und damit auch dem „Metering-Code 2000 - Abrechnungszählung und Datenbereitstellung“ (LO - B 17). Eine andere Sicht verkennt auch die Entstehungsgeschichte und den notwendigen Kontext der Verbändevereinbarung. Denn VV II plus schreibt die VV II fort. VV II legte bereits die Grundlage zur Entgeltberechnung. Zu diesem Regelwerk gab es aber bereits einen Kommentarband, der als autorisierter Deutungskatalog gewertet werden muss. Setzt dann der Kommentarband die Umsetzung nun der VV II plus fort (LO - B 14), so wird darin das gemeinsame Verständnis des Regelwerkes niedergelegt und ist autorisierte Auslegungshilfe für die Verbändevereinbarung. Sie zieht die bundesweit anerkannte VDEW-Richtlinie heran und macht sie zum Bestandteil des Abrechnungsregelwerkes. Ist dem aber so, so gilt auch hier die Privilegierung der aktuellsten Verbändevereinbarung durch den Gesetzgeber mit den schon zum Klageantrag Ziff. 1 im Einzelnen aufgeführten Folgen im Rahmen des § 6 Abs. 1 EnWG.
69 
cc) Nicht minder übertragbar auf den vorliegend zu entscheidenden Streitpunkt sind die zuvor angestellten Erwägungen zu §§ 19,20 GWB und Art. 81 EGV, welche insoweit das nämliche Verfahrensergebnis vorgeben.
70 
b) Hilfsantrag
71 
Auch insoweit gilt: Scheitert - wie vorliegend - der Angriff der Klägerin gegen die Angemessenheit der in Rechnung gestellten Metering-Kosten, so ist auch kein Raum, diese weit unterhalb der geforderten Tarife, und sei es auch nur zeitlich eingeschränkt, auf von der Klägerin vorgegebenen Höchstsätze einzufrieren.
72 
II.
73 
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 708 Nr. 10, 711, 542, 543 i.V.m. § 3 ZPO.
74 
Den Gegenstandswert hatte die Klägerin bereits so vorgegeben (Bl. 81), ihn hat das Landgericht übernommen (Bl. 83, 473), er ist auf keinen Widerspruch der Parteien gestoßen, weshalb der Senat auch keine Bedenken sieht, ihn gelten zu lassen.
75 
Der Senat schließt sich in maßgeblichen Punkten der Entscheidung des OLG Karlsruhe (U. v. 27.10.2004 - 6 U 22/04) an, welche ihrerseits die Revision zugelassen hat. Folgerichtig ist dann nur, auch den Beteiligten des vorliegenden Verfahrens die identische Überprüfungsmöglichkeit zu eröffnen.

(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.

(1) Durch den Kaufvertrag wird der Verkäufer einer Sache verpflichtet, dem Käufer die Sache zu übergeben und das Eigentum an der Sache zu verschaffen. Der Verkäufer hat dem Käufer die Sache frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen.

(2) Der Käufer ist verpflichtet, dem Verkäufer den vereinbarten Kaufpreis zu zahlen und die gekaufte Sache abzunehmen.

(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Vorsitzenden der 41. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Stuttgart vom 10.02.2004 wird

z u r ü c k g e w i e s e n.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

Gegenstandswert des Berufungsverfahrens: 20.000,00 EUR.

Gründe

 
I.
Die Berufung ist zulässig, sie hat der Sache nach jedoch keinen Erfolg.
A.
Zum einen wird auf die Feststellungen in der angegriffenen Entscheidung Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Zusammenfassend und ergänzend:
Die Klägerin verfügt über eine Genehmigung nach § 3 EnWG für das gesamte Bundesgebiet und bietet elektrische Energie, insbesondere für Privatverbraucher und Gewerbekunden, an. Die Beklagte war bis zur Liberalisierung des Strommarktes im Jahre 1998 Gebietsmonopolistin auf dem Gebiet des Vertriebs und der Verteilung elektrischer Energie in ihrem Netzbereich. Am 01.01.2002 unterbreitete die Beklagte der Klägerin ein Angebot über Preise und Regelungen für die Netznutzung (K 1). Die Klägerin nahm die Netznutzung auf und meldete u.a. am 21.06.2002 der Beklagten ihre Kunden an. Einen ihr unterbreiteten Lieferantenrahmenvertrag unterzeichnete die Klägerin nicht. Vielmehr schrieb sie der Beklagten am 24.06.2002 u.a. (K 2):
„... als Stromversorger (Händler) nutzen wir Ihr Stromnetz zur Versorgung unserer Kunden im Wege der Durchleitung nach der Verbändevereinbarung "II Plus".
In diesem Rahmen werden uns Entgelte für die Netznutzung in Rechnung gestellt.
Da uns nach bisherigem Kenntnisstand keine Darlegung der Kostenkalkulation Ihrerseits vorliegt, können wir die Angemessenheit der verlangten Entgelte derzeit nicht abschließend beurteilen. Auf Anraten unserer Anwaltskanzlei ... werden wir daher 30 % der geforderten Entgelte nach Preisblatt zunächst einbehalten, bis ein Nachweis der Angemessenheit vorliegt ...".
Die Beklagte hat der Klägerin entsprechend der ihr eingangs unterbreiteten Preise und Regelungen ein Entgelt für die Netznutzung in Höhe von 6,23 ct/kWh netto in Rechnung gestellt, für sog. Mess- und Verrechnungsleistungen, also Kosten für die Erfassung, Wartung und Abrechnung der Energielieferung an den jeweiligen Kunden (sog. Metering-Kosten), ein Entgelt von 28,00 EUR/Jahr netto für Eintarifzähler von Kunden ohne registrierende Leistungsmessung. Entsprechend ihrer Ankündigung hatte die Klägerin anfänglich nur 70 % der Rechnungsbeträge beglichen. Zwischenzeitlich sind keine Rechnungsbeträge mehr offen, da die Klägerin, allerdings unter Vorbehalt, die Differenz bezahlt hat (Bl. 105, 204).
10 
Die Klägerin hat im Wesentlichen vorgebracht,
11 
die von der Beklagten in Rechnung gestellten Entgelte seien überhöht und weiterhin Folge eines auf dem Strommarkt nicht bestehenden Wettbewerbs. Da sie zur Ausübung ihres Geschäftes auf den Zugang zum von der Rechtsvorgängerin der Beklagten gehaltenen Stromnetz angewiesen sei, könne sie gemäß § 315 BGB die gerichtliche Festsetzung der angemessenen Vergütung begehren. Für die Angemessenheit der erhobenen Entgelte träfe ohnehin die Beklagte die Beweislast, die, um dieser zu genügen, wie von der Klägerin mehrfach gefordert, auch ihre Kalkulation offen legen müsse. Dieser Anspruch auf gerichtliche Bestimmung stehe ihr neben einer kartellrechtlichen Billigkeitskontrolle gemäß §§ 19, 20 GWB und einer Überprüfungsmöglichkeit nach § 6 EnWG zu. Auch letztere führten zu dem Ergebnis, dass die Beklagte unvertretbar übersetzte Entgelte in Fortwirkung ihrer monopolartigen Stellung erhebe. Soweit sich die Beklagte auf die aktuellste Verbändevereinbarung (VV II plus) berufe und darauf, dass dieser nach § 6 Abs. 1 S. 5 EnWG die Vermutung guter fachlicher Praxis zukomme, sei nicht nur die im Gesetz für diese Vermutungswirkung bestimmte Frist zum 31.12.2003 längst abgelaufen, vielmehr stelle diese Vereinbarung, die unter Ausschluss etwa von Verbrauchern einzig unter der Federführung von Netzbetreibern zu Stande gekommen sei, eine ihrerseits unzulässige Kartellabsprache eines Lobbyistenverbandes dar, deren Beachtlichkeit auch die Unwirksamkeitsfolge des Art. 81 EGV entgegenstünde. Bei einer solchermaßen zusammengesetzten Entgeltfindungskommission sei unausbleiblich, dass die in dieser Vereinbarung niedergelegten Bemessungsgrundlagen einseitig und damit falsch seien und plangemäß zu unvertretbar übersetzten Entgelten führten. Die Preise einiger anderer Netzbetreiber belegten auch, dass die marktgerechten Preise weit niedriger lägen. Diese bildeten jedenfalls die Höchstgrenze für eine Entgelterhebung der Beklagten.
12 
Die Klägerin hat deshalb beantragt, für Recht zu erkennen:
13 
1. Das Gericht möge das billige Netznutzungsentgelt für die Nutzung des Stromversorgungsnetzes der Beklagten durch die Klägerin zur Energieversorgung ihrer Kunden, die sie in dem Netzgebiet der Beklagten angemeldet und versorgt bzw. versorgt hat, einschließlich der Nutzung der vorgelagerten Netze bis zu dem örtlich zuständigen Regelzonenbetreiber bestimmen,
14 
hilfsweise feststellen, dass der Beklagten kein Anspruch auf Netznutzungsentgelt für Kunden ohne registrierende Leistungsmessung in Höhe eines Arbeitspreises von derzeit 6,23 ct/kWh (netto) zusteht, soweit er 50 % der geltend gemachten Beträge übersteigt.
15 
2. Das Gericht möge das billige Entgelt für die Mess- und Verrechnungsleistungen für Eintarifzähler im Rahmen der Netznutzung des Stromverteilungsnetzes der Beklagten durch die Klägerin zur Belieferung ihrer an das Niederspannungsnetz der Beklagten angeschlossenen Lastprofilkunden, die sie in dem Netzgebiet der Beklagten angemeldet und versorgt bzw. versorgt hat, bestimmen,
16 
hilfsweise festzustellen, dass der Beklagten kein Anspruch auf Netznutzungsentgelt für Kunden ohne registrierende Leistungsmessung in Höhe eine Mess- und Verrechnungspreises von derzeit EURO 28,00 pro Jahr (netto) (Verrechnungspreis für Eintarifzähler) zusteht, soweit dieser den Betrag von EURO 15,33 pro Jahr übersteigt.
17 
Die Beklagte hat beantragt,
18 
die Klage abzuweisen.
19 
Sie hat hauptsächlich eingewandt, dem Begehren nach § 315 BGB stehe schon entgegen, dass es an einer vertraglichen Grundlage fehle, welche einer Partei, hier angeblich der Beklagten, ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht zugewiesen habe. Die im Weiteren bemühte kartellrechtliche Kontrolle sei der Klägerin schon im Hinblick auf den Vorrang des § 6 EnWG verwehrt. Durch die Einhaltung der VV II plus streite eine Vermutung für die von der Beklagten gehandhabte Praxis, welche die Klägerin nicht widerlegt habe. Da der Gesetzgeber der ihm im Einzelnen bekannten Verbändevereinbarung kraft Gesetzes die Vermutungswirkung beigelegt habe, verfingen die umfänglichen Angriffe der Klägerin gegen einzelne Bewertungsmerkmale dieses Regelwerkes nicht. Angesichts der Gesetzesqualität dieser Vereinbarung sei auch dem Rückgriff auf Art. 81 EGV kein Erfolg beschieden. Ungeachtet dessen seien die von der Beklagten verlangten Preise auch angemessen und das Ergebnis eines auf diesem Energiemarkt bereits herrschenden Wettbewerbs. Verweise auf vereinzelt günstigere Entgelte ließen die jeweiligen Tarifbedingungen und zuschnitte außer Acht und auch, dass die Beklagte etwa hinsichtlich der Netznutzungsentgelte zu den günstigsten Anbietern in der Bundesrepublik gehöre.
20 
Das Landgericht wies die Klage ab. Dabei stellte es u.a. fest (Bl. 474 = US 3): „... Die Klägerin ... Nach ihrem Vorbringen berechnete die Beklagte das Netznutzungsentgelt und das Entgelt für die Mess- und Verrechnungsdienstleistungen unzulässig und unzutreffend auf der Grundlage der Verbändevereinbarung über Kriterien zur Bestimmung von Netznutzungsentgelten für elektrische Energie und über Prinzipien der Netznutzung vom 13.12.2001". Inhaltsgleich findet sich in den Entscheidungsgründen (Bl. 478 = US 7 unten): „Die Beklagte hat nach ihren Angaben und auch nach dem Vorbringen der Klägerin die von der Klägerin" - hier muss es ersichtlich heißen: „der Beklagten", da die Klägerin keine Netznutzungsentgelte erhebt - „geforderten Benutzungsentgelte und die Entgelte für die Mess- und Verrechnungsdienstleistungen auf der Grundlage der Preisfindungsprinzipien der Verbändevereinbarung ermittelt. Es ist deshalb unbeachtlich, dass die Klägerin nunmehr nach Schluss der mündlichen Verhandlung ihren Vortrag relativiert". Im Kern folgte das Landgericht der Verteidigungslinie der Beklagten, indem es die Vereinbarung eines einseitigen Leistungsbestimmungsrechtes verneinte und durch die Einhaltung der VV II plus den angegriffenen Tarifen der Beklagten die Vermutung guter fachlicher Praxis nach § 6 Abs. 1 S. 5 EnWG zukommen ließ. Da die von der Beklagten geforderten Entgelte sich im mittleren Rahmen der von den inländischen Netzbetreibern geforderten Entgelte bewegten, gingen auch die kartellrechtlichen Angriffe der Klägerin ins Leere.
21 
Dagegen wendet sich die Berufung der Klägerin,
22 
welche nunmehr entschieden in Abrede stellt, dass die Beklagte sich bei der Ermittlung der erhobenen Tarife überhaupt an die Vorgaben der VV II plus hielte. Im Übrigen führt sie unter wiederholender Vertiefung ihre bereits erstinstanzlich vorgebrachten Angriffe ins Feld.
23 
Die Klägerin beantragt:
24 
1. Das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 10. Februar 2004 (Az: 41 O 38/03 KfH) wird abgeändert;
25 
2. a) das Gericht möge das billige Netznutzungsentgelt für die Nutzung des Stromversorgungsnetzes der Beklagten durch die Klägerin zur Energieversorgung ihrer Kunden, die sie in dem Netzgebiet der Beklagten angemeldet und versorgt bzw. versorgt hat, einschließlich der Nutzung der vorgelagerten Netze bis zu dem örtlich zuständigen Regelzonenbetreiber für die Zeit vom 1. August 2002 bis zum 31. Dezember 2004 bestimmen,
26 
b) hilfsweise festzustellen, dass der Beklagten kein Anspruch auf Netznutzungsentgelt für Kunden ohne registrierende Leistungsmessung in Höhe eines Arbeitspreises von 6,23 ct/kWh (netto) bis zum 31. Dezember 2003 und in Höhe eines Arbeitspreises von 5,96 ct/kWh (netto) ab dem 1. Januar 2004 zusteht, soweit er jeweils 50 % der geltend gemachten Beträge übersteigt;
27 
3. a) das Gericht möge das billige Entgelt für die Mess- und Verrechnungsleistungen für Eintarifzähler im Rahmen der Netznutzung des Stromverteilungsnetzes der Beklagten durch die Klägerin zur Belieferung ihrer an das Niederspannungsnetz der Beklagten angeschlossenen Lastprofilkunden, die sie in dem Netzgebiet der Beklagten angemeldet und versorgt bzw. versorgt hat, für die Zeit vom 1. August 2002 bis zum 31. Dezember 2004 bestimmen;
28 
b) hilfsweise festzustellen, dass der Beklagten kein Anspruch auf Netznutzungsentgelt für Kunden ohne registrierende Leistungsmessung in Höhe eines Mess- und Verrechnungspreises von 28,00 EUR/a (netto) (Verrechnungspreis für Eintarifzähler) zusteht, soweit dieser den Betrag von 15,33 EUR/Jahr übersteigt.
29 
4. für den Fall, dass das Berufungsgericht eine weitere Verhandlung nach § 538 Abs. 2 für erforderlich hält, eine Zurückverweisung.
30 
Die Beklagte beantragt:
31 
Die Berufung wird zurückgewiesen.
32 
Sie rügt das Bestreiten der Klägerin, dass die Beklagte bei der Erhebung ihrer Tarife sich von den Vorgaben der VV II plus leiten lasse, als verspätet und verteidigt im Übrigen die angefochtene Entscheidung als richtig.
33 
Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze sowie die Verhandlungsniederschriften verwiesen.
B.
1.
34 
Klageantrag Ziff. 1 (Netznutzungsentgelt)
35 
a) Hauptantrag
36 
aa) Ein Anspruch gemäß § 315 Abs. 3 BGB steht der Klägerin nicht zu.
(1)
37 
(α) Zwar mag der Klägerin darin beizutreten sein, dass die Unbilligkeit einer Leistungsbestimmung durch den Vertragsgegner auch durch Klage geltend gemacht werden kann (Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Aufl., § 315, 17; Gehrlein in Bamberger/Roth, BGB [2003], § 315, 11); diese ist Gestaltungsklage (Gottwald in MüKo, BGB, 4. Aufl., § 315, 47; Rieble in Staudinger, BGB [2001], § 315, 75, 233). Der Bestimmungsberechtigte ist, sofern die andere Seite substantiierte Einwendungen erhebt, auch für die Billigkeit der getroffenen Bestimmung grundsätzlich beweisbelastet (BGH NJW 2003, 1449, 1450; 1992, 171, 174; Gehrlein a.a.O. § 315, 13; Gottwald a.a.O. § 315, 53; Rieble a.a.O. § 315, 229; krit. Palandt/Heinrichs a.a.O. § 315, 19); der Gegner kann unter Umständen zur Offenlegung seiner Kalkulation verpflichtet sein (BGH a.a.O. 174; Palandt/Heinrichs a.a.O. 19).
38 
(β) Diese Beweislastverteilung erlaubt der Klägerin grundsätzlich die Erhebung der Bestimmungsklage, so wie auch bei umgekehrter Parteirolle die bloße Einrede der Unbilligkeit (Palandt/Heinrichs a.a.O. 16), ohne dass sie im Einzelnen den billigen Betrag herleitend darstellen müsste. Der Mangel einer solchen Darlegung - ungeachtet der Frage, ob damit ein Zulässigkeits- oder Begründetheitsdefizit betroffen wäre - macht danach die Klage in jedem Fall nicht unzulässig, was aber die Beklagte rügt.
(2)
39 
(α) Die Anwendung des § 315 Abs. 3 BGB setzt aber voraus, dass eine Vereinbarung gemäß § 315 Abs. 1 BGB getroffen worden ist, wonach einer Partei ausdrücklich oder stillschweigend ein Leistungsbestimmungsrecht zustehen soll. Ist die Leistung im Vertrag bereits - stillschweigend - bestimmt, was bei Verweis auf übliche Preise oder beim Bestehen von Tarifen oder Honorarwerken der Fall ist, ist der Anwendungsbereich des § 315 Abs. 3 BGB nicht eröffnet (Palandt/Heinrichs a.a.O. § 315, 4; Erman/Battes, BGB, 10. Aufl., § 315, 3; RGRK/Ballhaus, BGB, 12. Aufl., vor § 315, 4 und § 315, 1; Hk-BGB/Schulze, § 315, 3). § 315 Abs. 3 BGB ist nicht für eine allgemeine richterliche Vertragshilfe nutzbar zu machen. Die Vertragshilfe des § 315 BGB greift nur dort, wo die Parteien das vereinbart haben, sich also autonom der richterlichen Schlichtung durch Ersatzleistungsbestimmung unterworfen haben (Rieble in Staudinger a.a.O. 23).
40 
(β) Vorliegend haben die Parteien kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht vereinbart. Vielmehr hat die Klägerin in ihrem Schreiben vom 24.06.2002 (K 2) nur festgestellt, wonach die Beklagte abrechnet, und dieser Art der Abrechnung sogleich die Berechtigung abgesprochen, weshalb sie auch einen Teil der in Rechnung gestellten Vergütung nicht leistete und auch die spätere Erfüllung dieser Deckungslücke unter Vorbehalt stellte.
(3)
41 
(α) Eine Überprüfung nach § 315 BGB ist auch nicht deshalb eröffnet, weil vorliegend Tarife eines Energieversorgungsunternehmens betroffen sind. Zwar ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung seit langem anerkannt, dass die Tarife von Unternehmen, die - im Rahmen eines privatrechtlich ausgestalteten Benutzungsverhältnisses - Leistungen der Daseinsvorsorge anbieten, auf deren Inanspruchnahme der andere Vertragsteil im Bedarfsfall angewiesen ist, grundsätzlich der Billigkeitskontrolle nach § 315 Abs. 3 BGB unterworfen sind (BGH NJW 1992, 171, 173; Erman/Battes a.a.O. § 315, 2; Hk-BGB/Schulze a.a.O. § 315, 1; abl. Rieble in Staudinger a.a.O. § 315, 48). Diese Grundsätze, die auf die besondere Situation des für sein Dasein auf bestimmte Leistungen und Waren angewiesenen Einzelnen Bedacht nehmen, sind wegen der nicht vergleichbaren Interessenlage nicht auf den Streit von zwei Handelsgesellschaften über die Angemessenheit der zwischen ihnen jedenfalls im Ansatz ausgehandelten Preise übertragbar (so auch OLG Karlsruhe Urteil vom 27.10.2004 - 6 U 22/04 - US. 6 = BB 7 = Bl. 629).
42 
(β) Danach gilt, was Rieble in Staudinger a.a.O. 48 mit seiner Kritik an der bezeichneten Rechtsprechung ganz allgemein feststellt, im Ergebnis auch bei der vorliegenden Konstellation: Auch die Vertragsbedingungen von Monopolisten, auf deren Leistungen der Kunde angewiesen ist, sind nicht nach § 315 auf ihre Billigkeit hin zu kontrollieren, weil der Monopolist kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht ausübt und sich auch keiner richterlichen Ersatzleistungsbestimmung unterworfen hat. Die Marktmacht von Monopolisten und Oligopolisten wird nach dem GWB kontrolliert. Der Preismissbrauch kann nach den §§ 19 Abs. 4 Nr. 2 und 3, 20 Abs. 1 bis 3 GWB vom Kartellamt (§ 32 GWB) wie vom Opfer (§ 33 GWB) angegriffen werden. Der Zugang zu wesentlichen Einrichtungen zu angemessenen Entgelten ist in § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB geregelt. § 315 Abs. 3 ist kein Ansatzpunkt für eine kartellähnliche Preismissbrauchskontrolle. § 8 AGBG [a.F.] spricht ebenso gegen eine Preiskontrolle auch von Monopolisten.
43 
bb) Auch § 6 EnWG ist der Klägerin vorliegend nicht behilflich.
44 
(1) § 6 Abs. 1 S. 5 EnWG stellt die widerlegliche Regel auf, dass bei Einhaltung der Verbändevereinbarung über Kriterien zur Bestimmung von Netznutzungsentgelten für elektrische Energie und über Prinzipien der Netznutzung vom 13. Dezember 2001 (BAnz Nr. 0/85 b vom 08.05.2002) die Erfüllung „guter fachlicher Praxis“ vermutet wird. Die im Gesetz genannte Befristung für die Vermutung (31. Dezember 2003) ist allerdings zwischenzeitlich abgelaufen.
45 
(2) Gleichwohl - auch darin folgt der Senat den Ausführungen im Urteil des OLG Karlsruhe a.a.O., dort US. 7 - ergibt sich daraus nicht nur, dass bis zu jenem Zeitpunkt bei Einhaltung dieser Vereinbarung zugleich vermutet wird, dass diese Preisgestaltung keinen Verstoß gegen Angemessenheits- oder Billigkeitsmerkmale darstellt. Diese Vermutung zielte darauf ab, in einer Übergangszeit, insbesondere bis zur Schaffung einer Regulierungsbehörde, der Praxis eine Leitlinie an die Hand zu geben, um Rechtsfrieden zu schaffen. Zwar ist die Zeitschranke mittlerweile überschritten. Damit ist aber nicht am 31.12.2003 der nämliche Sachverhalt und Rechtszustand angemessen und billig und am 01.01.2004 rechtlich untragbar geworden. Nimmt der Gesetzgeber keine Fristverlängerung vor oder installiert er die Regelungsbehörde (noch) nicht, so hat sich zwar diese Rechtslage formal verändert. Die vormalige Wertung hat an ihrem Aussagegehalt in der Sache aber nichts verloren. Deshalb ist auch nach dem 31.12.2003 davon auszugehen, dass Entgelte, welche dieser Vereinbarung, die der Gesetzgeber immerhin im Bundesanzeiger veröffentlicht hat, folgen, im Ansatz nicht beanstandungswürdig erscheinen.
46 
(3) Im Übrigen ist der von Beklagtenseite verlangte Tarif insgesamt gemäß § 12 BTOElt genehmigt (vgl. LOrdner = LO - B 10 - B 13). Zwar mag die Tarifgenehmigung nach dieser Vorschrift für sich keinen allgemeinen Billigkeitsnachweis erbringen (offen gelassen in BGH NJW 2003, 1449, 1450). Ihr kommt jedoch gleichwohl Indizwirkung für die Angemessenheit und Billigkeit der Tarife zu (KG ZNER 2002, 209, 210; m.krit.Anm. Säcker 211). Eine solche Genehmigung stellt zugleich ein Indiz dafür dar, dass sich die Tarife der Beklagten schon vor VV II plus im Rahmen üblicher Berechnungsstrukturen bewegt haben.
47 
(4) Dass die Beklagte bei ihrer Tariferhebung den Vorgaben der VV II plus folgt, ist der auch im Berufungsrechtszug zu Grunde zu legende Sachstand.
48 
(α)
49 
[1] Dafür, welche Tatsachen in erster Instanz vorgetragen, welche bestritten worden und welche unbestritten geblieben sind, erbringt der Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils, zu welchem auch die Wiedergabe von Tatsachenvortrag in den Entscheidungsgründen gehört, gemäß § 314 ZPO Beweis, der nur durch das Sitzungsprotokoll, soweit dieses Tatsachenvortrag konkret wiedergibt, entkräftet werden kann. Das gilt auch für unrichtig wiedergegebenen Tatsachenvortrag. Die Unrichtigkeit des Tatbestandes einschließlich der Wiedergabe von Tatsachenvortrag in den Entscheidungsgründen kann nur mit Hilfe eines beim Gericht des ersten Rechtszuges anzubringenden Antrags nach § 320 ZPO auf Berichtigung des Tatbestandes geltend gemacht werden. Ist dies versäumt worden, so muss das Berufungsgericht wegen der Beweiskraft des Tatbestandes von dem dort wiedergegebenen Tatsachenvortrag als richtig ausgehen. Daraus folgt für § 529 Abs. 1 Nr. 1, dass eine Partei im Berufungsverfahren nicht mit Erfolg unter Hinweis auf erstinstanzliche Schriftsätze geltend machen kann, der Tatbestand des angefochtenen Urteils gebe den Sachvortrag unrichtig wieder und begründe deshalb Zweifel an einer Tatsachenfeststellung des Erstrichters (Ball in Musielak, ZPO, 4. Aufl., § 529,6 m.N.). Dabei wird auch nicht der Gehalt der Beweiswirkung des § 314 ZPO überdehnt, indem aus der Nichterwähnung von Vortrag im Tatbestand oder dem Tatbestand gleichkommenden Urteilspassagen geschlussfolgert würde, er sei gar nicht gehalten worden (vgl. hierzu BGHZ 158, 269 = NJW 2004, 1876, 1879). Denn vorliegend gibt der Tatbestand den hierzu gehaltenen Vortrag der Klägerin positiv wieder.
50 
[2] Da das Landgericht, wie aufgezeigt, als Tatsachenvortrag auch der Klägerin wiedergegeben hat, dass die Beklagte ihre Entgelte nach den Regeln der VV II plus erhebe, und ein Tatbestandsberichtigungsantrag nicht gestellt worden ist, ist dies für das Berufungsgericht als Sachstand bindend festgestellt, soweit die Klägerin nicht nach § 529 Abs. 1 Nr. 2, § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO ihr Bestreiten im Berufungsrechtszug als neue Tatsache zulässigermaßen einführen darf. Dies ist jedoch nicht der Fall. Denn es ist nicht ersichtlich noch nachvollziehbar gemacht, dass die Klägerin anderes als Nachlässigkeit an einem entsprechenden Vorbringen in erster Instanz gehindert hat.
51 
[3] Gleiches gilt für ein Vorbringen in erster Instanz nach Schluss der dortigen mündlichen Verhandlung in einem nicht nachgelassenen Schriftsatz. Solches Vorbringen kann dann in der Berufungsinstanz nur unter den Voraussetzungen der §§ 531 Abs. 2, 532 ZPO wiederholt werden (Huber in Musielak a.a.O. § 296 a, 5 m.w.N.). Auch soweit die Klägerin, worauf das Landgericht in seinen angeführten Urteilspassagen auch abhebt, nach Schluss der mündlichen Verhandlung diese Übereinstimmung der Entgeltberechnung mit den Regeln der VV II plus bestritten hat (etwa 418, 433, 455), unterliegt auch dieses im zweiten Rechtszug wieder belebte Bestreiten dem Ausschluss nach den vorgenannten Berufungsvorschriften, da anderes als Nachlässigkeit für diese Art der Verfahrensteilhabe weder vorgetragen noch ersichtlich ist.
52 
[4] Nach diesen Verfahrensregeln ist und bleibt unstreitiger Sachstand, dass die Tariferhebung der Beklagten dem Regelwerk der VV II plus folgt und entspricht.
53 
(β) Jenseits dieser formalen prozessualen Schranke kann auch bei Würdigung des umfangreichen Vortrages der Klägerin in erster Instanz gemessen an § 138 Abs. 3 ZPO der Inbegriff ihres Vorbringens hierzu auch nur so verstanden werden, wie es die wiedergegebenen landgerichtlichen Urteilspassagen ausweisen: die Tariferhebung nach VV II plus war unstreitig.
54 
[1] Die Beklagte hat erstinstanzlich - wie ungebrochen auch zweitinstanzlich (Bl. 576, 587) - immer wieder vorgetragen und stets bekräftigt, dass sie sich in ihrer Tarifkalkulation streng an die Vorgaben der VV II plus halte. Dies hat sie ferner noch näher zu belegen versucht, indem sie ein Testat eines Wirtschaftsprüfers vorgelegt hat (B 15 = Bl. 199 - Anl.), welches die Einhaltung der Kalkulationsgesichtspunkte der Verbändevereinbarung bestätigte. Zwar war das Klägervorbringen hierzu nicht durchgängig einheitlich, wie bereits etwa in der Klage aufscheint. So findet sich dort auf Bl. 8 oben etwa, dass die Beklagte angemessene Entgelte verlange, „dieses ergibt sich aus der Anwendung der Entgeltbemessungsmaßstäbe in der Verbändevereinbarung II, bzw. der Verbändevereinbarung II". Alsdann liest sich: „... selbst bei einer Anwendung der Regelungen der VV II plus ...". Erstinstanzlich lässt sich zwar auch finden, dass die Klägerin bestreite, dass die Beklagte die VV II plus einhalte. Geschah dies nicht ohnehin erst in nach Schluss der mündlichen Verhandlung (vgl. Bl. 409) eingereichten, nicht nachgelassenen Schriftsätzen (etwa Bl. 418, 433, 455), was - wie oben ausgeführt - schon verfahrensrechtlich keine Beachtung finden konnte, so ist ein solches Vorbringen stets vereinzelt geblieben und abgelöst worden von einem nahezu durchgängig gegenläufigen Vortrag. Auch hat die Beklagte wieder und wieder (vgl. etwa Bl. 325, 406) als Vorbringen der Klägerin zusammenfassend festgestellt, dass nun die Einhaltung der Vorgaben der VV II plus unstreitig sei. Der Senat verkennt nicht, dass die Verfahrensordnung einer Partei nicht in die Hand gibt, durch solche einseitigen Feststellungen verfahrensrechtlich eine Gestaltungswirkung auszuüben. Bleibt jedoch, wie vorliegend, ein direkter Widerspruch der Klägerin auf diese wertende Betrachtung aus, so wirft dies doch ein bezeichnendes Licht darauf, wie die Klägerin ihr nicht immer eindeutiges Vorbringen ersichtlich selbst verstanden wissen wollte. Wiederholt hat denn auch die Klägerin nicht nur vorgebracht, „die Überhöhung der Netznutzungsentgelte ergibt sich aus der branchenweiten Anwendung einer zwischen den Verbänden der Verbraucher und der Elektrizitätserzeugung unter Ausschluss der privaten Verbraucher und netzunabhängigen Händler getroffenen Verbändevereinbarung II vom 13.12.1999 bzw. der Verbändevereinbarung II plus vom 13.12.2001" (Bl. 28, vgl. auch 266), sondern auch: „auch der Beklagten dient diese Verbändevereinbarung ... bis zum heutigen Tage als Berechnungsgrundlage bezüglich des Vertragsverhältnisses mit der Klägerin" (Bl. 30, 32, 278, 259, 355, 356, 357, 371). Diese Positionierung im Rechtsstreit deckt sich auch vollkommen mit der weiteren Angriffslinie der Klägerin, dass „unter Berücksichtigung dessen ... festzustellen [ist], dass die Ansätze des Kalkulationsleitfadens (Anlage 3) zur Verbändevereinbarung II plus dazu führen, dass die Beklagte überhöhte Kosten festgesetzt hat, die zu weit überhöhten Gewinnen führen" (Bl. 232), dass erst eine Anwendung der VV II plus eine „systematische Überhöhung" der Tarife der Beklagten ermögliche (Bl. 30, 45, 205, 303, 418), denn „die Überhöhung der Entgelte [ergibt sich] unter anderem unmittelbar aus den Berechnungsmaßstäben der Verbändevereinbarungen" (Bl. 26). Danach musste nach dem Vorbringen der Klägerin die Beklagte geradezu zwingend das Regelwerk der VV II plus einhalten, um in den Genuss der durch Lobbyistenarbeit festgeschriebenen einseitigen Berücksichtigung der Interessen der Monopolisten zu kommen. Zwar war auch mehrfach die Offenlegung der Kalkulation der Beklagten gefordert. Darin war aber noch kein Bestreiten zu sehen, dass die Beklagte sich an die Kalkulationsgrundlage der VV II plus halte. Denn die Klägerin hat die Rechtsverbindlichkeit dieser Verbändevereinbarung stets bekämpft, sie mithin auszuräumen versucht, um dann auf der Grundlage einer originären Beklagtenkalkulation diese der Fehlsamkeit und Unangemessenheit zu überführen. Danach hat das Landgericht zu Recht in seinem Urteil als unstreitig behandelt, dass die Beklagte ihre von der Klägerin geforderten Tarife nach der VV II plus berechne.
55 
Darauf hat der Senat in seiner mündlichen Verhandlung auch hingewiesen.
56 
[2] Ein Schriftsatzrecht zu diesem gerichtlichen Hinweis hat die Klägerin nicht erbeten. Ihr stand jedoch frei, wovon sie auch mit ihrem Schriftsatz vom 31.1.2005 Gebrauch gemacht hat, zur Wertung ihres erstinstanzlichen Vorbringens Stellung zu nehmen. Diese Stellungnahme gibt jedoch keinen Anlass, von der schon in der mündlichen Verhandlung verlautbarten Sicht des Senates abzuweichen. Die Darstellung unter aa) leistet eine Gesamtschau des klägerischen Vorbringens, welche bereits Teile im Klägervortrag aufnimmt, die als Bestreiten der Übereinstimmung der Tarifherleitung der Beklagten mit dem Regelwerk in der VV II plus ausgelegt werden können. Der nachgereichte Schriftsatz greift demgegenüber nur zwei Passagen im eigenen Vortrag in ihrer Vereinzelung auf und lässt sie isoliert stehen, ohne den auch nach § 138 Abs. 3 ZPO gebotenen Gesamtzusammenhang herzustellen.
57 
(5) Soweit die Klägerin im Rahmen ihres umfänglichen Vorbringens der VV II plus abspricht, überhaupt taugliches Preisbildungssystem zu sein und dies durch eine Reihe von Stellungnahmen und privatgutachterlichen Äußerungen (vgl. etwa K 32, 33, 44 und K 68 bis 76 = Bl. 648 bis 654) zu belegen sucht, ist dieser Versuch bereits im Ansatz verfehlt. Denn der Gesetzgeber hat in Kenntnis der heftigen Auseinandersetzung um die Tauglichkeit des Preisfindungssystems schon bei VV II und im Bewusstsein, dass diese Verbändevereinbarung durch ein nicht ausgeglichen besetztes Gremium zu Stande gekommen ist, diesem Regelwerk durch Gesetz seine Angemessenheit bescheinigt und dieses verfahrensrechtlich mit großem Beweisvorsprung ausgestattet. Bei einer nicht geringer gewordenen rechtlichen und politischen Kontroverse hat der Gesetzgeber dieser im Verbändewerk VV II plus fortgeschriebenen Ausgangsvereinbarung erneut durch Gesetz das nämliche Richtigkeitstestat - jedenfalls für eine Übergangsphase - ausgestellt und es verfahrensrechtlich in gleicher Weise abgesichert.
58 
cc) Ein anderes Ergebnis lässt sich auch nicht bei Rückgriff auf die §§ 19, 20 GWB finden.
59 
Dabei mag zu Grunde gelegt werden, wofür auch § 6 Abs. 1 S. 6 EnWG einen Anhalt bietet, dass die kartellrechtlichen Normen eigenständig nicht nur neben § 315 BGB, sondern auch neben der Spezialnorm des § 6 EnWG stehen und damit geprüft werden können. Dabei ist ergänzend zu beachten, dass im Rahmen dieser kartellrechtlichen Vorschriften nicht jede Preisüberhöhung Ausdruck einer missbräuchlichen Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung ist. Erforderlich ist vielmehr in diesem Regelungsbereich ein deutlicher Abstand zwischen dem zur kartellrechtlichen Überprüfung stehenden Preis und dem als Vergleichsmaßstab heranzuziehenden (wirklichen oder fiktiven) Wettbewerbspreis (OLG Düsseldorf B.v. 17.03.2004 - Kart. 18./03 [V] = B 52 = K 54 = BB 5 = Bl. 611). Entspricht aber, wie hergeleitet, das angegriffene Tarifwerk der Beklagten guter fachlicher Praxis, so kann sich darin nicht zugleich eine Preisüberhöhung verkörpern, die Ausdruck einer missbräuchlichen Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung ist. Da danach die Vermutungswirkung bei der gegebenen Einhaltung der VV II plus eingreift (vgl. allgemein hierzu OLG Karlsruhe a.a.O. US 6; OLG Düsseldorf a.a.O. BS 26), und zwar auch jenseits der gesetzlichen Vermutungsschranke des 31.12.2003, ist vorliegend auch die nur schlüssige Darlegung eines kartellrechtlich missbräuchlichen Verhaltens gescheitert.
60 
dd) Eine andere Sicht ist auch nicht mit Blick auf Art. 81 EGV geboten.
61 
(1) Art. 81 Abs. 1 EGV verbietet alle Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, welche im Handel zwischen den Mitgliedsstaaten eine Wettbewerbsbeschränkung bezwecken oder bewirken. Adressaten des Kartellverbotes sind danach Unternehmen. Auch der EuGH versteht in ständiger Rechtsprechung unter „Unternehmen" jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einheit, unabhängig von ihrer Rechtsform und der Art ihrer Finanzierung (Stockenhuber in Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, Art. 81 EGV, 51; Geiger, EUV/EGV, 3. Aufl., Art. 81 EGV, 6 bis 9; vgl. auch Grill in Lenz/Borchardt, EU - und EG - Vertrag, 3. Aufl. [2003], Art. 81 EGV, 1 bis 4, je m.N.). Vorliegend verkennt die Klägerin, worauf bereits die Beklagte und ergänzend auch der Senat in der mündlichen Verhandlung hingewiesen haben, dass es vorliegend nicht um die Prüfung der Verbändevereinbarung an sich geht, die für sich betrachtet wohl unter diese Vorschrift zu fassen wäre. Vorliegend ist sie aber einem Wandel unterlegen, indem ihr der Gesetzgeber Gesetzesqualität beigemessen hat. Damit aber ist die VV II plus aus dem Anwendungsbereich des Art. 81 EGV und im Übrigen auch dem des Art. 82 EGV (vgl. hierzu etwa Jung in Grabitz/Hilf a.a.O. Art. 82, 21) herausgetreten.
62 
(2) Selbst wenn auch der nationale Gesetzgeber unmittelbar Art. 81 EGV unterworfen wäre oder sich aus dieser Norm für ihn zumindest eine bindende Leitentscheidung ergäbe, so könnte gleichwohl ein Verstoß nicht erkannt werden. Denn weitere Voraussetzung wäre, dass eine Wettbewerbsbeschränkung bezweckt oder bewirkt würde (vgl. hierzu etwa Geiger a.a.O. Art. 81 EGV, 22 bis 24). Solches ist ebenso wenig der Fall. Denn die Erhebung der Verbändevereinbarung zu einem gesetzlichen Tatbestandsmerkmal diente ausschließlich dem Zweck, in einer schwierigen Anfangsphase der Findung und Schaffung von Wettbewerbsregeln auf diesem Energiemarkt, für den es angesichts seiner bisher monopolistischen Prägung keine unter dem Druck eines Wettbewerbs sich ausbildende Preise gab, einen möglichst störungsfreien, an der Sicherung des Rechtsfriedens und der Schaffung von Wettbewerb ausgerichteten Übergang zu ermöglichen. Diese gerade auf Wettbewerbsbegünstigung und Wettbewerbsschaffung ausgerichtete gesetzgeberische Vorgehensweise verhält sich entgegengesetzt zu der durch Art. 81 EGV inkriminierten Zweckbestimmung oder auch nur (objektiven) Auswirkung. So hat denn auch der EuGH zu Art. 85 Abs. 1 EWG - Vertrag [dem Vorläufer von Art. 81 Abs. 1 EGV] entschieden, dass, damit eine Vereinbarung vom Verbot erfasst werde, Voraussetzungen vorliegen müssten, aus denen sich insgesamt ergebe, dass der Wettbewerb tatsächlich spürbar verhindert, eingeschränkt oder verfälscht worden sei. Hierbei sei auf den Wettbewerb abzustellen, wie er ohne die streitige Vereinbarung bestehen würde. Das Vorliegen einer Wettbewerbsstörung könne vor allem dann zweifelhaft erscheinen, wenn sich die Vereinbarung gerade für das Eindringen eines Unternehmens in ein Gebiet als notwendig erweist (EuGH GRUR Ausl. 1966, 586, 587 - Société Technique Minière; vgl. auch allg. EuGH NJW 1986, 1415, 1416 - Pronuptia [Tz. 15 und 27(2)]). Nichts anderes muss gelten, worauf bereits die Beklagte zu Recht hingewiesen hat, wenn erst eine Regelung Wettbewerb auf den Weg bringen soll.
63 
b) Hilfsantrag
64 
Da die von der Beklagten in Ansatz gebrachten und erhobenen Tarife den Angriffen der Klägerin standhalten, kann auch nicht dem Hilfsbegehren entsprochen werden, die Entgelte - und sei es auch nur in gewissen zeitlichen Rahmen - mit Höchstbetragskappungen zu versehen.
2.
65 
Klagantrag 2 (Metering-Entgelte)
66 
a) Hauptantrag
67 
aa) Im Bereich dieses Streitgegenstandes Mess- und Verrechnungsdienstleistungen stellen sich nahezu die nämlichen Fragen wie beim Klageantrag Ziff. 1 (Netznutzungsentgelte), welche durchgängig die nämlichen Antworten erfahren müssen. Dies gilt schon für die Eingangsfrage nach der Anwendbarkeit des § 315 BGB.
68 
bb) Auch § 6 Abs. 1 EnWG ist in gleicher Weise abzuhandeln hinsichtlich der Überprüfung der beanstandeten Netznutzungsentgelte. So ist auch hier als unstreitig zu behandelnder Sachstand, dass die Beklagte auch insoweit ihre geforderten Entgelte nach dem Regelwerk der VV II plus berechnet. Der Klägerin ist allerdings zuzugeben, dass die VV II plus in Ziff. 2.2.2 hinsichtlich Kosten für die Messung und Abrechnung erklärt, diese würden „separat vom Netznutzungsentgelt in Rechnung gestellt"; Ähnliches für eine abschichtende Handhabung findet sich in Anlage 3 zur Verbändevereinbarung (dort S. 4: „Die Entgelte verstehen sich ohne Messung ..."). Damit wird der hier betroffene Bereich der Metering-Kosten aber nicht außerhalb der VV II plus gestellt und von ihr ausgegrenzt, er wird vielmehr nur als neben der Netznutzungsfrage stehender eigenständiger Erhebungsbereich angesprochen. Damit aber gilt auch für ihn, was Ziff. 7 der VV II plus als „zusätzlichen Bestandteil der Vereinbarung“ benennt, nämlich etwa die Anlage 1, welche die technischen Rahmenbedingungen auch dem Metering-Code unterwirft und damit auch dem „Metering-Code 2000 - Abrechnungszählung und Datenbereitstellung“ (LO - B 17). Eine andere Sicht verkennt auch die Entstehungsgeschichte und den notwendigen Kontext der Verbändevereinbarung. Denn VV II plus schreibt die VV II fort. VV II legte bereits die Grundlage zur Entgeltberechnung. Zu diesem Regelwerk gab es aber bereits einen Kommentarband, der als autorisierter Deutungskatalog gewertet werden muss. Setzt dann der Kommentarband die Umsetzung nun der VV II plus fort (LO - B 14), so wird darin das gemeinsame Verständnis des Regelwerkes niedergelegt und ist autorisierte Auslegungshilfe für die Verbändevereinbarung. Sie zieht die bundesweit anerkannte VDEW-Richtlinie heran und macht sie zum Bestandteil des Abrechnungsregelwerkes. Ist dem aber so, so gilt auch hier die Privilegierung der aktuellsten Verbändevereinbarung durch den Gesetzgeber mit den schon zum Klageantrag Ziff. 1 im Einzelnen aufgeführten Folgen im Rahmen des § 6 Abs. 1 EnWG.
69 
cc) Nicht minder übertragbar auf den vorliegend zu entscheidenden Streitpunkt sind die zuvor angestellten Erwägungen zu §§ 19,20 GWB und Art. 81 EGV, welche insoweit das nämliche Verfahrensergebnis vorgeben.
70 
b) Hilfsantrag
71 
Auch insoweit gilt: Scheitert - wie vorliegend - der Angriff der Klägerin gegen die Angemessenheit der in Rechnung gestellten Metering-Kosten, so ist auch kein Raum, diese weit unterhalb der geforderten Tarife, und sei es auch nur zeitlich eingeschränkt, auf von der Klägerin vorgegebenen Höchstsätze einzufrieren.
72 
II.
73 
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 708 Nr. 10, 711, 542, 543 i.V.m. § 3 ZPO.
74 
Den Gegenstandswert hatte die Klägerin bereits so vorgegeben (Bl. 81), ihn hat das Landgericht übernommen (Bl. 83, 473), er ist auf keinen Widerspruch der Parteien gestoßen, weshalb der Senat auch keine Bedenken sieht, ihn gelten zu lassen.
75 
Der Senat schließt sich in maßgeblichen Punkten der Entscheidung des OLG Karlsruhe (U. v. 27.10.2004 - 6 U 22/04) an, welche ihrerseits die Revision zugelassen hat. Folgerichtig ist dann nur, auch den Beteiligten des vorliegenden Verfahrens die identische Überprüfungsmöglichkeit zu eröffnen.

(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.