Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 152.714,53 EUR sowie Zinsen aus 147.583,65 EUR

- in Höhe von 2,7 % für den Zeitraum 15. September 2007 bis 10. Dezember 2009 und

- in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 11. Dezember 2009

zu zahlen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Streitwert: 152.714,53 EUR

Tatbestand

 
Der Kläger macht gegen die Beklagte Schadensersatz wegen Pflichtverletzungen aus Anlageberatung geltend.
Der Kläger, der in den neunziger Jahren u.a. als Anlageberater für die Commerzbank und als Wertpapierhändler gearbeitet hatte, war zusammen mit den Zeugen S und T Inhaber einer Firma DIR gewesen. Unter Beteiligung der Beklagten verkauften er und seine Geschäftspartner Anteile dieser Firma an die P. Group in L. Die Beklagte wusste daher, dass der Kläger und die beiden Zeugen über erhebliches Vermögen verfügten und insbesondere der Zeuge T einen größeren Geldbetrag auf seinem Festgeldkonto liegen hatte. Mit letzterem vereinbarte sie einen Termin zu einem Beratungsgespräch. Dieses Gespräch fand am 1. März 2007 in den Geschäftsräumen der Firma DIR in U. satt. Der Zeuge T hatte seine Geschäftspartner informiert, so dass der Kläger von Anfang an diesem Gespräch teilnahm und der Zeuge S später dazukam. Von Seiten der Beklagten wurde das Gespräch durch die Zeugen Sch und H wahrgenommen, die sowohl den Kläger als auch die Zeugen S und T bereits kannten, da die Beklagte auch Hausbank der DIR war.
Hierbei stellte die Beklagte ein so genanntes A-Zertifikat anhand von Produktinformationen eines Vorgängerzertifikates vor. Der Zeuge Sch erläuterte die Struktur das A-Zertifikats dahin, dass die Rückzahlung bei Fälligkeit des Zertifikates nicht garantiert zum Kurswert 100 EUR pro Zertifikat erfolge, sondern abhängig von der relativen Entwicklung des DivDAX und des DAX an zuvor festgelegten Stichtagen erfolge, wobei die Differenz bei dem vorgestellten Vorgängerzertifikat zwischen den beiden Indizes nicht mehr als 5 Prozentpunkte hatte betragen dürfen. Der Zeuge Sch präsentierte Schaubilder von Kurven des DAX und des DivDAX, aus denen hervorging, dass sich die beiden Indizes in den vergangenen Jahren einigermaßen parallel entwickelt hatten. Weder der Kläger noch seine Geschäftspartner erhielten bei diesem Gespräch schriftliche Unterlagen. Von Seiten der Beklagten wurde bei diesem Gespräch in Aussicht gestellt für den Kläger und seine Geschäftspartner ein individuelles Zertifikat aufzulegen.
Nach dem Gespräch kam es zwischen dem Kläger, der dabei auch als Mittler für seine beiden Geschäftspartner fungierte, und den beiden Mitarbeitern der Beklagten zu weiteren Telefonaten und Emailverkehr, wobei über das A-Zertifikat und eine Darlehensfinanzierung verhandelt wurde.
Mit E-Mail vom 5. März 2007 übermittelte der Zeuge Sch dem Kläger Verlaufskurven des DAX und des DivDAX über den Zeitraum 1999 - 2007 (vgl. Anlage B 9, Bl. 145 - 145e d. Akten). Mit weiterer E-Mail vom 8. März 2007 übermittelte der Zeuge Sch sowohl dem Kläger als auch den Zeugen S und T die Eckdaten des Zertifikates (vgl. Anlage B 10, Bl. 146 d. Akten).
Mit Schreiben vom 8. März 2007 (vgl. Anlage B. 11, Bl. 147 d. Akten), dass sowohl vom Kläger als auch den Zeugen S und T unterschrieben war, bestätigten diese die Zeichnung des DIR Performance Zertifikates, wobei sie sich mit folgenden Ausgestaltungen einverstanden erklärten:
„…
Ertrag
1. Stichtag nach 16 Monaten
17 %
2. Stichtag nach 28 Monaten
34 %
3. Stichtag nach 40 Monaten
51 %
4. Stichtag nach 52 Monaten
68 %
10 
Sollte der DIVDAX nach dem ersten Stichtag, bzw. an späteren Stichtagen sich nicht schlechter als 5 % gegenüber dem Performance DAX haben, so wird der Einlagebetrag, gekürzt um die Bearbeitungsgebühr zuzüglich dem Bonus ausgezahlt und das Zertifikat erliSch.
11 
Sollte der DivDAX dauerhaft über alle 4 Stichtage eine um 5 % schlechterer Wertentwicklung gegenüber dem Performance DAX haben, greift am Laufzeitende ein Sicherheitspuffer von 15 %. Erst wenn die Wertentwicklungsdifferenz > 15 % entsteht ein Verlustrisiko.
12 
Ausgabeaufschlag einmalig 2 %“
13 
Letztendlich einigten sich die Parteien auf diese Eckpunkte, mit der Maßgabe, dass die zulässige Abweichung der beiden Indizien maximal 6 % betragenden dürfe, damit es an den Bewertungstagen zu einer Auszahlung mit Gewinn kommt. Hintergrund war gewesen, dass die Beklagte nach Rücksprache mit der X-Bank dem Kläger und seinen Geschäftskollegen angeboten hatte, entweder die Rendite um 2 Prozentpunkte anzuheben oder die zulässige Abweichung. Der Kläger und seine Geschäftskollegen hatten mit einer Anhebung der Rendite und der zulässigen Abweichung um jeweils einen Prozentpunkt dann einen Mittelweg gewählt. Die Renditeanhebung um einen Prozentpunkt war dabei in dem Schreiben vom 8. März 2007 bereits berücksichtigt gewesen.
14 
Mit E-Mail vom 19. März 2007 übermittelte der Zeuge Sch dem Kläger die Produktinformation, Stand 15.03.2007, hinsichtlich der streitgegenständlichen DIR Performance Zertifikats, wobei er noch folgendes mitteilte (vgl. Anlage B 12, Bl. 148 -148b d. Akten):
15 
„… Ich werde die Zeichnungen des Zertifikates in der Zeichnungsfrist vom 21.03 - 23.03. wie am 08.03.07 von ihnen bestätigt vornehmen.
Startwerte für die beiden Referenzindizes sind die Indexschlußstände vom 23.03.07.
Abgerechnet und den Abrechnungskonten belastet wird das Zertifikat zum 03.04.2007.... "
16 
In der übermittelten Produktinformation wurden die Kurven des DAX 30 Performanceindex und des DivDAX Kursindex über den Zeitraum 2002 bis 2007 dargestellt, sowie das Rückzahlungsprofil nach Bewertungstagen in einem Schaubild. Dabei wurde auch der Fall dargestellt, dass es zu einem Verlust kommt, wenn am letzten Bewertungstag der Sicherheitspuffer von 15 Prozentpunkten überschritten wird. Die „Produktidee“ wurde mit folgenden Worten erläutert (vgl. Anlage B 12, Bl. 148a d. Akten):
17 
„Mit dem DIR-Performance Zertifikat profitieren sie bereits, wenn sich der DivDAX-Kursindex um bis zu 6 Prozentpunkte schwächer entwickelt als der DAX-Performanceindex - unabhängig von der absoluten Wertentwicklung dieser beiden Referenzindizes. Entwickelt sich der Dividenden-Index DivDAX um mehr als 6 Prozentpunkte schwächer als der deutsche Leitindex DAX (Underperformance des DivDAX), schützt Sie ein Sicherheitspuffer von 15 Prozentpunkten am Laufzeitende vor Kapitalverlusten. Somit wird das Verlustrisiko reduziert.“
18 
Unter Risikohinweisen ist dabei aufgeführt (vgl. Anlage B 12, Bl. 148b d. Akten):
19 
- Der Sicherheitspuffer greift nur am letzten Bewertungstag. Ein Kapitalverlust ist trotz Sicherheitspuffer nicht ausgeschlossen.
        
- Die Rückzahlung des Zertifikates hängt von der relativen Wertentwicklung des DivDAX gegenüber dem DAX ab.
        
- Auch im Falle einer positiven Wertentwicklung beider Referenzindizes können Kapitalverluste auftreten (falls die relative Wertentwicklung des DivDAX-Kursindex mehr als 15 Prozentpunkte unter der relativen Wertentwicklung des DAX-Performanceindex liegt)
        
- …
        
- Kursentwicklung, Rückzahlungsbetrag und -zeitpunkt des Zertifikates hängen maßgeblich von der Differenz der Wertentwicklung der beiden Referenzindizes sowie sonstigen Marktparametern (z.B. der Volatilität) ab. Während der Laufzeit kann die Kursentwicklung vom dargestellten Rückzahlungsprofil abweichen.
        
- Während der Laufzeit kann der Kurs des Zertifikates auch unter den Immissionspreis von 100 Euro sinken.
        
- …
        
- Die Rückzahlung des Zertifikates hängt von der Zahlungsfähigkeit der Emittentin ab. Die X-Bank AG ist der Sicherungseinrichtung des BVR angeschlossen. “
20 
Unter „Wesentliche Ausstattungsmerkmale“ ist in der Produktinformation aufgeführt (vgl. Anlage B 12, Bl. 148b d. Akten):
21 
„       
        
Emittentin
X-Bank AG
...,
        
Frankfurt am Main
        
...
        
…       
        
Stückelung
Stücknotiz, 100 Euro je Zertifikat
...
        
Verkauf
Die Emittentin bietet die Zertifikate ausschließlich während der Zeichnungsfrist
zur Zeichnung an.
                 
Emissionspreis
100 Euro zzgl. 2 % Ausgabeaufschlag je Zertifikat
...
        
Steuerliche
        
Behandlung
Ein nach Ablauf der einjährigen Spekulationsfrist durch Veräußerung oder
Einlösung des Zertifikates realisierter Gewinn ist nach derzeitiger Rechtslage
steuerfrei (Stand: März 2007)
...“
        
22 
Das A-Zertifikat beruht auf einem von der X-Bank AG indizierten Emmissionsprogramm auf Grundlage des Basisprospekts vom 4. April 2006 gem. § 6 WpPG.
23 
Bei dem streitgegenständlichen Zertifikat kam es auf die Differenz zwischen dem DivDAX (Kursindex, ISIN DE 000A0C33C3, nachfolgend: Referenzindex 1) und dem DAX (Performanceindex, ISIN DE 0008469008, nachfolgend Referenzindex 2) an, wobei die dem Kläger nicht übergebenen endgültigen Bedingungen Nummer 29 vom 21. März 2007 zum Basisprospekts vom 4. April 2006 der X-Bank AG folgende Regelungen enthielt (vgl. Anlage K2, Bl. 45ff, 51, 52 d. Akten):
24 
25 
§ 1 …
§ 2
26 
Zertifikatsrecht, Definitionen
27 
(1) …
28 
(2) Die Laufzeit der Zertifikate endet mit dem Rückzahlungstag (Absatz (6)). Laufzeit und Rückzahlungstag der Zertifikate sind nach Maßgabe von Absatz (6) variabel.
29 
(3) „ Bewertungstage “ sind vorbehaltlich des letzten Satzes und § 5 Absatz (4), der 21. Juli 2008 („ erster Bewertungstag “), der 21. Juli 2009 („ zweiter Bewertungstag “), der 21. Juli 2010 („ dritter Bewertungstag “) und 21. Juli 2011 („ letzter Bewertungstag “). „ Starttag “ ist, vorbehaltlich des vorletzten Satzes und § 5 Absatz (4), der 23. März 2007. ….
30 
(4) „ Startwert “ für den jeweiligen Referenzindex ist, vorbehaltlich § 6, der Schlusskurs des Referenzindex am Starttag, wie er vom entsprechenden Sponsor als solche berechnet und veröffentlicht wird. „ Schwellenwert “ entspricht, vorbehaltlich § 6, einem von der Berechnungsstelle (§ 11) am Starttag festgelegten Wert. Dieser Wert wird innerhalb von drei Bankarbeitstagen nach dem Tag der Festlegung gemäß § 9 bekannt gemacht. Der Wert beträgt maximal -0,15.
31 
Performance ist, vorbehaltlich § 6, die Wertentwicklung für jeden Referenzindex am aktuellen Bewertungstag bezogen auf den Starttag. Die Ermittlung erfolgt nach folgender Formel:
32 
P i,t = S i,t / SV i - 1
33 
dabei ist:
34 
P i,t :     
die Performance des Referenzindex i (i = 1, 2) an Bewertungstag t
(t = 1,…, 4)
                 
S i,t :     
der Schlusskurs des Referenzindex i (i = 1, 2) an Bewertungstag t
(t = 1,…,4), wie er vom Sponsor als solcher berechnet und veröffentlicht
wird („Referenzwert“)
                 
SV t :   
der Startwert des Referenzindex i (i = 1, 2)
35 
Performancedifferenz “ ist, im Hinblick auf einen Bewertungstag, vorbehaltlich § 6, die Differenz aus P1,t . und P 2,t .
36 
(6) Der „ Rückzahlungsbetrag “ und der „ Rückzahlungstag “ werden wie folgt ermittelt:
37 
(a) Wenn am ersten Bewertungstag die Performancedifferenz größer oder gleich -0,06 ist, beträgt der Rückzahlungsbetrag Euro 117,- und der Rückzahlungstag ist, vorbehaltlich Absatz (3) letzter Satz und § 5 Absatz (5), der dritte Bankarbeitstag nach dem ersten Bewertungstag. Ist die Performancedifferenz am ersten Bewertungstag kleiner als -0,06 werdende Rückzahlungstag und der Rückzahlungsbetrag nach den folgenden Bestimmungen festgelegt.
38 
(b) Wenn am zweiten Bewertungstag die Performancedifferenz größer oder gleich -0,06 ist, beträgt der Rückzahlungsbetrag Euro 134,- und der Rückzahlungstag ist, vorbehaltlich Absatz (3) letzter Satz und § 5 Absatz (5), der dritte Bankarbeitstag nach dem ersten Bewertungstag. Ist die Performancedifferenz am ersten Bewertungstag kleiner als -0,06 werdende Rückzahlungstag und der Rückzahlungsbetrag nach den folgenden Bestimmungen festgelegt.
39 
(c) Wenn am dritten Bewertungstag die Performancedifferenz größer oder gleich -0,06 ist, beträgt der Rückzahlungsbetrag Euro 151,- und der Rückzahlungstag ist, vorbehaltlich Absatz (3) letzter Satz und § 5 Absatz (5), der dritte Bankarbeitstag nach dem ersten Bewertungstag. Ist die Performancedifferenz am ersten Bewertungstag kleiner als -0,06 werdende Rückzahlungstag und der Rückzahlungsbetrag nach den folgenden Bestimmungen festgelegt.
40 
(d) Wenn am letzten Bewertungstag die Performancedifferenz größer oder gleich -0,06 ist, beträgt der Rückzahlungsbetrag Euro 168,-. Ist die Performancedifferenz am letzten Bewertungstag kleiner als -0,06 und größer oder gleich dem Schwellenwert, beträgt der Rückzahlungsbetrag Euro 100,-. Liegt die Performancedifferenz am letzten Bewertungstag unter dem Schwellenwert, errechnet sich der Rückzahlungsbetrag nach folgender Formel:
41 
RB = max [PD . W +W; O]
42 
dabei ist:
43 
RB:
der Rückzahlungsbetrag in Euro
PD:
die Performancedifferenz an diese Bewertungstag
W:   
ein Betrag in Höhe von Euro 100,-
44 
…“
45 
Ohne sowohl den Basisprospekt vom 4. April 2006 (vorgelegt als Anlage K 1, Bl. 38 - 44 d. Akten) als auch die endgültige endgültigen Bedingungen Nr. 29 vom 21. März 2007 (vorgelegt als Anlage K 2, Bl. 45 - 54 d. Akten) jemals erhalten zu haben, erwarb der Kläger am 3. April 2007 10.000 Stück á 100,00 EUR der streitgegenständlichen Zertifikate für insgesamt 1.000.000,00 EUR und zahlte zusätzlich den Ausgabeaufschlag von 2%, somit 20.000,00 EUR, an die X-Bank. Der Ausgabeaufschlag wurde von der X-Bank AG an die Beklagte zurückgeleitet. Zusätzlich erhielt die Beklagte von der X-Bank für den Vertrieb des streitgegenständlichen Zertifikats eine Provision in Höhe von mindestens 1,8% des Anlagebetrages. Den Kaufpreis finanzierte der Kläger mit einem zeitgleich bei der Beklagten abgeschlossenen Darlehensvertrag über 1.000.000,00 EUR zu einem Zinssatz von 5% jährlich, festgeschrieben bis zum 30.04.2008. Die Darlehensrückzahlung war gem. Ziffer 4.1. des Darlehensvertrages vereinbart in voller Höhe zum 30. Dezember 2008 „durch Erlös aus Wertpapierverkauf“ (vgl. Anlage K7, Bl. 63 Rückseite d. Akten).
46 
Nachdem das streitgegenständliche Zertifikat weder am ersten Bewertungstag, dem 21. Juli 2008, noch am zweiten Bewertungstag, dem 21. Juli 2009, zur Rückzahlung gekommen war, entschloss sich der Kläger im September 2009 zum Verkauf des streitgegenständlichen Zertifikats. Durch Verkauf am 11. September 2009 erlöste einen Betrag von 977.797,80 EUR. Nachdem ihm dieser Betrag am 15. September 2009 auf seinem Konto gutgeschrieben worden war, löste er noch am gleichen Tag das Darlehen bei der Beklagten ab. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte er für das Darlehen Zinsen und Entgelte in Höhe von 105.381,45 EUR gezahlt. Diese Entgelte wie auch den Ausgabeaufschlag von insgesamt 20.000,00 EUR hatte der Kläger aus Eigenmitteln aufgebracht, für die er anderweitig Zinsen in Höhe von 2,7 %, somit 3.806,77 EUR und 1.194,11 EUR erwirtschaftet hätte. Insoweit wird auf die Darstellungen auf den Seiten 27 - 29 der Klageschrift vom 30. November 2009 Bezug genommen (vgl. Bl. 27-29 der Akten).
47 
Der Kläger trägt vor ,
48 
bereits bei der telefonischen Vereinbarung des Gesprächstermins vom 1. März 2007 sei klargestellt worden, dass es um eine Anlageform mit geringem Risiko bei gleichzeitig attraktiver Rendite gehen sollte. Der Zeuge T habe sich auf Initiative der Beklagten zu dem Gespräch bereit gefunden und habe bereits damals gesagt, dass er nur an sicheren Anlagen interessiert sei. Dies habe auch er [Kläger] bei dem Gespräch nochmal klargestellt. Die Zeugen Sch und H hätten bei dem Gespräch zwar zunächst andere Produkte thematisiert, seien aber recht bald auf das A-Zertifikat gekommen. Auf diesem habe der Schwerpunkt des Gespräches gelegen. Es sei von den Mitarbeitern der Beklagten als passend und empfehlenswert vorgestellt worden. Auf seinen [des Klägers] Hinweis als auch dem der Zeugen S und T, dass mit der Anlage keinerlei Risiko eingegangen werden dürfe, hätten die Mitarbeiter der Beklagten erklärt, dass als einziges Risiko das Emittentenrisiko der X-Bank bestehe. Auf das im Basisprospekt beschriebene Totalverlustrisiko und das erhöhte Risiko im Rahmen einer eventuellen Kreditfinanzierung hätten die Mitarbeiter der Beklagten nicht hingewiesen. Trotz zunächst kritischer Fragen hätten die Zeugen Sch und H das Zertifikat als sehr sicher dargestellt und dass es völlig unerheblich sei, ob die Kurse steigen oder fallen würden. Hätte die Beklagte - wie sie dies beispielsweise bei dem gleichartigen Zertifikat „V-Bank M. R. B. Control“ getan hatte (vgl. Anlage K 8, Bl. 67, 68 d. Akten) - auf das Totalverlustrisiko hingewiesen, hätte der Kläger von der Zeichnung des Zertifikat und der Aufnahme des Darlehens abgesehen. Statt dessen sei ihm und seinen Geschäftspartnern erklärt worden, sie könnten damit rechnen, dass das Zertifikat zum ersten Bewertungstag auslaufen und damit zurückgezahlt würde. Die Struktur des Zertifikates sei insgesamt sehr schlicht dargestellt worden. Auf Risiken aufgrund der unterschiedlichen Struktur der Indizes von Kurs- und Performanceindex sei nicht hingewiesen worden ebenso wenig das Zusammenspiel der Setzung der Bewertungstage und der jährlich stattfindenden Dividendenausschüttungen. Zudem hätten die Mitarbeiter der Beklagten in dem Gespräch am 1. März mehrfach versichert, dass die zu erwartenden Gewinne bei der Einlösung des Zertifikat auf alle Fälle steuerfrei vereinnahmt werden könnten, es handele sich um keine so genannte Finanzinnovation im Sinne des Einkommensteuergesetzes. Hierauf sei es dem Kläger wesentlich angekommen. Die Beklagte hätte in diesem Zusammenhang zumindest darauf hinweisen müssen, dass zum Zeitpunkt der Beratung von der Regierung bereits eine Änderung des Steuerrechts angedacht gewesen war, die auch Zertifikate erfassen sollte. Zumindest sei die Beklagte verpflichtet gewesen, darauf hinzuweisen, dass sich die steuerrechtlichen Regelungen auch rückwirkend ändern können. Wären diese Umstände und ihr Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit der Rückzahlung dem Kläger vor Zeichnungen des Zertifikat und vor Abschluss des Darlehensvertrages mitgeteilt worden, hätte er von beidem Abstand genommen. Zudem sei bereits im Frühjahr 2007 zu sehen gewesen, dass der Vergleich beider Indizes in der Rückschau von 12 Monaten äußerst knapp ausgefallen gewesen sei. Seit Beginn des Jahres 2007 habe der DivDAX sogar eine schlechtere Entwicklung als der DAX gezeigt. Auf Bedenken in der Fachpresse (vgl. Artikel vom 20. Februar 2007 aus der FAZ.net, vorgelegt als Anlage K3, Bl. 55, 56 d. Akten) sei nicht hingewiesen worden. Weiter habe die Beklagte nicht darauf hingewiesen, dass der an die X-Bank als Emittentin zu zahlende Ausgabeaufschlag von 2 % vollständig an die Beklagte als Vertriebsprovision zurückfließen würde. Auch sei kein Hinweis über die weitere Provision in Höhe von 1,8 % des investierten Nominalbetrages erfolgt. Hätte der Kläger von diesen Provisionszahlungen an die Beklagte Kenntnis gehabt, hätte er das Zertifikat nicht gezeichnet und das Darlehen nicht aufgenommen.
49 
Der Kläger beantragt für Recht zu erkennen:
50 
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 152.714,53 zu zahlen, zzgl. 2,7 % Zinsen aus EUR 147.583,65 seit 15.09.2007 bis Rechtshängigkeit und zzgl. Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit.
51 
Die Beklagte beantragt
52 
Klageabweisung.
53 
Die Beklagte trägt vor ,
54 
zu dem Gespräch am 1. März 2007 sei es auf Initiative des Zeugen T kommen, da dieser hinsichtlich eines Teilbetrages von 2.000.000 EUR aus den Firmenanteilsverkauf eine Anlagemöglichkeit gesucht habe. Als grobe Vorstellung habe er einen Anlagehorizont von fünf Jahren und eine attraktive Rendite bei möglichst geringem Risiko geäußert. Zu diesem Gespräch habe der Zeuge T den Kläger als fachkundigen Berater hinzugezogen. Gegenstand des Gesprächs seien mehrere Anlageformen gewesen, keineswegs nur das A-Zertifikat. Nachdem im Gespräch der Zeuge T berichtet habe, Aktientransaktionen in den USA über Bekannte getätigt zu haben, hätten die Mitarbeiter der Beklagten u.a. auch Steuer optimierte niederverzinsliche Wertpapiere und Geldmarktfonds sowie Inhaberschuldverschreibungen vorgestellt. Ein Zertifikat der streitgegenständliche Art sei erst am Schluss als letzte Alternative vorgestellt worden. Dies auch erst als der Kläger im Rahmen der Erörterung von Aktiengeschäften von einer negativen Entwicklung der Aktienmärkte ausgegangen war und diese Prognose durch den Zeugen Sch geteilt worden sei.
55 
Es sei darauf hingewiesen worden, dass die Konstruktion des Zertifikat in der Vergangenheit meist aufgegangen sei, nicht aber im Jahr der Telekomhysterie, da die Telekom zwar im DAX aber nicht im DivDAX vertreten gewesen sei. Das Totalverlustrisiko sei nur theoretischer Natur, da dies voraussetzen würde, dass der DivDAX Kursindex sich um 100 Prozentpunkten schwächer entwickeln würde als der DAX Performanceindex. Dies sei nur bei einer schwerwiegenden Wirtschaftskrise zu erwarten. Mit einem Puffer von 6 % habe das streitgegenständliche Zertifikat einen höheren Puffer als vergleichbare Zertifikate der X-Bank aus dem Jahr 2007. Wie sich aus den übermittelten Produktinformationen ergebe, sei auf das Totalverlustrisiko hingewiesen worden. Zudem habe sich der Kläger - wie auch seine Geschäftspartner - zu Gunsten besserer Rendite bewusst gegen einen ihm angebotenen höheren Puffer von 7 % entschieden. Die Funktionsweise des Zertifikat sei dem Kläger bekannt gewesen, was sich auch daraus ergebe, dass der Kläger und seine Partner exakte Vorgaben über die Ausgestaltung des Zertifikat gemacht hätten. Die Setzung des 21. Juli als Stichtag sei nicht nachteilig, dies zeigten auch die vorgelegten Schaubilder. Auch habe es in den letzten 12 Monaten vor dem Beratungsgespräch kein auffälliges Auseinanderlaufen der beiden Indizes gegeben. Hinsichtlich der Steuerfreiheit hätten die Zeugen Sch und H ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich um den damaligen Rechtsstand gehandelt habe. Bei dem Gespräch am 1. März 2007 habe der Kläger auch die Regie übernommen unter Verweis auf seine Erfahrungen als Wertpapierhändler. Auch sei es der Kläger gewesen, der bereits zu diesem frühen Stadium eine Kreditfinanzierung des Anlagebetrages ins Spiel gebracht habe. Die Mitarbeiter der Beklagten hätten erklärt, dass sie die Gestaltungsmöglichkeiten hinsichtlich des Zertifikat zunächst mit der X-Bank abklären müssten und die Darlehensfinanzierung hausinternen prüfen müssten.
56 
Die Beklagte ist der Ansicht , In jedem Fall sei der geltend gemachte Schaden um das zu kürzen, was der Kläger aufgrund seines steuerlich absetzbaren Verlustes erspart habe.
57 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach-und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 16. März 2010 (vgl. Bl. 186 -190 der Akten) Bezug genommen.
58 
Das Gericht hat im Parallelprozess vor dem Landgericht betreffend der Schadensersatzklage des Herrn S gegen die hiesige Beklagte - 2 O 126/09 - den Kläger sowie die vorliegend als Zeugen benannten Herrn T, Sch und Gerold als Zeugen ebenfalls am 16. März 2010 vernommenen und den dortigen Kläger S informatorisch angehört (vgl. Bl. 193 - 193u d. Akten). Die Parteien haben mit Schriftsätzen vom 12. und 13. April 2010 (vgl. Bl. 199, 200 d. Akten) der Verwertung dieses Protokolls zu Beweiszwecken zugestimmt.

Entscheidungsgründe

 
59 
Die Klage ist zulässig und begründet.
I.
60 
Dem Kläger steht gegen die Beklagte nach §§ 241 Abs. 2, 280 Abs. 1, 278 BGB Schadensersatz aus fehlerhafter Anlageberatung in Höhe von 152.714,53 EUR zu. Die Beklagte hat gegen die ihr aus dem Beratungsvertrag (1.) gegenüber dem Kläger resultierenden Pflichten zur anlagegerechten (2.) und anlegergerechten (3.) Beratung verstoßen, wozu auch die nicht erfolgte Aufklärung über die von ihr vereinnahmten Provisionen zählt (4.). Die Beklagte handelte schuldhaft (5.). Diese Pflichtverletzungen waren für die Entscheidung des Klägers, das Zertifikat zu zeichnen und das Darlehen aufzunehmen, auch ursächlich geworden (6.). Hierdurch ist ihm der geltend gemachte Schaden entstanden (7.). Ein Mitverschulden muss sich der Kläger nicht entgegenhalten lassen (8.).
1.
61 
Zwischen dem Kläger und der Beklagten, vertreten durch die Zeugen Sch und H, ist durch das Führen des Beratungsgesprächs am 1. März 2007 zumindest konkludent ein Beratungsvertrag zu Stande gekommen. Ob hierbei die Mitarbeiter der Beklagten auf den Kläger, bzw. zunächst auf den Zeugen T oder dieser auf die Beklagte zugekommen ist, ist für die Annahme eines Beratungsvertrages unerheblich (vgl. OLG Stuttgart, Urt. v. 26.02.2010 - 9 U 164/08, ZIP 2010, 716 - 725, m. w. N.).
2.
62 
Die Beklagte hat den Kläger nicht anlagegerecht beraten.
63 
Die Funktionsweise des Zertifikates ist durch den Zeugen Sch nur unzureichend und beschönigend erklärt.
64 
Mitgeteilt wurden dem Kläger und den Zeugen T und S bei dem Gespräch lediglich, dass es bei dem Zertifikat auf die relative Entwicklung der beiden Indizes DAX und DivDAX ankommt und es zu einer Auszahlung mit Gewinn kommt, wenn zumindest an einem der vier Bewertungstage die Differenz eines vorher in Prozentpunkten festgelegten Puffers nicht überschritten wird. Sollte am Letzten Bewertungstag dieses Kriterium nicht erfüllt sein, würde ein Sicherheitspuffer von 15% eingreifen, in dessen Rahmen es weder zu Gewinn noch Verlust kommen würde. Dass dieser Sicherheitspuffer wie auch die eingeräumte Toleranz von zunächst 5 Prozentpunkten nicht ausreichen würde, ist durch den Zeugen Sch durch die vorgelegten Charts ausgeräumt worden. Nach diesen hatten sich die beiden Indizes immer relativ eng beieinander bewegt, wobei unstreitig das Platzen der Telekomblase im Jahr 2000 erörtert worden war und dass damals das Zertifikat zu einem Verlust geführt hätte. Dies steht nach der durchgeführten Beweisaufnahme im Parallelprozess fest. Welche Charts im Gespräch am 1. März 2007 tatsächlich dem Kläger und seinen Geschäftspartnern präsentiert worden waren, konnte das Gericht nicht aufklären. Unstreitig sind dem Kläger aber mit Email vom 5. März 2007 (vgl. Anlage B 9, Bl. 145 - 145e d. Akten) Charts über den Zeitraum 1999 bis 2007 übermittelt worden, wobei der Zeuge Sch aber auch hier darauf verwies, dass es in der Vergangenheit fast nie der Fall gewesen sei, dass sich der DivDAX 4% schlechter als der DAX entwickelt habe.
65 
Selbst wenn man auch noch die mit Email vom 19. März 2007 übermittelten Produktinformationen, Stand 15. März 2007, hinsichtlich des streitgegenständlichen DIR Performance Zertifikates mitberücksichtigt, obwohl der Kläger zusammen mit seinem Geschäftskollegen bereits mit E-Mail vom 8. März 2007 die Zeichnung des Zertifikates bestätigt hatten, hat die Beklagte den Kläger nicht anlagegerecht beraten. Denn hierdurch ist der vermittelte Eindruck einer einfachen Zertifikatsstruktur und dass es aufgrund des bisherigen Verlaufs beider Indizes eher unwahrscheinlich ist, dass es nicht zu einer Gewinnauszahlung an einem der Bewertungstage kommt, nicht beseitigt worden.
66 
Aufgrund der übermittelten Informationen war dem Kläger eine zutreffende Risikoeinschätzung überhaupt nicht möglich gewesen. Hierzu hätte die Beklagte über die Bedeutung der Setzung der Startwerte (a.), und die Eigenschaften der beiden Indizes sowie der sie bestimmenden Faktoren (b.) aufklären müssen.
a.
67 
Über die Bedeutung der Setzung der Startwerte ist der Kläger zu keinem Zeitpunkt aufgeklärt worden. Er konnte daher nicht erkennen, dass bei dem streitgegenständlichen Zertifikat die relative Wertentwicklung der beiden Indizes an den jeweiligen Bewertungstagen zueinander auch davon abhängt, in welchem absoluten Verhältnis die beiden Indizes an dem von der X-Bank bestimmten Starttag gestanden hatten. Je größer die reale Differenz der Indizes am Starttag gewesen ist, desto geringer beeinflussen spätere reale Änderungen das prozentuale Verhältnis der beiden Indizes; umgekehrt gilt: je geringer die reale Differenz am Starttag der beiden Indizes zueinander gewesen ist, desto gravierender wirken sich spätere Änderungen aus. Nach den Zertifikatbedingungen wird zwar nicht auf die absoluten Werte abgestellt; beide Indizes werden an dem von der X-Bank festgelegten Starttag jeweils auf 100% gesetzt. Dies ändert aber an dem genannten Phänomen nichts.
b.
68 
Bei dem Referenzindex 1 wurde der DivDAX als Kursindex zugrundegelegt, wohingegen beim Referenzindex 2 der DAX als Performanceindex, zugrundegelegt worden ist. Dieser Unterschied der Indizes (Kursindex verso Performanceindex) ist von der Beklagten nicht erläutert worden. Auch wurde von ihr nicht darüber aufgeklärt, welche Faktoren diese Indizes jeweils unterschiedlich beeinflussen. Insoweit hätte zumindest auf die Bedeutung der Dividendenauszahlungen hingewiesen werden müssen.
aa.
69 
Beim DAX-Performanceindex wird unterstellt, dass alle Bardividenden und sonstigen Einnahmen aus dem Besitz der Aktien wieder in Aktien des Index reinvestiert werden. Die ausgeschütteten Dividenden werden daher zum gewichteten Kurswert des Indexes hinzugerechnet. Somit wirkt sich das Phänomen, dass eine Ausschüttung an die Anleger den Aktienkurs in der Regel um den Betrag der Dividende reduziert, nicht aus, da diese dem Kurs unmittelbar wieder zugeschlagen werden. Beim DivDAX-Kursindex hingegen führt die Dividendenausschüttung zu einer negativen Kursbeeinflussung.
bb.
70 
Unabhängig von der Frage, ob sich dies an den Bewertungstagen tatsächlich zum Nachteil des Klägers ausgewirkt hat, ist dieser strukturelle Unterschied der beiden Indizes gleichwohl ein Umstand, auf den die Beklagte hätte hinweisen müssen, damit der Kläger weiß welche Faktoren die Gewinnauszahlungsvoraussetzungen an den Bewertungstagen beeinflussen können .
cc.
71 
Diesen Hinweis hat die Beklagte nicht erteilt. Abgesehen davon, dass das Gericht Zweifel hat, ob der Zeuge Sch das Zertifikat selbst verstanden hatte und zu einem entsprechenden Hinweis auch überhaupt in der Lage gewesen war, ist das Gericht davon überzeugt, dass die unterschiedliche Berücksichtigung der Dividendenausschüttungen bei den Indizes von der Beklagten nicht erklärt worden ist. Der Zeuge Sch hatte erhebliche Probleme die Struktur des Zertifikates dem Gericht zu erläutern (auf Seite 12 des Protokolls vom 16. März 2010 im Parallelrechtstreit 2 O 126/09, Bl. 193k d. Akten) wird insoweit Bezug genommen. Allein der Umstand dass in der Produktinformation (Stand 15. März 2007) in dem Schaubild die beiden Indizes zutreffend als „Kursindex“ und „Performanceindex“ aufgeführt sind, genügt für eine anlagegerechte Aufklärung nicht. Zudem wäre eine Übermittlung am 19. März 2007, nachdem die Anlageentscheidung (8. März 2007) bereits getroffen war, zu spät.
dd.
72 
Davon, dass dem Kläger als früheren Wertpapierhändler dies bekannt gewesen war, mit der Folge dass eine entsprechende Belehrung entbehrlich gewesen wäre, durfte die Beklagte nicht ausgehen. Denn zum einen ist der DivDax erst am 1. März 2005 eingeführt worden war und zum anderen war der Kläger zu diesem Zeitpunkt nicht mehr in diesem Metier tätig gewesen. Er war daher nicht in der Lage das Risikos eines Auseinanderlaufens beider Indizes zutreffend zu beurteilen.
c.
73 
Dass der Sicherheitspuffer von 15% für den Fall, dass die Gewinnvoraussetzungen an keinem der vier Bewertungstage eintritt, den Kläger gleichwohl nicht vor einem Verlust bewahrt in Höhe der zu zahlenden Darlehenszinsen, hätte der Kläger allerdings nicht ausdrücklich hingewiesen werden müssen. Denn aufgrund seiner wirtschaftlichen Erfahrung geht das Gericht davon aus, dass er dies selbst hätte erkennen können und auch erkannt hat. Der Kläger konnte aber - wie bereits dargelegt - davon ausgehen, dass das Risiko des Überschreitens der Toleranz von 6 Prozentpunkten eher unwahrscheinlich ist.
d.
74 
Mit Blick auf die Änderung der Steuergesetzgebung ist eine Beratungspflichtverletzung Seitens der Beklagten nicht ersichtlich. Abgesehen dafür, dass nach der durchgeführten Beweisaufnahme das Gericht sich nicht davon überzeugen konnte, dass die Zeugen Sch oder H dem Kläger gegenüber mitgeteilt hätten, dass mögliche Erträge aus dem Zertifikat in jedem Fall steuerfrei sein werden, muss aufgrund der wirtschaftlichen Erfahrenheit des Klägers davon ausgegangen werden und durfte dies auch die Beklagte, dass dem Kläger bekannt war, dass sich steuerrechtliche Regelungen auch nachträglich ändern können.
75 
Der Referentenentwurf des Unternehmen-Steuerreformgesetz 2008 vom 5. Februar 2007 ist nicht geeignet, dass die Beklagte auf anstehende gesetzliche Änderungen hätte hinweisen müssen. Hierzu hätte erstmals der Kabinettsbeschluss vom 14. März 2007 Anlass gegeben, da er eine politische Willensbildung bekundet, nicht hingegen der bloße Referentenentwurf. Wäre die Regelung entsprechend dem Kabinettsbeschluss aber umgesetzt worden, wären die Erträge aus dem Zertifikat weiter steuerfrei geblieben, da in ihm die später Gesetz gewordene Regelung des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG n. F. noch nicht enthalten war. Vielmehr war eine Übergangsregelung vorgesehen, die alleine auf einen Erwerb vor dem 1. Januar 2009 abstellte. Somit hätte auch diesbezüglich keine Hinweispflicht bestanden.
3.
76 
Die Beratung der Beklagten war nicht anlegergerecht. Sie hat sich nicht am Wissenstand des Klägers (a.) und seiner Risikobereitschaft (b.) orientiert.
a.
77 
Die Beklagte wusste zwar, dass der Kläger in der Vergangenheit auch Risikogeschäfte getätigt hatte und auch als Wertpapierhändler bis Mitte der 90er Jahre tätig gewesen war. Sie konnte daher zwar davon ausgehen, dass der Kläger über die Marktzusammenhänge und Umstände, die den DAX beeinflussen Kenntnis hatte. Sie konnte aber nicht davon ausgehen, dass der Kläger Erfahrungen mit Zertifikaten hatte, die es in der ersten Hälfte der 90er Jahre so noch nicht gegeben hatte, und auch nicht das Risikopotential des streitgegenständlichen Zertifikates erfassen konnte. Dieses kann allein mit den Erwartungen an die Märkte - entgegen dem vordergründig vermittelten Eindruck - überhaupt nicht erfasst werden. Vielmehr war hierfür Kenntnis vom strukturellen Unterschied der beiden Indizes - einmal als Kursindex und einmal als Performance-Index - notwendig gewesen, zumal der DivDAX erst 2005 eingeführt worden ist, sowie der Bedeutung der Setzung der Starttage.
b.
78 
Das Anlageziel und Risikobereitschaft des Klägers waren mittelfristige Geldanlagen, bei denen das eingesetzte Kapital nicht gefährdet wird. Ein Risiko sollte nicht eingegangen werden. Dies wusste die Beklagte aufgrund der vom Zeugen T gemachten Vorgaben (aa.), die sie auch gegenüber dem vom Zeugen T hinzugezogenen Kläger gelten lassen muss (bb.). Dass sich diese fehlende Risikobereitschaft während des Gesprächs am 1. März 2007 geändert hat, konnte sich das Gericht nicht überzeugen (cc.).
aa.
79 
Dass die Risikobereitschaft des Klägers von der Beklagten überhaupt erfragt worden ist, wird von dieser nicht vorgetragen. Allein aus dem Umstand, dass der Kläger in der Vergangenheit Risikogeschäfte getätigt hatte, konnte die Beklagte nicht schließen, dass er hierzu auch mit Blick auf eine mögliche zukünftige Geldanlage bereit sein würde. Entscheidend ist, welches Risiko der Kläger bei der konkreten Anlage eingehen wollte. Die Beklagte hatte beim Kläger insoweit nicht nachgefragt. Entscheidend ist daher, von welchen Erwartungen die Beklagte nach ihrem Empfängerhorizont ausgehen durfte und musste. Dies waren die ihr vom Zeugen T mitgeteilten Angaben zur Risikobereitschaft, nämlich kein Risiko eingehen zu wollen.
80 
Denn das Gespräch am 1. März 2007 war zustande gekommen aufgrund einer Terminabsprache der Beklagten mit dem Zeugen T. Die Beklagte, die wusste, dass der Zeuge T einen Betrag von 2.000.000 EUR auf seinem Festgeldkonto aus dem Verkauf von Anteilen der Firma DIR liegen hatte, und damals nur an Geldanlagen interessiert war, bei denen das eingesetzte Kapital nicht gefährdet war. Hiervon ist das Gericht nicht zuletzt aufgrund der eigenen Aussage des Zeugen Sch (vgl. Seite 11 des Protokolls 2 O 126/09 vom 16. März 2010, Bl. 193j d. Akten) als auch der Aussage des Zeugen T (vgl. Seiten 9, 10 und des Protokolls 2 O 126/09 vom 16. März 2010, Bl. 193h, 193i d. Akten)im Parallelprozess vor dem Landgericht Tübingen - 2 O 126/09 - überzeugt.
bb.
81 
Nachdem der Zeuge T zu dem Gespräch am 1. März 2007 auch dem Kläger und dem Zeugen S hinzugezogen hatte, muss sich die Beklagte auch gegenüber dem Kläger aufgrund der vom Zeugen T zuvor übermittelten Anlageziele festhalten lassen, zumal das Gespräch - zunächst - auf den Zeugen T zugeschnitten und auch fokussiert war. Dem Zeugen T waren zunächst eine Reihe konservativer Anlagen vorgestellt worden, wie dies auch der Zeuge Sch im Parallelprozess 2 O 126/09 - selbst ausgesagt hatte (vgl. Seite 11 des Protokolls im Parallelprozess 2 O 126/09 vom 16.03.2010, Bl. 193j d. Akten). Dass der Kläger von dem vom Zeugen T geäußerten Anlagezielen abweichende Interessen geäußert hatte, ist nach dem Vortrag der Parteien nicht ersichtlich. Letztendlich spricht auch der Umstand, dass alle drei das hier streitgegenständliche Zertifikat gezeichnet haben, auch gegen die Annahme einer divergierender Bereitschaft zum Risiko.
cc.
82 
Das sich die vom Zeugen T bei der Terminvereinbarung übermittelten Anlageinteressen während des Gesprächs am 1. März 2007 geändert hatten, konnte das Gericht nicht feststellen (1) und kann daher der Entscheidung auch nicht zu Grunde gelegt werden (2).
83 
(1) Dass der Kläger das Zertifikat gezeichnet hat, bei dem Gespräch am 1. März 2007 von einem Sicherheitspuffer die Rede gewesen war, und der in Finanzdingen erfahrene Kläger sich hierauf eingelassen hatte, zumal er bereits in der Vergangenheit auch Risikogeschäfte getätigt hatte, was die Beklagte wusste, führt weder zwingend noch in für das Gericht nachvollziehbarer und überzeugender Weise dazu, dass der Kläger andere Anlageinteressen zum Ausdruck gebracht hatte, als dies der Zeuge T gegenüber den Mitarbeitern der Beklagten tat. Feststellen konnte das Gericht aber auch nicht, dass der Zeuge T sich während des Gespräches bereit gefunden hatte, höhere Risiken einzugehen. Dass der Zeuge T - nachdem er zunächst gezaudert hatte - sich später (nach dem Gespräch) aber gleichwohl doch zur Zeichnung entschlossen hatte, kann das Gericht nicht den (Rück-)Schluss ziehen, dass der Zeuge T sich bei dem Gespräch bereit gefunden hatte, höhere Risiken einzugehen und den Wunsch geäußert hatte, über entsprechende Risikoanlagen informiert zu werden. Nach den Ausführungen des Zeugen T beruhte sein Zaudern nicht auf einer geänderten Bereitschaft höhere Risiken einzugehen, sondern darauf, dass er das Zertifikat nicht verstanden hatte, dieses aber hatte verstehen wollen. (vgl. Angaben des Zeugen T, Seite 9 des Protokoll vom 16. März 2010 - 2 O 126/09 -, Bl. 193h d. Akten).
84 
(2) Zwar ist der Kläger für die von ihm behauptete nicht anlegergerechte Beratung darlegungs- und beweispflichtig und damit auch für den Umstand, welche Anlegerinteressen und Risikobereitschaft konkret der Beratung zu Grunde gelegen hatten. Da vorliegend aber erwiesenermaßen zu Beginn des Gesprächs von den oben unter aa. und bb. geschilderten Anlegerinteressen auszugehen war, ist nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht davon auszugehen, dass sich diese Interessen während des Gesprächs geändert haben. Für eine solche Änderung der Anlegerinteressen ist daher die Beklagte darlegungs- und beweispflichtig.
c.
85 
Durch die Empfehlung des streitgegenständlichen Zertifikates hat die Beklagte gegen ihre Pflicht zur anlegergerechten Beratung verstoßen. Das Zertifikat hätte einem Anleger ohne Risikobereitschaft nicht empfohlen werden dürfen. Mit Blick auf den Kenntnisstand des Klägers hätten zumindest die Bedeutung der Setzung der Starttage und die unterschiedliche Struktur der beiden Indizes (siehe oben) erläutert werden müssen.
4.
86 
Die Beklagte war verpflichtet gewesen, darauf hinweisen, dass und in welcher Höhe sie Rückvergütungen aus Ausgabeaufschlägen und Provisionen von der X-Bank erhält, um dem Kunden einen insofern bestehenden Interessenkonflikt der Bank (§ 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG) offen zu legen. Erst hierdurch wird der Kunde in die Lage versetzt, das Umsatzinteresse der Bank selbst einzuschätzen und zu beurteilen, ob die Bank ihm einen bestimmten Titel nur deswegen empfiehlt, weil sie selbst daran verdient (vgl. BGH, Urt. v. 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226-235 m. w. N.). Die Beklagte war daher verpflichtet gewesen, den Kläger sowohl auf den Umstand hinzuweisen, dass der von ihm an die X-Bank gezahlte Ausgabeaufschlag komplett an sie zurückfliest (a.) und dass sie darüber hinaus eine Provision in Höhe von 1,8% des Anlagebetrages erhält (b.). Denn beides hatte die Beklagte mit der X-Bank vor Auflegung des streitgegenständlichen Zertifikates ausgehandelt gehabt.
a.
87 
Auf den Umstand, dass der an die X-Bank zu zahlende Ausgabeaufschlag an sie zurückfliest, hatte die Beklagte nirgends hingewiesen. So dass insoweit, der Kläger keinen Anlass hatte, die Beratung der Beklagten mit Blick auf ein Eigeninteresse der Beklagten kritisch zu beurteilen und gegebenenfalls zu hinterfragen.
b.
88 
Auch über die weitere Provision von mindestens 1,8 % hätte die Beklagte aufklären müssen, da auf diese nirgends hingewiesen worden war. Ein Prospekt war dem Kläger nicht übergeben worden.
aa.
89 
Soweit die Beklagte, nachdem sie zunächst nur unsubstantiiert ein Festpreisgeschäft behauptet hatte, mit Telefax vom 4. Mai 2010 (vgl. Bl. 205 d. Akten) erstmals substantiiert hatte vortragen lassen, bei dem Zertifikat-Verkauf habe es sich um ein Festpreisgeschäft gehandelt, bei dem sie selbst die Zertifikate zum Preis von 98,20 EUR pro Stück erworben habe und diese dann an den Kläger zu 100,00 EUR pro Zertifikat weiterverkauft habe, ist dieser Vortrag - nicht aber die unstreitige Provision von 1,8% als solcher - sowohl nach §§ 296 Abs. 1, 276 Abs. 1 Satz 2 ZPO als auch nach §§ 296 Abs. 2, 282 ZPO verspätet.
90 
Eine Berücksichtigung dieses Vortrages würde, zu einer Verzögerung des Rechtstreits führen. Wie sich aus dem vom Kläger hierauf nachgereichten Telefax vom 19. Mai 2010 (vgl. Bl. 213 ff d. Akten) ergibt, würde dieser Vortrag streitig sein, so dass über ihn Beweis zu erheben sein würde (wenn man nicht der nachfolgend unter bb. dargestellten Rechtsansicht folgt), was zu einem neuen Termin und damit zu einer Verzögerung des Rechtstreits führen würde.
91 
Da der Kläger bereits in der Klageschrift vorgetragen hatte, die Beklagte habe eine weitere Provision von 1,8% des Anlagebetrages erhalten (vgl. Seite 21 der Klageschrift, Bl. 21 d. Akten) hätte die Beklagte hierauf bereits mit der Klageerwiderung entsprechenden Vortrag halten können, so dass auch hierüber im Termin am 16. März 2010 Beweis hätte erhoben werden können. Entschuldigungsgründe sind nicht ersichtlich.
bb.
92 
Allerdings würde auch in dem von der Beklagten nunmehr behaupteten Festpreisgeschäft ein Eigeninteresse der Beklagten vorliegen, über das sie - wenn nicht dem Kläger bekannt - hätte aufklären müssen. Dass dies dem Kläger bekannt gewesen war, ist aber nicht ersichtlich. Die Parteien haben hierüber weder vor dem Geschäftsabschluss gesprochen noch hätte der Kläger dies erkennen können. Selbst unter Berücksichtigung der Produktinformation Stand 15. März 2007 ist dies nicht ersichtlich. Dieser kann vielmehr entnommen werden, dass die X-Bank die Emittentin ist und der Kläger die Zertifikate von dieser bezieht. Woraus sich ein Erwerb von der Beklagten in erkennbarer Weise für den Kläger ergeben soll, ist nicht ersichtlich. Auch muss er - selbst wenn er für die Beratungsleistung nichts zahlt - nicht zwangsläufig damit rechnen, dass die Bank für das vermittelte Geschäft eine Provision oder einen Verkaufsgewinn erlöst und damit an dem Zustandekommen des Zertifikatsgeschäftes ein eigenes Interesse wirtschaftliches Interesse hatte. Auch über dieses hätte sie aufklären müssen.
5.
93 
Die Beklagte, die sich das Verhalten der Zeugen Sch und H nach § 278 BGB zurechnen lassen muss, hat die Pflichtverletzungen auch zu vertreten. Der von ihr insoweit zu führende Entlastungsbeweis gelingt nicht (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB).
6.
94 
Die Pflichtverletzungen der Beklagten sind für den dem Kläger entstandenen Schaden kausal. Zugunsten des Klägers greift die Vermutung des aufklärungsrichtigen Verhaltens, so dass davon auszugehen ist, dass der Kläger weder das Zertifikat gezeichnet hätte noch das Darlehen aufgenommen hätte, wenn die Beklagte ihn zutreffend beraten hätte (vgl. BGH, Urt. v. 28. Mai 2002 - XI ZR 150/01, WM 2002, 1445, 1447; BGH, Urt. v. 21. Oktober 2003 - XI ZR 453/02, ZIP 2003, 2242, 2245). Diese tatsächliche Vermutung hat die Beklagte nicht widerlegt.
7.
95 
Die Schadenshöhe von 152.714,53 EUR ist unstreitig, bestehend aus folgenden Positionen:
96 
a. verlorener Anlagebetrag von 22.202,20 EUR (1.000.000 EUR abzgl. 977.797,80 EUR),
97 
b. gezahlter Ausgabeaufschlag von 20.000,00 EUR,
98 
c. gezahlte Zinsen und Kosten auf das Darlehen in Höhe 105.381,45 EUR (vgl. Erläuterung Seiten 28 und 29 d. Klageschrift).
99 
d. Entgangener Zinsgewinn von 2,7 % p. a. für die aus Eigenmitteln gezahlten 20.000,- EUR in Höhe von 1.324,11 EUR für den Zeitraum 3. April 2007 bis zum 14. September 2009 und in Höhe von 3.806,77 EUR für den entgangenen Zinsgewinn von 2,7% p. a. für die aus Eigenmitteln aufgebrachten Darlehenskosten für den Zeitraum 30. April 2007 bis 14. September 2009 (vgl. Anlage K 19, Bl. 88 - 116 d. Akten).
100 
Dass und in welchem Umfang beim Kläger Verluste aus dem streitgegenständlichen Geschäft zu einer Steuerentlastung geführt haben, ist nicht erkennbar, zumal der Kläger seinen Wohnsitz nicht in Deutschland hat.
8.
101 
Ein Mitverschulden des Klägers gem. § 254 BGB ist weder unter dem Gesichtspunkt der Geschäftserfahrenheit des Klägers (a.) noch dem Umstand, dass er das streitgegenständliche Zertifikat verkauft hatte (b.) begründet.
a.
102 
Die Geschäftserfahrenheit des Klägers begründet vorliegend kein Mitverschulden i. S. v. § 254 BGB. Denn dies stünde im Widerspruch zum Grundgedanken der Aufklärungs- und Beratungspflicht. Die Beklagte, die Hausbank der DIR war, an der der Kläger beteiligt war, hatte darüber hinaus bei dem Gespräch am 1. März 2007 ein hohes Maß an Vertrauen in Anspruch genommen. Der Kläger als Anleger hatte auf die Beratung der Beklagten vertrauen dürfen (vgl. BGH, Urt. v. 13. Januar 2004 - XI ZR 355/02, NJW 2004, 1868 - 1870 m. w. N.).
b.
103 
Durch den Verkauf des Zertifikates hat der Kläger den ihm durch die Fortentrichtung der Darlehenszinsen zukünftig weiter drohenden Schaden abgewandt, so dass darin ebenfalls kein anspruchsminderndes Mitverschulden des Klägers zu sehen ist. Ob das Zertifikat an einem der zukünftigen Bewertungstage mit Gewinn ausgezahlt worden wäre, ist unbekannt. In jedem Fall stellt der von Kläger vorgenommene „Notverkauf“ zur Reduzierung des von ihm nicht gewollten Verlustrisikos eine vernünftige Entscheidung dar. In diese Lage wäre der Kläger ohne die Falschberatung nie gekommen.
9.
104 
Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286, 280 und 288, 291 BGB.
II.
105 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO; der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 Satz 2 ZPO.

Gründe

 
59 
Die Klage ist zulässig und begründet.
I.
60 
Dem Kläger steht gegen die Beklagte nach §§ 241 Abs. 2, 280 Abs. 1, 278 BGB Schadensersatz aus fehlerhafter Anlageberatung in Höhe von 152.714,53 EUR zu. Die Beklagte hat gegen die ihr aus dem Beratungsvertrag (1.) gegenüber dem Kläger resultierenden Pflichten zur anlagegerechten (2.) und anlegergerechten (3.) Beratung verstoßen, wozu auch die nicht erfolgte Aufklärung über die von ihr vereinnahmten Provisionen zählt (4.). Die Beklagte handelte schuldhaft (5.). Diese Pflichtverletzungen waren für die Entscheidung des Klägers, das Zertifikat zu zeichnen und das Darlehen aufzunehmen, auch ursächlich geworden (6.). Hierdurch ist ihm der geltend gemachte Schaden entstanden (7.). Ein Mitverschulden muss sich der Kläger nicht entgegenhalten lassen (8.).
1.
61 
Zwischen dem Kläger und der Beklagten, vertreten durch die Zeugen Sch und H, ist durch das Führen des Beratungsgesprächs am 1. März 2007 zumindest konkludent ein Beratungsvertrag zu Stande gekommen. Ob hierbei die Mitarbeiter der Beklagten auf den Kläger, bzw. zunächst auf den Zeugen T oder dieser auf die Beklagte zugekommen ist, ist für die Annahme eines Beratungsvertrages unerheblich (vgl. OLG Stuttgart, Urt. v. 26.02.2010 - 9 U 164/08, ZIP 2010, 716 - 725, m. w. N.).
2.
62 
Die Beklagte hat den Kläger nicht anlagegerecht beraten.
63 
Die Funktionsweise des Zertifikates ist durch den Zeugen Sch nur unzureichend und beschönigend erklärt.
64 
Mitgeteilt wurden dem Kläger und den Zeugen T und S bei dem Gespräch lediglich, dass es bei dem Zertifikat auf die relative Entwicklung der beiden Indizes DAX und DivDAX ankommt und es zu einer Auszahlung mit Gewinn kommt, wenn zumindest an einem der vier Bewertungstage die Differenz eines vorher in Prozentpunkten festgelegten Puffers nicht überschritten wird. Sollte am Letzten Bewertungstag dieses Kriterium nicht erfüllt sein, würde ein Sicherheitspuffer von 15% eingreifen, in dessen Rahmen es weder zu Gewinn noch Verlust kommen würde. Dass dieser Sicherheitspuffer wie auch die eingeräumte Toleranz von zunächst 5 Prozentpunkten nicht ausreichen würde, ist durch den Zeugen Sch durch die vorgelegten Charts ausgeräumt worden. Nach diesen hatten sich die beiden Indizes immer relativ eng beieinander bewegt, wobei unstreitig das Platzen der Telekomblase im Jahr 2000 erörtert worden war und dass damals das Zertifikat zu einem Verlust geführt hätte. Dies steht nach der durchgeführten Beweisaufnahme im Parallelprozess fest. Welche Charts im Gespräch am 1. März 2007 tatsächlich dem Kläger und seinen Geschäftspartnern präsentiert worden waren, konnte das Gericht nicht aufklären. Unstreitig sind dem Kläger aber mit Email vom 5. März 2007 (vgl. Anlage B 9, Bl. 145 - 145e d. Akten) Charts über den Zeitraum 1999 bis 2007 übermittelt worden, wobei der Zeuge Sch aber auch hier darauf verwies, dass es in der Vergangenheit fast nie der Fall gewesen sei, dass sich der DivDAX 4% schlechter als der DAX entwickelt habe.
65 
Selbst wenn man auch noch die mit Email vom 19. März 2007 übermittelten Produktinformationen, Stand 15. März 2007, hinsichtlich des streitgegenständlichen DIR Performance Zertifikates mitberücksichtigt, obwohl der Kläger zusammen mit seinem Geschäftskollegen bereits mit E-Mail vom 8. März 2007 die Zeichnung des Zertifikates bestätigt hatten, hat die Beklagte den Kläger nicht anlagegerecht beraten. Denn hierdurch ist der vermittelte Eindruck einer einfachen Zertifikatsstruktur und dass es aufgrund des bisherigen Verlaufs beider Indizes eher unwahrscheinlich ist, dass es nicht zu einer Gewinnauszahlung an einem der Bewertungstage kommt, nicht beseitigt worden.
66 
Aufgrund der übermittelten Informationen war dem Kläger eine zutreffende Risikoeinschätzung überhaupt nicht möglich gewesen. Hierzu hätte die Beklagte über die Bedeutung der Setzung der Startwerte (a.), und die Eigenschaften der beiden Indizes sowie der sie bestimmenden Faktoren (b.) aufklären müssen.
a.
67 
Über die Bedeutung der Setzung der Startwerte ist der Kläger zu keinem Zeitpunkt aufgeklärt worden. Er konnte daher nicht erkennen, dass bei dem streitgegenständlichen Zertifikat die relative Wertentwicklung der beiden Indizes an den jeweiligen Bewertungstagen zueinander auch davon abhängt, in welchem absoluten Verhältnis die beiden Indizes an dem von der X-Bank bestimmten Starttag gestanden hatten. Je größer die reale Differenz der Indizes am Starttag gewesen ist, desto geringer beeinflussen spätere reale Änderungen das prozentuale Verhältnis der beiden Indizes; umgekehrt gilt: je geringer die reale Differenz am Starttag der beiden Indizes zueinander gewesen ist, desto gravierender wirken sich spätere Änderungen aus. Nach den Zertifikatbedingungen wird zwar nicht auf die absoluten Werte abgestellt; beide Indizes werden an dem von der X-Bank festgelegten Starttag jeweils auf 100% gesetzt. Dies ändert aber an dem genannten Phänomen nichts.
b.
68 
Bei dem Referenzindex 1 wurde der DivDAX als Kursindex zugrundegelegt, wohingegen beim Referenzindex 2 der DAX als Performanceindex, zugrundegelegt worden ist. Dieser Unterschied der Indizes (Kursindex verso Performanceindex) ist von der Beklagten nicht erläutert worden. Auch wurde von ihr nicht darüber aufgeklärt, welche Faktoren diese Indizes jeweils unterschiedlich beeinflussen. Insoweit hätte zumindest auf die Bedeutung der Dividendenauszahlungen hingewiesen werden müssen.
aa.
69 
Beim DAX-Performanceindex wird unterstellt, dass alle Bardividenden und sonstigen Einnahmen aus dem Besitz der Aktien wieder in Aktien des Index reinvestiert werden. Die ausgeschütteten Dividenden werden daher zum gewichteten Kurswert des Indexes hinzugerechnet. Somit wirkt sich das Phänomen, dass eine Ausschüttung an die Anleger den Aktienkurs in der Regel um den Betrag der Dividende reduziert, nicht aus, da diese dem Kurs unmittelbar wieder zugeschlagen werden. Beim DivDAX-Kursindex hingegen führt die Dividendenausschüttung zu einer negativen Kursbeeinflussung.
bb.
70 
Unabhängig von der Frage, ob sich dies an den Bewertungstagen tatsächlich zum Nachteil des Klägers ausgewirkt hat, ist dieser strukturelle Unterschied der beiden Indizes gleichwohl ein Umstand, auf den die Beklagte hätte hinweisen müssen, damit der Kläger weiß welche Faktoren die Gewinnauszahlungsvoraussetzungen an den Bewertungstagen beeinflussen können .
cc.
71 
Diesen Hinweis hat die Beklagte nicht erteilt. Abgesehen davon, dass das Gericht Zweifel hat, ob der Zeuge Sch das Zertifikat selbst verstanden hatte und zu einem entsprechenden Hinweis auch überhaupt in der Lage gewesen war, ist das Gericht davon überzeugt, dass die unterschiedliche Berücksichtigung der Dividendenausschüttungen bei den Indizes von der Beklagten nicht erklärt worden ist. Der Zeuge Sch hatte erhebliche Probleme die Struktur des Zertifikates dem Gericht zu erläutern (auf Seite 12 des Protokolls vom 16. März 2010 im Parallelrechtstreit 2 O 126/09, Bl. 193k d. Akten) wird insoweit Bezug genommen. Allein der Umstand dass in der Produktinformation (Stand 15. März 2007) in dem Schaubild die beiden Indizes zutreffend als „Kursindex“ und „Performanceindex“ aufgeführt sind, genügt für eine anlagegerechte Aufklärung nicht. Zudem wäre eine Übermittlung am 19. März 2007, nachdem die Anlageentscheidung (8. März 2007) bereits getroffen war, zu spät.
dd.
72 
Davon, dass dem Kläger als früheren Wertpapierhändler dies bekannt gewesen war, mit der Folge dass eine entsprechende Belehrung entbehrlich gewesen wäre, durfte die Beklagte nicht ausgehen. Denn zum einen ist der DivDax erst am 1. März 2005 eingeführt worden war und zum anderen war der Kläger zu diesem Zeitpunkt nicht mehr in diesem Metier tätig gewesen. Er war daher nicht in der Lage das Risikos eines Auseinanderlaufens beider Indizes zutreffend zu beurteilen.
c.
73 
Dass der Sicherheitspuffer von 15% für den Fall, dass die Gewinnvoraussetzungen an keinem der vier Bewertungstage eintritt, den Kläger gleichwohl nicht vor einem Verlust bewahrt in Höhe der zu zahlenden Darlehenszinsen, hätte der Kläger allerdings nicht ausdrücklich hingewiesen werden müssen. Denn aufgrund seiner wirtschaftlichen Erfahrung geht das Gericht davon aus, dass er dies selbst hätte erkennen können und auch erkannt hat. Der Kläger konnte aber - wie bereits dargelegt - davon ausgehen, dass das Risiko des Überschreitens der Toleranz von 6 Prozentpunkten eher unwahrscheinlich ist.
d.
74 
Mit Blick auf die Änderung der Steuergesetzgebung ist eine Beratungspflichtverletzung Seitens der Beklagten nicht ersichtlich. Abgesehen dafür, dass nach der durchgeführten Beweisaufnahme das Gericht sich nicht davon überzeugen konnte, dass die Zeugen Sch oder H dem Kläger gegenüber mitgeteilt hätten, dass mögliche Erträge aus dem Zertifikat in jedem Fall steuerfrei sein werden, muss aufgrund der wirtschaftlichen Erfahrenheit des Klägers davon ausgegangen werden und durfte dies auch die Beklagte, dass dem Kläger bekannt war, dass sich steuerrechtliche Regelungen auch nachträglich ändern können.
75 
Der Referentenentwurf des Unternehmen-Steuerreformgesetz 2008 vom 5. Februar 2007 ist nicht geeignet, dass die Beklagte auf anstehende gesetzliche Änderungen hätte hinweisen müssen. Hierzu hätte erstmals der Kabinettsbeschluss vom 14. März 2007 Anlass gegeben, da er eine politische Willensbildung bekundet, nicht hingegen der bloße Referentenentwurf. Wäre die Regelung entsprechend dem Kabinettsbeschluss aber umgesetzt worden, wären die Erträge aus dem Zertifikat weiter steuerfrei geblieben, da in ihm die später Gesetz gewordene Regelung des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG n. F. noch nicht enthalten war. Vielmehr war eine Übergangsregelung vorgesehen, die alleine auf einen Erwerb vor dem 1. Januar 2009 abstellte. Somit hätte auch diesbezüglich keine Hinweispflicht bestanden.
3.
76 
Die Beratung der Beklagten war nicht anlegergerecht. Sie hat sich nicht am Wissenstand des Klägers (a.) und seiner Risikobereitschaft (b.) orientiert.
a.
77 
Die Beklagte wusste zwar, dass der Kläger in der Vergangenheit auch Risikogeschäfte getätigt hatte und auch als Wertpapierhändler bis Mitte der 90er Jahre tätig gewesen war. Sie konnte daher zwar davon ausgehen, dass der Kläger über die Marktzusammenhänge und Umstände, die den DAX beeinflussen Kenntnis hatte. Sie konnte aber nicht davon ausgehen, dass der Kläger Erfahrungen mit Zertifikaten hatte, die es in der ersten Hälfte der 90er Jahre so noch nicht gegeben hatte, und auch nicht das Risikopotential des streitgegenständlichen Zertifikates erfassen konnte. Dieses kann allein mit den Erwartungen an die Märkte - entgegen dem vordergründig vermittelten Eindruck - überhaupt nicht erfasst werden. Vielmehr war hierfür Kenntnis vom strukturellen Unterschied der beiden Indizes - einmal als Kursindex und einmal als Performance-Index - notwendig gewesen, zumal der DivDAX erst 2005 eingeführt worden ist, sowie der Bedeutung der Setzung der Starttage.
b.
78 
Das Anlageziel und Risikobereitschaft des Klägers waren mittelfristige Geldanlagen, bei denen das eingesetzte Kapital nicht gefährdet wird. Ein Risiko sollte nicht eingegangen werden. Dies wusste die Beklagte aufgrund der vom Zeugen T gemachten Vorgaben (aa.), die sie auch gegenüber dem vom Zeugen T hinzugezogenen Kläger gelten lassen muss (bb.). Dass sich diese fehlende Risikobereitschaft während des Gesprächs am 1. März 2007 geändert hat, konnte sich das Gericht nicht überzeugen (cc.).
aa.
79 
Dass die Risikobereitschaft des Klägers von der Beklagten überhaupt erfragt worden ist, wird von dieser nicht vorgetragen. Allein aus dem Umstand, dass der Kläger in der Vergangenheit Risikogeschäfte getätigt hatte, konnte die Beklagte nicht schließen, dass er hierzu auch mit Blick auf eine mögliche zukünftige Geldanlage bereit sein würde. Entscheidend ist, welches Risiko der Kläger bei der konkreten Anlage eingehen wollte. Die Beklagte hatte beim Kläger insoweit nicht nachgefragt. Entscheidend ist daher, von welchen Erwartungen die Beklagte nach ihrem Empfängerhorizont ausgehen durfte und musste. Dies waren die ihr vom Zeugen T mitgeteilten Angaben zur Risikobereitschaft, nämlich kein Risiko eingehen zu wollen.
80 
Denn das Gespräch am 1. März 2007 war zustande gekommen aufgrund einer Terminabsprache der Beklagten mit dem Zeugen T. Die Beklagte, die wusste, dass der Zeuge T einen Betrag von 2.000.000 EUR auf seinem Festgeldkonto aus dem Verkauf von Anteilen der Firma DIR liegen hatte, und damals nur an Geldanlagen interessiert war, bei denen das eingesetzte Kapital nicht gefährdet war. Hiervon ist das Gericht nicht zuletzt aufgrund der eigenen Aussage des Zeugen Sch (vgl. Seite 11 des Protokolls 2 O 126/09 vom 16. März 2010, Bl. 193j d. Akten) als auch der Aussage des Zeugen T (vgl. Seiten 9, 10 und des Protokolls 2 O 126/09 vom 16. März 2010, Bl. 193h, 193i d. Akten)im Parallelprozess vor dem Landgericht Tübingen - 2 O 126/09 - überzeugt.
bb.
81 
Nachdem der Zeuge T zu dem Gespräch am 1. März 2007 auch dem Kläger und dem Zeugen S hinzugezogen hatte, muss sich die Beklagte auch gegenüber dem Kläger aufgrund der vom Zeugen T zuvor übermittelten Anlageziele festhalten lassen, zumal das Gespräch - zunächst - auf den Zeugen T zugeschnitten und auch fokussiert war. Dem Zeugen T waren zunächst eine Reihe konservativer Anlagen vorgestellt worden, wie dies auch der Zeuge Sch im Parallelprozess 2 O 126/09 - selbst ausgesagt hatte (vgl. Seite 11 des Protokolls im Parallelprozess 2 O 126/09 vom 16.03.2010, Bl. 193j d. Akten). Dass der Kläger von dem vom Zeugen T geäußerten Anlagezielen abweichende Interessen geäußert hatte, ist nach dem Vortrag der Parteien nicht ersichtlich. Letztendlich spricht auch der Umstand, dass alle drei das hier streitgegenständliche Zertifikat gezeichnet haben, auch gegen die Annahme einer divergierender Bereitschaft zum Risiko.
cc.
82 
Das sich die vom Zeugen T bei der Terminvereinbarung übermittelten Anlageinteressen während des Gesprächs am 1. März 2007 geändert hatten, konnte das Gericht nicht feststellen (1) und kann daher der Entscheidung auch nicht zu Grunde gelegt werden (2).
83 
(1) Dass der Kläger das Zertifikat gezeichnet hat, bei dem Gespräch am 1. März 2007 von einem Sicherheitspuffer die Rede gewesen war, und der in Finanzdingen erfahrene Kläger sich hierauf eingelassen hatte, zumal er bereits in der Vergangenheit auch Risikogeschäfte getätigt hatte, was die Beklagte wusste, führt weder zwingend noch in für das Gericht nachvollziehbarer und überzeugender Weise dazu, dass der Kläger andere Anlageinteressen zum Ausdruck gebracht hatte, als dies der Zeuge T gegenüber den Mitarbeitern der Beklagten tat. Feststellen konnte das Gericht aber auch nicht, dass der Zeuge T sich während des Gespräches bereit gefunden hatte, höhere Risiken einzugehen. Dass der Zeuge T - nachdem er zunächst gezaudert hatte - sich später (nach dem Gespräch) aber gleichwohl doch zur Zeichnung entschlossen hatte, kann das Gericht nicht den (Rück-)Schluss ziehen, dass der Zeuge T sich bei dem Gespräch bereit gefunden hatte, höhere Risiken einzugehen und den Wunsch geäußert hatte, über entsprechende Risikoanlagen informiert zu werden. Nach den Ausführungen des Zeugen T beruhte sein Zaudern nicht auf einer geänderten Bereitschaft höhere Risiken einzugehen, sondern darauf, dass er das Zertifikat nicht verstanden hatte, dieses aber hatte verstehen wollen. (vgl. Angaben des Zeugen T, Seite 9 des Protokoll vom 16. März 2010 - 2 O 126/09 -, Bl. 193h d. Akten).
84 
(2) Zwar ist der Kläger für die von ihm behauptete nicht anlegergerechte Beratung darlegungs- und beweispflichtig und damit auch für den Umstand, welche Anlegerinteressen und Risikobereitschaft konkret der Beratung zu Grunde gelegen hatten. Da vorliegend aber erwiesenermaßen zu Beginn des Gesprächs von den oben unter aa. und bb. geschilderten Anlegerinteressen auszugehen war, ist nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht davon auszugehen, dass sich diese Interessen während des Gesprächs geändert haben. Für eine solche Änderung der Anlegerinteressen ist daher die Beklagte darlegungs- und beweispflichtig.
c.
85 
Durch die Empfehlung des streitgegenständlichen Zertifikates hat die Beklagte gegen ihre Pflicht zur anlegergerechten Beratung verstoßen. Das Zertifikat hätte einem Anleger ohne Risikobereitschaft nicht empfohlen werden dürfen. Mit Blick auf den Kenntnisstand des Klägers hätten zumindest die Bedeutung der Setzung der Starttage und die unterschiedliche Struktur der beiden Indizes (siehe oben) erläutert werden müssen.
4.
86 
Die Beklagte war verpflichtet gewesen, darauf hinweisen, dass und in welcher Höhe sie Rückvergütungen aus Ausgabeaufschlägen und Provisionen von der X-Bank erhält, um dem Kunden einen insofern bestehenden Interessenkonflikt der Bank (§ 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG) offen zu legen. Erst hierdurch wird der Kunde in die Lage versetzt, das Umsatzinteresse der Bank selbst einzuschätzen und zu beurteilen, ob die Bank ihm einen bestimmten Titel nur deswegen empfiehlt, weil sie selbst daran verdient (vgl. BGH, Urt. v. 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226-235 m. w. N.). Die Beklagte war daher verpflichtet gewesen, den Kläger sowohl auf den Umstand hinzuweisen, dass der von ihm an die X-Bank gezahlte Ausgabeaufschlag komplett an sie zurückfliest (a.) und dass sie darüber hinaus eine Provision in Höhe von 1,8% des Anlagebetrages erhält (b.). Denn beides hatte die Beklagte mit der X-Bank vor Auflegung des streitgegenständlichen Zertifikates ausgehandelt gehabt.
a.
87 
Auf den Umstand, dass der an die X-Bank zu zahlende Ausgabeaufschlag an sie zurückfliest, hatte die Beklagte nirgends hingewiesen. So dass insoweit, der Kläger keinen Anlass hatte, die Beratung der Beklagten mit Blick auf ein Eigeninteresse der Beklagten kritisch zu beurteilen und gegebenenfalls zu hinterfragen.
b.
88 
Auch über die weitere Provision von mindestens 1,8 % hätte die Beklagte aufklären müssen, da auf diese nirgends hingewiesen worden war. Ein Prospekt war dem Kläger nicht übergeben worden.
aa.
89 
Soweit die Beklagte, nachdem sie zunächst nur unsubstantiiert ein Festpreisgeschäft behauptet hatte, mit Telefax vom 4. Mai 2010 (vgl. Bl. 205 d. Akten) erstmals substantiiert hatte vortragen lassen, bei dem Zertifikat-Verkauf habe es sich um ein Festpreisgeschäft gehandelt, bei dem sie selbst die Zertifikate zum Preis von 98,20 EUR pro Stück erworben habe und diese dann an den Kläger zu 100,00 EUR pro Zertifikat weiterverkauft habe, ist dieser Vortrag - nicht aber die unstreitige Provision von 1,8% als solcher - sowohl nach §§ 296 Abs. 1, 276 Abs. 1 Satz 2 ZPO als auch nach §§ 296 Abs. 2, 282 ZPO verspätet.
90 
Eine Berücksichtigung dieses Vortrages würde, zu einer Verzögerung des Rechtstreits führen. Wie sich aus dem vom Kläger hierauf nachgereichten Telefax vom 19. Mai 2010 (vgl. Bl. 213 ff d. Akten) ergibt, würde dieser Vortrag streitig sein, so dass über ihn Beweis zu erheben sein würde (wenn man nicht der nachfolgend unter bb. dargestellten Rechtsansicht folgt), was zu einem neuen Termin und damit zu einer Verzögerung des Rechtstreits führen würde.
91 
Da der Kläger bereits in der Klageschrift vorgetragen hatte, die Beklagte habe eine weitere Provision von 1,8% des Anlagebetrages erhalten (vgl. Seite 21 der Klageschrift, Bl. 21 d. Akten) hätte die Beklagte hierauf bereits mit der Klageerwiderung entsprechenden Vortrag halten können, so dass auch hierüber im Termin am 16. März 2010 Beweis hätte erhoben werden können. Entschuldigungsgründe sind nicht ersichtlich.
bb.
92 
Allerdings würde auch in dem von der Beklagten nunmehr behaupteten Festpreisgeschäft ein Eigeninteresse der Beklagten vorliegen, über das sie - wenn nicht dem Kläger bekannt - hätte aufklären müssen. Dass dies dem Kläger bekannt gewesen war, ist aber nicht ersichtlich. Die Parteien haben hierüber weder vor dem Geschäftsabschluss gesprochen noch hätte der Kläger dies erkennen können. Selbst unter Berücksichtigung der Produktinformation Stand 15. März 2007 ist dies nicht ersichtlich. Dieser kann vielmehr entnommen werden, dass die X-Bank die Emittentin ist und der Kläger die Zertifikate von dieser bezieht. Woraus sich ein Erwerb von der Beklagten in erkennbarer Weise für den Kläger ergeben soll, ist nicht ersichtlich. Auch muss er - selbst wenn er für die Beratungsleistung nichts zahlt - nicht zwangsläufig damit rechnen, dass die Bank für das vermittelte Geschäft eine Provision oder einen Verkaufsgewinn erlöst und damit an dem Zustandekommen des Zertifikatsgeschäftes ein eigenes Interesse wirtschaftliches Interesse hatte. Auch über dieses hätte sie aufklären müssen.
5.
93 
Die Beklagte, die sich das Verhalten der Zeugen Sch und H nach § 278 BGB zurechnen lassen muss, hat die Pflichtverletzungen auch zu vertreten. Der von ihr insoweit zu führende Entlastungsbeweis gelingt nicht (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB).
6.
94 
Die Pflichtverletzungen der Beklagten sind für den dem Kläger entstandenen Schaden kausal. Zugunsten des Klägers greift die Vermutung des aufklärungsrichtigen Verhaltens, so dass davon auszugehen ist, dass der Kläger weder das Zertifikat gezeichnet hätte noch das Darlehen aufgenommen hätte, wenn die Beklagte ihn zutreffend beraten hätte (vgl. BGH, Urt. v. 28. Mai 2002 - XI ZR 150/01, WM 2002, 1445, 1447; BGH, Urt. v. 21. Oktober 2003 - XI ZR 453/02, ZIP 2003, 2242, 2245). Diese tatsächliche Vermutung hat die Beklagte nicht widerlegt.
7.
95 
Die Schadenshöhe von 152.714,53 EUR ist unstreitig, bestehend aus folgenden Positionen:
96 
a. verlorener Anlagebetrag von 22.202,20 EUR (1.000.000 EUR abzgl. 977.797,80 EUR),
97 
b. gezahlter Ausgabeaufschlag von 20.000,00 EUR,
98 
c. gezahlte Zinsen und Kosten auf das Darlehen in Höhe 105.381,45 EUR (vgl. Erläuterung Seiten 28 und 29 d. Klageschrift).
99 
d. Entgangener Zinsgewinn von 2,7 % p. a. für die aus Eigenmitteln gezahlten 20.000,- EUR in Höhe von 1.324,11 EUR für den Zeitraum 3. April 2007 bis zum 14. September 2009 und in Höhe von 3.806,77 EUR für den entgangenen Zinsgewinn von 2,7% p. a. für die aus Eigenmitteln aufgebrachten Darlehenskosten für den Zeitraum 30. April 2007 bis 14. September 2009 (vgl. Anlage K 19, Bl. 88 - 116 d. Akten).
100 
Dass und in welchem Umfang beim Kläger Verluste aus dem streitgegenständlichen Geschäft zu einer Steuerentlastung geführt haben, ist nicht erkennbar, zumal der Kläger seinen Wohnsitz nicht in Deutschland hat.
8.
101 
Ein Mitverschulden des Klägers gem. § 254 BGB ist weder unter dem Gesichtspunkt der Geschäftserfahrenheit des Klägers (a.) noch dem Umstand, dass er das streitgegenständliche Zertifikat verkauft hatte (b.) begründet.
a.
102 
Die Geschäftserfahrenheit des Klägers begründet vorliegend kein Mitverschulden i. S. v. § 254 BGB. Denn dies stünde im Widerspruch zum Grundgedanken der Aufklärungs- und Beratungspflicht. Die Beklagte, die Hausbank der DIR war, an der der Kläger beteiligt war, hatte darüber hinaus bei dem Gespräch am 1. März 2007 ein hohes Maß an Vertrauen in Anspruch genommen. Der Kläger als Anleger hatte auf die Beratung der Beklagten vertrauen dürfen (vgl. BGH, Urt. v. 13. Januar 2004 - XI ZR 355/02, NJW 2004, 1868 - 1870 m. w. N.).
b.
103 
Durch den Verkauf des Zertifikates hat der Kläger den ihm durch die Fortentrichtung der Darlehenszinsen zukünftig weiter drohenden Schaden abgewandt, so dass darin ebenfalls kein anspruchsminderndes Mitverschulden des Klägers zu sehen ist. Ob das Zertifikat an einem der zukünftigen Bewertungstage mit Gewinn ausgezahlt worden wäre, ist unbekannt. In jedem Fall stellt der von Kläger vorgenommene „Notverkauf“ zur Reduzierung des von ihm nicht gewollten Verlustrisikos eine vernünftige Entscheidung dar. In diese Lage wäre der Kläger ohne die Falschberatung nie gekommen.
9.
104 
Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286, 280 und 288, 291 BGB.
II.
105 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO; der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 Satz 2 ZPO.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Landgericht Tübingen Urteil, 21. Mai 2010 - 2 O 317/09

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(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

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(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Schadensersatz weg

Zivilprozessordnung - ZPO | § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung


Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 288 Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden


#BJNR001950896BJNE028103377 (1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. (2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, betr

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 286 Verzug des Schuldners


#BJNR001950896BJNE027902377 (1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Z

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 254 Mitverschulden


(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 291 Prozesszinsen


Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Ab

Einkommensteuergesetz - EStG | § 20


(1) Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören1.Gewinnanteile (Dividenden) und sonstige Bezüge aus Aktien, Genussrechten, mit denen das Recht am Gewinn und Liquidationserlös einer Kapitalgesellschaft verbunden ist, aus Anteilen an Gesellschaften m

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 241 Pflichten aus dem Schuldverhältnis


(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen. (2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Re

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 278 Verantwortlichkeit des Schuldners für Dritte


Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwen

Gesetz über den Wertpapierhandel


Wertpapierhandelsgesetz - WpHG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 296 Zurückweisung verspäteten Vorbringens


(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die erst nach Ablauf einer hierfür gesetzten Frist (§ 273 Abs. 2 Nr. 1 und, soweit die Fristsetzung gegenüber einer Partei ergeht, 5, § 275 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, 4, § 276 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3, § 277) vorgebrac

Wertpapierhandelsgesetz - WpHG | § 31 Verordnungsermächtigung zu den Mitteilungspflichten nach der Verordnung (EU) Nr. 648/2012


Das Bundesministerium der Finanzen kann durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, nähere Bestimmungen erlassen über den Inhalt, die Art, die Sprache, den Umfang und die Form der Unterrichtung nach Artikel 4a Absatz 1 Un

Wertpapierprospektgesetz - WpPG | § 6 Einzelanlageschwellen für nicht qualifizierte Anleger


Unbeschadet der Vorgaben in den §§ 4 und 5 ist die Befreiung von der Pflicht zur Veröffentlichung eines Prospekts nach § 3 Nummer 2 auf ein Angebot von Wertpapieren nur anwendbar, wenn die angebotenen Wertpapiere ausschließlich im Wege der Anlagebera

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Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 26. Feb. 2010 - 9 U 164/08

bei uns veröffentlicht am 26.02.2010

Tenor I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 31. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Stuttgart, Az. 31 O 29/08 KfH, vom 26. September 2008 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst: 1. Die Beklagte

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Unbeschadet der Vorgaben in den §§ 4 und 5 ist die Befreiung von der Pflicht zur Veröffentlichung eines Prospekts nach § 3 Nummer 2 auf ein Angebot von Wertpapieren nur anwendbar, wenn die angebotenen Wertpapiere ausschließlich im Wege der Anlageberatung oder Anlagevermittlung über ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen vermittelt werden, das rechtlich verpflichtet ist, zu prüfen, ob der Gesamtbetrag der Wertpapiere, die von einem nicht qualifizierten Anleger erworben werden können, folgende Beträge nicht übersteigt:

1.
1 000 Euro,
2.
10 000 Euro, sofern der jeweilige nicht qualifizierte Anleger nach einer von ihm zu erteilenden Selbstauskunft über ein frei verfügbares Vermögen in Form von Bankguthaben und Finanzinstrumenten von mindestens 100 000 Euro verfügt, oder
3.
den zweifachen Betrag des durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommens des jeweiligen nicht qualifizierten Anlegers nach einer von ihm zu erteilenden Selbstauskunft, höchstens jedoch 25 000 Euro Euro.
Die Einschränkungen nach Satz 1 gelten nicht für Wertpapiere, die den Aktionären im Rahmen einer Bezugsrechtsemission angeboten werden.

(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen.

(2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 31. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Stuttgart, Az. 31 O 29/08 KfH, vom 26. September 2008 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 929.679,78 Euro zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27.03.2008 zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche weitere, zukünftige Schäden zu ersetzen, die ihr aus dem am 16.03.2005 mit der Referenznummer 1114192 L geschlossenen Zinsswap noch entstehen.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 571.680,55 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 313.180,55 Euro seit dem 27.03.2008 bis 29.07.2008 sowie aus 435.680,55 Euro vom 30.07.2008 bis 22.02.2009 sowie aus 571.680,55 Euro seit dem 23.02.2009 zu zahlen.

4. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von der weiteren Zahlungsverpflichtung von 136.000,00 Euro aus dem am 02.11.2005 mit der Referenznummer 1163323 geschlossenen CMS-Spread-Sammler-Swap freizustellen.

5. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche weitere, zukünftige Schäden zu ersetzen, die ihr aus dem am 02.11.2005 mit der Referenznummer 1163323 geschlossenen CMS-Spread-Sammler-Swap noch entstehen.

II. Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

III. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrages abwenden, es sei denn, die Klägerin leistet vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert und Beschwer der Beklagten: 1.657.360,33 Euro

Gründe

 
I.
1.
Die Klägerin ist ein mittelständisches Unternehmen aus dem Bereich des Maschinen- und Anlagenbaus und verlangt von ihrer früheren Hausbank Schadensersatz im Zusammenhang mit dem Abschluss von zwei Zinsswap-Verträgen.
Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen. Sie werden wie folgt ergänzt:
Die Beklagte schloss mit der Klägerin am 28.03.2002 einen Rahmenvertrag über Finanztermingeschäfte (Anlage K1) sowie am 21.11.2003 einen Anhang zum Rahmenvertrag über die vorzeitige Erfüllung durch Ausgleichszahlung (Anlage K2). Die Parteien hatten in der Folgezeit fünf verschiedene Swap-Verträge abgeschlossen, darunter einen 3-Monats-EURIBOR-Zinsswap und einen EURIBOR-Ladder-Swap. Diese sind nicht im Streit. Gegenstand des Rechtsstreits sind ein weiterer sog. "Ladder-Swap" und ein sog. "CMS-Spread-Sammler-Swap".
Zum Ladder-Swap:
Die Beklagte übergab der Klägerin ein auf den 3. Februar 2005 datierendes Strategiepapier  "Strukturierter und vorzeitig mit Ausgleichszahlung beendbarer EUR-Zinsswap mit Euribor-Koppelung - "Ladder-Swap mit MTC" (Anlage B18). Es hatte auszugsweise folgenden Inhalt:
Kundenpositionierung und Markterwartung
- Sie haben einen Finanzierungsbedarf bzw. bestehende Finanzierungen in EUR
- Sie möchten Ihre Zinsbelastung für die kommenden Jahre reduzieren
- Sie rechnen in den nächsten Jahren nicht mit einem steilen Anstieg des 3-Monats-Euribors.
10 
- Diese Markterwartung möchten Sie zur Verbilligung Ihrer bestehenden EUR-Finanzierung nutzen.
11 
- (…)
12 
Strategievorschlag:
13 
Abschluss eines strukturierten EUR-Zinsswaps mit Euribor-Koppelung ("Ladder-Swap")
14 
Chancen
15 
Verbleibt der 3-Monats-EURIBOR auf dem derzeitigen Stand oder steigt er nur geringfügig und wird der Swap von der (Beklagten) nicht vorzeitig beendet, so verbilligen Sie Ihre Finanzierung auf die folgenden Perioden.
16 
Risiken
17 
- Bei einem starken Anstieg des 3-Monats-EURIBOR verringert sich Ihre Verbilligung. Ergibt die o.g. Formel unter Einbeziehung des Zinssatzes der vorherigen Periode und des festgestellten 3-Monats-EURIBOR einen Zinssatz von mehr als 3,50%, so schlägt die Strategie zur Zinsverbilligung ins Gegenteil um und Sie zahlen für diese Periode einen höheren Zinssatz, als Sie von der (Beklagten) empfangen. Bei entsprechender Entwicklung des 3-Monats-EURIBOR ist für die folgende Periode eine Verbilligung unter Umständen wieder möglich.
18 
- Worst Case": Da die Entwicklung des 3-Monats-EURBIOR nicht voraussehbar ist, kann kein "wort-case" beziffert werden, d.h. die Strategie ist bei einer für Sie ungünstigen Entwicklung des Referenzzinssatzes mit einem theoretisch unbegrenzten Verlustrisiko verbunden.
19 
Das Strategiepapier enthielt 3 Szenarioanalysen im Tabellenformat zur Darstellung der Zahlungsverpflichtungen, bezogen auf einen Basiswert von 11 Mio Euro. Das erste Szenario sah eine nahezu gleichmäßige kontinuierliche Steigerung des 3-Monats-EURIBOR während der 20 Perioden der Laufzeit von 2,14% auf 3,68% vor und endete mit einer "Zinsersparnis" in Höhe von ca. 1,4 Mio Euro. Das zweite Szenario stellte beginnend bei einem 3-Monats-EURIBOR in Höhe von 2,14% eine halbjährliche Steigerung von 0,25 Prozentpunkten dar und schloss mit einer "Zinsersparnis" in Höhe von ca. 1,19 Mio Euro. Das dritte Szenario enthielt eine vierteljährliche Steigerung des 3-Monats-EURIBOR um 0,2 Prozentpunkte und schloss mit einer negativen "Zinsersparnis" in Höhe von ca. 1,5 Mio Euro.
20 
Die im Rahmen einer Präsentation der Beklagten vom 25.02.2005 verwendeten Präsentationsfolien (Anlage K3) enthielten ähnliche Hinweise. Auch die Szenarien ähnelten denen des Strategiepapiers mit der Abweichung, dass - bezogen auf leicht geänderte Vertragsdaten - das zweite Szenario einen geringfügig niedrigeren Gewinn und das dritte Szenario einen deutlich kleineren Verlust (96.000 Euro) auswiesen.
21 
Die Klägerin entschloss sich zum Abschluss des angebotenen Ladder-Swaps, allerdings mit einem reduzierten Bezugsbetrag in Höhe von 5 Mio Euro. Die hierüber getroffene Vereinbarung vom 18./23.03.2005 (Anlage K4) sah im Wesentlichen folgende Zahlungsbedingungen vor:
22 
Bezugsbetrag:
5 Mio Euro (wird nicht gezahlt, sondern ist nur
Basis für Zinsberechnung)
Laufzeit:
18.03.2005 - 18.03.2010 (vorbehaltlich
einer Anpassung)
Fälligkeitstermine und
Zinsfeststellungstermine:
vierteljährlich
Zahlungsverpflichtung
der Beklagten:
3,60% p.a. (fest)
Zahlungsverpflichtung
der Klägerin:
        
Erstes Jahr (4 Perioden):    
2,00% p.a. (fest)
Ab der 5. Periode:
Variabel nach folgender Formel:
        
Zinssatz der Vorperiode ./. Abschlag + Basissatz
Basissatz:
3-Monats-EURIBOR
Abschlag:
anfänglich 2,80%, im Jahresrhythmus um 0,50% steigend
Zinsfeststellung:
Der Vertragszinssatz wurde für jede Zinsperiode anhand
des zum jeweiligen Feststellungstag gültigen Zinssatzes
des 3-Monats-EURIBOR festgesetzt
Mindestzinssatz
der Klägerin:
0,00%
23 
Zudem hatte die Beklagte ein Recht zur vorzeitigen Beendigung ohne Ausgleichszahlung zu bestimmten Terminen. Unstreitig ist zudem ein beidseitiges Kündigungsrecht gegen Ausgleichszahlung zu jährlichen Beendigungsterminen ab 2008.
24 
Der Ladder-Swap hatte zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses einen - aus Sicht der Klägerin - negativen Marktwert. Die Beklagte hatte Kosten für Risikoabsicherung, Kapitalkosten und Abwicklungskosten sowie ihren Ertrag in den Ladder-Swap einkalkuliert, woraus sich auf der Grundlage von Bewertungsmethoden ein negativer Marktwert ergab. Diesen teilte die Beklagte der Klägerin nicht mit.
25 
Zum CMS-Spread-Sammler-Swap
26 
Die Beklagte stellte der Klägerin mit Strategiepapier vom 13.05.2005 (Anlage K5) sowie Präsentationsfolien vom 13.05.2005 (Anlage K6) einen CMS-Spread-Sammler-Swap vor. Im Strategiepapier machte sie u.a. folgende Angaben:
27 
Kundenpositionierung und Markterwartung
28 
- Sie verfügen über bestehende Euro-Finanzierungen bzw. -Anlagen
29 
- Sie möchten die hieraus resultierenden Zinszahlungen optimieren.
30 
- Sie rechnen damit, dass sich die Differenz zwischen dem 10-Jahres- und dem 2-Jahres-EUR-Swapsatz (…) innerhalb der nächsten 5 Jahre nicht deutlich verringern wird, d.h. dass die Zinsstrukturkurve nicht wesentlich flacher wird.
31 
- Diese Markterwartung über die CMS-Differenz ("CMS-Spread") möchten Sie zur Optimierung Ihrer bestehenden EUR-Finanzierung bzw. -anlagen um bis zu 1,10% nutzen.
32 
- Sollte Ihre Markterwartung nicht eintreten und sich die Differenz zwischen dem 10-Jahres-EUR-Swapsatz und dem 2-Jahres-EUR-Swapsatz verringern, so sind Sie bei einer erheblichen Verringerung bereit, eine Erhöhung Ihrer Zinsbelastung bzw. Reduzierung Ihrer Zinseinnahme in Kauf zu nehmen, wobei die Höhe Ihrer Zinszahlung auf 7% begrenzt ist.
33 
Strategievorschlag:
34 
Abschluss eines strukturierten EUR-Zinsswaps mit CMS-Spread-Koppelung
35 
Risiko:
36 
- Bei einem starken Rückgang der Differenz zwischen dem 10-Jahres-EUR-Swapsatz und dem 2-Jahres-EUR-Swapsatz verringert sich zunächst Ihre Verbilligung. Je höher die Anzahl der Tage in einer Periode, an denen die Differenz zwischen EUR CMS10 und EUR CMS2 unterhalb der jeweils gültigen strikes festgestellt wird, desto höher wird der Zinssatz, den Sie für diese Periode an die (Beklagte) zahlen, maximal bis zu 7,00%
37 
- Ihre Zinsvergünstigung wird bei einer Verringerung der Zinsdifferenz zwischen dem EUR CMS10 und EUR CMS2 unter die strikes zunächst aufgezehrt. Liegt der Zinsunterschied an mehr als 13 Bankarbeitstagen pro Periode (unter der Annahme von insgesamt 120 Bankarbeitstagen in der Periode) unter den strikes, so schlägt diese Verbilligungsstrategie ins Gegenteil um und Sie zahlen einen höheren Zinssatz an die (Beklagte), als Sie von der Bank empfangen.
38 
In dem Strategiepapier und der Präsentation wurde zudem der historische Verlauf des Spreads dargestellt sowie ein Histogramm der CMS-Spreads seit 1995. Dabei wurde das Histogramm beispielhaft erläutert, dass an 23 von 2621 Beobachtungstagen die Differenz zwischen dem CMS10-Satz und dem CMS2-Satz zwischen 0,03 und 0,40% lag. Wegen der weiteren Hinweise wird auf die Anlage K6 Bezug genommen.
39 
Die Klägerin entschied sich zum Abschluss des Swap-Vertrages. Die Vertragsbestandteile wurden im schriftlichen Vertrag vom 19./27.05.2005 festgehalten und hatten folgenden wesentlichen Inhalt:
40 
Bezugsbetrag:
5 Mio Euro (wird nicht gezahlt, sondern ist
nur Basis für Zinsberechnung)
Laufzeit:
27.07.2005 - 27.07.2010 (vorbehaltlich
einer Anpassung)
Fälligkeitstermine und
Zinsfeststellungstermine:    
Halbjährlich
Zahlungsverpflichtung
der Beklagten:
3,10% p.a. (fest)
Zahlungsverpflichtung
der Klägerin:
Variabel nach folgender Formel:
        
2,00% + 5,00% p.a. x (2N : D)
Schwelle:
0,82%
        
N = Anzahl der Bankarbeitstage im jeweiligen
Berechnungszeitraum, an dem die Differenz
zwischen dem 10-Jahres-Swap-Satz und dem
2-Jahres-Swap-Satz kleiner 0,82% ist
        
D = Anzahl der Bankarbeitstage
im Berechnungszeitraum.
Zinsfeststellung:
Der Vertragszinssatz wurde für jede Zinsperiode
anhand der zum jeweiligen Feststellungstag
gültigen Zinssätze festgesetzt
Höchstzinssatz
der Klägerin:
7,00%
41 
Nachdem der Vertrag sich für die Klägerin ungünstig entwickelte, vereinbarten die Parteien eine rückwirkende Restrukturierung des Vertrages. Die Beklagte überließ der Klägerin erneut ein Strategiepapier vom 31.10.2005 (Anlage K8) sowie Präsentationsfolien (Anlage K9). Die geänderten Konditionen hielten die Parteien in der Vereinbarung vom 11.11./07.12.2005 (Anlage K10) fest. Geändert wurden insbesondere folgende Werte:
42 
Zahlungsverpflichtung    
der Klägerin:
Variabel nach folgender Formel:
        
2,00% + 6,00% p.a. x (2N : D)
Schwelle:
0,735%
Höchstzinssatz
der Klägerin:
8,00% (zwischen den Parteien ist allerdings
ein Höchstsatz von 7,00% unstreitig)
43 
Auch der CMS-Spread-Sammler-Swap hatte bei Vertragsschluss einen negativen Marktwert in Höhe der von der Beklagten einkalkulierten Kosten und Gewinnmarge.
44 
Zum weiteren Verlauf
45 
Die Klägerin beendete am 16.06.2007 den Ladder-Swap gegen Ausgleichszahlung an die Beklagte in Höhe von 1.015.500 Euro. Am 22.01.2009 (im Laufe des Berufungsverfahrens) beendete sie den CMS-Spread-Sammler-Swap gegen eine vereinbarte Ausgleichszahlung in Höhe von 272.000 Euro. Davon zahlte die Klägerin lediglich 136.000 Euro an die Beklagte. Erstinstanzlich hat die Klägerin die Rückzahlung ihrer Verluste, die Freistellung von zukünftigen Verbindlichkeiten aus dem Vertrag sowie die Feststellung einer Schadensersatzverpflichtung der Beklagten begehrt.
2.
46 
Das Landgericht hat der Klage unter Berücksichtigung eines 50prozentigen Mitverschuldens der Klägerin stattgegeben. Zwischen den Parteien sei ein Beratungsvertrag zu Stande gekommen. Die Beklagte habe ihre Verpflichtung zur objektgerechten Beratung erfüllt. Die schriftlichen Risikohinweise seien ausreichend gewesen. Die Mitarbeiter der Klägerin hätten von sich aus zum Ausdruck bringen müssen, wenn sie weitergehende Informationen für erforderlich gehalten hätten. Die Funktionsweise der Swaps sei anhand der Unterlagen erklärt worden. Die Risiken der Swap-Verträge seien ausreichend dargestellt worden. Der Hinweis auf den "worst case" habe genügt. Die Eintrittswahrscheinlichkeit eines solchen Falles sei anhand der Unterlagen ausreichend erkennbar gewesen, um der durch Betriebswirte vertretenen Klägerin eine eigenständige Anlageentscheidung zu ermöglichen. Die Beklagte habe der Klägerin nicht ihr Eigeninteresse verschwiegen. Die geschäftserfahrene Klägerin musste davon ausgehen, dass die vorliegenden Rechtsgeschäfte der Gewinnerzielung der Beklagten dienen sollten und dass diese daher eine ihr zufließende Marge bei der Konstruktion des sekundären Finanzproduktes eingepreist habe. Ein Hinweis darauf sowie auf ihre Kalkulation sei deshalb nicht erforderlich gewesen. Daher habe die Beklagte auch nicht auf den anfänglichen negativen Marktwert hinweisen müssen. Kaufleuten sei bekannt, dass, wenn sie einen gegenseitig verpflichtenden Vertrag abschließen, eine sofortige Beendigung des Vertrages zu einem negativen Vertragswert für den führt, der sich von dem Vertrag lösen will.
47 
Die Beklagte habe die Klägerin jedoch nicht anlegergerecht beraten. Die Beklagte habe in ihrem Informationsmaterial vielfach auf die Zinsbelastung der Klägerin Bezug genommen. Das habe für die Mitarbeiter der Klägerin bedeuten müssen, dass die Anlagegeschäfte zumindest in einem mittelbaren Zusammenhang mit den Zinsverpflichtungen der Klägerin aus ihren Kreditverträgen standen. Die Beklagte wäre daher verpflichtet gewesen darauf hinzuweisen, dass bei den vorliegenden sekundären Finanzprodukten die Chancen und vor allem die Risiken sich nicht in vergleichbaren Dimensionen bewegen müssen, wie der gegenwärtige Zinsaufwand der Klägerin. Die Beklagte habe auch mit der Möglichkeit rechnen müssen, dass die Klägerin trotz der Hinweise auf den "worst case" nicht mit einer den gegenwärtigen Zinsaufwand übersteigenden Eintrittswahrscheinlichkeit rechnen würde.
48 
Die Klägerin müsse sich jedoch ein Mitverschulden in Höhe von 50% anrechnen lassen. Sie hätte anhand der Unterlagen erkennen können, dass die Finanzprodukte wegen ihres Risikopotenzials nicht für ihren Unternehmensgegenstand geeignet waren.
3.
49 
Das Urteil wurde der Klägerin am 02.10.2008 und der Beklagten am 06.10.2008 zugestellt. Beide habe dagegen fristgerecht (Montag, 03.11.2008 bzw. 29.10.2008) Berufung eingelegt und diese jeweils innerhalb verlängerter Frist begründet.
50 
Die Beklagte hält ihre Beratung für anlegergerecht und ist der Auffassung, die landgerichtlichen Feststellungen würden den Ausführungen zur objektgerechten Beratung widersprechen. Das Landgericht habe bei seiner Begründung nicht zwischen den beiden Swap-Verträgen differenziert. Bei dem CMS-Spread-Sammler-Swap sei das Verlustrisiko erkennbar und betragsmäßig begrenzt gewesen. Aus der objektgerechten Beratung habe die Klägerin ihr hohes Verlustrisiko auch bei dem Ladder-Swap erkennen können, zumal sie bereits Erfahrungen mit Swap-Verträgen gehabt habe. Eine etwaige Pflichtverletzung sei nicht kausal für den Schaden, weil die Klägerin die Swap-Verträge angesichts der Möglichkeit der Gewinne ohne Einsatz von Kapital auch dann abgeschlossen hätte, wenn sie über die Höhe der potentiellen Risiken aufgeklärt worden wäre. Das Mitverschulden der Klägerin betrage zudem 100%, weil sie das hohe Risiko habe erkennen können. Eine hilfsweise erhobene Widerklage hat die Beklagte später zurückgenommen. Im Übrigen wiederholt und vertieft sie - auch mit Blick auf die Berufungsangriffe der Klägerin - ihre erstinstanzlichen Ausführungen und verteidigt das Urteil, soweit es Beratungsfehler verneint hat.
51 
Die Klägerin greift das Urteil an, weil sie die Berücksichtigung des Mitverschuldens in Höhe von 50% für nicht sachgerecht hält. Dies begründet sie unter anderem - und hilfsweise zur Stützung des landgerichtlichen Urteils gegen die Angriffe der Berufung der Beklagten - mit einer nicht objektgerechten Aufklärung. Die Preisregelung sei intransparent und verstoße gegen AGB-Recht. Es sei nicht ausreichend über die Höhe der Verlustrisiken aufgeklärt. Die tatsächliche Risikostruktur hätte anhand finanzmathematischer Kennzahlen (Value at Risk, Potential Future Exposure) dargestellt werden können. Bezüglich des CMS-Spread-Sammler-Swaps hätten Informationen gefehlt, wie hoch der durchschnittliche Spread lag. Die Präsentationsunterlagen hätten ein Unterschreiten der vereinbarten Barriere unwahrscheinlicher erscheinen lassen, als es tatsächlich war. Die Beklagte hätte über die Höhe der einstrukturierten Gewinnmarge aufklären müssen, um den Interessenkonflikt offen zu legen. Der Vertrieb der Swap-Verträge zur Zinsoptimierung sei irreführend, weil sie keinen Bezug zu den vermeintlich zu kompensierenden Grundgeschäften aufwiesen. Im Übrigen wiederholt und vertieft die Klägerin ihr erstinstanzliches Vorbringen und verteidigt das landgerichtliche Urteil, soweit es einen Beratungsfehler angenommen hat.
52 
Wegen der Einzelheiten des umfangreichen Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze in beiden Instanzen Bezug genommen.
53 
Nachdem die Klägerin zunächst noch entsprechend der erstinstanzlich gestellten Anträge die Verurteilung der Beklagten beantragt hat, hat sie nach Beendigung des CMS-Spread-Sammler-Swap gegen Ausgleichszahlung ihre Anträge umgestellt.
54 
Die Klägerin beantragt:
55 
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 929.679,78 Euro zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
56 
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche weitere, zukünftige Schäden zu ersetzen, die aus dem am 16.03.2005 mit der Referenznummer 1114192 L geschlossenen Zinsswap noch entstehen.
57 
3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 571.680,55 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 313.180,55 Euro ab Rechtshängigkeit bis 29.07.2008 sowie aus 435.680,55 Euro vom 30.07.2008 bis 22.02.2009 sowie aus 571.680,55 Euro seit dem 23.02.2009 zu zahlen.
58 
4. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von der weiteren Zahlungsverpflichtung von 136.000,00 Euro aus dem am 02.11.2005 mit der Referenznummer 1163323 geschlossenen CMS-Spread-Sammler-Swap freizustellen.
59 
5. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin die weiteren, zukünftigen Schäden zu ersetzen, die ihr aus dem am 02.11.2005 mit der Referenznummer 1163323 geschlossenen CMS-Spread-Sammler-Swap noch entstehen.
60 
Die Beklagte beantragt:
61 
1. Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
62 
2. Die Klage wird abgewiesen.
63 
Die Klägerin beantragt:
64 
Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
65 
Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung vom 03.02.2010 einen Mitarbeiter der Beklagten, der für die Konstruktion und Produktentwicklung von Derivaten zuständig ist, als informierten Vertreter der Beklagten angehört. Diesbezüglich wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung (GA 510 ff.) verwiesen.
II.
66 
Die gem. § 511 ZPO statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und mit einer Begründung versehene Berufung der Klägerin ist zulässig und begründet. Die Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg. Die Klage, insbesondere die Feststellungsklage, ist zulässig (1.). Die Beklagte hat die Klägerin pflichtwidrig fehlerhaft sowohl im Zusammenhang mit dem Ladder Swap (2.) als auch mit dem CMS Spread Sammler Swap (3.) beraten.
67 
1. Zulässigkeit des Feststellungsantrags
68 
Die Feststellungsklage ist gem. § 256 ZPO zulässig, weil ein rechtliches Feststellungsinteresse besteht. Die Klägerin macht geltend, dass ihr auf Grund der geforderten Schadensersatzleistungen der Beklagten Steuernachteile entstehen können, die nicht durch vorherige Steuervorteile kompensiert werden können.
69 
2. Schadensersatz im Zusammenhang mit dem Ladder Swap
70 
Die Beklagte schuldet der Klägerin Schadensersatz wegen einer fehlerhaften Beratung beim Abschluss des Ladder Swaps. Zwischen den Parteien ist ein Beratungsvertrag zustande gekommen (a.). Dabei hat die Beklagte ihre Pflicht zur objektgerechten (b.) und anlegergerechten (c.) Beratung verletzt und eine fehlerhafte Empfehlung (d.) abgegeben. Die Pflichtverletzung war schuldhaft (e.) und hat bei der Klägerin kausal (f.) den geltend gemachten Schaden (g.) entstehen lassen. Ein Mitverschulden der Klägerin ist nicht anzurechnen (h.).
71 
a. Beratungsvertrag
72 
Tritt ein Anlageinteressent an eine Bank oder der Anlageberater einer Bank an einen Kunden heran, um über die Anlage eines Geldbetrages beraten zu werden bzw. zu beraten, so wird das darin liegende Angebot zum Abschluss eines Beratungsvertrages stillschweigend durch die Aufnahme des Beratungsgesprächs angenommen (std. Rspr. vgl. BGH Urt. v. 06.07.1993, XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126; Urt. v. 21.03.2006, XI ZR 63/05, WM 2006, 851). Dabei spielt es keine Rolle, ob die Beratungsleistung entgeltlich oder unentgeltlich erfolgt (BGH Urt. v. 04.03.1987, IVa ZR 122/85, BGHZ 100, 117; Urt. v. 13.01.2004, XI ZR 355/02, zit.n.juris; Siol in Schimansky/Bunte/Lwowski (S/B/L), Bankrechts-Handbuch, 3. Aufl. § 43 Rn. 7).
73 
Das Landgericht hat den Abschluss eines Beratungsvertrages angenommen. Das ist zutreffend, weil die Beklagte als Hausbank der Klägerin an diese herangetreten ist und konkret eine Empfehlung zur "Zinsoptimierung" (Präsentationsfolie Anlage K3, S. 10) im Hinblick auf die steigenden Avalzinsen sowie die Belastung mit Kreditzinsen unterbreitet hat und somit unaufgefordert einen Rat erteilt hat. Diese landgerichtlichen Feststellungen nehmen die Parteien hin.
74 
Aus dem Beratungsvertrag, der gegenüber dem später abgeschlossenen Swap-Vertrag eine selbständige Bedeutung hat, folgt die Pflicht zur vollständigen, verständlichen und richtigen Beratung über das Anlageobjekt (objektgerechte Beratung). Das empfohlene Anlageobjekt muss zudem auf den Kunden zugeschnitten, also anlegergerecht sein (std. Rspr, vgl. nur: BGH Urt. v. 06.07.1993, XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126; Urt. v. 21.03.2006, XI ZR 63/05, WM 2006, 851; Braun/Lang/Loy in: Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang (E/S/C/L), Praktikerhandbuch Wertpapier- und Derivategeschäft, Rn. 192 ff.). Bewertungen und Empfehlungen müssen hingegen ex ante betrachtet lediglich vertretbar sein. Das Risiko, dass sich eine Anlageentscheidung im Nachhinein als falsch erweist, trägt der Anleger (BGH Urt. v. 14.07.2009, XI ZR 152/08, WM 2009, 1647; Urt. v. 21.03.2006, XI ZR 63/05, WM 2006, 851).
75 
b. Objektgerechte Beratung
76 
In Bezug auf das Anlageobjekt hat sich die Beratung auf diejenigen Eigenschaften und Risiken zu beziehen, die für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können. Dabei ist zwischen den allgemeinen Risiken (Konjunkturlage, Entwicklung des Börsenmarktes) und den speziellen Risiken zu unterscheiden, die sich aus den individuellen Gegebenheiten des Anlageobjekts (Kurs-, Zins- und Währungsrisiko) ergeben (std. Rspr, BGH Urt. v. 06.07.1993, XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126). Diese Pflichten hat die Beklagte verletzt. Sie hat die Klägerin nicht darüber aufgeklärt, dass es sich bei dem Ladder-Swap um ein synthetisches, von ihr konstruiertes Finanzinstrument und Glücksspiel handelt, dessen Chancen und Risiken derart intransparent sind, dass sie nur mittels anerkannter Risikomodelle beurteilt werden können (aa.). Sie hat es unterlassen, die Klägerin auf ein in das Finanzinstrument von ihr einstrukturiertes erhöhtes Verlustrisiko hinzuweisen (bb.). Zudem wurden die Einflüsse der Volatilität des 3-Monats-EURIBOR in Verbindung mit dem Ladder-Effekt in der Zinsformel nicht dargestellt (cc.). Bezüglich aller Aspekte war die Klägerin aufklärungsbedürftig (dd.).
77 
aa. Risikobeurteilung mit Hilfe von Risikomodellen
78 
Bei Zinsswap-Geschäften handelt es sich in der Regel um sehr komplexe, von der emittierenden Bank frei konstruierte Verträge, in denen verschiedene Optionen, Risiken und Chancen einstrukturiert sind (1). Die Chancen und Risiken sind für den Anleger nicht transparent und durchschaubar (2). Die emittierenden Banken verfügen hingegen über geeignete Risikomodelle und Berechnungsmethoden, um das Risiko festzulegen und darzustellen (3). Der Swap-Vertrag stellt sich so als Glücksspiel dar, das die Parteien mit ungleichen Mitteln spielen (4). Dies führt zu einer Pflicht der Bank, den Kunden auf den Charakter des Vertrages und die Notwendigkeit einer professionellen, auf Risikomodellen beruhenden Risikoabschätzung hinzuweisen (5).
79 
(1) Ein Zinsswap-Geschäft ist ein OTC-Geschäft (over the counter), also ein individuell vereinbartes Geschäft zwischen zwei Vertragsparteien, das nicht über die Börse gehandelt wird. Das Bezugskapital (hier: 5 Mio. Euro) wird nicht bezahlt. Die Parteien tauschen lediglich Zins-Zahlungsströme aus, die jeweils zu den vertraglich vereinbarten Fälligkeitsterminen saldiert werden. Bei dieser Konstruktion kann es über die gesamte Laufzeit des Vertrages nur einen Gewinner geben. Das ist die Partei, die bis zum Vertragsende per Saldo weniger gezahlt hat als sie von der Gegenpartei empfangen hat. Dabei kann es vorkommen, dass anfängliche, für den Anleger positive Salden durch spätere höhere negative Salden übertroffen werden. Am Ende der Laufzeit ist der Gewinn der einen Partei immer identisch mit dem Verlust der anderen Partei (wenn man die Zinsvorteile, die aus den unterschiedlichen Zeitpunkten der periodischen Zahlungen entstehen können, vernachlässigt).
80 
Der Zinsswap ist ein synthetisches Finanzinstrument, das von der emittierenden Bank unter Einstrukturierung beliebiger Faktoren frei gestaltet werden kann und wird. Er kann in einer einfachen Form in dem Austausch eines Festzinssatzes gegen einen beliebigen Geld- oder Kapitalmarktzinssatz bestehen, wobei zum Ausgleich der verschiedenen Zinshöhen ein Abschlag (strike) auf einen der beiden Zinssätze vereinbart wird. Hierbei handelt es sich um einen Prozentsatz, der bis auf zwei oder drei Dezimalstellen hinter dem Komma festgelegt wird. Ein Swap kann aber auch einen Austausch eines variablen Zinssatzes (z.B. 6-Monats-EURIBOR) gegen einen anderen variablen Zinssatz (z.B. 10-Jahres-Swapsatz) enthalten. Weiter kann für eine Partei ein variabler Zinssatz gewählt werden, der sich nur mittelbar aus anderen Zinskurven ableitet, beispielsweise aus dem Verhältnis (Abstand) zweier Zinssätze zueinander (Spread) oder aus der Häufigkeit (Quote) der Unterschreitung bestimmter Schwellenwerte einer Zinskurve oder gar eines Spreads multipliziert mit einem Zinssatz. Es können Hebel in die Zinsformel einkalkuliert werden, die bei dem Eintritt bestimmter Ereignisse überproportionale Verluste oder Gewinne generieren. Weiter können die Verlustrisiken für eine oder beide Parteien durch Kündigungsrechte mit und ohne Ausgleichszahlungen, Mindest- oder Höchstzinssätze, durch an Vorperioden anknüpfende sich fortschreibende Zinssätze und zahlreiche weitere Strukturelemente beliebig beeinflusst werden. Häufig werden Zinsswapverträge mit einer anfänglichen Prämie bzw. garantierten positiven Salden für einige Zinsperioden zu Gunsten des Kunden strukturiert, um den Vertrag für ihn attraktiv erscheinen zu lassen. Diese können später durch gegenläufige Elemente kompensiert werden. Zudem ist eine nahezu beliebige Kombination der Elemente möglich. Sie münden in eine mehr oder weniger komplizierte Berechnungsformel für den variablen Zinssatz einer Partei.
81 
(2) Swap-Verträge werden häufig auf der Basis von bestimmten "Zinsmeinungen" angeboten, beispielsweise bezüglich des voraussichtlichen Anstiegs des 3-Monats-EURIBOR oder des wachsenden Abstands (Spread) zwischen einem Geld- und einem Kapitalmarktzinssatz für den bevorstehenden Vertragszeitraum. Die Zinsmeinung mag eine erste Motivation für die Wahl einer bestimmten Konstruktion eines Zinsswaps sein. Als ausschlaggebende oder gar alleinige Entscheidungsgrundlage für den Abschluss eines konkret angebotenen Vertrages ist sie hingegen untauglich, weil sie unzureichend die Auswirkung der einstrukturierten Optionen erfasst und bewertet. Vielleicht mag ein Vertragspartner noch eine "Meinung" über die voraussichtliche Entwicklung der absoluten Höhe eines bestimmten Zinssatzes (z.B. 12-Monats-EURIBOR) in einem überschaubaren Zeitraum haben. Ohne professionelle Hilfsmittel ist jedoch bereits nicht mehr vorstellbar, dass er diese Meinung bezogen auf beispielsweise 20 konkrete Zinsfeststellungstermine über die Dauer von 5 Jahren hat. Hierfür müsste der Vertragspartner u.a. auch die Volatilität des entsprechenden Zinssatzes berücksichtigen, die beispielsweise dazu führen kann, dass der Basiszins an einem Fälligkeitstermin vorübergehend weit überdurchschnittlich hoch ist und für eine Zinsperiode zu einem starken negativen Saldo führt. Je nach dem Stand des Basiszinssatzes zu den einzelnen Fälligkeitsterminen können die Zahlungsströme in unterschiedlicher Höhe positiv oder negativ für den Anleger sein, was den voraussichtlichen Gesamtsaldo, zumal unter Berücksichtigung von Kündigungsoptionen, nicht mehr einschätzbar macht. Noch weniger abschätzbar sind die Chancen eines Zinswaps, wenn die Zinszahlungslast nicht unmittelbar von der Höhe eines Basiszinssatzes abhängt, sondern das Unterschreiten eines definierten Schwellenwertes lediglich ein Ereignis darstellt, das Grundlage für den Faktor bildet, mit dem ein anderer Zinssatz zu multiplizieren ist. Komplexer wird es, wenn dabei nicht auf den Schwellenwert eines Marktzinssatzes (z. B. 3-Monats-EURIBOR), sondern auf den eines Spreads (Differenz zwischen zwei Marktzinssätzen) abgestellt wird. Die Kurve des Spreads (Zinsstrukturkurven) zwischen zwei Geld- oder Kapitalmarktzinssätzen wird nicht durch die absolute Höhe der beiden Zinssätze bestimmt, sondern hängt von den wechselnden Marktbedingungen für lang- und kurzfristige Kredite ab. So kann der Wert des Spreads steigen, obwohl die Kreditzinsen fallen. Um das Risiko eines solchen Vertrages abschätzen zu können, muss der Anleger wissen, auf Grund welcher Faktoren das Verhältnis der beiden Zinssätze, die den Spread bilden, beeinflusst werden kann. Er muss sich, erneut bezogen auf die zahlreichen vertraglichen Zinsfeststellungstermine während der Laufzeit und unter Berücksichtigung der Volatilität der Kurve, hierüber eine Meinung bilden können. Dies ist schlechterdings nicht vorstellbar (so auch OLG Frankfurt, Urt. v. 30.12.2009, 23 U 175/08, S. 17). Aber selbst bei einem verhältnismäßig einfachen Swap, bei dem zum Ausgleich des Unterschieds zwischen einem Festzinssatz und einem 3-Monats-EURIBOR lediglich ein Abschlag vereinbart wird, kommt es auf die präzise Festlegung des Prozentsatzes an. Liegt der vereinbarte Abschlag beispielsweise nur 0,2% über dem durchschnittlichen Abstand beider Zinssätze, entsteht bei einer 5-jährigen Laufzeit und einem Bezugswert von 5 Mio Euro ein Verlust in Höhe von 50.000 Euro. Eine derart präzise Vorhersage kann nicht auf der Basis von Marktkenntnissen und Zinsmeinungen getroffen werden.
82 
Im konkreten Fall des Ladder-Swaps waren insbesondere folgende Elemente (Optionen, Chancen, Risiken) einstrukturiert:
83 
- Der Swap begann mit einem "garantierten" positiven Saldo zu Gunsten der Klägerin in Höhe von 1,60% p.a. für die Dauer eines Jahres. Nachdem die Beklagte einräumt, bei dem Ladder-Swap einen Gewinn einkalkuliert zu haben, musste dieser Betrag in der Folgezeit durch negative Salden ausgeglichen und um den kalkulierten Gewinn übertroffen werden.
84 
- Der Vertragszinssatz der Klägerin knüpfte ab der 5. Zinsperiode an den Zinssatz des 3-Monats-EURIBOR an. Ab diesem Zeitpunkt übernahmen die Parteien das Kursrisiko.
85 
- Ebenfalls ab der 5. Zinsperiode wurde der Vertragszinssatz der Klägerin auf der Basis des 3-Monats-EURIBOR um den jeweiligen Zinssatz der Vorperiode erhöht. Diese Regelung hat den so genannten Ladder-Effekt zur Folge, nämlich dass sich der Vertragszinssatz von dem Basiszinssatz teilweise lösen kann, sich überproportional verändert und verlangsamt auf Kursschwankungen reagiert.
86 
- Der aus der Summe von 3-Monats-EURIBOR und Vorperiodenzins errechnete Zinssatz wurde - gegenläufig - um einen Abschlag (strike) in Höhe von 2,80 Prozentpunkten reduziert.
87 
- Die Höhe des Abschlages stieg jährlich im Rhythmus um 0,5 Prozentpunkte auf zuletzt 4,30%. Die steigende Höhe des Abschlages begünstigte tendenziell die Klägerin, weil sie zu einer Reduzierung des Vertragszinssatzes beitrug und etwaige Steigerungen des 3-Monats-EURIBOR kompensierte. Allerdings ist der Jahresrhythmus der Steigerung relativ lang.
88 
- Der Swap sah eine vierteljährliche Zinsfeststellung an 20 Terminen vor, wobei die ersten 4 Termine durch die beidseitigen Festzinszahlungen statisch waren. Die Häufigkeit der Zinsfeststellung konnte in Verbindung mit dem Ladder-Effekt einen Einfluss auf die Entwicklung des Vertragszinses haben. Die Häufigkeit unterscheidet sich von der Häufigkeit, mit der der Abschlag (s.o.) erhöht wurde.
89 
- Der von der Klägerin zu zahlende Vertragszinssatz konnte nicht kleiner als 0% werden. Dadurch war die Veränderung des 3-Monats-EURIBOR zum Nachteil der Beklagten (Sinken des Zinssatzes) gedeckelt, während die Veränderung zum Vorteil der Beklagten (Steigen des Zinssatzes) nach oben unbegrenzt war.
90 
- Die Beklagte hatte ein Kündigungsrecht ohne Ausgleichszahlung jeweils zu zwei halbjährlichen Terminen. Dies ermöglichte ihr, einen ungünstig verlaufenden Vertrag und damit weitere Verluste zu begrenzen. Ebenfalls konnte sie sich dadurch vorzeitig etwaig erzielte Gewinne sichern und der Klägerin die Möglichkeit der Kompensation von Verlusten in späteren Zinsperioden nehmen.
91 
- Nach dem unstreitigen Vorbringen der Parteien bestand ein beidseitiges Kündigungsrecht mit Ausgleichszahlung ab dem 18. Juni 2008, dass jährlich ausgeübt werden konnte. Zwar lässt sich nach der Auffassung des Senats der Vertrag auch so auslegen, dass lediglich die Beklagte ein Kündigungsrecht durch Ausgleichszahlung hatte. Hierauf kommt es aber nicht an. Durch das Kündigungsrecht hatten beide Parteien zusätzlich die Möglichkeit, den Vertrag zum dann jeweils bestehenden Marktpreis abzulösen, wodurch erneut die Möglichkeit bestand, vorzeitig Gewinne mitzunehmen oder Verluste zu begrenzen. Die zeitlich eingeschränkten Kündigungsmöglichkeiten führten bei den Parteien zum sog. Stillhalterrisiko.
92 
Durch die verschiedenen frei einstrukturierbaren Elemente sowie die von der Bank erfolgten Festlegungen für Schwellenwert oder Höhe und Steigerung von Abschlägen entstand für den Zinsswap eine Risikostruktur, die mit einfachen Hilfsmitteln wie historischen Daten und einer auf Kenntnis der volkswirtschaftlichen Faktoren und Zusammenhänge beruhenden Abschätzung der zukünftigen Entwicklungen, schon gar über die mehrjährige Laufzeit des gesamten Swap-Vertrages, nicht mehr erfassbar war. Das Risiko des Ladder-Swaps konnte daher nur noch anhand von komplexen Berechnungsverfahren und Bewertungsmethoden ermittelt werden.
93 
(3) Die emittierende Bank verfügt über finanzmathematisch ausgebildetes Personal und hoch entwickelte Risikomodelle und Bewertungsmethoden. Sie ist zu deren Anwendung sowohl zum Zwecke des Risikomanagements (§ 25a KWG, vgl. Braun in Boos/Fischer/Schulte-Mattler (B/F/S), KWG, 3. Aufl., § 25a KWG, Rn. 53ff, 74ff.) als auch bilanzrechtlich verpflichtet (vgl. § 285 Nr. 18, 19 HGB a.F., § 255 Abs. 4 HGB n.F., § 340e Abs. 3 HGB, § 13 KWG, §§ 17, 21 Nr. 1, 312ff. SolvV). Für interne Risikomodelle der Banken legt § 316 SolvV fest, welche Risikofaktoren mindestens berücksichtigt werden müssen, um die Genehmigung der BAFIN zu erhalten. Auch wenn diese Vorschrift zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht in Kraft war, veranschaulicht sie die im Zusammenhang mit einem Swap-Vertrag zu beachtenden Risiken. § 316 Abs. 3 SolvV regelt beispielsweise ausdrücklich die Erfassung von Zinsstrukturrisiken, wie sie bei der Einarbeitung eines Spreads in die Zinsformel eines Swaps bestehen, und schreibt die Bildung von mindestens sechs Zinsrisikozonen vor, um so der Volatilität Rechnung zu tragen (vgl. B/F/S-Gaumert, a.a.O. § 316 SolvV Rn. 10).
94 
Der informierte Vertreter der Beklagten, ein Diplommathematiker, bestätigte bei seiner Anhörung vor dem Senat im Wesentlichen die Ausführungen der Klägerin zur Konstruktion der Swaps. Er erläuterte, dass ausgehend von einer Marktidee oder Impulsen aus anderen Bankabteilungen oder von Händlern die Produkte entwickelt werden. Dabei könne es von Vorteil sein, einen Swap so zu konstruieren, dass man dem Kunden Zinsgrenzen demonstrieren könne oder eine anfängliche Verbilligung, was für den Kunden attraktiv sei. Zur Kalkulation des Swaps verwendet die Beklagte ein Standardmodell, nämlich das von Heath-Jarrow-Morton. Bei dem Wahrscheinlichkeitsmodell werden insbesondere die aktuelle Zinsstrukturkurve, Volatilitätswerte und Korrelationen berücksichtigt. Mit diesem Modell kann zu jedem Zeitpunkt der Marktpreis des Vertrages errechnet werden. Der informierte Vertreter der Beklagten bestätigte den Klägervortrag, dass der Marktpreis der saldierte Wert der beiden vertraglichen Zahlungsströme sei, die mithilfe des Standardmodells berechnet worden seien. Seien die Chancen beider Seiten gleich, betrage der Marktpreis 0 Euro (fairer Marktpreis). Da die Bank aber mit dem Vertrag einen Gewinn erzielen wolle, würden die Elemente des Swaps so verändert werden, dass nach den Wahrscheinlichkeitsmodellen der Zahlungsstrom des Kunden um den kalkulierten Gewinn der Bank höher sei. Dies führe zu einem negativen Marktwert. Der Justiziar der Beklagten erklärte, dass eine Gewinnmarge von 3 % bis 5 % vom Basiswert üblicherweise einkalkuliert werde.
95 
Die Fähigkeit der präzisen Konstruktion und Steuerung der Swap-Verträge erschließt sich auch aus einem Vergleich der im Strategiepapier vom 3. Februar 2005 angebotenen Bedingungen mit denen im schriftlichen Vertrag vom 18./23.03.2005. Ursprünglich hatte die Beklagte einen eigenen Festzinssatz von 3,50% angeboten und bezüglich der Zahlungsverpflichtung der Klägerin einen Abschlag in Höhe von anfänglich 2,85%. Vereinbart wurden schließlich ein um 0,10 Prozentpunkte höherer Festzinssatz der Beklagten von 3,60% und ein um 0,05 Prozentpunkte niedrigerer Abschlag von anfänglichen 2,80 %.
96 
Die auf der Grundlage von Risikomodellen beruhende Konstruktion, seine Chancenverteilung und seine Marktbewertung sind für den Swap-Vertrag daher charakteristisch und prägend.
97 
(4) Im Kern ist der angebotene Ladder-Swap eine Art Glücksspiel (so auch OLG Frankfurt, Urt. v. 30.12.2009, 23 U 175/08, S. 17). Er ist dadurch geprägt, dass beide Seiten ein Risiko übernehmen und das Pflichtenprogramm bzw. die Zahlungen der Parteien vom Zufall oder der subjektiven Ungewissheit der Parteien über bestimmte Ereignisse abhängen (vgl. zur Definition des Glückspiels: Münchener Kommentar-Habersack, BGB, 5. Aufl., § 762, Rn. 4). Die Frage, ob ein Glückspiel i.S.v. § 762 BGB nur dann vorliegt, wenn kein ernsthafter sittlicher oder wirtschaftlicher Zweck dahinter steht (vgl. BGH Urt. v. 29.09.1977, III ZR 164/75, NJW 1977, 2357f.), kann hier dahingestellt bleiben, da es nicht um die Verbindlichkeit der vertraglichen Zahlungsverpflichtungen geht, sondern um die Verletzung von Aufklärungs- und Beratungspflichten im Vorfeld.
98 
Bei einem Glücksspiel hängen typischerweise Gewinn und Verlust von entgegengesetzten Bedingungen ab (Staudinger-Engel (2008), § 762 BGB Rn. 3). Im vorliegenden Fall sind diese Bedingungen auf Grund der Optionsstruktur mit Ladder-Effekt, steigendem Abschlag, Mindestzinssatz, Volatilität und Kündigungsrechten, die zu vorzeitigen Ausstiegsszenarien führen können, ausgesprochen komplex. Im Wesentlichen ging es jedoch darum, welche Werte der 3-Monats-EURIBOR an den 16 Feststellungstagen haben würde, die für die Berechnung des Vertragszinssatzes der Klägerin von Bedeutung waren. Dabei spielte die Bank gegen den Kunden, denn sie wollte, wie sie einräumt, einen Gewinn erzielen, der zwangsläufig den Verlust des Gegners ausmacht.
99 
Allerdings wird dieses Spiel mit ungleich verteilten Mitteln gespielt. Die Bank hat das Spiel (den Swap) entworfen und die Spielregeln (z.B. Zinsformel, Optionsstruktur, Kündigungsrechte) selbst festgelegt. Dabei kann sie die Gewinnwahrscheinlichkeiten mit ihren anerkannten auf Wahrscheinlichkeitsmodellen beruhenden Bewertungsmethoden präzise berechnen. Der Kunde als Gegenspieler muss hingegen das Spiel ohne Bewertungsmodelle antreten und kennt die Gewinnwahrscheinlichkeiten nicht. Er gewinnt das Spiel, wenn seine "Zinsmeinung" z.B. von einem "nicht steilen Anstieg" des 3-Monats-EURIBOR besser ist als das von der Bank verwendete Wahrscheinlichkeitsmodell. Es ist ein Spiel "Zinsmeinung des Kunden gegen EDV-gestützte Wahrscheinlichkeitsberechnung der Bank".
100 
(5) An diesem Risikomodell-geprägten Glücksspiel-Charakter des Swap-Vertrages haben sich die Aufklärungspflichten der beklagten Bank zu orientieren. Es liegt eine deutliche Informationsasymmetrie vor, die zu einer Angewiesenheit des Anlegers auf die Bank führt (Clouth in E/S/C/L, a.a.O., Rn. 962). Dieses für die Bank offenkundige Informationsdefizit muss sie durch die Vermittlung aller Informationen ausgleichen, um den Anleger in die Lage zu versetzen, eine informierte Entscheidung über den Abschluss oder Nichtabschluss des Geschäfts zu treffen (Clouth, a.a.O., Rn. 970). Dies erwartet der Anleger auch, der seiner beratenden Bank erkennbar ein großes Vertrauen entgegenbringt.
101 
Wenn die Bank ihre Aufklärungspflicht über ein Swap-Vertrag erfüllen will, muss sie daher den Anleger darauf hinweisen, dass sie das angebotene synthetische Finanzinstrument unter Einstrukturierung verschiedener Elemente und unter der Verwendung von Risikomodellen modelliert hat und dass dementsprechend auch die mit dem Produkt verbundenen, für den Anleger nicht transparenten Risiken ausschließlich anhand von professionellen Risikomodellen abschätzbar sind. Insbesondere muss sie einen möglichen, sich aufdrängenden Irrtum des Anlegers verhindern, er könne allein auf Grund der Kenntnis von allgemeinen volkswirtschaftlichen Daten, der Konjunkturlage und seiner Meinung von der Entwicklung des Kapitalmarkts sich ein zuverlässiges Bild über das mit dem Swapvertrag verbundene Risiko machen. Vielmehr muss der Anleger auf Grund der Beratung erkennen, dass der Swap-Vertrag ein Glücksspiel ist, das nach den Regeln der Risikomodelle gespielt und bewertet wird. Ihm muss klar sein, dass er mit seiner unscharfen "Zinsmeinung" bezüglich der allgemeinen Marktentwicklung gegen die auf Risikomodelle gestützte Erwartung der Bank antritt und dass ein solches Verhalten - wie hier eines GmbH-Geschäftführers - vor dem Hintergrund des hochspekulativen Glücksspiel-Charakters der Zinsswap-Verträge und des theoretisch unbegrenzten Verlustrisikos wohl kaum mit der Sorgfaltspflicht eines ordentlichen Geschäftsmannes vereinbar ist, vgl. § 43 Abs. 1 GmbHG.
102 
Diese Pflicht hat die Beklagte verletzt. Sie hat mit ihrem Strategiepapier und den Präsentationsfolien den grob vereinfachenden und irreführenden Eindruck erweckt, zur Beurteilung der Erfolgsaussichten des Ladder-Swaps komme es allein auf die Markterwartung von einem "nicht steilen" Anstieg des 3-Monats-EURIBOR an. Präzise Angaben über die Erfolgsfaktoren, die der Präzision ihrer Bewertungsmodelle entsprechen, hat sie nicht gemacht. Es wird noch nicht einmal klar, ab welchem Maß der Anstieg als steil oder nicht steil anzusehen ist. Den Umstand, dass sich die Risiken eines nach Risikomodellen konstruierten Swaps nur mit eben solchen Modellen seriös abschätzen lassen, hat sie verschwiegen. Der Glücksspiel-Charakter des Geschäfts wurde durch die nur scheinbar bestehende, aber von der Beklagten missverständlich in den Vordergrund gestellte Grundgeschäftsbezogenheit ("Optimierung" der Zinszahlungen auf Geschäftskredite) verschleiert.
103 
Diese Aufklärungspflicht gilt unabhängig von der Frage, ob die Gewinn-Chancen fair verteilt waren oder der Vertrag einen negativen Marktwert hatte. Denn bereits bei der Aufklärung über den Risikomodell-geprägten Charakter des Vertrages wird einem Anleger bewusst, dass er mit Blick auf die Optionsstruktur des Vertrages eine Reihe von Zinsmeinungen bezüglich der einzelnen Zinstermine und ihre Korrelation zu anderen Optionen und Strukturelementen entwickeln und Alternativszenarien bedenken und auch berechnen muss. Ihm wären dann auch der Glückspielcharakter und die Ungeeignetheit seiner Zinsmeinung als Beurteilungsgrundlage klar geworden.
104 
bb. Einstrukturierte Verlustrisiken (negativer Marktwert)
105 
Die Beklagte hat zudem fehlerhaft nicht über die Strukturierung des Vertrages zum Nachteil ihres Kunden aufgeklärt. Wenn eine Bank einen Ladder-Swap zur "Zinsoptimierung" anbietet, weckt sie beim Kunden die berechtigte Erwartung, dass die Erfolgswahrscheinlichkeit des Vertrages höher ist als die Wahrscheinlichkeit des Misserfolges. Bestenfalls wird er ein ausgewogenes Chancen-Risikoverhältnis erwarten, das einem Marktwert von 0 Euro entspricht. Wenn die Bank den Vertrag jedoch wegen der eigenen Gewinnerzielungsabsicht so strukturiert, dass die Verlustwahrscheinlichkeit des Kunden höher ist als die Gewinnwahrscheinlichkeit, dann ist diese Risikostruktur wegen des Risikomodell-geprägten Charakters des Vertrages und des Widerspruchs zu der bewusst beim Kunden erzeugten Erwartung aufklärungspflichtig.
106 
Daran ändert nichts, dass die Beklagte wie alle Banken Gewinne erzielen möchte und der Geschäftsverkehr auch nichts anderes erwartet. In erster Linie darf der Geschäftsverkehr von seinem Berater erwarten, dass er seine Pflicht zur vollständigen und richtigen Aufklärung über sämtliche wesentlichen Eigenschaften des Anlageobjekts erfüllt. Hierzu gehört sicher die Information, dass der Markt auf der Grundlage von Risikomodellen dem Vertrag überwiegende Verlustrisiken beimisst und ihm daher einen objektiv feststellbaren negativen Marktwert beimisst (a.A. OLG Celle, Urt. v. 30.09.2009, 3 U 45/09, OLG Frankfurt, Urt. v. 29.07.2009, 23 U 76/08, OLG Düsseldorf Urt. v. 29.06.2009, 9 U 187/08).
107 
Irrtümlich ist das Landgericht in diesem Zusammenhang und unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des LG Wuppertal (Urt. v. 16.07.2008, 3 O 33/08 zit.n.juris) davon ausgegangen, der negative Marktwert ergebe sich daraus, dass man aus längerfristigen verpflichtenden Verträgen nicht ohne weiteres aussteigen könne. In diesem Sinne haben anscheinend auch das OLG Celle und das OLG Frankfurt (jeweils a.a.O.) den negativen Marktwert verstanden. Sie haben in ihm eine Art Vorfälligkeitsentschädigung gesehen. Das OLG Celle ist zudem davon ausgegangen, dass andere Marktteilnehmer den Wert bestimmen. Das OLG Frankfurt hat lediglich vermutet, dass der Bank auch der negative Marktwert bei Vertragsschluss bekannt gewesen sei. Diesen Irrtum hat die Beklagte wiederholt genährt, indem sie sich auch in diesem Verfahren - wider besseres Wissen - ausdrücklich auf die Entscheidung des LG Wuppertal berief. Demgegenüber haben die Beklagte selbst, bzw. ihr informierter Vertreter, bei der Anhörung vor dem Senat angegeben, dass der Marktwert allein anhand der Bewertungsmethoden (hier Heath-Jarrow-Morton) ermittelt wird und den wahrscheinlichen Wert der auszutauschenden Zahlungsströme wiederspiegelt. Es handelt sich um eine objektiv ermittelbare Größe, die bereits zum Abschluss des Vertrages feststeht. Sie ermöglicht die jederzeitige Ablösung des Vertrages nach objektiven Kriterien, was nach den Angaben der Beklagten auch Usance sei, unabhängig von den vertraglich vereinbarten Kündigungsrechten.
108 
Es geht beim negativen Marktwert nicht um eine einstrukturierte Gewinnmarge, die die Bank nicht offen legen möchte. Der negative Marktwert ist eine objektive Größe, die in der realen Geschäftswelt eine wesentliche Bedeutung für das Risikomanagement und für das Rechnungswesen darstellt. Der objektiv ermittelbare und der Bank von Anfang an bekannte negative Marktwert hat bereits bei Vertragsschluss für den bilanzpflichtigen Kunden eine Bedeutung. Er stellt nämlich den gem. § 255 Abs. 4 HGB n.F. (früher § 285 Nr. 18, 19 HGB) zu berücksichtigenden beizulegenden Zeitwert dar. Ein schützenswertes betriebliches Geheimnis der Beklagten über die Höhe ihrer Gewinnmarge ist damit überhaupt nicht verbunden. Im Übrigen ist aus dem Marktwert nicht die volle Gewinnmarge ablesbar, weil die Beklagte zusätzlich Kosten der Verwaltung und Risikoabsicherung einkalkuliert hat.
109 
Der negative Marktwert ist, weil er auf den Risikomodellen beruht, ein Indikator für die "unfaire" Verteilung der Chancen und Risiken zu Lasten der Partei, die die höheren Verlustwahrscheinlichkeiten übernimmt. Ein "fairer" Swap hat den Marktwert von 0 Euro. Einen solchen würde die Bank aber nicht anbieten, da sie mit ihren Geschäften Geld verdienen möchte.
110 
Die aus dem Beratungsvertrag resultierende Pflicht zur objektgerechten und anlegergerechten Beratung wird nicht dadurch ausgehebelt, dass die Bank ein eigenes Produkt anstelle des Finanzinstruments eines Dritten anbietet. Bei dem Produkt eines Dritten würde man selbstverständlich erwarten, dass die Bank über die negativen Erfolgsaussichten aufklärt. Die Bank ist und bleibt auf Grund ihrer vertraglichen Verpflichtung zunächst einmal Beraterin. Als solche war sie gem. § 31 Abs. 1 Nr. 1 WpHG a.F. verpflichtet, ihre Beratungsleistungen mit Sachkenntnis, Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit im Interesse ihrer Kunden zu erbringen. Gem. § 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG a.F. war sie zur Vermeidung von Interessenkonflikten verpflichtet. Diese gesetzlichen und selbstverständlichen vertraglichen Verpflichtungen wurden nicht stillschweigend abbedungen. Das trägt die Beklagte auch nicht vor.
111 
Die Beratereigenschaft der Banken ist mit einem großen Vertrauen verbunden, das diese nicht als Einfallstor für eigennützige Geschäfte missbrauchen dürfen, um sich anschließend mit dem Hinweis auf die Erkennbarkeit oder Offensichtlichkeit ihrer Eigeninteressen der gesetzlichen Sorgfalts- und Interessenwahrungspflichten zu entledigen. Im Gegenteil sind Interessenkonflikte zu vermeiden und unvermeidbare Interessenkonflikte unter Wahrung der Kundeninteressen aufzulösen (Koller in: Assmann/Schneider, WpHG, 4. Aufl., § 31 Rn. 32).
112 
Der Interessenkonflikt, der durch die Ausführung von Eigengeschäften mit dem beratenen Kunden entsteht, lässt sich am einfachsten durch Unterlassen der Durchführung des Geschäfts vermeiden (Koller, a.a.O., Rn. 41). Wenn die Bank das Unterlassen für unzumutbar hält, ist sie in einem besonderen Maße an die Einhaltung ihrer Sorgfaltspflichten gebunden und hat sämtliche zweckdienlichen Informationen zu erteilen, die den dadurch in die Gefahr eines Nachteils geratenen Kunden in die Lage versetzt, das Eigeninteresse der Bank abzuschätzen. In keinem Fall darf die Empfehlung den Interessen des Kunden widersprechen (Koller, a.a.O., Rn. 77). Die Bank ist mindestens im gleichen Maße zur Mitteilung von Tatsachen und Abgabe von Empfehlungen verpflichtet, wie bei der Empfehlung eines Geschäfts mit einem Dritten.
113 
Gerät die Beklagte durch ein angebotenes Eigengeschäft in einen unausweichlichen Interessenskonflikt, weil wie beim Swap-Vertrag der Gewinn der einen Seite der Verlust der anderen Seite ist, muss sie sich entscheiden. Sie darf nicht im Gewande der vertrauenerweckenden Beraterin dem Anleger eine ihn mit Wahrscheinlichkeit benachteiligende Empfehlung abgeben, wie es der negative Marktwert indiziert, und dabei wesentliche Informationen verschweigen.
114 
Im Übrigen hält der Senat die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 22.11.2005 (XI ZR 76/05), die bezüglich Terminsoptionsgeschäften ergangen ist, für auf Fälle der vorliegenden Art übertragbar. Auch hier kann der Kunde nicht erkennen, dass sein Berater, der zugleich sein zukünftiger Vertragspartner ist, in den Vertrag eine eigene Gewinnmarge einkalkuliert hat, die den Vertrag dadurch - nach Einschätzung des auf Risikomodelle abstellenden Marktes - in einen "unfairen" Vertrag umwandelt. Andere Marktteilnehmer würde diesen Vertrag nur gegen Erhalt einer Prämie in Höhe des negativen Marktwertes übernehmen.
115 
cc. Volatilität des 3-Monats-EURIBOR und Ladder-Effekt
116 
Die Beklagte hat nicht über das Risiko der Volatilität des 3-Monats-EURIBOR in Verbindung mit dem Ladder-Effekt aufgeklärt.
117 
(1) Ein Berater hat seinen Kunden vollständig, richtig und unmissverständlich auf die wesentlichen Risiken einer Kapitalanlage hinzuweisen. Hierzu gehört auch das Risiko der Volatilität des Marktes. Diese Pflichten ergeben sich bereits unmittelbar aus dem nach Treu und Glauben auszulegenden Beratungsvertrag. Zur Konkretisierung bzw. als Mindeststandard werden bei Wertpapierdienstleistungen bzw. Wertpapiernebendienstleistungen im Bereich des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG) die hierzu ergangenen Richtlinien des früheren BAWe (insbesondere die sog. Wohlverhaltensrichtlinien vom 26.05.1997 und 23.08.2001) bzw. jetzt die Verhaltens- und Organisationsverordnung des Bundesministeriums der Finanzen (WpDVerOV vom 20.07.2007) herangezogen (vgl. nur E/S/C/L-Braun/Lang/Loy Rn. 205 m.w.N., bezüglich der Festlegung als Mindeststandards: OLG Frankfurt, Urt. v. 17.06.2009, 23 U 34/08; noch offen gelassen BGH Urt. v. 08.05.2001, XI ZR 192/00, zit.n.juris).
118 
(2) Ein besonderes Risiko lag in dem Ladder-Effekt in Verbindung mit der Volatilität des 3-Monats-EURIBOR. Dieses Risiko veranschaulicht bereits die grafische Darstellung des tatsächlichen Verlaufes der Zahlungspflichten der Parteien auf der Grundlage der im Internet verfügbaren Daten des 3-Monats-EURIBOR ( www.euribor.org ).
119 
Die Gerade in der Grafik stellt den Zinssatz der Zahlungsverpflichtungen der Bank dar (immer konstant 3,6%). Die zackig ansteigende Kurve zeigt den Zinssatz der Zahlungsverpflichtungen der Klägerin. Die dritte Kurve bildet den Verlauf des 3-Monats-EURIBOR ab. Solange die Kurve der Klägerin unterhalb derjenigen der Bank lag, hatte die Klägerin einen Gewinn. Die Zahlungskurve der Klägerin veranschaulicht eindrucksvoll die Auswirkung des Ladder-Effektes (stufenförmiger Verlauf). Dieser führte zu einer gewissen Entkoppelung des Vertragszinses von dem 3-Monats-EURIBOR und ließ die Zahlungskurve stärker steigen als den Basiszinssatz. Der Vertragszinssatz stieg sogar durch den Ladder-Effekt noch weiter, obwohl der Basiszinssatz sank, und folgte diesem erst nach einem steilen Abfall mit Verzögerung. In dem obigen Beispiel - die Grafik dient ausschließlich der realitätsnahen Veranschaulichung und ist nicht Teil der gerichtlichen Feststellungen – ist der 3-Monats-EURIBOR über die dargestellte Vertragslaufzeit sogar leicht von 2,136% auf 1,811% gesunken.
120 
(3) Die Beklagte hat nicht auf das mit dem Ladder-Effekt verbundene Risiko hingewiesen. Insbesondere geht dies nicht aus ihrem Strategiepapier oder ihren Präsentationsunterlagen hervor. Im Gegenteil hat sie - irreführend - als Entscheidungsgrundlage und Erfolgskriterium für den Vertrag einzig auf einen "nicht steilen Anstieg" des 3-Monats-EURIBOR abgestellt. Hierbei hat sie es nicht nur unterlassen klarzustellen, was unter diesem Begriff vor dem Hintergrund der Volatilität der Kurve zu verstehen ist. Das Kriterium des nicht steilen Anstiegs des 3-Monats-EURIBOR war bereits für sich genommen als Entscheidungsgrundlage ungeeignet.
121 
(a) Die Beklagte hat es pflichtwidrig unterlassen, die Klägerin darüber aufzuklären, was unter einem "nicht steilen Anstieg" des 3-Monats-EURIBOR als Erfolgskriterium für den Vertrag zu verstehen ist. Bei dem komplex strukturierten Vertrag konnte bereits ein Zehntel Prozentpunkt bei der Festlegung des Festzinssatzes der Beklagten oder der Höhe des Abschlags über Erfolg und Misserfolg entscheiden. Demgegenüber können die Vorstellungen, was unter einem steilen Anstieg zu verstehen ist, um Prozentpunkte auseinanderliegen.
122 
In der Mathematik kann die Steigung oder Steilheit einer Kurve für jede beliebige Teilstrecke und gar für jeden beliebigen Punkt der Kurve errechnet werden. Nur bei einer Geraden ist die Steigung an allen Punkten identisch. Bei einer volatil verlaufenden Kurve variiert hingegen die Steigung und nimmt während des Verlaufs unterschiedliche Werte an. Sie kann flach oder stark ansteigen, über eine längere oder kürzere Strecke diese Steigung beibehalten oder verändern und auch wieder im gleichen Maße fallen. Schließlich lässt sich die Steigung zwischen Anfangs- und Endpunkt errechnen. Diese ist in der Regel nicht identisch einer Maximalsteigung auf einer Teilstrecke.
123 
Die Beklagte hat mit der Formulierung
124 
"Sie rechnen in den nächsten Jahren nicht mit einem steilen Anstieg des 3-Monats-EURIBOR"
125 
den Eindruck erweckt, es komme auf die durchschnittliche Steigung des 3-Monats-EURIBOR zwischen Anfangstermin und Endtermin oder jedenfalls mehrjährig auseinanderliegenden Terminen an. Dies folgt aus der Formulierung "in den nächsten Jahren". Diesen Eindruck hat sie dadurch verstärkt, dass sie in ihren Beispielsszenarien ausschließlich lineare Verläufe des 3-Monats-EURIBOR modelliert hat.
126 
Bei dieser Betrachtung hätte die Beklagte die Aussage treffen können, dass (auf der Grundlage der in der Präsentationsfolie enthaltenen Vertragsdaten) der Basiszinssatz vierteljährlich nicht um mehr als ca. 0,146 Prozentpunkte (bzw. insgesamt 2,774 Prozentpunkten) steigen darf, um noch in der Gewinnzone zu bleiben. Dies ergibt sich aus einer Berechnung der Zinsformel mit Hilfe eines Tabellenkalkulationsprogramms, wie es auch die Beklagte verwendet hat. Die Beklagte hätte weiter darstellen können, dass ein um ein Hundertstel Prozentpunkt höherer Anstieg von 0,156 Prozentpunkten pro Vierteljahr (= insgesamt 2,964 Prozentpunkte) bereits einen Verlust von über 300.000 Euro generieren würde. Warum ein Anstieg von vierteljährlich 0,1 4 6 Prozentpunkten bzw. insgesamt 2,774 Prozentpunkten innerhalb von 5 Jahren nicht steil sein soll und ein vierteljährlicher Anstieg von 0,1 5 6 Prozentpunkten bzw. insgesamt 2,964 Prozentpunkten steil, erschließt sich nicht. Das Kriterium der Steilheit ist in der von der Beklagten verwendeten Unschärfe absolut untauglich.
127 
(b) Unklar bleibt zusätzlich, wie sich zwischenzeitliche steile Anstiege auf den Erfolg des Vertrages auswirken. Bereits die oben dargestellte Grafik des Verlaufs des Vertrages enthält, bezogen auf die Werte des Anfangstermins (März 2005) und Endtermins (März 2009), ein (geringes?) Gefälle des 3-Monats-EURIBOR von 2,136% auf 1,811% und hat dennoch einen Verlust generiert. Die Volatilität des 3-Monats-EURIBOR bringt es mit sich, dass sich der Zinssatz kurzfristig verändern kann und zu unterschiedlichen Zeitpunkten einen steilen Anstieg aufweisen kann. Dies veranschaulichen zwei Beispielsgrafiken in Abwandlung des Beispielsszenarios 2 der Beklagten in der Präsentationsfolie (Anlage K3).
128 
Simuliert man anstelle eines linearen Anstiegs um halbjährlich 0,25 Prozentpunkte auf zuletzt 4,390% einen früheren (steilen?) Anstieg des 3-Monats-EURIBOR auf 4,390% mit einem anschließenden (flachen) Absinken auf den Ausgangswert 2,140% zurück, erreicht der 3-Monats-EURIBOR einen gegenüber dem Beispiel der Bank niedrigeren Durchschnittssatz von 3,246% und über die gesamte Laufzeit keine Steigung . Anhand der grafischen Darstellung erkennt man dennoch einen stark negativen Verlauf der Zinszahlungspflicht der Klägerin:
129 
Bei dieser Konstellation hätte die Klägerin einen Verlust in Höhe von 991.631,13 Euro erlitten (Differenz zum Beispielsszenario 2 der Beklagten: 1.947.531,13 Euro). Dieses Phänomen liegt an dem Ladder-Effekt der an dem Vorperiodenzinssatz anknüpft und nicht durch den einkalkulierten Abschlag kompensiert wird. In diesem Beispiel löste die Wende der Zahlungskurve im März 2008 erst die weitere Erhöhung des Abschlags auf 3,80% aus.
130 
Dennoch lässt sich nicht aus dem Beispiel folgern, dass jeder steile Anstieg des 3-Monats-EURIBOR während der Laufzeit zu einem Verlust der Klägerin geführt hätte. Simuliert man nämlich einen zunächst flachen und erst später steilen Anstieg, ergibt sich folgendes Bild über die wechselseitigen Zahlungsverpflichtungen:
131 
Bei diesem Beispiel hatte der Basiszinssatz während der Laufzeit einen starken Anstieg um 6,490 Prozentpunkte und - im Vergleich zum Beispielszenario der Beklagten - höheren Durchschnittszinssatz von 3,423%. Dennoch hätte die Klägerin bei diesem Szenario trotz des insgesamt und punktuell steilen Anstiegs einen Gewinn von 964.975,00 Euro erzielen können. Die Grafik veranschaulicht zudem die ungleiche Verteilung des Risikos des Ladder-Effekts durch die Begrenzung des Vertragszinssatzes der Klägerin nach unten auf 0%. Dadurch konnte sich der Vertragszins nicht im gleichen Maße für die Klägerin günstig entwickeln, wie er sich bei einem gegenteiligen Szenario ungünstig hätte entwickeln können.
132 
Aus dem Vorstehenden folgt, dass angesichts des volatilen 3-Monats-EURIBOR in Verbindung mit dem Ladder-Effekt das Kriterium des "nicht steilen Anstiegs" ungeeignet für die Abschätzung der Erfolgsaussichten war. Dabei entlastet es die Beklagte nicht, dass die Klägerin selbst unter Zuhilfenahme eines Tabellenkalkulationsprogramms diese Szenarien hätte simulieren können. Die Beklagte war als Beraterin verpflichtet, der Klägerin zutreffende und vollständige Informationen zu erteilen und musste damit rechnen, dass sich der Kunde darauf verlässt.
133 
dd. Aufklärungsbedürftigkeit der Klägerin
134 
Die Klägerin war bezüglich sämtlicher Punkte aufklärungsbedürftig.
135 
(1) Zwar mag die Klägerin als mittelständisches Unternehmen eine Größe haben, die zu einer Einstufung als professionelle Kundin i.S.v. § 31a Abs. 2 S. 2 Nr. 2 WpHG n.F. führen würde. Dieses von der Beklagten vorgetragene Argument vermag eine Abweisung der Klage nicht zu begründen. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses galt § 31a WpHG noch nicht. Zudem schreibt § 31a Abs. 6 S. 2 WpHG vor, dass das Wertpapierdienstleistungsunternehmen den Kunden am Beginn der Geschäftsbeziehung darauf hinweisen muss, dass sie ihn als professionellen Kunden behandelt und er die Möglichkeit hat, eine Einstufung als Privatkunde zu vereinbaren. Diese Pflicht soll eine ansonsten bestehende Unklarheit über die vom Wertpapierdienstleistungsunternehmen anzuwendenden Verhaltenspflichten vermeiden (Clouth-Seyfried in E/S/C/L, a.a.O, Rn. 74). Die Einstufung in Kundenkategorien ist im Zusammenhang mit der parallel zur Vorschrift erlassenen WPDVerOV (s.o. II.2.b.cc (1)) zu sehen. Sie befreit das Wertpapierdienstleistungsunternehmen aber nicht vollständig von seinen Aufklärungspflichten. So ist zwar § 4 WPDVerOV von seinem aufsichtsrechtlich verpflichtenden Anwendungsbereich auf Privatkunden beschränkt. Die in § 5 WPDVerOV enthaltene Pflicht zur Information des Kunden über Risiken und Kosten gilt hingegen für alle Kundenkategorien.
136 
(2) Auch der Umstand, dass für die Klägerin Betriebswirte als Mitarbeiter tätig waren, die mit der Betreuung ihrer Kredite und liquiden Mittel beauftragt waren, lässt keinen Rückschluss zu, dass diese den erforderlichen Wissensstand über die komplexe Risikostruktur des Ladder Swaps besaßen. Welchen konkreten Wissensstand die Mitarbeiter in Bezug auf die Risikostrukturierung von Swap-Verträgen hatten, legt die Beklagte nicht dar. Allein auf der Grundlage einer allgemeinen betriebswirtschaftlichen Ausbildung kann kein finanzmathematisches Spezialwissen erwartet werden. Auch folgt dieses nicht aus der beruflichen Befassung mit den Finanzen eines Unternehmens (vgl. zur vorsichtigen Bewertung von beruflichen Tätigkeiten und Unternehmenseigenschaft: Braun/Lang/Loy in: E/S/C/L, a.a.O., Rn. 263). Für die Beklagte ersichtlich verfügte die Klägerin auch nicht über die erforderlichen Mittel zur Risikoabschätzung, insbesondere die hierfür erforderlichen Rechenmodelle. Dass ein Kunde, wie die Beklagte es dargestellt hat, mit dem angebotenen Zinsswap zu einer anderen Bank gehen und sich von dort ein Konkurrenzangebot einholen kann, lässt die im Verhältnis der Parteien auf Grund des Beratungsvertrages bestehende Aufklärungsbedürftigkeit nicht entfallen. In erster Linie ist die beratende Bank, die zugleich bewusst ein erhebliches Vertrauen ihres Kunden in Anspruch nimmt, zur umfassenden und wahrheitsgemäßen Aufklärung verpflichtet.
137 
(3) Aus diesem Grund lässt sich aus den bereits früher mit der Beklagten geschlossenen Swap-Verträgen nicht auf eine ausreichende Kenntnis der Klägerin über die damit verbundenen Risiken schließen. Dies könnte bezüglich der allgemeinen Risiken von Swap-Verträgen allenfalls dann der Fall sein, wenn die Beklagte die Klägerin bei Abschluss der früheren Verträge aufgeklärt hätte. Das hat sie nicht behauptet. Es ist daher davon auszugehen, dass die Mitarbeiter der Klägerin das in den Swap-Verträgen liegende Risikopotential auch früher nicht richtig erfasst haben. Ihre Erfahrung aus den Swap-Verträgen beschränkt sich daher darauf, dass diese günstig oder ungünstig verlaufen und vorzeitig aufgelöst werden können. Bezüglich der konkret im Ladder-Swap einstrukturierten und nur professionell zu erfassenden Risiken wären die früheren Verträge ohnehin ohne Bedeutung, da es insoweit auf die einzelnen Vertragsbedingungen einschließlich der bei Vertragsabschluss vorherrschenden Marktbedingungen und die bis auf zwei Dezimalstellen hinter dem Komma vereinbarten Prozentsätze ankam.
138 
c. Anlegergerechte Beratung
139 
Die Beratung der Beklagten war nicht anlegergerecht. Der Inhalt der Beratung hat sich an dem Kunden zu orientieren. Maßgeblich sind insbesondere dessen Wissensstand über Anlagegeschäfte der vorgesehenen Art und dessen Risikobereitschaft. Zudem hat sich die Beratung danach auszurichten, welches Anlageziel der Kunde verfolgt (std. Rspr., vgl. BGH Urt. v. 06.07.1993, XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126). Der angebotene Ladder-Swap entsprach weder dem Wissensstand der Klägerin über derartige Anlagegeschäfte (aa.) noch ihrem Anlageziel (bb.).
140 
aa. Wissensstand
141 
Die synthetisch und unter Anwendung von Risikomodellen konstruierten Swap-Verträge lassen sich bezüglich ihres Options-Charakters und ihrer Risikostruktur nur mit geeigneten Risikomodellen zutreffend erfassen und bewerten. Auf die - von der Beklagten irreführend in den Vordergrund gestellte - Zinsmeinung des Anlegers kommt es nur partiell an. Der Anleger benötigt ein vertieftes statistisches Wissen und die notwendigen Werkzeuge (Berechnungsmethoden), um die nicht transparenten Risiken des Produkts zu verstehen. Über diese muss er entweder selbst verfügen oder sie jedenfalls - über Dritte - verfügbar haben. Ohne das Wissen und die Berechnungsmethoden ist der Anleger auch während der Laufzeit des Vertrages nicht in der Lage, angemessen auf geänderte Gegebenheiten zu reagieren und beispielsweise durch die Ausübung der vertraglichen Kündigungsrechte Verluste zu begrenzen oder Gewinne mitzunehmen. Zum Beispiel kann er nicht den sich ändernden Marktwert errechnen und dies zur Grundlage seiner Entscheidungen machen. Dies wäre aber erforderlich gewesen, zumal die Beklagte selbst einräumt, dass sie - entgegen den restriktiven Vertragsbedingungen - auch zur vorzeitigen Auflösung der Verträge entsprechend den Marktgepflogenheiten und unabhängig von den vertraglichen Kündigungsrechten bereit gewesen wäre. Die bestehende Wissensasymmetrie zwischen den Parteien war so offenkundig, dass die Beklagte davor nicht die Augen verschließen durfte.
142 
bb. Anlageziel
143 
Der Ladder-Swap entsprach ersichtlich nicht dem Anlageziel der Klägerin und hätte ihr daher nicht (schon gar nicht unaufgefordert) angeboten werden dürfen. Unstreitig wandte sich die Beklagte als Hausbank an die Klägerin im Zusammenhang mit der bevorstehenden Erhöhung der Avalzinsen. In dem Strategiepapier vom 03.02.2005 (Anlage B18) definiert sie das Anlageziel. Sie verweist auf einen bestehenden Finanzierungsbedarf und stellt das Interesse der Klägerin zur Reduktion der damit einhergehenden Zinsbelastung in den Vordergrund. Im Übrigen ist es das selbstverständliche Ziel eines jeden Gewerbetreibenden, nicht nur der Banken, mit ihren Geschäften Gewinne zu erzielen.
144 
Mit diesem Anlageziel vertrug sich ersichtlich kein Swap-Vertrag, bei dem wegen des von der Beklagten für sich einkalkulierten Gewinns mit einem identischen Verlust in dieser Höhe zu rechnen war. Bei einem einkalkulierten Gewinn in Höhe von 3% bis 5% bei einem Basiswert von 5 Mio Euro war somit ein Verlust der Klägerin in Höhe von 150.000,00 Euro bis 250.000,00 Euro wahrscheinlich.
145 
Hiergegen lässt sich nicht einwenden, die Entwicklung des Basiszinssatzes (3-Monats-EURIBOR) sei für niemanden vorhersehbar. Dieses Argument ist nur in der Laiensphäre richtig, verfehlt aber den Charakter des Swap-Vertrages. Dieser ist ein synthetisches, von der Bank selbst unter Anwendung von Wahrscheinlichkeitsmodellen konstruiertes Zinsderivat. Die Ergebnisse der Berechnungsmethoden sind nicht vollkommen belanglos, sondern die Grundlage für eine Vielzahl von wirtschaftlich weit reichenden Entscheidungen im Finanzsektor. Die Methoden und Ergebnisse sind gesetzlich vorgeschriebener Bestandteil des Risikomanagements (vgl. § 25a KWG, §§ 17, 21 Nr. 1, 312ff. SolvV). Die Bedeutung der Aussagen der Risikomodelle für die professionelle Beurteilung von Finanzinstrumenten muss daher in die Anlageberatung einfließen und ist ein entscheidendes Kriterium für die Frage, ob ein Produkt zum Anlageziel des Kunden passt. Die Beklagte legt auch nicht dar, dass sie auf Grund anderer Erkenntnisse und entgegen den Ergebnissen der eigenen Berechnungsmethoden von einer Gewinnwahrscheinlichkeit zu Gunsten der Klägerin ausgegangen ist. Im Gegenteil vertraut sie selbst der Aussagekraft ihrer Modelle so sehr, dass sie darauf ihre Gewinnerwartungen, aber auch ihre Risiken (vgl. § 25a KWG) berechnet.
146 
Das im Zusammenhang mit der Frage der Aufklärung über den negativen Marktwert angeführte Argument, der Kunde rechne mit der Gewinnerzielungsabsicht seiner Bank, weshalb die Bank über die Höhe nicht aufklären müsse, führt hier nicht weiter. Bei der anlegergerechten Beratung kommt es ausschließlich darauf an, ob ein Produkt zum Anlageziel des Kunden passt. Ist das nicht der Fall, darf der Berater das Produkt dem Kunden bereits überhaupt nicht anbieten (BGH Urt. v. 14.07.2009, XI ZR 152/08, Rn. 51) und den Versuch unternehmen, dennoch damit Geld zu verdienen. Im vorliegenden Fall war der Ladder-Swap ein voraussichtliches Verlustgeschäft. Einen solchen Vertrag durfte die Beklagte nicht anbieten. Mit ihrem Verhalten verstieß sie gleichzeitig gegen die Pflicht gem. § 31 Abs. 1 Nr. 1 WpHG a.F., ihre Beratungsleistung im Interesse ihres Kunden zu erbringen. Denn schließlich war auch der Bank bekannt, dass ihre Kunden ausschließlich mit Gewinnerzielungsabsicht handeln.
147 
d. Fehlerhafte Empfehlung
148 
Der Berater schuldet seinem Kunden eine - ex ante betrachtet - vertretbare Empfehlung. Die Beklagte hat im Strategiepapier vom 3. Februar 2005 (Anlage B18) einen "Strategievorschlag" zum Abschluss des Ladder-Swaps, mithin eine Empfehlung abgegeben. Die Empfehlung eines Swap-Vertrages zur "Zinsoptimierung", der nach den anerkannten Berechnungsmethoden ein Verlustgeschäft enthält, ist nicht vertretbar.
149 
e. Verschulden
150 
Das Verschulden der Beklagten ist offensichtlich. Sie hatte Kenntnis von der im Vertrag einstrukturierten Gewinnmarge, die nur durch einen entsprechenden Verlust der Klägerin erzielt werden konnte und daher einen gleichzeitigen Vorteil der Klägerin aus dem Vertrag ausschloss. Sie konnte auch erkennen, dass die Klägerin mangels eigener Werkzeuge die Verlustgefahr des Vertrages nicht erkennen konnte. Der Beklagten musste gleichzeitig bewusst sein, dass der Begriff der "Zinsoptimierung" und die Herausstellung der Marktwerterwartung (kein steiler Anstieg des 3-Monats-EURIBOR) zudem geeignet waren, von den wahren Risiken des Vertrages und seiner komplexen Risikostruktur abzulenken. Da sie unstreitig mit dem Vertrag auf Kosten der Klägerin Gewinn erzielen wollte, handelte sie vorsätzlich. Wie sehr sich die Klägerin über das Verhalten der Beklagten empört hat, lässt sich daran erkennen, dass sie den Tatbestand des Betrugs gem. § 263 StGB erfüllt sieht.
151 
f. Kausalität
152 
Zu Gunsten der Klägerin greift die Vermutung des aufklärungsrichtigen Verhaltens. Sie drängt sich im vorliegenden Fall geradezu auf. Es ist nicht anzunehmen, dass ein wirtschaftlich rational handelnder Geschäftsführer den Ladder-Swap abgeschlossen hätte, wenn ihm offenbart worden wäre, dass nach den anerkannten Wahrscheinlichkeitsmodellen die Zinsoptimierungsstrategie scheitern und zu einem Verlust in Höhe des Gewinns der Beklagten führen wird.
153 
g. Schaden
154 
Die Schadenshöhe ist betragsmäßig unstreitig und besteht in den von der Klägerin geleisteten Zahlungen nach Abzug der von der Beklagten erhaltenen Zahlungen. Auch der Feststellungsantrag ist begründet, da eine Steuerbelastung der Klägerin auf Grund der anstehenden Schadensersatzleistung der Beklagten nicht ausgeschlossen ist. Insofern ist zu beachten, dass die Klägerin eine GmbH ist. Kapitalgesellschaften verfügen steuerrechtlich gesehen über keine außerbetriebliche Sphäre (vgl. BFH, Beschl. v. 20.11.2007, I R 54/05), so dass grundsätzlich alle Einnahmen, auch Schadensersatzleistungen Dritter, der Steuer unterliegen. Demgegenüber konnte die Klägerin ihre Verluste aus dem Geschäft wegen § 15 Abs. 4 S. 3 EStG nicht steuerlich geltend machen. Diese Frage bedarf im Rahmen des Feststellungsantrags jedoch keiner abschließenden Klärung.
155 
h. Mitverschulden
156 
Ein gem. § 254 BGB zu berücksichtigendes Mitverschulden der Klägerin liegt nicht vor. Grundsätzlich darf ein Anleger dem Rat seines Beraters vertrauen, ohne dass ihm ein Vorwurf daraus gemacht werden kann (BGH Urt. v. 13.01.2004, XI ZR 355/02). Zwar sind unter Umständen von diesem Grundsatz Ausnahmen zu machen, wenn ein Berater erkennbar für die Kapitalsucherseite handelt (vgl. BGH Urt. v. 25.11.1981, IVa ZR 286/80). Gegen die Berücksichtigung eines Mitverschuldens spricht jedoch die Vorgehensweise der Beklagten. Sie hat als Hausbank ein hohes Maß an Vertrauen in Anspruch genommen. Die Klägerin musste nicht ihr Wissensdefizit bezüglich der komplexen Risikostruktur erkennen. Dies gilt umso mehr, als eine Großbank wie die Beklagte als seriöses Institut wahrgenommen wird, das sich für die Interessen ihrer Kunden einsetzt und über eine hohe Erfahrung auf dem Finanzsektor verfügt. Für die Klägerin bestand überhaupt kein Anlass für die Annahme, sie müsse die Chancen des Swap-Vertrages nach anderen Kriterien als allein der Zinsmeinung bezüglich eines geringen Anstiegs des 3-Monats-EURIBOR beurteilen. Noch weniger musste sie damit rechnen, dass die Beklagte ihr ein "Zinsoptimierungsgeschäft" anbietet, das lediglich den Zweck hatte, einen Gewinn der Beklagten zu generieren. Demgegenüber war der Hinweis der Beklagten auf das theoretisch unbegrenzte Verlustrisiko ungeeignet, um der Klägerin die tatsächlichen Risiken und die einstrukturierten Wahrscheinlichkeiten vor Augen zu führen.
157 
3. Schadensersatz im Zusammenhang mit dem CMS-Spread-Sammler-Swap
158 
Die Beklagte hat bezüglich des CMS Spread Sammler Swap ihre Beratungspflichten schuldhaft verletzt, so dass sie der Klägerin zu Schadensersatz verpflichtet ist. Auch der CMS Spread Sammler Swap war ein komplexes Finanzinstrument mit verschiedenen Optionen.
159 
- Er stellte nicht auf einen Interbanken-Zinssatz ab, sondern auf die Differenz (Spread) zwischen zwei Interbankenzinssätze (10-Jahres-Swapsatz und 2-Jahres-Swapsatz). Hierzu hätte die Klägerin in der Lage sein müssen, sich eine Meinung bezüglich der Faktoren bilden zu können, die das Verhältnis dieser beiden Zinssätze zueinander beeinflussen.
160 
- Der Vertrag hatte eine fünfjährige Laufzeit mit 10 halbjährlichen Zinsfeststellungsterminen. Eine Zinsmeinung hätte sich daher auf sämtliche Termine und die Korrelation der verschiedenen Faktoren beziehen müssen.
161 
- Es kam nicht auf die Höhe des Spreads an, sondern auf die verhältnismäßig geringe Häufigkeit, mit der der Spread eine Schwelle pro Periode unterschritt. Hierzu hätte die Klägerin in der Lage sein müssen, sich eine Meinung über dieses Kriterium bezogen auf die 10 Perioden bilden zu können.
162 
- Der Vertragszinssatz der Klägerin leitete sich nicht unmittelbar aus einer Zinskurve ab, sondern wurde aus der Häufigkeitsquote des Unterschreitens, multipliziert mit einem Festzinssatz zuzüglich eines weiteren Festzinssatzes vom 2,00% ermittelt.
163 
- Die Festlegung der Schwelle durch die Beklagte enthielt bereits bezüglich ihrer Angemessenheit ein erhebliches Risiko.
164 
- Die Beklagte hatte ein Recht zur vorzeitigen Beendigung ohne Ausgleichszahlung zu jedem Zinszahlungstermin nach einem Jahr. Hierdurch bestand für die Klägerin die Gefahr, dass sie Verluste durch den späteren Verlauf des Vertrages nicht mehr würde kompensieren können.
165 
- Das Beendigungsrecht der Klägerin gegen Ausgleichszahlung galt erst ab dem 3. Jahr und war nur jährlich möglich (Stillhalterrisiko).
166 
Die Beklagte hat es unterlassen, die Klägerin auf den besonderen synthetischen Charakter des Produkts hinzuweisen, der eine Risikoabschätzung nur mittels anerkannter Berechnungsmodelle erlaubt. Über die einstrukturierten überwiegenden Verlustrisiken, erkennbar an dem negativen Marktwert, wurde ebenfalls nicht aufgeklärt. Vor dem Hintergrund der einstrukturierten Gewinnmarge war die Beratung nicht anlegergerecht und die Empfehlung nicht vertretbar und fehlerhaft. Insofern gilt das Gleiche wie für den Ladder-Swap.
167 
Darüber hinaus war die Beratung auch aus weiteren Gründen nicht objektgerecht. Im Zuge der objektgerechten Beratung war die Beklagte verpflichtet, der Klägerin diejenigen Eigenschaften und Risiken mitzuteilen, die für die Anlageentscheidung von wesentlicher Bedeutung sein konnten. Dabei ist zwischen den allgemeinen Risiken (Konjunkturlage, Entwicklung des Börsenmarktes) und den speziellen Risiken zu unterscheiden, die sich aus den individuellen Gegebenheiten des Anlageobjekts (Kurs-, Zins- und Währungsrisiko) ergeben.
168 
Diese Pflicht hat die Beklagte verletzt, indem sie die konkreten das Risiko beeinflussenden Faktoren nicht dargestellt und missverständlich die Höhe des Spreads als entscheidenden Faktor in den Vordergrund gestellt hat. Im Strategiepapier vom 13.05.2005 (Anlage K6) und in der Präsentation wurde darauf abgestellt, dass die Klägerin nicht mit einer Verringerung der Differenz (Spread) zwischen dem 10-Jahres- und dem 2-Jahres-Swapsatz rechne. Bei dem vorliegenden CMS-Swap kommt es hingegen nicht auf die Höhe des Spreads zur unmittelbaren Berechnung des Vertragszinses an, sondern auf die Häufigkeit , mit der der Spread eine vertraglich vereinbarte Schwelle unterschreitet. Die Häufigkeit der Unterschreitung pro Periode bildet die Quote für den Vertragszinssatz der Klägerin. Zwar weist die Beklagte in ihrem Strategiepapier vom 31.10.2005 (Anlage K18) darauf hin, dass der Swap nachteilig für die Klägerin wird, wenn in einer Periode (120 Banktage) der Schwellenwert an 12 Banktagen unterschritten wird. Auch hat sie in ihrer Präsentation des Swaps vom 13.05.2005 (Anlage K5, S. 10) ein Histogramm der CMS Spreads der letzten 10 Jahre dargestellt und als Beispiel darauf hingewiesen, dass an 23 von 2621 Beobachtungstagen der Spread zwischen 0,30% und 0,40% gelegen hat. Das entspricht einer Quote von 1,05 von 120 Tagen. (Dabei hat die Beklagte ihre eigene Tabelle falsch abgelesen, weil diese Quote den Spread zwischen 0,4% und 0,5% betraf.)
169 
Damit hat die Beklagte das Risiko durch die Bezugnahme auf nicht maßgebliche Daten sowie eine zu unscharfe Beschreibung des Erfolgs- bzw. Risikoszenarios verharmlost. Die Beklagte hätte angeben müssen, mit welcher Häufigkeit der vertraglich vorgesehene Schwellenwert von zunächst 0,82% (Anlage K7) und später 0,735% (Anlage K10) in der Vergangenheit unterschritten wurde. Die Darstellung der Unterschreitung eines Schwellenwertes von 0,5% an umgerechnet 1,05 Tagen von 120 Banktagen gibt nicht genügend Anhaltspunkte und das Histogramm ist zu unscharf, um daraus selbständig Werte abzulesen. Die Beklagte hätte die Angaben anhand des verfügbaren Datenmaterials ohne Weiteres machen können. Diese Angabe war jedoch zu einer ersten groben Einschätzung des Risikos erforderlich, auch wenn historische Daten nur eine begrenzte Aussagekraft für die Zukunft haben. Zu dem verharmlosenden Verweis auf die falschen Werte hat die Beklagte missverständlich die Höhe des Spreads als Entscheidungskriterium in ihrem Strategiepapier und ihren Präsentationsfolien betont. Dabei stellte sie vollkommen konturlos auf eine "nicht deutliche" Verringerung der Differenz zwischen dem 10-Jahres- und dem 2-Jahres-EUR-Swapsatz ab. Zum Zeitpunkt der Produktpräsentation am 13.05.2005 lagen ausweislich des Strategiepapiers der Spread in Höhe von 1,11% und der angebotene Schwellenwert von 0,85% nur um 0,26 Prozentpunkte auseinander. Durch den unscharfen Begriff verstellt sich der Blick auf die hoch präzise Kalkulation des Vertrages nach Wahrscheinlichkeitsmodellen. Dem Anleger wird vermittelt, er könne sich bezüglich minimaler Veränderungen in der Differenz zweier Interbanken-Zinssätze bei einem Spielraum von 0,26 Prozentpunkten eine Meinung bilden. Bereits dies ist ihm nicht möglich, weil ihm in der Regel nicht die Faktoren bekannt sein dürften, die nicht einen einzelnen Zinssatz, sondern das Verhältnis zwischen zwei verschiedenen Zinssätzen (Zinsstrukturkurve) beeinflusst. Auch die Zeugin Glenk gab bei ihrer Vernehmung an nicht zu wissen, ob sie die Klägerin über die Faktoren, die den Spread beeinflussen können, aufgeklärt habe.
170 
Zudem wird dem Risiko der Volatilität des Spreads nicht die erforderliche Beachtung geschenkt. Denn die absolute oder durchschnittliche Höhe des Spreads war nach der Zinsformel für den Vertragszins ohne Relevanz. So bringt es die Formel mit sich, dass selbst ein durchschnittlich knapp über dem Schwellenwert liegender Spread pro Periode öfter als zwölfmal die Schwelle unterschreitet. Entscheidend war also zusätzlich, wie hoch neben dem erwarteten durchschnittlichen Spread die Abweichungen von diesem sein konnten.
171 
Auch die Restrukturierung des Swap im Oktober/November 2005 belegt die Grenze der menschlichen Fähigkeit, die Risiken abzuschätzen. Die Beklagte war in der Lage, den neuen Schwellenwert ohne nähere Begründung festzulegen. Die Klägerin war zu einer Überprüfung der Angemessenheit der Höhe des Schwellenwertes ersichtlich nicht in der Lage. Noch weniger wird sie in der Lage gewesen sein, anhand einer noch so dezidierten Zinsmeinung oder Erfahrung mit dem Kapitalmarkt die Auswirkung der Herabsenkung des Schwellenwertes von 0,82% auf 0,735% um lediglich 0,085 Prozentpunkte nachzuvollziehen und dessen Risikopotential abzuschätzen. Sie war bei der Vertragsgestaltung der finanzmathematisch überlegenen Beklagten ausgeliefert.
172 
Zu Verschulden, Kausalität, Schaden und Mitverschulden gilt das beim Ladder-Swap Ausgeführte. Soweit bei der Klägerin bezüglich der Ausgleichszahlung der Schaden in Höhe von 136.000 Euro mangels Zahlung noch nicht entstanden ist, kann sie von der Beklagten Freistellung verlangen.
III.
173 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
174 
Die Revision war nicht gem. § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen, weil die Entscheidung auch auf den Umständen des Einzelfalls, insbesondere bezüglich der konkret fehlerhaften Aufklärung (Stichwort: Volatilität) in den Beratungsunterlagen und -gesprächen beruht.

(1) Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören

1.
Gewinnanteile (Dividenden) und sonstige Bezüge aus Aktien, Genussrechten, mit denen das Recht am Gewinn und Liquidationserlös einer Kapitalgesellschaft verbunden ist, aus Anteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung, an Genossenschaften sowie an einer optierenden Gesellschaft im Sinne des § 1a des Körperschaftsteuergesetzes.2Zu den sonstigen Bezügen gehören auch verdeckte Gewinnausschüttungen.3Die Bezüge gehören nicht zu den Einnahmen, soweit sie aus Ausschüttungen einer Körperschaft stammen, für die Beträge aus dem steuerlichen Einlagekonto im Sinne des § 27 des Körperschaftsteuergesetzes als verwendet gelten.4Als sonstige Bezüge gelten auch Einnahmen, die anstelle der Bezüge im Sinne des Satzes 1 von einem anderen als dem Anteilseigner nach Absatz 5 bezogen werden, wenn die Aktien mit Dividendenberechtigung erworben, aber ohne Dividendenanspruch geliefert werden;
2.
Bezüge, die nach der Auflösung einer Körperschaft oder Personenvereinigung im Sinne der Nummer 1 anfallen und die nicht in der Rückzahlung von Nennkapital bestehen; Nummer 1 Satz 3 gilt entsprechend.2Gleiches gilt für Bezüge, die auf Grund einer Kapitalherabsetzung oder nach der Auflösung einer unbeschränkt steuerpflichtigen Körperschaft oder Personenvereinigung im Sinne der Nummer 1 anfallen und die als Gewinnausschüttung im Sinne des § 28 Absatz 2 Satz 2 und 4 des Körperschaftsteuergesetzes gelten;
3.
Investmenterträge nach § 16 des Investmentsteuergesetzes;
3a.
Spezial-Investmenterträge nach § 34 des Investmentsteuergesetzes;
4.
Einnahmen aus der Beteiligung an einem Handelsgewerbe als stiller Gesellschafter und aus partiarischen Darlehen, es sei denn, dass der Gesellschafter oder Darlehensgeber als Mitunternehmer anzusehen ist.2Auf Anteile des stillen Gesellschafters am Verlust des Betriebes sind § 15 Absatz 4 Satz 6 bis 8 und § 15a sinngemäß anzuwenden;
5.
Zinsen aus Hypotheken und Grundschulden und Renten aus Rentenschulden.2Bei Tilgungshypotheken und Tilgungsgrundschulden ist nur der Teil der Zahlungen anzusetzen, der als Zins auf den jeweiligen Kapitalrest entfällt;
6.
der Unterschiedsbetrag zwischen der Versicherungsleistung und der Summe der auf sie entrichteten Beiträge (Erträge) im Erlebensfall oder bei Rückkauf des Vertrags bei Rentenversicherungen mit Kapitalwahlrecht, soweit nicht die lebenslange Rentenzahlung gewählt und erbracht wird, und bei Kapitalversicherungen mit Sparanteil, wenn der Vertrag nach dem 31. Dezember 2004 abgeschlossen worden ist.2Wird die Versicherungsleistung nach Vollendung des 60. Lebensjahres des Steuerpflichtigen und nach Ablauf von zwölf Jahren seit dem Vertragsabschluss ausgezahlt, ist die Hälfte des Unterschiedsbetrags anzusetzen.3Bei entgeltlichem Erwerb des Anspruchs auf die Versicherungsleistung treten die Anschaffungskosten an die Stelle der vor dem Erwerb entrichteten Beiträge.4Die Sätze 1 bis 3 sind auf Erträge aus fondsgebundenen Lebensversicherungen, auf Erträge im Erlebensfall bei Rentenversicherungen ohne Kapitalwahlrecht, soweit keine lebenslange Rentenzahlung vereinbart und erbracht wird, und auf Erträge bei Rückkauf des Vertrages bei Rentenversicherungen ohne Kapitalwahlrecht entsprechend anzuwenden.5Ist in einem Versicherungsvertrag eine gesonderte Verwaltung von speziell für diesen Vertrag zusammengestellten Kapitalanlagen vereinbart, die nicht auf öffentlich vertriebene Investmentfondsanteile oder Anlagen, die die Entwicklung eines veröffentlichten Indexes abbilden, beschränkt ist, und kann der wirtschaftlich Berechtigte unmittelbar oder mittelbar über die Veräußerung der Vermögensgegenstände und die Wiederanlage der Erlöse bestimmen (vermögensverwaltender Versicherungsvertrag), sind die dem Versicherungsunternehmen zufließenden Erträge dem wirtschaftlich Berechtigten aus dem Versicherungsvertrag zuzurechnen; Sätze 1 bis 4 sind nicht anzuwenden.6Satz 2 ist nicht anzuwenden, wenn
a)
in einem Kapitallebensversicherungsvertrag mit vereinbarter laufender Beitragszahlung in mindestens gleichbleibender Höhe bis zum Zeitpunkt des Erlebensfalls die vereinbarte Leistung bei Eintritt des versicherten Risikos weniger als 50 Prozent der Summe der für die gesamte Vertragsdauer zu zahlenden Beiträge beträgt und
b)
bei einem Kapitallebensversicherungsvertrag die vereinbarte Leistung bei Eintritt des versicherten Risikos das Deckungskapital oder den Zeitwert der Versicherung spätestens fünf Jahre nach Vertragsabschluss nicht um mindestens 10 Prozent des Deckungskapitals, des Zeitwerts oder der Summe der gezahlten Beiträge übersteigt.2Dieser Prozentsatz darf bis zum Ende der Vertragslaufzeit in jährlich gleichen Schritten auf Null sinken.
7Hat der Steuerpflichtige Ansprüche aus einem von einer anderen Person abgeschlossenen Vertrag entgeltlich erworben, gehört zu den Einkünften aus Kapitalvermögen auch der Unterschiedsbetrag zwischen der Versicherungsleistung bei Eintritt eines versicherten Risikos und den Aufwendungen für den Erwerb und Erhalt des Versicherungsanspruches; insoweit findet Satz 2 keine Anwendung.8Satz 7 gilt nicht, wenn die versicherte Person den Versicherungsanspruch von einem Dritten erwirbt oder aus anderen Rechtsverhältnissen entstandene Abfindungs- und Ausgleichsansprüche arbeitsrechtlicher, erbrechtlicher oder familienrechtlicher Art durch Übertragung von Ansprüchen aus Versicherungsverträgen erfüllt werden.9Bei fondsgebundenen Lebensversicherungen sind 15 Prozent des Unterschiedsbetrages steuerfrei oder dürfen nicht bei der Ermittlung der Einkünfte abgezogen werden, soweit der Unterschiedsbetrag aus Investmenterträgen stammt;
7.
Erträge aus sonstigen Kapitalforderungen jeder Art, wenn die Rückzahlung des Kapitalvermögens oder ein Entgelt für die Überlassung des Kapitalvermögens zur Nutzung zugesagt oder geleistet worden ist, auch wenn die Höhe der Rückzahlung oder des Entgelts von einem ungewissen Ereignis abhängt.2Dies gilt unabhängig von der Bezeichnung und der zivilrechtlichen Ausgestaltung der Kapitalanlage.3Erstattungszinsen im Sinne des § 233a der Abgabenordnung sind Erträge im Sinne des Satzes 1;
8.
Diskontbeträge von Wechseln und Anweisungen einschließlich der Schatzwechsel;
9.
Einnahmen aus Leistungen einer nicht von der Körperschaftsteuer befreiten Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 des Körperschaftsteuergesetzes, die Gewinnausschüttungen im Sinne der Nummer 1 wirtschaftlich vergleichbar sind, soweit sie nicht bereits zu den Einnahmen im Sinne der Nummer 1 gehören; Nummer 1 Satz 2, 3 und Nummer 2 gelten entsprechend.2Satz 1 ist auf Leistungen von vergleichbaren Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen, die weder Sitz noch Geschäftsleitung im Inland haben, entsprechend anzuwenden;
10.
a)
Leistungen eines nicht von der Körperschaftsteuer befreiten Betriebs gewerblicher Art im Sinne des § 4 des Körperschaftsteuergesetzes mit eigener Rechtspersönlichkeit, die zu mit Gewinnausschüttungen im Sinne der Nummer 1 Satz 1 wirtschaftlich vergleichbaren Einnahmen führen; Nummer 1 Satz 2, 3 und Nummer 2 gelten entsprechend;
b)
der nicht den Rücklagen zugeführte Gewinn und verdeckte Gewinnausschüttungen eines nicht von der Körperschaftsteuer befreiten Betriebs gewerblicher Art im Sinne des § 4 des Körperschaftsteuergesetzes ohne eigene Rechtspersönlichkeit, der den Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt oder Umsätze einschließlich der steuerfreien Umsätze, ausgenommen die Umsätze nach § 4 Nummer 8 bis 10 des Umsatzsteuergesetzes, von mehr als 350 000 Euro im Kalenderjahr oder einen Gewinn von mehr als 30 000 Euro im Wirtschaftsjahr hat, sowie der Gewinn im Sinne des § 22 Absatz 4 des Umwandlungssteuergesetzes.2Die Auflösung der Rücklagen zu Zwecken außerhalb des Betriebs gewerblicher Art führt zu einem Gewinn im Sinne des Satzes 1; in Fällen der Einbringung nach dem Sechsten und des Formwechsels nach dem Achten Teil des Umwandlungssteuergesetzes gelten die Rücklagen als aufgelöst.3Bei dem Geschäft der Veranstaltung von Werbesendungen der inländischen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten gelten drei Viertel des Einkommens im Sinne des § 8 Absatz 1 Satz 3 des Körperschaftsteuergesetzes als Gewinn im Sinne des Satzes 1.4Die Sätze 1 und 2 sind bei wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben der von der Körperschaftsteuer befreiten Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen entsprechend anzuwenden.5Nummer 1 Satz 3 gilt entsprechend.6Satz 1 in der am 12. Dezember 2006 geltenden Fassung ist für Anteile, die einbringungsgeboren im Sinne des § 21 des Umwandlungssteuergesetzes in der am 12. Dezember 2006 geltenden Fassung sind, weiter anzuwenden;
11.
Stillhalterprämien, die für die Einräumung von Optionen vereinnahmt werden; schließt der Stillhalter ein Glattstellungsgeschäft ab, mindern sich die Einnahmen aus den Stillhalterprämien um die im Glattstellungsgeschäft gezahlten Prämien.

(2)1Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören auch

1.
der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Körperschaft im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1.2Anteile an einer Körperschaft sind auch Genussrechte im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, den Anteilen im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 ähnliche Beteiligungen und Anwartschaften auf Anteile im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1;
2.
der Gewinn aus der Veräußerung
a)
von Dividendenscheinen und sonstigen Ansprüchen durch den Inhaber des Stammrechts, wenn die dazugehörigen Aktien oder sonstigen Anteile nicht mitveräußert werden.2Soweit eine Besteuerung nach Satz 1 erfolgt ist, tritt diese insoweit an die Stelle der Besteuerung nach Absatz 1;
b)
von Zinsscheinen und Zinsforderungen durch den Inhaber oder ehemaligen Inhaber der Schuldverschreibung, wenn die dazugehörigen Schuldverschreibungen nicht mitveräußert werden.2Entsprechendes gilt für die Einlösung von Zinsscheinen und Zinsforderungen durch den ehemaligen Inhaber der Schuldverschreibung.
2Satz 1 gilt sinngemäß für die Einnahmen aus der Abtretung von Dividenden- oder Zinsansprüchen oder sonstigen Ansprüchen im Sinne des Satzes 1, wenn die dazugehörigen Anteilsrechte oder Schuldverschreibungen nicht in einzelnen Wertpapieren verbrieft sind.3Satz 2 gilt auch bei der Abtretung von Zinsansprüchen aus Schuldbuchforderungen, die in ein öffentliches Schuldbuch eingetragen sind;
3.
der Gewinn
a)
bei Termingeschäften, durch die der Steuerpflichtige einen Differenzausgleich oder einen durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmten Geldbetrag oder Vorteil erlangt;
b)
aus der Veräußerung eines als Termingeschäft ausgestalteten Finanzinstruments;
4.
der Gewinn aus der Veräußerung von Wirtschaftsgütern, die Erträge im Sinne des Absatzes 1 Nummer 4 erzielen;
5.
der Gewinn aus der Übertragung von Rechten im Sinne des Absatzes 1 Nummer 5;
6.
der Gewinn aus der Veräußerung von Ansprüchen auf eine Versicherungsleistung im Sinne des Absatzes 1 Nummer 6.2Das Versicherungsunternehmen hat nach Kenntniserlangung von einer Veräußerung unverzüglich Mitteilung an das für den Steuerpflichtigen zuständige Finanzamt zu machen und auf Verlangen des Steuerpflichtigen eine Bescheinigung über die Höhe der entrichteten Beiträge im Zeitpunkt der Veräußerung zu erteilen;
7.
der Gewinn aus der Veräußerung von sonstigen Kapitalforderungen jeder Art im Sinne des Absatzes 1 Nummer 7;
8.
der Gewinn aus der Übertragung oder Aufgabe einer die Einnahmen im Sinne des Absatzes 1 Nummer 9 vermittelnden Rechtsposition.
2Als Veräußerung im Sinne des Satzes 1 gilt auch die Einlösung, Rückzahlung, Abtretung oder verdeckte Einlage in eine Kapitalgesellschaft; in den Fällen von Satz 1 Nummer 4 gilt auch die Vereinnahmung eines Auseinandersetzungsguthabens als Veräußerung.3Die Anschaffung oder Veräußerung einer unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligung an einer Personengesellschaft gilt als Anschaffung oder Veräußerung der anteiligen Wirtschaftsgüter.4Wird ein Zinsschein oder eine Zinsforderung vom Stammrecht abgetrennt, gilt dies als Veräußerung der Schuldverschreibung und als Anschaffung der durch die Trennung entstandenen Wirtschaftsgüter.5Eine Trennung gilt als vollzogen, wenn dem Inhaber der Schuldverschreibung die Wertpapierkennnummern für die durch die Trennung entstandenen Wirtschaftsgüter zugehen.

(3) Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören auch besondere Entgelte oder Vorteile, die neben den in den Absätzen 1 und 2 bezeichneten Einnahmen oder an deren Stelle gewährt werden.

(3a)1Korrekturen im Sinne des § 43a Absatz 3 Satz 7 sind erst zu dem dort genannten Zeitpunkt zu berücksichtigen.2Weist der Steuerpflichtige durch eine Bescheinigung der auszahlenden Stelle nach, dass sie die Korrektur nicht vorgenommen hat und auch nicht vornehmen wird, kann der Steuerpflichtige die Korrektur nach § 32d Absatz 4 und 6 geltend machen.

(4)1Gewinn im Sinne des Absatzes 2 ist der Unterschied zwischen den Einnahmen aus der Veräußerung nach Abzug der Aufwendungen, die im unmittelbaren sachlichen Zusammenhang mit dem Veräußerungsgeschäft stehen, und den Anschaffungskosten; bei nicht in Euro getätigten Geschäften sind die Einnahmen im Zeitpunkt der Veräußerung und die Anschaffungskosten im Zeitpunkt der Anschaffung in Euro umzurechnen.2In den Fällen der verdeckten Einlage tritt an die Stelle der Einnahmen aus der Veräußerung der Wirtschaftsgüter ihr gemeiner Wert; der Gewinn ist für das Kalenderjahr der verdeckten Einlage anzusetzen.3Ist ein Wirtschaftsgut im Sinne des Absatzes 2 in das Privatvermögen durch Entnahme oder Betriebsaufgabe überführt worden, tritt an die Stelle der Anschaffungskosten der nach § 6 Absatz 1 Nummer 4 oder § 16 Absatz 3 angesetzte Wert.4In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 6 gelten die entrichteten Beiträge im Sinne des Absatzes 1 Nummer 6 Satz 1 als Anschaffungskosten; ist ein entgeltlicher Erwerb vorausgegangen, gelten auch die nach dem Erwerb entrichteten Beiträge als Anschaffungskosten.5Gewinn bei einem Termingeschäft ist der Differenzausgleich oder der durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmte Geldbetrag oder Vorteil abzüglich der Aufwendungen, die im unmittelbaren sachlichen Zusammenhang mit dem Termingeschäft stehen.6Bei unentgeltlichem Erwerb sind dem Einzelrechtsnachfolger für Zwecke dieser Vorschrift die Anschaffung, die Überführung des Wirtschaftsguts in das Privatvermögen, der Erwerb eines Rechts aus Termingeschäften oder die Beiträge im Sinne des Absatzes 1 Nummer 6 Satz 1 durch den Rechtsvorgänger zuzurechnen.7Bei vertretbaren Wertpapieren, die einem Verwahrer zur Sammelverwahrung im Sinne des § 5 des Depotgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. Januar 1995 (BGBl. I S. 34), das zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 5. April 2004 (BGBl. I S. 502) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung anvertraut worden sind, ist zu unterstellen, dass die zuerst angeschafften Wertpapiere zuerst veräußert wurden.8Ist ein Zinsschein oder eine Zinsforderung vom Stammrecht abgetrennt worden, gilt als Veräußerungserlös der Schuldverschreibung deren gemeiner Wert zum Zeitpunkt der Trennung.9Für die Ermittlung der Anschaffungskosten ist der Wert nach Satz 8 entsprechend dem gemeinen Wert der neuen Wirtschaftsgüter aufzuteilen.

(4a)1Werden Anteile an einer Körperschaft, Vermögensmasse oder Personenvereinigung gegen Anteile an einer anderen Körperschaft, Vermögensmasse oder Personenvereinigung getauscht und wird der Tausch auf Grund gesellschaftsrechtlicher Maßnahmen vollzogen, die von den beteiligten Unternehmen ausgehen, treten abweichend von Absatz 2 Satz 1 und den §§ 13 und 21 des Umwandlungssteuergesetzes die übernommenen Anteile steuerlich an die Stelle der bisherigen Anteile, wenn das Recht der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich der Besteuerung des Gewinns aus der Veräußerung der erhaltenen Anteile nicht ausgeschlossen oder beschränkt ist oder die Mitgliedstaaten der Europäischen Union bei einer Verschmelzung Artikel 8 der Richtlinie 2009/133/EG des Rates vom 19. Oktober 2009 über das gemeinsame Steuersystem für Fusionen, Spaltungen, Abspaltungen, die Einbringung von Unternehmensteilen und den Austausch von Anteilen, die Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten betreffen, sowie für die Verlegung des Sitzes einer Europäischen Gesellschaft oder einer Europäischen Genossenschaft von einem Mitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat (ABl. L 310 vom 25.11.2009, S. 34) in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden haben; in diesem Fall ist der Gewinn aus einer späteren Veräußerung der erworbenen Anteile ungeachtet der Bestimmungen eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung in der gleichen Art und Weise zu besteuern, wie die Veräußerung der Anteile an der übertragenden Körperschaft zu besteuern wäre, und § 15 Absatz 1a Satz 2 entsprechend anzuwenden.2Erhält der Steuerpflichtige in den Fällen des Satzes 1 zusätzlich zu den Anteilen eine Gegenleistung, gilt diese als Ertrag im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1.3Besitzt bei sonstigen Kapitalforderungen im Sinne des Absatzes 1 Nummer 7 der Inhaber das Recht, bei Fälligkeit anstelle der Zahlung eines Geldbetrags vom Emittenten die Lieferung von Wertpapieren im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 zu verlangen oder besitzt der Emittent das Recht, bei Fälligkeit dem Inhaber anstelle der Zahlung eines Geldbetrags solche Wertpapiere anzudienen und macht der Inhaber der Forderung oder der Emittent von diesem Recht Gebrauch, ist abweichend von Absatz 4 Satz 1 das Entgelt für den Erwerb der Forderung als Veräußerungspreis der Forderung und als Anschaffungskosten der erhaltenen Wertpapiere anzusetzen; Satz 2 gilt entsprechend.4Werden Bezugsrechte veräußert oder ausgeübt, die nach § 186 des Aktiengesetzes, § 55 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung oder eines vergleichbaren ausländischen Rechts einen Anspruch auf Abschluss eines Zeichnungsvertrags begründen, wird der Teil der Anschaffungskosten der Altanteile, der auf das Bezugsrecht entfällt, bei der Ermittlung des Gewinns nach Absatz 4 Satz 1 mit 0 Euro angesetzt.5Werden einem Steuerpflichtigen von einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse, die weder Geschäftsleitung noch Sitz im Inland hat, Anteile zugeteilt, ohne dass der Steuerpflichtige eine Gegenleistung zu erbringen hat, sind sowohl der Ertrag als auch die Anschaffungskosten der erhaltenen Anteile mit 0 Euro anzusetzen, wenn die Voraussetzungen der Sätze 3, 4 und 7 nicht vorliegen; die Anschaffungskosten der die Zuteilung begründenden Anteile bleiben unverändert.6Soweit es auf die steuerliche Wirksamkeit einer Kapitalmaßnahme im Sinne der vorstehenden Sätze 1 bis 5 ankommt, ist auf den Zeitpunkt der Einbuchung in das Depot des Steuerpflichtigen abzustellen.7Geht Vermögen einer Körperschaft durch Abspaltung auf andere Körperschaften über, gelten abweichend von Satz 5 und § 15 des Umwandlungssteuergesetzes die Sätze 1 und 2 entsprechend.

(5)1Einkünfte aus Kapitalvermögen im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 und 2 erzielt der Anteilseigner.2Anteilseigner ist derjenige, dem nach § 39 der Abgabenordnung die Anteile an dem Kapitalvermögen im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 im Zeitpunkt des Gewinnverteilungsbeschlusses zuzurechnen sind.3Sind einem Nießbraucher oder Pfandgläubiger die Einnahmen im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 oder 2 zuzurechnen, gilt er als Anteilseigner.

(6)1Verluste aus Kapitalvermögen dürfen nicht mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden; sie dürfen auch nicht nach § 10d abgezogen werden.2Die Verluste mindern jedoch die Einkünfte, die der Steuerpflichtige in den folgenden Veranlagungszeiträumen aus Kapitalvermögen erzielt.3§ 10d Absatz 4 ist sinngemäß anzuwenden; im Fall von zusammenveranlagten Ehegatten erfolgt ein gemeinsamer Verlustausgleich vor der Verlustfeststellung.4Verluste aus Kapitalvermögen im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 Satz 1, die aus der Veräußerung von Aktien entstehen, dürfen nur mit Gewinnen aus Kapitalvermögen im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 Satz 1, die aus der Veräußerung von Aktien entstehen, ausgeglichen werden; die Sätze 2 und 3 gelten sinngemäß.5Verluste aus Kapitalvermögen im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 3 dürfen nur in Höhe von 20 000 Euro mit Gewinnen im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 3 und mit Einkünften im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 11 ausgeglichen werden; die Sätze 2 und 3 gelten sinngemäß mit der Maßgabe, dass nicht verrechnete Verluste je Folgejahr nur bis zur Höhe von 20 000 Euro mit Gewinnen im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 3 und mit Einkünften im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 11 verrechnet werden dürfen.6Verluste aus Kapitalvermögen aus der ganzen oder teilweisen Uneinbringlichkeit einer Kapitalforderung, aus der Ausbuchung wertloser Wirtschaftsgüter im Sinne des Absatzes 1, aus der Übertragung wertloser Wirtschaftsgüter im Sinne des Absatzes 1 auf einen Dritten oder aus einem sonstigen Ausfall von Wirtschaftsgütern im Sinne des Absatzes 1 dürfen nur in Höhe von 20 000 Euro mit Einkünften aus Kapitalvermögen ausgeglichen werden; die Sätze 2 und 3 gelten sinngemäß mit der Maßgabe, dass nicht verrechnete Verluste je Folgejahr nur bis zur Höhe von 20 000 Euro mit Einkünften aus Kapitalvermögen verrechnet werden dürfen.7Verluste aus Kapitalvermögen, die der Kapitalertragsteuer unterliegen, dürfen nur verrechnet werden oder mindern die Einkünfte, die der Steuerpflichtige in den folgenden Veranlagungszeiträumen aus Kapitalvermögen erzielt, wenn eine Bescheinigung im Sinne des § 43a Absatz 3 Satz 4 vorliegt.

(7)1§ 15b ist sinngemäß anzuwenden.2Ein vorgefertigtes Konzept im Sinne des § 15b Absatz 2 Satz 2 liegt auch vor, wenn die positiven Einkünfte nicht der tariflichen Einkommensteuer unterliegen.

(8)1Soweit Einkünfte der in den Absätzen 1, 2 und 3 bezeichneten Art zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb, aus selbständiger Arbeit oder aus Vermietung und Verpachtung gehören, sind sie diesen Einkünften zuzurechnen.2Absatz 4a findet insoweit keine Anwendung.

(9)1Bei der Ermittlung der Einkünfte aus Kapitalvermögen ist als Werbungskosten ein Betrag von 1 000 Euro abzuziehen (Sparer-Pauschbetrag); der Abzug der tatsächlichen Werbungskosten ist ausgeschlossen.2Ehegatten, die zusammen veranlagt werden, wird ein gemeinsamer Sparer-Pauschbetrag von 2 000 Euro gewährt.3Der gemeinsame Sparer-Pauschbetrag ist bei der Einkunftsermittlung bei jedem Ehegatten je zur Hälfte abzuziehen; sind die Kapitalerträge eines Ehegatten niedriger als 1 000 Euro, so ist der anteilige Sparer-Pauschbetrag insoweit, als er die Kapitalerträge dieses Ehegatten übersteigt, bei dem anderen Ehegatten abzuziehen.4Der Sparer-Pauschbetrag und der gemeinsame Sparer-Pauschbetrag dürfen nicht höher sein als die nach Maßgabe des Absatzes 6 verrechneten Kapitalerträge.

Das Bundesministerium der Finanzen kann durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, nähere Bestimmungen erlassen über den Inhalt, die Art, die Sprache, den Umfang und die Form der Unterrichtung nach Artikel 4a Absatz 1 Unterabsatz 2 Buchstabe a oder nach Artikel 10 Absatz 1 Unterabsatz 2 Buchstabe a sowie der Nachweise nach Artikel 4a Absatz 2 Unterabsatz 1 oder nach Artikel 10 Absatz 2 Unterabsatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012. Das Bundesministerium der Finanzen kann die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Bundesanstalt übertragen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 56/05 Verkündet am:
19. Dezember 2006
Weber,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
_____________________
BGB §§ 276 Hb, 676
Wenn eine Bank einen Kunden über Kapitalanlagen berät und Fondsanteile
empfiehlt, bei denen sie verdeckte Rückvergütungen aus den Ausgabeaufschlägen
und jährlichen Verwaltungsgebühren erhält, muss sie den Kunden
über diese Rückvergütungen aufklären, damit der Kunde beurteilen kann, ob
die Anlageempfehlung allein im Kundeninteresse nach den Kriterien anlegerund
objektgerechter Beratung erfolgt ist, oder im Interesse der Bank, möglichst
hohe Rückvergütungen zu erhalten.
BGH, Urteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05 - OLG München
LG München I
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 19. Dezember 2006 durch den Vorsitzenden Richter
Nobbe, den Richter Dr. Joeres, die Richterin Mayen und die Richter
Dr. Ellenberger und Prof. Dr. Schmitt

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 6. Oktober 2004 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger nimmt die beklagte Bank aus abgetretenem Recht der H. GmbH (im Folgenden: Zedentin) im Zusammenhang mit Wertpapiergeschäften in Anspruch.
2
Die Zedentin erwarb nach einem - inhaltlich im Einzelnen streitigen - Beratungsgespräch mit Mitarbeitern der Beklagten am 15. Februar 2000 zwischen dem 16. Februar und dem 14. Juni 2000 über die Beklag- te für 141.478,21 € Anteile an Aktienfonds und für 106.395,72 € Aktien. In den Wertpapierabrechnungen über die Fondsanteile sind nicht besonders ausgewiesene Ausgabeaufschläge zwischen 3% und 5% enthalten. Die Beklagte, die aus diesen Aufschlägen und den von den konzerneigenen Fonds erhobenen Verwaltungsgebühren Rückvergütungen erhält, gewährte der Zedentin insoweit Bonifikationen von zumeist 1%, in einem Falle von 2,5%. Über die Ausgabeaufschläge wurde die Zedentin informiert , nicht aber über die Rückvergütungen an die Beklagte.
3
Nach erheblichen Kursverlusten suchte der Geschäftsführer der Zedentin, der sich falsch beraten fühlte, am 8. August 2000 zusammen mit einem Rechtsanwalt die Beklagte auf. Der Inhalt des Gesprächs ist streitig. Nach Veräußerung eines Teils der Fondsanteile für 70.842,62 € und der Aktien für 54.908,60 € hat der Kläger am 13. August 2003 Klage eingereicht und unter Berücksichtigung erzielter Wertpapiererträge von 511,58 € die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 127.611,13 € zuzüglich Zinsen Zug um Zug gegen Übertragung der restlichen Wertpapiere beantragt.
4
Zur Begründung beruft er sich im Revisionsverfahren im Wesentlichen darauf, die Beklagte habe gegen ihre aus § 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG folgende Interessenwahrungspflicht verstoßen, weil sie nur Fonds von konzerneigenen Gesellschaften empfohlen habe. Außerdem habe sie vorsätzlich Rückvergütungen aus den Ausgabeaufschlägen und Verwaltungsgebühren der Fonds verschwiegen. Wenn er davon Kenntnis gehabt hätte, wäre er dem Anlagevorschlag der Beklagten, auch was die empfohlenen Aktien angehe, nicht gefolgt.
5
Beklagte Die hat eine Fehlberatung in Abrede gestellt und gemeint , über die Rückvergütungen nicht aufklären zu müssen. Außerdem hat sie die Einrede der Verjährung erhoben.
6
Diese hat das Landgericht als durchgreifend erachtet und die Klage abgewiesen. Die Berufung hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


7
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


8
Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:
9
Ansprüche der Zedentin gegen die Beklagte aufgrund des Beratungsgesprächs vom 15. Februar 2000 seien zum Zeitpunkt der Klageerhebung am 13. August 2003 gemäß § 37a WpHG verjährt gewesen. Die dreijährige Verjährungsfrist habe spätestens mit dem letzten Erwerbsakt vom 14. Juni 2000 zu laufen begonnen. Die Verjährung sei nicht gehemmt worden, weil Verhandlungen über die Schadensersatzpflicht nicht stattgefunden hätten.

10
Die nach § 37a WpHG eingetretene Verjährung ergreife auch mögliche konkurrierende deliktische Ansprüche aufgrund fahrlässiger Falschberatung aus § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 31 Abs. 2 WpHG und auch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 19 Abs. 1 KAGG wegen unterlassener Zurverfügungstellung eines Verkaufsprospektes.
11
Dem Kläger stehe auch kein Anspruch aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung gemäß §§ 826, 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 263 StGB gegen die Beklagte wegen des Verschweigens von Rückvergütungen aus den Ausgabeaufschlägen und Verwaltungsgebühren der Fonds zu. Eine Offenbarungspflicht hinsichtlich der Rückvergütungen habe für die Beklagte schon deshalb nicht bestanden, weil sie weder die Stellung eines unabhängigen Maklers noch diejenige eines unabhängigen Vermögensverwalters inne gehabt habe, sondern vielmehr in ihrer Eigenschaft als Wertpapierdienstleistungsunternehmen am Markt teilgenommen habe. In dieser Stellung sei die Beklagte im Unterschied zu einem zur Neutralität verpflichteten Makler zum einen nicht verpflichtet gewesen, aus der breiten Palette in Betracht zu ziehender Aktien- und Fondsanlagen stets allein die für den Kunden günstigste zu empfehlen. Vielmehr sei sie rechtlich befugt gewesen, bevorzugt Produkte ihrer eigenen Fondsgesellschaft zu empfehlen und mithin eigene wirtschaftliche Interessen zu verfolgen. Dieser Umstand sei dem Wertpapierkunden, der sich nicht an einen unabhängigen Berater, sondern an eine Bank wende, im Allgemeinen auch bekannt. Abgesehen davon habe der Geschäftsführer der Zedentin aufgrund der erhaltenen Bonifikation von bis zu 2,5% annehmen müssen, dass die Beklagte an den Ausgabeaufschlägen der Fondsgesellschaften partizipiere. Ein als Geschäftsführer einer GmbH im Wirtschaftsleben stehender Wertpapierkunde müsse davon ausgehen, dass eine Bank solche Gutschriften nicht aus ihrem eigenen Vermögen leiste.

II.


12
Berufungsurteil Das hält rechtlicher Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.
13
Zu 1. Recht hat das Berufungsgericht allerdings etwaige Schadensersatzansprüche wegen fahrlässiger Verletzung eines am 15. Februar 2000 geschlossenen Beratungsvertrages bzw. wegen fahrlässiger Verletzung einer Informationspflicht aus § 31 WpHG nach § 37a WpHG als verjährt angesehen. Wie der erkennende Senat mit Urteil vom 8. März 2005 (BGHZ 162, 306, 311 ff.), nach Erlass des Berufungsurteils , entschieden und ausführlich begründet hat, unterfallen nicht nur vertragliche Ansprüche aus einer fahrlässigen Falschberatung der dreijährigen Verjährungsfrist des § 37a WpHG, sondern auch etwaige deliktische Ansprüche aus fahrlässiger Schutzgesetzverletzung (§ 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 31 WpHG). Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei - von der Revision nicht angegriffen - festgestellt, dass diese dreijährige Verjährungsfrist bei Klageerhebung abgelaufen war.
14
Entgegen der Ansicht der Revision ist die Verjährungsvorschrift des § 37a WpHG im Hinblick auf das Parteigutachten von Prof. Dr. Micklitz vom 21. Juli 2004 (siehe auch Micklitz WM 2005, 536 ff. und EWiR 2005, 491 f.) nicht etwa auf ihre Europarechtskonformität hin zu überprüfen. Die Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaf- ten über Wertpapierdienstleistungen vom 10. Mai 1993 (93/22 EWG; ABl. EG Nr. L 141 S. 27) regelt Verjährungsfragen nicht, sondern überlässt diese der nationalen Gesetzgebung. Die Ansicht, § 37a WpHG verstoße gegen Gemeinschaftsrecht, liegt auch unter Berücksichtigung des Aspekts effektiven Rechtsschutzes so fern, dass eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zur Vorabentscheidung nicht in Betracht kommt. Das von Micklitz (EWiR 2005, 491, 492) statuierte Verbot der verjährungsrechtlichen „Benachteiligung der Ansprüche aus § 37a WpHG“, gemeint sind wohl Ansprüche aus §§ 31 und 32 WpHG, "gegenüber Ansprüchen aus anderen Anspruchsgrundlagen, insbesondere § 823 BGB", entbehrt einer haltbaren gemeinschaftsrechtlichen Verankerung. Im Übrigen wäre vorliegend die statuierte Benachteiligung schon deswegen nicht gegeben, da auch ein Anspruch aus unerlaubter Handlung (§ 823 Abs. 2 BGB i.V. mit §§ 31, 32 WpHG) bei Einreichung der Klage am 13. August 2003 verjährt gewesen wäre (§ 852 Abs. 1 BGB a.F.), weil der Geschäftsführer der Zedentin spätestens am 8. August 2000 von einer etwaigen Beratungspflichtverletzung der Beklagten Kenntnis hatte.
15
2. Zutreffend hat das Berufungsgericht auch ausgeführt, dass ein etwaiger, allein auf Fahrlässigkeit gestützter Anspruch der Zedentin aus § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 19 Abs. 1 Satz 1 KAGG (in der bis zum 31. Juli 2001 geltenden Fassung), wegen unterlassener Zurverfügungstellung der Verkaufsprospekte der Fondsgesellschaften nach § 37a WpHG verjährt ist. Die allgemeinen Verjährungsvorschriften (§§ 195 ff. BGB a.F.) werden durch § 37a WpHG verdrängt. Nach der Gesetzesbegründung zu § 37a WpHG (BT-Drucks. 13/8933 S. 97) sollen auch Aufklärungsfehler , die mittels eines Prospekts begangen werden, der allge- meinen Verjährung entzogen werden und der kurzen kapitalmarktrechtlichen Verjährungsfrist unterliegen. Bei einem Unterlassen der erforderlichen Aufklärung kann nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes (vgl. BGHZ 162, 306, 312) nichts anderes gelten. Für den Anleger ist es unerheblich , ob ihm die erforderliche Information in einem Gespräch nicht erteilt oder ihm dadurch vorenthalten wird, dass ihm ein Verkaufsprospekt der Fondsgesellschaft nicht zur Verfügung gestellt wird (vgl. Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht 3. Aufl. Rdn. 16.565). Der Einwand der Revision, § 37a WpHG solle lediglich spezielle Beratungsrisiken begrenzen , greift nach dem Wortlaut ersichtlich nicht durch. Erfasst werden danach nicht nur Schadensersatzansprüche aus fehlerhafter Beratung, sondern auch solche aus einer Informationspflichtverletzung. Wegen des Durchgreifens der Verjährungseinrede bedarf es vorliegend keiner Entscheidung , ob die Beklagte als Vertriebsbank der Fondsanteile überhaupt nach § 19 Abs. 1 Satz 1 KAGG verpflichtet ist, einem Erwerber von Fondsanteilen einen Verkaufsprospekt der Fondsgesellschaft zur Verfügung zu stellen (vgl. zum Streitstand Assmann, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts 2. Aufl. § 7 Rdn. 18, § 18 Rdn. 173; Baur, in: Hellner/Steuer, BuB Rdn. 9/495; a.A. Köndgen, in: Schimansky /Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch 2. Aufl. § 113 Rdn. 81) und ob § 19 Abs. 1 Satz 1 KAGG Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB ist (vgl. dazu Assmann, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts 2. Aufl. § 7 Rdn. 185 Rn. 489; Baur, in: Hellner/Steuer, BuB Rdn. 9/499).
16
3. Entgegen der Ansicht der Revision kann der Kläger aus einem etwaigen Verstoß der Beklagten gegen ihre Pflicht, zur Wahrung des Kundeninteresses Interessenkonflikte durch organisatorische Maßnah- men zu vermeiden (§ 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG), keinen unverjährten Schadensersatzanspruch gemäß § 823 Abs. 2 BGB herleiten.
17
aa) Ob und inwieweit den §§ 31, 32 WpHG Schutzgesetzcharakter im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB zukommt, hat der erkennende Senat bisher offen gelassen (Senatsurteile BGHZ 142, 345, 356; 147, 343, 353; 163, 311, 321; vom 24. Juli 2001 - XI ZR 329/00, WM 2001, 1718, 1719 und vom 11. November 2003 - XI ZR 21/03, WM 2004, 24, 26). In der Literatur wird die Frage für einzelne Pflichten bejaht (vgl. Schwark, Kapitalmarktrechts -Kommentar 3. Aufl. vor § 31 WpHG Rdn. 9; Assmann/ Schneider/Koller, WpHG 4. Aufl. vor § 31 Rdn. 17; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht 3. Aufl. Rdn. 16.11; Schäfer, WpHG vor § 31 Rdn. 9; zweifelnd Horn, in: Hellner/Steuer, BuB Rdn. 1304). Einer abschließenden Entscheidung der Frage bedarf es auch hier nicht.
18
Schutzgesetzcharakter i.S. des § 823 Abs. 2 BGB können die §§ 31 ff. WpHG nur haben, soweit sie nicht lediglich aufsichtsrechtlicher Natur sind, sondern ihnen auch anlegerschützende Funktion zukommt. Ist dies der Fall, so können sie zwar für Inhalt und Reichweite (vor-)vertraglicher Aufklärungs- und Beratungspflichten von Bedeutung sein. Ihr zivilrechtlicher Schutzbereich geht aber nicht über diese (vor-)vertraglichen Pflichten hinaus. Daraus folgt, dass ihnen keine eigenständige, über die zivilrechtlichen Aufklärungs- und Beratungspflichten hinausgehende schadensersatzrechtliche Bedeutung zukommt (vgl. Nobbe, in: Schimansky/Horn, Bankrecht 1998, S. 235, 250 f.).
19
bb) Die Pflicht eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens nach § 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG, sich zu bemühen, Interessenkonflikte zu ver- meiden, hat danach keinen Schutzgesetzcharakter, soweit diese Pflicht die Ergreifung organisatorischer Maßnahmen beinhaltet. Soweit ein Wertpapierhandelsunternehmen einen Interessenkonflikt nicht nur durch organisatorische Maßnahmen, sondern auch durch sachgerechte Information des Kunden vermeiden kann (vgl. dazu Assmann/Schneider/ Koller, WpHG 4. Aufl. § 31 Rdn. 43, 74, 77), geht der zivilrechtliche Schutzzweck einer solchen Informationspflicht nicht weiter als die Aufklärungs - und Beratungspflichten aus einem Beratungsvertrag oder aus §§ 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB. Entgegen der Ansicht der Revision unterliegen auch Schadensersatzansprüche aus einer unterbliebenen, aber zur Vermeidung eines Interessenkonflikts erforderlichen Information (§ 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG) der kurzen Verjährungsfrist. § 37a WpHG differenziert nicht danach, aus welchem Grund eine Information des Kunden erforderlich ist.
20
4. Rechtsfehlerhaft sind die Ausführungen des Berufungsgerichts, mit denen es eine vorsätzliche Aufklärungs- und Beratungspflichtverletzung , die nicht unter die kurze Verjährungsfrist des § 37a WpHG fällt (BGHZ 162, 306, 312), in Bezug auf die Rückvergütungen der empfohlenen Fonds verneint hat.
21
Im a) Ausgangspunkt zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings keinen Beratungsfehler darin gesehen, dass die Beklagte, was Fondsanteile angeht, ausschließlich hauseigene Produkte empfohlen hat. Maßgeblich für Kapitalanlageempfehlungen im gewöhnlichen Geschäftsverkehr einer Bank ist grundsätzlich das von ihr zusammengestellte Anlageprogramm (vgl. BGHZ 123, 126, 129). Soweit bank-, konzern - oder institutsgruppeneigene Anlageprodukte wie etwa Fondsanteile vorhanden sind, ist es grundsätzlich nicht zu beanstanden, dass solche Produkte, nicht aber vergleichbare konkurrierender Banken oder Institutsgruppen in das Anlageprogramm aufgenommen werden und die Bank nur solche Produkte, nicht aber Konkurrenzprodukte empfiehlt. Ebenso wenig wie ein Kreditnehmer, der sich von einer bestimmten Bank beraten lässt, kann ein Anlageinteressent, der die Beratung einer Bank in Anspruch nimmt, vernünftigerweise erwarten und erwartet auch nicht, dass die Bank ihm von sich aus Produkte konkurrierender Banken oder Institutsgruppen empfiehlt. Das gilt auch dann, wenn diese Produkte besser oder günstiger sind. Erst wenn die Bank gegenüber dem Kunden damit hervortritt, auch über die Produkte konkurrierender Banken zu beraten, oder aber wenn der Anlageinteressent von sich aus die Erwartung zum Ausdruck bringt, auch über solche, etwa von ihm angesprochene Konkurrenzprodukte beraten zu werden, muss die Bank, wenn sie die Beratung insoweit nicht ablehnt, ihn auch darüber objektiv richtig und vollständig informieren und beraten und die Konkurrenzprodukte gegebenenfalls auch empfehlen. Dass die Beklagte vor oder bei dem Beratungsgespräch am 15. Februar 2000 die Beratung auch über Fondsprodukte anderer Banken angeboten oder der Geschäftsführer der Zedentin eine solche von sich aus gewünscht hat, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Der Beratungsvertrag erstreckte sich deshalb auf solche Produkte nicht. Es ist einem Wertpapierdienstleistungsunternehmen auch nach § 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG nicht verboten, ausschließlich hauseigene Produkte oder Produkte verbundener Unternehmen ihren Kunden anzubieten, wenn dies - wie hier - für den Kunden erkennbar ist (vgl. Schwark, Kapitalmarktrechts -Kommentar 3. Aufl. § 31 WpHG Rdn. 28).
22
b) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts muss eine Bank, die Fondsanteile empfiehlt, aber darauf hinweisen, dass und in welcher Höhe sie Rückvergütungen aus Ausgabeaufschlägen und Verwaltungskosten von der Fondsgesellschaft erhält.
23
aa) Die Aufklärung über die Rückvergütung ist notwendig, um dem Kunden einen insofern bestehenden Interessenkonflikt der Bank (§ 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG) offen zu legen. Erst durch die Aufklärung wird der Kunde in die Lage versetzt, das Umsatzinteresse der Bank selbst einzuschätzen (vgl. Assmann/Schneider/Koller, WpHG 4. Aufl. § 31 Rdn. 74; a.A. Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar 3. Aufl. § 31 WpHG Rdn. 27) und zu beurteilen, ob die Bank ihm einen bestimmten Titel nur deswegen empfiehlt, weil sie selbst daran verdient. Nach der Rechtsprechung des Senats (BGHZ 146, 235, 239) hat eine Bank, die einem Vermögensverwalter Provisionen und Depotgebühren rückvergütet, ihren Kunden vor Abschluss der vom Vermögensverwalter initiierten Effektengeschäfte darauf hinzuweisen, dass sie dadurch eine Gefährdung der Kundeninteressen durch den Vermögensverwalter geschaffen hat. Diese Rechtsprechung ist auch auf den vorliegenden Fall zu übertragen. Wenn eine Bank einen Kunden ohne Zwischenschaltung eines Vermögensverwalters berät, Anlageempfehlungen abgibt und dabei an den empfohlenen Fonds durch Rückvergütungen verdient, sind die Kundeninteressen durch die von der Bank erhaltenen Rückvergütungen gefährdet. Es besteht die konkrete Gefahr, dass die Bank Anlageempfehlungen nicht allein im Kundeninteresse nach den Kriterien anleger- und objektgerechter Beratung abgibt, sondern zumindest auch in ihrem eigenen Interesse, möglichst hohe Rückvergütungen zu erhalten. Dabei spielt es entgegen der Ansicht der Beklagten keine Rolle, ob die Rückvergütungen einem bestimmten Geschäft unmittelbar zugeordnet werden oder in gewissen Zeitabständen gezahlt werden. Wesentlich ist nur, dass die Rückvergütungen umsatzabhängig sind.
24
Entgegen bb) der Ansicht des Berufungsgerichts scheitert eine Pflichtverletzung der Beklagten nicht daran, dass der Geschäftsführer der Zedentin nicht aufklärungsbedürftig war, weil er über die Rückvergütungen dadurch informiert war, dass ihm ein Teil davon seitens der Beklagten als Bonifikation gutgeschrieben wurde. Selbst wenn, was nicht festgestellt ist, der Geschäftsführer der Zedentin davon ausgegangen sein sollte, dass es sich bei diesen Bonifikationen um die Reduzierung der Ausgabeaufschläge handelte, so bleibt er, was die Größenordnung der Rückvergütungen angeht, aufklärungsbedürftig. Ohne deren Kenntnis konnte er das Interesse der Beklagten an dem empfohlenen Erwerb von Fondsanteilen und die damit verbundene Gefährdung der Interessen der Zedentin nicht richtig einschätzen.
25
cc) Nach dem in der Revisionsinstanz zu unterstellenden Vorbringen des Klägers ist eine vorsätzliche Aufklärungspflichtverletzung durch die Beklagte nicht auszuschließen. Der Kläger hat vorgetragen, der Mitarbeiter K. der Beklagten, dessen Verhalten sich die Beklagte zurechnen lassen muss (§ 278 BGB), habe erklärt, aufgrund seiner guten Verbindungen habe er die Möglichkeit, die Ausgabeaufschläge für die Zedentin günstiger ausfallen zu lassen als üblich. Danach hatte der Mitarbeiter K. der Beklagten offenbar Kenntnis davon, dass Rückvergütungen an die Beklagte flossen, hat dies der Zedentin aber nicht mitgeteilt. Das Verschweigen der Rückvergütungen ist nur dann vorsätzlich geschehen, wenn K. die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens bewusst war. Auch ein bloßer Rechtsirrtum schließt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Vorsatz aus (BGHZ 69, 128, 142; 118, 201, 208).

III.


26
angefochtene Das Urteil war nach alledem aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Entscheidung reif ist, war sie zur weiteren Aufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dieses wird die erforderlichen Feststellungen zum vorsätzlichen Verschweigen der Rückvergütungen zu treffen haben.
27
Sollte nach erneuter Verhandlung eine vorsätzliche Aufklärungspflichtverletzung feststehen, weist der Senat darauf hin, dass Schadensersatz in der Form der Rückabwicklung der erworbenen Kapitalanlagen grundsätzlich nur bezüglich der Fondsanteile beansprucht werden kann, bei denen Rückvergütungen verschwiegen worden sind. Ob auch die Wertpapiergeschäfte schadensersatzrechtlich rückabzuwickeln sind, bei denen keine Rückvergütungen gezahlt wurden, richtet sich danach, ob die Zedentin bei gehöriger Aufklärung insgesamt den Geschäftskontakt mit der Beklagten abgebrochen hätte, wofür der Kläger darlegungs- und beweispflichtig ist (vgl. auch BGHZ 146, 235, 240 f.). Bei Effektengeschäften , die über eine Bank außerhalb eines Vermögensverwaltungs- vertrages abgewickelt werden, kann nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass die Geschäftsverbindung insgesamt nicht zustande gekommen wäre, wenn die Bank in Bezug auf einzelne Geschäfte ein Aufklärungsverschulden trifft.
Nobbe Joeres Mayen
Ellenberger Schmitt

Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 19.04.2004 - 11 HKO 15075/03 -
OLG München, Entscheidung vom 06.10.2004 - 7 U 3009/04 -

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die erst nach Ablauf einer hierfür gesetzten Frist (§ 273 Abs. 2 Nr. 1 und, soweit die Fristsetzung gegenüber einer Partei ergeht, 5, § 275 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, 4, § 276 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3, § 277) vorgebracht werden, sind nur zuzulassen, wenn nach der freien Überzeugung des Gerichts ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder wenn die Partei die Verspätung genügend entschuldigt.

(2) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die entgegen § 282 Abs. 1 nicht rechtzeitig vorgebracht oder entgegen § 282 Abs. 2 nicht rechtzeitig mitgeteilt werden, können zurückgewiesen werden, wenn ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und die Verspätung auf grober Nachlässigkeit beruht.

(3) Verspätete Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen und auf die der Beklagte verzichten kann, sind nur zuzulassen, wenn der Beklagte die Verspätung genügend entschuldigt.

(4) In den Fällen der Absätze 1 und 3 ist der Entschuldigungsgrund auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen.

Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 150/01 Verkündet am:
28. Mai 2002
Weber,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
_____________________
BGB §§ 826 Ga, 852 Abs. 1 a.F.

a) Terminoptionsvermittler haben optionsunerfahrene Kunden unmißverständlich,
schriftlich und in auffälliger Form darauf hinzuweisen, daß Aufschläge auf die
Börsenoptionsprämie das Chancen-Risiko-Verhältnis aus dem Gleichgewicht
bringen und dazu führen, daß die verbliebene, bei höheren Aufschlägen geringe
Chance, insgesamt einen Gewinn zu erzielen, mit jedem Optionsgeschäft
abnimmt.

b) Wird Schadensersatz wegen unzureichender Aufklärung über die Risiken
von Warentermin- oder Optionsgeschäften verlangt, beginnt die
Verjährungsfrist nicht, bevor der Gläubiger die Umstände kennt, aus denen
sich die Rechtspflicht zur Aufklärung ergibt.
BGH, Urteil vom 28. Mai 2002 - XI ZR 150/01 - OLG Hamm
LG Hagen
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 28. Mai 2002 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe, die
Richter Dr. Siol, Dr. Müller, Dr. Joeres und die Richterin Mayen

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 25. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 28. Februar 2001 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin nimmt den Beklagten im Urkundenprozeû auf Schadensersatz für Verluste aus Terminoptionsgeschäften an US-amerikanischen Börsen in Anspruch.
Der Beklagte ist Mitgeschäftsführer einer GmbH, die gewerbsmäûig Optionsgeschäfte vermittelt. Die Klägerin, eine Zahntechnikerin, schloû mit der GmbH am 31. März 1994 einen Optionsvermittlungs- und
Betreuungsvertrag. Dieser enthielt eine Risikoaufklärung, die die Klägerin gesondert unterschrieb. Ferner erhielt sie die Broschüre "Grundlagen des Terminhandels". Bis zum 23. Juni 1994 zahlte die Klägerin der GmbH 90.000 DM, die an einen US-amerikanischen Broker weitergeleitet und für Optionsgeschäfte verwandt werden sollten. Hierbei hatte die Klägerin auûer der Optionsprämie Gebühren der GmbH von bis zu 37,5% der Prämie und Kommissionen des Brokers in Höhe von 90 USDollar je Geschäft zu entrichten. Die Optionsgeschäfte endeten insgesamt verlustreich.
Die Klägerin macht geltend, der Beklagte habe sie nicht ausreichend über die Risiken der Geschäfte aufgeklärt und durch den Abschluû einer Vielzahl von Geschäften Gebühren geschunden ("churning" ). Der Beklagte behauptet, der Broker habe der Klägerin per Scheck 4.044,58 US-Dollar zurückgezahlt, und erhebt die Einrede der Verjährung.
Die Klage auf Zahlung von 90.000 DM nebst Zinsen ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im wesentlichen ausgeführt:
Die Klägerin habe gegen den Beklagten keinen Schadensersatzanspruch gemäû § 826 BGB wegen unzureichender Aufklärung über die Risiken der vermittelten Geschäfte. Die GmbH habe ihre gesteigerte Aufklärungspflicht, die angesichts der hohen Vermittlungsgebühr von 37,5% der Optionsprämie bestanden habe, erfüllt. In der von der Klägerin unterschriebenen Risikoaufklärung werde darauf hingewiesen, daû der Aufschlag auf die Optionsprämie die Gewinnchance reduziere und das Verlustrisiko erhöhe. Ein Gewinn setze eine Kursentwicklung voraus, die der Börsenhandel für unrealistisch halte. Der Möglichkeit, Gewinn zu erzielen, stehe die überwiegende Wahrscheinlichkeit gegenüber, das gesamte investierte Kapital zu verlieren. Die Broschüre "Grundlagen des Terminhandels" enthalte annähernd die gleiche Risikoaufklärung. Ob der Beklagte oder ein Mitarbeiter der GmbH mündlich beschönigende Erklärungen abgegeben habe, könne im Urkundenprozeû nicht in zulässiger Weise festgestellt werden. Auch die für die Feststellung eines "churning" maûgeblichen Tatsachen ergäben sich nicht aus den vorgelegten Urkunden.
Selbst wenn die Risikoaufklärung als unzureichend anzusehen wäre , sei nicht feststellbar, daû die Klägerin sich durch eine weitergehende Aufklärung vom Abschluû der Geschäfte hätte abhalten lassen.
Zudem sei ein etwaiger Schadensersatzanspruch gemäû § 852 BGB verjährt. Die Klägerin habe jedenfalls im März 1995 Kenntnis von dem Schaden und der Person des Beklagten als möglichem Ersatzpflichtigen gehabt. Ihr sei damals klar gewesen, daû ihr eingesetztes Kapital bis auf die streitige Rückzahlung in Höhe von 4.044,58 US-Dollar verloren gewesen sei. Sie habe auch die Risikohinweise und damit alle Tatsachen , auf die sie ihre Schadensersatzklage stütze, gekannt. Die Klage habe sie jedoch erst nach Ablauf der Verjährungsfrist im August 1999 erhoben.

II.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand.
1. Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Klägerin sei über die Risiken der Optionsgeschäfte ausreichend aufgeklärt worden, ist rechtsfehlerhaft.

a) aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind gewerbliche Vermittler von Terminoptionen verpflichtet, Kaufinteressenten vor Vertragsschluû schriftlich die Kenntnisse zu vermitteln, die sie in die Lage versetzen, den Umfang ihres Verlustrisikos und die Ver-
ringerung ihrer Gewinnchance durch den Aufschlag auf die Optionsprämie richtig einzuschätzen. Dazu gehört neben der Bekanntgabe der Höhe der Optionsprämie auch die Aufklärung über die wirtschaftlichen Zusammenhänge des Optionsgeschäfts und die Bedeutung der Prämie sowie ihren Einfluû auf das mit dem Geschäft verbundene Risiko. So muû darauf hingewiesen werden, daû die Prämie den Rahmen eines vom Markt noch als vertretbar angesehenen Risikobereichs kennzeichnet und ihre Höhe den noch als realistisch angesehenen, wenn auch weitgehend spekulativen Kurserwartungen des Börsenfachhandels entspricht. Ferner ist darzulegen, ob und in welcher Höhe ein Aufschlag auf die Prämie erhoben wird, und daû ein solcher Aufschlag die Gewinnerwartung verschlechtert , weil ein höherer Kursausschlag als der vom Börsenfachhandel als realistisch angesehene notwendig ist, um in die Gewinnzone zu kommen (vgl. BGHZ 105, 108, 110; 124, 151, 154 f.; BGH, Urteile vom 11. Januar 1988 - II ZR 134/87, WM 1988, 291, 293 und vom 6. Juni 1991 - III ZR 116/90, WM 1991, 1410, 1411; Senat, Urteile vom 13. Oktober 1992 - XI ZR 30/92, WM 1992, 1935, 1936, vom 1. Februar 1994 - XI ZR 125/93, WM 1994, 453, 454, vom 2. Februar 1999 - XI ZR 381/97, WM 1999, 540, 541 und vom 16. Oktober 2001 - XI ZR 25/01, WM 2001, 2313, 2314). In diesem Zusammenhang ist unmiûverständlich darauf hinzuweisen, daû höhere Aufschläge vor allem Anleger, die mehrere verschiedene Optionen erwerben, aller Wahrscheinlichkeit nach im Ergebnis praktisch chancenlos machen. Die Aussagekraft dieses Hinweises , der schriftlich und in auch für flüchtige Leser auffälliger Form zu erfolgen hat, darf weder durch Beschönigungen noch auf andere Weise beeinträchtigt werden (Senat BGHZ 124, 151, 155 f.).
bb) Für diese Aufklärung hat der Geschäftsführer einer Optionsvermittlungs -GmbH Sorge zu tragen. Ein Geschäftsführer, der Optionsgeschäfte ohne gehörige Aufklärung der Kunden abschlieût, den Abschluû veranlaût oder bewuût nicht verhindert, miûbraucht seine g eschäftliche Überlegenheit in sittenwidriger Weise und haftet den Optionserwerbern gemäû § 826 BGB auf Schadensersatz (Senat BGHZ 124, 151, 162; Senat, Urteile vom 17. Mai 1994 - XI ZR 144/93, WM 1994, 1746, 1747 und vom 16. Oktober 2001 - XI ZR 25/01, WM 2001, 2313, 2314).

b) Diese objektiven Haftungsvoraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt.
aa) Der Optionsvermittlungs- und Betreuungsvertrag vom 31. März 1994 und die Broschüre "Grundlagen des Terminhandels" genügen den Anforderungen an die Aufklärung von Anlegern nicht.
(1) Der Vertrag vom 31. März 1994 enthält zwar sowohl am Beginn der ersten Seite als auch unter der Überschrift "Risikoaufklärung" auf der zweiten Seite den Hinweis, daû der Aufschlag auf die Prämie die Gewinnchance reduziert und das Verlustrisiko erhöht, weil die Erzielung eines Gewinns eine Kursentwicklung voraussetzt, die der Börsenfachhandel für unrealistisch hält. Der entscheidende Hinweis, daû der Aufschlag vor allem Anleger, die - wie die Klägerin - mehrere verschiedene Optionen erwerben, aller Wahrscheinlichkeit nach im Ergebnis praktisch chancenlos macht, fehlt aber. Dem Anleger wird die weitgehende Ausgrenzung der Gewinnchance vielmehr verschleiert, wenn im ersten Ab-
satz der "Risikoaufklärung" der Möglichkeit, einen Spekulationsgewinn zu erzielen, verharmlosend nur eine überwiegende Wahrscheinlichkeit eines Gesamtverlustes gegenübergestellt wird. Abgesehen davon entbehrt der Hinweis in der kleiner als der übrige Vertragstext gedruckten Risikoaufklärung der auch für flüchtige Leser auffälligen Form.
(2) Auch die 20-seitige Broschüre "Grundlagen des Terminhandels" weist an keiner Stelle auf die praktische Chancenlosigkeit des Erwerbers mehrerer verschiedener Optionen hin. Sie erwähnt zwar wiederholt die Gefahr eines Totalverlustes des eingesetzten Kapitals, erweckt aber den falschen Eindruck, daû diesem Risiko realistische Gewinnchancen gegenüberstehen.
Bereits auf der dritten Seite, auf der die Darstellung beginnt, wird im ersten Absatz der Gefahr des Totalverlustes die "Chance zu enormen Gewinnen" gegenübergestellt. Im dritten Absatz werden dem Anleger "erhebliche Gewinnmöglichkeiten" in Aussicht gestellt. Und im vierten Absatz verspricht der Beklagte dem Kunden, immer nur das Geschäft zu empfehlen, das die "optimalen Gewinnchancen" verspricht.
Die Darstellung auf den folgenden Seiten der Broschüre vertieft den falschen Eindruck realistischer Gewinnchancen und muû von aufklärungsbedürftigen Kunden zudem so verstanden werden, als ob ihre Gewinnchancen wesentlich von der Kursentwicklung (S. 16 der Broschüre), d.h. von Angebot und Nachfrage (S. 7 der Broschüre) abhingen und durch die Dienstleistungen der vom Beklagten geleiteten GmbH entscheidend verbessert würden. Nachdem sich die GmbH auf Seite 4 der
Broschüre als erfolgreiche Beraterin und Vermittlerin von Termingeschäften vorgestellt hat, wird auf Seite 5 der von ihr versprochene "Informationsvorsprung" als "Basis des Erfolgs" bezeichnet. Der Optionshandel soll nach der drucktechnisch hervorgehobenen Überschrift auf Seite 12 der Broschüre "vielfältige Chancen für Könner" bieten. Auf den Seiten 18 und 19 werden unter der Überschrift "Starke Partner tragen zu unserem Erfolg bei" zwei Broker vorgestellt, mit denen die GmbH bei ihrer "erfolgreichen Arbeit" für ihre Kunden zusammenwirkt.
Diese Ausführungen lenken den Leser systematisch von der entscheidenden Bedeutung, den der Aufschlag auf die Optionsprämie für seine Gewinnchancen hat, ab. Dieser Gesichtspunkt wird erstmals auf Seite 10 der Broschüre erwähnt. Die hier und auf der letzten Seite der Broschüre gegebenen Hinweise werden aber nicht nur - wie dargelegt - durch ihren Kontext entwertet, sondern sind auch für sich betrachtet unzulänglich. Sie enthalten ebenso wie die Risikoaufklärung in dem Vertrag vom 31. März 1994, mit der sie weitgehend übereinstimmen, keinen Hinweis auf die praktische Chancenlosigkeit von Erwerbern mehrerer verschiedener Optionen, sondern beschränken sich auf die Aussage, daû der Aufschlag auf die Optionsprämie die Gewinnchance reduziert und das Verlustrisiko erhöht, weil ein Gewinn einen höheren Kursausschlag voraussetzt, als er vom Börsenfachhandel erwartet wird. Ob der Aufschlag "die Gewinnchance zu stark reduziert oder vielleicht sogar zunichte" macht, wird der eigenen Prüfung des Anlegers überlassen. Dies reicht zur sachgerechten Aufklärung nicht aus.
bb) Der Beklagte, der als Mitgeschäftsführer der GmbH für die korrekte Aufklärung der Anleger Sorge zu tragen hatte, hat den Abschluû der Optionsgeschäfte der Klägerin ohne diese Aufklärung zumindest nicht verhindert.
2. Auch die Begründung, mit der das Berufungsgericht die Kausalität der danach gegebenen Aufklärungspflichtverletzung für den Abschluû der Optionsgeschäfte der Klägerin verneint hat, ist rechtsfehlerhaft. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes besteht eine tatsächliche Vermutung dafür, daû ein Anleger bei gehöriger Aufklärung die verlustreichen Geschäfte nicht abgeschlossen hätte (Senat BGHZ 124, 151, 163; Senat, Urteile vom 17. Mai 1994 - XI ZR 144/93, WM 1994, 1746, 1747 und vom 16. Oktober 2001 - XI ZR 25/01, WM 2001, 2313, 2315). Umstände, die diese Vermutung entkräften könnten, sind vom Berufungsgericht nicht festgestellt und von den Parteien nicht vorgetragen worden. Daû die unzulänglichen Risikohinweise in dem Vertrag vom 31. März 1994 und der Informationsbroschüre "Grundlagen des Terminhandels" die Klägerin nicht von den Geschäften abgehalten haben, reicht zur Entkräftung der Vermutung nicht aus.
3. Die Klageforderung ist, anders als das Berufungsgericht meint, nicht verjährt. Ein etwaiger Anspruch der Klägerin gemäû § 826 BGB verjährt gemäû § 852 Abs. 1 BGB a.F. in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in dem die Klägerin von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangt. Dazu gehört, wenn - wie im vorliegenden Fall - Schadensersatz wegen unzureichender Aufklärung über die Risiken von Optionsgeschäften verlangt wird, die Kenntnis der Umstände,
aus denen sich die Rechtspflicht zur Aufklärung ergibt (BGH, Urteile vom 10. April 1990 - VI ZR 288/89, WM 1990, 971, 973 und vom 31. Januar 1995 - VI ZR 305/94, VersR 1995, 551, 552; Senat, Urteil vom 29. Januar 2002 - XI ZR 86/01, WM 2002, 557, 558). Die Rechtspflicht zur Aufklärung über die Auswirkungen der Gebühren der VermittlungsGmbH auf die Gewinnchancen des Anlegers ergibt sich daraus, daû eine Gewinnerzielung unter Berücksichtigung dieser Gebühren einen höheren Kursausschlag als den vom Börsenfachhandel als realistisch angesehenen voraussetzt, und daû höhere Aufschläge Anleger, die mehrere verschiedene Optionen erwerben, aller Wahrscheinlichkeit nach im Ergebnis praktisch chancenlos machen. Erst die Kenntnis dieser die Aufklärungspflicht begründenden wirtschaftlichen Zusammenhänge ermöglicht dem Anleger die aussichtsreiche Geltendmachung eines Schadensersatzanspruches wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung. Daû die Klägerin diese Umstände bereits drei Jahre vor der Klageerhebung im August 1999 kannte, ist den Feststellungen des Berufungsgerichts und dem Parteivortrag nicht zu entnehmen. Der vorgelegte Schriftwechsel der Parteien aus den Jahren 1994 und 1995 erwähnt diese Umstände nicht. Ihrem eigenen Vortrag zufolge ist der Klägerin die erforderliche Kenntnis erst im Herbst 1997 durch einen konsultierten Rechtsanwalt vermittelt worden.

III.


Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPO a.F.). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, war sie zur an-
derweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO a.F.). Dieses wird Feststellungen zum Vorsatz des Beklagten gemäû § 826 BGB zu treffen haben. Dabei wird auûer den schwerwiegenden Aufklärungsmängeln zu berücksichtigen sein, daû ein etwaiger Irrtum über die Reichweite der Aufklärungspflicht vorsätzliches Handeln nicht ohne weiteres ausschlieût (Senat BGHZ 124, 151, 163 und Urteile vom 17. Mai 1994 - XI ZR 144/93, WM 1994, 1746, 1747 und vom 16. Oktober 2001 - XI ZR 25/01, WM 2001, 2313, 2315). Feststellungen zum Vorsatz können entgegen der Ansicht des Beklagten grundsätzlich auch im Urkundenprozeû getroffen werden. § 592 ZPO verlangt nicht, daû die anspruchsbegründenden Tatsachen selbst durch Urkunden bewiesen werden. Es genügt, daû Urkunden wie der schriftliche Vertrag vom 31. März 1994 und die Broschüre "Grundlagen des Terminhandels" einen Indizienbeweis ermöglichen (vgl. BGH, Urteile vom 27. Oktober 1982 - V ZR 31/82, WM 1983, 22 und vom 12. Juli 1985 - V ZR 15/84, WM 1985, 1244, 1245).
Nobbe Siol Müller
Joeres Mayen

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Teilversäumnis- und Teilurteil
XI ZR 453/02 Verkündet am:
21. Oktober 2003,
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 21. Oktober 2003 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe
und die Richter Dr. Müller, Dr. Joeres, Dr. Wassermann und die Richterin
Mayen

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 13. Dezember 2001 aufgehoben.
Die Berufungen der Beklagten zu 1 und 2 gegen das Urteil der 21. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 30. Dezember 1999 werden zurückgewiesen.
Im übrigen wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an den 21. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Die Entscheidung ist gegen die Beklagten zu 1 und 2 vorläufig und im übrigen endgültig vollstreckbar.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger nimmt die Beklagten zu 1 bis 3 (im folgenden: die Beklagten ) auf Schadensersatz für Verluste aus Waren- und Devisenterminoptionsgeschäften an US-amerikanischen Börsen in Anspruch.
Die Beklagten zu 1 und 2, deren Geschäftsführer der Beklagte zu 3 ist, vermittelten gewerbsmäßig Börsenterminoptionsgeschäfte. Der Kläger , ein Wirtschaftsprüfer, schloß nach telefonischer Werbung am 12. November 1993 einen formularmäßigen "Vermittlungs- und Betreuungsvertrag" mit der Beklagten zu 1 und erhielt deren Informationsbroschüre "Grundlagen des Terminhandels" (Stand: 1992). Er hatte für die Geschäfte, die zunächst über einen US-amerikanischen Broker abgewikkelt wurden, außer der Optionsprämie Gebühren der Beklagten zu 1 von bis zu 37,5% der Prämie und Kommissionen des Brokers in Höhe von 90 US-Dollar je Geschäft zu entrichten. Im Juli 1994 erklärte ihm der frühere Beklagte zu 4, der damalige Mitgeschäftsführer der Beklagten zu 1 und 2, die Beklagte zu 1 werde umstrukturiert, firmiere künftig wie die Beklagte zu 2 und arbeite mit einem schweizerischen Broker zusammen. Tatsächlich handelte es sich bei der Beklagten zu 2 um eine andere Gesellschaft. Das Guthaben des Klägers bei dem US-amerikanischen Broker wurde an den schweizerischen Broker transferiert. Für einen Teil der Geschäfte wurde statt einer Gebühr ein Disagio von bis zu 8% des eingesetzten Kapitals erhoben.
Der Kläger leistete vom 15. November 1993 bis zum 15. September 1994 Einzahlungen in Höhe von insgesamt 2.298.753 DM und erhielt von dem schweizerischen Broker Rückzahlungen in Höhe von
31.067,83 DM und 46.080,23 DM. Er erlitt durch die über den USamerikanischen Broker abgewickelten Geschäfte einen Schaden in Höhe von 397.540,90 US-Dollar und durch die über den schweizerischen Broker getätigten Geschäfte Schäden in Höhe von 790.730,74 US-Dollar und 336.600 DM.
Der Kläger macht geltend, die Beklagten hätten ihn nicht ausreichend über die Risiken der Geschäfte aufgeklärt und durch den Abschluß einer Vielzahl von Geschäften Gebühren geschunden ("churning"). Die Beklagten erheben die Einrede der Verjährung.
Die Klage gegen die Beklagten zu 1 und 3 auf Zahlung von 2.221.604,94 DM nebst Zinsen und gegen die Beklagte zu 2 auf Zahlung von 790.730,74 US-Dollar und 336.300 DM ist beim Landgericht bis auf einen geringen Teil der Zinsen erfolgreich gewesen. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


Da die Beklagten zu 1 und 2 in der mündlichen Verhandlung trotz rechtzeitiger Ladung zum Termin nicht vertreten waren, war gegenüber ihnen über die Revision des Klägers durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Das Urteil ist jedoch auch insoweit keine Folge der Säumnis, sondern beruht auf einer Sachprüfung (vgl. BGHZ 37, 79, 81).
Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückweisung der Berufungen der Beklagten zu 1 und 2 sowie im Verhältnis zum Beklagten zu 3 zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


Das Berufungsgericht hat die Abweisung der Klage im wesentlichen wie folgt begründet:
Der Kläger habe gegen den Beklagten zu 3 keinen Schadensersatzanspruch gemäß § 826 BGB. Nachdem das Oberlandesgericht Hamm durch Urteil vom 28. Februar 2001 - 25 U 105/00 - die Risikoaufklärung der Beklagten zu 1 in dem formularmäßigen Vermittlungs- und Betreuungsvertrag sowie in der Broschüre "Grundlagen des Terminhandels" als ausreichend angesehen habe, könne dem Beklagten zu 3 bei sinngemäßer Anwendung der im Amtshaftungsrecht geltenden sogenannten Kollegialgerichts-Richtlinie nicht vorgeworfen werden, er habe eine Mangelhaftigkeit der Broschüre erkannt, dem Kläger eine ausreichende Aufklärung versagt und ihn bewußt geschädigt. Ein Schädigungsvorsatz des Beklagten zu 3 sei auch deshalb zu verneinen, weil er durch Neufassung der verwendeten Informationsbroschüre versucht habe , den gesteigerten Anforderungen der Rechtsprechung an die erforderliche Risikoaufklärung gerecht zu werden.
Die Beklagte zu 1 sei dem Kläger weder wegen Verschuldens bei Vertragsverhandlungen noch aus positiver Vertragsverletzung zum
Schadensersatz verpflichtet. Ihre Risikoaufklärung genüge wenn schon nicht gänzlich, so doch zumindest im wesentlichen den Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Der Vermittlungs- und Betreuungsvertrag weise unter der drucktechnisch dick hervorgehobenen Überschrift "Risikoaufklärung" auf den hochspekulativen Charakter von Termingeschäften , auf die überwiegende Wahrscheinlichkeit, das gesamte investierte Kapital zu verlieren, und auf die Bedeutung des Prämienaufschlages für die dadurch noch geringer werdenden Gewinnchancen und die weitere Erhöhung des Verlustrisikos hin. Auch die Informationsbroschüre über die Grundlagen des Terminhandels enthalte viele Hinweise auf Verlustrisiken und Gefahren. Der Kläger sei zudem nicht aufklärungsbedürftig gewesen. Er sei ausgebildeter Wirtschaftsprüfer und habe sich in seiner Dissertation u.a. mit Optionsanleihen und Termingeschäften befaßt. Da er innerhalb eines Jahres mehr als 2 Mio. DM mit Termingeschäften großen Stils verloren habe, liege die Annahme nahe, daß auch eine intensivere Risikoaufklärung bei ihm nichts gefruchtet hätte.
Der Kläger habe auch keinen Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zu 2. Da er bereits durch die Beklagte zu 1 hinreichend über die Risiken von Termingeschäften aufgeklärt worden sei, habe es keiner erneuten Aufklärung durch die Beklagte zu 2 bedurft.
Der Kläger mache ohne Erfolg geltend, der schweizerische Broker habe seine Einlagen überhaupt nicht an der Börse plaziert. Der Broker sei als Eigenhändler tätig geworden und zum Selbsteintritt bzw. Eigenhandel berechtigt gewesen.
Der Kläger habe auch nicht schlüssig vorgetragen, daß die Be- klagten Gebührenschinderei ("churning") betrieben hätten. Häufigkeit und Anzahl der von ihnen getätigten Kauf- und Verkaufsgeschäfte reichten dafür nicht aus.

II.


1. Klage gegen die Beklagte zu 1.

a) Die Begründung, mit der das Berufungsgericht die Klage gegen die Beklagte zu 1 abgewiesen hat, ist rechtsfehlerhaft.
aa) Die Beklagte zu 1 hat den Kläger entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht ausreichend über die Risiken der vermittelten Geschäfte aufgeklärt.
(1) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind gewerbliche Vermittler von Terminoptionen verpflichtet, Kaufinteressenten vor Vertragsschluß schriftlich die Kenntnisse zu vermitteln, die sie in die Lage versetzen, den Umfang ihres Verlustrisikos und die Verringerung ihrer Gewinnchance durch den Aufschlag auf die Optionsprämie richtig einzuschätzen. Dazu gehört neben der Bekanntgabe der Höhe der Optionsprämie auch die Aufklärung über die wirtschaftlichen Zusammenhänge des Optionsgeschäfts und die Bedeutung der Prämie sowie ihren Einfluß auf das mit dem Geschäft verbundene Risiko. So muß darauf hingewiesen werden, daß die Prämie den Rahmen eines vom Markt noch als vertretbar angesehenen Risikobereichs kennzeichnet und ihre Höhe
den noch als realistisch angesehenen, wenn auch weitgehend spekulati- ven Kurserwartungen des Börsenfachhandels entspricht. Ferner ist darzulegen , ob und in welcher Höhe ein Aufschlag auf die Prämie erhoben wird, und daß ein solcher Aufschlag die Gewinnerwartung verschlechtert, weil ein höherer Kursausschlag als der vom Börsenfachhandel als realistisch angesehene notwendig ist, um in die Gewinnzone zu kommen (vgl. BGHZ 105, 108, 110; 124, 151, 154 f.; BGH, Urteile vom 11. Januar 1988 - II ZR 134/87, WM 1988, 291, 293 und vom 6. Juni 1991 - III ZR 116/90, WM 1991, 1410, 1411; Senat, Urteile vom 13. Oktober 1992 - XI ZR 30/92, WM 1992, 1935, 1936, vom 1. Februar 1994 - XI ZR 125/93, WM 1994, 453, 454, vom 2. Februar 1999 - XI ZR 381/97, WM 1999, 540, 541 und vom 16. Oktober 2001 - XI ZR 25/01, WM 2001, 2313, 2314). In diesem Zusammenhang ist unmißverständlich darauf hinzuweisen , daß höhere Aufschläge vor allem Anleger, die mehrere verschiedene Optionen erwerben, aller Wahrscheinlichkeit nach im Ergebnis praktisch chancenlos machen. Die Aussagekraft dieses Hinweises, der schriftlich und in auch für flüchtige Leser auffälliger Form zu erfolgen hat, darf weder durch Beschönigungen noch auf andere Weise beeinträchtigt werden (Senat BGHZ 124, 151, 155 f.; Senat, Urteile vom 28. Mai 2002 - XI ZR 150/01, WM 2002, 1445, 1446 und vom 1. April 2003 - XI ZR 385/02, WM 2003, 975, 976 f.).
(2) Diesen Anforderungen genügen, wie der Senat bereits in seinem die Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm vom 28. Februar 2001 - 25 U 105/00 - aufhebenden Urteil vom 28. Mai 2002 - XI ZR 150/01, WM 2002, 1445 ausgesprochen hat, der formularmäßige Vermittlungs - und Betreuungsvertrag sowie die Broschüre "Grundlagen des Terminhandels" nicht.

(a) Der Vertrag vom 12. November 1993 enthält zwar sowohl auf der ersten Seite als auch unter der Überschrift "Risikoaufklärung" auf der zweiten Seite den Hinweis, daß der Aufschlag auf die Prämie die Gewinnchance reduziert und das Verlustrisiko erhöht, weil die Erzielung eines Gewinns eine Kursentwicklung voraussetzt, die der Börsenfachhandel für unrealistisch hält. Der entscheidende Hinweis, daß der Aufschlag vor allem Anleger, die - wie der Kläger - mehrere verschiedene Optionen erwerben, aller Wahrscheinlichkeit nach im Ergebnis praktisch chancenlos macht, fehlt aber. Dem Anleger wird die weitgehende Ausgrenzung der Gewinnchance vielmehr verschleiert, wenn im ersten Absatz der "Risikoaufklärung" der Möglichkeit, einen Spekulationsgewinn zu erzielen, verharmlosend nur eine überwiegende Wahrscheinlichkeit eines Gesamtverlustes gegenübergestellt wird. Abgesehen davon entbehrt der Hinweis in der - mit Ausnahme der Überschrift - kleiner als der übrige Vertragstext gedruckten Risikoaufklärung der auch für flüchtige Leser auffälligen Form.
(b) Auch die 22-seitige Broschüre "Grundlagen des Terminhandels" weist an keiner Stelle auf die praktische Chancenlosigkeit des Erwerbers mehrerer verschiedener Optionen hin. Sie erwähnt zwar wiederholt die Gefahr eines Totalverlustes des eingesetzten Kapitals, erweckt aber den falschen Eindruck, daß diesem Risiko realistische Gewinnchancen gegenüberstehen. Bereits auf der dritten Seite, auf der die Darstellung beginnt, wird im ersten Absatz der Gefahr des Totalverlustes die "Chance zu enormen Gewinnen" gegenübergestellt. Im dritten Absatz werden dem Anleger "erhebliche Gewinnmöglichkeiten" in Aussicht gestellt. Und im vierten Absatz verspricht die Beklagte zu 1, dem Kunden
immer nur das Geschäft zu empfehlen, das die "optimalen Gewinnchancen" verspricht. Die Darstellung auf den folgenden Seiten der Broschüre vertieft den falschen Eindruck realistischer Gewinnchancen und muß von aufklärungsbedürftigen Kunden zudem so verstanden werden, als ob ihre Gewinnchancen wesentlich von Angebot und Nachfrage (S. 7 der Broschüre ), d.h. von der Kursentwicklung abhingen und durch die Dienstleistungen der Beklagten zu 1 entscheidend verbessert würden. Nachdem sich die Beklagte zu 1 auf Seite 4 der Broschüre als erfolgreiche Beraterin und Vermittlerin von Termingeschäften vorgestellt hat, wird auf Seite 5 der von ihr versprochene "Informationsvorsprung" als "Basis des Erfolgs" bezeichnet. Der Optionshandel soll nach der drucktechnisch hervorgehobenen Überschrift auf Seite 12 der Broschüre "vielfältige Chancen für Könner" bieten. Auf Seite 17 wird unter der Überschrift "Starke Partner tragen zu unserem Erfolg bei." die "langjährig bewährte Partnerschaft mit international operierenden, renommierten Brokerhäusern" als "Basis der erfolgreichen Arbeit für unsere Klienten" hervorgehoben.
Diese Ausführungen lenken den Leser systematisch von der entscheidenden Bedeutung, den der Aufschlag auf die Optionsprämie für seine Gewinnchancen hat, ab. Dieser Gesichtspunkt wird erstmals auf Seite 10 der Broschüre erwähnt. Die hier und auf der letzten Seite der Broschüre gegebenen Hinweise werden aber nicht nur - wie dargelegt - durch ihren Kontext entwertet, sondern sind auch für sich betrachtet unzulänglich. Sie enthalten ebenso wie die Risikoaufklärung in dem Vertrag vom 12. November 1993, mit der sie weitgehend übereinstimmen, keinen Hinweis auf die praktische, vom Kläger auch nach seiner Aussage vor der Polizei nicht erkannte Chancenlosigkeit von Erwerbern mehrerer verschiedener Optionen, sondern beschränken sich auf die Aussage, daß
der Aufschlag auf die Optionsprämie die Gewinnchance reduziert und das Verlustrisiko erhöht, weil ein Gewinn einen höheren Kursausschlag voraussetzt, als er vom Börsenfachhandel erwartet wird. Ob der Aufschlag "die Gewinnchance zu stark reduziert oder vielleicht sogar zunichte" macht, wird der eigenen Prüfung des Anlegers überlassen. Dies reicht zur sachgerechten Aufklärung nicht aus.
bb) Auch die Auffassung des Berufungsgerichts, der Kläger sei nicht aufklärungsbedürftig gewesen, ist rechtsfehlerhaft.
(1) Gewerbliche Vermittler von Börsentermingeschäften trifft keine Aufklärungspflicht gegenüber Kunden, die über ausreichende Kenntnisse und Erfahrungen mit den vermittelten Geschäften verfügen oder sich - nicht ersichtlich unglaubwürdig - als erfahren gerieren und eine Aufklärung nicht wünschen (Senat, Urteile vom 14. Mai 1996 - XI ZR 188/95, WM 1996, 1214, 1216 und vom 24. September 1996 - XI ZR 244/95, WM 1997, 309, 311).
(2) Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Den Feststellungen des Berufungsgerichts und dem Sachvortrag der Parteien ist nicht zu entnehmen , daß der Kläger bereits vor Aufnahme der Geschäftsbeziehung zur Beklagten zu 1 Erfahrungen mit Terminoptionsgeschäften hatte und insbesondere die negativen Auswirkungen des hohen Gebührenaufschlags der Beklagten zu 1 auf sein Verlustrisiko kannte oder dies für sich in Anspruch nahm. Einschlägige Kenntnisse und Erfahrungen können auch nicht aufgrund seines Berufs als Wirtschaftsprüfer und seiner Dissertation , die u.a. Optionsanleihen und Termingeschäfte behandelt, unterstellt werden. Es fehlt jeder Anhaltspunkt dafür, daß der Kläger aufgrund sei-
ner beruflichen oder wissenschaftlichen Tätigkeit die spezifischen Risiken der von der Beklagten zu 1 vermittelten, durch hohe Gebührenaufschläge geprägten Geschäfte kannte.
Das Berufungsgericht beruft sich für seine gegenteilige Auffassung zu Unrecht auf sein Urteil vom 19. Oktober 2000, das durch die Nichtannahme der Revision durch Senatsbeschluß vom 26. Juni 2001 - XI ZR 333/00 - rechtskräftig geworden ist. Diese Entscheidung betrifft u.a. Schadensersatzansprüche aus einem Beratungs- und Vermögensverwaltungsvertrag eines promovierten Diplomingenieurs, der von einem Bankbetriebswirt privat betreut wurde, mit einer Bank. Dieser Fall ist mit dem vorliegenden, in dem der mit den Auswirkungen der hohen Gebührenaufschläge nicht vertraute Kläger nicht sachkundig beraten war, nicht vergleichbar.
cc) Rechtsfehlerhaft ist schließlich auch die Begründung, mit der das Berufungsgericht die Kausalität der Aufklärungspflichtverletzung für den Abschluß der vermittelten Geschäfte verneint hat.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs besteht eine tatsächliche Vermutung dafür, daß ein Anleger bei gehöriger Aufklärung die verlustreichen Geschäfte nicht abgeschlossen hätte (Senat BGHZ 124, 151, 163; Senat, Urteile vom 17. Mai 1994 - XI ZR 144/93, WM 1994, 1746, 1747, vom 16. Oktober 2001 - XI ZR 25/01, WM 2001, 2313, 2315 und vom 28. Mai 2002 - XI ZR 150/01, WM 2002, 1445, 1447).
Umstände, die diese Vermutung entkräften könnten, sind vom Berufungsgericht nicht festgestellt und von den Parteien nicht vorgetragen worden. Daß die unzulänglichen Risikohinweise in dem Vermittlungsund Betreuungsvertrag vom 12. November 1993 und in der Informationsbroschüre "Grundlagen des Terminhandels" den Kläger von den Geschäften , durch die er innerhalb eines knappen Jahres mehr als 2 Mio. DM verloren hat, nicht abgehalten haben, rechtfertigt nicht die Annahme, er wäre auch einer sachgerechten, seine praktische Chancenlosigkeit aufdeckenden Aufklärung nicht zugänglich gewesen, und reicht zur Entkräftung der Kausalitätsvermutung nicht aus.

b) Die Abweisung der Klage gegen die Beklagte zu 1 stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 563 ZPO a.F.).
aa) Die Beklagte zu 1 ist zum Ersatz des gesamten, mit der Klage geltend gemachten Schadens verpflichtet. Sie hat auch die Einlagen zu ersetzen, die der Kläger erst nach Übernahme der Geschäfte durch die Beklagte zu 2 und den schweizerischen Broker geleistet hat, weil ihre Aufklärungspflichtverletzung auch für diesen Schaden ursächlich geworden ist. Gegen die Berechnung der Schadenshöhe, die der Kläger auf die Differenz zwischen seinen Einlagen und den Rückzahlungen beziffert , hat die Beklagte zu 1 keine substantiierten Einwendungen erhoben.
bb) Die von der Beklagten zu 1 erhobene Einrede der Verjährung ist unbegründet. Die gemäß § 195 BGB a.F. für Ansprüche aus positiver Vertragsverletzung bzw. wegen Verschuldens bei Vertragsverhandlungen geltende 30-jährige Verjährungsfrist war bei Klageerhebung im März 1999 noch nicht abgelaufen.


c) Das angefochtene Urteil war daher, soweit es die Klage gegen die Beklagte zu 1 betrifft, aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPO a.F.). Da inso- weit weitere Feststellungen nicht zu treffen sind, konnte der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO a.F.) und das landgerichtliche Urteil wiederherstellen.
2. Klage gegen die Beklagte zu 2.

a) Die Ausführungen, mit denen das Berufungsgericht die Abweisung der Klage gegen die Beklagte zu 2 begründet hat, halten rechtlicher Überprüfung ebenfalls nicht stand. Die Auffassung des Berufungsgerichts , die Beklagte zu 2 habe den Kläger nicht erneut über die Risiken der vermittelten Geschäfte aufklären müssen, weil der Kläger bereits durch die Beklagte zu 1 hinreichend aufgeklärt gewesen sei, ist rechtsfehlerhaft. Die Aufklärung durch die Beklagte zu 1 war - wie dargelegt - nicht ausreichend.

b) Die Abweisung der Klage gegen die Beklagte zu 2 stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 563 ZPO a.F.).
aa) Der Kläger ist nicht durch die Beklagte zu 2 selbst ausreichend aufgeklärt worden. Im Revisionsverfahren ist zwar der Vortrag der Beklagten zu 2 zugrunde zu legen, ihr damaliger Mitgeschäftsführer, der frühere Beklagte zu 4, habe dem Kläger im Juli 1994 eine neue Informationsbroschüre "Kurz gefaßte Einführung in die Grundsätze des Termingeschäfts" ausgehändigt. Auch diese Broschüre genügt aber den Anforderungen an die Aufklärung von Anlegern nicht.

Die Broschüre enthält auf 16 eng bedruckten DIN A-4-Seiten Ausführungen über verschiedene Börsentermingeschäfte, Einzelheiten ihrer Abwicklung und damit verbundene Risiken. An verschiedenen Stellen (S. 1, 5, 7, 10) werden die Auswirkungen hoher Transaktionskosten auf die Gewinnchancen behandelt. Diese Hinweise erschließen sich dem Leser aber nur durch die zeitaufwendige Lektüre der gesamten Broschüre, die neben diesen Hinweisen umfangreiche weitere Ausführungen enthält, die zur Risikoaufklärung nichts beitragen und von ihr geradezu ablenken. Die gebotene, auch für den flüchtigen Leser auffällige Form der Risikoaufklärung ist mithin nicht gewahrt.
Auch der Inhalt der Aufklärung ist unzureichend. Die Risikohinweise bringen nicht klar genug zum Ausdruck, daß der von der Beklagten zu 2 erhobene Gebührenaufschlag Anleger, die - wie der Kläger - mehrere verschiedene Optionen erwerben, aller Wahrscheinlichkeit nach im Ergebnis praktisch chancenlos macht. Auf Seite 1 der Informationsbroschüre wird zwar unter der Überschrift "Risiken im Überblick" ausgeführt, daß die Gewinnchance um so geringer ist, je höher die Transaktionsbzw. Vermittlerkosten sind, und daß bei wiederholter Spekulation eine Gewinnchance nicht mehr existiert. Der Broschüre, die verschiedene Börsentermingeschäfte ("Termingeschäfte", "Forwardgeschäft", "Future oder Direktgeschäft", "Optionen") behandelt, ist aber nicht klar genug zu entnehmen, daß dies auch für die dem Kläger vermittelten Geschäfte gilt. Die für "Forwardgeschäfte im Forex-Markt" (S. 5), "Futures oder Direktgeschäfte" (S. 7) und "Optionen" (S. 10) gegebenen Hinweise, daß die Transaktionskosten einen Gesamterfolg der Spekulation unwahrscheinlich , wenn nicht gar unmöglich machen, werden in unzulässiger Weise
beschönigt, indem ein Zurückverdienen dieser Kosten als erforderlich bezeichnet wird. Dadurch wird der falsche Eindruck erweckt, das Zurückverdienen dieser Kosten sei realistisch und eröffne eine ernsthafte Gewinnchance.
bb) Die Beklagte zu 2 ist zum Ersatz des gesamten mit der gegen sie gerichteten Klage geltend gemachten Schadens verpflichtet. Gegen die Berechnung der Schadenshöhe, die der Kläger auf die Differenz zwischen seinen Einzahlungen, soweit sie für von der Beklagten zu 2 vermittelte Geschäfte verwandt worden sind, und den Rückzahlungen des schweizerischen Brokers beziffert, hat die Beklagte zu 2 keine substantiierten Einwendungen erhoben. Die Schadensersatzpflicht der Beklagten zu 2 umfaßt auch das bei Übernahme der Geschäfte im Juli 1994 vorhandene Guthaben aufgrund früherer Einzahlungen des Klägers, weil die unzureichende Aufklärung des Klägers durch die Beklagte zu 2 auch für den Einsatz und Verlust dieses Guthabens ursächlich geworden ist.

c) Das angefochtene Urteil war daher, auch soweit es die Klage gegen die Beklagte zu 2 betrifft, aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPO a.F.). Da die übrigen Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruches ebenso wie bei der Beklagten zu 1 vorliegen und weitere Feststellungen nicht zu treffen sind, konnte der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO a.F.) und das landgerichtliche Urteil auch insoweit wiederherstellen.
3. Klage gegen den Beklagten zu 3.

a) Die Begründung, mit der das Berufungsgericht die Klage gegen den Beklagten zu 3 abgewiesen hat, ist ebenfalls rechtsfehlerhaft.
aa) Der Vorsatz des Beklagten zu 3 im Sinne des § 826 BGB kann nicht aufgrund sinngemäßer Anwendung der sogenannten Kollegialgerichts -Richtlinie verneint werden. Die Richtlinie besagt, daß einen Beamten in der Regel kein Verschulden trifft, wenn ein mit mehreren Rechtskundigen besetztes Kollegialgericht die Amtstätigkeit als objektiv rechtmäßig angesehen hat (BGH, Urteil vom 16. Oktober 1997 - III ZR 23/96, WM 1998, 187, 188 m.w.Nachw.). Ob dieser Grundsatz auf Fälle außerhalb des Amtshaftungsrechts übertragbar ist, bedarf keiner Entscheidung. Er gilt jedenfalls dann nicht, wenn die Beurteilung des Kollegialgerichts auf einer unzureichenden tatsächlichen oder rechtlichen Grundlage beruht, etwa weil das Gericht den festgestellten Sachverhalt nicht sorgfältig und erschöpfend gewürdigt hat (BGH, Urteil vom 2. April 1998 - III ZR 111/97, BGHR BGB § 839 Abs. 1 Satz 1 - Verschulden 32, m.w.Nachw.).
So liegt es hier. Das Oberlandesgericht Hamm ist in seinem Urteil vom 28. Februar 2001 - 25 U 105/00 - von einem falschen rechtlichen Ansatzpunkt ausgegangen. Es hat verkannt, daß die Aufklärung den ausdrücklichen Hinweis enthalten muß, daß der Gebührenaufschlag Anleger , die - wie der Kläger - mehrere verschiedene Optionen erwerben, aller Wahrscheinlichkeit nach im Ergebnis praktisch chancenlos macht. Diesen Hinweis enthält das vom Beklagten zu 3 verwandte Aufklärungsmaterial nicht. Außerdem hat das Oberlandesgericht Hamm den formu-
larmäßigen Vermittlungs- und Betreuungsvertrag sowie die Informationsbroschüre "Grundlagen des Terminhandels" nicht vollständig gewürdigt, sondern einzelne Risikohinweise ohne Rücksicht auf ihren verharmlosenden und ablenkenden Kontext als ausreichend angesehen. Die nach Ansicht des Oberlandesgerichts Hamm ausreichenden Hinweise auf die Reduzierung der Gewinnchance durch den Gebührenaufschlag werden durch den weiteren Text des Aufklärungsmaterials, das den falschen Eindruck realistischer Gewinnchancen erweckt, entwertet.
bb) Der Vorsatz des Beklagten zu 3 kann auch nicht mit der Begründung verneint werden, der Beklagte zu 3 habe durch Neufassung der Informationsbroschüre den gesetzlichen Anforderungen an die Risikoaufklärung gerecht werden wollen. Den Feststellungen des Berufungsgerichts und dem Sachvortrag der Parteien ist nicht zu entnehmen, daß der Beklagte zu 3 jemals Informationsbroschüren oder sonstiges Aufklärungsmaterial verwandt hätte, das den strengen Anforderungen der Rechtsprechung des Senats genügte. Die Erteilung neu gefaßter, aber weiterhin unzureichender Aufklärung kann den Vorsatz im Sinne des § 826 BGB nicht ausschließen.

b) Die Abweisung der Klage gegen den Beklagten zu 3 stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 563 ZPO a.F.).
aa) Der Beklagte zu 3, der als Geschäftsführer der Beklagten zu 1 und 2 für die korrekte Aufklärung der Anleger Sorge zu tragen hatte (vgl. Senat, Urteile vom 28. Mai 2002 - XI ZR 150/01, WM 2002, 1445, 1446 und vom 1. April 2003 - XI ZR 385/02, WM 2003, 975, 977, jew.
m.w.Nachw.), hat den Abschluß der Optionsgeschäfte des Klägers ohne diese Aufklärung zumindest nicht verhindert.
bb) Die vom Beklagten zu 3 erhobene Einrede der Verjährung ist unbegründet. Ein etwaiger Anspruch des Klägers gemäß § 826 BGB verjährt gemäß § 852 Abs. 1 BGB a.F. in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in dem der Kläger von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangt. Dazu gehört, wenn - wie im vorliegenden Fall - Schadensersatz wegen unzureichender Aufklärung über die Risiken von Optionsgeschäften verlangt wird, die Kenntnis der Umstände, aus denen sich die Rechtspflicht zur Aufklärung ergibt (BGH, Urteile vom 10. April 1990 - VI ZR 288/89, WM 1990, 971, 973 und vom 31. Januar 1995 - VI ZR 305/94, VersR 1995, 551, 552; Senat, Urteile vom 29. Januar 2002 - XI ZR 86/01, WM 2002, 557, 558 und vom 28. Mai 2002 - XI ZR 150/01, WM 2002, 1445, 1447). Die Rechtspflicht zur Aufklärung über die Auswirkungen des Gebührenaufschlags auf die Gewinnchancen des Anlegers ergibt sich daraus, daß eine Gewinnerzielung unter Berücksichtigung dieser Gebühren einen höheren Kursausschlag als den vom Börsenfachhandel als realistisch angesehenen voraussetzt, und daß höhere Aufschläge Anleger, die mehrere verschiedene Optionen erwerben , aller Wahrscheinlichkeit nach im Ergebnis praktisch chancenlos machen. Erst die Kenntnis dieser die Aufklärungspflicht begründenden wirtschaftlichen Zusammenhänge ermöglicht dem Anleger die aussichtsreiche Geltendmachung eines Schadensersatzanspruches wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung (Senat, Urteile vom 28. Mai 2002 - XI ZR 150/01, WM 2002, 1445, 1447 und vom 1. April 2003 - XI ZR 385/02, WM 2003, 975, 976).
Daß der Kläger diese Umstände bereits drei Jahre vor Erhebung der Klage gegen den Beklagten zu 3 im März 1999 kannte, ist den Feststellungen des Berufungsgerichts und dem Parteivortrag nicht zu entnehmen. Das Forderungsschreiben des Klägers vom 30. Dezember 1995 an den Beklagten zu 4 erwähnt diese Umstände nicht. Ob sie dem Schreiben seiner Rechtsanwälte vom 16. April 1996 zu entnehmen sind, bedarf keiner Entscheidung, weil danach die dreijährige Verjährungsfrist durch die Klageerhebung im März 1999 rechtzeitig unterbrochen worden ist.

c) Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPO a.F.). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, war sie zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO a.F.). Dabei hat der Senat von der Möglichkeit des § 565 Abs. 1 Satz 2 ZPO a.F. Gebrauch gemacht.
Das Berufungsgericht wird Feststellungen zum Vorsatz des Beklagten gemäß § 826 BGB zu treffen haben. Dabei wird außer den schwerwiegenden Aufklärungsmängeln zu berücksichtigen sein, daß ein etwaiger Irrtum über die Reichweite der Aufklärungspflicht vorsätzliches
Handeln nicht ohne weiteres ausschließt (Senat BGHZ 124, 151, 163; Senat, Urteile vom 28. Mai 2002 - XI ZR 150/01, WM 2002, 1445, 1447 und vom 1. April 2003 - XI ZR 385/02, WM 2003, 975, 977, jew. m.w.Nachw.).
Nobbe Müller Joeres
Wassermann Mayen

(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 355/02 Verkündet am:
13. Januar 2004
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
BGB §§ 249 (Fb), 250, 276 (Hb, Hc)

a) Empfiehlt eine kreditgebende Bank einem Anlageinteressenten eine Beteiligung
an einem Bauherrenmodell, so muß sie ihn ungefragt informieren,
wenn die erzielten Mieterträge der in einem steuersparenden Bauherrenmodell
bereits erstellten Eigentumswohnungen nicht den im Anlageprospekt
prognostizierten Mieten entsprechen und die Vermietung der Wohnungen
Schwierigkeiten bereitet.

b) Ein Freistellungsanspruch wandelt sich in einen Zahlungsanspruch des Geschädigten
um, wenn der Schädiger jeden Schadensersatz ernsthaft und
endgültig verweigert und der Geschädigte Geldersatz fordert.

c) Zur Berechnung und Abwicklung des dem Anleger und Kreditnehmer entstandenen
Schadens.
BGH, Urteil vom 13. Januar 2004 - XI ZR 355/02 - KG Berlin
LG Berlin
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 13. Januar 2004 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe,
die Richter Dr. Müller, Dr. Joeres, Dr. Wassermann und die Richterin
Mayen

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 11. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 28. August 2002 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben , als das Berufungsgericht zum Nachteil der Beklagten entschieden hat.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache auf die Revision der Beklagten zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Die Anschlußrevision der Klägerin wird zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin begehrt aus eigenem und abgetretenem Recht ihres Ehemannes - eines Rechtsanwalts und Notars - von der beklagten Bank Schadensersatz wegen fehlerhafter Beratung und unzureichender Information im Zusammenhang mit einer Beteiligung an einem steuersparenden Bauherrenmodell. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Im September 1996 suchte der Ehemann der Klägerin die vormalige G.Bank (nachfolgend: Beklagte) auf, um ein Darlehen für eine Steuernachzahlung aufzunehmen. Der Kundenberater schlug ihm vor, die Steuerschuld durch eine Beteiligung an einem Bauherrenmodell "wegzudrücken", empfahl ein Kaufgespräch mit der W. Immobilien GmbH (nachfolgend: Bauträgerin), einer zur "G.Bank-Gruppe" gehörenden Gesellschaft, und veranlaßte die Übersendung des Emissionsprospekts für ein Objekt in der Nähe von B.. In dem Prospekt mit der Aufschrift "Ein Angebot der G. Bank-Gruppe" wurden noch zu erstellende Eigentumswohnungen im ersten von insgesamt fünf Bauabschnitten zum Kauf angeboten. Nach den Prognoseberechnungen des Herausgebers war mit Mieten von durchschnittlich 14 DM/qm und einer Mieterhöhung auf 15 DM/qm ab 2001 sowie mit weiteren jährlichen Steigerungen von 3% zu rechnen, wobei auf mögliche Abweichungen hingewiesen wurde.
Am 10. September 1996 fand ein Gespräch des damaligen Geschäftsführers der Bauträgerin und des Kundenberaters der Beklagten mit dem Ehemann der Klägerin in dessen Kanzlei statt, bei dem das Bauobjekt entsprechend den Prospektangaben als ein über die Bauträ-
gerin vermarktetes Produkt der Beklagten bezeichnet wurde. Zu diesem Zeitpunkt war bereits einem ihrer Vorstandsmitglieder bekannt, daß von 153 im Jahr 1995 und 12 im ersten Halbjahr 1996 verkauften Wohnungen nur 138 vermietet waren und die durchschnittliche Miete entgegen den Prospektangaben lediglich 13 DM/qm betrug. Gleichwohl riet der Geschäftsführer der Bauträgerin dem Ehemann der Klägerin im Hinblick auf angeblich eine Vielzahl von Mietinteressenten vom Abschluß eines Mietgarantievertrages ab.
Die Klägerin und ihr Ehemann schlossen am 23. September 1996 einen Kaufvertrag über zehn Eigentumswohnungen mit Pkw-Stellplätzen in dem Objekt zu einem Preis von 3.083.643 DM ab. Zur Finanzierung des Geschäfts erhielt der Ehemann der Klägerin, der alle mit dem Erwerb der Wohnungen verbundenen Kosten allein trug, von der Beklagten am 27. November/5. Dezember 1996 einen Realkredit über 2.740.000 DM und außerdem zur privaten Disposition Kontokorrentkredite von insgesamt 896.000 DM. Nach Zahlung des Kaufpreises übernahmen die Eheleute die Wohnungen ab Mai 1997, konnten sie aber erst im Laufe der nächsten drei Jahre zu Preisen zwischen 10 DM/qm und 13,04 DM/qm vermieten. Über das Vermögen der Bauträgerin wurde am 1. Oktober 1998 das Gesamtvollstreckungsverfahren eröffnet.
Nach Ansicht der Klägerin ist die Beklagte für die falschen oder unvollständigen Prospektangaben über die Ertragsfähigkeit der erworbenen Eigentumswohnungen verantwortlich und aufgrund eines Beratungsund eines vorvertraglichen Aufklärungsverschuldens verpflichtet, den gezahlten Kaufpreis einschließlich aller angefallenen Kosten sowie die
infolge der Rückabwicklung des Kaufvertrages zu erwartenden Steuernachzahlungen abzüglich der Mieteinnahmen zu ersetzen.
Das Landgericht hat die auf Zahlung von 2.292.870,50 Zinsen Zug-um-Zug gegen Übereignung der zehn Eigentumswohnungen und Abtretung sie betreffender Gewährleistungsansprüche gerichteten Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat ihr in Höhe von 1.841.497,50 en. Mit der - zugelassenen - Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils, die Klägerin mit der Anschlußrevision eine vollumfängliche Verurteilung.

Entscheidungsgründe:


Die Revision der Beklagten ist begründet; sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die Anschlußrevision der Klägerin ist nicht begründet.

I.


Das Berufungsgericht hat eine Schadensersatzhaftung der Beklagten bejaht und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt:
Die Klägerin sei aktivlegitimiert. Es könne offenbleiben, ob sie als Miterwerberin der Eigentumswohnungen aus eigenem Recht gegen die
Beklagte vorgehen könne, weil sie in jedem Fall aufgrund der Abtretungsvereinbarung vom 16. Dezember 1999 den ihrem Ehemann zustehenden Schadensersatzanspruch geltend machen könne. Das Abtretungsverbot des § 399 BGB finde keine Anwendung. Die Schadensersatzforderung des Ehemannes sei nicht auf Freistellung von der zur Finanzierung des Kaufpreises begründeten Darlehensverbindlichkeit, sondern auf Geld gerichtet. Nachdem die Zahlungsansprüche der Bauträgerin unstreitig unter Einsatz der Darlehensvaluta befriedigt worden seien, fehle es bereits an der erforderlichen tatsächlichen Beschwernis mit einer Verbindlichkeit gegenüber einem Dritten. Die "Freistellung" von der Kreditverbindlichkeit diene nur der Vereinfachung, nämlich der Abkürzung des Zahlungswegs und der Miterfassung noch entstehender Kreditkosten. Dies ändere indessen nichts daran, daß der Zahlungsanspruch und der Anspruch auf Freistellung Ausprägungen ein und desselben Anspruchs auf Vermögensausgleich seien.
Unbeschadet der Frage, ob die Beklagte eine im Rahmen der Prospekthaftung relevante Garantenstellung innegehabt habe, führe ihr Engagement auf seiten der Bauträgerin zu einer Haftung wegen Aufklärungs - oder Beratungsverschuldens gegenüber dem Zedenten. Dadurch, daß der Anlageberater der Beklagten ihn auf das Anlageobjekt hingewiesen , das Prospektmaterial besorgt und die Vertragsverhandlungen mit der Bauträgerin begleitet habe, sei jedenfalls der Tatbestand einer Anlagevermittlung erfüllt. Der dadurch begründeten Pflicht zur richtigen und vollständigen Information über die für den Anlageentschluß bedeutsamen Umstände sei die Beklagte nicht nachgekommen. Vielmehr hätte ihr Kundenberater den aufklärungsbedürftigen Ehemann der Klägerin bei dem Gespräch vom 10. September 1996 - auch im Hinblick auf die beab-
sichtigte "Großinvestition" - darauf hinweisen müssen, daß von 160 verkauften Wohnungen nur 138 vermietet seien und die Durchschnittsmiete nicht wie im Prospekt angegeben 14 DM/qm, sondern lediglich 13 DM/qm betrage. Ferner sei er über Risiken für die Verwirklichung der weiteren Bauabschnitte und über die Liquiditätsprobleme der Bauträgerin zu informieren gewesen.
Die von der Beklagten zu verantwortenden Fehlvorstellungen des Ehemannes der Klägerin seien für die Anlageentscheidung auch ursächlich geworden. Im Wege des Schadensersatzes könne die Klägerin verlangen , so gestellt zu werden, wie sie und ihr Ehemann gestanden hätten , wenn die Anlageentscheidung nicht getroffen worden wäre. Die Beklagte habe daher den für das Anlageobjekt gezahlten Kaufpreis in Höhe von 3.083.643 DM, die im Zusammenhang mit der Investition angefallenen Nebenkosten über 70.772 DM, die Kreditkosten von insgesamt 636.731,23 DM und die Kosten der Bewirtschaftung von 104.612,76 DM zu ersetzen, was unter Abzug der Mieteinnahmen den ausgeurteilten Betrag von 3.601.656,10 DM (= 1.841.497,50 !
Die im Falle der Rückabwicklung des Bauträgervertrages auf die Klägerin und ihren Ehemann zukommenden Steuernachzahlungen über # +-, 546 451.373,06 " %$& ' ( ) * %. / '/ ( 0 213 / rden aus der Kapitalanlage erwachsene Vorteile ausgeglichen, die andernfalls schadensmindernd zu berücksichtigen wären. Nach § 252 BGB umfasse der Schadensersatzanspruch des Anlegers zwar grundsätzlich auch den entgangenen Gewinn, der ihm ohne das schädigende Ereignis zugeflossen wäre. Es gebe aber keinen allgemeinen Erfahrungssatz des Inhalts, daß die Beteiligung an einem Bauherrenmodell immer gewinn-
bringend sei. Daß sich der Ehemann der Klägerin an einem anderen - erfolgreichen - Bauobjekt beteiligt hätte und dort die angestrebten Steuervorteile realisiert worden wären, sei nicht substantiiert dargelegt.

II.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung im wesentlichen stand, berücksichtigen aber nicht alle für die Berechnung und Abwicklung des Schadens des Zedenten erheblichen Umstände.
A. Revision der Beklagten
1. Das Berufungsgericht hat die Klägerin im Ergebnis zutreffend als berechtigt angesehen, die an sie abgetretenen Schadensersatzansprüche ihres Ehemannes geltend zu machen. Entgegen der Ansicht der Revision war die Abtretung nicht gemäß § 399 BGB ausgeschlossen. Danach kann zwar eine Forderung nicht abgetreten werden, wenn die Leistung an einen anderen als den ursprünglichen Gläubiger nicht ohne Veränderung seines Inhalts erfolgen kann. Eine auf Befreiung von einer Verbindlichkeit gerichtete Forderung ist daher im allgemeinen nicht abtretbar (BGHZ 12, 136, 141; 41, 203, 205; BGH, Urteil vom 12. März 1993 - V ZR 69/92, WM 1993, 1557, 1559 m.w.Nachw.). Daraus vermag die Revision aber nichts für sich herzuleiten. Dabei kann offenbleiben, ob der Ansicht des Berufungsgerichts gefolgt werden könnte, nach der der Schadensersatzanspruch des Ehemannes der Klägerin gegen die Beklagte in seiner Gesamtheit von vornherein auf Geld und nicht nach
§ 257 BGB auf Befreiung von der zur Finanzierung der Kapitalanlage begründeten Darlehensverbindlichkeiten gerichtet war. Darauf kommt es nicht entscheidend an, weil ein etwaiger Befreiungsanspruch gemäß § 250 Satz 2 BGB in einen Geldanspruch übergegangen ist.
Diese Vorschrift eröffnet dem Geschädigten die Möglichkeit, unabhängig von den §§ 249 Abs. 2, 251 BGB zu einem Anspruch auf Geldersatz zu gelangen, wenn er dem Ersatzpflichtigen erfolglos eine Frist zur Herstellung, d.h. hier Haftungsfreistellung, mit Ablehnungsandrohung setzt. Dem steht es nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gleich, wenn der Schuldner die geforderte Herstellung oder überhaupt jeden Schadensersatz ernsthaft und endgültig verweigert. Dann wandelt sich der Freistellungsanspruch in einen Zahlungsanspruch um, wenn der Geschädigte Geldersatz fordert (BGH, Urteile vom 7. Januar 1965 - VII ZR 28/63, WM 1965, 287, 289, vom 11. Juni 1986 - VIII ZR 153/85, WM 1986, 1115, 1117, vom 26. Februar 1991 - XI ZR 331/89, WM 1991, 1002, vom 29. April 1992 - VIII ZR 77/91, WM 1992, 1074, 1076, vom 12. März 1993 - V ZR 69/92, WM 1993, 1557, 1559 f., vom 31. Januar 1996 - VIII ZR 243/94, WM 1996, 1282, 1283 und vom 10. Februar 1999 - VIII ZR 70/98, WM 1999, 779, 781).
So liegt der Fall hier. Die Beklagte hat von Anfang an nicht nur die Aktivlegitimation der Klägerin bestritten, sondern eine Schadensersatzverpflichtung insbesondere aus einem Beratungsverschulden schon dem Grunde nach strikt abgelehnt. Für die Klägerin und ihren Ehemann mußte sich daher der Eindruck aufdrängen, daß eine Nachfrist die Beklagte nicht umstimmen würde, sondern lediglich eine leere und sinnlose Förmelei wäre.

2. Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht ein Aufklärungs- und Beratungsverschulden der Beklagten gegenüber dem Zedenten zu Recht bejaht.

a) Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats kommt zwischen der Bank und ihrem Kunden konkludent ein Beratungsvertrag zustande, wenn - gleichgültig ob auf Initiative des Kunden oder aber der Bank - im Zusammenhang mit einer Anlageentscheidung tatsächlich eine Beratung stattfindet (Senat BGHZ 123, 126, 128, Urteile vom 28. Januar 1997 - XI ZR 22/96, WM 1997, 662 f. und vom 24. September 2002 - XI ZR 345/01, WM 2002, 2281, 2283, insoweit in BGHZ 152, 114 ff. nicht abgedruckt). Das war hier der Fall.
Die Beklagte hat dem Ehemann der Klägerin, der lediglich ein Darlehen zur Begleichung einer Steuernachzahlung aufnehmen wollte, von sich aus geraten, die Steuerschuld durch Beteiligung an einem Bauherrenmodell "wegzudrücken", dafür das Modell einer Bauträgerin, an der sie über eine Tochtergesellschaft maßgeblich beteiligt war, empfohlen , die Übersendung des Emissionsprospekts veranlaßt und sich außerdem auch noch an dem entscheidenden Verkaufsgespräch über zehn Eigentumswohnungen zu einem Preis von mehr als drei Millionen DM beteiligt.

b) Aufgrund des danach konkludent geschlossenen Beratungsvertrages war die Beklagte unter anderem zu einer zutreffenden, negative Fakten nicht verschweigenden, aktuellen Information über das Anlageobjekt , dessen Rentabilität und die damit verbundenen spezifischen Risi-
ken verpflichtet. Denn nur aufgrund von Informationen, die ein zutreffen- des aktuelles Bild über die empfohlene Anlage boten, war der Ehemann der Klägerin, der der Beklagten besonderes Vertrauen entgegenbrachte und erkennbar von deren besonderen Kenntnissen und Verbindungen hinsichtlich des Anlageobjekts profitieren wollte, in der Lage, eine sachgerechte Anlageentscheidung zu treffen.
Diese Pflichten hat die Beklagte entgegen der Ansicht der Revision zumindest hinsichtlich der Ertragsfähigkeit der von der Klägerin und ihrem Ehemann erworbenen Eigentumswohnungen verletzt. Als das Gespräch zwischen dem Ehemann der Klägerin und dem damaligen Geschäftsführer der Bauträgerin in Gegenwart des Kundenberaters der Beklagten im September 1996 geführt wurde, stand ein erheblicher Teil der bereits erstellten Eigentumswohnungen mindestens seit einem halben Jahr leer. Gleichwohl erklärte der Geschäftsführer der Bauträgerin, ohne daß der Kundenbetreuer der Beklagten dem entgegentrat, angesichts der Vielzahl von Mietinteressenten sei der Abschluß eines Mietgarantievertrages nicht sinnvoll. Zudem betrug die tatsächlich erzielte Miete durchschnittlich nur 13 DM/qm und nicht wie im Prospekt prognostiziert 14 DM/qm. Darauf mußte der Kundenberater den Ehemann der Klägerin - wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat - ungefragt hinweisen.
Dem kann - anders als die Revision meint - nicht entgegengehalten werden, daß die Abweichung der Mieterträge von den Prospektangaben zu geringfügig gewesen sei, um eine Aufklärungspflicht der Beklagten zu begründen. Zwar mag die zum damaligen Zeitpunkt bestehende Mietdifferenz in Höhe von rund 1 DM/qm auf den ersten Blick nicht sehr
bedeutsam erscheinen. Schon die Tatsache, daß die Vermietung der Eigentumswohnungen ins Stocken geraten war, konnte aber für sich genommen einen zur Vorsicht neigenden Anleger vom Kauf abhalten. Darüber hinaus war es nicht nur die aktuelle Mietdifferenz, die den Ertrag und damit den Verkehrswert der Immobilie herabminderte. Vielmehr mußten auch die im Prospekt prognostizierten Mietsteigerungen angesichts der im September 1996 in B. und im B. Umland bestehenden Marktverhältnisse und deren voraussichtlicher Entwicklung nach unten korrigiert werden. Von einer nur geringfügigen, die Bagatellgrenze nicht überschreitenden und für die Anlageentscheidung unbedeutenden Wertbeeinträchtigung kann unter solchen Umständen angesichts des beabsichtigten Kaufs von zehn Eigentumswohnungen keine Rede sein.
Ob die Ertragsangaben und prognostizierten Mietsteigerungen bei Erstellung des Prospektes realistisch waren, ist entgegen der Auffassung der Revision ohne Bedeutung. Die Pflichtverletzung der Beklagten beruht nicht auf einem ihr zuzurechnenden Prospektfehler, sondern allein darauf , daß die zum Zeitpunkt der vertraglich geschuldeten Information bestehende Vermietungssituation und Ertragslage sowie deren voraussichtliche Entwicklung in den nächsten Jahren verschwiegen wurden.

c) Die Beklagte hat ihre Pflicht, über die Höhe der durchschnittlich erzielten Miete und die Vermietungssituation aktuell und richtig zu informieren , auch schuldhaft verletzt. Das gilt auch dann, wenn ihr tätig gewordener Kundenberater darüber nicht informiert gewesen sein sollte. Aufgrund des Projektstandsberichts von Mai 1996 steht fest, daß die aufklärungsbedürftigen Umstände einem Vorstandsmitglied der Klägerin bekannt waren. Dieses Wissen mußte bei ordnungsgemäßer Organisati-
on der Kommunikation zum Schutze des Ehemanns der Klägerin, der nicht allein deshalb schlechter gestellt werden darf, weil Vertragspartner nicht eine natürliche Person, sondern eine Bank mit organisationsbedingter Wissensaufspaltung ist, akten- oder EDV-mäßig dokumentiert, für alle mit der Vermarktung des Bauträgermodells befaßten Mitarbeiter verfügbar gehalten und von ihnen genutzt werden. Daß das über die erforderlichen Kenntnisse verfügende Vorstandsmitglied der Beklagten an dem Vertrag mit dem Ehemann der Klägerin nicht mitgewirkt und davon möglicherweise nichts gewußt hat, ist deshalb ohne Belang (vgl. BGHZ 109, 327, 331; 117, 104, 108; 132, 30, 35 ff.; 135, 202, 205; BGH, Urteil vom 13. Oktober 2000 - V ZR 349/99, WM 2000, 2515, 2516).

d) Die schuldhafte Beratungspflichtverletzung der Beklagten ist für die Anlageentscheidung des Ehemanns der Klägerin auch ursächlich geworden. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (siehe z.B. BGHZ 61, 118, 121 f.; 151, 5, 12; Senatsurteile vom 28. Mai 2002 - XI ZR 150/01, WM 2002, 1445, 1447 und vom 21. Oktober 2003 - XI ZR 453/02, ZIP 2003, 2242, 2245) ist zu vermuten, daß die in einem wesentlichen Punkt falsche oder unvollständige Beratung für die Anlageentscheidung ursächlich war. Diese tatsächliche Vermutung hat die Beklagte nicht widerlegt.

e) Ebenso ist gegen die von der Klägerin gewählte Art der Schadensberechnung entgegen der Auffassung der Revision nichts einzuwenden.
aa) Bei schuldhafter Verletzung eines Beratungsvertrages kann der Anleger von dem Schädiger nach dem in § 249 Satz 1 BGB normier-
ten Grundsatz der Naturalrestitution regelmäßig verlangen, so gestellt zu werden, als hätte er sich an dem Anlagemodell nicht beteiligt (st.Rspr., siehe etwa BGH, Urteile vom 2. Dezember 1991 - II ZR 141/90, WM 1992, 143 f. und vom 13. Januar 2000 - III ZR 62/99, WM 2000, 426, 429). Dabei genügt für den Nachweis eines Vermögensschadens, daß die Kaufsache den gezahlten Kaufpreis nicht wert ist oder wenn trotz Werthaltigkeit des Kaufgegenstandes die mit dem Vertrag verbundenen Verpflichtungen und sonstigen Nachteile durch die Vorteile nicht ausgeglichen werden (vgl. BGH, Urteil vom 26. September 1997 - V ZR 29/96, WM 1997, 2309, 2311). Daß die Klägerin und ihr Ehemann danach durch die Anlageentscheidung einen Schaden erlitten haben, liegt angesichts der Tatsache, daß der geminderte Ertragswert der Eigentumswohnungen für deren Verkaufswert von wesentlicher Bedeutung ist, auf der Hand.
bb) Anders als die Revision meint, gibt es auch keinen sachlichen Grund, der es rechtfertigt, die Schadensersatzpflicht auf einen angemessenen Ausgleich des Minderwerts der Kaufsache zu beschränken. Da die Beklagte dem Ehemann der Klägerin eine umfassende Information über die Vor- und Nachteile der Anlage schuldete, ist eine derartige Art der Schadensabwicklung - wie auch das Berufungsgericht ausdrücklich betont hat - aus dem Schutzzweck der verletzten Pflicht nicht herzuleiten (vgl. Senatsurteile, BGHZ 116, 209, 212, vom 5. Mai 1992 - XI ZR 242/91, WM 1992, 1355, 1357 und vom 16. Juni 1992 - XI ZR 166/91, WM 1992, 1269, 1271). Eine andere Beurteilung entspräche auch nicht den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung (siehe z.B. BGHZ 69, 53, 56; 111, 75, 82; BGH, Urteil vom 4. April 2001 - VIII ZR 32/00, WM 2001, 1118, 1120 f.) im Rahmen der vorvertraglichen Verschuldenshaftung des Verkäufers entwickelten Grundsätzen, nach denen der Käu-
fer zwischen einer angemessenen Herabsetzung des überhöhten Kaufpreises und einer Rückgängigmachung des Kaufvertrages frei wählen kann.

f) Der Revision ist auch nicht zu folgen, soweit sie sich auf ein Mitverschulden des Ehemannes der Klägerin beruft. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (siehe etwa BGH, Urteil vom 26. September 1997 - V ZR 65/96, NJW-RR 1998, 16 m.w.Nachw.) kann der Informationspflichtige dem Geschädigten grundsätzlich nicht nach § 254 Abs. 1 BGB entgegenhalten, er habe den Angaben nicht vertrauen dürfen und sei deshalb für den entstandenen Schaden mitverantwortlich. Die gegenteilige Annahme stünde im Widerspruch zum Grundgedanken der Aufklärungs- und Beratungspflicht. Daß der Ehemann der Klägerin als Rechtsanwalt und Notar die allgemeinen Risiken einer derartigen Kapitalanlage kannte, macht ihn nicht weniger schutzwürdig als andere Personen, die auf die Richtigkeit und Vollständigkeit einer Beratung vertrauen.
3. Indessen hat das Berufungsgericht nicht alle für die Schadensberechnung und -abwicklung erheblichen Umstände berücksichtigt.

a) Nach dem in § 249 Satz 1 BGB normierten Grundsatz der Naturalrestitution kann die Klägerin aus den dargelegten Gründen von der Beklagten verlangen, so gestellt zu werden, wie sie und ihr Ehemann ohne die Anlageentscheidung stünden. Ihr sind daher - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - der für den Erwerb der zehn Eigentumswohnungen gezahlte Kaufpreis in Höhe von 3.083.643 DM, die im Zusammenhang mit der Investition angefallenen Nebenkosten über
70.772 DM, die auf die Finanzierungsdarlehen entfallenden Kreditkosten von insgesamt 636.731,23 DM und die Kosten der Bewirtschaftung von 104.612,76 DM unter Anrechnung der Mieteinnahmen zu ersetzen. Dabei hat das Berufungsgericht jedoch nicht beachtet, daß auch die Darlehensverträge , die ohne das Beratungsverschulden der Beklagten nicht abgeschlossen worden wären, gemäß § 249 Satz 1 BGB rückabzuwikkeln sind. Bei der Schadensberechnung sind deshalb nicht nur die angefallenen Kreditkosten, sondern auch die aufgrund der Anlageentscheidung ausgereichten Darlehen zu berücksichtigen. Andernfalls würden die Klägerin und ihr Ehemann - wie die Revision vor allem in der mündlichen Verhandlung zu Recht geltend gemacht hat - wirtschaftlich wesentlich besser stehen als sie vor dem Kauf der Eigentumswohnungen standen. Da nicht festgestellt ist, in welcher Höhe die Finanzierungsdarlehen valutieren , ist dem erkennenden Senat eine eigene Entscheidung über die in Abzug zu bringenden Beträge nicht möglich. Die angefochtene Entscheidung war daher aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, soweit das Berufungsgericht zum Nachteil der Beklagten entschieden hat.

b) Ferner wird das Berufungsgericht zu berücksichtigen haben, daß die Klägerin und ihr Ehemann nicht nur abzutretende Gewährleistungsansprüche über 1.370.287,94 DM aus dem Kauf der Eigentumswohnungen im Gesamtvollstreckungsverfahren der W. Immobilien GmbH beim Amtsgericht C. unter Aktenzeichen ..., sondern ebensolche Ansprüche über 2.003.358 DM im Gesamtvollstreckungsverfahren der W. Verwaltungs GmbH unter Aktenzeichen ... angemeldet haben. Im Tenor des Berufungsurteils wurden indes nur die erst-
genannten Gewährleistungsansprüche berücksichtigt, obwohl die Anmeldung der Ansprüche über 2.003.358 DM im Tatbestand des Berufungsurteils ausdrücklich aufgeführt ist.
B. Anschlußrevision der Klägerin
Das Berufungsgericht hat einen Schadensersatzanspruch der Klägerin in Höhe der bei Rückabwicklung des Kaufvertrages zu erwartenden Steuernachzahlungen jedenfalls im Ergebnis zu Recht verneint.
1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (siehe etwa BGHZ 74, 103, 114 ff.; BGH, Urteil vom 11. Oktober 2001 - III ZR 288/00, WM 2001, 2262, 2264 m.w.Nachw.) stellen Steuernachforderungen , die nach Rückabwicklung eines steuersparenden Rechtsgeschäfts zu erwarten sind, grundsätzlich keinen Schaden gemäß § 249 BGB dar, weil durch sie die aus der Anlageentscheidung erwachsenen Steuervorteile kompensiert werden, die andernfalls zugunsten des Schädigers schadensmindernd zu berücksichtigen wären. Der Einwand der Anschlußrevision , die Klägerin habe die aus der Anlageentscheidung entstandenen Vorteile bereits vorab in Abzug gebracht, greift nicht. Zwar hat sie bei der Schadensberechnung die Mieteinnahmen berücksichtigt, nicht jedoch die finanziellen Vorteile die ihr und/oder ihrem Ehemann dadurch entstanden sind, daß sie als Eigentümer der Wohnungen steuerliche Sonderabschreibungen in Anspruch genommen haben.
2. Entgegen der Ansicht der Anschlußrevision ist die Klage auf Ersatz entgangener Steuervorteile auch nicht gemäß § 252 BGB begrün-
det, weil die Klägerin und ihr Ehemann sich ohne die Pflichtverletzung der Beklagten an einem anderen Steuersparmodell beteiligt und dadurch erfolgreich Steuern gespart hätten. Zwar schließt die auf den Grundsatz der Naturalrestitution (§ 249 Satz 1 BGB) gestützte Inanspruchnahme der Beklagten die Geltendmachung eines Schadens wegen entgangenen Gewinns gemäß § 252 BGB nicht aus. Richtig ist auch, daß an die Darlegung des entgangenen Gewinns entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts keine strengen Anforderungen zu stellen sind, sondern der Klägerin nach dieser Vorschrift - wie bei § 287 ZPO - gewisse Erleichterungen bei der Darlegungslast zugute kommen. Die Wahrscheinlichkeit einer Gewinnerzielung aufgrund einer zeitnahen alternativen Investitionsentscheidung kann aber grundsätzlich nur mit Hilfe einer konkreten Berechnung festgestellt werden. Dazu reicht es nicht aus, daß ein positiver Aspekt des hypothetischen Geschäfts, hier steuerliche Abschreibungsvorteile , herausgegriffen wird, ohne ihm die Kosten und Nachteile gegenüberzustellen , die mit der Anlageentscheidung verbunden gewesen wären. Nur die Differenz ergibt den wahrscheinlich eingetretenen Gewinn im Sinne des § 252 Satz 2 BGB (BGH, Urteil vom 24. September 1999 - V ZR 71/99, WM 1999, 2510, 2512). Dazu fehlt ausreichendes Vorbringen der Klägerin.
Diese hat ohne jede Konkretisierung des Objekts, der damit verbundenen Aufwendungen und der Rendite lediglich behauptet, ihr Ehemann und sie hätten, wenn sie von der Beklagten richtig beraten worden wären, in ein anderes steuersparendes Bauherrenmodell investiert, dadurch ihre Steuerbelastung um 688.749,83 DM vermindert und Zinsen auf die jetzt zu erwartende Steuernachzahlung vermieden. Dieser Vortrag ist, worauf die Beklagte in den Vorinstanzen mehrfach hingewiesen
hat, ersichtlich unsubstantiiert. Die auf § 139 ZPO gestützte Rüge der Revision, auch das Berufungsgericht habe sie darauf hinweisen müssen, hat der Senat geprüft, aber nicht für durchgreifend erachtet (§ 564 Satz 1 ZPO).

III.


Der Revision der Beklagten war daher stattzugeben und die Anschlußrevision der Klägerin zurückzuweisen.
Nobbe Müller Joeres
Wassermann Mayen

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.

(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen.

(2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 31. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Stuttgart, Az. 31 O 29/08 KfH, vom 26. September 2008 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 929.679,78 Euro zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27.03.2008 zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche weitere, zukünftige Schäden zu ersetzen, die ihr aus dem am 16.03.2005 mit der Referenznummer 1114192 L geschlossenen Zinsswap noch entstehen.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 571.680,55 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 313.180,55 Euro seit dem 27.03.2008 bis 29.07.2008 sowie aus 435.680,55 Euro vom 30.07.2008 bis 22.02.2009 sowie aus 571.680,55 Euro seit dem 23.02.2009 zu zahlen.

4. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von der weiteren Zahlungsverpflichtung von 136.000,00 Euro aus dem am 02.11.2005 mit der Referenznummer 1163323 geschlossenen CMS-Spread-Sammler-Swap freizustellen.

5. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche weitere, zukünftige Schäden zu ersetzen, die ihr aus dem am 02.11.2005 mit der Referenznummer 1163323 geschlossenen CMS-Spread-Sammler-Swap noch entstehen.

II. Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

III. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrages abwenden, es sei denn, die Klägerin leistet vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert und Beschwer der Beklagten: 1.657.360,33 Euro

Gründe

 
I.
1.
Die Klägerin ist ein mittelständisches Unternehmen aus dem Bereich des Maschinen- und Anlagenbaus und verlangt von ihrer früheren Hausbank Schadensersatz im Zusammenhang mit dem Abschluss von zwei Zinsswap-Verträgen.
Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen. Sie werden wie folgt ergänzt:
Die Beklagte schloss mit der Klägerin am 28.03.2002 einen Rahmenvertrag über Finanztermingeschäfte (Anlage K1) sowie am 21.11.2003 einen Anhang zum Rahmenvertrag über die vorzeitige Erfüllung durch Ausgleichszahlung (Anlage K2). Die Parteien hatten in der Folgezeit fünf verschiedene Swap-Verträge abgeschlossen, darunter einen 3-Monats-EURIBOR-Zinsswap und einen EURIBOR-Ladder-Swap. Diese sind nicht im Streit. Gegenstand des Rechtsstreits sind ein weiterer sog. "Ladder-Swap" und ein sog. "CMS-Spread-Sammler-Swap".
Zum Ladder-Swap:
Die Beklagte übergab der Klägerin ein auf den 3. Februar 2005 datierendes Strategiepapier  "Strukturierter und vorzeitig mit Ausgleichszahlung beendbarer EUR-Zinsswap mit Euribor-Koppelung - "Ladder-Swap mit MTC" (Anlage B18). Es hatte auszugsweise folgenden Inhalt:
Kundenpositionierung und Markterwartung
- Sie haben einen Finanzierungsbedarf bzw. bestehende Finanzierungen in EUR
- Sie möchten Ihre Zinsbelastung für die kommenden Jahre reduzieren
- Sie rechnen in den nächsten Jahren nicht mit einem steilen Anstieg des 3-Monats-Euribors.
10 
- Diese Markterwartung möchten Sie zur Verbilligung Ihrer bestehenden EUR-Finanzierung nutzen.
11 
- (…)
12 
Strategievorschlag:
13 
Abschluss eines strukturierten EUR-Zinsswaps mit Euribor-Koppelung ("Ladder-Swap")
14 
Chancen
15 
Verbleibt der 3-Monats-EURIBOR auf dem derzeitigen Stand oder steigt er nur geringfügig und wird der Swap von der (Beklagten) nicht vorzeitig beendet, so verbilligen Sie Ihre Finanzierung auf die folgenden Perioden.
16 
Risiken
17 
- Bei einem starken Anstieg des 3-Monats-EURIBOR verringert sich Ihre Verbilligung. Ergibt die o.g. Formel unter Einbeziehung des Zinssatzes der vorherigen Periode und des festgestellten 3-Monats-EURIBOR einen Zinssatz von mehr als 3,50%, so schlägt die Strategie zur Zinsverbilligung ins Gegenteil um und Sie zahlen für diese Periode einen höheren Zinssatz, als Sie von der (Beklagten) empfangen. Bei entsprechender Entwicklung des 3-Monats-EURIBOR ist für die folgende Periode eine Verbilligung unter Umständen wieder möglich.
18 
- Worst Case": Da die Entwicklung des 3-Monats-EURBIOR nicht voraussehbar ist, kann kein "wort-case" beziffert werden, d.h. die Strategie ist bei einer für Sie ungünstigen Entwicklung des Referenzzinssatzes mit einem theoretisch unbegrenzten Verlustrisiko verbunden.
19 
Das Strategiepapier enthielt 3 Szenarioanalysen im Tabellenformat zur Darstellung der Zahlungsverpflichtungen, bezogen auf einen Basiswert von 11 Mio Euro. Das erste Szenario sah eine nahezu gleichmäßige kontinuierliche Steigerung des 3-Monats-EURIBOR während der 20 Perioden der Laufzeit von 2,14% auf 3,68% vor und endete mit einer "Zinsersparnis" in Höhe von ca. 1,4 Mio Euro. Das zweite Szenario stellte beginnend bei einem 3-Monats-EURIBOR in Höhe von 2,14% eine halbjährliche Steigerung von 0,25 Prozentpunkten dar und schloss mit einer "Zinsersparnis" in Höhe von ca. 1,19 Mio Euro. Das dritte Szenario enthielt eine vierteljährliche Steigerung des 3-Monats-EURIBOR um 0,2 Prozentpunkte und schloss mit einer negativen "Zinsersparnis" in Höhe von ca. 1,5 Mio Euro.
20 
Die im Rahmen einer Präsentation der Beklagten vom 25.02.2005 verwendeten Präsentationsfolien (Anlage K3) enthielten ähnliche Hinweise. Auch die Szenarien ähnelten denen des Strategiepapiers mit der Abweichung, dass - bezogen auf leicht geänderte Vertragsdaten - das zweite Szenario einen geringfügig niedrigeren Gewinn und das dritte Szenario einen deutlich kleineren Verlust (96.000 Euro) auswiesen.
21 
Die Klägerin entschloss sich zum Abschluss des angebotenen Ladder-Swaps, allerdings mit einem reduzierten Bezugsbetrag in Höhe von 5 Mio Euro. Die hierüber getroffene Vereinbarung vom 18./23.03.2005 (Anlage K4) sah im Wesentlichen folgende Zahlungsbedingungen vor:
22 
Bezugsbetrag:
5 Mio Euro (wird nicht gezahlt, sondern ist nur
Basis für Zinsberechnung)
Laufzeit:
18.03.2005 - 18.03.2010 (vorbehaltlich
einer Anpassung)
Fälligkeitstermine und
Zinsfeststellungstermine:
vierteljährlich
Zahlungsverpflichtung
der Beklagten:
3,60% p.a. (fest)
Zahlungsverpflichtung
der Klägerin:
        
Erstes Jahr (4 Perioden):    
2,00% p.a. (fest)
Ab der 5. Periode:
Variabel nach folgender Formel:
        
Zinssatz der Vorperiode ./. Abschlag + Basissatz
Basissatz:
3-Monats-EURIBOR
Abschlag:
anfänglich 2,80%, im Jahresrhythmus um 0,50% steigend
Zinsfeststellung:
Der Vertragszinssatz wurde für jede Zinsperiode anhand
des zum jeweiligen Feststellungstag gültigen Zinssatzes
des 3-Monats-EURIBOR festgesetzt
Mindestzinssatz
der Klägerin:
0,00%
23 
Zudem hatte die Beklagte ein Recht zur vorzeitigen Beendigung ohne Ausgleichszahlung zu bestimmten Terminen. Unstreitig ist zudem ein beidseitiges Kündigungsrecht gegen Ausgleichszahlung zu jährlichen Beendigungsterminen ab 2008.
24 
Der Ladder-Swap hatte zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses einen - aus Sicht der Klägerin - negativen Marktwert. Die Beklagte hatte Kosten für Risikoabsicherung, Kapitalkosten und Abwicklungskosten sowie ihren Ertrag in den Ladder-Swap einkalkuliert, woraus sich auf der Grundlage von Bewertungsmethoden ein negativer Marktwert ergab. Diesen teilte die Beklagte der Klägerin nicht mit.
25 
Zum CMS-Spread-Sammler-Swap
26 
Die Beklagte stellte der Klägerin mit Strategiepapier vom 13.05.2005 (Anlage K5) sowie Präsentationsfolien vom 13.05.2005 (Anlage K6) einen CMS-Spread-Sammler-Swap vor. Im Strategiepapier machte sie u.a. folgende Angaben:
27 
Kundenpositionierung und Markterwartung
28 
- Sie verfügen über bestehende Euro-Finanzierungen bzw. -Anlagen
29 
- Sie möchten die hieraus resultierenden Zinszahlungen optimieren.
30 
- Sie rechnen damit, dass sich die Differenz zwischen dem 10-Jahres- und dem 2-Jahres-EUR-Swapsatz (…) innerhalb der nächsten 5 Jahre nicht deutlich verringern wird, d.h. dass die Zinsstrukturkurve nicht wesentlich flacher wird.
31 
- Diese Markterwartung über die CMS-Differenz ("CMS-Spread") möchten Sie zur Optimierung Ihrer bestehenden EUR-Finanzierung bzw. -anlagen um bis zu 1,10% nutzen.
32 
- Sollte Ihre Markterwartung nicht eintreten und sich die Differenz zwischen dem 10-Jahres-EUR-Swapsatz und dem 2-Jahres-EUR-Swapsatz verringern, so sind Sie bei einer erheblichen Verringerung bereit, eine Erhöhung Ihrer Zinsbelastung bzw. Reduzierung Ihrer Zinseinnahme in Kauf zu nehmen, wobei die Höhe Ihrer Zinszahlung auf 7% begrenzt ist.
33 
Strategievorschlag:
34 
Abschluss eines strukturierten EUR-Zinsswaps mit CMS-Spread-Koppelung
35 
Risiko:
36 
- Bei einem starken Rückgang der Differenz zwischen dem 10-Jahres-EUR-Swapsatz und dem 2-Jahres-EUR-Swapsatz verringert sich zunächst Ihre Verbilligung. Je höher die Anzahl der Tage in einer Periode, an denen die Differenz zwischen EUR CMS10 und EUR CMS2 unterhalb der jeweils gültigen strikes festgestellt wird, desto höher wird der Zinssatz, den Sie für diese Periode an die (Beklagte) zahlen, maximal bis zu 7,00%
37 
- Ihre Zinsvergünstigung wird bei einer Verringerung der Zinsdifferenz zwischen dem EUR CMS10 und EUR CMS2 unter die strikes zunächst aufgezehrt. Liegt der Zinsunterschied an mehr als 13 Bankarbeitstagen pro Periode (unter der Annahme von insgesamt 120 Bankarbeitstagen in der Periode) unter den strikes, so schlägt diese Verbilligungsstrategie ins Gegenteil um und Sie zahlen einen höheren Zinssatz an die (Beklagte), als Sie von der Bank empfangen.
38 
In dem Strategiepapier und der Präsentation wurde zudem der historische Verlauf des Spreads dargestellt sowie ein Histogramm der CMS-Spreads seit 1995. Dabei wurde das Histogramm beispielhaft erläutert, dass an 23 von 2621 Beobachtungstagen die Differenz zwischen dem CMS10-Satz und dem CMS2-Satz zwischen 0,03 und 0,40% lag. Wegen der weiteren Hinweise wird auf die Anlage K6 Bezug genommen.
39 
Die Klägerin entschied sich zum Abschluss des Swap-Vertrages. Die Vertragsbestandteile wurden im schriftlichen Vertrag vom 19./27.05.2005 festgehalten und hatten folgenden wesentlichen Inhalt:
40 
Bezugsbetrag:
5 Mio Euro (wird nicht gezahlt, sondern ist
nur Basis für Zinsberechnung)
Laufzeit:
27.07.2005 - 27.07.2010 (vorbehaltlich
einer Anpassung)
Fälligkeitstermine und
Zinsfeststellungstermine:    
Halbjährlich
Zahlungsverpflichtung
der Beklagten:
3,10% p.a. (fest)
Zahlungsverpflichtung
der Klägerin:
Variabel nach folgender Formel:
        
2,00% + 5,00% p.a. x (2N : D)
Schwelle:
0,82%
        
N = Anzahl der Bankarbeitstage im jeweiligen
Berechnungszeitraum, an dem die Differenz
zwischen dem 10-Jahres-Swap-Satz und dem
2-Jahres-Swap-Satz kleiner 0,82% ist
        
D = Anzahl der Bankarbeitstage
im Berechnungszeitraum.
Zinsfeststellung:
Der Vertragszinssatz wurde für jede Zinsperiode
anhand der zum jeweiligen Feststellungstag
gültigen Zinssätze festgesetzt
Höchstzinssatz
der Klägerin:
7,00%
41 
Nachdem der Vertrag sich für die Klägerin ungünstig entwickelte, vereinbarten die Parteien eine rückwirkende Restrukturierung des Vertrages. Die Beklagte überließ der Klägerin erneut ein Strategiepapier vom 31.10.2005 (Anlage K8) sowie Präsentationsfolien (Anlage K9). Die geänderten Konditionen hielten die Parteien in der Vereinbarung vom 11.11./07.12.2005 (Anlage K10) fest. Geändert wurden insbesondere folgende Werte:
42 
Zahlungsverpflichtung    
der Klägerin:
Variabel nach folgender Formel:
        
2,00% + 6,00% p.a. x (2N : D)
Schwelle:
0,735%
Höchstzinssatz
der Klägerin:
8,00% (zwischen den Parteien ist allerdings
ein Höchstsatz von 7,00% unstreitig)
43 
Auch der CMS-Spread-Sammler-Swap hatte bei Vertragsschluss einen negativen Marktwert in Höhe der von der Beklagten einkalkulierten Kosten und Gewinnmarge.
44 
Zum weiteren Verlauf
45 
Die Klägerin beendete am 16.06.2007 den Ladder-Swap gegen Ausgleichszahlung an die Beklagte in Höhe von 1.015.500 Euro. Am 22.01.2009 (im Laufe des Berufungsverfahrens) beendete sie den CMS-Spread-Sammler-Swap gegen eine vereinbarte Ausgleichszahlung in Höhe von 272.000 Euro. Davon zahlte die Klägerin lediglich 136.000 Euro an die Beklagte. Erstinstanzlich hat die Klägerin die Rückzahlung ihrer Verluste, die Freistellung von zukünftigen Verbindlichkeiten aus dem Vertrag sowie die Feststellung einer Schadensersatzverpflichtung der Beklagten begehrt.
2.
46 
Das Landgericht hat der Klage unter Berücksichtigung eines 50prozentigen Mitverschuldens der Klägerin stattgegeben. Zwischen den Parteien sei ein Beratungsvertrag zu Stande gekommen. Die Beklagte habe ihre Verpflichtung zur objektgerechten Beratung erfüllt. Die schriftlichen Risikohinweise seien ausreichend gewesen. Die Mitarbeiter der Klägerin hätten von sich aus zum Ausdruck bringen müssen, wenn sie weitergehende Informationen für erforderlich gehalten hätten. Die Funktionsweise der Swaps sei anhand der Unterlagen erklärt worden. Die Risiken der Swap-Verträge seien ausreichend dargestellt worden. Der Hinweis auf den "worst case" habe genügt. Die Eintrittswahrscheinlichkeit eines solchen Falles sei anhand der Unterlagen ausreichend erkennbar gewesen, um der durch Betriebswirte vertretenen Klägerin eine eigenständige Anlageentscheidung zu ermöglichen. Die Beklagte habe der Klägerin nicht ihr Eigeninteresse verschwiegen. Die geschäftserfahrene Klägerin musste davon ausgehen, dass die vorliegenden Rechtsgeschäfte der Gewinnerzielung der Beklagten dienen sollten und dass diese daher eine ihr zufließende Marge bei der Konstruktion des sekundären Finanzproduktes eingepreist habe. Ein Hinweis darauf sowie auf ihre Kalkulation sei deshalb nicht erforderlich gewesen. Daher habe die Beklagte auch nicht auf den anfänglichen negativen Marktwert hinweisen müssen. Kaufleuten sei bekannt, dass, wenn sie einen gegenseitig verpflichtenden Vertrag abschließen, eine sofortige Beendigung des Vertrages zu einem negativen Vertragswert für den führt, der sich von dem Vertrag lösen will.
47 
Die Beklagte habe die Klägerin jedoch nicht anlegergerecht beraten. Die Beklagte habe in ihrem Informationsmaterial vielfach auf die Zinsbelastung der Klägerin Bezug genommen. Das habe für die Mitarbeiter der Klägerin bedeuten müssen, dass die Anlagegeschäfte zumindest in einem mittelbaren Zusammenhang mit den Zinsverpflichtungen der Klägerin aus ihren Kreditverträgen standen. Die Beklagte wäre daher verpflichtet gewesen darauf hinzuweisen, dass bei den vorliegenden sekundären Finanzprodukten die Chancen und vor allem die Risiken sich nicht in vergleichbaren Dimensionen bewegen müssen, wie der gegenwärtige Zinsaufwand der Klägerin. Die Beklagte habe auch mit der Möglichkeit rechnen müssen, dass die Klägerin trotz der Hinweise auf den "worst case" nicht mit einer den gegenwärtigen Zinsaufwand übersteigenden Eintrittswahrscheinlichkeit rechnen würde.
48 
Die Klägerin müsse sich jedoch ein Mitverschulden in Höhe von 50% anrechnen lassen. Sie hätte anhand der Unterlagen erkennen können, dass die Finanzprodukte wegen ihres Risikopotenzials nicht für ihren Unternehmensgegenstand geeignet waren.
3.
49 
Das Urteil wurde der Klägerin am 02.10.2008 und der Beklagten am 06.10.2008 zugestellt. Beide habe dagegen fristgerecht (Montag, 03.11.2008 bzw. 29.10.2008) Berufung eingelegt und diese jeweils innerhalb verlängerter Frist begründet.
50 
Die Beklagte hält ihre Beratung für anlegergerecht und ist der Auffassung, die landgerichtlichen Feststellungen würden den Ausführungen zur objektgerechten Beratung widersprechen. Das Landgericht habe bei seiner Begründung nicht zwischen den beiden Swap-Verträgen differenziert. Bei dem CMS-Spread-Sammler-Swap sei das Verlustrisiko erkennbar und betragsmäßig begrenzt gewesen. Aus der objektgerechten Beratung habe die Klägerin ihr hohes Verlustrisiko auch bei dem Ladder-Swap erkennen können, zumal sie bereits Erfahrungen mit Swap-Verträgen gehabt habe. Eine etwaige Pflichtverletzung sei nicht kausal für den Schaden, weil die Klägerin die Swap-Verträge angesichts der Möglichkeit der Gewinne ohne Einsatz von Kapital auch dann abgeschlossen hätte, wenn sie über die Höhe der potentiellen Risiken aufgeklärt worden wäre. Das Mitverschulden der Klägerin betrage zudem 100%, weil sie das hohe Risiko habe erkennen können. Eine hilfsweise erhobene Widerklage hat die Beklagte später zurückgenommen. Im Übrigen wiederholt und vertieft sie - auch mit Blick auf die Berufungsangriffe der Klägerin - ihre erstinstanzlichen Ausführungen und verteidigt das Urteil, soweit es Beratungsfehler verneint hat.
51 
Die Klägerin greift das Urteil an, weil sie die Berücksichtigung des Mitverschuldens in Höhe von 50% für nicht sachgerecht hält. Dies begründet sie unter anderem - und hilfsweise zur Stützung des landgerichtlichen Urteils gegen die Angriffe der Berufung der Beklagten - mit einer nicht objektgerechten Aufklärung. Die Preisregelung sei intransparent und verstoße gegen AGB-Recht. Es sei nicht ausreichend über die Höhe der Verlustrisiken aufgeklärt. Die tatsächliche Risikostruktur hätte anhand finanzmathematischer Kennzahlen (Value at Risk, Potential Future Exposure) dargestellt werden können. Bezüglich des CMS-Spread-Sammler-Swaps hätten Informationen gefehlt, wie hoch der durchschnittliche Spread lag. Die Präsentationsunterlagen hätten ein Unterschreiten der vereinbarten Barriere unwahrscheinlicher erscheinen lassen, als es tatsächlich war. Die Beklagte hätte über die Höhe der einstrukturierten Gewinnmarge aufklären müssen, um den Interessenkonflikt offen zu legen. Der Vertrieb der Swap-Verträge zur Zinsoptimierung sei irreführend, weil sie keinen Bezug zu den vermeintlich zu kompensierenden Grundgeschäften aufwiesen. Im Übrigen wiederholt und vertieft die Klägerin ihr erstinstanzliches Vorbringen und verteidigt das landgerichtliche Urteil, soweit es einen Beratungsfehler angenommen hat.
52 
Wegen der Einzelheiten des umfangreichen Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze in beiden Instanzen Bezug genommen.
53 
Nachdem die Klägerin zunächst noch entsprechend der erstinstanzlich gestellten Anträge die Verurteilung der Beklagten beantragt hat, hat sie nach Beendigung des CMS-Spread-Sammler-Swap gegen Ausgleichszahlung ihre Anträge umgestellt.
54 
Die Klägerin beantragt:
55 
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 929.679,78 Euro zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
56 
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche weitere, zukünftige Schäden zu ersetzen, die aus dem am 16.03.2005 mit der Referenznummer 1114192 L geschlossenen Zinsswap noch entstehen.
57 
3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 571.680,55 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 313.180,55 Euro ab Rechtshängigkeit bis 29.07.2008 sowie aus 435.680,55 Euro vom 30.07.2008 bis 22.02.2009 sowie aus 571.680,55 Euro seit dem 23.02.2009 zu zahlen.
58 
4. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von der weiteren Zahlungsverpflichtung von 136.000,00 Euro aus dem am 02.11.2005 mit der Referenznummer 1163323 geschlossenen CMS-Spread-Sammler-Swap freizustellen.
59 
5. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin die weiteren, zukünftigen Schäden zu ersetzen, die ihr aus dem am 02.11.2005 mit der Referenznummer 1163323 geschlossenen CMS-Spread-Sammler-Swap noch entstehen.
60 
Die Beklagte beantragt:
61 
1. Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
62 
2. Die Klage wird abgewiesen.
63 
Die Klägerin beantragt:
64 
Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
65 
Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung vom 03.02.2010 einen Mitarbeiter der Beklagten, der für die Konstruktion und Produktentwicklung von Derivaten zuständig ist, als informierten Vertreter der Beklagten angehört. Diesbezüglich wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung (GA 510 ff.) verwiesen.
II.
66 
Die gem. § 511 ZPO statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und mit einer Begründung versehene Berufung der Klägerin ist zulässig und begründet. Die Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg. Die Klage, insbesondere die Feststellungsklage, ist zulässig (1.). Die Beklagte hat die Klägerin pflichtwidrig fehlerhaft sowohl im Zusammenhang mit dem Ladder Swap (2.) als auch mit dem CMS Spread Sammler Swap (3.) beraten.
67 
1. Zulässigkeit des Feststellungsantrags
68 
Die Feststellungsklage ist gem. § 256 ZPO zulässig, weil ein rechtliches Feststellungsinteresse besteht. Die Klägerin macht geltend, dass ihr auf Grund der geforderten Schadensersatzleistungen der Beklagten Steuernachteile entstehen können, die nicht durch vorherige Steuervorteile kompensiert werden können.
69 
2. Schadensersatz im Zusammenhang mit dem Ladder Swap
70 
Die Beklagte schuldet der Klägerin Schadensersatz wegen einer fehlerhaften Beratung beim Abschluss des Ladder Swaps. Zwischen den Parteien ist ein Beratungsvertrag zustande gekommen (a.). Dabei hat die Beklagte ihre Pflicht zur objektgerechten (b.) und anlegergerechten (c.) Beratung verletzt und eine fehlerhafte Empfehlung (d.) abgegeben. Die Pflichtverletzung war schuldhaft (e.) und hat bei der Klägerin kausal (f.) den geltend gemachten Schaden (g.) entstehen lassen. Ein Mitverschulden der Klägerin ist nicht anzurechnen (h.).
71 
a. Beratungsvertrag
72 
Tritt ein Anlageinteressent an eine Bank oder der Anlageberater einer Bank an einen Kunden heran, um über die Anlage eines Geldbetrages beraten zu werden bzw. zu beraten, so wird das darin liegende Angebot zum Abschluss eines Beratungsvertrages stillschweigend durch die Aufnahme des Beratungsgesprächs angenommen (std. Rspr. vgl. BGH Urt. v. 06.07.1993, XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126; Urt. v. 21.03.2006, XI ZR 63/05, WM 2006, 851). Dabei spielt es keine Rolle, ob die Beratungsleistung entgeltlich oder unentgeltlich erfolgt (BGH Urt. v. 04.03.1987, IVa ZR 122/85, BGHZ 100, 117; Urt. v. 13.01.2004, XI ZR 355/02, zit.n.juris; Siol in Schimansky/Bunte/Lwowski (S/B/L), Bankrechts-Handbuch, 3. Aufl. § 43 Rn. 7).
73 
Das Landgericht hat den Abschluss eines Beratungsvertrages angenommen. Das ist zutreffend, weil die Beklagte als Hausbank der Klägerin an diese herangetreten ist und konkret eine Empfehlung zur "Zinsoptimierung" (Präsentationsfolie Anlage K3, S. 10) im Hinblick auf die steigenden Avalzinsen sowie die Belastung mit Kreditzinsen unterbreitet hat und somit unaufgefordert einen Rat erteilt hat. Diese landgerichtlichen Feststellungen nehmen die Parteien hin.
74 
Aus dem Beratungsvertrag, der gegenüber dem später abgeschlossenen Swap-Vertrag eine selbständige Bedeutung hat, folgt die Pflicht zur vollständigen, verständlichen und richtigen Beratung über das Anlageobjekt (objektgerechte Beratung). Das empfohlene Anlageobjekt muss zudem auf den Kunden zugeschnitten, also anlegergerecht sein (std. Rspr, vgl. nur: BGH Urt. v. 06.07.1993, XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126; Urt. v. 21.03.2006, XI ZR 63/05, WM 2006, 851; Braun/Lang/Loy in: Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang (E/S/C/L), Praktikerhandbuch Wertpapier- und Derivategeschäft, Rn. 192 ff.). Bewertungen und Empfehlungen müssen hingegen ex ante betrachtet lediglich vertretbar sein. Das Risiko, dass sich eine Anlageentscheidung im Nachhinein als falsch erweist, trägt der Anleger (BGH Urt. v. 14.07.2009, XI ZR 152/08, WM 2009, 1647; Urt. v. 21.03.2006, XI ZR 63/05, WM 2006, 851).
75 
b. Objektgerechte Beratung
76 
In Bezug auf das Anlageobjekt hat sich die Beratung auf diejenigen Eigenschaften und Risiken zu beziehen, die für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können. Dabei ist zwischen den allgemeinen Risiken (Konjunkturlage, Entwicklung des Börsenmarktes) und den speziellen Risiken zu unterscheiden, die sich aus den individuellen Gegebenheiten des Anlageobjekts (Kurs-, Zins- und Währungsrisiko) ergeben (std. Rspr, BGH Urt. v. 06.07.1993, XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126). Diese Pflichten hat die Beklagte verletzt. Sie hat die Klägerin nicht darüber aufgeklärt, dass es sich bei dem Ladder-Swap um ein synthetisches, von ihr konstruiertes Finanzinstrument und Glücksspiel handelt, dessen Chancen und Risiken derart intransparent sind, dass sie nur mittels anerkannter Risikomodelle beurteilt werden können (aa.). Sie hat es unterlassen, die Klägerin auf ein in das Finanzinstrument von ihr einstrukturiertes erhöhtes Verlustrisiko hinzuweisen (bb.). Zudem wurden die Einflüsse der Volatilität des 3-Monats-EURIBOR in Verbindung mit dem Ladder-Effekt in der Zinsformel nicht dargestellt (cc.). Bezüglich aller Aspekte war die Klägerin aufklärungsbedürftig (dd.).
77 
aa. Risikobeurteilung mit Hilfe von Risikomodellen
78 
Bei Zinsswap-Geschäften handelt es sich in der Regel um sehr komplexe, von der emittierenden Bank frei konstruierte Verträge, in denen verschiedene Optionen, Risiken und Chancen einstrukturiert sind (1). Die Chancen und Risiken sind für den Anleger nicht transparent und durchschaubar (2). Die emittierenden Banken verfügen hingegen über geeignete Risikomodelle und Berechnungsmethoden, um das Risiko festzulegen und darzustellen (3). Der Swap-Vertrag stellt sich so als Glücksspiel dar, das die Parteien mit ungleichen Mitteln spielen (4). Dies führt zu einer Pflicht der Bank, den Kunden auf den Charakter des Vertrages und die Notwendigkeit einer professionellen, auf Risikomodellen beruhenden Risikoabschätzung hinzuweisen (5).
79 
(1) Ein Zinsswap-Geschäft ist ein OTC-Geschäft (over the counter), also ein individuell vereinbartes Geschäft zwischen zwei Vertragsparteien, das nicht über die Börse gehandelt wird. Das Bezugskapital (hier: 5 Mio. Euro) wird nicht bezahlt. Die Parteien tauschen lediglich Zins-Zahlungsströme aus, die jeweils zu den vertraglich vereinbarten Fälligkeitsterminen saldiert werden. Bei dieser Konstruktion kann es über die gesamte Laufzeit des Vertrages nur einen Gewinner geben. Das ist die Partei, die bis zum Vertragsende per Saldo weniger gezahlt hat als sie von der Gegenpartei empfangen hat. Dabei kann es vorkommen, dass anfängliche, für den Anleger positive Salden durch spätere höhere negative Salden übertroffen werden. Am Ende der Laufzeit ist der Gewinn der einen Partei immer identisch mit dem Verlust der anderen Partei (wenn man die Zinsvorteile, die aus den unterschiedlichen Zeitpunkten der periodischen Zahlungen entstehen können, vernachlässigt).
80 
Der Zinsswap ist ein synthetisches Finanzinstrument, das von der emittierenden Bank unter Einstrukturierung beliebiger Faktoren frei gestaltet werden kann und wird. Er kann in einer einfachen Form in dem Austausch eines Festzinssatzes gegen einen beliebigen Geld- oder Kapitalmarktzinssatz bestehen, wobei zum Ausgleich der verschiedenen Zinshöhen ein Abschlag (strike) auf einen der beiden Zinssätze vereinbart wird. Hierbei handelt es sich um einen Prozentsatz, der bis auf zwei oder drei Dezimalstellen hinter dem Komma festgelegt wird. Ein Swap kann aber auch einen Austausch eines variablen Zinssatzes (z.B. 6-Monats-EURIBOR) gegen einen anderen variablen Zinssatz (z.B. 10-Jahres-Swapsatz) enthalten. Weiter kann für eine Partei ein variabler Zinssatz gewählt werden, der sich nur mittelbar aus anderen Zinskurven ableitet, beispielsweise aus dem Verhältnis (Abstand) zweier Zinssätze zueinander (Spread) oder aus der Häufigkeit (Quote) der Unterschreitung bestimmter Schwellenwerte einer Zinskurve oder gar eines Spreads multipliziert mit einem Zinssatz. Es können Hebel in die Zinsformel einkalkuliert werden, die bei dem Eintritt bestimmter Ereignisse überproportionale Verluste oder Gewinne generieren. Weiter können die Verlustrisiken für eine oder beide Parteien durch Kündigungsrechte mit und ohne Ausgleichszahlungen, Mindest- oder Höchstzinssätze, durch an Vorperioden anknüpfende sich fortschreibende Zinssätze und zahlreiche weitere Strukturelemente beliebig beeinflusst werden. Häufig werden Zinsswapverträge mit einer anfänglichen Prämie bzw. garantierten positiven Salden für einige Zinsperioden zu Gunsten des Kunden strukturiert, um den Vertrag für ihn attraktiv erscheinen zu lassen. Diese können später durch gegenläufige Elemente kompensiert werden. Zudem ist eine nahezu beliebige Kombination der Elemente möglich. Sie münden in eine mehr oder weniger komplizierte Berechnungsformel für den variablen Zinssatz einer Partei.
81 
(2) Swap-Verträge werden häufig auf der Basis von bestimmten "Zinsmeinungen" angeboten, beispielsweise bezüglich des voraussichtlichen Anstiegs des 3-Monats-EURIBOR oder des wachsenden Abstands (Spread) zwischen einem Geld- und einem Kapitalmarktzinssatz für den bevorstehenden Vertragszeitraum. Die Zinsmeinung mag eine erste Motivation für die Wahl einer bestimmten Konstruktion eines Zinsswaps sein. Als ausschlaggebende oder gar alleinige Entscheidungsgrundlage für den Abschluss eines konkret angebotenen Vertrages ist sie hingegen untauglich, weil sie unzureichend die Auswirkung der einstrukturierten Optionen erfasst und bewertet. Vielleicht mag ein Vertragspartner noch eine "Meinung" über die voraussichtliche Entwicklung der absoluten Höhe eines bestimmten Zinssatzes (z.B. 12-Monats-EURIBOR) in einem überschaubaren Zeitraum haben. Ohne professionelle Hilfsmittel ist jedoch bereits nicht mehr vorstellbar, dass er diese Meinung bezogen auf beispielsweise 20 konkrete Zinsfeststellungstermine über die Dauer von 5 Jahren hat. Hierfür müsste der Vertragspartner u.a. auch die Volatilität des entsprechenden Zinssatzes berücksichtigen, die beispielsweise dazu führen kann, dass der Basiszins an einem Fälligkeitstermin vorübergehend weit überdurchschnittlich hoch ist und für eine Zinsperiode zu einem starken negativen Saldo führt. Je nach dem Stand des Basiszinssatzes zu den einzelnen Fälligkeitsterminen können die Zahlungsströme in unterschiedlicher Höhe positiv oder negativ für den Anleger sein, was den voraussichtlichen Gesamtsaldo, zumal unter Berücksichtigung von Kündigungsoptionen, nicht mehr einschätzbar macht. Noch weniger abschätzbar sind die Chancen eines Zinswaps, wenn die Zinszahlungslast nicht unmittelbar von der Höhe eines Basiszinssatzes abhängt, sondern das Unterschreiten eines definierten Schwellenwertes lediglich ein Ereignis darstellt, das Grundlage für den Faktor bildet, mit dem ein anderer Zinssatz zu multiplizieren ist. Komplexer wird es, wenn dabei nicht auf den Schwellenwert eines Marktzinssatzes (z. B. 3-Monats-EURIBOR), sondern auf den eines Spreads (Differenz zwischen zwei Marktzinssätzen) abgestellt wird. Die Kurve des Spreads (Zinsstrukturkurven) zwischen zwei Geld- oder Kapitalmarktzinssätzen wird nicht durch die absolute Höhe der beiden Zinssätze bestimmt, sondern hängt von den wechselnden Marktbedingungen für lang- und kurzfristige Kredite ab. So kann der Wert des Spreads steigen, obwohl die Kreditzinsen fallen. Um das Risiko eines solchen Vertrages abschätzen zu können, muss der Anleger wissen, auf Grund welcher Faktoren das Verhältnis der beiden Zinssätze, die den Spread bilden, beeinflusst werden kann. Er muss sich, erneut bezogen auf die zahlreichen vertraglichen Zinsfeststellungstermine während der Laufzeit und unter Berücksichtigung der Volatilität der Kurve, hierüber eine Meinung bilden können. Dies ist schlechterdings nicht vorstellbar (so auch OLG Frankfurt, Urt. v. 30.12.2009, 23 U 175/08, S. 17). Aber selbst bei einem verhältnismäßig einfachen Swap, bei dem zum Ausgleich des Unterschieds zwischen einem Festzinssatz und einem 3-Monats-EURIBOR lediglich ein Abschlag vereinbart wird, kommt es auf die präzise Festlegung des Prozentsatzes an. Liegt der vereinbarte Abschlag beispielsweise nur 0,2% über dem durchschnittlichen Abstand beider Zinssätze, entsteht bei einer 5-jährigen Laufzeit und einem Bezugswert von 5 Mio Euro ein Verlust in Höhe von 50.000 Euro. Eine derart präzise Vorhersage kann nicht auf der Basis von Marktkenntnissen und Zinsmeinungen getroffen werden.
82 
Im konkreten Fall des Ladder-Swaps waren insbesondere folgende Elemente (Optionen, Chancen, Risiken) einstrukturiert:
83 
- Der Swap begann mit einem "garantierten" positiven Saldo zu Gunsten der Klägerin in Höhe von 1,60% p.a. für die Dauer eines Jahres. Nachdem die Beklagte einräumt, bei dem Ladder-Swap einen Gewinn einkalkuliert zu haben, musste dieser Betrag in der Folgezeit durch negative Salden ausgeglichen und um den kalkulierten Gewinn übertroffen werden.
84 
- Der Vertragszinssatz der Klägerin knüpfte ab der 5. Zinsperiode an den Zinssatz des 3-Monats-EURIBOR an. Ab diesem Zeitpunkt übernahmen die Parteien das Kursrisiko.
85 
- Ebenfalls ab der 5. Zinsperiode wurde der Vertragszinssatz der Klägerin auf der Basis des 3-Monats-EURIBOR um den jeweiligen Zinssatz der Vorperiode erhöht. Diese Regelung hat den so genannten Ladder-Effekt zur Folge, nämlich dass sich der Vertragszinssatz von dem Basiszinssatz teilweise lösen kann, sich überproportional verändert und verlangsamt auf Kursschwankungen reagiert.
86 
- Der aus der Summe von 3-Monats-EURIBOR und Vorperiodenzins errechnete Zinssatz wurde - gegenläufig - um einen Abschlag (strike) in Höhe von 2,80 Prozentpunkten reduziert.
87 
- Die Höhe des Abschlages stieg jährlich im Rhythmus um 0,5 Prozentpunkte auf zuletzt 4,30%. Die steigende Höhe des Abschlages begünstigte tendenziell die Klägerin, weil sie zu einer Reduzierung des Vertragszinssatzes beitrug und etwaige Steigerungen des 3-Monats-EURIBOR kompensierte. Allerdings ist der Jahresrhythmus der Steigerung relativ lang.
88 
- Der Swap sah eine vierteljährliche Zinsfeststellung an 20 Terminen vor, wobei die ersten 4 Termine durch die beidseitigen Festzinszahlungen statisch waren. Die Häufigkeit der Zinsfeststellung konnte in Verbindung mit dem Ladder-Effekt einen Einfluss auf die Entwicklung des Vertragszinses haben. Die Häufigkeit unterscheidet sich von der Häufigkeit, mit der der Abschlag (s.o.) erhöht wurde.
89 
- Der von der Klägerin zu zahlende Vertragszinssatz konnte nicht kleiner als 0% werden. Dadurch war die Veränderung des 3-Monats-EURIBOR zum Nachteil der Beklagten (Sinken des Zinssatzes) gedeckelt, während die Veränderung zum Vorteil der Beklagten (Steigen des Zinssatzes) nach oben unbegrenzt war.
90 
- Die Beklagte hatte ein Kündigungsrecht ohne Ausgleichszahlung jeweils zu zwei halbjährlichen Terminen. Dies ermöglichte ihr, einen ungünstig verlaufenden Vertrag und damit weitere Verluste zu begrenzen. Ebenfalls konnte sie sich dadurch vorzeitig etwaig erzielte Gewinne sichern und der Klägerin die Möglichkeit der Kompensation von Verlusten in späteren Zinsperioden nehmen.
91 
- Nach dem unstreitigen Vorbringen der Parteien bestand ein beidseitiges Kündigungsrecht mit Ausgleichszahlung ab dem 18. Juni 2008, dass jährlich ausgeübt werden konnte. Zwar lässt sich nach der Auffassung des Senats der Vertrag auch so auslegen, dass lediglich die Beklagte ein Kündigungsrecht durch Ausgleichszahlung hatte. Hierauf kommt es aber nicht an. Durch das Kündigungsrecht hatten beide Parteien zusätzlich die Möglichkeit, den Vertrag zum dann jeweils bestehenden Marktpreis abzulösen, wodurch erneut die Möglichkeit bestand, vorzeitig Gewinne mitzunehmen oder Verluste zu begrenzen. Die zeitlich eingeschränkten Kündigungsmöglichkeiten führten bei den Parteien zum sog. Stillhalterrisiko.
92 
Durch die verschiedenen frei einstrukturierbaren Elemente sowie die von der Bank erfolgten Festlegungen für Schwellenwert oder Höhe und Steigerung von Abschlägen entstand für den Zinsswap eine Risikostruktur, die mit einfachen Hilfsmitteln wie historischen Daten und einer auf Kenntnis der volkswirtschaftlichen Faktoren und Zusammenhänge beruhenden Abschätzung der zukünftigen Entwicklungen, schon gar über die mehrjährige Laufzeit des gesamten Swap-Vertrages, nicht mehr erfassbar war. Das Risiko des Ladder-Swaps konnte daher nur noch anhand von komplexen Berechnungsverfahren und Bewertungsmethoden ermittelt werden.
93 
(3) Die emittierende Bank verfügt über finanzmathematisch ausgebildetes Personal und hoch entwickelte Risikomodelle und Bewertungsmethoden. Sie ist zu deren Anwendung sowohl zum Zwecke des Risikomanagements (§ 25a KWG, vgl. Braun in Boos/Fischer/Schulte-Mattler (B/F/S), KWG, 3. Aufl., § 25a KWG, Rn. 53ff, 74ff.) als auch bilanzrechtlich verpflichtet (vgl. § 285 Nr. 18, 19 HGB a.F., § 255 Abs. 4 HGB n.F., § 340e Abs. 3 HGB, § 13 KWG, §§ 17, 21 Nr. 1, 312ff. SolvV). Für interne Risikomodelle der Banken legt § 316 SolvV fest, welche Risikofaktoren mindestens berücksichtigt werden müssen, um die Genehmigung der BAFIN zu erhalten. Auch wenn diese Vorschrift zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht in Kraft war, veranschaulicht sie die im Zusammenhang mit einem Swap-Vertrag zu beachtenden Risiken. § 316 Abs. 3 SolvV regelt beispielsweise ausdrücklich die Erfassung von Zinsstrukturrisiken, wie sie bei der Einarbeitung eines Spreads in die Zinsformel eines Swaps bestehen, und schreibt die Bildung von mindestens sechs Zinsrisikozonen vor, um so der Volatilität Rechnung zu tragen (vgl. B/F/S-Gaumert, a.a.O. § 316 SolvV Rn. 10).
94 
Der informierte Vertreter der Beklagten, ein Diplommathematiker, bestätigte bei seiner Anhörung vor dem Senat im Wesentlichen die Ausführungen der Klägerin zur Konstruktion der Swaps. Er erläuterte, dass ausgehend von einer Marktidee oder Impulsen aus anderen Bankabteilungen oder von Händlern die Produkte entwickelt werden. Dabei könne es von Vorteil sein, einen Swap so zu konstruieren, dass man dem Kunden Zinsgrenzen demonstrieren könne oder eine anfängliche Verbilligung, was für den Kunden attraktiv sei. Zur Kalkulation des Swaps verwendet die Beklagte ein Standardmodell, nämlich das von Heath-Jarrow-Morton. Bei dem Wahrscheinlichkeitsmodell werden insbesondere die aktuelle Zinsstrukturkurve, Volatilitätswerte und Korrelationen berücksichtigt. Mit diesem Modell kann zu jedem Zeitpunkt der Marktpreis des Vertrages errechnet werden. Der informierte Vertreter der Beklagten bestätigte den Klägervortrag, dass der Marktpreis der saldierte Wert der beiden vertraglichen Zahlungsströme sei, die mithilfe des Standardmodells berechnet worden seien. Seien die Chancen beider Seiten gleich, betrage der Marktpreis 0 Euro (fairer Marktpreis). Da die Bank aber mit dem Vertrag einen Gewinn erzielen wolle, würden die Elemente des Swaps so verändert werden, dass nach den Wahrscheinlichkeitsmodellen der Zahlungsstrom des Kunden um den kalkulierten Gewinn der Bank höher sei. Dies führe zu einem negativen Marktwert. Der Justiziar der Beklagten erklärte, dass eine Gewinnmarge von 3 % bis 5 % vom Basiswert üblicherweise einkalkuliert werde.
95 
Die Fähigkeit der präzisen Konstruktion und Steuerung der Swap-Verträge erschließt sich auch aus einem Vergleich der im Strategiepapier vom 3. Februar 2005 angebotenen Bedingungen mit denen im schriftlichen Vertrag vom 18./23.03.2005. Ursprünglich hatte die Beklagte einen eigenen Festzinssatz von 3,50% angeboten und bezüglich der Zahlungsverpflichtung der Klägerin einen Abschlag in Höhe von anfänglich 2,85%. Vereinbart wurden schließlich ein um 0,10 Prozentpunkte höherer Festzinssatz der Beklagten von 3,60% und ein um 0,05 Prozentpunkte niedrigerer Abschlag von anfänglichen 2,80 %.
96 
Die auf der Grundlage von Risikomodellen beruhende Konstruktion, seine Chancenverteilung und seine Marktbewertung sind für den Swap-Vertrag daher charakteristisch und prägend.
97 
(4) Im Kern ist der angebotene Ladder-Swap eine Art Glücksspiel (so auch OLG Frankfurt, Urt. v. 30.12.2009, 23 U 175/08, S. 17). Er ist dadurch geprägt, dass beide Seiten ein Risiko übernehmen und das Pflichtenprogramm bzw. die Zahlungen der Parteien vom Zufall oder der subjektiven Ungewissheit der Parteien über bestimmte Ereignisse abhängen (vgl. zur Definition des Glückspiels: Münchener Kommentar-Habersack, BGB, 5. Aufl., § 762, Rn. 4). Die Frage, ob ein Glückspiel i.S.v. § 762 BGB nur dann vorliegt, wenn kein ernsthafter sittlicher oder wirtschaftlicher Zweck dahinter steht (vgl. BGH Urt. v. 29.09.1977, III ZR 164/75, NJW 1977, 2357f.), kann hier dahingestellt bleiben, da es nicht um die Verbindlichkeit der vertraglichen Zahlungsverpflichtungen geht, sondern um die Verletzung von Aufklärungs- und Beratungspflichten im Vorfeld.
98 
Bei einem Glücksspiel hängen typischerweise Gewinn und Verlust von entgegengesetzten Bedingungen ab (Staudinger-Engel (2008), § 762 BGB Rn. 3). Im vorliegenden Fall sind diese Bedingungen auf Grund der Optionsstruktur mit Ladder-Effekt, steigendem Abschlag, Mindestzinssatz, Volatilität und Kündigungsrechten, die zu vorzeitigen Ausstiegsszenarien führen können, ausgesprochen komplex. Im Wesentlichen ging es jedoch darum, welche Werte der 3-Monats-EURIBOR an den 16 Feststellungstagen haben würde, die für die Berechnung des Vertragszinssatzes der Klägerin von Bedeutung waren. Dabei spielte die Bank gegen den Kunden, denn sie wollte, wie sie einräumt, einen Gewinn erzielen, der zwangsläufig den Verlust des Gegners ausmacht.
99 
Allerdings wird dieses Spiel mit ungleich verteilten Mitteln gespielt. Die Bank hat das Spiel (den Swap) entworfen und die Spielregeln (z.B. Zinsformel, Optionsstruktur, Kündigungsrechte) selbst festgelegt. Dabei kann sie die Gewinnwahrscheinlichkeiten mit ihren anerkannten auf Wahrscheinlichkeitsmodellen beruhenden Bewertungsmethoden präzise berechnen. Der Kunde als Gegenspieler muss hingegen das Spiel ohne Bewertungsmodelle antreten und kennt die Gewinnwahrscheinlichkeiten nicht. Er gewinnt das Spiel, wenn seine "Zinsmeinung" z.B. von einem "nicht steilen Anstieg" des 3-Monats-EURIBOR besser ist als das von der Bank verwendete Wahrscheinlichkeitsmodell. Es ist ein Spiel "Zinsmeinung des Kunden gegen EDV-gestützte Wahrscheinlichkeitsberechnung der Bank".
100 
(5) An diesem Risikomodell-geprägten Glücksspiel-Charakter des Swap-Vertrages haben sich die Aufklärungspflichten der beklagten Bank zu orientieren. Es liegt eine deutliche Informationsasymmetrie vor, die zu einer Angewiesenheit des Anlegers auf die Bank führt (Clouth in E/S/C/L, a.a.O., Rn. 962). Dieses für die Bank offenkundige Informationsdefizit muss sie durch die Vermittlung aller Informationen ausgleichen, um den Anleger in die Lage zu versetzen, eine informierte Entscheidung über den Abschluss oder Nichtabschluss des Geschäfts zu treffen (Clouth, a.a.O., Rn. 970). Dies erwartet der Anleger auch, der seiner beratenden Bank erkennbar ein großes Vertrauen entgegenbringt.
101 
Wenn die Bank ihre Aufklärungspflicht über ein Swap-Vertrag erfüllen will, muss sie daher den Anleger darauf hinweisen, dass sie das angebotene synthetische Finanzinstrument unter Einstrukturierung verschiedener Elemente und unter der Verwendung von Risikomodellen modelliert hat und dass dementsprechend auch die mit dem Produkt verbundenen, für den Anleger nicht transparenten Risiken ausschließlich anhand von professionellen Risikomodellen abschätzbar sind. Insbesondere muss sie einen möglichen, sich aufdrängenden Irrtum des Anlegers verhindern, er könne allein auf Grund der Kenntnis von allgemeinen volkswirtschaftlichen Daten, der Konjunkturlage und seiner Meinung von der Entwicklung des Kapitalmarkts sich ein zuverlässiges Bild über das mit dem Swapvertrag verbundene Risiko machen. Vielmehr muss der Anleger auf Grund der Beratung erkennen, dass der Swap-Vertrag ein Glücksspiel ist, das nach den Regeln der Risikomodelle gespielt und bewertet wird. Ihm muss klar sein, dass er mit seiner unscharfen "Zinsmeinung" bezüglich der allgemeinen Marktentwicklung gegen die auf Risikomodelle gestützte Erwartung der Bank antritt und dass ein solches Verhalten - wie hier eines GmbH-Geschäftführers - vor dem Hintergrund des hochspekulativen Glücksspiel-Charakters der Zinsswap-Verträge und des theoretisch unbegrenzten Verlustrisikos wohl kaum mit der Sorgfaltspflicht eines ordentlichen Geschäftsmannes vereinbar ist, vgl. § 43 Abs. 1 GmbHG.
102 
Diese Pflicht hat die Beklagte verletzt. Sie hat mit ihrem Strategiepapier und den Präsentationsfolien den grob vereinfachenden und irreführenden Eindruck erweckt, zur Beurteilung der Erfolgsaussichten des Ladder-Swaps komme es allein auf die Markterwartung von einem "nicht steilen" Anstieg des 3-Monats-EURIBOR an. Präzise Angaben über die Erfolgsfaktoren, die der Präzision ihrer Bewertungsmodelle entsprechen, hat sie nicht gemacht. Es wird noch nicht einmal klar, ab welchem Maß der Anstieg als steil oder nicht steil anzusehen ist. Den Umstand, dass sich die Risiken eines nach Risikomodellen konstruierten Swaps nur mit eben solchen Modellen seriös abschätzen lassen, hat sie verschwiegen. Der Glücksspiel-Charakter des Geschäfts wurde durch die nur scheinbar bestehende, aber von der Beklagten missverständlich in den Vordergrund gestellte Grundgeschäftsbezogenheit ("Optimierung" der Zinszahlungen auf Geschäftskredite) verschleiert.
103 
Diese Aufklärungspflicht gilt unabhängig von der Frage, ob die Gewinn-Chancen fair verteilt waren oder der Vertrag einen negativen Marktwert hatte. Denn bereits bei der Aufklärung über den Risikomodell-geprägten Charakter des Vertrages wird einem Anleger bewusst, dass er mit Blick auf die Optionsstruktur des Vertrages eine Reihe von Zinsmeinungen bezüglich der einzelnen Zinstermine und ihre Korrelation zu anderen Optionen und Strukturelementen entwickeln und Alternativszenarien bedenken und auch berechnen muss. Ihm wären dann auch der Glückspielcharakter und die Ungeeignetheit seiner Zinsmeinung als Beurteilungsgrundlage klar geworden.
104 
bb. Einstrukturierte Verlustrisiken (negativer Marktwert)
105 
Die Beklagte hat zudem fehlerhaft nicht über die Strukturierung des Vertrages zum Nachteil ihres Kunden aufgeklärt. Wenn eine Bank einen Ladder-Swap zur "Zinsoptimierung" anbietet, weckt sie beim Kunden die berechtigte Erwartung, dass die Erfolgswahrscheinlichkeit des Vertrages höher ist als die Wahrscheinlichkeit des Misserfolges. Bestenfalls wird er ein ausgewogenes Chancen-Risikoverhältnis erwarten, das einem Marktwert von 0 Euro entspricht. Wenn die Bank den Vertrag jedoch wegen der eigenen Gewinnerzielungsabsicht so strukturiert, dass die Verlustwahrscheinlichkeit des Kunden höher ist als die Gewinnwahrscheinlichkeit, dann ist diese Risikostruktur wegen des Risikomodell-geprägten Charakters des Vertrages und des Widerspruchs zu der bewusst beim Kunden erzeugten Erwartung aufklärungspflichtig.
106 
Daran ändert nichts, dass die Beklagte wie alle Banken Gewinne erzielen möchte und der Geschäftsverkehr auch nichts anderes erwartet. In erster Linie darf der Geschäftsverkehr von seinem Berater erwarten, dass er seine Pflicht zur vollständigen und richtigen Aufklärung über sämtliche wesentlichen Eigenschaften des Anlageobjekts erfüllt. Hierzu gehört sicher die Information, dass der Markt auf der Grundlage von Risikomodellen dem Vertrag überwiegende Verlustrisiken beimisst und ihm daher einen objektiv feststellbaren negativen Marktwert beimisst (a.A. OLG Celle, Urt. v. 30.09.2009, 3 U 45/09, OLG Frankfurt, Urt. v. 29.07.2009, 23 U 76/08, OLG Düsseldorf Urt. v. 29.06.2009, 9 U 187/08).
107 
Irrtümlich ist das Landgericht in diesem Zusammenhang und unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des LG Wuppertal (Urt. v. 16.07.2008, 3 O 33/08 zit.n.juris) davon ausgegangen, der negative Marktwert ergebe sich daraus, dass man aus längerfristigen verpflichtenden Verträgen nicht ohne weiteres aussteigen könne. In diesem Sinne haben anscheinend auch das OLG Celle und das OLG Frankfurt (jeweils a.a.O.) den negativen Marktwert verstanden. Sie haben in ihm eine Art Vorfälligkeitsentschädigung gesehen. Das OLG Celle ist zudem davon ausgegangen, dass andere Marktteilnehmer den Wert bestimmen. Das OLG Frankfurt hat lediglich vermutet, dass der Bank auch der negative Marktwert bei Vertragsschluss bekannt gewesen sei. Diesen Irrtum hat die Beklagte wiederholt genährt, indem sie sich auch in diesem Verfahren - wider besseres Wissen - ausdrücklich auf die Entscheidung des LG Wuppertal berief. Demgegenüber haben die Beklagte selbst, bzw. ihr informierter Vertreter, bei der Anhörung vor dem Senat angegeben, dass der Marktwert allein anhand der Bewertungsmethoden (hier Heath-Jarrow-Morton) ermittelt wird und den wahrscheinlichen Wert der auszutauschenden Zahlungsströme wiederspiegelt. Es handelt sich um eine objektiv ermittelbare Größe, die bereits zum Abschluss des Vertrages feststeht. Sie ermöglicht die jederzeitige Ablösung des Vertrages nach objektiven Kriterien, was nach den Angaben der Beklagten auch Usance sei, unabhängig von den vertraglich vereinbarten Kündigungsrechten.
108 
Es geht beim negativen Marktwert nicht um eine einstrukturierte Gewinnmarge, die die Bank nicht offen legen möchte. Der negative Marktwert ist eine objektive Größe, die in der realen Geschäftswelt eine wesentliche Bedeutung für das Risikomanagement und für das Rechnungswesen darstellt. Der objektiv ermittelbare und der Bank von Anfang an bekannte negative Marktwert hat bereits bei Vertragsschluss für den bilanzpflichtigen Kunden eine Bedeutung. Er stellt nämlich den gem. § 255 Abs. 4 HGB n.F. (früher § 285 Nr. 18, 19 HGB) zu berücksichtigenden beizulegenden Zeitwert dar. Ein schützenswertes betriebliches Geheimnis der Beklagten über die Höhe ihrer Gewinnmarge ist damit überhaupt nicht verbunden. Im Übrigen ist aus dem Marktwert nicht die volle Gewinnmarge ablesbar, weil die Beklagte zusätzlich Kosten der Verwaltung und Risikoabsicherung einkalkuliert hat.
109 
Der negative Marktwert ist, weil er auf den Risikomodellen beruht, ein Indikator für die "unfaire" Verteilung der Chancen und Risiken zu Lasten der Partei, die die höheren Verlustwahrscheinlichkeiten übernimmt. Ein "fairer" Swap hat den Marktwert von 0 Euro. Einen solchen würde die Bank aber nicht anbieten, da sie mit ihren Geschäften Geld verdienen möchte.
110 
Die aus dem Beratungsvertrag resultierende Pflicht zur objektgerechten und anlegergerechten Beratung wird nicht dadurch ausgehebelt, dass die Bank ein eigenes Produkt anstelle des Finanzinstruments eines Dritten anbietet. Bei dem Produkt eines Dritten würde man selbstverständlich erwarten, dass die Bank über die negativen Erfolgsaussichten aufklärt. Die Bank ist und bleibt auf Grund ihrer vertraglichen Verpflichtung zunächst einmal Beraterin. Als solche war sie gem. § 31 Abs. 1 Nr. 1 WpHG a.F. verpflichtet, ihre Beratungsleistungen mit Sachkenntnis, Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit im Interesse ihrer Kunden zu erbringen. Gem. § 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG a.F. war sie zur Vermeidung von Interessenkonflikten verpflichtet. Diese gesetzlichen und selbstverständlichen vertraglichen Verpflichtungen wurden nicht stillschweigend abbedungen. Das trägt die Beklagte auch nicht vor.
111 
Die Beratereigenschaft der Banken ist mit einem großen Vertrauen verbunden, das diese nicht als Einfallstor für eigennützige Geschäfte missbrauchen dürfen, um sich anschließend mit dem Hinweis auf die Erkennbarkeit oder Offensichtlichkeit ihrer Eigeninteressen der gesetzlichen Sorgfalts- und Interessenwahrungspflichten zu entledigen. Im Gegenteil sind Interessenkonflikte zu vermeiden und unvermeidbare Interessenkonflikte unter Wahrung der Kundeninteressen aufzulösen (Koller in: Assmann/Schneider, WpHG, 4. Aufl., § 31 Rn. 32).
112 
Der Interessenkonflikt, der durch die Ausführung von Eigengeschäften mit dem beratenen Kunden entsteht, lässt sich am einfachsten durch Unterlassen der Durchführung des Geschäfts vermeiden (Koller, a.a.O., Rn. 41). Wenn die Bank das Unterlassen für unzumutbar hält, ist sie in einem besonderen Maße an die Einhaltung ihrer Sorgfaltspflichten gebunden und hat sämtliche zweckdienlichen Informationen zu erteilen, die den dadurch in die Gefahr eines Nachteils geratenen Kunden in die Lage versetzt, das Eigeninteresse der Bank abzuschätzen. In keinem Fall darf die Empfehlung den Interessen des Kunden widersprechen (Koller, a.a.O., Rn. 77). Die Bank ist mindestens im gleichen Maße zur Mitteilung von Tatsachen und Abgabe von Empfehlungen verpflichtet, wie bei der Empfehlung eines Geschäfts mit einem Dritten.
113 
Gerät die Beklagte durch ein angebotenes Eigengeschäft in einen unausweichlichen Interessenskonflikt, weil wie beim Swap-Vertrag der Gewinn der einen Seite der Verlust der anderen Seite ist, muss sie sich entscheiden. Sie darf nicht im Gewande der vertrauenerweckenden Beraterin dem Anleger eine ihn mit Wahrscheinlichkeit benachteiligende Empfehlung abgeben, wie es der negative Marktwert indiziert, und dabei wesentliche Informationen verschweigen.
114 
Im Übrigen hält der Senat die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 22.11.2005 (XI ZR 76/05), die bezüglich Terminsoptionsgeschäften ergangen ist, für auf Fälle der vorliegenden Art übertragbar. Auch hier kann der Kunde nicht erkennen, dass sein Berater, der zugleich sein zukünftiger Vertragspartner ist, in den Vertrag eine eigene Gewinnmarge einkalkuliert hat, die den Vertrag dadurch - nach Einschätzung des auf Risikomodelle abstellenden Marktes - in einen "unfairen" Vertrag umwandelt. Andere Marktteilnehmer würde diesen Vertrag nur gegen Erhalt einer Prämie in Höhe des negativen Marktwertes übernehmen.
115 
cc. Volatilität des 3-Monats-EURIBOR und Ladder-Effekt
116 
Die Beklagte hat nicht über das Risiko der Volatilität des 3-Monats-EURIBOR in Verbindung mit dem Ladder-Effekt aufgeklärt.
117 
(1) Ein Berater hat seinen Kunden vollständig, richtig und unmissverständlich auf die wesentlichen Risiken einer Kapitalanlage hinzuweisen. Hierzu gehört auch das Risiko der Volatilität des Marktes. Diese Pflichten ergeben sich bereits unmittelbar aus dem nach Treu und Glauben auszulegenden Beratungsvertrag. Zur Konkretisierung bzw. als Mindeststandard werden bei Wertpapierdienstleistungen bzw. Wertpapiernebendienstleistungen im Bereich des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG) die hierzu ergangenen Richtlinien des früheren BAWe (insbesondere die sog. Wohlverhaltensrichtlinien vom 26.05.1997 und 23.08.2001) bzw. jetzt die Verhaltens- und Organisationsverordnung des Bundesministeriums der Finanzen (WpDVerOV vom 20.07.2007) herangezogen (vgl. nur E/S/C/L-Braun/Lang/Loy Rn. 205 m.w.N., bezüglich der Festlegung als Mindeststandards: OLG Frankfurt, Urt. v. 17.06.2009, 23 U 34/08; noch offen gelassen BGH Urt. v. 08.05.2001, XI ZR 192/00, zit.n.juris).
118 
(2) Ein besonderes Risiko lag in dem Ladder-Effekt in Verbindung mit der Volatilität des 3-Monats-EURIBOR. Dieses Risiko veranschaulicht bereits die grafische Darstellung des tatsächlichen Verlaufes der Zahlungspflichten der Parteien auf der Grundlage der im Internet verfügbaren Daten des 3-Monats-EURIBOR ( www.euribor.org ).
119 
Die Gerade in der Grafik stellt den Zinssatz der Zahlungsverpflichtungen der Bank dar (immer konstant 3,6%). Die zackig ansteigende Kurve zeigt den Zinssatz der Zahlungsverpflichtungen der Klägerin. Die dritte Kurve bildet den Verlauf des 3-Monats-EURIBOR ab. Solange die Kurve der Klägerin unterhalb derjenigen der Bank lag, hatte die Klägerin einen Gewinn. Die Zahlungskurve der Klägerin veranschaulicht eindrucksvoll die Auswirkung des Ladder-Effektes (stufenförmiger Verlauf). Dieser führte zu einer gewissen Entkoppelung des Vertragszinses von dem 3-Monats-EURIBOR und ließ die Zahlungskurve stärker steigen als den Basiszinssatz. Der Vertragszinssatz stieg sogar durch den Ladder-Effekt noch weiter, obwohl der Basiszinssatz sank, und folgte diesem erst nach einem steilen Abfall mit Verzögerung. In dem obigen Beispiel - die Grafik dient ausschließlich der realitätsnahen Veranschaulichung und ist nicht Teil der gerichtlichen Feststellungen – ist der 3-Monats-EURIBOR über die dargestellte Vertragslaufzeit sogar leicht von 2,136% auf 1,811% gesunken.
120 
(3) Die Beklagte hat nicht auf das mit dem Ladder-Effekt verbundene Risiko hingewiesen. Insbesondere geht dies nicht aus ihrem Strategiepapier oder ihren Präsentationsunterlagen hervor. Im Gegenteil hat sie - irreführend - als Entscheidungsgrundlage und Erfolgskriterium für den Vertrag einzig auf einen "nicht steilen Anstieg" des 3-Monats-EURIBOR abgestellt. Hierbei hat sie es nicht nur unterlassen klarzustellen, was unter diesem Begriff vor dem Hintergrund der Volatilität der Kurve zu verstehen ist. Das Kriterium des nicht steilen Anstiegs des 3-Monats-EURIBOR war bereits für sich genommen als Entscheidungsgrundlage ungeeignet.
121 
(a) Die Beklagte hat es pflichtwidrig unterlassen, die Klägerin darüber aufzuklären, was unter einem "nicht steilen Anstieg" des 3-Monats-EURIBOR als Erfolgskriterium für den Vertrag zu verstehen ist. Bei dem komplex strukturierten Vertrag konnte bereits ein Zehntel Prozentpunkt bei der Festlegung des Festzinssatzes der Beklagten oder der Höhe des Abschlags über Erfolg und Misserfolg entscheiden. Demgegenüber können die Vorstellungen, was unter einem steilen Anstieg zu verstehen ist, um Prozentpunkte auseinanderliegen.
122 
In der Mathematik kann die Steigung oder Steilheit einer Kurve für jede beliebige Teilstrecke und gar für jeden beliebigen Punkt der Kurve errechnet werden. Nur bei einer Geraden ist die Steigung an allen Punkten identisch. Bei einer volatil verlaufenden Kurve variiert hingegen die Steigung und nimmt während des Verlaufs unterschiedliche Werte an. Sie kann flach oder stark ansteigen, über eine längere oder kürzere Strecke diese Steigung beibehalten oder verändern und auch wieder im gleichen Maße fallen. Schließlich lässt sich die Steigung zwischen Anfangs- und Endpunkt errechnen. Diese ist in der Regel nicht identisch einer Maximalsteigung auf einer Teilstrecke.
123 
Die Beklagte hat mit der Formulierung
124 
"Sie rechnen in den nächsten Jahren nicht mit einem steilen Anstieg des 3-Monats-EURIBOR"
125 
den Eindruck erweckt, es komme auf die durchschnittliche Steigung des 3-Monats-EURIBOR zwischen Anfangstermin und Endtermin oder jedenfalls mehrjährig auseinanderliegenden Terminen an. Dies folgt aus der Formulierung "in den nächsten Jahren". Diesen Eindruck hat sie dadurch verstärkt, dass sie in ihren Beispielsszenarien ausschließlich lineare Verläufe des 3-Monats-EURIBOR modelliert hat.
126 
Bei dieser Betrachtung hätte die Beklagte die Aussage treffen können, dass (auf der Grundlage der in der Präsentationsfolie enthaltenen Vertragsdaten) der Basiszinssatz vierteljährlich nicht um mehr als ca. 0,146 Prozentpunkte (bzw. insgesamt 2,774 Prozentpunkten) steigen darf, um noch in der Gewinnzone zu bleiben. Dies ergibt sich aus einer Berechnung der Zinsformel mit Hilfe eines Tabellenkalkulationsprogramms, wie es auch die Beklagte verwendet hat. Die Beklagte hätte weiter darstellen können, dass ein um ein Hundertstel Prozentpunkt höherer Anstieg von 0,156 Prozentpunkten pro Vierteljahr (= insgesamt 2,964 Prozentpunkte) bereits einen Verlust von über 300.000 Euro generieren würde. Warum ein Anstieg von vierteljährlich 0,1 4 6 Prozentpunkten bzw. insgesamt 2,774 Prozentpunkten innerhalb von 5 Jahren nicht steil sein soll und ein vierteljährlicher Anstieg von 0,1 5 6 Prozentpunkten bzw. insgesamt 2,964 Prozentpunkten steil, erschließt sich nicht. Das Kriterium der Steilheit ist in der von der Beklagten verwendeten Unschärfe absolut untauglich.
127 
(b) Unklar bleibt zusätzlich, wie sich zwischenzeitliche steile Anstiege auf den Erfolg des Vertrages auswirken. Bereits die oben dargestellte Grafik des Verlaufs des Vertrages enthält, bezogen auf die Werte des Anfangstermins (März 2005) und Endtermins (März 2009), ein (geringes?) Gefälle des 3-Monats-EURIBOR von 2,136% auf 1,811% und hat dennoch einen Verlust generiert. Die Volatilität des 3-Monats-EURIBOR bringt es mit sich, dass sich der Zinssatz kurzfristig verändern kann und zu unterschiedlichen Zeitpunkten einen steilen Anstieg aufweisen kann. Dies veranschaulichen zwei Beispielsgrafiken in Abwandlung des Beispielsszenarios 2 der Beklagten in der Präsentationsfolie (Anlage K3).
128 
Simuliert man anstelle eines linearen Anstiegs um halbjährlich 0,25 Prozentpunkte auf zuletzt 4,390% einen früheren (steilen?) Anstieg des 3-Monats-EURIBOR auf 4,390% mit einem anschließenden (flachen) Absinken auf den Ausgangswert 2,140% zurück, erreicht der 3-Monats-EURIBOR einen gegenüber dem Beispiel der Bank niedrigeren Durchschnittssatz von 3,246% und über die gesamte Laufzeit keine Steigung . Anhand der grafischen Darstellung erkennt man dennoch einen stark negativen Verlauf der Zinszahlungspflicht der Klägerin:
129 
Bei dieser Konstellation hätte die Klägerin einen Verlust in Höhe von 991.631,13 Euro erlitten (Differenz zum Beispielsszenario 2 der Beklagten: 1.947.531,13 Euro). Dieses Phänomen liegt an dem Ladder-Effekt der an dem Vorperiodenzinssatz anknüpft und nicht durch den einkalkulierten Abschlag kompensiert wird. In diesem Beispiel löste die Wende der Zahlungskurve im März 2008 erst die weitere Erhöhung des Abschlags auf 3,80% aus.
130 
Dennoch lässt sich nicht aus dem Beispiel folgern, dass jeder steile Anstieg des 3-Monats-EURIBOR während der Laufzeit zu einem Verlust der Klägerin geführt hätte. Simuliert man nämlich einen zunächst flachen und erst später steilen Anstieg, ergibt sich folgendes Bild über die wechselseitigen Zahlungsverpflichtungen:
131 
Bei diesem Beispiel hatte der Basiszinssatz während der Laufzeit einen starken Anstieg um 6,490 Prozentpunkte und - im Vergleich zum Beispielszenario der Beklagten - höheren Durchschnittszinssatz von 3,423%. Dennoch hätte die Klägerin bei diesem Szenario trotz des insgesamt und punktuell steilen Anstiegs einen Gewinn von 964.975,00 Euro erzielen können. Die Grafik veranschaulicht zudem die ungleiche Verteilung des Risikos des Ladder-Effekts durch die Begrenzung des Vertragszinssatzes der Klägerin nach unten auf 0%. Dadurch konnte sich der Vertragszins nicht im gleichen Maße für die Klägerin günstig entwickeln, wie er sich bei einem gegenteiligen Szenario ungünstig hätte entwickeln können.
132 
Aus dem Vorstehenden folgt, dass angesichts des volatilen 3-Monats-EURIBOR in Verbindung mit dem Ladder-Effekt das Kriterium des "nicht steilen Anstiegs" ungeeignet für die Abschätzung der Erfolgsaussichten war. Dabei entlastet es die Beklagte nicht, dass die Klägerin selbst unter Zuhilfenahme eines Tabellenkalkulationsprogramms diese Szenarien hätte simulieren können. Die Beklagte war als Beraterin verpflichtet, der Klägerin zutreffende und vollständige Informationen zu erteilen und musste damit rechnen, dass sich der Kunde darauf verlässt.
133 
dd. Aufklärungsbedürftigkeit der Klägerin
134 
Die Klägerin war bezüglich sämtlicher Punkte aufklärungsbedürftig.
135 
(1) Zwar mag die Klägerin als mittelständisches Unternehmen eine Größe haben, die zu einer Einstufung als professionelle Kundin i.S.v. § 31a Abs. 2 S. 2 Nr. 2 WpHG n.F. führen würde. Dieses von der Beklagten vorgetragene Argument vermag eine Abweisung der Klage nicht zu begründen. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses galt § 31a WpHG noch nicht. Zudem schreibt § 31a Abs. 6 S. 2 WpHG vor, dass das Wertpapierdienstleistungsunternehmen den Kunden am Beginn der Geschäftsbeziehung darauf hinweisen muss, dass sie ihn als professionellen Kunden behandelt und er die Möglichkeit hat, eine Einstufung als Privatkunde zu vereinbaren. Diese Pflicht soll eine ansonsten bestehende Unklarheit über die vom Wertpapierdienstleistungsunternehmen anzuwendenden Verhaltenspflichten vermeiden (Clouth-Seyfried in E/S/C/L, a.a.O, Rn. 74). Die Einstufung in Kundenkategorien ist im Zusammenhang mit der parallel zur Vorschrift erlassenen WPDVerOV (s.o. II.2.b.cc (1)) zu sehen. Sie befreit das Wertpapierdienstleistungsunternehmen aber nicht vollständig von seinen Aufklärungspflichten. So ist zwar § 4 WPDVerOV von seinem aufsichtsrechtlich verpflichtenden Anwendungsbereich auf Privatkunden beschränkt. Die in § 5 WPDVerOV enthaltene Pflicht zur Information des Kunden über Risiken und Kosten gilt hingegen für alle Kundenkategorien.
136 
(2) Auch der Umstand, dass für die Klägerin Betriebswirte als Mitarbeiter tätig waren, die mit der Betreuung ihrer Kredite und liquiden Mittel beauftragt waren, lässt keinen Rückschluss zu, dass diese den erforderlichen Wissensstand über die komplexe Risikostruktur des Ladder Swaps besaßen. Welchen konkreten Wissensstand die Mitarbeiter in Bezug auf die Risikostrukturierung von Swap-Verträgen hatten, legt die Beklagte nicht dar. Allein auf der Grundlage einer allgemeinen betriebswirtschaftlichen Ausbildung kann kein finanzmathematisches Spezialwissen erwartet werden. Auch folgt dieses nicht aus der beruflichen Befassung mit den Finanzen eines Unternehmens (vgl. zur vorsichtigen Bewertung von beruflichen Tätigkeiten und Unternehmenseigenschaft: Braun/Lang/Loy in: E/S/C/L, a.a.O., Rn. 263). Für die Beklagte ersichtlich verfügte die Klägerin auch nicht über die erforderlichen Mittel zur Risikoabschätzung, insbesondere die hierfür erforderlichen Rechenmodelle. Dass ein Kunde, wie die Beklagte es dargestellt hat, mit dem angebotenen Zinsswap zu einer anderen Bank gehen und sich von dort ein Konkurrenzangebot einholen kann, lässt die im Verhältnis der Parteien auf Grund des Beratungsvertrages bestehende Aufklärungsbedürftigkeit nicht entfallen. In erster Linie ist die beratende Bank, die zugleich bewusst ein erhebliches Vertrauen ihres Kunden in Anspruch nimmt, zur umfassenden und wahrheitsgemäßen Aufklärung verpflichtet.
137 
(3) Aus diesem Grund lässt sich aus den bereits früher mit der Beklagten geschlossenen Swap-Verträgen nicht auf eine ausreichende Kenntnis der Klägerin über die damit verbundenen Risiken schließen. Dies könnte bezüglich der allgemeinen Risiken von Swap-Verträgen allenfalls dann der Fall sein, wenn die Beklagte die Klägerin bei Abschluss der früheren Verträge aufgeklärt hätte. Das hat sie nicht behauptet. Es ist daher davon auszugehen, dass die Mitarbeiter der Klägerin das in den Swap-Verträgen liegende Risikopotential auch früher nicht richtig erfasst haben. Ihre Erfahrung aus den Swap-Verträgen beschränkt sich daher darauf, dass diese günstig oder ungünstig verlaufen und vorzeitig aufgelöst werden können. Bezüglich der konkret im Ladder-Swap einstrukturierten und nur professionell zu erfassenden Risiken wären die früheren Verträge ohnehin ohne Bedeutung, da es insoweit auf die einzelnen Vertragsbedingungen einschließlich der bei Vertragsabschluss vorherrschenden Marktbedingungen und die bis auf zwei Dezimalstellen hinter dem Komma vereinbarten Prozentsätze ankam.
138 
c. Anlegergerechte Beratung
139 
Die Beratung der Beklagten war nicht anlegergerecht. Der Inhalt der Beratung hat sich an dem Kunden zu orientieren. Maßgeblich sind insbesondere dessen Wissensstand über Anlagegeschäfte der vorgesehenen Art und dessen Risikobereitschaft. Zudem hat sich die Beratung danach auszurichten, welches Anlageziel der Kunde verfolgt (std. Rspr., vgl. BGH Urt. v. 06.07.1993, XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126). Der angebotene Ladder-Swap entsprach weder dem Wissensstand der Klägerin über derartige Anlagegeschäfte (aa.) noch ihrem Anlageziel (bb.).
140 
aa. Wissensstand
141 
Die synthetisch und unter Anwendung von Risikomodellen konstruierten Swap-Verträge lassen sich bezüglich ihres Options-Charakters und ihrer Risikostruktur nur mit geeigneten Risikomodellen zutreffend erfassen und bewerten. Auf die - von der Beklagten irreführend in den Vordergrund gestellte - Zinsmeinung des Anlegers kommt es nur partiell an. Der Anleger benötigt ein vertieftes statistisches Wissen und die notwendigen Werkzeuge (Berechnungsmethoden), um die nicht transparenten Risiken des Produkts zu verstehen. Über diese muss er entweder selbst verfügen oder sie jedenfalls - über Dritte - verfügbar haben. Ohne das Wissen und die Berechnungsmethoden ist der Anleger auch während der Laufzeit des Vertrages nicht in der Lage, angemessen auf geänderte Gegebenheiten zu reagieren und beispielsweise durch die Ausübung der vertraglichen Kündigungsrechte Verluste zu begrenzen oder Gewinne mitzunehmen. Zum Beispiel kann er nicht den sich ändernden Marktwert errechnen und dies zur Grundlage seiner Entscheidungen machen. Dies wäre aber erforderlich gewesen, zumal die Beklagte selbst einräumt, dass sie - entgegen den restriktiven Vertragsbedingungen - auch zur vorzeitigen Auflösung der Verträge entsprechend den Marktgepflogenheiten und unabhängig von den vertraglichen Kündigungsrechten bereit gewesen wäre. Die bestehende Wissensasymmetrie zwischen den Parteien war so offenkundig, dass die Beklagte davor nicht die Augen verschließen durfte.
142 
bb. Anlageziel
143 
Der Ladder-Swap entsprach ersichtlich nicht dem Anlageziel der Klägerin und hätte ihr daher nicht (schon gar nicht unaufgefordert) angeboten werden dürfen. Unstreitig wandte sich die Beklagte als Hausbank an die Klägerin im Zusammenhang mit der bevorstehenden Erhöhung der Avalzinsen. In dem Strategiepapier vom 03.02.2005 (Anlage B18) definiert sie das Anlageziel. Sie verweist auf einen bestehenden Finanzierungsbedarf und stellt das Interesse der Klägerin zur Reduktion der damit einhergehenden Zinsbelastung in den Vordergrund. Im Übrigen ist es das selbstverständliche Ziel eines jeden Gewerbetreibenden, nicht nur der Banken, mit ihren Geschäften Gewinne zu erzielen.
144 
Mit diesem Anlageziel vertrug sich ersichtlich kein Swap-Vertrag, bei dem wegen des von der Beklagten für sich einkalkulierten Gewinns mit einem identischen Verlust in dieser Höhe zu rechnen war. Bei einem einkalkulierten Gewinn in Höhe von 3% bis 5% bei einem Basiswert von 5 Mio Euro war somit ein Verlust der Klägerin in Höhe von 150.000,00 Euro bis 250.000,00 Euro wahrscheinlich.
145 
Hiergegen lässt sich nicht einwenden, die Entwicklung des Basiszinssatzes (3-Monats-EURIBOR) sei für niemanden vorhersehbar. Dieses Argument ist nur in der Laiensphäre richtig, verfehlt aber den Charakter des Swap-Vertrages. Dieser ist ein synthetisches, von der Bank selbst unter Anwendung von Wahrscheinlichkeitsmodellen konstruiertes Zinsderivat. Die Ergebnisse der Berechnungsmethoden sind nicht vollkommen belanglos, sondern die Grundlage für eine Vielzahl von wirtschaftlich weit reichenden Entscheidungen im Finanzsektor. Die Methoden und Ergebnisse sind gesetzlich vorgeschriebener Bestandteil des Risikomanagements (vgl. § 25a KWG, §§ 17, 21 Nr. 1, 312ff. SolvV). Die Bedeutung der Aussagen der Risikomodelle für die professionelle Beurteilung von Finanzinstrumenten muss daher in die Anlageberatung einfließen und ist ein entscheidendes Kriterium für die Frage, ob ein Produkt zum Anlageziel des Kunden passt. Die Beklagte legt auch nicht dar, dass sie auf Grund anderer Erkenntnisse und entgegen den Ergebnissen der eigenen Berechnungsmethoden von einer Gewinnwahrscheinlichkeit zu Gunsten der Klägerin ausgegangen ist. Im Gegenteil vertraut sie selbst der Aussagekraft ihrer Modelle so sehr, dass sie darauf ihre Gewinnerwartungen, aber auch ihre Risiken (vgl. § 25a KWG) berechnet.
146 
Das im Zusammenhang mit der Frage der Aufklärung über den negativen Marktwert angeführte Argument, der Kunde rechne mit der Gewinnerzielungsabsicht seiner Bank, weshalb die Bank über die Höhe nicht aufklären müsse, führt hier nicht weiter. Bei der anlegergerechten Beratung kommt es ausschließlich darauf an, ob ein Produkt zum Anlageziel des Kunden passt. Ist das nicht der Fall, darf der Berater das Produkt dem Kunden bereits überhaupt nicht anbieten (BGH Urt. v. 14.07.2009, XI ZR 152/08, Rn. 51) und den Versuch unternehmen, dennoch damit Geld zu verdienen. Im vorliegenden Fall war der Ladder-Swap ein voraussichtliches Verlustgeschäft. Einen solchen Vertrag durfte die Beklagte nicht anbieten. Mit ihrem Verhalten verstieß sie gleichzeitig gegen die Pflicht gem. § 31 Abs. 1 Nr. 1 WpHG a.F., ihre Beratungsleistung im Interesse ihres Kunden zu erbringen. Denn schließlich war auch der Bank bekannt, dass ihre Kunden ausschließlich mit Gewinnerzielungsabsicht handeln.
147 
d. Fehlerhafte Empfehlung
148 
Der Berater schuldet seinem Kunden eine - ex ante betrachtet - vertretbare Empfehlung. Die Beklagte hat im Strategiepapier vom 3. Februar 2005 (Anlage B18) einen "Strategievorschlag" zum Abschluss des Ladder-Swaps, mithin eine Empfehlung abgegeben. Die Empfehlung eines Swap-Vertrages zur "Zinsoptimierung", der nach den anerkannten Berechnungsmethoden ein Verlustgeschäft enthält, ist nicht vertretbar.
149 
e. Verschulden
150 
Das Verschulden der Beklagten ist offensichtlich. Sie hatte Kenntnis von der im Vertrag einstrukturierten Gewinnmarge, die nur durch einen entsprechenden Verlust der Klägerin erzielt werden konnte und daher einen gleichzeitigen Vorteil der Klägerin aus dem Vertrag ausschloss. Sie konnte auch erkennen, dass die Klägerin mangels eigener Werkzeuge die Verlustgefahr des Vertrages nicht erkennen konnte. Der Beklagten musste gleichzeitig bewusst sein, dass der Begriff der "Zinsoptimierung" und die Herausstellung der Marktwerterwartung (kein steiler Anstieg des 3-Monats-EURIBOR) zudem geeignet waren, von den wahren Risiken des Vertrages und seiner komplexen Risikostruktur abzulenken. Da sie unstreitig mit dem Vertrag auf Kosten der Klägerin Gewinn erzielen wollte, handelte sie vorsätzlich. Wie sehr sich die Klägerin über das Verhalten der Beklagten empört hat, lässt sich daran erkennen, dass sie den Tatbestand des Betrugs gem. § 263 StGB erfüllt sieht.
151 
f. Kausalität
152 
Zu Gunsten der Klägerin greift die Vermutung des aufklärungsrichtigen Verhaltens. Sie drängt sich im vorliegenden Fall geradezu auf. Es ist nicht anzunehmen, dass ein wirtschaftlich rational handelnder Geschäftsführer den Ladder-Swap abgeschlossen hätte, wenn ihm offenbart worden wäre, dass nach den anerkannten Wahrscheinlichkeitsmodellen die Zinsoptimierungsstrategie scheitern und zu einem Verlust in Höhe des Gewinns der Beklagten führen wird.
153 
g. Schaden
154 
Die Schadenshöhe ist betragsmäßig unstreitig und besteht in den von der Klägerin geleisteten Zahlungen nach Abzug der von der Beklagten erhaltenen Zahlungen. Auch der Feststellungsantrag ist begründet, da eine Steuerbelastung der Klägerin auf Grund der anstehenden Schadensersatzleistung der Beklagten nicht ausgeschlossen ist. Insofern ist zu beachten, dass die Klägerin eine GmbH ist. Kapitalgesellschaften verfügen steuerrechtlich gesehen über keine außerbetriebliche Sphäre (vgl. BFH, Beschl. v. 20.11.2007, I R 54/05), so dass grundsätzlich alle Einnahmen, auch Schadensersatzleistungen Dritter, der Steuer unterliegen. Demgegenüber konnte die Klägerin ihre Verluste aus dem Geschäft wegen § 15 Abs. 4 S. 3 EStG nicht steuerlich geltend machen. Diese Frage bedarf im Rahmen des Feststellungsantrags jedoch keiner abschließenden Klärung.
155 
h. Mitverschulden
156 
Ein gem. § 254 BGB zu berücksichtigendes Mitverschulden der Klägerin liegt nicht vor. Grundsätzlich darf ein Anleger dem Rat seines Beraters vertrauen, ohne dass ihm ein Vorwurf daraus gemacht werden kann (BGH Urt. v. 13.01.2004, XI ZR 355/02). Zwar sind unter Umständen von diesem Grundsatz Ausnahmen zu machen, wenn ein Berater erkennbar für die Kapitalsucherseite handelt (vgl. BGH Urt. v. 25.11.1981, IVa ZR 286/80). Gegen die Berücksichtigung eines Mitverschuldens spricht jedoch die Vorgehensweise der Beklagten. Sie hat als Hausbank ein hohes Maß an Vertrauen in Anspruch genommen. Die Klägerin musste nicht ihr Wissensdefizit bezüglich der komplexen Risikostruktur erkennen. Dies gilt umso mehr, als eine Großbank wie die Beklagte als seriöses Institut wahrgenommen wird, das sich für die Interessen ihrer Kunden einsetzt und über eine hohe Erfahrung auf dem Finanzsektor verfügt. Für die Klägerin bestand überhaupt kein Anlass für die Annahme, sie müsse die Chancen des Swap-Vertrages nach anderen Kriterien als allein der Zinsmeinung bezüglich eines geringen Anstiegs des 3-Monats-EURIBOR beurteilen. Noch weniger musste sie damit rechnen, dass die Beklagte ihr ein "Zinsoptimierungsgeschäft" anbietet, das lediglich den Zweck hatte, einen Gewinn der Beklagten zu generieren. Demgegenüber war der Hinweis der Beklagten auf das theoretisch unbegrenzte Verlustrisiko ungeeignet, um der Klägerin die tatsächlichen Risiken und die einstrukturierten Wahrscheinlichkeiten vor Augen zu führen.
157 
3. Schadensersatz im Zusammenhang mit dem CMS-Spread-Sammler-Swap
158 
Die Beklagte hat bezüglich des CMS Spread Sammler Swap ihre Beratungspflichten schuldhaft verletzt, so dass sie der Klägerin zu Schadensersatz verpflichtet ist. Auch der CMS Spread Sammler Swap war ein komplexes Finanzinstrument mit verschiedenen Optionen.
159 
- Er stellte nicht auf einen Interbanken-Zinssatz ab, sondern auf die Differenz (Spread) zwischen zwei Interbankenzinssätze (10-Jahres-Swapsatz und 2-Jahres-Swapsatz). Hierzu hätte die Klägerin in der Lage sein müssen, sich eine Meinung bezüglich der Faktoren bilden zu können, die das Verhältnis dieser beiden Zinssätze zueinander beeinflussen.
160 
- Der Vertrag hatte eine fünfjährige Laufzeit mit 10 halbjährlichen Zinsfeststellungsterminen. Eine Zinsmeinung hätte sich daher auf sämtliche Termine und die Korrelation der verschiedenen Faktoren beziehen müssen.
161 
- Es kam nicht auf die Höhe des Spreads an, sondern auf die verhältnismäßig geringe Häufigkeit, mit der der Spread eine Schwelle pro Periode unterschritt. Hierzu hätte die Klägerin in der Lage sein müssen, sich eine Meinung über dieses Kriterium bezogen auf die 10 Perioden bilden zu können.
162 
- Der Vertragszinssatz der Klägerin leitete sich nicht unmittelbar aus einer Zinskurve ab, sondern wurde aus der Häufigkeitsquote des Unterschreitens, multipliziert mit einem Festzinssatz zuzüglich eines weiteren Festzinssatzes vom 2,00% ermittelt.
163 
- Die Festlegung der Schwelle durch die Beklagte enthielt bereits bezüglich ihrer Angemessenheit ein erhebliches Risiko.
164 
- Die Beklagte hatte ein Recht zur vorzeitigen Beendigung ohne Ausgleichszahlung zu jedem Zinszahlungstermin nach einem Jahr. Hierdurch bestand für die Klägerin die Gefahr, dass sie Verluste durch den späteren Verlauf des Vertrages nicht mehr würde kompensieren können.
165 
- Das Beendigungsrecht der Klägerin gegen Ausgleichszahlung galt erst ab dem 3. Jahr und war nur jährlich möglich (Stillhalterrisiko).
166 
Die Beklagte hat es unterlassen, die Klägerin auf den besonderen synthetischen Charakter des Produkts hinzuweisen, der eine Risikoabschätzung nur mittels anerkannter Berechnungsmodelle erlaubt. Über die einstrukturierten überwiegenden Verlustrisiken, erkennbar an dem negativen Marktwert, wurde ebenfalls nicht aufgeklärt. Vor dem Hintergrund der einstrukturierten Gewinnmarge war die Beratung nicht anlegergerecht und die Empfehlung nicht vertretbar und fehlerhaft. Insofern gilt das Gleiche wie für den Ladder-Swap.
167 
Darüber hinaus war die Beratung auch aus weiteren Gründen nicht objektgerecht. Im Zuge der objektgerechten Beratung war die Beklagte verpflichtet, der Klägerin diejenigen Eigenschaften und Risiken mitzuteilen, die für die Anlageentscheidung von wesentlicher Bedeutung sein konnten. Dabei ist zwischen den allgemeinen Risiken (Konjunkturlage, Entwicklung des Börsenmarktes) und den speziellen Risiken zu unterscheiden, die sich aus den individuellen Gegebenheiten des Anlageobjekts (Kurs-, Zins- und Währungsrisiko) ergeben.
168 
Diese Pflicht hat die Beklagte verletzt, indem sie die konkreten das Risiko beeinflussenden Faktoren nicht dargestellt und missverständlich die Höhe des Spreads als entscheidenden Faktor in den Vordergrund gestellt hat. Im Strategiepapier vom 13.05.2005 (Anlage K6) und in der Präsentation wurde darauf abgestellt, dass die Klägerin nicht mit einer Verringerung der Differenz (Spread) zwischen dem 10-Jahres- und dem 2-Jahres-Swapsatz rechne. Bei dem vorliegenden CMS-Swap kommt es hingegen nicht auf die Höhe des Spreads zur unmittelbaren Berechnung des Vertragszinses an, sondern auf die Häufigkeit , mit der der Spread eine vertraglich vereinbarte Schwelle unterschreitet. Die Häufigkeit der Unterschreitung pro Periode bildet die Quote für den Vertragszinssatz der Klägerin. Zwar weist die Beklagte in ihrem Strategiepapier vom 31.10.2005 (Anlage K18) darauf hin, dass der Swap nachteilig für die Klägerin wird, wenn in einer Periode (120 Banktage) der Schwellenwert an 12 Banktagen unterschritten wird. Auch hat sie in ihrer Präsentation des Swaps vom 13.05.2005 (Anlage K5, S. 10) ein Histogramm der CMS Spreads der letzten 10 Jahre dargestellt und als Beispiel darauf hingewiesen, dass an 23 von 2621 Beobachtungstagen der Spread zwischen 0,30% und 0,40% gelegen hat. Das entspricht einer Quote von 1,05 von 120 Tagen. (Dabei hat die Beklagte ihre eigene Tabelle falsch abgelesen, weil diese Quote den Spread zwischen 0,4% und 0,5% betraf.)
169 
Damit hat die Beklagte das Risiko durch die Bezugnahme auf nicht maßgebliche Daten sowie eine zu unscharfe Beschreibung des Erfolgs- bzw. Risikoszenarios verharmlost. Die Beklagte hätte angeben müssen, mit welcher Häufigkeit der vertraglich vorgesehene Schwellenwert von zunächst 0,82% (Anlage K7) und später 0,735% (Anlage K10) in der Vergangenheit unterschritten wurde. Die Darstellung der Unterschreitung eines Schwellenwertes von 0,5% an umgerechnet 1,05 Tagen von 120 Banktagen gibt nicht genügend Anhaltspunkte und das Histogramm ist zu unscharf, um daraus selbständig Werte abzulesen. Die Beklagte hätte die Angaben anhand des verfügbaren Datenmaterials ohne Weiteres machen können. Diese Angabe war jedoch zu einer ersten groben Einschätzung des Risikos erforderlich, auch wenn historische Daten nur eine begrenzte Aussagekraft für die Zukunft haben. Zu dem verharmlosenden Verweis auf die falschen Werte hat die Beklagte missverständlich die Höhe des Spreads als Entscheidungskriterium in ihrem Strategiepapier und ihren Präsentationsfolien betont. Dabei stellte sie vollkommen konturlos auf eine "nicht deutliche" Verringerung der Differenz zwischen dem 10-Jahres- und dem 2-Jahres-EUR-Swapsatz ab. Zum Zeitpunkt der Produktpräsentation am 13.05.2005 lagen ausweislich des Strategiepapiers der Spread in Höhe von 1,11% und der angebotene Schwellenwert von 0,85% nur um 0,26 Prozentpunkte auseinander. Durch den unscharfen Begriff verstellt sich der Blick auf die hoch präzise Kalkulation des Vertrages nach Wahrscheinlichkeitsmodellen. Dem Anleger wird vermittelt, er könne sich bezüglich minimaler Veränderungen in der Differenz zweier Interbanken-Zinssätze bei einem Spielraum von 0,26 Prozentpunkten eine Meinung bilden. Bereits dies ist ihm nicht möglich, weil ihm in der Regel nicht die Faktoren bekannt sein dürften, die nicht einen einzelnen Zinssatz, sondern das Verhältnis zwischen zwei verschiedenen Zinssätzen (Zinsstrukturkurve) beeinflusst. Auch die Zeugin Glenk gab bei ihrer Vernehmung an nicht zu wissen, ob sie die Klägerin über die Faktoren, die den Spread beeinflussen können, aufgeklärt habe.
170 
Zudem wird dem Risiko der Volatilität des Spreads nicht die erforderliche Beachtung geschenkt. Denn die absolute oder durchschnittliche Höhe des Spreads war nach der Zinsformel für den Vertragszins ohne Relevanz. So bringt es die Formel mit sich, dass selbst ein durchschnittlich knapp über dem Schwellenwert liegender Spread pro Periode öfter als zwölfmal die Schwelle unterschreitet. Entscheidend war also zusätzlich, wie hoch neben dem erwarteten durchschnittlichen Spread die Abweichungen von diesem sein konnten.
171 
Auch die Restrukturierung des Swap im Oktober/November 2005 belegt die Grenze der menschlichen Fähigkeit, die Risiken abzuschätzen. Die Beklagte war in der Lage, den neuen Schwellenwert ohne nähere Begründung festzulegen. Die Klägerin war zu einer Überprüfung der Angemessenheit der Höhe des Schwellenwertes ersichtlich nicht in der Lage. Noch weniger wird sie in der Lage gewesen sein, anhand einer noch so dezidierten Zinsmeinung oder Erfahrung mit dem Kapitalmarkt die Auswirkung der Herabsenkung des Schwellenwertes von 0,82% auf 0,735% um lediglich 0,085 Prozentpunkte nachzuvollziehen und dessen Risikopotential abzuschätzen. Sie war bei der Vertragsgestaltung der finanzmathematisch überlegenen Beklagten ausgeliefert.
172 
Zu Verschulden, Kausalität, Schaden und Mitverschulden gilt das beim Ladder-Swap Ausgeführte. Soweit bei der Klägerin bezüglich der Ausgleichszahlung der Schaden in Höhe von 136.000 Euro mangels Zahlung noch nicht entstanden ist, kann sie von der Beklagten Freistellung verlangen.
III.
173 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
174 
Die Revision war nicht gem. § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen, weil die Entscheidung auch auf den Umständen des Einzelfalls, insbesondere bezüglich der konkret fehlerhaften Aufklärung (Stichwort: Volatilität) in den Beratungsunterlagen und -gesprächen beruht.

(1) Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören

1.
Gewinnanteile (Dividenden) und sonstige Bezüge aus Aktien, Genussrechten, mit denen das Recht am Gewinn und Liquidationserlös einer Kapitalgesellschaft verbunden ist, aus Anteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung, an Genossenschaften sowie an einer optierenden Gesellschaft im Sinne des § 1a des Körperschaftsteuergesetzes.2Zu den sonstigen Bezügen gehören auch verdeckte Gewinnausschüttungen.3Die Bezüge gehören nicht zu den Einnahmen, soweit sie aus Ausschüttungen einer Körperschaft stammen, für die Beträge aus dem steuerlichen Einlagekonto im Sinne des § 27 des Körperschaftsteuergesetzes als verwendet gelten.4Als sonstige Bezüge gelten auch Einnahmen, die anstelle der Bezüge im Sinne des Satzes 1 von einem anderen als dem Anteilseigner nach Absatz 5 bezogen werden, wenn die Aktien mit Dividendenberechtigung erworben, aber ohne Dividendenanspruch geliefert werden;
2.
Bezüge, die nach der Auflösung einer Körperschaft oder Personenvereinigung im Sinne der Nummer 1 anfallen und die nicht in der Rückzahlung von Nennkapital bestehen; Nummer 1 Satz 3 gilt entsprechend.2Gleiches gilt für Bezüge, die auf Grund einer Kapitalherabsetzung oder nach der Auflösung einer unbeschränkt steuerpflichtigen Körperschaft oder Personenvereinigung im Sinne der Nummer 1 anfallen und die als Gewinnausschüttung im Sinne des § 28 Absatz 2 Satz 2 und 4 des Körperschaftsteuergesetzes gelten;
3.
Investmenterträge nach § 16 des Investmentsteuergesetzes;
3a.
Spezial-Investmenterträge nach § 34 des Investmentsteuergesetzes;
4.
Einnahmen aus der Beteiligung an einem Handelsgewerbe als stiller Gesellschafter und aus partiarischen Darlehen, es sei denn, dass der Gesellschafter oder Darlehensgeber als Mitunternehmer anzusehen ist.2Auf Anteile des stillen Gesellschafters am Verlust des Betriebes sind § 15 Absatz 4 Satz 6 bis 8 und § 15a sinngemäß anzuwenden;
5.
Zinsen aus Hypotheken und Grundschulden und Renten aus Rentenschulden.2Bei Tilgungshypotheken und Tilgungsgrundschulden ist nur der Teil der Zahlungen anzusetzen, der als Zins auf den jeweiligen Kapitalrest entfällt;
6.
der Unterschiedsbetrag zwischen der Versicherungsleistung und der Summe der auf sie entrichteten Beiträge (Erträge) im Erlebensfall oder bei Rückkauf des Vertrags bei Rentenversicherungen mit Kapitalwahlrecht, soweit nicht die lebenslange Rentenzahlung gewählt und erbracht wird, und bei Kapitalversicherungen mit Sparanteil, wenn der Vertrag nach dem 31. Dezember 2004 abgeschlossen worden ist.2Wird die Versicherungsleistung nach Vollendung des 60. Lebensjahres des Steuerpflichtigen und nach Ablauf von zwölf Jahren seit dem Vertragsabschluss ausgezahlt, ist die Hälfte des Unterschiedsbetrags anzusetzen.3Bei entgeltlichem Erwerb des Anspruchs auf die Versicherungsleistung treten die Anschaffungskosten an die Stelle der vor dem Erwerb entrichteten Beiträge.4Die Sätze 1 bis 3 sind auf Erträge aus fondsgebundenen Lebensversicherungen, auf Erträge im Erlebensfall bei Rentenversicherungen ohne Kapitalwahlrecht, soweit keine lebenslange Rentenzahlung vereinbart und erbracht wird, und auf Erträge bei Rückkauf des Vertrages bei Rentenversicherungen ohne Kapitalwahlrecht entsprechend anzuwenden.5Ist in einem Versicherungsvertrag eine gesonderte Verwaltung von speziell für diesen Vertrag zusammengestellten Kapitalanlagen vereinbart, die nicht auf öffentlich vertriebene Investmentfondsanteile oder Anlagen, die die Entwicklung eines veröffentlichten Indexes abbilden, beschränkt ist, und kann der wirtschaftlich Berechtigte unmittelbar oder mittelbar über die Veräußerung der Vermögensgegenstände und die Wiederanlage der Erlöse bestimmen (vermögensverwaltender Versicherungsvertrag), sind die dem Versicherungsunternehmen zufließenden Erträge dem wirtschaftlich Berechtigten aus dem Versicherungsvertrag zuzurechnen; Sätze 1 bis 4 sind nicht anzuwenden.6Satz 2 ist nicht anzuwenden, wenn
a)
in einem Kapitallebensversicherungsvertrag mit vereinbarter laufender Beitragszahlung in mindestens gleichbleibender Höhe bis zum Zeitpunkt des Erlebensfalls die vereinbarte Leistung bei Eintritt des versicherten Risikos weniger als 50 Prozent der Summe der für die gesamte Vertragsdauer zu zahlenden Beiträge beträgt und
b)
bei einem Kapitallebensversicherungsvertrag die vereinbarte Leistung bei Eintritt des versicherten Risikos das Deckungskapital oder den Zeitwert der Versicherung spätestens fünf Jahre nach Vertragsabschluss nicht um mindestens 10 Prozent des Deckungskapitals, des Zeitwerts oder der Summe der gezahlten Beiträge übersteigt.2Dieser Prozentsatz darf bis zum Ende der Vertragslaufzeit in jährlich gleichen Schritten auf Null sinken.
7Hat der Steuerpflichtige Ansprüche aus einem von einer anderen Person abgeschlossenen Vertrag entgeltlich erworben, gehört zu den Einkünften aus Kapitalvermögen auch der Unterschiedsbetrag zwischen der Versicherungsleistung bei Eintritt eines versicherten Risikos und den Aufwendungen für den Erwerb und Erhalt des Versicherungsanspruches; insoweit findet Satz 2 keine Anwendung.8Satz 7 gilt nicht, wenn die versicherte Person den Versicherungsanspruch von einem Dritten erwirbt oder aus anderen Rechtsverhältnissen entstandene Abfindungs- und Ausgleichsansprüche arbeitsrechtlicher, erbrechtlicher oder familienrechtlicher Art durch Übertragung von Ansprüchen aus Versicherungsverträgen erfüllt werden.9Bei fondsgebundenen Lebensversicherungen sind 15 Prozent des Unterschiedsbetrages steuerfrei oder dürfen nicht bei der Ermittlung der Einkünfte abgezogen werden, soweit der Unterschiedsbetrag aus Investmenterträgen stammt;
7.
Erträge aus sonstigen Kapitalforderungen jeder Art, wenn die Rückzahlung des Kapitalvermögens oder ein Entgelt für die Überlassung des Kapitalvermögens zur Nutzung zugesagt oder geleistet worden ist, auch wenn die Höhe der Rückzahlung oder des Entgelts von einem ungewissen Ereignis abhängt.2Dies gilt unabhängig von der Bezeichnung und der zivilrechtlichen Ausgestaltung der Kapitalanlage.3Erstattungszinsen im Sinne des § 233a der Abgabenordnung sind Erträge im Sinne des Satzes 1;
8.
Diskontbeträge von Wechseln und Anweisungen einschließlich der Schatzwechsel;
9.
Einnahmen aus Leistungen einer nicht von der Körperschaftsteuer befreiten Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 des Körperschaftsteuergesetzes, die Gewinnausschüttungen im Sinne der Nummer 1 wirtschaftlich vergleichbar sind, soweit sie nicht bereits zu den Einnahmen im Sinne der Nummer 1 gehören; Nummer 1 Satz 2, 3 und Nummer 2 gelten entsprechend.2Satz 1 ist auf Leistungen von vergleichbaren Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen, die weder Sitz noch Geschäftsleitung im Inland haben, entsprechend anzuwenden;
10.
a)
Leistungen eines nicht von der Körperschaftsteuer befreiten Betriebs gewerblicher Art im Sinne des § 4 des Körperschaftsteuergesetzes mit eigener Rechtspersönlichkeit, die zu mit Gewinnausschüttungen im Sinne der Nummer 1 Satz 1 wirtschaftlich vergleichbaren Einnahmen führen; Nummer 1 Satz 2, 3 und Nummer 2 gelten entsprechend;
b)
der nicht den Rücklagen zugeführte Gewinn und verdeckte Gewinnausschüttungen eines nicht von der Körperschaftsteuer befreiten Betriebs gewerblicher Art im Sinne des § 4 des Körperschaftsteuergesetzes ohne eigene Rechtspersönlichkeit, der den Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt oder Umsätze einschließlich der steuerfreien Umsätze, ausgenommen die Umsätze nach § 4 Nummer 8 bis 10 des Umsatzsteuergesetzes, von mehr als 350 000 Euro im Kalenderjahr oder einen Gewinn von mehr als 30 000 Euro im Wirtschaftsjahr hat, sowie der Gewinn im Sinne des § 22 Absatz 4 des Umwandlungssteuergesetzes.2Die Auflösung der Rücklagen zu Zwecken außerhalb des Betriebs gewerblicher Art führt zu einem Gewinn im Sinne des Satzes 1; in Fällen der Einbringung nach dem Sechsten und des Formwechsels nach dem Achten Teil des Umwandlungssteuergesetzes gelten die Rücklagen als aufgelöst.3Bei dem Geschäft der Veranstaltung von Werbesendungen der inländischen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten gelten drei Viertel des Einkommens im Sinne des § 8 Absatz 1 Satz 3 des Körperschaftsteuergesetzes als Gewinn im Sinne des Satzes 1.4Die Sätze 1 und 2 sind bei wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben der von der Körperschaftsteuer befreiten Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen entsprechend anzuwenden.5Nummer 1 Satz 3 gilt entsprechend.6Satz 1 in der am 12. Dezember 2006 geltenden Fassung ist für Anteile, die einbringungsgeboren im Sinne des § 21 des Umwandlungssteuergesetzes in der am 12. Dezember 2006 geltenden Fassung sind, weiter anzuwenden;
11.
Stillhalterprämien, die für die Einräumung von Optionen vereinnahmt werden; schließt der Stillhalter ein Glattstellungsgeschäft ab, mindern sich die Einnahmen aus den Stillhalterprämien um die im Glattstellungsgeschäft gezahlten Prämien.

(2)1Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören auch

1.
der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Körperschaft im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1.2Anteile an einer Körperschaft sind auch Genussrechte im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, den Anteilen im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 ähnliche Beteiligungen und Anwartschaften auf Anteile im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1;
2.
der Gewinn aus der Veräußerung
a)
von Dividendenscheinen und sonstigen Ansprüchen durch den Inhaber des Stammrechts, wenn die dazugehörigen Aktien oder sonstigen Anteile nicht mitveräußert werden.2Soweit eine Besteuerung nach Satz 1 erfolgt ist, tritt diese insoweit an die Stelle der Besteuerung nach Absatz 1;
b)
von Zinsscheinen und Zinsforderungen durch den Inhaber oder ehemaligen Inhaber der Schuldverschreibung, wenn die dazugehörigen Schuldverschreibungen nicht mitveräußert werden.2Entsprechendes gilt für die Einlösung von Zinsscheinen und Zinsforderungen durch den ehemaligen Inhaber der Schuldverschreibung.
2Satz 1 gilt sinngemäß für die Einnahmen aus der Abtretung von Dividenden- oder Zinsansprüchen oder sonstigen Ansprüchen im Sinne des Satzes 1, wenn die dazugehörigen Anteilsrechte oder Schuldverschreibungen nicht in einzelnen Wertpapieren verbrieft sind.3Satz 2 gilt auch bei der Abtretung von Zinsansprüchen aus Schuldbuchforderungen, die in ein öffentliches Schuldbuch eingetragen sind;
3.
der Gewinn
a)
bei Termingeschäften, durch die der Steuerpflichtige einen Differenzausgleich oder einen durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmten Geldbetrag oder Vorteil erlangt;
b)
aus der Veräußerung eines als Termingeschäft ausgestalteten Finanzinstruments;
4.
der Gewinn aus der Veräußerung von Wirtschaftsgütern, die Erträge im Sinne des Absatzes 1 Nummer 4 erzielen;
5.
der Gewinn aus der Übertragung von Rechten im Sinne des Absatzes 1 Nummer 5;
6.
der Gewinn aus der Veräußerung von Ansprüchen auf eine Versicherungsleistung im Sinne des Absatzes 1 Nummer 6.2Das Versicherungsunternehmen hat nach Kenntniserlangung von einer Veräußerung unverzüglich Mitteilung an das für den Steuerpflichtigen zuständige Finanzamt zu machen und auf Verlangen des Steuerpflichtigen eine Bescheinigung über die Höhe der entrichteten Beiträge im Zeitpunkt der Veräußerung zu erteilen;
7.
der Gewinn aus der Veräußerung von sonstigen Kapitalforderungen jeder Art im Sinne des Absatzes 1 Nummer 7;
8.
der Gewinn aus der Übertragung oder Aufgabe einer die Einnahmen im Sinne des Absatzes 1 Nummer 9 vermittelnden Rechtsposition.
2Als Veräußerung im Sinne des Satzes 1 gilt auch die Einlösung, Rückzahlung, Abtretung oder verdeckte Einlage in eine Kapitalgesellschaft; in den Fällen von Satz 1 Nummer 4 gilt auch die Vereinnahmung eines Auseinandersetzungsguthabens als Veräußerung.3Die Anschaffung oder Veräußerung einer unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligung an einer Personengesellschaft gilt als Anschaffung oder Veräußerung der anteiligen Wirtschaftsgüter.4Wird ein Zinsschein oder eine Zinsforderung vom Stammrecht abgetrennt, gilt dies als Veräußerung der Schuldverschreibung und als Anschaffung der durch die Trennung entstandenen Wirtschaftsgüter.5Eine Trennung gilt als vollzogen, wenn dem Inhaber der Schuldverschreibung die Wertpapierkennnummern für die durch die Trennung entstandenen Wirtschaftsgüter zugehen.

(3) Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören auch besondere Entgelte oder Vorteile, die neben den in den Absätzen 1 und 2 bezeichneten Einnahmen oder an deren Stelle gewährt werden.

(3a)1Korrekturen im Sinne des § 43a Absatz 3 Satz 7 sind erst zu dem dort genannten Zeitpunkt zu berücksichtigen.2Weist der Steuerpflichtige durch eine Bescheinigung der auszahlenden Stelle nach, dass sie die Korrektur nicht vorgenommen hat und auch nicht vornehmen wird, kann der Steuerpflichtige die Korrektur nach § 32d Absatz 4 und 6 geltend machen.

(4)1Gewinn im Sinne des Absatzes 2 ist der Unterschied zwischen den Einnahmen aus der Veräußerung nach Abzug der Aufwendungen, die im unmittelbaren sachlichen Zusammenhang mit dem Veräußerungsgeschäft stehen, und den Anschaffungskosten; bei nicht in Euro getätigten Geschäften sind die Einnahmen im Zeitpunkt der Veräußerung und die Anschaffungskosten im Zeitpunkt der Anschaffung in Euro umzurechnen.2In den Fällen der verdeckten Einlage tritt an die Stelle der Einnahmen aus der Veräußerung der Wirtschaftsgüter ihr gemeiner Wert; der Gewinn ist für das Kalenderjahr der verdeckten Einlage anzusetzen.3Ist ein Wirtschaftsgut im Sinne des Absatzes 2 in das Privatvermögen durch Entnahme oder Betriebsaufgabe überführt worden, tritt an die Stelle der Anschaffungskosten der nach § 6 Absatz 1 Nummer 4 oder § 16 Absatz 3 angesetzte Wert.4In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 6 gelten die entrichteten Beiträge im Sinne des Absatzes 1 Nummer 6 Satz 1 als Anschaffungskosten; ist ein entgeltlicher Erwerb vorausgegangen, gelten auch die nach dem Erwerb entrichteten Beiträge als Anschaffungskosten.5Gewinn bei einem Termingeschäft ist der Differenzausgleich oder der durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmte Geldbetrag oder Vorteil abzüglich der Aufwendungen, die im unmittelbaren sachlichen Zusammenhang mit dem Termingeschäft stehen.6Bei unentgeltlichem Erwerb sind dem Einzelrechtsnachfolger für Zwecke dieser Vorschrift die Anschaffung, die Überführung des Wirtschaftsguts in das Privatvermögen, der Erwerb eines Rechts aus Termingeschäften oder die Beiträge im Sinne des Absatzes 1 Nummer 6 Satz 1 durch den Rechtsvorgänger zuzurechnen.7Bei vertretbaren Wertpapieren, die einem Verwahrer zur Sammelverwahrung im Sinne des § 5 des Depotgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. Januar 1995 (BGBl. I S. 34), das zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 5. April 2004 (BGBl. I S. 502) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung anvertraut worden sind, ist zu unterstellen, dass die zuerst angeschafften Wertpapiere zuerst veräußert wurden.8Ist ein Zinsschein oder eine Zinsforderung vom Stammrecht abgetrennt worden, gilt als Veräußerungserlös der Schuldverschreibung deren gemeiner Wert zum Zeitpunkt der Trennung.9Für die Ermittlung der Anschaffungskosten ist der Wert nach Satz 8 entsprechend dem gemeinen Wert der neuen Wirtschaftsgüter aufzuteilen.

(4a)1Werden Anteile an einer Körperschaft, Vermögensmasse oder Personenvereinigung gegen Anteile an einer anderen Körperschaft, Vermögensmasse oder Personenvereinigung getauscht und wird der Tausch auf Grund gesellschaftsrechtlicher Maßnahmen vollzogen, die von den beteiligten Unternehmen ausgehen, treten abweichend von Absatz 2 Satz 1 und den §§ 13 und 21 des Umwandlungssteuergesetzes die übernommenen Anteile steuerlich an die Stelle der bisherigen Anteile, wenn das Recht der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich der Besteuerung des Gewinns aus der Veräußerung der erhaltenen Anteile nicht ausgeschlossen oder beschränkt ist oder die Mitgliedstaaten der Europäischen Union bei einer Verschmelzung Artikel 8 der Richtlinie 2009/133/EG des Rates vom 19. Oktober 2009 über das gemeinsame Steuersystem für Fusionen, Spaltungen, Abspaltungen, die Einbringung von Unternehmensteilen und den Austausch von Anteilen, die Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten betreffen, sowie für die Verlegung des Sitzes einer Europäischen Gesellschaft oder einer Europäischen Genossenschaft von einem Mitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat (ABl. L 310 vom 25.11.2009, S. 34) in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden haben; in diesem Fall ist der Gewinn aus einer späteren Veräußerung der erworbenen Anteile ungeachtet der Bestimmungen eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung in der gleichen Art und Weise zu besteuern, wie die Veräußerung der Anteile an der übertragenden Körperschaft zu besteuern wäre, und § 15 Absatz 1a Satz 2 entsprechend anzuwenden.2Erhält der Steuerpflichtige in den Fällen des Satzes 1 zusätzlich zu den Anteilen eine Gegenleistung, gilt diese als Ertrag im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1.3Besitzt bei sonstigen Kapitalforderungen im Sinne des Absatzes 1 Nummer 7 der Inhaber das Recht, bei Fälligkeit anstelle der Zahlung eines Geldbetrags vom Emittenten die Lieferung von Wertpapieren im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 zu verlangen oder besitzt der Emittent das Recht, bei Fälligkeit dem Inhaber anstelle der Zahlung eines Geldbetrags solche Wertpapiere anzudienen und macht der Inhaber der Forderung oder der Emittent von diesem Recht Gebrauch, ist abweichend von Absatz 4 Satz 1 das Entgelt für den Erwerb der Forderung als Veräußerungspreis der Forderung und als Anschaffungskosten der erhaltenen Wertpapiere anzusetzen; Satz 2 gilt entsprechend.4Werden Bezugsrechte veräußert oder ausgeübt, die nach § 186 des Aktiengesetzes, § 55 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung oder eines vergleichbaren ausländischen Rechts einen Anspruch auf Abschluss eines Zeichnungsvertrags begründen, wird der Teil der Anschaffungskosten der Altanteile, der auf das Bezugsrecht entfällt, bei der Ermittlung des Gewinns nach Absatz 4 Satz 1 mit 0 Euro angesetzt.5Werden einem Steuerpflichtigen von einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse, die weder Geschäftsleitung noch Sitz im Inland hat, Anteile zugeteilt, ohne dass der Steuerpflichtige eine Gegenleistung zu erbringen hat, sind sowohl der Ertrag als auch die Anschaffungskosten der erhaltenen Anteile mit 0 Euro anzusetzen, wenn die Voraussetzungen der Sätze 3, 4 und 7 nicht vorliegen; die Anschaffungskosten der die Zuteilung begründenden Anteile bleiben unverändert.6Soweit es auf die steuerliche Wirksamkeit einer Kapitalmaßnahme im Sinne der vorstehenden Sätze 1 bis 5 ankommt, ist auf den Zeitpunkt der Einbuchung in das Depot des Steuerpflichtigen abzustellen.7Geht Vermögen einer Körperschaft durch Abspaltung auf andere Körperschaften über, gelten abweichend von Satz 5 und § 15 des Umwandlungssteuergesetzes die Sätze 1 und 2 entsprechend.

(5)1Einkünfte aus Kapitalvermögen im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 und 2 erzielt der Anteilseigner.2Anteilseigner ist derjenige, dem nach § 39 der Abgabenordnung die Anteile an dem Kapitalvermögen im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 im Zeitpunkt des Gewinnverteilungsbeschlusses zuzurechnen sind.3Sind einem Nießbraucher oder Pfandgläubiger die Einnahmen im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 oder 2 zuzurechnen, gilt er als Anteilseigner.

(6)1Verluste aus Kapitalvermögen dürfen nicht mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden; sie dürfen auch nicht nach § 10d abgezogen werden.2Die Verluste mindern jedoch die Einkünfte, die der Steuerpflichtige in den folgenden Veranlagungszeiträumen aus Kapitalvermögen erzielt.3§ 10d Absatz 4 ist sinngemäß anzuwenden; im Fall von zusammenveranlagten Ehegatten erfolgt ein gemeinsamer Verlustausgleich vor der Verlustfeststellung.4Verluste aus Kapitalvermögen im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 Satz 1, die aus der Veräußerung von Aktien entstehen, dürfen nur mit Gewinnen aus Kapitalvermögen im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 Satz 1, die aus der Veräußerung von Aktien entstehen, ausgeglichen werden; die Sätze 2 und 3 gelten sinngemäß.5Verluste aus Kapitalvermögen im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 3 dürfen nur in Höhe von 20 000 Euro mit Gewinnen im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 3 und mit Einkünften im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 11 ausgeglichen werden; die Sätze 2 und 3 gelten sinngemäß mit der Maßgabe, dass nicht verrechnete Verluste je Folgejahr nur bis zur Höhe von 20 000 Euro mit Gewinnen im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 3 und mit Einkünften im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 11 verrechnet werden dürfen.6Verluste aus Kapitalvermögen aus der ganzen oder teilweisen Uneinbringlichkeit einer Kapitalforderung, aus der Ausbuchung wertloser Wirtschaftsgüter im Sinne des Absatzes 1, aus der Übertragung wertloser Wirtschaftsgüter im Sinne des Absatzes 1 auf einen Dritten oder aus einem sonstigen Ausfall von Wirtschaftsgütern im Sinne des Absatzes 1 dürfen nur in Höhe von 20 000 Euro mit Einkünften aus Kapitalvermögen ausgeglichen werden; die Sätze 2 und 3 gelten sinngemäß mit der Maßgabe, dass nicht verrechnete Verluste je Folgejahr nur bis zur Höhe von 20 000 Euro mit Einkünften aus Kapitalvermögen verrechnet werden dürfen.7Verluste aus Kapitalvermögen, die der Kapitalertragsteuer unterliegen, dürfen nur verrechnet werden oder mindern die Einkünfte, die der Steuerpflichtige in den folgenden Veranlagungszeiträumen aus Kapitalvermögen erzielt, wenn eine Bescheinigung im Sinne des § 43a Absatz 3 Satz 4 vorliegt.

(7)1§ 15b ist sinngemäß anzuwenden.2Ein vorgefertigtes Konzept im Sinne des § 15b Absatz 2 Satz 2 liegt auch vor, wenn die positiven Einkünfte nicht der tariflichen Einkommensteuer unterliegen.

(8)1Soweit Einkünfte der in den Absätzen 1, 2 und 3 bezeichneten Art zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb, aus selbständiger Arbeit oder aus Vermietung und Verpachtung gehören, sind sie diesen Einkünften zuzurechnen.2Absatz 4a findet insoweit keine Anwendung.

(9)1Bei der Ermittlung der Einkünfte aus Kapitalvermögen ist als Werbungskosten ein Betrag von 1 000 Euro abzuziehen (Sparer-Pauschbetrag); der Abzug der tatsächlichen Werbungskosten ist ausgeschlossen.2Ehegatten, die zusammen veranlagt werden, wird ein gemeinsamer Sparer-Pauschbetrag von 2 000 Euro gewährt.3Der gemeinsame Sparer-Pauschbetrag ist bei der Einkunftsermittlung bei jedem Ehegatten je zur Hälfte abzuziehen; sind die Kapitalerträge eines Ehegatten niedriger als 1 000 Euro, so ist der anteilige Sparer-Pauschbetrag insoweit, als er die Kapitalerträge dieses Ehegatten übersteigt, bei dem anderen Ehegatten abzuziehen.4Der Sparer-Pauschbetrag und der gemeinsame Sparer-Pauschbetrag dürfen nicht höher sein als die nach Maßgabe des Absatzes 6 verrechneten Kapitalerträge.

Das Bundesministerium der Finanzen kann durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, nähere Bestimmungen erlassen über den Inhalt, die Art, die Sprache, den Umfang und die Form der Unterrichtung nach Artikel 4a Absatz 1 Unterabsatz 2 Buchstabe a oder nach Artikel 10 Absatz 1 Unterabsatz 2 Buchstabe a sowie der Nachweise nach Artikel 4a Absatz 2 Unterabsatz 1 oder nach Artikel 10 Absatz 2 Unterabsatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012. Das Bundesministerium der Finanzen kann die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Bundesanstalt übertragen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 56/05 Verkündet am:
19. Dezember 2006
Weber,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
_____________________
BGB §§ 276 Hb, 676
Wenn eine Bank einen Kunden über Kapitalanlagen berät und Fondsanteile
empfiehlt, bei denen sie verdeckte Rückvergütungen aus den Ausgabeaufschlägen
und jährlichen Verwaltungsgebühren erhält, muss sie den Kunden
über diese Rückvergütungen aufklären, damit der Kunde beurteilen kann, ob
die Anlageempfehlung allein im Kundeninteresse nach den Kriterien anlegerund
objektgerechter Beratung erfolgt ist, oder im Interesse der Bank, möglichst
hohe Rückvergütungen zu erhalten.
BGH, Urteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05 - OLG München
LG München I
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 19. Dezember 2006 durch den Vorsitzenden Richter
Nobbe, den Richter Dr. Joeres, die Richterin Mayen und die Richter
Dr. Ellenberger und Prof. Dr. Schmitt

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 6. Oktober 2004 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger nimmt die beklagte Bank aus abgetretenem Recht der H. GmbH (im Folgenden: Zedentin) im Zusammenhang mit Wertpapiergeschäften in Anspruch.
2
Die Zedentin erwarb nach einem - inhaltlich im Einzelnen streitigen - Beratungsgespräch mit Mitarbeitern der Beklagten am 15. Februar 2000 zwischen dem 16. Februar und dem 14. Juni 2000 über die Beklag- te für 141.478,21 € Anteile an Aktienfonds und für 106.395,72 € Aktien. In den Wertpapierabrechnungen über die Fondsanteile sind nicht besonders ausgewiesene Ausgabeaufschläge zwischen 3% und 5% enthalten. Die Beklagte, die aus diesen Aufschlägen und den von den konzerneigenen Fonds erhobenen Verwaltungsgebühren Rückvergütungen erhält, gewährte der Zedentin insoweit Bonifikationen von zumeist 1%, in einem Falle von 2,5%. Über die Ausgabeaufschläge wurde die Zedentin informiert , nicht aber über die Rückvergütungen an die Beklagte.
3
Nach erheblichen Kursverlusten suchte der Geschäftsführer der Zedentin, der sich falsch beraten fühlte, am 8. August 2000 zusammen mit einem Rechtsanwalt die Beklagte auf. Der Inhalt des Gesprächs ist streitig. Nach Veräußerung eines Teils der Fondsanteile für 70.842,62 € und der Aktien für 54.908,60 € hat der Kläger am 13. August 2003 Klage eingereicht und unter Berücksichtigung erzielter Wertpapiererträge von 511,58 € die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 127.611,13 € zuzüglich Zinsen Zug um Zug gegen Übertragung der restlichen Wertpapiere beantragt.
4
Zur Begründung beruft er sich im Revisionsverfahren im Wesentlichen darauf, die Beklagte habe gegen ihre aus § 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG folgende Interessenwahrungspflicht verstoßen, weil sie nur Fonds von konzerneigenen Gesellschaften empfohlen habe. Außerdem habe sie vorsätzlich Rückvergütungen aus den Ausgabeaufschlägen und Verwaltungsgebühren der Fonds verschwiegen. Wenn er davon Kenntnis gehabt hätte, wäre er dem Anlagevorschlag der Beklagten, auch was die empfohlenen Aktien angehe, nicht gefolgt.
5
Beklagte Die hat eine Fehlberatung in Abrede gestellt und gemeint , über die Rückvergütungen nicht aufklären zu müssen. Außerdem hat sie die Einrede der Verjährung erhoben.
6
Diese hat das Landgericht als durchgreifend erachtet und die Klage abgewiesen. Die Berufung hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


7
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


8
Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:
9
Ansprüche der Zedentin gegen die Beklagte aufgrund des Beratungsgesprächs vom 15. Februar 2000 seien zum Zeitpunkt der Klageerhebung am 13. August 2003 gemäß § 37a WpHG verjährt gewesen. Die dreijährige Verjährungsfrist habe spätestens mit dem letzten Erwerbsakt vom 14. Juni 2000 zu laufen begonnen. Die Verjährung sei nicht gehemmt worden, weil Verhandlungen über die Schadensersatzpflicht nicht stattgefunden hätten.

10
Die nach § 37a WpHG eingetretene Verjährung ergreife auch mögliche konkurrierende deliktische Ansprüche aufgrund fahrlässiger Falschberatung aus § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 31 Abs. 2 WpHG und auch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 19 Abs. 1 KAGG wegen unterlassener Zurverfügungstellung eines Verkaufsprospektes.
11
Dem Kläger stehe auch kein Anspruch aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung gemäß §§ 826, 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 263 StGB gegen die Beklagte wegen des Verschweigens von Rückvergütungen aus den Ausgabeaufschlägen und Verwaltungsgebühren der Fonds zu. Eine Offenbarungspflicht hinsichtlich der Rückvergütungen habe für die Beklagte schon deshalb nicht bestanden, weil sie weder die Stellung eines unabhängigen Maklers noch diejenige eines unabhängigen Vermögensverwalters inne gehabt habe, sondern vielmehr in ihrer Eigenschaft als Wertpapierdienstleistungsunternehmen am Markt teilgenommen habe. In dieser Stellung sei die Beklagte im Unterschied zu einem zur Neutralität verpflichteten Makler zum einen nicht verpflichtet gewesen, aus der breiten Palette in Betracht zu ziehender Aktien- und Fondsanlagen stets allein die für den Kunden günstigste zu empfehlen. Vielmehr sei sie rechtlich befugt gewesen, bevorzugt Produkte ihrer eigenen Fondsgesellschaft zu empfehlen und mithin eigene wirtschaftliche Interessen zu verfolgen. Dieser Umstand sei dem Wertpapierkunden, der sich nicht an einen unabhängigen Berater, sondern an eine Bank wende, im Allgemeinen auch bekannt. Abgesehen davon habe der Geschäftsführer der Zedentin aufgrund der erhaltenen Bonifikation von bis zu 2,5% annehmen müssen, dass die Beklagte an den Ausgabeaufschlägen der Fondsgesellschaften partizipiere. Ein als Geschäftsführer einer GmbH im Wirtschaftsleben stehender Wertpapierkunde müsse davon ausgehen, dass eine Bank solche Gutschriften nicht aus ihrem eigenen Vermögen leiste.

II.


12
Berufungsurteil Das hält rechtlicher Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.
13
Zu 1. Recht hat das Berufungsgericht allerdings etwaige Schadensersatzansprüche wegen fahrlässiger Verletzung eines am 15. Februar 2000 geschlossenen Beratungsvertrages bzw. wegen fahrlässiger Verletzung einer Informationspflicht aus § 31 WpHG nach § 37a WpHG als verjährt angesehen. Wie der erkennende Senat mit Urteil vom 8. März 2005 (BGHZ 162, 306, 311 ff.), nach Erlass des Berufungsurteils , entschieden und ausführlich begründet hat, unterfallen nicht nur vertragliche Ansprüche aus einer fahrlässigen Falschberatung der dreijährigen Verjährungsfrist des § 37a WpHG, sondern auch etwaige deliktische Ansprüche aus fahrlässiger Schutzgesetzverletzung (§ 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 31 WpHG). Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei - von der Revision nicht angegriffen - festgestellt, dass diese dreijährige Verjährungsfrist bei Klageerhebung abgelaufen war.
14
Entgegen der Ansicht der Revision ist die Verjährungsvorschrift des § 37a WpHG im Hinblick auf das Parteigutachten von Prof. Dr. Micklitz vom 21. Juli 2004 (siehe auch Micklitz WM 2005, 536 ff. und EWiR 2005, 491 f.) nicht etwa auf ihre Europarechtskonformität hin zu überprüfen. Die Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaf- ten über Wertpapierdienstleistungen vom 10. Mai 1993 (93/22 EWG; ABl. EG Nr. L 141 S. 27) regelt Verjährungsfragen nicht, sondern überlässt diese der nationalen Gesetzgebung. Die Ansicht, § 37a WpHG verstoße gegen Gemeinschaftsrecht, liegt auch unter Berücksichtigung des Aspekts effektiven Rechtsschutzes so fern, dass eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zur Vorabentscheidung nicht in Betracht kommt. Das von Micklitz (EWiR 2005, 491, 492) statuierte Verbot der verjährungsrechtlichen „Benachteiligung der Ansprüche aus § 37a WpHG“, gemeint sind wohl Ansprüche aus §§ 31 und 32 WpHG, "gegenüber Ansprüchen aus anderen Anspruchsgrundlagen, insbesondere § 823 BGB", entbehrt einer haltbaren gemeinschaftsrechtlichen Verankerung. Im Übrigen wäre vorliegend die statuierte Benachteiligung schon deswegen nicht gegeben, da auch ein Anspruch aus unerlaubter Handlung (§ 823 Abs. 2 BGB i.V. mit §§ 31, 32 WpHG) bei Einreichung der Klage am 13. August 2003 verjährt gewesen wäre (§ 852 Abs. 1 BGB a.F.), weil der Geschäftsführer der Zedentin spätestens am 8. August 2000 von einer etwaigen Beratungspflichtverletzung der Beklagten Kenntnis hatte.
15
2. Zutreffend hat das Berufungsgericht auch ausgeführt, dass ein etwaiger, allein auf Fahrlässigkeit gestützter Anspruch der Zedentin aus § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 19 Abs. 1 Satz 1 KAGG (in der bis zum 31. Juli 2001 geltenden Fassung), wegen unterlassener Zurverfügungstellung der Verkaufsprospekte der Fondsgesellschaften nach § 37a WpHG verjährt ist. Die allgemeinen Verjährungsvorschriften (§§ 195 ff. BGB a.F.) werden durch § 37a WpHG verdrängt. Nach der Gesetzesbegründung zu § 37a WpHG (BT-Drucks. 13/8933 S. 97) sollen auch Aufklärungsfehler , die mittels eines Prospekts begangen werden, der allge- meinen Verjährung entzogen werden und der kurzen kapitalmarktrechtlichen Verjährungsfrist unterliegen. Bei einem Unterlassen der erforderlichen Aufklärung kann nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes (vgl. BGHZ 162, 306, 312) nichts anderes gelten. Für den Anleger ist es unerheblich , ob ihm die erforderliche Information in einem Gespräch nicht erteilt oder ihm dadurch vorenthalten wird, dass ihm ein Verkaufsprospekt der Fondsgesellschaft nicht zur Verfügung gestellt wird (vgl. Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht 3. Aufl. Rdn. 16.565). Der Einwand der Revision, § 37a WpHG solle lediglich spezielle Beratungsrisiken begrenzen , greift nach dem Wortlaut ersichtlich nicht durch. Erfasst werden danach nicht nur Schadensersatzansprüche aus fehlerhafter Beratung, sondern auch solche aus einer Informationspflichtverletzung. Wegen des Durchgreifens der Verjährungseinrede bedarf es vorliegend keiner Entscheidung , ob die Beklagte als Vertriebsbank der Fondsanteile überhaupt nach § 19 Abs. 1 Satz 1 KAGG verpflichtet ist, einem Erwerber von Fondsanteilen einen Verkaufsprospekt der Fondsgesellschaft zur Verfügung zu stellen (vgl. zum Streitstand Assmann, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts 2. Aufl. § 7 Rdn. 18, § 18 Rdn. 173; Baur, in: Hellner/Steuer, BuB Rdn. 9/495; a.A. Köndgen, in: Schimansky /Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch 2. Aufl. § 113 Rdn. 81) und ob § 19 Abs. 1 Satz 1 KAGG Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB ist (vgl. dazu Assmann, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts 2. Aufl. § 7 Rdn. 185 Rn. 489; Baur, in: Hellner/Steuer, BuB Rdn. 9/499).
16
3. Entgegen der Ansicht der Revision kann der Kläger aus einem etwaigen Verstoß der Beklagten gegen ihre Pflicht, zur Wahrung des Kundeninteresses Interessenkonflikte durch organisatorische Maßnah- men zu vermeiden (§ 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG), keinen unverjährten Schadensersatzanspruch gemäß § 823 Abs. 2 BGB herleiten.
17
aa) Ob und inwieweit den §§ 31, 32 WpHG Schutzgesetzcharakter im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB zukommt, hat der erkennende Senat bisher offen gelassen (Senatsurteile BGHZ 142, 345, 356; 147, 343, 353; 163, 311, 321; vom 24. Juli 2001 - XI ZR 329/00, WM 2001, 1718, 1719 und vom 11. November 2003 - XI ZR 21/03, WM 2004, 24, 26). In der Literatur wird die Frage für einzelne Pflichten bejaht (vgl. Schwark, Kapitalmarktrechts -Kommentar 3. Aufl. vor § 31 WpHG Rdn. 9; Assmann/ Schneider/Koller, WpHG 4. Aufl. vor § 31 Rdn. 17; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht 3. Aufl. Rdn. 16.11; Schäfer, WpHG vor § 31 Rdn. 9; zweifelnd Horn, in: Hellner/Steuer, BuB Rdn. 1304). Einer abschließenden Entscheidung der Frage bedarf es auch hier nicht.
18
Schutzgesetzcharakter i.S. des § 823 Abs. 2 BGB können die §§ 31 ff. WpHG nur haben, soweit sie nicht lediglich aufsichtsrechtlicher Natur sind, sondern ihnen auch anlegerschützende Funktion zukommt. Ist dies der Fall, so können sie zwar für Inhalt und Reichweite (vor-)vertraglicher Aufklärungs- und Beratungspflichten von Bedeutung sein. Ihr zivilrechtlicher Schutzbereich geht aber nicht über diese (vor-)vertraglichen Pflichten hinaus. Daraus folgt, dass ihnen keine eigenständige, über die zivilrechtlichen Aufklärungs- und Beratungspflichten hinausgehende schadensersatzrechtliche Bedeutung zukommt (vgl. Nobbe, in: Schimansky/Horn, Bankrecht 1998, S. 235, 250 f.).
19
bb) Die Pflicht eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens nach § 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG, sich zu bemühen, Interessenkonflikte zu ver- meiden, hat danach keinen Schutzgesetzcharakter, soweit diese Pflicht die Ergreifung organisatorischer Maßnahmen beinhaltet. Soweit ein Wertpapierhandelsunternehmen einen Interessenkonflikt nicht nur durch organisatorische Maßnahmen, sondern auch durch sachgerechte Information des Kunden vermeiden kann (vgl. dazu Assmann/Schneider/ Koller, WpHG 4. Aufl. § 31 Rdn. 43, 74, 77), geht der zivilrechtliche Schutzzweck einer solchen Informationspflicht nicht weiter als die Aufklärungs - und Beratungspflichten aus einem Beratungsvertrag oder aus §§ 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB. Entgegen der Ansicht der Revision unterliegen auch Schadensersatzansprüche aus einer unterbliebenen, aber zur Vermeidung eines Interessenkonflikts erforderlichen Information (§ 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG) der kurzen Verjährungsfrist. § 37a WpHG differenziert nicht danach, aus welchem Grund eine Information des Kunden erforderlich ist.
20
4. Rechtsfehlerhaft sind die Ausführungen des Berufungsgerichts, mit denen es eine vorsätzliche Aufklärungs- und Beratungspflichtverletzung , die nicht unter die kurze Verjährungsfrist des § 37a WpHG fällt (BGHZ 162, 306, 312), in Bezug auf die Rückvergütungen der empfohlenen Fonds verneint hat.
21
Im a) Ausgangspunkt zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings keinen Beratungsfehler darin gesehen, dass die Beklagte, was Fondsanteile angeht, ausschließlich hauseigene Produkte empfohlen hat. Maßgeblich für Kapitalanlageempfehlungen im gewöhnlichen Geschäftsverkehr einer Bank ist grundsätzlich das von ihr zusammengestellte Anlageprogramm (vgl. BGHZ 123, 126, 129). Soweit bank-, konzern - oder institutsgruppeneigene Anlageprodukte wie etwa Fondsanteile vorhanden sind, ist es grundsätzlich nicht zu beanstanden, dass solche Produkte, nicht aber vergleichbare konkurrierender Banken oder Institutsgruppen in das Anlageprogramm aufgenommen werden und die Bank nur solche Produkte, nicht aber Konkurrenzprodukte empfiehlt. Ebenso wenig wie ein Kreditnehmer, der sich von einer bestimmten Bank beraten lässt, kann ein Anlageinteressent, der die Beratung einer Bank in Anspruch nimmt, vernünftigerweise erwarten und erwartet auch nicht, dass die Bank ihm von sich aus Produkte konkurrierender Banken oder Institutsgruppen empfiehlt. Das gilt auch dann, wenn diese Produkte besser oder günstiger sind. Erst wenn die Bank gegenüber dem Kunden damit hervortritt, auch über die Produkte konkurrierender Banken zu beraten, oder aber wenn der Anlageinteressent von sich aus die Erwartung zum Ausdruck bringt, auch über solche, etwa von ihm angesprochene Konkurrenzprodukte beraten zu werden, muss die Bank, wenn sie die Beratung insoweit nicht ablehnt, ihn auch darüber objektiv richtig und vollständig informieren und beraten und die Konkurrenzprodukte gegebenenfalls auch empfehlen. Dass die Beklagte vor oder bei dem Beratungsgespräch am 15. Februar 2000 die Beratung auch über Fondsprodukte anderer Banken angeboten oder der Geschäftsführer der Zedentin eine solche von sich aus gewünscht hat, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Der Beratungsvertrag erstreckte sich deshalb auf solche Produkte nicht. Es ist einem Wertpapierdienstleistungsunternehmen auch nach § 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG nicht verboten, ausschließlich hauseigene Produkte oder Produkte verbundener Unternehmen ihren Kunden anzubieten, wenn dies - wie hier - für den Kunden erkennbar ist (vgl. Schwark, Kapitalmarktrechts -Kommentar 3. Aufl. § 31 WpHG Rdn. 28).
22
b) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts muss eine Bank, die Fondsanteile empfiehlt, aber darauf hinweisen, dass und in welcher Höhe sie Rückvergütungen aus Ausgabeaufschlägen und Verwaltungskosten von der Fondsgesellschaft erhält.
23
aa) Die Aufklärung über die Rückvergütung ist notwendig, um dem Kunden einen insofern bestehenden Interessenkonflikt der Bank (§ 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG) offen zu legen. Erst durch die Aufklärung wird der Kunde in die Lage versetzt, das Umsatzinteresse der Bank selbst einzuschätzen (vgl. Assmann/Schneider/Koller, WpHG 4. Aufl. § 31 Rdn. 74; a.A. Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar 3. Aufl. § 31 WpHG Rdn. 27) und zu beurteilen, ob die Bank ihm einen bestimmten Titel nur deswegen empfiehlt, weil sie selbst daran verdient. Nach der Rechtsprechung des Senats (BGHZ 146, 235, 239) hat eine Bank, die einem Vermögensverwalter Provisionen und Depotgebühren rückvergütet, ihren Kunden vor Abschluss der vom Vermögensverwalter initiierten Effektengeschäfte darauf hinzuweisen, dass sie dadurch eine Gefährdung der Kundeninteressen durch den Vermögensverwalter geschaffen hat. Diese Rechtsprechung ist auch auf den vorliegenden Fall zu übertragen. Wenn eine Bank einen Kunden ohne Zwischenschaltung eines Vermögensverwalters berät, Anlageempfehlungen abgibt und dabei an den empfohlenen Fonds durch Rückvergütungen verdient, sind die Kundeninteressen durch die von der Bank erhaltenen Rückvergütungen gefährdet. Es besteht die konkrete Gefahr, dass die Bank Anlageempfehlungen nicht allein im Kundeninteresse nach den Kriterien anleger- und objektgerechter Beratung abgibt, sondern zumindest auch in ihrem eigenen Interesse, möglichst hohe Rückvergütungen zu erhalten. Dabei spielt es entgegen der Ansicht der Beklagten keine Rolle, ob die Rückvergütungen einem bestimmten Geschäft unmittelbar zugeordnet werden oder in gewissen Zeitabständen gezahlt werden. Wesentlich ist nur, dass die Rückvergütungen umsatzabhängig sind.
24
Entgegen bb) der Ansicht des Berufungsgerichts scheitert eine Pflichtverletzung der Beklagten nicht daran, dass der Geschäftsführer der Zedentin nicht aufklärungsbedürftig war, weil er über die Rückvergütungen dadurch informiert war, dass ihm ein Teil davon seitens der Beklagten als Bonifikation gutgeschrieben wurde. Selbst wenn, was nicht festgestellt ist, der Geschäftsführer der Zedentin davon ausgegangen sein sollte, dass es sich bei diesen Bonifikationen um die Reduzierung der Ausgabeaufschläge handelte, so bleibt er, was die Größenordnung der Rückvergütungen angeht, aufklärungsbedürftig. Ohne deren Kenntnis konnte er das Interesse der Beklagten an dem empfohlenen Erwerb von Fondsanteilen und die damit verbundene Gefährdung der Interessen der Zedentin nicht richtig einschätzen.
25
cc) Nach dem in der Revisionsinstanz zu unterstellenden Vorbringen des Klägers ist eine vorsätzliche Aufklärungspflichtverletzung durch die Beklagte nicht auszuschließen. Der Kläger hat vorgetragen, der Mitarbeiter K. der Beklagten, dessen Verhalten sich die Beklagte zurechnen lassen muss (§ 278 BGB), habe erklärt, aufgrund seiner guten Verbindungen habe er die Möglichkeit, die Ausgabeaufschläge für die Zedentin günstiger ausfallen zu lassen als üblich. Danach hatte der Mitarbeiter K. der Beklagten offenbar Kenntnis davon, dass Rückvergütungen an die Beklagte flossen, hat dies der Zedentin aber nicht mitgeteilt. Das Verschweigen der Rückvergütungen ist nur dann vorsätzlich geschehen, wenn K. die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens bewusst war. Auch ein bloßer Rechtsirrtum schließt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Vorsatz aus (BGHZ 69, 128, 142; 118, 201, 208).

III.


26
angefochtene Das Urteil war nach alledem aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Entscheidung reif ist, war sie zur weiteren Aufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dieses wird die erforderlichen Feststellungen zum vorsätzlichen Verschweigen der Rückvergütungen zu treffen haben.
27
Sollte nach erneuter Verhandlung eine vorsätzliche Aufklärungspflichtverletzung feststehen, weist der Senat darauf hin, dass Schadensersatz in der Form der Rückabwicklung der erworbenen Kapitalanlagen grundsätzlich nur bezüglich der Fondsanteile beansprucht werden kann, bei denen Rückvergütungen verschwiegen worden sind. Ob auch die Wertpapiergeschäfte schadensersatzrechtlich rückabzuwickeln sind, bei denen keine Rückvergütungen gezahlt wurden, richtet sich danach, ob die Zedentin bei gehöriger Aufklärung insgesamt den Geschäftskontakt mit der Beklagten abgebrochen hätte, wofür der Kläger darlegungs- und beweispflichtig ist (vgl. auch BGHZ 146, 235, 240 f.). Bei Effektengeschäften , die über eine Bank außerhalb eines Vermögensverwaltungs- vertrages abgewickelt werden, kann nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass die Geschäftsverbindung insgesamt nicht zustande gekommen wäre, wenn die Bank in Bezug auf einzelne Geschäfte ein Aufklärungsverschulden trifft.
Nobbe Joeres Mayen
Ellenberger Schmitt

Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 19.04.2004 - 11 HKO 15075/03 -
OLG München, Entscheidung vom 06.10.2004 - 7 U 3009/04 -

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die erst nach Ablauf einer hierfür gesetzten Frist (§ 273 Abs. 2 Nr. 1 und, soweit die Fristsetzung gegenüber einer Partei ergeht, 5, § 275 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, 4, § 276 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3, § 277) vorgebracht werden, sind nur zuzulassen, wenn nach der freien Überzeugung des Gerichts ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder wenn die Partei die Verspätung genügend entschuldigt.

(2) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die entgegen § 282 Abs. 1 nicht rechtzeitig vorgebracht oder entgegen § 282 Abs. 2 nicht rechtzeitig mitgeteilt werden, können zurückgewiesen werden, wenn ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und die Verspätung auf grober Nachlässigkeit beruht.

(3) Verspätete Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen und auf die der Beklagte verzichten kann, sind nur zuzulassen, wenn der Beklagte die Verspätung genügend entschuldigt.

(4) In den Fällen der Absätze 1 und 3 ist der Entschuldigungsgrund auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen.

Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 150/01 Verkündet am:
28. Mai 2002
Weber,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
_____________________
BGB §§ 826 Ga, 852 Abs. 1 a.F.

a) Terminoptionsvermittler haben optionsunerfahrene Kunden unmißverständlich,
schriftlich und in auffälliger Form darauf hinzuweisen, daß Aufschläge auf die
Börsenoptionsprämie das Chancen-Risiko-Verhältnis aus dem Gleichgewicht
bringen und dazu führen, daß die verbliebene, bei höheren Aufschlägen geringe
Chance, insgesamt einen Gewinn zu erzielen, mit jedem Optionsgeschäft
abnimmt.

b) Wird Schadensersatz wegen unzureichender Aufklärung über die Risiken
von Warentermin- oder Optionsgeschäften verlangt, beginnt die
Verjährungsfrist nicht, bevor der Gläubiger die Umstände kennt, aus denen
sich die Rechtspflicht zur Aufklärung ergibt.
BGH, Urteil vom 28. Mai 2002 - XI ZR 150/01 - OLG Hamm
LG Hagen
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 28. Mai 2002 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe, die
Richter Dr. Siol, Dr. Müller, Dr. Joeres und die Richterin Mayen

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 25. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 28. Februar 2001 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin nimmt den Beklagten im Urkundenprozeû auf Schadensersatz für Verluste aus Terminoptionsgeschäften an US-amerikanischen Börsen in Anspruch.
Der Beklagte ist Mitgeschäftsführer einer GmbH, die gewerbsmäûig Optionsgeschäfte vermittelt. Die Klägerin, eine Zahntechnikerin, schloû mit der GmbH am 31. März 1994 einen Optionsvermittlungs- und
Betreuungsvertrag. Dieser enthielt eine Risikoaufklärung, die die Klägerin gesondert unterschrieb. Ferner erhielt sie die Broschüre "Grundlagen des Terminhandels". Bis zum 23. Juni 1994 zahlte die Klägerin der GmbH 90.000 DM, die an einen US-amerikanischen Broker weitergeleitet und für Optionsgeschäfte verwandt werden sollten. Hierbei hatte die Klägerin auûer der Optionsprämie Gebühren der GmbH von bis zu 37,5% der Prämie und Kommissionen des Brokers in Höhe von 90 USDollar je Geschäft zu entrichten. Die Optionsgeschäfte endeten insgesamt verlustreich.
Die Klägerin macht geltend, der Beklagte habe sie nicht ausreichend über die Risiken der Geschäfte aufgeklärt und durch den Abschluû einer Vielzahl von Geschäften Gebühren geschunden ("churning" ). Der Beklagte behauptet, der Broker habe der Klägerin per Scheck 4.044,58 US-Dollar zurückgezahlt, und erhebt die Einrede der Verjährung.
Die Klage auf Zahlung von 90.000 DM nebst Zinsen ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im wesentlichen ausgeführt:
Die Klägerin habe gegen den Beklagten keinen Schadensersatzanspruch gemäû § 826 BGB wegen unzureichender Aufklärung über die Risiken der vermittelten Geschäfte. Die GmbH habe ihre gesteigerte Aufklärungspflicht, die angesichts der hohen Vermittlungsgebühr von 37,5% der Optionsprämie bestanden habe, erfüllt. In der von der Klägerin unterschriebenen Risikoaufklärung werde darauf hingewiesen, daû der Aufschlag auf die Optionsprämie die Gewinnchance reduziere und das Verlustrisiko erhöhe. Ein Gewinn setze eine Kursentwicklung voraus, die der Börsenhandel für unrealistisch halte. Der Möglichkeit, Gewinn zu erzielen, stehe die überwiegende Wahrscheinlichkeit gegenüber, das gesamte investierte Kapital zu verlieren. Die Broschüre "Grundlagen des Terminhandels" enthalte annähernd die gleiche Risikoaufklärung. Ob der Beklagte oder ein Mitarbeiter der GmbH mündlich beschönigende Erklärungen abgegeben habe, könne im Urkundenprozeû nicht in zulässiger Weise festgestellt werden. Auch die für die Feststellung eines "churning" maûgeblichen Tatsachen ergäben sich nicht aus den vorgelegten Urkunden.
Selbst wenn die Risikoaufklärung als unzureichend anzusehen wäre , sei nicht feststellbar, daû die Klägerin sich durch eine weitergehende Aufklärung vom Abschluû der Geschäfte hätte abhalten lassen.
Zudem sei ein etwaiger Schadensersatzanspruch gemäû § 852 BGB verjährt. Die Klägerin habe jedenfalls im März 1995 Kenntnis von dem Schaden und der Person des Beklagten als möglichem Ersatzpflichtigen gehabt. Ihr sei damals klar gewesen, daû ihr eingesetztes Kapital bis auf die streitige Rückzahlung in Höhe von 4.044,58 US-Dollar verloren gewesen sei. Sie habe auch die Risikohinweise und damit alle Tatsachen , auf die sie ihre Schadensersatzklage stütze, gekannt. Die Klage habe sie jedoch erst nach Ablauf der Verjährungsfrist im August 1999 erhoben.

II.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand.
1. Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Klägerin sei über die Risiken der Optionsgeschäfte ausreichend aufgeklärt worden, ist rechtsfehlerhaft.

a) aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind gewerbliche Vermittler von Terminoptionen verpflichtet, Kaufinteressenten vor Vertragsschluû schriftlich die Kenntnisse zu vermitteln, die sie in die Lage versetzen, den Umfang ihres Verlustrisikos und die Ver-
ringerung ihrer Gewinnchance durch den Aufschlag auf die Optionsprämie richtig einzuschätzen. Dazu gehört neben der Bekanntgabe der Höhe der Optionsprämie auch die Aufklärung über die wirtschaftlichen Zusammenhänge des Optionsgeschäfts und die Bedeutung der Prämie sowie ihren Einfluû auf das mit dem Geschäft verbundene Risiko. So muû darauf hingewiesen werden, daû die Prämie den Rahmen eines vom Markt noch als vertretbar angesehenen Risikobereichs kennzeichnet und ihre Höhe den noch als realistisch angesehenen, wenn auch weitgehend spekulativen Kurserwartungen des Börsenfachhandels entspricht. Ferner ist darzulegen, ob und in welcher Höhe ein Aufschlag auf die Prämie erhoben wird, und daû ein solcher Aufschlag die Gewinnerwartung verschlechtert , weil ein höherer Kursausschlag als der vom Börsenfachhandel als realistisch angesehene notwendig ist, um in die Gewinnzone zu kommen (vgl. BGHZ 105, 108, 110; 124, 151, 154 f.; BGH, Urteile vom 11. Januar 1988 - II ZR 134/87, WM 1988, 291, 293 und vom 6. Juni 1991 - III ZR 116/90, WM 1991, 1410, 1411; Senat, Urteile vom 13. Oktober 1992 - XI ZR 30/92, WM 1992, 1935, 1936, vom 1. Februar 1994 - XI ZR 125/93, WM 1994, 453, 454, vom 2. Februar 1999 - XI ZR 381/97, WM 1999, 540, 541 und vom 16. Oktober 2001 - XI ZR 25/01, WM 2001, 2313, 2314). In diesem Zusammenhang ist unmiûverständlich darauf hinzuweisen, daû höhere Aufschläge vor allem Anleger, die mehrere verschiedene Optionen erwerben, aller Wahrscheinlichkeit nach im Ergebnis praktisch chancenlos machen. Die Aussagekraft dieses Hinweises , der schriftlich und in auch für flüchtige Leser auffälliger Form zu erfolgen hat, darf weder durch Beschönigungen noch auf andere Weise beeinträchtigt werden (Senat BGHZ 124, 151, 155 f.).
bb) Für diese Aufklärung hat der Geschäftsführer einer Optionsvermittlungs -GmbH Sorge zu tragen. Ein Geschäftsführer, der Optionsgeschäfte ohne gehörige Aufklärung der Kunden abschlieût, den Abschluû veranlaût oder bewuût nicht verhindert, miûbraucht seine g eschäftliche Überlegenheit in sittenwidriger Weise und haftet den Optionserwerbern gemäû § 826 BGB auf Schadensersatz (Senat BGHZ 124, 151, 162; Senat, Urteile vom 17. Mai 1994 - XI ZR 144/93, WM 1994, 1746, 1747 und vom 16. Oktober 2001 - XI ZR 25/01, WM 2001, 2313, 2314).

b) Diese objektiven Haftungsvoraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt.
aa) Der Optionsvermittlungs- und Betreuungsvertrag vom 31. März 1994 und die Broschüre "Grundlagen des Terminhandels" genügen den Anforderungen an die Aufklärung von Anlegern nicht.
(1) Der Vertrag vom 31. März 1994 enthält zwar sowohl am Beginn der ersten Seite als auch unter der Überschrift "Risikoaufklärung" auf der zweiten Seite den Hinweis, daû der Aufschlag auf die Prämie die Gewinnchance reduziert und das Verlustrisiko erhöht, weil die Erzielung eines Gewinns eine Kursentwicklung voraussetzt, die der Börsenfachhandel für unrealistisch hält. Der entscheidende Hinweis, daû der Aufschlag vor allem Anleger, die - wie die Klägerin - mehrere verschiedene Optionen erwerben, aller Wahrscheinlichkeit nach im Ergebnis praktisch chancenlos macht, fehlt aber. Dem Anleger wird die weitgehende Ausgrenzung der Gewinnchance vielmehr verschleiert, wenn im ersten Ab-
satz der "Risikoaufklärung" der Möglichkeit, einen Spekulationsgewinn zu erzielen, verharmlosend nur eine überwiegende Wahrscheinlichkeit eines Gesamtverlustes gegenübergestellt wird. Abgesehen davon entbehrt der Hinweis in der kleiner als der übrige Vertragstext gedruckten Risikoaufklärung der auch für flüchtige Leser auffälligen Form.
(2) Auch die 20-seitige Broschüre "Grundlagen des Terminhandels" weist an keiner Stelle auf die praktische Chancenlosigkeit des Erwerbers mehrerer verschiedener Optionen hin. Sie erwähnt zwar wiederholt die Gefahr eines Totalverlustes des eingesetzten Kapitals, erweckt aber den falschen Eindruck, daû diesem Risiko realistische Gewinnchancen gegenüberstehen.
Bereits auf der dritten Seite, auf der die Darstellung beginnt, wird im ersten Absatz der Gefahr des Totalverlustes die "Chance zu enormen Gewinnen" gegenübergestellt. Im dritten Absatz werden dem Anleger "erhebliche Gewinnmöglichkeiten" in Aussicht gestellt. Und im vierten Absatz verspricht der Beklagte dem Kunden, immer nur das Geschäft zu empfehlen, das die "optimalen Gewinnchancen" verspricht.
Die Darstellung auf den folgenden Seiten der Broschüre vertieft den falschen Eindruck realistischer Gewinnchancen und muû von aufklärungsbedürftigen Kunden zudem so verstanden werden, als ob ihre Gewinnchancen wesentlich von der Kursentwicklung (S. 16 der Broschüre), d.h. von Angebot und Nachfrage (S. 7 der Broschüre) abhingen und durch die Dienstleistungen der vom Beklagten geleiteten GmbH entscheidend verbessert würden. Nachdem sich die GmbH auf Seite 4 der
Broschüre als erfolgreiche Beraterin und Vermittlerin von Termingeschäften vorgestellt hat, wird auf Seite 5 der von ihr versprochene "Informationsvorsprung" als "Basis des Erfolgs" bezeichnet. Der Optionshandel soll nach der drucktechnisch hervorgehobenen Überschrift auf Seite 12 der Broschüre "vielfältige Chancen für Könner" bieten. Auf den Seiten 18 und 19 werden unter der Überschrift "Starke Partner tragen zu unserem Erfolg bei" zwei Broker vorgestellt, mit denen die GmbH bei ihrer "erfolgreichen Arbeit" für ihre Kunden zusammenwirkt.
Diese Ausführungen lenken den Leser systematisch von der entscheidenden Bedeutung, den der Aufschlag auf die Optionsprämie für seine Gewinnchancen hat, ab. Dieser Gesichtspunkt wird erstmals auf Seite 10 der Broschüre erwähnt. Die hier und auf der letzten Seite der Broschüre gegebenen Hinweise werden aber nicht nur - wie dargelegt - durch ihren Kontext entwertet, sondern sind auch für sich betrachtet unzulänglich. Sie enthalten ebenso wie die Risikoaufklärung in dem Vertrag vom 31. März 1994, mit der sie weitgehend übereinstimmen, keinen Hinweis auf die praktische Chancenlosigkeit von Erwerbern mehrerer verschiedener Optionen, sondern beschränken sich auf die Aussage, daû der Aufschlag auf die Optionsprämie die Gewinnchance reduziert und das Verlustrisiko erhöht, weil ein Gewinn einen höheren Kursausschlag voraussetzt, als er vom Börsenfachhandel erwartet wird. Ob der Aufschlag "die Gewinnchance zu stark reduziert oder vielleicht sogar zunichte" macht, wird der eigenen Prüfung des Anlegers überlassen. Dies reicht zur sachgerechten Aufklärung nicht aus.
bb) Der Beklagte, der als Mitgeschäftsführer der GmbH für die korrekte Aufklärung der Anleger Sorge zu tragen hatte, hat den Abschluû der Optionsgeschäfte der Klägerin ohne diese Aufklärung zumindest nicht verhindert.
2. Auch die Begründung, mit der das Berufungsgericht die Kausalität der danach gegebenen Aufklärungspflichtverletzung für den Abschluû der Optionsgeschäfte der Klägerin verneint hat, ist rechtsfehlerhaft. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes besteht eine tatsächliche Vermutung dafür, daû ein Anleger bei gehöriger Aufklärung die verlustreichen Geschäfte nicht abgeschlossen hätte (Senat BGHZ 124, 151, 163; Senat, Urteile vom 17. Mai 1994 - XI ZR 144/93, WM 1994, 1746, 1747 und vom 16. Oktober 2001 - XI ZR 25/01, WM 2001, 2313, 2315). Umstände, die diese Vermutung entkräften könnten, sind vom Berufungsgericht nicht festgestellt und von den Parteien nicht vorgetragen worden. Daû die unzulänglichen Risikohinweise in dem Vertrag vom 31. März 1994 und der Informationsbroschüre "Grundlagen des Terminhandels" die Klägerin nicht von den Geschäften abgehalten haben, reicht zur Entkräftung der Vermutung nicht aus.
3. Die Klageforderung ist, anders als das Berufungsgericht meint, nicht verjährt. Ein etwaiger Anspruch der Klägerin gemäû § 826 BGB verjährt gemäû § 852 Abs. 1 BGB a.F. in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in dem die Klägerin von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangt. Dazu gehört, wenn - wie im vorliegenden Fall - Schadensersatz wegen unzureichender Aufklärung über die Risiken von Optionsgeschäften verlangt wird, die Kenntnis der Umstände,
aus denen sich die Rechtspflicht zur Aufklärung ergibt (BGH, Urteile vom 10. April 1990 - VI ZR 288/89, WM 1990, 971, 973 und vom 31. Januar 1995 - VI ZR 305/94, VersR 1995, 551, 552; Senat, Urteil vom 29. Januar 2002 - XI ZR 86/01, WM 2002, 557, 558). Die Rechtspflicht zur Aufklärung über die Auswirkungen der Gebühren der VermittlungsGmbH auf die Gewinnchancen des Anlegers ergibt sich daraus, daû eine Gewinnerzielung unter Berücksichtigung dieser Gebühren einen höheren Kursausschlag als den vom Börsenfachhandel als realistisch angesehenen voraussetzt, und daû höhere Aufschläge Anleger, die mehrere verschiedene Optionen erwerben, aller Wahrscheinlichkeit nach im Ergebnis praktisch chancenlos machen. Erst die Kenntnis dieser die Aufklärungspflicht begründenden wirtschaftlichen Zusammenhänge ermöglicht dem Anleger die aussichtsreiche Geltendmachung eines Schadensersatzanspruches wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung. Daû die Klägerin diese Umstände bereits drei Jahre vor der Klageerhebung im August 1999 kannte, ist den Feststellungen des Berufungsgerichts und dem Parteivortrag nicht zu entnehmen. Der vorgelegte Schriftwechsel der Parteien aus den Jahren 1994 und 1995 erwähnt diese Umstände nicht. Ihrem eigenen Vortrag zufolge ist der Klägerin die erforderliche Kenntnis erst im Herbst 1997 durch einen konsultierten Rechtsanwalt vermittelt worden.

III.


Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPO a.F.). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, war sie zur an-
derweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO a.F.). Dieses wird Feststellungen zum Vorsatz des Beklagten gemäû § 826 BGB zu treffen haben. Dabei wird auûer den schwerwiegenden Aufklärungsmängeln zu berücksichtigen sein, daû ein etwaiger Irrtum über die Reichweite der Aufklärungspflicht vorsätzliches Handeln nicht ohne weiteres ausschlieût (Senat BGHZ 124, 151, 163 und Urteile vom 17. Mai 1994 - XI ZR 144/93, WM 1994, 1746, 1747 und vom 16. Oktober 2001 - XI ZR 25/01, WM 2001, 2313, 2315). Feststellungen zum Vorsatz können entgegen der Ansicht des Beklagten grundsätzlich auch im Urkundenprozeû getroffen werden. § 592 ZPO verlangt nicht, daû die anspruchsbegründenden Tatsachen selbst durch Urkunden bewiesen werden. Es genügt, daû Urkunden wie der schriftliche Vertrag vom 31. März 1994 und die Broschüre "Grundlagen des Terminhandels" einen Indizienbeweis ermöglichen (vgl. BGH, Urteile vom 27. Oktober 1982 - V ZR 31/82, WM 1983, 22 und vom 12. Juli 1985 - V ZR 15/84, WM 1985, 1244, 1245).
Nobbe Siol Müller
Joeres Mayen

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Teilversäumnis- und Teilurteil
XI ZR 453/02 Verkündet am:
21. Oktober 2003,
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 21. Oktober 2003 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe
und die Richter Dr. Müller, Dr. Joeres, Dr. Wassermann und die Richterin
Mayen

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 13. Dezember 2001 aufgehoben.
Die Berufungen der Beklagten zu 1 und 2 gegen das Urteil der 21. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 30. Dezember 1999 werden zurückgewiesen.
Im übrigen wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an den 21. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Die Entscheidung ist gegen die Beklagten zu 1 und 2 vorläufig und im übrigen endgültig vollstreckbar.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger nimmt die Beklagten zu 1 bis 3 (im folgenden: die Beklagten ) auf Schadensersatz für Verluste aus Waren- und Devisenterminoptionsgeschäften an US-amerikanischen Börsen in Anspruch.
Die Beklagten zu 1 und 2, deren Geschäftsführer der Beklagte zu 3 ist, vermittelten gewerbsmäßig Börsenterminoptionsgeschäfte. Der Kläger , ein Wirtschaftsprüfer, schloß nach telefonischer Werbung am 12. November 1993 einen formularmäßigen "Vermittlungs- und Betreuungsvertrag" mit der Beklagten zu 1 und erhielt deren Informationsbroschüre "Grundlagen des Terminhandels" (Stand: 1992). Er hatte für die Geschäfte, die zunächst über einen US-amerikanischen Broker abgewikkelt wurden, außer der Optionsprämie Gebühren der Beklagten zu 1 von bis zu 37,5% der Prämie und Kommissionen des Brokers in Höhe von 90 US-Dollar je Geschäft zu entrichten. Im Juli 1994 erklärte ihm der frühere Beklagte zu 4, der damalige Mitgeschäftsführer der Beklagten zu 1 und 2, die Beklagte zu 1 werde umstrukturiert, firmiere künftig wie die Beklagte zu 2 und arbeite mit einem schweizerischen Broker zusammen. Tatsächlich handelte es sich bei der Beklagten zu 2 um eine andere Gesellschaft. Das Guthaben des Klägers bei dem US-amerikanischen Broker wurde an den schweizerischen Broker transferiert. Für einen Teil der Geschäfte wurde statt einer Gebühr ein Disagio von bis zu 8% des eingesetzten Kapitals erhoben.
Der Kläger leistete vom 15. November 1993 bis zum 15. September 1994 Einzahlungen in Höhe von insgesamt 2.298.753 DM und erhielt von dem schweizerischen Broker Rückzahlungen in Höhe von
31.067,83 DM und 46.080,23 DM. Er erlitt durch die über den USamerikanischen Broker abgewickelten Geschäfte einen Schaden in Höhe von 397.540,90 US-Dollar und durch die über den schweizerischen Broker getätigten Geschäfte Schäden in Höhe von 790.730,74 US-Dollar und 336.600 DM.
Der Kläger macht geltend, die Beklagten hätten ihn nicht ausreichend über die Risiken der Geschäfte aufgeklärt und durch den Abschluß einer Vielzahl von Geschäften Gebühren geschunden ("churning"). Die Beklagten erheben die Einrede der Verjährung.
Die Klage gegen die Beklagten zu 1 und 3 auf Zahlung von 2.221.604,94 DM nebst Zinsen und gegen die Beklagte zu 2 auf Zahlung von 790.730,74 US-Dollar und 336.300 DM ist beim Landgericht bis auf einen geringen Teil der Zinsen erfolgreich gewesen. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


Da die Beklagten zu 1 und 2 in der mündlichen Verhandlung trotz rechtzeitiger Ladung zum Termin nicht vertreten waren, war gegenüber ihnen über die Revision des Klägers durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Das Urteil ist jedoch auch insoweit keine Folge der Säumnis, sondern beruht auf einer Sachprüfung (vgl. BGHZ 37, 79, 81).
Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückweisung der Berufungen der Beklagten zu 1 und 2 sowie im Verhältnis zum Beklagten zu 3 zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


Das Berufungsgericht hat die Abweisung der Klage im wesentlichen wie folgt begründet:
Der Kläger habe gegen den Beklagten zu 3 keinen Schadensersatzanspruch gemäß § 826 BGB. Nachdem das Oberlandesgericht Hamm durch Urteil vom 28. Februar 2001 - 25 U 105/00 - die Risikoaufklärung der Beklagten zu 1 in dem formularmäßigen Vermittlungs- und Betreuungsvertrag sowie in der Broschüre "Grundlagen des Terminhandels" als ausreichend angesehen habe, könne dem Beklagten zu 3 bei sinngemäßer Anwendung der im Amtshaftungsrecht geltenden sogenannten Kollegialgerichts-Richtlinie nicht vorgeworfen werden, er habe eine Mangelhaftigkeit der Broschüre erkannt, dem Kläger eine ausreichende Aufklärung versagt und ihn bewußt geschädigt. Ein Schädigungsvorsatz des Beklagten zu 3 sei auch deshalb zu verneinen, weil er durch Neufassung der verwendeten Informationsbroschüre versucht habe , den gesteigerten Anforderungen der Rechtsprechung an die erforderliche Risikoaufklärung gerecht zu werden.
Die Beklagte zu 1 sei dem Kläger weder wegen Verschuldens bei Vertragsverhandlungen noch aus positiver Vertragsverletzung zum
Schadensersatz verpflichtet. Ihre Risikoaufklärung genüge wenn schon nicht gänzlich, so doch zumindest im wesentlichen den Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Der Vermittlungs- und Betreuungsvertrag weise unter der drucktechnisch dick hervorgehobenen Überschrift "Risikoaufklärung" auf den hochspekulativen Charakter von Termingeschäften , auf die überwiegende Wahrscheinlichkeit, das gesamte investierte Kapital zu verlieren, und auf die Bedeutung des Prämienaufschlages für die dadurch noch geringer werdenden Gewinnchancen und die weitere Erhöhung des Verlustrisikos hin. Auch die Informationsbroschüre über die Grundlagen des Terminhandels enthalte viele Hinweise auf Verlustrisiken und Gefahren. Der Kläger sei zudem nicht aufklärungsbedürftig gewesen. Er sei ausgebildeter Wirtschaftsprüfer und habe sich in seiner Dissertation u.a. mit Optionsanleihen und Termingeschäften befaßt. Da er innerhalb eines Jahres mehr als 2 Mio. DM mit Termingeschäften großen Stils verloren habe, liege die Annahme nahe, daß auch eine intensivere Risikoaufklärung bei ihm nichts gefruchtet hätte.
Der Kläger habe auch keinen Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zu 2. Da er bereits durch die Beklagte zu 1 hinreichend über die Risiken von Termingeschäften aufgeklärt worden sei, habe es keiner erneuten Aufklärung durch die Beklagte zu 2 bedurft.
Der Kläger mache ohne Erfolg geltend, der schweizerische Broker habe seine Einlagen überhaupt nicht an der Börse plaziert. Der Broker sei als Eigenhändler tätig geworden und zum Selbsteintritt bzw. Eigenhandel berechtigt gewesen.
Der Kläger habe auch nicht schlüssig vorgetragen, daß die Be- klagten Gebührenschinderei ("churning") betrieben hätten. Häufigkeit und Anzahl der von ihnen getätigten Kauf- und Verkaufsgeschäfte reichten dafür nicht aus.

II.


1. Klage gegen die Beklagte zu 1.

a) Die Begründung, mit der das Berufungsgericht die Klage gegen die Beklagte zu 1 abgewiesen hat, ist rechtsfehlerhaft.
aa) Die Beklagte zu 1 hat den Kläger entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht ausreichend über die Risiken der vermittelten Geschäfte aufgeklärt.
(1) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind gewerbliche Vermittler von Terminoptionen verpflichtet, Kaufinteressenten vor Vertragsschluß schriftlich die Kenntnisse zu vermitteln, die sie in die Lage versetzen, den Umfang ihres Verlustrisikos und die Verringerung ihrer Gewinnchance durch den Aufschlag auf die Optionsprämie richtig einzuschätzen. Dazu gehört neben der Bekanntgabe der Höhe der Optionsprämie auch die Aufklärung über die wirtschaftlichen Zusammenhänge des Optionsgeschäfts und die Bedeutung der Prämie sowie ihren Einfluß auf das mit dem Geschäft verbundene Risiko. So muß darauf hingewiesen werden, daß die Prämie den Rahmen eines vom Markt noch als vertretbar angesehenen Risikobereichs kennzeichnet und ihre Höhe
den noch als realistisch angesehenen, wenn auch weitgehend spekulati- ven Kurserwartungen des Börsenfachhandels entspricht. Ferner ist darzulegen , ob und in welcher Höhe ein Aufschlag auf die Prämie erhoben wird, und daß ein solcher Aufschlag die Gewinnerwartung verschlechtert, weil ein höherer Kursausschlag als der vom Börsenfachhandel als realistisch angesehene notwendig ist, um in die Gewinnzone zu kommen (vgl. BGHZ 105, 108, 110; 124, 151, 154 f.; BGH, Urteile vom 11. Januar 1988 - II ZR 134/87, WM 1988, 291, 293 und vom 6. Juni 1991 - III ZR 116/90, WM 1991, 1410, 1411; Senat, Urteile vom 13. Oktober 1992 - XI ZR 30/92, WM 1992, 1935, 1936, vom 1. Februar 1994 - XI ZR 125/93, WM 1994, 453, 454, vom 2. Februar 1999 - XI ZR 381/97, WM 1999, 540, 541 und vom 16. Oktober 2001 - XI ZR 25/01, WM 2001, 2313, 2314). In diesem Zusammenhang ist unmißverständlich darauf hinzuweisen , daß höhere Aufschläge vor allem Anleger, die mehrere verschiedene Optionen erwerben, aller Wahrscheinlichkeit nach im Ergebnis praktisch chancenlos machen. Die Aussagekraft dieses Hinweises, der schriftlich und in auch für flüchtige Leser auffälliger Form zu erfolgen hat, darf weder durch Beschönigungen noch auf andere Weise beeinträchtigt werden (Senat BGHZ 124, 151, 155 f.; Senat, Urteile vom 28. Mai 2002 - XI ZR 150/01, WM 2002, 1445, 1446 und vom 1. April 2003 - XI ZR 385/02, WM 2003, 975, 976 f.).
(2) Diesen Anforderungen genügen, wie der Senat bereits in seinem die Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm vom 28. Februar 2001 - 25 U 105/00 - aufhebenden Urteil vom 28. Mai 2002 - XI ZR 150/01, WM 2002, 1445 ausgesprochen hat, der formularmäßige Vermittlungs - und Betreuungsvertrag sowie die Broschüre "Grundlagen des Terminhandels" nicht.

(a) Der Vertrag vom 12. November 1993 enthält zwar sowohl auf der ersten Seite als auch unter der Überschrift "Risikoaufklärung" auf der zweiten Seite den Hinweis, daß der Aufschlag auf die Prämie die Gewinnchance reduziert und das Verlustrisiko erhöht, weil die Erzielung eines Gewinns eine Kursentwicklung voraussetzt, die der Börsenfachhandel für unrealistisch hält. Der entscheidende Hinweis, daß der Aufschlag vor allem Anleger, die - wie der Kläger - mehrere verschiedene Optionen erwerben, aller Wahrscheinlichkeit nach im Ergebnis praktisch chancenlos macht, fehlt aber. Dem Anleger wird die weitgehende Ausgrenzung der Gewinnchance vielmehr verschleiert, wenn im ersten Absatz der "Risikoaufklärung" der Möglichkeit, einen Spekulationsgewinn zu erzielen, verharmlosend nur eine überwiegende Wahrscheinlichkeit eines Gesamtverlustes gegenübergestellt wird. Abgesehen davon entbehrt der Hinweis in der - mit Ausnahme der Überschrift - kleiner als der übrige Vertragstext gedruckten Risikoaufklärung der auch für flüchtige Leser auffälligen Form.
(b) Auch die 22-seitige Broschüre "Grundlagen des Terminhandels" weist an keiner Stelle auf die praktische Chancenlosigkeit des Erwerbers mehrerer verschiedener Optionen hin. Sie erwähnt zwar wiederholt die Gefahr eines Totalverlustes des eingesetzten Kapitals, erweckt aber den falschen Eindruck, daß diesem Risiko realistische Gewinnchancen gegenüberstehen. Bereits auf der dritten Seite, auf der die Darstellung beginnt, wird im ersten Absatz der Gefahr des Totalverlustes die "Chance zu enormen Gewinnen" gegenübergestellt. Im dritten Absatz werden dem Anleger "erhebliche Gewinnmöglichkeiten" in Aussicht gestellt. Und im vierten Absatz verspricht die Beklagte zu 1, dem Kunden
immer nur das Geschäft zu empfehlen, das die "optimalen Gewinnchancen" verspricht. Die Darstellung auf den folgenden Seiten der Broschüre vertieft den falschen Eindruck realistischer Gewinnchancen und muß von aufklärungsbedürftigen Kunden zudem so verstanden werden, als ob ihre Gewinnchancen wesentlich von Angebot und Nachfrage (S. 7 der Broschüre ), d.h. von der Kursentwicklung abhingen und durch die Dienstleistungen der Beklagten zu 1 entscheidend verbessert würden. Nachdem sich die Beklagte zu 1 auf Seite 4 der Broschüre als erfolgreiche Beraterin und Vermittlerin von Termingeschäften vorgestellt hat, wird auf Seite 5 der von ihr versprochene "Informationsvorsprung" als "Basis des Erfolgs" bezeichnet. Der Optionshandel soll nach der drucktechnisch hervorgehobenen Überschrift auf Seite 12 der Broschüre "vielfältige Chancen für Könner" bieten. Auf Seite 17 wird unter der Überschrift "Starke Partner tragen zu unserem Erfolg bei." die "langjährig bewährte Partnerschaft mit international operierenden, renommierten Brokerhäusern" als "Basis der erfolgreichen Arbeit für unsere Klienten" hervorgehoben.
Diese Ausführungen lenken den Leser systematisch von der entscheidenden Bedeutung, den der Aufschlag auf die Optionsprämie für seine Gewinnchancen hat, ab. Dieser Gesichtspunkt wird erstmals auf Seite 10 der Broschüre erwähnt. Die hier und auf der letzten Seite der Broschüre gegebenen Hinweise werden aber nicht nur - wie dargelegt - durch ihren Kontext entwertet, sondern sind auch für sich betrachtet unzulänglich. Sie enthalten ebenso wie die Risikoaufklärung in dem Vertrag vom 12. November 1993, mit der sie weitgehend übereinstimmen, keinen Hinweis auf die praktische, vom Kläger auch nach seiner Aussage vor der Polizei nicht erkannte Chancenlosigkeit von Erwerbern mehrerer verschiedener Optionen, sondern beschränken sich auf die Aussage, daß
der Aufschlag auf die Optionsprämie die Gewinnchance reduziert und das Verlustrisiko erhöht, weil ein Gewinn einen höheren Kursausschlag voraussetzt, als er vom Börsenfachhandel erwartet wird. Ob der Aufschlag "die Gewinnchance zu stark reduziert oder vielleicht sogar zunichte" macht, wird der eigenen Prüfung des Anlegers überlassen. Dies reicht zur sachgerechten Aufklärung nicht aus.
bb) Auch die Auffassung des Berufungsgerichts, der Kläger sei nicht aufklärungsbedürftig gewesen, ist rechtsfehlerhaft.
(1) Gewerbliche Vermittler von Börsentermingeschäften trifft keine Aufklärungspflicht gegenüber Kunden, die über ausreichende Kenntnisse und Erfahrungen mit den vermittelten Geschäften verfügen oder sich - nicht ersichtlich unglaubwürdig - als erfahren gerieren und eine Aufklärung nicht wünschen (Senat, Urteile vom 14. Mai 1996 - XI ZR 188/95, WM 1996, 1214, 1216 und vom 24. September 1996 - XI ZR 244/95, WM 1997, 309, 311).
(2) Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Den Feststellungen des Berufungsgerichts und dem Sachvortrag der Parteien ist nicht zu entnehmen , daß der Kläger bereits vor Aufnahme der Geschäftsbeziehung zur Beklagten zu 1 Erfahrungen mit Terminoptionsgeschäften hatte und insbesondere die negativen Auswirkungen des hohen Gebührenaufschlags der Beklagten zu 1 auf sein Verlustrisiko kannte oder dies für sich in Anspruch nahm. Einschlägige Kenntnisse und Erfahrungen können auch nicht aufgrund seines Berufs als Wirtschaftsprüfer und seiner Dissertation , die u.a. Optionsanleihen und Termingeschäfte behandelt, unterstellt werden. Es fehlt jeder Anhaltspunkt dafür, daß der Kläger aufgrund sei-
ner beruflichen oder wissenschaftlichen Tätigkeit die spezifischen Risiken der von der Beklagten zu 1 vermittelten, durch hohe Gebührenaufschläge geprägten Geschäfte kannte.
Das Berufungsgericht beruft sich für seine gegenteilige Auffassung zu Unrecht auf sein Urteil vom 19. Oktober 2000, das durch die Nichtannahme der Revision durch Senatsbeschluß vom 26. Juni 2001 - XI ZR 333/00 - rechtskräftig geworden ist. Diese Entscheidung betrifft u.a. Schadensersatzansprüche aus einem Beratungs- und Vermögensverwaltungsvertrag eines promovierten Diplomingenieurs, der von einem Bankbetriebswirt privat betreut wurde, mit einer Bank. Dieser Fall ist mit dem vorliegenden, in dem der mit den Auswirkungen der hohen Gebührenaufschläge nicht vertraute Kläger nicht sachkundig beraten war, nicht vergleichbar.
cc) Rechtsfehlerhaft ist schließlich auch die Begründung, mit der das Berufungsgericht die Kausalität der Aufklärungspflichtverletzung für den Abschluß der vermittelten Geschäfte verneint hat.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs besteht eine tatsächliche Vermutung dafür, daß ein Anleger bei gehöriger Aufklärung die verlustreichen Geschäfte nicht abgeschlossen hätte (Senat BGHZ 124, 151, 163; Senat, Urteile vom 17. Mai 1994 - XI ZR 144/93, WM 1994, 1746, 1747, vom 16. Oktober 2001 - XI ZR 25/01, WM 2001, 2313, 2315 und vom 28. Mai 2002 - XI ZR 150/01, WM 2002, 1445, 1447).
Umstände, die diese Vermutung entkräften könnten, sind vom Berufungsgericht nicht festgestellt und von den Parteien nicht vorgetragen worden. Daß die unzulänglichen Risikohinweise in dem Vermittlungsund Betreuungsvertrag vom 12. November 1993 und in der Informationsbroschüre "Grundlagen des Terminhandels" den Kläger von den Geschäften , durch die er innerhalb eines knappen Jahres mehr als 2 Mio. DM verloren hat, nicht abgehalten haben, rechtfertigt nicht die Annahme, er wäre auch einer sachgerechten, seine praktische Chancenlosigkeit aufdeckenden Aufklärung nicht zugänglich gewesen, und reicht zur Entkräftung der Kausalitätsvermutung nicht aus.

b) Die Abweisung der Klage gegen die Beklagte zu 1 stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 563 ZPO a.F.).
aa) Die Beklagte zu 1 ist zum Ersatz des gesamten, mit der Klage geltend gemachten Schadens verpflichtet. Sie hat auch die Einlagen zu ersetzen, die der Kläger erst nach Übernahme der Geschäfte durch die Beklagte zu 2 und den schweizerischen Broker geleistet hat, weil ihre Aufklärungspflichtverletzung auch für diesen Schaden ursächlich geworden ist. Gegen die Berechnung der Schadenshöhe, die der Kläger auf die Differenz zwischen seinen Einlagen und den Rückzahlungen beziffert , hat die Beklagte zu 1 keine substantiierten Einwendungen erhoben.
bb) Die von der Beklagten zu 1 erhobene Einrede der Verjährung ist unbegründet. Die gemäß § 195 BGB a.F. für Ansprüche aus positiver Vertragsverletzung bzw. wegen Verschuldens bei Vertragsverhandlungen geltende 30-jährige Verjährungsfrist war bei Klageerhebung im März 1999 noch nicht abgelaufen.


c) Das angefochtene Urteil war daher, soweit es die Klage gegen die Beklagte zu 1 betrifft, aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPO a.F.). Da inso- weit weitere Feststellungen nicht zu treffen sind, konnte der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO a.F.) und das landgerichtliche Urteil wiederherstellen.
2. Klage gegen die Beklagte zu 2.

a) Die Ausführungen, mit denen das Berufungsgericht die Abweisung der Klage gegen die Beklagte zu 2 begründet hat, halten rechtlicher Überprüfung ebenfalls nicht stand. Die Auffassung des Berufungsgerichts , die Beklagte zu 2 habe den Kläger nicht erneut über die Risiken der vermittelten Geschäfte aufklären müssen, weil der Kläger bereits durch die Beklagte zu 1 hinreichend aufgeklärt gewesen sei, ist rechtsfehlerhaft. Die Aufklärung durch die Beklagte zu 1 war - wie dargelegt - nicht ausreichend.

b) Die Abweisung der Klage gegen die Beklagte zu 2 stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 563 ZPO a.F.).
aa) Der Kläger ist nicht durch die Beklagte zu 2 selbst ausreichend aufgeklärt worden. Im Revisionsverfahren ist zwar der Vortrag der Beklagten zu 2 zugrunde zu legen, ihr damaliger Mitgeschäftsführer, der frühere Beklagte zu 4, habe dem Kläger im Juli 1994 eine neue Informationsbroschüre "Kurz gefaßte Einführung in die Grundsätze des Termingeschäfts" ausgehändigt. Auch diese Broschüre genügt aber den Anforderungen an die Aufklärung von Anlegern nicht.

Die Broschüre enthält auf 16 eng bedruckten DIN A-4-Seiten Ausführungen über verschiedene Börsentermingeschäfte, Einzelheiten ihrer Abwicklung und damit verbundene Risiken. An verschiedenen Stellen (S. 1, 5, 7, 10) werden die Auswirkungen hoher Transaktionskosten auf die Gewinnchancen behandelt. Diese Hinweise erschließen sich dem Leser aber nur durch die zeitaufwendige Lektüre der gesamten Broschüre, die neben diesen Hinweisen umfangreiche weitere Ausführungen enthält, die zur Risikoaufklärung nichts beitragen und von ihr geradezu ablenken. Die gebotene, auch für den flüchtigen Leser auffällige Form der Risikoaufklärung ist mithin nicht gewahrt.
Auch der Inhalt der Aufklärung ist unzureichend. Die Risikohinweise bringen nicht klar genug zum Ausdruck, daß der von der Beklagten zu 2 erhobene Gebührenaufschlag Anleger, die - wie der Kläger - mehrere verschiedene Optionen erwerben, aller Wahrscheinlichkeit nach im Ergebnis praktisch chancenlos macht. Auf Seite 1 der Informationsbroschüre wird zwar unter der Überschrift "Risiken im Überblick" ausgeführt, daß die Gewinnchance um so geringer ist, je höher die Transaktionsbzw. Vermittlerkosten sind, und daß bei wiederholter Spekulation eine Gewinnchance nicht mehr existiert. Der Broschüre, die verschiedene Börsentermingeschäfte ("Termingeschäfte", "Forwardgeschäft", "Future oder Direktgeschäft", "Optionen") behandelt, ist aber nicht klar genug zu entnehmen, daß dies auch für die dem Kläger vermittelten Geschäfte gilt. Die für "Forwardgeschäfte im Forex-Markt" (S. 5), "Futures oder Direktgeschäfte" (S. 7) und "Optionen" (S. 10) gegebenen Hinweise, daß die Transaktionskosten einen Gesamterfolg der Spekulation unwahrscheinlich , wenn nicht gar unmöglich machen, werden in unzulässiger Weise
beschönigt, indem ein Zurückverdienen dieser Kosten als erforderlich bezeichnet wird. Dadurch wird der falsche Eindruck erweckt, das Zurückverdienen dieser Kosten sei realistisch und eröffne eine ernsthafte Gewinnchance.
bb) Die Beklagte zu 2 ist zum Ersatz des gesamten mit der gegen sie gerichteten Klage geltend gemachten Schadens verpflichtet. Gegen die Berechnung der Schadenshöhe, die der Kläger auf die Differenz zwischen seinen Einzahlungen, soweit sie für von der Beklagten zu 2 vermittelte Geschäfte verwandt worden sind, und den Rückzahlungen des schweizerischen Brokers beziffert, hat die Beklagte zu 2 keine substantiierten Einwendungen erhoben. Die Schadensersatzpflicht der Beklagten zu 2 umfaßt auch das bei Übernahme der Geschäfte im Juli 1994 vorhandene Guthaben aufgrund früherer Einzahlungen des Klägers, weil die unzureichende Aufklärung des Klägers durch die Beklagte zu 2 auch für den Einsatz und Verlust dieses Guthabens ursächlich geworden ist.

c) Das angefochtene Urteil war daher, auch soweit es die Klage gegen die Beklagte zu 2 betrifft, aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPO a.F.). Da die übrigen Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruches ebenso wie bei der Beklagten zu 1 vorliegen und weitere Feststellungen nicht zu treffen sind, konnte der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO a.F.) und das landgerichtliche Urteil auch insoweit wiederherstellen.
3. Klage gegen den Beklagten zu 3.

a) Die Begründung, mit der das Berufungsgericht die Klage gegen den Beklagten zu 3 abgewiesen hat, ist ebenfalls rechtsfehlerhaft.
aa) Der Vorsatz des Beklagten zu 3 im Sinne des § 826 BGB kann nicht aufgrund sinngemäßer Anwendung der sogenannten Kollegialgerichts -Richtlinie verneint werden. Die Richtlinie besagt, daß einen Beamten in der Regel kein Verschulden trifft, wenn ein mit mehreren Rechtskundigen besetztes Kollegialgericht die Amtstätigkeit als objektiv rechtmäßig angesehen hat (BGH, Urteil vom 16. Oktober 1997 - III ZR 23/96, WM 1998, 187, 188 m.w.Nachw.). Ob dieser Grundsatz auf Fälle außerhalb des Amtshaftungsrechts übertragbar ist, bedarf keiner Entscheidung. Er gilt jedenfalls dann nicht, wenn die Beurteilung des Kollegialgerichts auf einer unzureichenden tatsächlichen oder rechtlichen Grundlage beruht, etwa weil das Gericht den festgestellten Sachverhalt nicht sorgfältig und erschöpfend gewürdigt hat (BGH, Urteil vom 2. April 1998 - III ZR 111/97, BGHR BGB § 839 Abs. 1 Satz 1 - Verschulden 32, m.w.Nachw.).
So liegt es hier. Das Oberlandesgericht Hamm ist in seinem Urteil vom 28. Februar 2001 - 25 U 105/00 - von einem falschen rechtlichen Ansatzpunkt ausgegangen. Es hat verkannt, daß die Aufklärung den ausdrücklichen Hinweis enthalten muß, daß der Gebührenaufschlag Anleger , die - wie der Kläger - mehrere verschiedene Optionen erwerben, aller Wahrscheinlichkeit nach im Ergebnis praktisch chancenlos macht. Diesen Hinweis enthält das vom Beklagten zu 3 verwandte Aufklärungsmaterial nicht. Außerdem hat das Oberlandesgericht Hamm den formu-
larmäßigen Vermittlungs- und Betreuungsvertrag sowie die Informationsbroschüre "Grundlagen des Terminhandels" nicht vollständig gewürdigt, sondern einzelne Risikohinweise ohne Rücksicht auf ihren verharmlosenden und ablenkenden Kontext als ausreichend angesehen. Die nach Ansicht des Oberlandesgerichts Hamm ausreichenden Hinweise auf die Reduzierung der Gewinnchance durch den Gebührenaufschlag werden durch den weiteren Text des Aufklärungsmaterials, das den falschen Eindruck realistischer Gewinnchancen erweckt, entwertet.
bb) Der Vorsatz des Beklagten zu 3 kann auch nicht mit der Begründung verneint werden, der Beklagte zu 3 habe durch Neufassung der Informationsbroschüre den gesetzlichen Anforderungen an die Risikoaufklärung gerecht werden wollen. Den Feststellungen des Berufungsgerichts und dem Sachvortrag der Parteien ist nicht zu entnehmen, daß der Beklagte zu 3 jemals Informationsbroschüren oder sonstiges Aufklärungsmaterial verwandt hätte, das den strengen Anforderungen der Rechtsprechung des Senats genügte. Die Erteilung neu gefaßter, aber weiterhin unzureichender Aufklärung kann den Vorsatz im Sinne des § 826 BGB nicht ausschließen.

b) Die Abweisung der Klage gegen den Beklagten zu 3 stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 563 ZPO a.F.).
aa) Der Beklagte zu 3, der als Geschäftsführer der Beklagten zu 1 und 2 für die korrekte Aufklärung der Anleger Sorge zu tragen hatte (vgl. Senat, Urteile vom 28. Mai 2002 - XI ZR 150/01, WM 2002, 1445, 1446 und vom 1. April 2003 - XI ZR 385/02, WM 2003, 975, 977, jew.
m.w.Nachw.), hat den Abschluß der Optionsgeschäfte des Klägers ohne diese Aufklärung zumindest nicht verhindert.
bb) Die vom Beklagten zu 3 erhobene Einrede der Verjährung ist unbegründet. Ein etwaiger Anspruch des Klägers gemäß § 826 BGB verjährt gemäß § 852 Abs. 1 BGB a.F. in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in dem der Kläger von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangt. Dazu gehört, wenn - wie im vorliegenden Fall - Schadensersatz wegen unzureichender Aufklärung über die Risiken von Optionsgeschäften verlangt wird, die Kenntnis der Umstände, aus denen sich die Rechtspflicht zur Aufklärung ergibt (BGH, Urteile vom 10. April 1990 - VI ZR 288/89, WM 1990, 971, 973 und vom 31. Januar 1995 - VI ZR 305/94, VersR 1995, 551, 552; Senat, Urteile vom 29. Januar 2002 - XI ZR 86/01, WM 2002, 557, 558 und vom 28. Mai 2002 - XI ZR 150/01, WM 2002, 1445, 1447). Die Rechtspflicht zur Aufklärung über die Auswirkungen des Gebührenaufschlags auf die Gewinnchancen des Anlegers ergibt sich daraus, daß eine Gewinnerzielung unter Berücksichtigung dieser Gebühren einen höheren Kursausschlag als den vom Börsenfachhandel als realistisch angesehenen voraussetzt, und daß höhere Aufschläge Anleger, die mehrere verschiedene Optionen erwerben , aller Wahrscheinlichkeit nach im Ergebnis praktisch chancenlos machen. Erst die Kenntnis dieser die Aufklärungspflicht begründenden wirtschaftlichen Zusammenhänge ermöglicht dem Anleger die aussichtsreiche Geltendmachung eines Schadensersatzanspruches wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung (Senat, Urteile vom 28. Mai 2002 - XI ZR 150/01, WM 2002, 1445, 1447 und vom 1. April 2003 - XI ZR 385/02, WM 2003, 975, 976).
Daß der Kläger diese Umstände bereits drei Jahre vor Erhebung der Klage gegen den Beklagten zu 3 im März 1999 kannte, ist den Feststellungen des Berufungsgerichts und dem Parteivortrag nicht zu entnehmen. Das Forderungsschreiben des Klägers vom 30. Dezember 1995 an den Beklagten zu 4 erwähnt diese Umstände nicht. Ob sie dem Schreiben seiner Rechtsanwälte vom 16. April 1996 zu entnehmen sind, bedarf keiner Entscheidung, weil danach die dreijährige Verjährungsfrist durch die Klageerhebung im März 1999 rechtzeitig unterbrochen worden ist.

c) Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPO a.F.). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, war sie zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO a.F.). Dabei hat der Senat von der Möglichkeit des § 565 Abs. 1 Satz 2 ZPO a.F. Gebrauch gemacht.
Das Berufungsgericht wird Feststellungen zum Vorsatz des Beklagten gemäß § 826 BGB zu treffen haben. Dabei wird außer den schwerwiegenden Aufklärungsmängeln zu berücksichtigen sein, daß ein etwaiger Irrtum über die Reichweite der Aufklärungspflicht vorsätzliches
Handeln nicht ohne weiteres ausschließt (Senat BGHZ 124, 151, 163; Senat, Urteile vom 28. Mai 2002 - XI ZR 150/01, WM 2002, 1445, 1447 und vom 1. April 2003 - XI ZR 385/02, WM 2003, 975, 977, jew. m.w.Nachw.).
Nobbe Müller Joeres
Wassermann Mayen

(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 355/02 Verkündet am:
13. Januar 2004
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
BGB §§ 249 (Fb), 250, 276 (Hb, Hc)

a) Empfiehlt eine kreditgebende Bank einem Anlageinteressenten eine Beteiligung
an einem Bauherrenmodell, so muß sie ihn ungefragt informieren,
wenn die erzielten Mieterträge der in einem steuersparenden Bauherrenmodell
bereits erstellten Eigentumswohnungen nicht den im Anlageprospekt
prognostizierten Mieten entsprechen und die Vermietung der Wohnungen
Schwierigkeiten bereitet.

b) Ein Freistellungsanspruch wandelt sich in einen Zahlungsanspruch des Geschädigten
um, wenn der Schädiger jeden Schadensersatz ernsthaft und
endgültig verweigert und der Geschädigte Geldersatz fordert.

c) Zur Berechnung und Abwicklung des dem Anleger und Kreditnehmer entstandenen
Schadens.
BGH, Urteil vom 13. Januar 2004 - XI ZR 355/02 - KG Berlin
LG Berlin
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 13. Januar 2004 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe,
die Richter Dr. Müller, Dr. Joeres, Dr. Wassermann und die Richterin
Mayen

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 11. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 28. August 2002 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben , als das Berufungsgericht zum Nachteil der Beklagten entschieden hat.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache auf die Revision der Beklagten zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Die Anschlußrevision der Klägerin wird zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin begehrt aus eigenem und abgetretenem Recht ihres Ehemannes - eines Rechtsanwalts und Notars - von der beklagten Bank Schadensersatz wegen fehlerhafter Beratung und unzureichender Information im Zusammenhang mit einer Beteiligung an einem steuersparenden Bauherrenmodell. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Im September 1996 suchte der Ehemann der Klägerin die vormalige G.Bank (nachfolgend: Beklagte) auf, um ein Darlehen für eine Steuernachzahlung aufzunehmen. Der Kundenberater schlug ihm vor, die Steuerschuld durch eine Beteiligung an einem Bauherrenmodell "wegzudrücken", empfahl ein Kaufgespräch mit der W. Immobilien GmbH (nachfolgend: Bauträgerin), einer zur "G.Bank-Gruppe" gehörenden Gesellschaft, und veranlaßte die Übersendung des Emissionsprospekts für ein Objekt in der Nähe von B.. In dem Prospekt mit der Aufschrift "Ein Angebot der G. Bank-Gruppe" wurden noch zu erstellende Eigentumswohnungen im ersten von insgesamt fünf Bauabschnitten zum Kauf angeboten. Nach den Prognoseberechnungen des Herausgebers war mit Mieten von durchschnittlich 14 DM/qm und einer Mieterhöhung auf 15 DM/qm ab 2001 sowie mit weiteren jährlichen Steigerungen von 3% zu rechnen, wobei auf mögliche Abweichungen hingewiesen wurde.
Am 10. September 1996 fand ein Gespräch des damaligen Geschäftsführers der Bauträgerin und des Kundenberaters der Beklagten mit dem Ehemann der Klägerin in dessen Kanzlei statt, bei dem das Bauobjekt entsprechend den Prospektangaben als ein über die Bauträ-
gerin vermarktetes Produkt der Beklagten bezeichnet wurde. Zu diesem Zeitpunkt war bereits einem ihrer Vorstandsmitglieder bekannt, daß von 153 im Jahr 1995 und 12 im ersten Halbjahr 1996 verkauften Wohnungen nur 138 vermietet waren und die durchschnittliche Miete entgegen den Prospektangaben lediglich 13 DM/qm betrug. Gleichwohl riet der Geschäftsführer der Bauträgerin dem Ehemann der Klägerin im Hinblick auf angeblich eine Vielzahl von Mietinteressenten vom Abschluß eines Mietgarantievertrages ab.
Die Klägerin und ihr Ehemann schlossen am 23. September 1996 einen Kaufvertrag über zehn Eigentumswohnungen mit Pkw-Stellplätzen in dem Objekt zu einem Preis von 3.083.643 DM ab. Zur Finanzierung des Geschäfts erhielt der Ehemann der Klägerin, der alle mit dem Erwerb der Wohnungen verbundenen Kosten allein trug, von der Beklagten am 27. November/5. Dezember 1996 einen Realkredit über 2.740.000 DM und außerdem zur privaten Disposition Kontokorrentkredite von insgesamt 896.000 DM. Nach Zahlung des Kaufpreises übernahmen die Eheleute die Wohnungen ab Mai 1997, konnten sie aber erst im Laufe der nächsten drei Jahre zu Preisen zwischen 10 DM/qm und 13,04 DM/qm vermieten. Über das Vermögen der Bauträgerin wurde am 1. Oktober 1998 das Gesamtvollstreckungsverfahren eröffnet.
Nach Ansicht der Klägerin ist die Beklagte für die falschen oder unvollständigen Prospektangaben über die Ertragsfähigkeit der erworbenen Eigentumswohnungen verantwortlich und aufgrund eines Beratungsund eines vorvertraglichen Aufklärungsverschuldens verpflichtet, den gezahlten Kaufpreis einschließlich aller angefallenen Kosten sowie die
infolge der Rückabwicklung des Kaufvertrages zu erwartenden Steuernachzahlungen abzüglich der Mieteinnahmen zu ersetzen.
Das Landgericht hat die auf Zahlung von 2.292.870,50 Zinsen Zug-um-Zug gegen Übereignung der zehn Eigentumswohnungen und Abtretung sie betreffender Gewährleistungsansprüche gerichteten Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat ihr in Höhe von 1.841.497,50 en. Mit der - zugelassenen - Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils, die Klägerin mit der Anschlußrevision eine vollumfängliche Verurteilung.

Entscheidungsgründe:


Die Revision der Beklagten ist begründet; sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die Anschlußrevision der Klägerin ist nicht begründet.

I.


Das Berufungsgericht hat eine Schadensersatzhaftung der Beklagten bejaht und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt:
Die Klägerin sei aktivlegitimiert. Es könne offenbleiben, ob sie als Miterwerberin der Eigentumswohnungen aus eigenem Recht gegen die
Beklagte vorgehen könne, weil sie in jedem Fall aufgrund der Abtretungsvereinbarung vom 16. Dezember 1999 den ihrem Ehemann zustehenden Schadensersatzanspruch geltend machen könne. Das Abtretungsverbot des § 399 BGB finde keine Anwendung. Die Schadensersatzforderung des Ehemannes sei nicht auf Freistellung von der zur Finanzierung des Kaufpreises begründeten Darlehensverbindlichkeit, sondern auf Geld gerichtet. Nachdem die Zahlungsansprüche der Bauträgerin unstreitig unter Einsatz der Darlehensvaluta befriedigt worden seien, fehle es bereits an der erforderlichen tatsächlichen Beschwernis mit einer Verbindlichkeit gegenüber einem Dritten. Die "Freistellung" von der Kreditverbindlichkeit diene nur der Vereinfachung, nämlich der Abkürzung des Zahlungswegs und der Miterfassung noch entstehender Kreditkosten. Dies ändere indessen nichts daran, daß der Zahlungsanspruch und der Anspruch auf Freistellung Ausprägungen ein und desselben Anspruchs auf Vermögensausgleich seien.
Unbeschadet der Frage, ob die Beklagte eine im Rahmen der Prospekthaftung relevante Garantenstellung innegehabt habe, führe ihr Engagement auf seiten der Bauträgerin zu einer Haftung wegen Aufklärungs - oder Beratungsverschuldens gegenüber dem Zedenten. Dadurch, daß der Anlageberater der Beklagten ihn auf das Anlageobjekt hingewiesen , das Prospektmaterial besorgt und die Vertragsverhandlungen mit der Bauträgerin begleitet habe, sei jedenfalls der Tatbestand einer Anlagevermittlung erfüllt. Der dadurch begründeten Pflicht zur richtigen und vollständigen Information über die für den Anlageentschluß bedeutsamen Umstände sei die Beklagte nicht nachgekommen. Vielmehr hätte ihr Kundenberater den aufklärungsbedürftigen Ehemann der Klägerin bei dem Gespräch vom 10. September 1996 - auch im Hinblick auf die beab-
sichtigte "Großinvestition" - darauf hinweisen müssen, daß von 160 verkauften Wohnungen nur 138 vermietet seien und die Durchschnittsmiete nicht wie im Prospekt angegeben 14 DM/qm, sondern lediglich 13 DM/qm betrage. Ferner sei er über Risiken für die Verwirklichung der weiteren Bauabschnitte und über die Liquiditätsprobleme der Bauträgerin zu informieren gewesen.
Die von der Beklagten zu verantwortenden Fehlvorstellungen des Ehemannes der Klägerin seien für die Anlageentscheidung auch ursächlich geworden. Im Wege des Schadensersatzes könne die Klägerin verlangen , so gestellt zu werden, wie sie und ihr Ehemann gestanden hätten , wenn die Anlageentscheidung nicht getroffen worden wäre. Die Beklagte habe daher den für das Anlageobjekt gezahlten Kaufpreis in Höhe von 3.083.643 DM, die im Zusammenhang mit der Investition angefallenen Nebenkosten über 70.772 DM, die Kreditkosten von insgesamt 636.731,23 DM und die Kosten der Bewirtschaftung von 104.612,76 DM zu ersetzen, was unter Abzug der Mieteinnahmen den ausgeurteilten Betrag von 3.601.656,10 DM (= 1.841.497,50 !
Die im Falle der Rückabwicklung des Bauträgervertrages auf die Klägerin und ihren Ehemann zukommenden Steuernachzahlungen über # +-, 546 451.373,06 " %$& ' ( ) * %. / '/ ( 0 213 / rden aus der Kapitalanlage erwachsene Vorteile ausgeglichen, die andernfalls schadensmindernd zu berücksichtigen wären. Nach § 252 BGB umfasse der Schadensersatzanspruch des Anlegers zwar grundsätzlich auch den entgangenen Gewinn, der ihm ohne das schädigende Ereignis zugeflossen wäre. Es gebe aber keinen allgemeinen Erfahrungssatz des Inhalts, daß die Beteiligung an einem Bauherrenmodell immer gewinn-
bringend sei. Daß sich der Ehemann der Klägerin an einem anderen - erfolgreichen - Bauobjekt beteiligt hätte und dort die angestrebten Steuervorteile realisiert worden wären, sei nicht substantiiert dargelegt.

II.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung im wesentlichen stand, berücksichtigen aber nicht alle für die Berechnung und Abwicklung des Schadens des Zedenten erheblichen Umstände.
A. Revision der Beklagten
1. Das Berufungsgericht hat die Klägerin im Ergebnis zutreffend als berechtigt angesehen, die an sie abgetretenen Schadensersatzansprüche ihres Ehemannes geltend zu machen. Entgegen der Ansicht der Revision war die Abtretung nicht gemäß § 399 BGB ausgeschlossen. Danach kann zwar eine Forderung nicht abgetreten werden, wenn die Leistung an einen anderen als den ursprünglichen Gläubiger nicht ohne Veränderung seines Inhalts erfolgen kann. Eine auf Befreiung von einer Verbindlichkeit gerichtete Forderung ist daher im allgemeinen nicht abtretbar (BGHZ 12, 136, 141; 41, 203, 205; BGH, Urteil vom 12. März 1993 - V ZR 69/92, WM 1993, 1557, 1559 m.w.Nachw.). Daraus vermag die Revision aber nichts für sich herzuleiten. Dabei kann offenbleiben, ob der Ansicht des Berufungsgerichts gefolgt werden könnte, nach der der Schadensersatzanspruch des Ehemannes der Klägerin gegen die Beklagte in seiner Gesamtheit von vornherein auf Geld und nicht nach
§ 257 BGB auf Befreiung von der zur Finanzierung der Kapitalanlage begründeten Darlehensverbindlichkeiten gerichtet war. Darauf kommt es nicht entscheidend an, weil ein etwaiger Befreiungsanspruch gemäß § 250 Satz 2 BGB in einen Geldanspruch übergegangen ist.
Diese Vorschrift eröffnet dem Geschädigten die Möglichkeit, unabhängig von den §§ 249 Abs. 2, 251 BGB zu einem Anspruch auf Geldersatz zu gelangen, wenn er dem Ersatzpflichtigen erfolglos eine Frist zur Herstellung, d.h. hier Haftungsfreistellung, mit Ablehnungsandrohung setzt. Dem steht es nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gleich, wenn der Schuldner die geforderte Herstellung oder überhaupt jeden Schadensersatz ernsthaft und endgültig verweigert. Dann wandelt sich der Freistellungsanspruch in einen Zahlungsanspruch um, wenn der Geschädigte Geldersatz fordert (BGH, Urteile vom 7. Januar 1965 - VII ZR 28/63, WM 1965, 287, 289, vom 11. Juni 1986 - VIII ZR 153/85, WM 1986, 1115, 1117, vom 26. Februar 1991 - XI ZR 331/89, WM 1991, 1002, vom 29. April 1992 - VIII ZR 77/91, WM 1992, 1074, 1076, vom 12. März 1993 - V ZR 69/92, WM 1993, 1557, 1559 f., vom 31. Januar 1996 - VIII ZR 243/94, WM 1996, 1282, 1283 und vom 10. Februar 1999 - VIII ZR 70/98, WM 1999, 779, 781).
So liegt der Fall hier. Die Beklagte hat von Anfang an nicht nur die Aktivlegitimation der Klägerin bestritten, sondern eine Schadensersatzverpflichtung insbesondere aus einem Beratungsverschulden schon dem Grunde nach strikt abgelehnt. Für die Klägerin und ihren Ehemann mußte sich daher der Eindruck aufdrängen, daß eine Nachfrist die Beklagte nicht umstimmen würde, sondern lediglich eine leere und sinnlose Förmelei wäre.

2. Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht ein Aufklärungs- und Beratungsverschulden der Beklagten gegenüber dem Zedenten zu Recht bejaht.

a) Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats kommt zwischen der Bank und ihrem Kunden konkludent ein Beratungsvertrag zustande, wenn - gleichgültig ob auf Initiative des Kunden oder aber der Bank - im Zusammenhang mit einer Anlageentscheidung tatsächlich eine Beratung stattfindet (Senat BGHZ 123, 126, 128, Urteile vom 28. Januar 1997 - XI ZR 22/96, WM 1997, 662 f. und vom 24. September 2002 - XI ZR 345/01, WM 2002, 2281, 2283, insoweit in BGHZ 152, 114 ff. nicht abgedruckt). Das war hier der Fall.
Die Beklagte hat dem Ehemann der Klägerin, der lediglich ein Darlehen zur Begleichung einer Steuernachzahlung aufnehmen wollte, von sich aus geraten, die Steuerschuld durch Beteiligung an einem Bauherrenmodell "wegzudrücken", dafür das Modell einer Bauträgerin, an der sie über eine Tochtergesellschaft maßgeblich beteiligt war, empfohlen , die Übersendung des Emissionsprospekts veranlaßt und sich außerdem auch noch an dem entscheidenden Verkaufsgespräch über zehn Eigentumswohnungen zu einem Preis von mehr als drei Millionen DM beteiligt.

b) Aufgrund des danach konkludent geschlossenen Beratungsvertrages war die Beklagte unter anderem zu einer zutreffenden, negative Fakten nicht verschweigenden, aktuellen Information über das Anlageobjekt , dessen Rentabilität und die damit verbundenen spezifischen Risi-
ken verpflichtet. Denn nur aufgrund von Informationen, die ein zutreffen- des aktuelles Bild über die empfohlene Anlage boten, war der Ehemann der Klägerin, der der Beklagten besonderes Vertrauen entgegenbrachte und erkennbar von deren besonderen Kenntnissen und Verbindungen hinsichtlich des Anlageobjekts profitieren wollte, in der Lage, eine sachgerechte Anlageentscheidung zu treffen.
Diese Pflichten hat die Beklagte entgegen der Ansicht der Revision zumindest hinsichtlich der Ertragsfähigkeit der von der Klägerin und ihrem Ehemann erworbenen Eigentumswohnungen verletzt. Als das Gespräch zwischen dem Ehemann der Klägerin und dem damaligen Geschäftsführer der Bauträgerin in Gegenwart des Kundenberaters der Beklagten im September 1996 geführt wurde, stand ein erheblicher Teil der bereits erstellten Eigentumswohnungen mindestens seit einem halben Jahr leer. Gleichwohl erklärte der Geschäftsführer der Bauträgerin, ohne daß der Kundenbetreuer der Beklagten dem entgegentrat, angesichts der Vielzahl von Mietinteressenten sei der Abschluß eines Mietgarantievertrages nicht sinnvoll. Zudem betrug die tatsächlich erzielte Miete durchschnittlich nur 13 DM/qm und nicht wie im Prospekt prognostiziert 14 DM/qm. Darauf mußte der Kundenberater den Ehemann der Klägerin - wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat - ungefragt hinweisen.
Dem kann - anders als die Revision meint - nicht entgegengehalten werden, daß die Abweichung der Mieterträge von den Prospektangaben zu geringfügig gewesen sei, um eine Aufklärungspflicht der Beklagten zu begründen. Zwar mag die zum damaligen Zeitpunkt bestehende Mietdifferenz in Höhe von rund 1 DM/qm auf den ersten Blick nicht sehr
bedeutsam erscheinen. Schon die Tatsache, daß die Vermietung der Eigentumswohnungen ins Stocken geraten war, konnte aber für sich genommen einen zur Vorsicht neigenden Anleger vom Kauf abhalten. Darüber hinaus war es nicht nur die aktuelle Mietdifferenz, die den Ertrag und damit den Verkehrswert der Immobilie herabminderte. Vielmehr mußten auch die im Prospekt prognostizierten Mietsteigerungen angesichts der im September 1996 in B. und im B. Umland bestehenden Marktverhältnisse und deren voraussichtlicher Entwicklung nach unten korrigiert werden. Von einer nur geringfügigen, die Bagatellgrenze nicht überschreitenden und für die Anlageentscheidung unbedeutenden Wertbeeinträchtigung kann unter solchen Umständen angesichts des beabsichtigten Kaufs von zehn Eigentumswohnungen keine Rede sein.
Ob die Ertragsangaben und prognostizierten Mietsteigerungen bei Erstellung des Prospektes realistisch waren, ist entgegen der Auffassung der Revision ohne Bedeutung. Die Pflichtverletzung der Beklagten beruht nicht auf einem ihr zuzurechnenden Prospektfehler, sondern allein darauf , daß die zum Zeitpunkt der vertraglich geschuldeten Information bestehende Vermietungssituation und Ertragslage sowie deren voraussichtliche Entwicklung in den nächsten Jahren verschwiegen wurden.

c) Die Beklagte hat ihre Pflicht, über die Höhe der durchschnittlich erzielten Miete und die Vermietungssituation aktuell und richtig zu informieren , auch schuldhaft verletzt. Das gilt auch dann, wenn ihr tätig gewordener Kundenberater darüber nicht informiert gewesen sein sollte. Aufgrund des Projektstandsberichts von Mai 1996 steht fest, daß die aufklärungsbedürftigen Umstände einem Vorstandsmitglied der Klägerin bekannt waren. Dieses Wissen mußte bei ordnungsgemäßer Organisati-
on der Kommunikation zum Schutze des Ehemanns der Klägerin, der nicht allein deshalb schlechter gestellt werden darf, weil Vertragspartner nicht eine natürliche Person, sondern eine Bank mit organisationsbedingter Wissensaufspaltung ist, akten- oder EDV-mäßig dokumentiert, für alle mit der Vermarktung des Bauträgermodells befaßten Mitarbeiter verfügbar gehalten und von ihnen genutzt werden. Daß das über die erforderlichen Kenntnisse verfügende Vorstandsmitglied der Beklagten an dem Vertrag mit dem Ehemann der Klägerin nicht mitgewirkt und davon möglicherweise nichts gewußt hat, ist deshalb ohne Belang (vgl. BGHZ 109, 327, 331; 117, 104, 108; 132, 30, 35 ff.; 135, 202, 205; BGH, Urteil vom 13. Oktober 2000 - V ZR 349/99, WM 2000, 2515, 2516).

d) Die schuldhafte Beratungspflichtverletzung der Beklagten ist für die Anlageentscheidung des Ehemanns der Klägerin auch ursächlich geworden. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (siehe z.B. BGHZ 61, 118, 121 f.; 151, 5, 12; Senatsurteile vom 28. Mai 2002 - XI ZR 150/01, WM 2002, 1445, 1447 und vom 21. Oktober 2003 - XI ZR 453/02, ZIP 2003, 2242, 2245) ist zu vermuten, daß die in einem wesentlichen Punkt falsche oder unvollständige Beratung für die Anlageentscheidung ursächlich war. Diese tatsächliche Vermutung hat die Beklagte nicht widerlegt.

e) Ebenso ist gegen die von der Klägerin gewählte Art der Schadensberechnung entgegen der Auffassung der Revision nichts einzuwenden.
aa) Bei schuldhafter Verletzung eines Beratungsvertrages kann der Anleger von dem Schädiger nach dem in § 249 Satz 1 BGB normier-
ten Grundsatz der Naturalrestitution regelmäßig verlangen, so gestellt zu werden, als hätte er sich an dem Anlagemodell nicht beteiligt (st.Rspr., siehe etwa BGH, Urteile vom 2. Dezember 1991 - II ZR 141/90, WM 1992, 143 f. und vom 13. Januar 2000 - III ZR 62/99, WM 2000, 426, 429). Dabei genügt für den Nachweis eines Vermögensschadens, daß die Kaufsache den gezahlten Kaufpreis nicht wert ist oder wenn trotz Werthaltigkeit des Kaufgegenstandes die mit dem Vertrag verbundenen Verpflichtungen und sonstigen Nachteile durch die Vorteile nicht ausgeglichen werden (vgl. BGH, Urteil vom 26. September 1997 - V ZR 29/96, WM 1997, 2309, 2311). Daß die Klägerin und ihr Ehemann danach durch die Anlageentscheidung einen Schaden erlitten haben, liegt angesichts der Tatsache, daß der geminderte Ertragswert der Eigentumswohnungen für deren Verkaufswert von wesentlicher Bedeutung ist, auf der Hand.
bb) Anders als die Revision meint, gibt es auch keinen sachlichen Grund, der es rechtfertigt, die Schadensersatzpflicht auf einen angemessenen Ausgleich des Minderwerts der Kaufsache zu beschränken. Da die Beklagte dem Ehemann der Klägerin eine umfassende Information über die Vor- und Nachteile der Anlage schuldete, ist eine derartige Art der Schadensabwicklung - wie auch das Berufungsgericht ausdrücklich betont hat - aus dem Schutzzweck der verletzten Pflicht nicht herzuleiten (vgl. Senatsurteile, BGHZ 116, 209, 212, vom 5. Mai 1992 - XI ZR 242/91, WM 1992, 1355, 1357 und vom 16. Juni 1992 - XI ZR 166/91, WM 1992, 1269, 1271). Eine andere Beurteilung entspräche auch nicht den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung (siehe z.B. BGHZ 69, 53, 56; 111, 75, 82; BGH, Urteil vom 4. April 2001 - VIII ZR 32/00, WM 2001, 1118, 1120 f.) im Rahmen der vorvertraglichen Verschuldenshaftung des Verkäufers entwickelten Grundsätzen, nach denen der Käu-
fer zwischen einer angemessenen Herabsetzung des überhöhten Kaufpreises und einer Rückgängigmachung des Kaufvertrages frei wählen kann.

f) Der Revision ist auch nicht zu folgen, soweit sie sich auf ein Mitverschulden des Ehemannes der Klägerin beruft. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (siehe etwa BGH, Urteil vom 26. September 1997 - V ZR 65/96, NJW-RR 1998, 16 m.w.Nachw.) kann der Informationspflichtige dem Geschädigten grundsätzlich nicht nach § 254 Abs. 1 BGB entgegenhalten, er habe den Angaben nicht vertrauen dürfen und sei deshalb für den entstandenen Schaden mitverantwortlich. Die gegenteilige Annahme stünde im Widerspruch zum Grundgedanken der Aufklärungs- und Beratungspflicht. Daß der Ehemann der Klägerin als Rechtsanwalt und Notar die allgemeinen Risiken einer derartigen Kapitalanlage kannte, macht ihn nicht weniger schutzwürdig als andere Personen, die auf die Richtigkeit und Vollständigkeit einer Beratung vertrauen.
3. Indessen hat das Berufungsgericht nicht alle für die Schadensberechnung und -abwicklung erheblichen Umstände berücksichtigt.

a) Nach dem in § 249 Satz 1 BGB normierten Grundsatz der Naturalrestitution kann die Klägerin aus den dargelegten Gründen von der Beklagten verlangen, so gestellt zu werden, wie sie und ihr Ehemann ohne die Anlageentscheidung stünden. Ihr sind daher - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - der für den Erwerb der zehn Eigentumswohnungen gezahlte Kaufpreis in Höhe von 3.083.643 DM, die im Zusammenhang mit der Investition angefallenen Nebenkosten über
70.772 DM, die auf die Finanzierungsdarlehen entfallenden Kreditkosten von insgesamt 636.731,23 DM und die Kosten der Bewirtschaftung von 104.612,76 DM unter Anrechnung der Mieteinnahmen zu ersetzen. Dabei hat das Berufungsgericht jedoch nicht beachtet, daß auch die Darlehensverträge , die ohne das Beratungsverschulden der Beklagten nicht abgeschlossen worden wären, gemäß § 249 Satz 1 BGB rückabzuwikkeln sind. Bei der Schadensberechnung sind deshalb nicht nur die angefallenen Kreditkosten, sondern auch die aufgrund der Anlageentscheidung ausgereichten Darlehen zu berücksichtigen. Andernfalls würden die Klägerin und ihr Ehemann - wie die Revision vor allem in der mündlichen Verhandlung zu Recht geltend gemacht hat - wirtschaftlich wesentlich besser stehen als sie vor dem Kauf der Eigentumswohnungen standen. Da nicht festgestellt ist, in welcher Höhe die Finanzierungsdarlehen valutieren , ist dem erkennenden Senat eine eigene Entscheidung über die in Abzug zu bringenden Beträge nicht möglich. Die angefochtene Entscheidung war daher aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, soweit das Berufungsgericht zum Nachteil der Beklagten entschieden hat.

b) Ferner wird das Berufungsgericht zu berücksichtigen haben, daß die Klägerin und ihr Ehemann nicht nur abzutretende Gewährleistungsansprüche über 1.370.287,94 DM aus dem Kauf der Eigentumswohnungen im Gesamtvollstreckungsverfahren der W. Immobilien GmbH beim Amtsgericht C. unter Aktenzeichen ..., sondern ebensolche Ansprüche über 2.003.358 DM im Gesamtvollstreckungsverfahren der W. Verwaltungs GmbH unter Aktenzeichen ... angemeldet haben. Im Tenor des Berufungsurteils wurden indes nur die erst-
genannten Gewährleistungsansprüche berücksichtigt, obwohl die Anmeldung der Ansprüche über 2.003.358 DM im Tatbestand des Berufungsurteils ausdrücklich aufgeführt ist.
B. Anschlußrevision der Klägerin
Das Berufungsgericht hat einen Schadensersatzanspruch der Klägerin in Höhe der bei Rückabwicklung des Kaufvertrages zu erwartenden Steuernachzahlungen jedenfalls im Ergebnis zu Recht verneint.
1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (siehe etwa BGHZ 74, 103, 114 ff.; BGH, Urteil vom 11. Oktober 2001 - III ZR 288/00, WM 2001, 2262, 2264 m.w.Nachw.) stellen Steuernachforderungen , die nach Rückabwicklung eines steuersparenden Rechtsgeschäfts zu erwarten sind, grundsätzlich keinen Schaden gemäß § 249 BGB dar, weil durch sie die aus der Anlageentscheidung erwachsenen Steuervorteile kompensiert werden, die andernfalls zugunsten des Schädigers schadensmindernd zu berücksichtigen wären. Der Einwand der Anschlußrevision , die Klägerin habe die aus der Anlageentscheidung entstandenen Vorteile bereits vorab in Abzug gebracht, greift nicht. Zwar hat sie bei der Schadensberechnung die Mieteinnahmen berücksichtigt, nicht jedoch die finanziellen Vorteile die ihr und/oder ihrem Ehemann dadurch entstanden sind, daß sie als Eigentümer der Wohnungen steuerliche Sonderabschreibungen in Anspruch genommen haben.
2. Entgegen der Ansicht der Anschlußrevision ist die Klage auf Ersatz entgangener Steuervorteile auch nicht gemäß § 252 BGB begrün-
det, weil die Klägerin und ihr Ehemann sich ohne die Pflichtverletzung der Beklagten an einem anderen Steuersparmodell beteiligt und dadurch erfolgreich Steuern gespart hätten. Zwar schließt die auf den Grundsatz der Naturalrestitution (§ 249 Satz 1 BGB) gestützte Inanspruchnahme der Beklagten die Geltendmachung eines Schadens wegen entgangenen Gewinns gemäß § 252 BGB nicht aus. Richtig ist auch, daß an die Darlegung des entgangenen Gewinns entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts keine strengen Anforderungen zu stellen sind, sondern der Klägerin nach dieser Vorschrift - wie bei § 287 ZPO - gewisse Erleichterungen bei der Darlegungslast zugute kommen. Die Wahrscheinlichkeit einer Gewinnerzielung aufgrund einer zeitnahen alternativen Investitionsentscheidung kann aber grundsätzlich nur mit Hilfe einer konkreten Berechnung festgestellt werden. Dazu reicht es nicht aus, daß ein positiver Aspekt des hypothetischen Geschäfts, hier steuerliche Abschreibungsvorteile , herausgegriffen wird, ohne ihm die Kosten und Nachteile gegenüberzustellen , die mit der Anlageentscheidung verbunden gewesen wären. Nur die Differenz ergibt den wahrscheinlich eingetretenen Gewinn im Sinne des § 252 Satz 2 BGB (BGH, Urteil vom 24. September 1999 - V ZR 71/99, WM 1999, 2510, 2512). Dazu fehlt ausreichendes Vorbringen der Klägerin.
Diese hat ohne jede Konkretisierung des Objekts, der damit verbundenen Aufwendungen und der Rendite lediglich behauptet, ihr Ehemann und sie hätten, wenn sie von der Beklagten richtig beraten worden wären, in ein anderes steuersparendes Bauherrenmodell investiert, dadurch ihre Steuerbelastung um 688.749,83 DM vermindert und Zinsen auf die jetzt zu erwartende Steuernachzahlung vermieden. Dieser Vortrag ist, worauf die Beklagte in den Vorinstanzen mehrfach hingewiesen
hat, ersichtlich unsubstantiiert. Die auf § 139 ZPO gestützte Rüge der Revision, auch das Berufungsgericht habe sie darauf hinweisen müssen, hat der Senat geprüft, aber nicht für durchgreifend erachtet (§ 564 Satz 1 ZPO).

III.


Der Revision der Beklagten war daher stattzugeben und die Anschlußrevision der Klägerin zurückzuweisen.
Nobbe Müller Joeres
Wassermann Mayen

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.