Gericht

Landgericht Traunstein

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 180.920,97 € festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger macht als Insolvenzverwalter gegen den Beklagten als ehemaligen Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin Ansprüche wegen Geschäftsführerhaftung geltend.

Der Kläger ist mit Beschluss des Amtsgerichts ... - Insolvenzgericht - vom ..., zum Verwalter über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin ... bestellt worden.

Persönlich haftende Gesellschafterin der Insolvenzschuldnerin ist die .... Deren Geschäftsführer war seit Gründung der Beklagte. Der Beklagte ist Sanierungsexperte für Hotelbetriebe. Im Auftrag und auf Vermittlung von Banken und Eigentümern hat er über viele Jahre hinweg zahlreiche Sanierungsvorhaben begleitet und umgesetzt.

Die Insolvenzschuldnerin ist im Herbst des Jahres 2008 gegründet worden, um den Betrieb des ... zu übernehmen. In diesem Zusammenhang wurde auch der Pachtvertrag mit den diversen Nachträgen abgeschlossen. Das ... ist eine in ... im ... gelegene Wohnanlage, die - soweit nicht von den Eigentümern genutzt - als Hotel geführt wird. Die 126 Appartements verteilen sich auf insgesamt 8 Baukörper.

Der Pachtvertrag vom 29.9.2008 über das ... wurde ursprünglich zwischen der ... und der ... geschlossen sowie verschiedene Nachtragsvereinbarungen zum Pachtvertrag (u.a. 1. Nachtrag vom 14.1.2011: Anlage K 4, 3. Nachtrag vom 10.10.2011: Anlage K 5). Wegen der Einzelheiten der Pachtzinsregelungen wird auf den ursprünglichen Pachtvertrag und die Nachträge verwiesen. Mit der 2. Nachtragsvereinbarung vom 24./27.6.2011 ist die ... anstelle der ... als Verpächterin unter Übernahme sämtlicher Rechte und Pflichten in das Pachtverhältnis eingetreten.

Am 24.8.2010 fand eine Mediation bezüglich des Pachtvertrages um das ... statt. Wegen der Vereinbarung wird auf die Niederschrift zu dieser Mediation (Anlage K 7) verwiesen.

Der Pachtvertrag zwischen der ... und der Insolvenzschuldnerin ist am 1.6.2012 gekündigt worden.

Die ... und die Insolvenzschuldnerin haben vor dem ... unter dem Aktenzeichen ... einen Rechtsstreit um die Kündigung geführt. Am 4.7.2013 kam ein Prozessvergleich zustande, wonach die Insolvenzschuldnerin sich verpflichtet hat, das Ressort zu räumen und an die dortige Klägerin herauszugeben. Wegen der Einzelheiten der Vergleichsregelungen wird auf die Anlage B 10 verwiesen. Das Hotel wurde am 31.8.2013 zurückgegeben.

Unter dem 11.3.2013 hatte die Schuldnerin bereits einen eigenen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen und das ihrer Komplementärin gestellt. Der Antrag wurde 2 Tage darauf am 13.3.2013 wieder zurückgenommen.

Die ... hat vor dem ... unter dem Aktenzeichen ... einen Rechtsstreit mit der Insolvenzschuldnerin sowie dem Beklagten ... und die ... geführt. U.a. hat sie ausstehenden Pachtzins eingeklagt auf der Basis einer 8,7 %igen Nettoumsatzpacht. Das Landgericht Passau hat der dortigen Klägerin ... in diesem Punkt Recht gegeben und einen Betrag von 176.752,23 € nebst Zinsen zugesprochen. Das Urteil wurde am 29.1.2015 erlassen.

Der Kläger trägt vor, dass die Schuldnerin konsequent ab 2012 die die monatliche Vorauszahlung übersteigende Umsatzpacht nicht bezahlt habe, weil sie dazu nicht in der Lage gewesen sei und dafür auch keine Rückstellungen gebildet habe, weshalb die Schuldnerin spätestens seit Oktober 2012 zahlungsunfähig gewesen sei. In 2012 soll die Schuldnerin nach ihrem eigenen Jahresabschluss und den eigenen betriebswirtschaftlichen Auswertungen einen Jahresumsatz in Höhe von 2.107.142,21 € erzielt haben. Die monatliche Umsatzpacht in Höhe von 8,7 % ergebe damit 183.321,37 €. Die Schuldnerin habe aber lediglich Pachtvorauszahlungen in Höhe von insgesamt 72.000,00 € im Jahr 2012 gezahlt (monatlich 6.000,00 €). Die Schuldnerin hätte aber eine monatliche Rückstellung in Höhe von mindestens 9.000,00 € bilden müssen und alle Vierteljahre einen zusätzlichen Vorschuss in Höhe von 3 × 9.000,00 €, das sind 27.000,00 €, entrichten müssen. Soweit der Beklagte für die Insolvenzschuldnerin Neuverhandlungen über die Pacht betrieben hat, zeige dies, dass die über die Vorauszahlungen hinausgehende Umsatzpacht nicht völlig ausgeschlossen sei und deshalb Rückstellungen erforderlich gewesen seien. Am 1.4.2012 sei der erste Vorschuss in Höhe von 27.000,00 € fällig gewesen. Mit jedem folgenden Quartal sei ein weiterer entsprechender Vorschuss fällig gewesen. Zum Zeitpunkt Oktober 2012 sei damit ein Pachtzahlungsvorschuss von 3 × 27.000,00 € rückständig gewesen, welchen die Schuldnerin nicht habe zahlen können. Auch die Wirtschaftsprüferkanzlei ... habe in einem Belegprüfungsbericht vom 27.3.2013 betreffend dem Zeitraum 1.1.2010 bis 31.8.2012 gerügt, dass die über die Vorauszahlungen hinausgehend geschuldete Pacht nicht als Verbindlichkeit erfasst worden sei. Der Grund für die Zahlungsunfähigkeit sei darin gelegen, dass es zu einem ständigen, nicht gerechtfertigten Zahlungsabfluss von der Schuldnerin zu dem Beklagten persönlich sowie weiteren von dem Beklagten als Gesellschafter und Geschäftsführer beherrschten Unternehmen gekommen sei. Der Beklagte habe für sich selbst und die von ihm als Geschäftsführer vertretenen diversen Firmen in 2011 schon einen Betrag von 264.333,16 € entnommen, über 12 % und 99.024,68 € mehr als es der Mediationsvereinbarung vom 24.8.2010 (höchstens 8 %) entsprochen hätte. In 2012 habe der Beklagte insgesamt 198.904,00 € entnommen, das sind immer noch 30.332,62 € mehr als 8 % aus dem Umsatz von 2.107.142,21 €.

Die wirtschaftliche Krise der Schuldnerin sei auch daraus zu entnehmen, dass es bei den in der Buchhaltung der Schuldnerin aufgeführten Beträgen („Zahlungen ab Oktober 2012 vom Konto der Insolvenzschuldnerin“) ständig heiße: „Teilzahlung“ oder „Ratenplan Teilzahlung“ oder „Teilzahlung laut Vereinbarung“ oder ähnlich. Die zahlreichen Fälle, in denen ausweislich der Aufstellung auf Seite 12 der Klage Teilzahlungen vereinbart wurden, würden belegen, dass jedenfalls Anfang Oktober 2012 die Insolvenzschuldnerin nicht mehr in der Lage gewesen sei, fällige Verbindlichkeiten plangemäß zu bedienen. Der Beklagte habe allein die Rechnungen der ... bedient, alle anderen Gläubiger der Schuldnerin mussten sich mit Teil- bzw. Ratenzahlungen zufrieden geben und die ... habe außer der Vorauszahlungen die vertraglich vereinbarte Umsatzpacht nicht erhalten. Programm des Beklagten sei gewesen, das Hotel während der umsatzstarken Monate zu behalten, möglichst viel Geld an die ... zu bezahlen, möglichst nichts für Instandhaltung und Instandsetzung auszugeben und die vereinbarte Umsatzpacht nicht zu bezahlen.

Nach den Angaben des Beklagten selbst sei Anfang/Mitte März 2013 Zahlungsunfähigkeit gegeben gewesen. Nur aufgrund der Befürchtung, persönlich in die Haftung sowie strafrechtlich in Anspruch genommen zu werden, habe den Beklagten veranlasst, den im März 2013 gestellten Insolvenzantrag wieder zurückzunehmen und abzuwarten, dass durch die erhofften guten Umsätze im Sommer bis zum August dann keine Zahlungsunfähigkeit mehr bestünde. Die Umstellung des Geschäftsjahres und Aufstellung einer Bilanz zum 31.8.2013 sei nur geschehen, damit dort die guten Zahlen aus dem Sommer enthalten seien, und die schlechten, zu erwartenden Zahlen in den Folgemonaten dann in das nächste Jahr verschoben werden. Deshalb habe der Beklagte auch mit aller Gewalt dafür gesorgt, dass das Hotel nach der Kündigung durch die Verpächterin nicht zurückgegeben worden sei, damit es im Sommer noch genutzt werden konnte, um die guten Sommerumsätze zu machen. Die vertragliche Pacht habe er dafür nicht zahlen wollen. Dem hätte er aber entgehen können, wenn er das Objekt zurückgegeben hätte, das hat er aber nicht gemacht.

Die Schuldnerin sei auch Anfang März 2013 und Anfang Oktober 2012 überschuldet gewesen.

Ein Überschuldungsstatus der Schuldnerin Anfang März 2013 sehe so aus, dass nennenswerte Aktiva nicht vorhanden gewesen seien. Insofern könne das Gutachten des Klägers vom 24.8.2015 (Anlage K 14) herangezogen werden. Die Schuldnerin habe über keine Grundstücke verfügt, auch nicht über sonstige langlebige Wirtschaftsgüter, ausstehende Einlagen seien nicht zu aktivieren. Stille Reserven könnten nicht gehoben werden, nennenswerte Bankguthaben seinen nicht vorhanden gewesen. Auch offene Forderungen seien nicht vorhanden gewesen. Den Forderungen aus dem laufenden Geschäftsbetrieb an Gäste und Tourismus-Veranstalter sollen jeweils kurzfristige Verbindlichkeiten gegenüber den anderen ... und sonstige Lieferungen und Leistungen gegenüber gestanden haben. In jedem Fall sei im März 2013 die zu passivierende noch offene Umsatzpacht von 111.321,37 € für das Jahr 2012 nicht durch Vermögensgegenstände abgedeckt gewesen.

Das gleiche gelte sinngemäß auch für Oktober 2012. Zu diesem Zeitpunkt sei eine offene Umsatzpacht (quartalsmäßige Vorauszahlungen) in Höhe von mindestens 81.000,00 € zu passivieren gewesen, jedenfalls als Rückstellung. Dieser Passivposition sollen ebenfalls keine entsprechenden Vermögenswerte gegenübergestanden haben.

Dass der Bericht von ... nicht zur Insolvenzreife Stellung nehme, liege daran, dass dies nicht beauftragt worden sei. Auf Seite 20 des Berichts von ... heiße es daher auch, dass auftragsgemäß lediglich die Verbindungen von Geschäftsvorfällen, welche durch vertragliche Beziehungen der ... mit der ... und der ... bedingt sind, geprüft und zusammengestellt wurden.

Der Beklagte hätte zumindest für die nicht bezahlte Umsatzpacht Rückstellungen bilden müssen. Bereits im Frühjahr 2012 habe die Verpächterin klipp und klar die Umsatzpacht von 8,7 % haben wollen. Damit habe der Beklagte gewusst, dass die Verpächterin seine Auffassung, die Pacht richte sich nach der wirtschaftlichen Situation bzw. der Liquidität der Schuldnerin, rundheraus ablehnte.

Mit der Klage macht der Kläger gegen den Beklagten die Zahlungen im Zeitraum vom 2.10.2012 bis 28.11.2014 in Höhe von 180.920,97 € geltend, die der Beklagte als Geschäftsführer der Komplementärin der Insolvenzschuldnerin veranlasst hat. Wegen der Einzelheiten wird auf die Tabelle auf Seite 12 der Klage (Bl. 12 d.A.) verwiesen.

Soweit der Beklagte persönlich Zahlungen gemäß dieser Aufstellung in Höhe von 30.001,50 € erhalten hat greife die Absichtsanfechtung nach § 133 InsO durch, da der Beklagte zum Zeitpunkt, als er diese Zahlungen erhalten hat, gewusst habe, dass die Schuldnerin nicht in der Lage sei, alle Verbindlichkeiten zu erfüllen.

Die Forderung der ... aus dem Verfahren vor dem ..., Az. ..., habe der Kläger zur Tabelle anerkennen müssen, weil sie rechtskräftig festgestellt war. Der Beklagte könne sich nicht darauf berufen, dass der Kläger hier Verrechnungen habe vornehmen können. Das Gesetz kenne allenfalls die Möglichkeit der Aufrechnung. Dafür müsste es vor Eröffnung des Verfahrens fällig gewordene Forderungen der Schuldnerin gegen die ... gegeben haben, was jedoch offensichtlich nicht der Fall gewesen sei. Zum einen gebe es keine Anfechtungsansprüche der Masse gegen die .... Die Zahlungen, welche die ... von der Insolvenzschuldnerin erhalten hat, seien sämtlich kongruent gewesen und seien nicht in Kenntnis einer Gläubigerbenachteiligung erfolgt. Selbst wenn es einen Anspruch aus Insolvenzanfechtung gegen einen Insolvenzgläubiger gegeben hätte, hätte dies keine Auswirkungen auf die Frage der Feststellung zur Tabelle gehabt. Auch ist die ... die einzige Insolvenzgläubigerin gewesen. Schon deshalb komme ein Anfechtungsanspruch gegen sie nicht in Betracht. Der Insolvenzverwalter könne nicht einen Anspruch gegen die Verpächterin als einzige Insolvenzgläubigerin durchsetzen, weil diese bei der Verteilung des Überschusses (alle vereinnahmten Beträge seien Überschuss, weil die Verpächterin das Insolvenzverfahren finanziere) diese vereinnahmten Beträge eins zu eines wieder zurückerhalten müsse.

Hilfsweise stützt der Kläger seinen Anspruch auch auf einen Anspruch auf Ausgleich der nicht durch das Gesellschaftsvermögen abgedeckten Verbindlichkeiten durch eine Einlage des Beklagten. Dieser Anspruch ergebe sich aus dem Schriftsatz des Beklagten vom 16.8.2017, Seite 9 Ziffer IV, wo der Beklagte ausführt, dass eine Insolvenzlage deshalb nicht bestanden habe, weil man Teilzahlungsvereinbarungen abgeschlossen habe sowie der Beklagte persönlich zugesagt hat, wenn erforderlich eine Einlage zu tätigen. Diese Verpflichtung stehe in engem Zusammenhang mit der e-mail vom 14.3.2013, welche der Zeuge ... im Termin 7.6.2017 dem Gericht vorgelegt hat (Anlage Bl. 121 d.A.).

Wegen der Einzelheiten wird auf die Klage vom 7.7.2016 sowie die Schriftsätze vom 2.11.2016, 1.6.2017, 25.7.2017, 26.9.2017, 13.10.2017, 5.12.2017 samt Anlagen verwiesen.

Der Kläger beantragt, den Beklagten zu verurteilen,

an den Kläger 180.920,97 € nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 6.11.2015 zu bezahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Insolvenzschuldnerin sei Anfang Oktober 2012 weder Zahlungsunfähig noch überschuldet gewesen. Die Insolvenzschuldnerin sei stets allen Zahlungspflichten nachgekommen. Eine Pachtforderung von 81.000,00 € habe nicht bestanden. Die Insolvenzschuldnerin habe sich mit der ... im Oktober 2011 geeinigt, dass die monatliche Pacht zumindest bis 31.3.2012 6.000,00 € betragen soll. Es sei falsch, dass die Insolvenzschuldnerin für den Zeitraum Januar bis März 2012 weitere Pachtzahlungen in Höhe von 27.000,00 € geschuldet hätte. Die Pachtzahlung für diese Monate sei auf 18.000,00 € festgesetzt und auch bezahlt worden. Für die Zeit nach dem 31.3.2012 sei vereinbart worden, dass man sich auf Basis der dann vorliegenden Planung für das Geschäftsjahr 2012 auf einen neuen Pachtbetrag einige, wobei die Pacht anhand des voraussichtlichen wirtschaftlichen Ergebnisses bemessen werden sollte. Bereits der ursprüngliche Pachtvertrag habe klar gestellt, dass neben einer Fixpacht in Höhe von jährlich 62.500,00 € eine ergebnisabhängig Pacht gezahlt werden sollte. Darüber hinaus habe auch der ursprüngliche Pachtvertrag die Regelung vorgesehen, dass bei Budgetabweichungen im Einnahmen- oder im Ausgabenbereich Gespräche zu führen waren, um gemeinsam die notwendigen Schritte zu unternehmen, die der neuen Situation Rechnung tragen. Diese Risikoverteilung sei in den Folgejahren auch gelebt worden. Dies ergebe sich aus dem 1. und 3. Nachtrag zum Pachtvertrag. Geschäftsgegenstand der ... ist der Betrieb des ... gewesen. Sie sollte daher auch das wirtschaftliche Risiko des Betriebs des ... tragen, nicht die Insolvenzschuldnerin. Dies sei die Geschäftsgrundlage für die Tätigkeit der Insolvenzschuldnerin und des Beklagten gewesen. Kündigungsbedingt habe die Insolvenzschuldnerin ab 1.6.2012 keine Pacht mehr geschuldet. Soweit in der Buchhaltung Vermerke zu Teilzahlungen gemacht wurden, könnten Teilzahlungen ganz unterschiedliche Gründe haben und könnten nicht als Indiz für eine wirtschaftliche Krise gewertet werden. Im Übrigen sei der den Betrag von monatlich 6.000,00 € übersteigende Teil der Pachtzahlungen frühestens mit der Zustellung der Klageerweiterung im Verfahren vor dem Landgericht Passau am 22.5.2014 ernsthaft eingefordert worden.

Für eine Überschuldung Anfang Oktober 2012 habe der Kläger nichts vorgetragen. Hinzu komme, dass im Zeitpunkt Anfang Oktober 2012 eine positive Fortführungsprognose bestanden habe. Das ergebe sich auch aus dem Jahresabschluss zum 31.8.2012 (Anlage B 16). Dieser weist einen deutlichen Überschuss und nur noch einen sehr geringen gegenüber dem vorangegangenen Bilanzstichtag stark reduzierten, nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag von lediglich 17.928,66 € aus. Auch im Hinblick auf das Verfahren vor dem ..., Az. ..., habe der Beklagte nicht mit dem Unterliegen bezüglich der Bezahlung der angeblich noch geschuldeten Umsatzpacht rechnen müssen. Die Klage in diesem Verfahren ist erst am 22.5.2014 zugestellt worden, die mündliche Verhandlung hat erst am 16.12.2014 stattgefunden. Wie sich aus der Aufstellung auf Seite 12 der Klageschrift ergebe, waren am 22.5.2014 bis auf die letzten vier Positionen, die sich auf 12.664,69 € summieren, schon alle auf Seite 12 der Klageschrift zusammengestellten Zahlungen ausgeführt. Dass zum 1.10.2012 keine Forderung in Höhe von 81.000,00 € bestanden habe, sei auch stets die eindeutige Rechtsauffassung des rechtlichen Beraters der Insolvenzschuldnerin, ..., gewesen. Rückstellungen hätten hierfür nicht im Oktober gebildet werden müssen.

Auch Anfang März 2013 sei die Insolvenzschuldnerin nicht zahlungsunfähig gewesen. Die Insolvenzschuldnerin habe weiter alle ihre Verbindlichkeiten bedient, auch die monatlichen Pachtzahlungen an die ... in Höhe von 6.000,00 €. Im März 2013 habe es einen durchaus erfreulichen Buchungsstand für die Sommermonate gegeben. Die Fortbestehensprognose sei auch im März 2013 weiterhin positiv gewesen. Der Insolvenzantrag des Beklagten im März 2013 sei falsch gewesen. Der mit der Gutachtenerstellung beauftragte Rechtsanwalt habe das offensichtlich sofort erkannt. Keiner der beiden Berater habe dem widersprochen. Soweit Anfang März jemals eine echte Zahlungsunfähigkeit gegeben gewesen sei, habe diese zu diesem Zeitpunkt wieder beseitigt werden können. Wie in der e-mail des Beklagten vom 14.3.2013 (Anlage zum Protokoll des Termins 7.6.2017, Bl. 121 d.A.) dokumentiert, sollen nicht nur Zahlungsvergleiche hätten abgeschlossen werden können, sondern habe der Beklagte auch zugesagt, wenn erforderlich eine Einlage zu tätigen. Spätestens damit sei die Liquidität der Insolvenzschuldner gesichert gewesen. Tatsächlich seien dann Einlagen glücklicherweise nicht erforderlich gewesen, da Verhandlungen mit Gläubigern und die Entwicklungen im operativen Geschäft dazu geführt haben sollen, dass - mit Ausnahme der streitigen und in der Sache unbegründeten Pachtforderung - alle Verbindlichkeiten haben bedient werden können. Genau am Tag der Rücknahme des Insolvenzantrages, am 13.3.2013, ist dann auch ... mit seiner Prüfung beauftragt worden. Dieser habe in seinem Bericht nirgends erwähnt, dass die Insolvenzschuldnerin überschuldet, zahlungsunfähig oder sonst insolvenzgefährdet sein könnte. Spätestens Ende Mai 2013 sei das Thema abgeschlossen gewesen und es habe festgestanden, dass keine Liquiditätshilfe des Beklagten erforderlich gewesen sei. Die Krise vom März 2013, auf die sich die Bereitschaft zur Gewährung einer Liquiditätshilfe bezogen habe, sei damit beseitigt gewesen. Keine Zusage gleich welcher Art habe der Beklagte in Bezug auf etwaige Zahlungsverpflichtungen der Insolvenzschuldnerin gegenüber der ... erteilt. Der Beklagte habe auch nicht persönlich mit der Insolvenzschuldnerin vereinbart, dass Verbindlichkeiten, welche jedenfalls bis zu einem erneuten Insolvenzantrag der Schuldnerin anfallen würden und die durch das Vermögen der Schuldnerin nicht gedeckt wären, von ihm mit einer Einlage ausgeglichen würden.

Der Beklagte sei auch laufend über die rechtlichen, steuerlichen und bilanziellen Fragen von Rechtsanwalt ... und dem Steuerberater ... beraten worden. Diese Beratung habe sich auch auf die Frage der Passivierungspflicht der von der ... eingeklagten Beträge sowie einer etwaigen Insolvenzreife und/oder Insolvenzantragspflicht bezogen. Die Beratung von Rechtsanwalt ... dass die 3. Nachtragsvereinbarung einen echten Anspruch auf eine Festsetzung der Pacht auf maximal 6.000,00 € pro Monat vermittele, sei Basis für die Einschätzung des Beklagten gewesen, dass keine Rückstellungen für die hierüber hinausgehenden Forderungen der ... anzusetzen waren. Zu keinem Zeitpunkt habe die Insolvenzschuldnerin bzw. der Beklagte von diesen den Rat erhalten, die Zahlungen einzustellen oder nicht auszuführen, den Insolvenzantrag vom 11.3.2013 nicht zurückzunehmen oder zu einem früheren oder späteren Zeitpunkt als dem 10.2.2015 den Insolvenzantrag zu stellen. Rechtsanwalt ... habe sowohl den Insolvenzantrag vom 11.3.2013 als auch vom 19.2.2015 vorbereitet. Den Insolvenzantrag vom 19.2.2015 hat er bei Gericht eingereicht.

Insolvenzreife sei frühestens gegeben gewesen, als das für den Beklagten völlig überraschende Urteil des Landgerichts Passau vom 3.2.2015 vorgelegen habe.

Sämtliche Zahlungen im Zeitraum 2.10.2012 bis 28.11.2014 hätten der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsführers entsprochen. Ein verfrühter Insolvenzantrag hätte unweigerlich die Betriebseinstellung zur Folge gehabt.

Hilfsweise erhebt der Beklagte die Einrede der Zug-um-Zug Abtretung aller Anfechtungsansprüche, die der Insolvenzverwalter gegen Dritte erheben könnte. Der Kläger habe offensichtlich keine Maßnahmen ergriffen, um Anfechtungsansprüche gegen Zahlungsempfänger aus der Zeit vor Insolvenzeröffnung geltend zu machen bzw. zu sichern. Der Kläger sei nicht berechtigt gewesen, die Forderung der ... aus dem Rechtsstreit vor dem ..., Az. ..., zur Tabelle anzuerkennen, schon gar nicht ohne vorherige Aufrechnung mit Gegenansprüchen. Das hierzu ergangene Urteil des ... sei falsch. Der Anspruch nach § 130 a Abs. 2 HGB könne nur Zug-um-Zug gegen Abtretung dieser Ansprüche geltend gemacht werden. Die Abtretung umfasse zumindest auch alle Ansprüche gegen die ... und den Rechtsanwalt ... wenn der Beklagte zur Rückzahlung aller Zahlungen unter dem Aspekt der Vorsatzanfechtung verpflichtet wäre. Anfechtungsansprüche gegen die ... würden bestehen, da ab dem 1.10.2012 Zahlungen von der Insolvenzschuldnerin an die ... bezüglich Pacht und sonstiger Zahlungen in Höhe von mindestens 105.414,15 € geleistet worden seien. Selbst wenn diese als kongruente Leistungen gewertet würden, würde das Anfechtungsansprüche nach § 133 InsO nicht automatisch ausschließen. Kenntnis von der Finanzlage der Insolvenzschuldnerin hätte die ... gehabt, was sich schon daraus ergebe, dass sie der Insolvenzschuldnerin bereits im März 2013 mit einem Insolvenzantrag gedroht habe.

Dem Kläger stünden auch keine Anfechtungsansprüche zu, soweit der Beklagte persönlich Zahlungen erhalten habe. Es handelte sich um Zahlungen für die Tätigkeiten seines Einzelunternehmens, der ... Unternehmensberatung, die letzte Zahlung sei am 25.3.2013 erfolgt. Diese Zahlungen seien für Leistungen erfolgt, die der Aufrechterhaltung des Betriebes gedient haben sollen.

Aus der Ankündigung des Beklagten in der e-mail vom 14.3.2013, falls erforderlich eine Einlage zu leisten, könne der Kläger keine Ansprüche herleiten. Diese Nachricht habe sich nicht an die Insolvenzschuldnerin gerichtet, sondern an die Berater der Insolvenzschuldnerin. Die Erklärung stamme von der .... Außerdem sei die Erklärung an Bedingungen geknüpft, die nicht eingetreten seien. Zudem seien etwaige Ansprüche aus dieser Erklärung verjährt.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Klageerwiderung vom 10.10.2016 sowie die Schriftsätze des Beklagten vom 22.5.2017, 16.8.2017, 4.10.2017, 2.11.2017 samt Anlagen verwiesen.

Die Kammer hat den Zeugen ... vernommen. Wegen der Einzelheiten der Aussage wird auf das Protokoll des Termins vom 7.6.2017 verwiesen. Dem Zeugen Rechtsanwalt ... wurde gestattet, sich schriftlich zu den Beweisfragen zu äußern. Wegen der Einzelheiten wird auf seine schriftliche Aussage vom 30.8.2017 verwiesen (Bl. 153/160 d.A.).

Dem Kläger wurde im Termin 15.11.2017 die Möglichkeit gegeben, sich zum Schriftsatz des Beklagten vom 2.11.2017 zu äußern. Wegen der Einzelheiten wird auf den fristgemäß eingegangen Schriftsatz des Klägers vom 5.12.2017 verwiesen. Unter anderem beantragt der Kläger die persönliche Vernehmung von Rechtsanwalt .... Der Beklagte rügt dies als verspätet.

Der Beklagte erhielt auf seinen Antrag hin Gelegenheit, sich zu den Empfängern gemäß der Liste Seite 11 der Klage vom 7.7.2016 Stellung zu nehmen. Insofern wird auf den Schriftsatz des Beklagten vom 6.12.2017 verwiesen

Gründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

I.

1. Der Kläger kann gegen den Beklagten keine Erstattung von Zahlungen ab Oktober 2012 in Höhe von 180.920,97 € gemäß § 130 a Abs. 1 HGB verlangen.

§ 130 a Abs. 1 HGB ist anwendbar über § 161 Abs. 2 HGB. Persönlich haftende Gesellschafterin der Insolvenzschuldnerin war zunächst die ... in ... danach ab 2009 die .... Dass der Beklagte Kommanditist der Insolvenzschuldnerin war, ist unerheblich. Nach § 177 a Satz 1 HGB ist § 130 a HGB auch auf Gesellschaften anwendbar, bei der ein Kommanditist eine natürliche Person ist.

Der Beklagte war unstreitig alleiniger Geschäftsführer der Komplementärin der Insolvenzschuldnerin.

Zahlungen dürfen nach § 130 a Abs. 1 Satz 1 HGB nicht mehr gemacht werden, wenn Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung eingetreten ist. Zahlungsunfähigkeit bzw. Überschuldung im Oktober 2012 bzw. März 2013 hat der Kläger nicht nachweisen können.

a. Zahlungsunfähigkeit Oktober 2012:

Zahlungsunfähigkeit ist das Unvermögen zur Bedienung der fälligen Zahlungspflichten (Bremen in: Graf-Schlicker, InsO, § 17 InsO Rn. 4).

Einen Liquiditätsstatus für Oktober 2012 hat der Kläger nicht vorgelegt.

Zahlungsunfähigkeit liegt aber auch vor bei Zahlungseinstellung (Bremen a.a.O. § 17 InsO Rn. 2).

Allerdings hat der Beklagte - durch den Kläger nicht widerlegt, - vorgebracht, dass er im Oktober 2012 alle fälligen Zahlungen erfüllt hat bis auf die zwischen den Parteien streitige Pachtzinszahlung des umsatzabhängigen Pachtzinses.

Die umsatzabhängige Pachtzinsforderung war nicht durch die außerordentliche Kündigung vom 1.6.2012 entfallen. Ob die außerordentliche Kündigung wirksam erklärt wurde, ist nicht im Räumungsstreit vom ... geklärt worden. Die Parteien haben sich in dem Verfahren ... vor dem ... am 4.7.2013 verglichen. Offen gelassen wurden die Ansprüche auf Zahlung einer Pacht außerhalb der Vorauszahlungen und einer Nutzungsentschädigung.

Nach dem ursprünglichen Pachtvertrag war eine Fixpacht von 62.500 € in monatlichen Raten zu zahlen sowie eine ergebnisabhängige Pacht jährlich bis spätestens 31.3. des Folgejahres. Es bestand die Möglichkeit ¼ jährliche Vorschüsse vorzusehen. Im 1. Nachtrag zum Pachtvertrag wurde für das Jahr 2009 eine ergebnisabhängige Pacht von 36.000 € vereinbart. Für das Jahr 2010 wurde auf die Zahlung der ergebnisabhängigen Pacht verzichtet. Für 2011 wurde die ergebnisabhängige Pacht neu geregelt. Der Pachtzins sollte insofern 8,7 % betragen und vom erzielten Nettoumsatz berechnet werden. Es waren 12.000 € monatliche Vorauszahlungen zu leisten. Die Abrechnung sollte quartalsmäßig erfolgen. Im 3. Nachtrag wurde die Umsatzpacht für den Zeitraum 1.1. bis 31.8.2011 auf 105.167,23 € festgesetzt. Es heißt dann: „Ab dem Zeitraum 01.09.2011 wird die Pachtzahlung für den Zeitraum 01.09.2011 - 31.03.2012 auf 6.000,- Euro monatlich ermäßigt.“ Pächter und Verpächter sollten dann im März 2012 über eine mögliche Pacht-Abschlusszahlung für das Kalenderjahr 2011 verhandeln. Im März sollten dann aussagekräftige Unterlagen und Schätzungen über das voraussichtliche Ergebnis des Jahres 2012 vorgelegt werden, „damit gegebenenfalls auf dieser Basis auch für den Zeitraum ab 01.04.2012 eine Reduzierung der zu entrichtenden Vorauszahlung vereinbart werden kann.“

Die Insolvenzschuldnerin hat unstreitig monatlich 6.000,00 € gezahlt.

Nach dem 1. Nachtrag war die Umsatzpacht in Höhe von 8,7 % quartalsmäßig abzurechnen und zu zahlen jeweils am 30.4, 30.7., 31.10. und 31.1. Quartalsmäßige Abrechnungen hat der Kläger nicht vorgelegt. Der in der Klage genannte monatliche Vorschuss von 9.000,00 € wurde offensichtlich nachträglich errechnet. Zugrundgelegt wurden offensichtlich die Umsätze für 2012 und 2013. Dies war auch Grundlage der Klage vor dem ... in dem Verfahren .... Dort ergibt sich nach Abzug der monatlichen Vorauszahlungen von 6.000,00 € eine Umsatzpacht für das Jahr 2012 in Höhe von 113.430,86 € und für 2013 (Januar bis August) von 65.430,86 €. Die gesamte geforderte Umsatzpacht betrug damit 176.752,23 €. Geteilt durch 20 Monate ergibt dies monatlich 8.837,61 €. Nach dieser Berechnung soll im Oktober (dritte Quartalsabrechnung am 31.10.2012) eine Umsatzpacht von 81.000,00 € fällig gewesen sein.

Zahlungsunfähigkeit kann sich auch ergeben, wenn der Schuldner eine einzige, für ihn aber wesentliche Verbindlichkeit oder erhebliche, aber nicht notwendig wesentliche Teile der Verbindlichkeiten, nicht mehr bezahlt, auch wenn er unter Umständen noch beträchtliche Zahlungen leistet (Bremen a.a.O. § 17 InsO Rn. 2).

Die Umsatzpacht dürfte hier auch schon im Zeitraum Oktober 2012 ernsthaft eingefordert (dazu Bremen a.a.O. § 17 InsO Rn. 8) gewesen sein.

Indiz dafür ist die Kündigung des Pachtvertrags vom 1.6.2012 und der nachfolgende Räumungsstreit (Anlagen K 21 und K 22). Auch der Zeuge ... hat in seiner schriftlichen Aussage vom 30.8.2017 von einer Besprechung im Frühjahr 2012 berichtet, deren Ergebnis war, dass der Klägervertreter mitgeteilt hat, dass die Verpächterin die ursprüngliche Pacht haben wolle und sonst nichts. Hieran hat sich aus den vorgelegten Unterlagen und dem Vorbringen der Parteien nichts geändert, was auch die Übergabe des ... am 31.8.2013 belegt sowie die weitere Zahlungsklage beim ... unter dem Aktenzeichen .... Die Kammer folgt damit nicht der Ansicht des Beklagten, dass die Umsatzpacht erstmals ernsthaft eingefordert wurde mit der Klageerweiterung im Verfahren vor dem ... au, Az. ..., am 22.5.2014.

Die Fälligkeit einer Forderung impliziert aber auch deren Durchsetzbarkeit also ihre Freiheit von Einreden und Einwendungen (Bremen a.a.O. § 17 InsO Rn. 7).

Der Beklagte hat Einwendungen gegen die geforderten Pachtzahlungen erhoben. Er beruft sich auf den Wortlaut des 3. Nachtrages (siehe z.B. Anlage B 8, wo sich der Beklagte auf einen „Mindestpachtzins“ beruft sowie darauf, dass ab 1.4.2013 neu verhandelt werden sollte auf Grundlage der aktuellen Ergebnisse, auch Insolvenzantrag vom 11.3.2013, Anlage K 12). Danach soll die „Pachtzahlung“ auf 6.000,00 € monatlich ermäßigt worden sein. Der Beklagte beruft sich auf seinen rechtsanwaltlichen Berater .... Dieser hat in seiner schriftlichen Aussage vom 30.8.2017 angegeben, dass die Pachtzahlung für den Zeitraum 1.9.2011 bis 31.3.2012 auf 6.000,00 € monatlich ermäßigt wurde und er den 3. Nachtrag nur so verstanden hat, dass Verpächter und Pächter bildlich gesprochen auf der gleichen Seite des Tisches Sitzen und die Höhe des ab 1.4.2012 geschuldeten Pachtzinses sich nach den tatsächlichen wirtschaftlichen Gegebenheiten richten soll.

Unerheblich ist, dass das ... in seinem Urteil vom 29.1.2015 im Verfahren ... eine andere rechtliche Beurteilung vertreten hat und davon ausgegangen ist, dass „Pachtzahlungen“ im 3. Nachtrag die monatlichen Vorauszahlungen betrifft, nicht aber eine Reduzierung der Umsatzpacht auf 6.000,00 €. Für die Beurteilung der Insolvenzreife kommt es auf den Zeitpunkt Oktober 2012 an. Zu diesem Zeitpunkt war die Höhe der tatsächlichen Pachtzahlungen streitig. Damit war die vom Kläger behauptete fällige Umsatzpacht zum 31.10.2012 in Höhe von 81.000,00 € nicht fällig im Sinne der Insolvenzreife.

b. Zahlungsunfähigkeit März 2013:

Auch für diesen Zeitpunkt hat der Kläger einen Liquiditätsstatus nicht vorgelegt.

Der Beklagte hatte aber am 11.3.2013 einen Insolvenzantrag gestellt (Anlage K 12). Dies könnte ein Indiz für die fehlende Zahlungsfähigkeit sein. Im Insolvenzantrag wird die schwierige Lage des Resort beschrieben. Es wird auf die Reduzierung des Pachtzinses hingewiesen sowie auf die Neuverhandlung ab 1.4.2013. Eine Einigung mit der Verpächterin sei zwischenzeitlich hinfällig, weil wegen Überschuldung und drohender Zahlungsunfähigkeit eine Fortführung des Hotelbetriebs auch bei einem monatlichen Pachtzins von 6.000,00 € ausscheide. Die erwarteten Buchungen für Ostern und Pfingsten seien weitgehend ausgeblieben, so dass eine Betriebsfortführung bis zu den wenigen ertragsstärkeren Sommermonaten nicht mehr möglich sei. Die ... komme zwar derzeit noch ihren täglichen Zahlungspflichten nach, befürchte aber aufgrund der völlig unzureichenden Buchungen für Ostern und Pfingsten Lieferanten in Kürze nicht mehr bedienen zu können.

Der Beklagte hat aber schon am 13.3.2013 seinen Insolvenzantrag wieder zurückgenommen (Anlage K 13).

Der Beklagte hat angegeben, dass der vorläufig bestellte Insolvenzverwalter mit Blick auf die wirtschaftliche Entwicklung zum August 2013 zur Antragsrücknahme geraten habe. Er habe Stundungsanträge bei den größten Lieferanten gestellt. Wenn erforderlich hätte er auch eine Einlage erbracht, um den Geschäftsbetrieb in den Sommer hinein zu ermöglichen (Anlage zum Protokoll des Termins vom 7.6.2017, Bl. 121 d.A.). Letzteres sei nicht mehr erforderlich gewesen.

Soweit der Beklagte angibt, Lieferantenschulden gestundet bekommen zu haben, ist darauf zu verweisen, dass zivilrechtlich wirksame Stundungen die Fälligkeit hinausschieben. Sie können ausdrücklich vereinbart werden und unterliegen keinem Formzwang. Stillhalteabkommen oder Vollstreckungsverzichte, die die Fälligkeit zwar unberührt lassen, aber die Verfolgung verbindlich ausschließen, lassen das ernsthafte Einfordern entfallen und haben daher die Wirkung einer Stundung (Bremen a.a.O. § 17 InsO Rn. 9).

Der Kläger hat die Angaben des Beklagten nicht widerlegt. Allein die Tatsache, dass Gläubiger Teilzahlungen akzeptiert haben, weil die Schuldnerin nicht in der Lage war, die betreffenden Verbindlichkeiten termingerecht vollständig zu bedienen, reicht für das Vorliegen einer Zahlungsunfähigkeit nicht aus. Insofern entfällt eine Tatbestandsvoraussetzung der Zahlungsunfähigkeit, nämlich das ernsthafte Einfordern des gesamten Anspruchs, gegebenenfalls durch Ratenzahlungen oder Stundung. Das gilt auch, soweit in der Klage auf Seite 11 neben der jeweiligen Rechnung vermerkt ist Teilzahlung bzw., 1. und 2. Teilzahlung, 1. Teilzahlung Zahlungsvergleich. Der für Teilzahlungen von dem Kläger benannte Zeuge ... von den ... musste daher nicht einvernommen und eine schriftliche Auskunft der ... hierzu nicht erholt werden.

Soweit laut der e-mail des Klägers vom 14.3.2013 (übergeben vom Zeugen ... im Termin am 7.6.2017, Anlage Bl. 121 d.A.) vom vorläufigen Insolvenzverwalter bei der Erörterung der Rücknahme des Insolvenzantrages auch strafrechtliche Konsequenzen für den Beklagten als Geschäftsführer angesprochen wurden, führt das - entgegen der Annahmen des Klägers im Schriftsatz vom 25.7.2017 - nicht zwingend zu der Feststellung, dass der Beklagte nur wegen der Befürchtung, persönlich in die Haftung genommen und strafrechtlich verfolgt zu werden, den Insolvenzantrag zurückgenommen hat. Laut der e-mail des Klägers vom 14.3.2013 war der vorläufige Insolvenzverwalter offensichtlich der Ansicht, dass weder Zahlungsunfähigkeit noch Überschuldung vorlag und Zahlungsunfähigkeit erst noch einmal überprüft werden sollte (z.B. im Aug. 13). Danach kann nicht davon ausgegangen werden, dass statt sachlicher Überlegungen nur die Abwendung strafrechtlicher Konsequenzen Gegenstand der Überlegungen zur Antragsrücknahme war.

Die nicht gezahlten Umsatzpachtzinsen wären im März 2013 von 81.000 € auf 108.000 € gestiegen. Die weitere Quartalszahlung wäre am 31.1.2013 fällig geworden. Die nächste Quartalszahlung würde auf 30.4.2013 datieren und könnte im März 2013 noch nicht berücksichtigt werden. Allerdings gelten hierzu die Ausführungen wie unter I.1.a.

c. Überschuldung Oktober 2012:

Maßgeblich für die Prüfung der Überschuldung ist § 19 Abs. 2 Satz 1 InsO in der Fassung des Finanzmarktstabilisierungsgesetzes vom 17.10.2008. Die Fassung sollte gelten bis 1.1.2011. Die Anwendungszeit dieser Fassung wurde jedoch durch das Gesetz zur Erleichterung der Sanierung von Unternehmen vom 24.9.2009 verlängert bis 31.12.2013 (Pape in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, 1 Aufl. 2016, 66. Lieferung 11.2015, § 19 InsO Rn. 11, 13, 13 a). Überschuldung liegt danach vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich.

Eine rechnerische Überschuldung in Form eines Überschuldungsstatus (Baumbach/Hopt, Roth HGB § 130 a Rn. 3; BGH Urteil vom 27.4.2009, Az. II ZR 253/07, zitiert nach iuris Tz. 9) wurde für den Oktober 2012 nicht vorgelegt.

Für Oktober 2012 liegt auch keine - in den Ansätzen ggf. zu korrigierende (BGH Urteil vom 27.4.2009, Az. II ZR 253/07, zitiert nach juris Tz. 9) - Handelsbilanz vor.

Der Kläger bezieht sich für seine Behauptung einer Überschuldung auf sein Gutachten im Insolvenzverfahren ... vom 24.8.2015 (Anlage K 14). Als Aktiva wurden lediglich 1.070,36 € (Konto bei der ... mit aktuellem Stand) berücksichtigt. Einlagenforderungen und Anfechtungsansprüche wurden mit Erinnerungswert mit jeweils 1,00 € angesetzt. Verbindlichkeiten wurden angegeben mit 186.378,73 € (...) und 4.687,00 € (...).

Nach Ansicht der Kammer kann das Gutachten des Klägers vom 24.8.2015 nicht zur Ermittlung der Überschuldung herangezogen werden. Das ergibt sich schon daraus, dass zu diesem Zeitpunkt das ... von der Insolvenzschuldnerin zurückgegeben worden war. Wie bereits ausgeführt erfolgte die Rückgabe am 31.8.2013. Im März 2013 hatte die Insolvenzschuldnerin das ... unstreitig noch betrieben. Der Kläger sieht das zwar auch in seiner Klage. Er kann diesen Umstand aber nicht damit relativieren, dass er angibt, dass den Forderungen aus dem laufenden Geschäftsbetrieb an Gäste und Tourismus-Veranstalter jeweils kurzfristige Verbindlichkeiten gegenüber den anderen ... und sonstige Lieferungen und Leistungen gegenübergestanden hätten und der noch offenen Umsatzpacht keine entsprechenden Vermögensgegenstände gegenübergestanden hätten. Dies wäre gerade in einem Überschuldungsstatus darzustellen. Gegen eine einfache Anwendung des Gutachtens vom 24.8.2015 spricht auch der vom Beklagten mit Schriftsatz vom 16.8.2017 vorgelegte Jahresabschluss vom 1.1.2012 bis 31.8.2012. Der Kammer ist bewusst, dass Überschuldungstatus und Handelsbilanz strikt zu trennen sind (Baumbach/Hopt/Roth a.a.O. § 130 a Rn. 4). Allerdings widerlegt diese Bilanz die Darstellung des Klägers, dass die Insolvenzschuldnerin im Oktober 2012 bzw. März 2013 praktisch keine nennenswerten Aktiva gehabt haben soll. Das Umlaufvermögen wird dort für 31.8.2012 mit 206.094,37 € angegeben, darunter Vorräte mit 32.271,48, Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände mit 150.297,73 € und Kassenbestand etc. mit 23.525,16 €. Dem stehen Verbindlichkeiten mit 192.087,62 € gegenüber.

Der Einwand des Klägers, dass die Bilanz aufgestellt wurde, um die günstige Auftragslage im Sommer auszunutzen, ist hier irrelevant. Die Berücksichtigung der Bilanz zum 31.8.2012 kann lediglich ausschließen, die einfachen Ansätze von Aktiva und Passiva im Gutachten des Klägers vom 24.8.2015 zu übernehmen. Die Bilanz zum 31.8.2012, die einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag von 17.928,66 € ausweist, belegt ansonsten weder eine Überschuldung noch dass eine Überschuldung im Oktober 2012 nicht gegeben war.

Das gleiche gilt für den vom Kläger mit Schriftsatz vom 25.7.2017 vorgelegten Jahresabschluss zum 31.12.2011 (Anlage K 18). Diese Bilanz weist einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag von 75.635,65 € aus. Dieser Fehlbetrag darf nicht ohne weiteres als Überschuldung interpretiert werden (BGH Urteil vom 27.4.2009, Az. II ZR 253/07, zitiert nach iuris Tz. 9).

Damit kann bereits keine Überschuldung mit dem Argument des Klägers angenommen werden, dass keine nennenswerten Aktiva vorhanden waren und der Beklagte für die Umsatzpacht hätte Rückstellungen bilden müssen.

Die Kammer kommt hier nicht zu der Auffassung, dass hier wegen der streitigen Umsatzpacht hätten Rückstellungen gebildet werden müssen.

Im Unterschied zum Liquiditätsstatus (siehe oben unter I.1.a) sind im Überschuldungsstatus Verbindlichkeiten unabhängig von Fälligkeit und eventuellen Stundungszusagen zu passivieren und zum Erfüllungsbetrag anzusetzen. Ob streitige oder prozessbefangene Verbindlichkeiten zu passivieren sind, ist umstritten (MüKoInsO/Drukarczyk/Schüler, InsO § 19 Rn. 120). Zum einen wird angenommen, dass in der Regel eine Rückstellung zu bilden sein wird, es sei denn der Geschäftsführer darf mit guten Gründen und hoher Wahrscheinlichkeit annehmen, dass der Prozess zu seinen Gunsten ausgeht (MüKoInsO a.a.O. § 19 Rn. 120). Zum anderen wird angenommen, dass eine Rückstellung zu bilden ist, wenn mit einer tatsächlichen Inanspruchnahme zu rechnen ist. Da der Grundsatz der Bilanzvorsicht nicht für die Überschuldungsbilanz gelte, erscheint es nach dieser Ansicht gerechtfertigt, von einer Passivierung abzusehen, wenn ein Prozess eindeutig überwiegende Chancen hat, vom Schuldnerunternehmen gewonnen zu werden (Grundlach in Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch 5. Auflage 2015 § 6 Insolvenzgründe als Verfahrensauslöser, Rn. 66).

Der Beklagte konnte sich zum einen auf den Wortlaut des 3. Nachtrags zum Pachtvertrag stützen:

„Ab dem Zeitraum 01.09.2011 wird die Pachtzahlung für den Zeitraum 01.09.2011 - 31.03.2012 auf 6.000,- Euro monatlich ermäßigt.“

Zum anderen wurde nach der schriftlichen Aussage seines Rechtsanwalts ... (siehe hierzu auch die vom Beklagten vorgelegten Schreiben von Rechtsanwalt ... an den Insolvenzverwalter vom 14.1.2016, Anlage B 18, und Insolvenzantrag durch Rechtsanwalt ... an das ... vom 10.2.2015, Anlage B 19) der Beklagte auch dahingehend rechtlich beraten, dass der Wortlaut gilt und sich der Pachtzins ab dem 1.4.2012 nach den tatsächlichen wirtschaftlichen Gegebenheiten richten sollte, wobei sich Verpächter und Pächter darüber auf gleicher Augenhöhe abzustimmen hätten. Der Zeuge ... hat zwar auch erklärt, dass er dem Beklagten mitgeteilt hat, dass dies seine persönliche Überzeugung ist und seine rechtliche Argumentation zutreffend ist, dass aber nicht weg zu diskutieren sei, dass das Urteil des LG Passau insofern möglicherweise rechtskräftig werden könnte. Letzterer Hinweis bezieht sich offensichtlich auf den Zeitpunkt des Vorliegens des Urteils vom 29.1.2015. Für die Beurteilung der Erfolgsaussichten der Geltendmachung der Pachtzinsforderung bzw. der Rechtsverteidigung der Insolvenzschuldnerin gegen einen solchen Anspruch durch den Beklagten ist aber auf den Zeitpunkt der behaupteten Überschuldung abzustellen, hier Oktober 2012. Die Behauptung des Klägers, dass der Beklagte zu diesem Zeitpunkt wusste, dass zumindest eine ganz erhebliche Möglichkeit besteht, in die Zahlung der Umsatzpacht verurteilt zu werden, lässt sich nicht mit den Angaben des Zeugen ... in Einklang bringen. Auch wenn man davon ausgeht, dass der Beklagte von Rechtsanwalt ... nicht dahingehend beraten wurde, dass überhaupt kein Risiko besteht, den Rechtsstreit zu verlieren, ergibt sich keine andere Beurteilung. Die Tatsache allgemein, dass der Ausgang eines Zivilrechtsstreits nicht sicher vorausgesagt werden kann, zwingt noch nicht, Rückstellungen für die Pachtzinsforderung zu bilden. Jedenfalls konnte der Beklagte nach der Beratung durch Rechtsanwalt ... durchaus davon ausgehen, dass überwiegend die Chance bestand, den Rechtsstreit nicht zu verlieren. Entgegen der Annahme des Klägers kommt ein Absehen von Rückstellungen bei prozessbefangenen Forderungen nicht allein dann in Betracht, wenn es über kein Risiko für die Insolvenzschuldnerin gab, die geforderte Umsatzpacht ab 1.1.2012 zu bezahlen bzw. völlig ausgeschlossen war, dass sie nicht zur Bezahlung der Umsatzpacht verurteilt werden würde.

Von einer persönlichen Ladung des Zeugen ... hat die Kammer abgesehen. Entgegen der Auffassung des Klägers im Schriftsatz vom 5.12.2017, war hier eine schriftliche Befragung (hier auf dem Hintergrund des Gesundheitszustands des Zeugen) sinnvoll. Der Zeuge ist Rechtsanwalt und war damit in Hinsicht auf seine Erkenntnis- und Erklärungsfähigkeit bestens geeignet für eine schriftliche Befragung. Als Rechtsanwalt hat der Zeuge auch forensische Erfahrung und es war damit zu rechnen, dass er eine detaillierte Schilderung zu den Beweisfragen abgeben wird. Dass er den Beklagten und seine Unternehmensgruppen jahrelang juristisch vertreten hat, macht ihn für eine schriftliche Befragung nicht ungeeignet. Als Rechtsanwalt ist er sich besonders bewusst über die Abgabe wahrer und vollständiger Angaben. Als Rechtsanwalt ist er insofern auch besonders vertrauenswürdig (Zöller ZPO 32. Aufl. 2018 § 377 ZPO Rn. 8).

Auch der interne Belegprüfungsbericht der ... spricht nicht für eine andere Beurteilung der Frage der Rückstellungspflicht. Der Bericht datiert vom 27.3.2013. Auf Seite 5 erörtert der Bericht eine Differenz der Pachtaufwendungen laut Resort und Pachtertrag laut ... in Höhe von 54.346,50 € und kommt zu dem Ergebnis, dass es sich um die rückständige Pacht auf Grund der nicht genehmigten Pachtreduzierung vom 1.4.2012 bis 31.12.2012 handele und dass eine Erfassung der Verbindlichkeit im ... hätte erfolgen müssen. Auftraggeber des internen Belegprüfungsberichts war die ..., damit der Verpächter des .... Offensichtlich hat der Berichterstatter die rechtliche Auffassung des Verpächters über die „nicht genehmigte Pachtreduzierung“ übernommen. Die Kammer hat aber zu berücksichtigen, dass Verpächter und Pächter zum damaligen Zeitpunkt unterschiedliche Auffassungen über den Wortlaut des 3. Nachtrages zum Pachtvertrag hatten und diesen rechtlich unterschiedlich auslegten. Es kommt darauf an, ob die Einschätzung des Beklagten, dass seine Auffassung sich durchsetzen werde, berechtigt war. Wie ausgeführt, konnte der Beklagte davon nach der Beratung durch Rechtsanwalt ... ausgehen.

Soweit der Kläger vorträgt, dass der erkennende Richter in dem Verfahren vor dem ... Az. ..., in der mündlichen Verhandlung zu keinem Zeitpunkt Zweifel daran gelassen habe, dass die Schuldnerin verurteilt würde, hat der Beklagte - durch den Kläger nicht bestritten, den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung mit 16.12.2014 angegeben. Wie dargelegt, kommt es für die Einschätzung des Klägers Rückstellungen nicht zu bilden hier auf die Zeiträume Oktober 2012 und März 2013 an. Insofern musste auch der vom Kläger als Zeuge angebotene Vorsitzende Richter des ... nicht angehört werden.

Auch dass im Oktober 2012 bzw. März 2013 Verhandlungen über die Pacht geführt wurden, spricht nicht dafür, dass zwingend Rückstellungen zu bilden waren. Rechtsanwalt ... hat - wie bereits dargestellt - in seiner schriftlichen Vernehmung angegeben, dass die Vereinbarung im 3. Nachtrag zum Pachtvertrag nach seiner rechtlichen Beurteilung nur so zu verstehen war, dass sich der nach 1.4.2012 geschuldete Pachtzins nach den tatsächlichen wirtschaftlichen Gegebenheiten richten sollte. Neuverhandlungen haben unter diesem Gesichtspunkt nicht zwingend eine Indizwirkung für eine Pflicht zur Bildung von Rückstellungen.

Nachdem bereits eine rechnerische Überschuldung nicht dargelegt war, kann dahingestellt bleiben, ob eine positive Fortführungsprognose vorgelegen hat.

Der Kläger hat zwar im Termin 7.6.2017 den Antrag gestellt, ein Sachverständigengutachten einzuholen zum Beweis dafür, dass bei der Schuldnerin bereits im Oktober 2012 sowohl Überschuldung als auch Zahlungsunfähigkeit vorgelegen habe. Diesem Beweisantrag war nicht nachzukommen, da er auf Ausforschung der zu beweisenden Tatsachen gerichtet ist.

d. Überschuldung März 2013.

Eine Überschuldung zum Zeitpunkt März 2013 hat der Kläger nach Ansicht der Kammer nicht nachgewiesen.

Es gelten die Gründe wie zur behaupteten Überschuldung Oktober 2012.

2. Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Erstattung eines Betrages von 180.920,97 € als Schadensersatz nach § 130 a Abs. 2 HGB.

Wird entgegen § 15 a Abs. 1 InsO die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht oder nicht rechtzeitig beantragt oder werden entgegen § 130 a Abs. 1 HGB Zahlungen geleistet, so sind nach § 130 a Abs. 2 Satz 1 HGB die organschaftlichen Vertreter der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter und die Liquidatoren der Gesellschaft gegenüber zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

Wie unter Ziffer I.1 ausgeführt, wurden hier keine Zahlungen entgegen § 130 a Abs. 1 HGB geleistet.

Für einen Insolvenzantrag nach § 15 a Abs. 1 InsO war hier für die Insolvenzschuldnerin der Beklagte zuständig (§ 15 a Abs. 1 Satz 2 InsO).

Voraussetzung für den Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens ist, dass die Gesellschaft entweder zahlungsunfähig oder überschuldet ist (§ 15 a Abs. 1 Satz 1 InsO).

Wie bereits unter Ziffer I.1 ausgeführt, war die Schuldnerin im Oktober 2012 bzw. März 2013 weder zahlungsunfähig noch überschuldet.

Das Urteil des ... im Verfahren ... im Streit über die Verpflichtung zur Umsatzpachtzahlung stammt vom 29.1.2015. Das Urteil war der Insolvenzschuldnerin am 3.2.2015 zugestellt worden (Anlage B 19). Insolvenzantrag wurde daraufhin für die Schuldnerin mit Schriftsatz von ... vom 10.2.2015 gestellt. Insofern ist ein verspäteter Insolvenzantrag nach § 15 a Abs. 1 InsO nicht ersichtlich.

Tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass unabhängig von Oktober 2012 bzw. März 2013 zu einem früheren Zeitpunkt als vor der Insolvenzantragstellung vom 10.2.2015 Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung eingetreten ist, liegen nicht vor.

3. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung von 180.920,97 € aufgrund eines Einlagenversprechens.

Der Kläger stützt diesen Anspruch auf eine vom Zeugen ... im Termin am 7.6.2017 vorgelegte e-mail des Beklagten vom 14.3.2013, worin es heißt, dass der Eröffnungsantrag zurückgenommen wurde, Stundungsanträge bei den größten Lieferanten gestellt wurden, so dass man dadurch aus der Zahlungsunfähigkeit komme und wenn erforderlich werden „wir“ eine Einlage machen um den Geschäftsbetrieb in den Sommer hinein zu ermöglichen.

Es kann dahingestellt bleiben, ob ein solches Einlagenversprechen rechtlich als Vereinbarung eines Ausgleichs der nicht durch das Gesellschaftsvermögen abgedeckten Verbindlichkeiten durch eine Einlage ausgelegt werden kann (Schriftsatz des Klägers vom 26.9.2017, Seite 2).

Der Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass diese e-mail an den Steuerberater ... aus gerichtet ist. Laut dieser e-mail ist die Zahlungsunfähigkeit beseitigt. Aus der e-mail geht hervor, dass lediglich für den Fall, dass es bis Sommer erforderlich wird eine Einlage zu machen, eine Einlage gemacht werden könnte, wobei unklar ist, wer mit „wir“ gemeint ist. Die möglicherweise erforderlich werdende Einlage wird hier lediglich angekündigt, falls dies in der Zukunft erforderlich wird. Ein rechtlich wirksames Einlagenversprechen, das einen Anspruch begründet (§ 194 Abs. 1: Das Recht, von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen) liegt nicht vor.

4. Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung von 30.001,50 € wegen Insolvenzanfechtung gemäß § 133 InsO.

Nach § 133 Abs. 1 InsO können Rechtshandlungen in den letzten 10 Jahren vor Stellung des Insolvenzantrags oder nach diesem Antrag angefochten werden, wenn die Rechtshandlung mit dem Vorsatz vorgenommen wurde, seine Gläubiger zu benachteiligen, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

Der Kläger bezieht sich hier auf die Zahlungen an die ... vom 5.10.2012 in Höhe von 7.794,50 €, vom 8.11.2012 in Höhe von 7.794,50 €, vom 4.1.2013 in Höhe von 2.023,00 €, vom 10.1.2013 in Höhe von 7.794,50 €, vom 4.2.2013 in Höhe von 2.000,00 €, vom 15.2.2013 in Höhe von 2.000,00 € und vom 25.3.2013 in Höhe von 595,00 €.

Zumindest bei den Zahlungen im Februar und März 2013 besteht die Vermutung, dass der Beklagte bezüglich der Insolvenzschuldnerin Anhaltspunkte für drohende Zahlungsunfähigkeit hatte. Im Insolvenzantrag vom 11.3.2013 heißt es nämlich, dass die Insolvenzschuldnerin zwar derzeit noch ihren täglichen Zahlungspflichten nachkomme, aber befürchte, aufgrund der völlig unzureichenden Buchungen für Ostern und Pfingsten Lieferanten in Kürze nicht mehr bedienen zu können.

Sowohl die Schuldnerin als auch die ... wußten darum. Der Beklagte war Geschäftsführer der Komplementärin der Insolvenzschuldnerin und Inhaber der ....

Vorliegend kann aber nicht von dem Vorsatz einer Gläubigerbenachteiligung ausgegangen werden. Wie bereits ausgeführt, lagen zum Oktober 2012 bzw. März 2013 weder Zahlungsunfähigkeit noch Überschuldung vor. Unter diesen Umständen kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Beklagte mit den Zahlungen an die ... in dem Vorsatz handelte, dass andere Gläubiger damit ganz oder zum Teil ihre Forderungen nicht mehr erfüllt bekommen. Soweit ersichtlich wurden Stunden von Lieferantenforderungen erreicht. Außer der Umsatzpachtforderung liegen keine Anhaltspunkte vor, dass zu diesen Zeitpunkten Oktober 2012 bzw. März 2013 andere Gläubiger keine Zahlungen erhielten. Die Umsatzpachtforderung der Verpächterin kann hier nicht als Indiz für einen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz genommen werden, weil diese Forderung - wie oben ausgeführt - zwischen der Insolvenzschuldnerin und der Verpächterin strittig war.

II.

1. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO.

2. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat seine Rechtsgrundlage in § 708 Nr. 11, 711, 709 Satz 2 ZPO.

Der Beklagten kann wegen der Kosten vorläufig vollstrecken.

Die zu vollstreckenden Kosten dürften 1.500,00 € (§ 708 Nr. 11 ZPO) übersteigen.

3. Der Streitwert wurde gem. § 3 ZPO nach dem eingeklagten Betrag festgesetzt.

Die Verzugszinsen wurden hier neben der Hauptsache eingeklagt, so dass sie den Streitwert gem. § 4 Abs. 1 ZPO nicht erhöhen.

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Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Zivilprozessordnung - ZPO | § 3 Wertfestsetzung nach freiem Ermessen


Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

Insolvenzordnung - InsO | § 133 Vorsätzliche Benachteiligung


(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Tei

Insolvenzordnung - InsO | § 17 Zahlungsunfähigkeit


(1) Allgemeiner Eröffnungsgrund ist die Zahlungsunfähigkeit. (2) Der Schuldner ist zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner sei

Handelsgesetzbuch - HGB | § 161


(1) Eine Gesellschaft, deren Zweck auf den Betrieb eines Handelsgewerbes unter gemeinschaftlicher Firma gerichtet ist, ist eine Kommanditgesellschaft, wenn bei einem oder bei einigen von den Gesellschaftern die Haftung gegenüber den Gesellschaftsgläu

Zivilprozessordnung - ZPO | § 4 Wertberechnung; Nebenforderungen


(1) Für die Wertberechnung ist der Zeitpunkt der Einreichung der Klage, in der Rechtsmittelinstanz der Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels, bei der Verurteilung der Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht,

Insolvenzordnung - InsO | § 19 Überschuldung


(1) Bei einer juristischen Person ist auch die Überschuldung Eröffnungsgrund. (2) Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens in den n

Handelsgesetzbuch - HGB | § 130


(1) Wer in eine bestehende Gesellschaft eintritt, haftet gleich den anderen Gesellschaftern nach Maßgabe der §§ 128 und 129 für die vor seinem Eintritte begründeten Verbindlichkeiten der Gesellschaft, ohne Unterschied, ob die Firma eine Änderung erle

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Bundesgerichtshof Urteil, 27. Apr. 2009 - II ZR 253/07

bei uns veröffentlicht am 27.04.2009

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 253/07 Verkündet am: 27. April 2009 Vondrasek Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ : nein BGHR

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(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

(1) Eine Gesellschaft, deren Zweck auf den Betrieb eines Handelsgewerbes unter gemeinschaftlicher Firma gerichtet ist, ist eine Kommanditgesellschaft, wenn bei einem oder bei einigen von den Gesellschaftern die Haftung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern auf den Betrag einer bestimmten Vermögenseinlage beschränkt ist (Kommanditisten), während bei dem anderen Teil der Gesellschafter eine Beschränkung der Haftung nicht stattfindet (persönlich haftende Gesellschafter).

(2) Soweit nicht in diesem Abschnitt ein anderes vorgeschrieben ist, finden auf die Kommanditgesellschaft die für die offene Handelsgesellschaft geltenden Vorschriften Anwendung.

(1) Allgemeiner Eröffnungsgrund ist die Zahlungsunfähigkeit.

(2) Der Schuldner ist zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat.

(1) Bei einer juristischen Person ist auch die Überschuldung Eröffnungsgrund.

(2) Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens in den nächsten zwölf Monaten ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich. Forderungen auf Rückgewähr von Gesellschafterdarlehen oder aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen, für die gemäß § 39 Abs. 2 zwischen Gläubiger und Schuldner der Nachrang im Insolvenzverfahren hinter den in § 39 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 bezeichneten Forderungen vereinbart worden ist, sind nicht bei den Verbindlichkeiten nach Satz 1 zu berücksichtigen.

(3) Ist bei einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person, so gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend. Dies gilt nicht, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern eine andere Gesellschaft gehört, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist.

(1) Wer in eine bestehende Gesellschaft eintritt, haftet gleich den anderen Gesellschaftern nach Maßgabe der §§ 128 und 129 für die vor seinem Eintritte begründeten Verbindlichkeiten der Gesellschaft, ohne Unterschied, ob die Firma eine Änderung erleidet oder nicht.

(2) Eine entgegenstehende Vereinbarung ist Dritten gegenüber unwirksam.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 253/07 Verkündet am:
27. April 2009
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
GmbHG § 64 Abs. 1 (i. d. bis zum 31.10.2008 geltenden Fassung); BGB § 252

a) Beruft sich der für den objektiven Tatbestand der Insolvenzverschleppung
darlegungs- und beweispflichtige Gläubiger für die behauptete insolvenzrechtliche
Überschuldung der Gesellschaft auf eine Handelsbilanz, die einen
nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag ausweist, und trägt er
außerdem vor, ob und in welchem Umfang stille Reserven oder sonstige
aus der Handelsbilanz nicht ersichtliche Vermögenswerte vorhanden sind,
ist es Sache des beklagten Geschäftsführers, im Rahmen seiner sekundären
Darlegungslast im Einzelnen vorzutragen, welche stillen Reserven oder
sonstige für eine Überschuldungsbilanz maßgeblichen Werte in der Handelsbilanz
nicht abgebildet sind.

b) Der auf Ersatz des negativen Interesses gerichtete Schadensersatzanspruch
eines Neugläubigers wegen Insolvenzverschleppung umfasst den in
einem Kaufpreis enthaltenen Gewinnanteil grundsätzlich nicht. Ein Anspruch
auf Ersatz entgangenen Gewinns kann dem Neugläubiger jedoch
dann zustehen, wenn ihm wegen des Vertragsschlusses mit der insolventen
Gesellschaft ein Gewinn entgangen ist, den er ohne diesen anderweitig hätte
erzielen können.

c) Rechtsverfolgungskosten, die einem Neugläubiger durch die Geltendmachung
seiner Ansprüche gegen die insolvente Gesellschaft entstanden sind,
stellen einen nach dem Schutzzweck der Norm des § 64 Abs. 1 GmbHG
a.F. erstattungsfähigen Insolvenzverschleppungsschaden dar.
BGH, Urt. v. 27. April 2009 - II ZR 253/07 - OLG Rostock
LG Schwerin
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche
Verhandlung vom 27. April 2009 durch die Richter Dr. Kurzwelly, Dr. Strohn,
Caliebe, Dr. Reichart und Dr. Drescher

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Rostock vom 9. November 2007 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als in Höhe von 16.217,25 € nebst Zinsen zu seinem Nachteil erkannt worden ist.
Die weitergehende Revision wird mit der Maßgabe zurückgewiesen , dass der Beklagte zur Zahlung von 1.553,60 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Abtretung der entsprechenden Insolvenzforderung der Klägerin gegen die B. GmbH verurteilt ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Beklagte war alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der B. B. GmbH (im Folgenden: Schuldnerin), über deren Vermögen auf Antrag des Beklagten vom 8. April 2004 am 1. Juli 2004 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Die Schuldnerin stand in ständiger Geschäftsbeziehung zu der Klägerin, die einen Baustoffhandel betreibt. In der Zeit vom 30. September 2003 bis zum 12. Januar 2004 bestellte die Schuldnerin bei der Klägerin Baumaterialien, die ihr von der Klägerin geliefert und in Rechnung gestellt wurden. Den Kaufpreis in Höhe von insgesamt 18.468,15 € beglich die Schuldnerin nicht. Die Klägerin erwirkte gegen die Schuldnerin über diesen Betrag am 26. Mai 2004 ein Versäumnisurteil , wodurch ihr Kosten in Höhe von 1.553,60 € entstanden.
2
Die Klägerin verlangt von dem Beklagten Zahlung des offenen Kaufpreises und der ihr entstandenen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von insgesamt 20.021,75 € nebst Zinsen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat ihr - unter Abweisung der auf den Rechnungsbetrag entfallenden Umsatzsteuer - in Höhe von 17.770,85 € nebst Zinsen stattgegeben. Hiergegen wendet sich der Beklagte mit der von dem Berufungsgericht zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe:


3
Die Revision des Beklagten hat teilweise Erfolg.
4
Sie führt in Höhe von 16.217,25 € nebst Zinsen zur Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Im Übrigen (Rechtsverfolgungskosten von 1.553,60 € nebst Zinsen) ist die Revision mit der Maßgabe unbegründet, dass die Verurteilung des Beklagten Zug um Zug gegen Abtretung der entsprechenden Insolvenzforderung der Klägerin gegen die B. GmbH auszusprechen war.
5
I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt :
6
Der Beklagte schulde der Klägerin nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 64 Abs. 1 GmbHG a.F. wegen Insolvenzverschleppung Schadensersatz in Höhe des von der Schuldnerin nicht bezahlten Kaufpreises, jedoch ohne Mehrwertsteuer , und der ihr entstandenen Prozesskosten. Der Beklagte habe es entgegen seiner Verpflichtung aus § 64 Abs. 1 GmbHG unterlassen, ohne schuldhaftes Zögern Insolvenzantrag zu stellen. Hierzu sei er spätestens bis Ende April 2003 verpflichtet gewesen. Die Schuldnerin sei - wie die Klägerin vorgetragen habe - zum 31. Dezember 2001 ebenso wie zum 31. Dezember 2002, zum 31. Dezember 2003 und zum 31. Januar 2004 bilanziell überschuldet gewesen. Der Beklagte sei seiner Darlegungslast dafür, dass trotz bilanzieller Überschuldung eine insolvenzrechtliche Überschuldung gemäß § 19 Abs. 2 Satz 2 InsO nicht vorgelegen habe, nicht nachgekommen. Da der Beklagte auch schuldhaft gehandelt habe, sei er der Klägerin zum Ersatz des Vertrauensschadens verpflichtet, der ihr dadurch entstanden sei, dass sie infolge der unterbliebenen Insolvenzantragstellung und in Unkenntnis der - zum Zeitpunkt der Bestellungen fortbestehenden - Insolvenz der Schuldnerin mit den Warenlieferungen in Vorleistung getreten sei. Im Rahmen von Verträgen entspreche das negative Interesse dem nicht durchsetzbaren Zahlungsanspruch für die erbrachte Leistung und umfasse auch den entgangenen Gewinn. Ebenso habe der Beklagte die Rechtsverfolgungskosten zu ersetzen, weil es sich um einen Folgeschaden handele, der unter den Schutzzweck der Insolvenzverschleppungshaftung falle.
7
II. Diese Beurteilung hält, soweit der Beklagte das Berufungsurteil wegen der Verurteilung zur Zahlung von 16.217,25 € nebst Zinsen angefochten hat, revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
8
1. Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht allerdings im Ergebnis ohne Rechtsfehler festgestellt, dass die Schuldnerin jedenfalls seit April 2003 und auch noch zum Zeitpunkt der Bestellungen bei der Klägerin überschuldet und damit insolvenzreif war und - da auch die sonstigen Voraussetzungen einer Insolvenzverschleppungshaftung vorliegen - der Beklagte dem Grunde nach der Klägerin zum Ersatz ihres Neugläubigerschadens verpflichtet ist.
9
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats trägt der Gläubiger die Darlegungs- und Beweislast für den objektiven Tatbestand einer haftungsbegründenden Insolvenzverschleppung und damit auch für die Überschuldung der Gesellschaft (BGHZ 126, 181, 200; 164, 50, 57; 171, 46 Tz. 16; Urt. v. 12. März 2007 - II ZR 315/05, ZIP 2007, 1060 Tz. 12). Für die Feststellung, dass die Gesellschaft insolvenzrechtlich überschuldet ist, bedarf es nach der Rechtsprechung des Senats grundsätzlich der Aufstellung einer Überschuldungsbilanz , in der die Vermögenswerte der Gesellschaft mit ihren aktuellen Verkehrs- oder Liquidationswerten auszuweisen sind. Hingegen kommt einer Handelsbilanz für die Frage, ob die Gesellschaft überschuldet ist, lediglich indizielle Bedeutung zu. Legt der Anspruchsteller für seine Behauptung, die Gesellschaft sei überschuldet gewesen, nur eine Handelsbilanz vor, aus der sich ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag ergibt, hat er jedenfalls die Ansätze dieser Bilanz daraufhin zu überprüfen und zu erläutern, ob und ggf. in welchem Umfang stille Reserven oder sonstige aus ihr nicht ersichtliche Vermögenswerte vorhanden sind (BGHZ 146, 264, 267 f.; Sen.Urt. v. 7. März 2005 - II ZR 138/03, ZIP 2005, 807; v. 16. März 2009 - II ZR 280/07 Tz. 10 z.V.b.). Ist der Anspruchsteller diesen Anforderungen nachgekommen, ist es Sache des beklagten Geschäftsführers, im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast im Einzelnen vorzutragen, welche stillen Reserven oder sonstigen für eine Überschuldungsbilanz maßgeblichen Werte in der Handelsbilanz nicht abgebildet sind (Sen.Urt. v. 16. März 2009 aaO).
10
b) Nach diesen Maßstäben hat das Berufungsgericht im Ergebnis mit Recht angenommen, dass die Schuldnerin schon geraume Zeit vor den hier zu beurteilenden Materialbestellungen im Sinn von § 19 Abs. 2 InsO - in der bis zum Inkrafttreten des Finanzmarktstabilisierungsgesetzes vom 17. Oktober 2008 (BGBl. I S. 1982) geltenden Fassung - überschuldet war. Die Klägerin hat die Überschuldung der Schuldnerin ausreichend dargelegt. Nach den - von der Revision nicht angegriffenen - Feststellungen des Berufungsgerichts war in den Handelsbilanzen der Schuldnerin zum 31. Dezember 2001 und zum 31. Dezember 2002 ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag von 109.000,00 € bzw. von rund 274.000,00 € ausgewiesen, der sich nach dem Jahresabschluss zum 31. Dezember 2003 auf 321.000,00 € und - unter Zugrundelegung der zum 31. Januar 2004 fortgeschriebenen BWA - auf 351.000,00 € erhöhte und sich - nach dem Bericht des Insolvenzverwalters an das Insolvenzgericht vom September 2004 - bis März 2004 weiter vergrößerte. Die Klägerin hat sich für ihren Vortrag, dass die Schuldnerin zum Zeitpunkt ihrer Bestellungen bei der Klägerin insolvenzreif war, auf den Beratungsbericht der N. GmbH vom März 2003 und auf den Bericht des Insolvenzverwalters bezogen. Aus diesen Unterlagen geht zweifelsfrei hervor, dass die Schuldnerin weder im März 2003 noch bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens über wesentliche stille Reserven oder sonstige in der Handelbilanz nicht ausgewiesene Vermögenswerte verfügte. Die inhaltliche Richtigkeit der Berichte der N. GmbH oder des Insolvenzverwalters zweifelt die Revision nicht an. Sie zeigt auch nicht auf, dass der Beklagte konkreten Vortrag zum Vorhandensein stiller Reserven oder sonstiger nicht bilanzierter Vermögenswerte der Schuldnerin gehalten hätte.
11
c) Anders als die Revision meint, ist das Berufungsgericht ebenso zu Recht davon ausgegangen, dass im Haftungsprozess wegen Insolvenzverschleppung der Geschäftsführer, der sich abweichend vom gesetzlichen Regelfall des § 19 Abs. 2 InsO in der bis zum 17. Oktober 2008 geltenden Fassung, der eine Überschuldungsprüfung nach Liquidationswerten vorsieht, darauf beruft , die Prüfung der Überschuldung sei nach Fortführungswerten vorzunehmen, die Umstände darzulegen und notfalls auch zu beweisen hat, aus denen sich eine günstige Prognose für den fraglichen Zeitraum ergibt (Sen.Beschl. v. 9. Oktober 2006 - II ZR 303/05, ZIP 2006, 2171 Tz. 3, zu § 64 Abs. 2 GmbHG a.F.). Solches hat der Beklagte nach den Feststellungen des Berufungsgerichts indessen nicht vorgetragen.
12
Im Übrigen kommt es auf die Frage, ob eine positive Fortführungsprognose für die Schuldnerin bestand, die für sich allein nach § 19 Abs. 2 InsO in der hier maßgeblichen Fassung einer Insolvenzreife der Gesellschaft nicht entgegen stünde, sondern lediglich für die Bewertung ihres Vermögens nach Liquidations - oder Fortführungswerten von Bedeutung sein könnte (BGHZ 171, 46 Tz. 19), nicht entscheidungserheblich an, weil das Berufungsgericht die Überschuldung unter Zugrundelegung der Handelsbilanzen festgestellt hat und diese von Fortführungswerten ausgehen (§ 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB).
13
2. Nicht frei von Rechtsfehlern sind jedoch die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Schadenshöhe.
14
Durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet insoweit die Annahme des Berufungsgerichts, der auf Ersatz des negativen Interesses gerichtete Anspruch des Neugläubigers wegen Insolvenzverschleppung umfasse regelmäßig auch den entgangenen Gewinn.
15
a) Wie das Berufungsgericht noch zutreffend erkennt, hat der Neugläubiger , der in Unkenntnis der Insolvenzreife einer Gesellschaft noch in Rechtsbeziehung zu ihr getreten ist, Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens, der ihm dadurch entstanden ist, dass er einer solchen Gesellschaft, z.B. durch eine Vorleistung, Kredit gewährt hat, ohne einen werthaltigen Gegenanspruch zu erlangen (BGHZ 126, 181, 192; 164, 50, 60). Er ist deshalb vom Geschäftsführer so zu stellen, wie wenn er mit der insolvenzreifen Gesellschaft keinen Vertrag geschlossen hätte. Der danach zu ersetzende Schaden besteht nicht in dem wegen Insolvenz der Schuldnerin "entwerteten" Erfüllungsanspruch und umfasst deshalb den in dem Kaufpreis der gelieferten Waren enthaltenen Gewinnanteil grundsätzlich nicht. Auszugleichen ist vielmehr in der Regel lediglich das negative Interesse, z.B. in Form von Aufwendungen für Waren- und Lohnkosten , die der Neugläubiger wegen des Vertragsschlusses mit der Schuldnerin erbracht hat (Sen.Urt. v. 12. März 2007 - II ZR 315/05, ZIP 2007, 1060 Tz. 23; v. 8. März 1999 - II ZR 159/98, ZIP 1999, 967).
16
b) Ein Anspruch auf Ersatz entgangenen Gewinns (§ 252 BGB) kann einem Neugläubiger allerdings dann zustehen, wenn ihm wegen des Vertragsschlusses mit der insolventen Gesellschaft ein Gewinn entgangen ist, den er ohne diesen anderweitig hätte erzielen können (vgl. BGHZ 171, 46 Tz. 21; BGH, Urt. v. 22. September 2005 - VII ZR 34/04, NJW 2006, 60, 62 f.; v. 2. März 1988 - VIII ZR 380/86, NJW 1988, 2234, 2236; v. 17. April 1984 - VI ZR 191/82, NJW 1984, 1950 f.). Eine solche Konstellation läge dann vor, wenn der Klägerin wegen der Lieferungen an die insolvenzreife Schuldnerin ein - in gleicher Höhe gewinnbringender - Verkauf derartiger Baustoffe an dritte Interessenten nicht möglich war. Auch wenn dies, da die Klägerin mit Baustoffen handelt, die sie anderweitig bezieht, nicht regelmäßig der Fall sein wird, ist eine solche Konstellation nicht von vornherein ausgeschlossen; insbesondere könnte die Klägerin noch geltend machen, ein - ersatzfähiger - Gewinnentgang liege vor, weil die ihr zur Verfügung stehenden Lieferkapazitäten nicht ausreichend waren, um eine etwa bestehende Nachfrage zu befriedigen. Derartige Voraussetzungen sind vom Berufungsgericht bisher - auf der Grundlage seines fehlerhaften Rechtsstandpunkts allerdings folgerichtig - nicht festgestellt.
17
c) Zu einem diesbezüglichen schlüssigen Vortrag hinsichtlich eines möglichen entgangenen Gewinns ist der Klägerin unter dem Blickwinkel der Gewährung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) ebenso Gelegenheit zu geben wie - insbesondere - zur spezifizierten rechnerischen Darlegung des ihr mindestens entstandenen Vertrauensschadens in Form des für das gelieferte Baumaterial aufgebrachten Wareneinstandspreises.
18
III. Demgegenüber hat das Berufungsgericht - im Ergebnis zu Recht - die der Klägerin durch die gerichtliche Geltendmachung ihrer Zahlungsansprüche gegen die Schuldnerin entstandenen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.553,60 € nebst Zinsen als vom Beklagten im Rahmen der Insolvenzverschleppungshaftung zu erstattenden Neugläubigerschaden angesehen.
19
1. Der Schutzzweck der Norm des § 64 Abs. 1 GmbHG a.F. (§ 15 a Abs. 1 InsO n.F.), potentielle Neugläubiger davor zu bewahren, einer unerkannt insolvenzreifen Gesellschaft noch Kredit zu gewähren oder sonstige Vorleistungen an sie zu erbringen und dadurch einen Schaden zu erleiden (BGHZ 164, 50, 60; 171, 46 Tz. 13; Beschl. v. 20. Oktober 2008 - II ZR 211/07, ZIP 2009, 366 Tz. 3), umfasst auch den Ersatz solcher Kosten, die dem Neugläubiger wegen der Verfolgung seiner Zahlungsansprüche gegen die insolvenzreife Gesellschaft entstanden sind (vgl. OLG Celle, NZG 1999, 1160; OLG Jena, ZIP 2002, 631, 632; Schulze-Osterloh in Baumbach/Hueck, GmbHG 18. Aufl. § 64 Rdn. 96).
20
2. Insoweit war das Berufungsurteil allerdings einschränkend dahingehend zu ergänzen, dass die Verurteilung des Beklagten Zug um Zug gegen Abtretung der entsprechenden Insolvenzforderung der Klägerin gegen die Schuldnerin auszusprechen war.
21
Nach der Rechtsprechung des Senats (BGHZ 171, 46 Tz. 20) ist zwar der Anspruch des Neugläubigers nicht um die - erst nach Abschluss des Insolvenzverfahrens feststehende - Insolvenzquote zu kürzen. Um dem schadensersatzrechtlichen Bereicherungsverbot Rechnung zu tragen, ist jedoch dem in voller Höhe ersatzpflichtigen Geschäftsführer entsprechend § 255 BGB - Zug um Zug gegen Zahlung des geschuldeten Schadensersatzes - ein Anspruch auf Abtretung der Insolvenzforderung des Neugläubigers gegen die Schuldnerin zuzubilligen (BGHZ 171 aaO).
22
IV. Wegen des dem Berufungsgericht im Zusammenhang mit der Verurteilung des Beklagten zum Schadensersatz in Höhe des Kaufpreises von 16.217,25 € im Hinblick auf die Ermittlung des negativen Interesses unterlaufenen Rechtsfehlers (siehe oben II. 2.) unterliegt das angefochtene Urteil der Aufhebung (§ 562 ZPO). Mangels Endentscheidungsreife ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO), damit es - nach ergänzendem Vortrag der Parteien - die noch fehlenden Feststellungen zum Umfang des der Klägerin vom Beklagten zu erstattenden Vertrauensschadens (siehe oben II 2 b, c) treffen kann.
23
Im Rahmen des danach zuzuerkennenden Schadensersatzes - bei dessen Ermittlung ggf. von § 287 ZPO Gebrauch gemacht werden kann - wird das Berufungsgericht erneut die Grundsätze des schadensersatzrechtlichen Bereicherungsverbots analog § 255 BGB zu beachten haben (siehe oben III 2).

Kurzwelly Strohn Caliebe
Reichart Drescher
Vorinstanzen:
LG Schwerin, Entscheidung vom 23.06.2006 - 4 O 240/06 -
OLG Rostock, Entscheidung vom 09.11.2007 - 8 U 65/06 -

(1) Bei einer juristischen Person ist auch die Überschuldung Eröffnungsgrund.

(2) Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens in den nächsten zwölf Monaten ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich. Forderungen auf Rückgewähr von Gesellschafterdarlehen oder aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen, für die gemäß § 39 Abs. 2 zwischen Gläubiger und Schuldner der Nachrang im Insolvenzverfahren hinter den in § 39 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 bezeichneten Forderungen vereinbart worden ist, sind nicht bei den Verbindlichkeiten nach Satz 1 zu berücksichtigen.

(3) Ist bei einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person, so gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend. Dies gilt nicht, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern eine andere Gesellschaft gehört, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

(1) Für die Wertberechnung ist der Zeitpunkt der Einreichung der Klage, in der Rechtsmittelinstanz der Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels, bei der Verurteilung der Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, entscheidend; Früchte, Nutzungen, Zinsen und Kosten bleiben unberücksichtigt, wenn sie als Nebenforderungen geltend gemacht werden.

(2) Bei Ansprüchen aus Wechseln im Sinne des Wechselgesetzes sind Zinsen, Kosten und Provision, die außer der Wechselsumme gefordert werden, als Nebenforderungen anzusehen.