Landgericht Stuttgart Beschluss, 14. März 2018 - 5 S 6/18
Tenor
1. Die Kammer beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Waiblingen vom 14.12.2017, Az. 7 C 1039/17, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil sie einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.
Gründe
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Urteil einreichenLandgericht Stuttgart Beschluss, 14. März 2018 - 5 S 6/18 zitiert oder wird zitiert von 8 Urteil(en).
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:
- 1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.
(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.
(1) Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546) beruht oder nach § 529 zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.
(2) Die Berufung kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat.
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.
(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.
(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.
(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt Ersatz restlichen Sachschadens aus einem Verkehrsunfall , für dessen Folgen die Beklagte zu 1 als Unfallgegnerin und die Beklagte zu 2 als Haftpflichtversicherer in vollem Umfang einzustehen haben. Die Klägerin hat das von ihr bei dem Unfall am 18. Mai 2000 geführte Fahrzeug, einen Porsche 968 Cabrio - Erstzulassung 30. Juli 1993 -, erstmals am 6. April 2000 auf sich zugelassen. Nach dem Unfall ließ sie den Pkw in die Fachwerkstatt "Porsche-Zentrum" W. verbringen. Der Sachverständige B. besichtigte dort das Fahrzeug und schätzte die Reparaturkosten auf 30.683,30 DM brutto. Dabei legte er einen Lohnfaktor entsprechend den Stun-denverrechnungssätzen des „Porsche-Zentrums“ W. zugrunde. Die Klägerin ließ das Fahrzeug nicht reparieren. Sie veräußerte es am 29. Mai 2000 zum Preis von 10.200 DM. Ihren Schaden rechnet sie auf der Grundlage des Sachverständigengutachtens mit 30.683,30 DM ab. Die Beklagte zahlte darauf lediglich 25.425,60 DM. Sie legt ihrer Schadensberechnung einen niedrigeren Lohnfaktor als der Sachverständige auf der Basis mittlerer ortsüblicher Stundenverrechnungssätze zugrunde, die von der DEKRA unter Einbeziehung aller repräsentativen Marken- und freien Fachwerkstätten in der Region ermittelt werden. Die Klägerin ist der Ansicht, ihr stehe Ersatz der im „Porsche-Zentrum“ W. anfallenden Lohnkosten zu. Sie verlangt Zahlung des Differenzbetrages von 5.257,70 DM (2.688,22 Das Amtsgericht hat nach Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens zur Höhe des Wiederbeschaffungswertes des Fahrzeuges die Klage in vollem Umfang zugesprochen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht das Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Es hat die Revision im Hinblick auf die unterschiedliche Beurteilung der Erstattungsfähigkeit der Reparaturkosten im Falle einer fiktiven Abrechnung in Rechtsprechung und Literatur zur Fortbildung des Rechts zugelassen. Die Klägerin verfolgt weiterhin mit der Revision ihren Klageanspruch.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht meint, Voraussetzung für die Zubilligung fiktiver Reparaturkosten sei, daß sie "in strengem Sinne wirtschaftlich erscheinen". DieKlägerin habe weder bestritten, daß mit dem von der Beklagten zu 2 regulierten Betrag eine ordnungsgemäße Reparatur des Fahrzeuges außerhalb einer Porsche -Vertragswerkstatt möglich gewesen sei noch habe sie dargelegt, daß bei einer anderweitigen Reparatur des Wagens ein höherer Minderwert verbleibe als bei einer Reparatur in einer Porsche-Vertragswerkstatt. Sie habe zum "Vorleben" des Wagens in wartungstechnischer Hinsicht nicht näher vorgetragen, obwohl dieser zum Unfallzeitpunkt bereits annähernd 7 Jahre alt gewesen sei. Die Klägerin müsse sich deshalb auf den wirtschaftlich günstigeren Weg einer Reparatur in einer anderen Fachwerkstatt - die keinesfalls unbedingt eine sogenannte freie Werkstatt sein müsse - verweisen lassen. Dies gelte umso mehr, als der Geschädigte, der sein Fahrzeug unrepariert unter Verzicht auf eine Wiederherstellung in einer gebundenen Markenwerkstatt veräußere, mit diesem Verhalten im Regelfall seine Erwartung zum Ausdruck bringe, daß sich die Reparatur in einer Vertragswerkstatt eben per Saldo doch nicht lohne, weil der Markt letztlich eine so teure Instandsetzung nicht entsprechend honoriere. Dabei sei nicht zu verkennen, daß eine Veräußerung ohne Reparatur auch andere Gründe, namentlich fehlende finanzielle Mittel, haben könne. Solche seien im Streitfall jedoch nicht ersichtlich.
II.
Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand. 1. Zwar hält das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung und der überwiegenden Rechtsmeinung grundsätzlich einen Anspruch des Geschädigten auf Ersatz der in einer markengebundenen Vertragswerkstatt anfallenden Reparaturkosten unabhängig davon für gegeben, ob der Geschädigte den Wagen tatsächlich voll, minderwertig oderüberhaupt nicht reparieren läßt (ständige Rechtsprechung des erkennenden Senats, vgl. Senatsurteile, BGHZ 66, 239, 241; vom 6. November 1973 - VI ZR 163/72 - VersR 1974, 331; vom 22. November 1977 - VI ZR 119/76 - VersR 1978, 235; vom 5. März 1985 - VI ZR 204/83 - VersR 1985, 593; vom 20. Juni 1989 - VI ZR 334/88 - VersR 1989, 1056; vom 17. März 1992 - VI ZR 226/91 - VersR 1992, 710 und vom heutigen Tag, dem 29. April 2003 - VI ZR 393/02 -; vgl. hierzu auch Steffen, NZV 1991, 1, 2; ders. NJW 1995, 2057, 2062; ders. DAR 1997, 297). Deshalb bejaht es zutreffend dem Grunde nach einen Anspruch der Klägerin auf Ersatz der objektiv erforderlichen Reparaturkosten nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB (§ 249 Satz 2 BGB a.F.), obwohl das Fahrzeug nicht repariert worden ist. Denn nach dem aufgrund des Wirtschaftlichkeitsgebotes in § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB bei der Abrechnung fiktiver Reparaturkosten durchzuführenden Kostenvergleich zwischen Reparaturaufwand und dem Aufwand für die Ersatzbeschaffung (vgl. Senatsurteile vom 5. März 1985 - VI ZR 204/83 - aaO und BGHZ 115, 364, 373) sind die von der Klägerin geltend gemachten Reparaturkosten noch wirtschaftlich. Zwar liegt der Wiederbeschaffungsaufwand von 30.600 DM bei Abzug des von den Beklagten behaupteten Restwertes von 14.400 DM von dem auf der Grundlage des Gutachtens des gerichtlichen Sachverständigen L. angenommenen Wiederbeschaffungswert des Unfallfahrzeuges von 45.000 DM um 83,30 DM unter dem Reparaturaufwand. Unter Berücksichtigung dessen, daß die Klägerin für das Fahrzeug aber tatsächlich nur 10.200 DM als Kaufpreis erhalten hat und deshalb ein wesentlich niedrigerer Restwert als der von den Beklagten behauptete im Raume steht, ist jedoch das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit dem Erstrichter auf Grund des bei der Bestimmung der Schadenshöhe dem Tatrichter nach § 287 ZPO eingeräumten Ermessens zu Recht davon ausgegangen, daß die Abrechnung der Klägerin grundsätzlich noch dem Wirtschaftlichkeitsgebot nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB entspricht.
2. Hiervon geht auch das Berufungsgericht zutreffend aus. Im Hinblick auf eine Begrenzung der Schadenshöhe läßt es aber außer Betracht, daß Ziel des Schadensersatzes die Totalreparation ist und der Geschädigte nach schadensrechtlichen Grundsätzen sowohl in der Wahl der Mittel zur Schadensbehebung als auch in der Verwendung des vom Schädiger zu leistenden Schadensersatzes frei ist (vgl. Senatsurteile vom 20. Juni 1989 - VI ZR 334/88 - VersR 1989, 1056 f. sowie vom heutigen Tag - VI ZR 393/02 - m.w.N.). Das gilt im Grundsatz auch für fiktive Reparaturkosten.
a) Zwar ist der Geschädigte unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann (vgl. Senatsurteile BGHZ 115, 364, 368 f.; 115, 375, 378; 132, 373, 376). Doch genügt im allgemeinen , daß er den Schaden auf der Grundlage eines von ihm eingeholten Sachverständigengutachtens berechnet, sofern das Gutachten hinreichend ausführlich ist und das Bemühen erkennen läßt, dem konkreten Schadensfall vom Standpunkt eines wirtschaftlich denkenden Betrachters gerecht zu werden (vgl. Senatsurteile vom 20. Juni 1972 - VI ZR 61/71 - VersR 1972, 1024, 1025; vom 20. Juni 1989 - VI ZR 334/88 - VersR 1989, 1056; vom 21. Januar 1992 - VI ZR 142/91 - VersR 1992, 457, 458; zum Prognoserisiko allgemein s. Senatsurteile BGHZ 63, 182, 185 f; 115, 364, 370). Bei dem Bemühen um eine wirtschaftlich vernünftige Objektivierung des Restitutionsbedarfs im Rahmen von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB darf nicht das Grundanliegen dieser Vorschrift aus den Augen verloren werden, daß dem Geschädigten bei voller Haftung des Schädigers ein möglichst vollständiger Schadensausgleich zukommen soll (vgl. Senatsurteil BGHZ 132, 373, 376; Steffen, NZV 1991, 1, 3; ders. NJW 1995, 2057, 2062). Deshalb ist bei der Prüfung, ob sich der Aufwand zur Schadensbeseitigung in vernünftigen Grenzen hält, eine subjektbezogene Schadensbe-
trachtung anzustellen, d.h. Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten , insbesondere auf seine individuellen Erkenntnis- und Einflußmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu nehmen (vgl. Senatsurteile, BGHZ 115, 364, 369; 115, 375, 378; 132, 373, 376 f.).
b) Mit diesen Grundsätzen sind die Erwägungen des Berufungsgerichts nicht zu vereinbaren. aa) Zwar kann dem Berufungsgericht vom Ansatz her in der Auffassung beigetreten werden, daß der Geschädigte, der mühelos eine ohne weiteres zugängliche günstigere und gleichwertige Reparaturmöglichkeit hat, sich auf diese verweisen lassen muß. Doch hat das Berufungsgericht die tatsächlichen Voraussetzungen hierfür nicht festgestellt. Nach den tatsächlichen Feststellungen im Berufungsurteil haben die Beklagten weder bestritten, daß die vom Sachverständigen angesetzten Stundenverrechnungssätze bei einer Reparatur in einer Porsche-Vertragswerkstatt tatsächlich anfielen noch haben sie gravierende Mängel des Sachverständigengutachtens gerügt. Unter diesen Umständen muß sich die Klägerin auf die abstrakte Möglichkeit der technisch ordnungsgemäßen Reparatur in irgendeiner kostengünstigeren Fremdwerkstatt auch unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht nicht verweisen lassen. Grundlage der Berechnung der im konkreten Schadensfall erforderlichen Reparaturkosten kann nicht der abstrakte Mittelwert der Stundenverrechnungssätze aller repräsentativen Marken- und freien Fachwerkstätten einer Region sein, wenn der Geschädigte fiktive Reparaturkosten abrechnet. Dieser vom Berufungsgericht in Übereinstimmung mit einigen Instanzgerichten vertretenen Auffassung (OLG Hamm, DAR 1996, 400; LG Berlin, Schaden-Praxis 2002,
390; AG Gießen, ZfSch 1998, 51; AG Wetzlar, Schaden-Praxis 2002, 391) kann nicht gefolgt werden. Gegen sie spricht zum einen, daß der Schädiger zur vollständigen Behebung des Schadens unabhängig von den wirtschaftlichen Dispositionen des Geschädigten verpflichtet ist, zum anderen würde bei anderer Sicht die dem Geschädigten in § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB eröffnete Möglichkeit der Schadensbehebung in eigener Regie eingeschränkt werden. Zudem würde die Realisierung einer Reparatur zu den von den Beklagten vorgetragenen Preisen die Entfaltung erheblicher eigener Initiative durch den Geschädigten erfordern, wozu dieser nicht verpflichtet ist (vergleichbar insoweit zur Abrechnung von Mietwagenkosten die Senatsurteile BGHZ 132, 373, 378 und zur Bestimmung des Restwertes bei Inzahlunggabe des Fahrzeugs BGHZ 143, 189, 194). In der Regel wäre erforderlich, Erkundigungen hinsichtlich der Werkstatterfahrung für die Reparatur der entsprechenden Fahrzeugmarke einzuziehen und entsprechende Preisangebote einzuholen. Im Streitfall darf deshalb die Klägerin der Schadensberechnung die Stundenverrechnungssätze des „Porsche-Zentrums“ W. als der markengebundenen Fachwerkstatt in ihrer Umgebung zugrundelegen, auch wenn deren Stundenverrechnungssätze über den von der DEKRA ermittelten Lohnsätzen der Region liegen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, daß der von der DEKRA errechnete Mittelwert als statistisch ermittelte Rechengröße den zur Wiederherstellung erforderlichen Betrag erkennbar nicht repräsentiert. bb) Die Kürzung der Stundenverrechnungssätze läßt sich auch nicht mit der weiteren Begründung des Berufungsgerichts rechtfertigen, die Klägerin habe nicht dargelegt, daß ihr bei einer Reparatur außerhalb einer PorscheVertragswerkstatt ein (höherer) Minderwert verbleibe als bei einer Reparatur in einer solchen Werkstatt. Die Klägerin ist weder aufgrund der Tatsache, daß das Fahrzeug bereits sieben Jahre alt war, zu besonderen Darlegungen in dieser
Hinsicht verpflichtet, noch ist sie gehalten, zum „Vorleben“ des PKW in wartungstechnischer Hinsicht vorzutragen. Entspricht der vom Geschädigten gewählte Weg zur Schadensbehebung dem Wirtschaftlichkeitsgebot nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB, so begründet allein das Alter des Fahrzeugs keine weitere Darlegungslast des Geschädigten, wenn der erforderliche Reparaturaufwand durch ein Sachverständigengutachten nachgewiesen ist. Für die vergleichbare Problematik bei der Bewertung des Restwertes eines Fahrzeuges in der Schadensabrechnung hat der erkennende Senat im Urteil vom 30. November 1999 (BGHZ 143, 189, 194 m.w.N.) darauf hingewiesen, daß der Schädiger für die tatsächlichen Voraussetzungen einer Ausnahme, die es rechtfertigt, die erforderlichen Kosten zur Schadensbehebung abweichend vom Sachverständigengutachten festzusetzen, beweispflichtig ist. Rechnet dementsprechend der Geschädigte die Kosten der Instandsetzung als Schaden ab und weist er die Erforderlichkeit der Mittel durch die Reparaturkostenrechnung oder durch ein ordnungsgemäßes Gutachten eines Sachverständigen nach, hat der Schädiger die konkreten Tatsachen darzulegen und zu beweisen, aus denen sich die Unwirtschaftlichkeit der Abrechnung und damit ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht ergibt. cc) Mit Recht rügt die Revision, daß das Berufungsgericht die von der Klägerin geltend gemachten Kosten zur Schadensbehebung für nicht erforderlich erachtet, weil die Klägerin das Fahrzeug unrepariert weiterveräußert hat. Auch damit greift das Berufungsgericht in die nach schadensrechtlichen Grundsätzen bestehende Dispositionsfreiheit der Klägerin hinsichtlich der Verwendung des Schadensersatzes ein. Das konkrete Verhalten des Geschädigten beeinflußt die Schadenshöhe nicht, solange die Schadensberechnung das Gebot der Wirtschaftlichkeit und das Verbot der Bereicherung beachtet. In diesem Rahmen ist der Geschädigte grundsätzlich hinsichtlich der Verwendung des zum Schadensausgleich erhaltenen Geldbetrages frei (vgl. Senatsurteile vom
20. Juni 1989 - VI ZR 334/88 - VersR 1989, 1056 f. m.w.N. und vom heutigen Tag - VI ZR 393/02 -; Weber, VersR 1990, 934, 938 ff.; Steffen, NZV 1991, 1, 2; ders. NJW 1995, 2057, 2059 f.). dd) Deshalb rügt die Revision auch mit Recht, daß das Berufungsgericht dem Sachvortrag der Klägerin, es wäre im Hinblick auf den Umfang der Schäden und die Möglichkeit einer Schadensausweitung unvernünftig gewesen, den Wagen in einer anderen Werkstatt instandsetzen zu lassen, keine Bedeutung beigemessen hat. Nicht tragfähig ist auch die weitere Überlegung des Berufungsgerichts, daß ein Geschädigter mit der Weiterveräußerung des unreparierten Fahrzeugs zum Ausdruck bringe, daß die Reparatur in einer Vertragswerkstatt nicht mehr lohne bzw. vom Markt nicht honoriert werde. Das steht bereits mit den aufgezeigten schadensrechtlichen Grundsätzen nicht in Einklang und ist überdies im Streitfall nicht durch tatsächliche Feststellungen gedeckt.
3. Das Berufungsurteil beruht auf der Verkennung der genannten scha- densrechtlichen Grundsätze. Es war daher aufzuheben. Der Senat entscheidet in der Sache selbst, da alle notwendigen tatsächlichen Feststellungen getroffen sind (§ 563 Abs. 3 ZPO).
Müller Diederichsen Pauge Stöhr Zoll
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger macht gegen den Beklagten restlichen Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall geltend. Dabei wurde das Fahrzeug des Klägers, ein zum Unfallzeitpunkt ca. 9 ½ Jahre alter VW Golf mit einer Laufleistung von über 190.000 km, beschädigt.
- 2
- Die Haftung des Beklagten steht dem Grunde nach außer Streit. Die Parteien streiten nur noch um die Frage, ob sich der Kläger im Rahmen der fiktiven Abrechnung seines Fahrzeugschadens auf niedrigere Stundenverrechnungssätze einer ihm vom Schädiger bzw. von dessen Haftpflichtversicherer benannten "freien Karosseriefachwerkstatt" verweisen lassen muss oder ob er auf der Grundlage des von ihm vorgelegten Sachverständigengutachtens die Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen VW-Fachwerkstatt erstattet verlangen kann.
- 3
- Der Haftpflichtversicherer des Beklagtenfahrzeugs hat die Stundenverrechnungssätze (Arbeitslohn und Lackierkosten) entsprechend den günstigeren Preisen der benannten freien Reparaturwerkstatt um insgesamt 220,54 € gekürzt. Dieser Differenzbetrag nebst Zinsen ist Gegenstand der vorliegenden Klage.
- 4
- Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die zugelassene Berufung des Klägers hat das Landgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und der Klage antragsgemäß stattgegeben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt der Beklagte eine Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
I.
- 5
- Das Berufungsgericht ist der Auffassung, dass ein Geschädigter auch bei fiktiver Abrechnung der Reparaturkosten auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens die Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde legen dürfe und sich nicht auf etwa günstigere Stundenverrechnungssätze einer nicht markengebundenen Fachwerkstatt verweisen lassen müsse. Zwar habe der Bundesgerichtshof in seinem "Porsche-Urteil" vom 29. April 2003 - VI ZR 398/02 - BGHZ 155, 1 ff. ausgeführt, dass der Geschädigte , der eine ihm mühelos und ohne Weiteres zugängliche günstigere und gleichwertige Reparaturmöglichkeit habe, sich auf diese verweisen lassen müsse. Auch könne im Streitfall davon ausgegangen werden, dass die Reparaturarbeiten durch die seitens des Haftpflichtversicherers des Beklagten benannte Werkstatt "rein technisch betrachtet" gleichwertig erbracht werden könnten. Jedoch könne bei der Ermittlung der Reichweite des Begriffs der "Gleichwertigkeit" im Sinne der vorgenannten Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht allein auf die technische Vergleichbarkeit abgestellt werden. Vielmehr müsse der in der Praxis honorierte wertbildende Faktor einer Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt Berücksichtigung finden, um der Dispositionsbefugnis und der dem Geschädigten zustehenden Ersetzungsbefugnis in ausreichender Weise gerecht zu werden.
II.
- 6
- Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
- 7
- 1. Das Berufungsgericht ist zutreffend von dem Senatsurteil BGHZ 155, 1 ff. (sog. Porsche-Urteil) ausgegangen, in welchem der Senat entschieden hat, dass der Geschädigte, der fiktive Reparaturkosten abrechnet, der Schadensberechnung grundsätzlich die Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde legen darf.
- 8
- Ist wegen der Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, kann der Geschädigte vom Schädiger gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB den zur Herstellung erforderlichen Geldbetrag beanspruchen. Was insoweit erforderlich ist, richtet sich danach, wie sich ein verständiger, wirtschaftlich denkender Fahrzeugeigentümer in der Lage des Geschädigten verhalten hätte (vgl. Senatsurteile BGHZ 61, 346, 349 f.; 132, 373, 375 f.; vom 4. Dezember 1984 - VI ZR 225/82 - VersR 1985, 283, 284 f. und vom 15. Februar 2005 - VI ZR 74/04 - VersR 2005, 568). Der Geschädigte leistet im Reparaturfall dem Gebot zur Wirtschaftlichkeit im Allgemeinen Genüge und bewegt sich in den für die Schadensbehebung nach § 249 Abs. 2 Satz1 BGB gezogenen Grenzen, wenn er der Schadensabrechnung die üblichen Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde legt, die ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat (vgl. Senatsurteil BGHZ 155, 1,3). Wählt der Geschädigte den vorbeschriebenen Weg der Schadensberechnung und genügt er damit bereits dem Wirtschaftlichkeitsgebot nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB, so begründen besondere Umstände, wie das Alter des Fahrzeuges oder seine Laufleistung keine weitere Darlegungslast des Geschädigten.
- 9
- 2. In seinem Urteil BGHZ 155, 1 ff. ist der Senat dem dortigen Berufungsgericht vom Ansatz her allerdings auch in der Auffassung beigetreten, dass der Geschädigte, der mühelos eine ohne Weiteres zugängliche günstigere und gleichwertige Reparaturmöglichkeit hat, sich auf diese verweisen lassen muss. Rechnet der Geschädigte - konkret oder fiktiv - die Kosten der Instandsetzung als Schaden ab und weist er die Erforderlichkeit der Mittel durch eine Reparaturkostenrechnung oder durch ein ordnungsgemäßes Gutachten eines Sachverständigen (vgl. BGHZ, aaO S. 4) nach, hat der Schädiger die Tatsachen darzulegen und zu beweisen, aus denen sich ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht im Sinne des § 254 Abs. 2 BGB ergibt.
- 10
- a) Welche konkreten Anforderungen in diesem Zusammenhang an eine "gleichwertige" Reparaturmöglichkeit zu stellen sind, konnte im vorgenannten Senatsurteil offen bleiben, weil der dort vom Berufungsgericht der Schadensab- rechnung zugrunde gelegte abstrakte Mittelwert der Stundenverrechnungssätze aller repräsentativen Marken- und freien Fachwerkstätten einer Region als statistisch ermittelte Rechengröße nicht den zur Wiederherstellung erforderlichen Betrag repräsentierte. Im vorliegenden Fall ist die Frage jedoch von Bedeutung, weil nach dem im Streitstand des Berufungsurteils referierten Vortrag des Beklagten die aufgezeigte, dem Kläger ohne Weiteres zugängliche Karosseriefachwerkstatt in der Lage ist, die Reparatur ebenso wie jede markengebundene Fachwerkstatt durchzuführen. Da das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - die vom Kläger zulässigerweise (vgl. § 138 Abs. 4 ZPO) mit Nichtwissen bestrittene technische Gleichwertigkeit der Reparatur, ohne Feststellungen zu treffen, lediglich unterstellt hat, ist hiervon für die rechtliche Prüfung auszugehen.
- 11
- b) Die Frage, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen es dem Geschädigten im Rahmen seiner Schadensminderungspflicht im Sinne des § 254 Abs. 2 BGB bei der (fiktiven) Schadensabrechnung zumutbar ist, sich auf eine kostengünstigere Reparatur in einer nicht markengebundenen Fachwerkstatt verweisen zu lassen, ist in der Literatur und instanzgerichtlichen Rechtsprechung umstritten (vgl. zum Überblick über den Meinungsstand etwa Figgener NJW 2008, 1349 ff. und NZV 2008, 633 f.; Rütten, SVR 2008, 241 ff.; Balke SVR 2008, 56 ff.; Zschieschack NZV 2008, 326 ff.; Eggert Verkehrsrecht aktuell 2007, 141 ff.; Engel DAR 2007, 695 ff.; Nugel ZfS 2007, 248 ff. und Wenker VersR 2005, 917 ff.).
- 12
- c) Nach Auffassung des erkennenden Senats ist eine differenzierte Betrachtungsweise geboten, die sowohl dem Interesse des Geschädigten an einer Totalreparation als auch dem Interesse des Schädigers an einer Geringhaltung des Schadens angemessen Rechnung trägt.
- 13
- aa) Die Zumutbarkeit für den Geschädigten, sich auf eine kostengünstigere Reparatur in einer nicht markengebundenen Fachwerkstatt verweisen zu lassen, setzt - wovon auch das Berufungsgericht ausgegangen ist und was von der Revision nicht in Zweifel gezogen wird - jedenfalls eine technische Gleichwertigkeit der Reparatur voraus. Will der Schädiger mithin den Geschädigten unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht im Sinne des § 254 Abs. 2 BGB auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne Weiteres zugänglichen "freien Fachwerkstatt" verweisen, muss der Schädiger darlegen und ggf. beweisen, dass eine Reparatur in dieser Werkstatt vom Qualitätsstandard her der Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt entspricht. Dabei sind dem Vergleich die (markt-)üblichen Preise der Werkstätten zugrunde zu legen. Das bedeutet insbesondere, dass sich der Geschädigte im Rahmen seiner Schadensminderungspflicht nicht auf Sonderkonditionen von Vertragswerkstätten des Haftpflichtversicherers des Schädigers verweisen lassen muss. Andernfalls würde die ihm nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB zustehende Ersetzungsbefugnis unterlaufen, die ihm die Möglichkeit der Schadensbehebung in eigener Regie eröffnet (vgl. Senatsurteile BGHZ 143, 189, 194 f.; vom 21. Januar 1992 - VI ZR 142/91 - VersR 1992, 457; vom 6. April 1993 - VI ZR 181/92 - VersR 1993, 769 und vom 12. Juli 2005 - VI ZR 132/04 - VersR 2005, 1448, 1449). Dies entspricht dem gesetzlichen Bild des Schadensersatzes , nach dem der Geschädigte Herr des Restitutionsgeschehens ist und grundsätzlich selbst bestimmen darf, wie er mit der beschädigten Sache verfährt (vgl. Senatsurteile BGHZ 143, 189, 194 f. und vom 12. Juli 2005 - VI ZR 132/04 - aaO).
- 14
- bb) Steht unter Berücksichtigung dieser Grundsätze die Gleichwertigkeit der Reparatur zu einem günstigeren Preis fest, kann es für den Geschädigten gleichwohl unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht unzumutbar sein, eine Reparaturmöglichkeit in dieser Werkstatt in Anspruch zu nehmen.
- 15
- cc) Bei Kraftfahrzeugen, die älter sind als drei Jahre, kann es für den Geschädigten ebenfalls unzumutbar sein, sich im Rahmen der Schadensabrechnung auf eine alternative Reparaturmöglichkeit außerhalb einer markengebundenen Fachwerkstatt verweisen zu lassen. Denn auch bei älteren Fahrzeugen kann - wie vom Berufungsgericht im Ausgangspunkt zutreffend angenommen - die Frage Bedeutung haben, wo das Fahrzeug regelmäßig gewartet, "scheckheftgepflegt" oder ggf. nach einem Unfall repariert worden ist. Dabei besteht - wie entsprechende Hinweise in Verkaufsanzeigen belegen - bei einem großen Teil des Publikums insbesondere wegen fehlender Überprüfungsmöglichkeiten die Einschätzung, dass bei einer (regelmäßigen) Wartung und Reparatur eines Kraftfahrzeugs in einer markengebundenen Fachwerkstatt eine höhere Wahrscheinlichkeit besteht, dass diese ordnungsgemäß und fachgerecht erfolgt ist. Deshalb kann auch dieser Umstand es rechtfertigen, der Schadensabrechnung die Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde zu legen, obwohl der Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherer dem Geschädigten eine ohne Weiteres zugängliche, gleichwertige und günstigere Reparaturmöglichkeit aufzeigt. Dies kann etwa auch dann der Fall sein, wenn der Geschädigte konkret darlegt (zur sekundären Darlegungslast vgl. etwa Senatsurteil BGHZ 163, 19, 26), dass er sein Kraftfahrzeug bisher stets in der markengebundenen Fachwerkstatt hat warten und reparieren lassen oder - im Fall der konkreten Schadensberechnung - sein besonderes Interesse an einer solchen Reparatur durch die Reparaturrechnung belegt. Dabei kann der Tatrichter u.a. nach § 142 ZPO anordnen, dass der Geschädigte oder ein Dritter die in ihrem oder seinem Besitz befindlichen Urkunden und sonstigen Unterlagen, auf die sich der Geschädigte bezogen hat, etwa das "Scheckheft" oder Rechnungen über die Durchführung von Reparatur- und/oder Wartungsarbeiten , vorlegt.
- 16
- 3. Nach diesen Grundsätzen kann das Berufungsurteil nicht Bestand haben. Da der Kläger keine erheblichen Umstände dargetan hat, nach denen ihm eine Reparatur seines 9 ½ Jahre alten Fahrzeugs außerhalb einer markengebundenen Fachwerkstatt auch unter dem Gesichtspunkt seiner Schadensminderungspflicht unzumutbar sein könnte, war der Beklagte nicht daran gehindert, den Kläger auf eine gleichwertige günstigere Reparaturmöglichkeit zu verweisen. Im Streitfall war das Urteil des Berufungsgerichts mithin aufzuheben und an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil das Berufungsgericht zur Frage der Gleichwertigkeit der aufgezeigten alternativen Reparaturmöglichkeit noch keine Feststellungen getroffen hat. Galke Zoll Wellner Stöhr von Pentz
AG Würzburg, Entscheidung vom 10.07.2008 - 16 C 1235/08 -
LG Würzburg, Entscheidung vom 21.01.2009 - 42 S 1799/08 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger macht einen Anspruch auf restlichen Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall vom 12. November 2007 geltend, bei dem sein PKW, ein BMW 520i Touring mit Erstzulassung vom 16. April 1999 und einer Laufleistung von 139.442 km, im Heckbereich beschädigt wurde. Betroffen waren der Stoßfänger , die Heckklappe, das Heckabschlussblech, die Seitenwand unten und die Abgasanlage. Die volle Haftung des beklagten Haftpflichtversicherers des Unfallgegners ist unstreitig.
- 2
- Der Kläger rechnete den Fahrzeugschaden gegenüber der Beklagten fiktiv unter Bezugnahme auf ein von ihm eingeholtes Sachverständigengutachten auf der Grundlage der Stundenverrechnungssätze einer BMW-Vertragswerkstatt in seiner Region mit Netto-Reparaturkosten in Höhe von insgesamt 4.160,41 € ab. In dem Gutachten ist der Wiederbeschaffungswert mit 7.800 € und der Restwert des Fahrzeuges mit 2.800 € angegeben.
- 3
- Die Beklagte zahlte an den Kläger vorgerichtlich auf den Fahrzeugschaden 3.404,68 € mit der Begründung, ihm seien gleichwertige, günstigere Reparaturmöglichkeiten ohne weiteres zugänglich. Sie berief sich dabei auf einen ihrem Regulierungsschreiben beiliegenden Prüfbericht, in welchem drei Reparaturwerkstätten mit Anschrift und Telefonnummer unter Benennung der jeweiligen Reparaturkosten angegeben waren und ausgeführt wurde, dass in diesen Reparaturwerkstätten eine fachgerechte und qualitativ hochwertige Reparatur gewährleistet sei. Die höchsten Reparaturkosten beliefen sich bei der Firma J. in B. auf insgesamt 3.404,68 € (netto), wobei deren Berechnung im Einzelnen aufgeschlüsselt wurde. Die drei von der Beklagten im Prüfbericht angeführten Werkstätten sind Mitglied des Zentralverbandes Karosserie- und Fahrzeugtechnik und zertifizierte Meisterbetriebe für Karosseriebau- und Lackierarbeiten, deren Qualitätsstandard regelmäßig vom TÜV oder von der DEKRA kontrolliert wird. Es werden ausschließlich Original-Ersatzteile verwendet und die Kunden erhalten mindestens drei Jahre Garantie.
- 4
- Nachdem der Kläger den Differenzbetrag von 755,73 € eingeklagt hat, hat die Beklagte im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens eine Forderung in Höhe von 217 € anerkannt. Dies beruhte darauf, dass sie nach einem Hinweis des Amtsgerichts von der Firma J. einen Kostenvoranschlag erstellen ließ, der eine höhere Stundenzahl für die Lackierarbeiten zugrunde legte, so dass sich nunmehr Reparaturkosten in Höhe von 3.621,68 € ergaben. Das Amtsgericht hat die Klage auf Zahlung des verbleibenden Differenzbetrages abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die (zugelassene) Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
- 5
- Nach Auffassung des Berufungsgerichts kann der Kläger im Rahmen seiner fiktiven Schadensabrechnung nur die Kosten beanspruchen, die bei einer Reparatur des Fahrzeuges durch die Firma J. entstanden wären. Zwar könne nach dem sog. Porsche-Urteil des Bundesgerichtshofs (BGHZ 155, 1) der Geschädigte seiner Schadensabrechnung grundsätzlich die in einer markengebundenen Vertragswerkstatt anfallenden Reparaturkosten zugrunde legen, er müsse sich jedoch auf eine mühelos und ohne weiteres zugängliche günstigere und gleichwertige Reparaturmöglichkeit verweisen lassen. Ein wirtschaftlich denkender Geschädigter in der Lage des Klägers hätte eine Reparatur in der Firma J. in diesem Sinne als zweckmäßig und angemessen angesehen. Die Beklagte habe den Kläger nicht lediglich abstrakt auf günstigere Reparaturbetriebe verwiesen, sondern ihm drei Reparaturbetriebe genannt, welche die Arbeiten am Fahrzeug ohne Qualitätseinbuße durchführen könnten. Erst wenn der Geschädigte konkret aufzeige, wegen welcher Nachteile oder Risiken er sich für berechtigt halte, seiner Abrechnung eine kostenintensivere als die ihm aufgezeigte Reparaturmöglichkeit zugrunde zu legen, sei diese andere Reparaturmöglichkeit unter Umständen nicht als gleichwertig anzusehen. Entscheidend sei zunächst die fachliche Wertigkeit der Reparatur. Andere Gesichtspunkte spielten bei dem Kauf eines älteren Fahrzeugs mit hoher Laufleistung nur noch eine untergeordnete Rolle.
II.
- 6
- Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand.
- 7
- 1. Das Berufungsurteil steht im Einklang mit dem Senatsurteil BGHZ 155, 1 ff. (sog. Porsche-Urteil) und dem - nach dem Berufungsurteil ergangenen - Senatsurteil vom 20. Oktober 2009 - VI ZR 53/09 - VersR 2010, 225 (sog. VWUrteil , vorgesehen zur Veröffentlichung in BGHZ).
- 8
- a) Ist wegen der Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, kann der Geschädigte vom Schädiger gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB den zur Herstellung erforderlichen Geldbetrag beanspruchen. Was insoweit erforderlich ist, richtet sich danach, wie sich ein verständiger, wirtschaftlich denkender Fahrzeugeigentümer in der Lage des Geschädigten verhalten hätte (vgl. Senatsurteile BGHZ 61, 346, 349 f.; 132, 373, 376; vom 4. Dezember 1984 - VI ZR 225/82 - VersR 1985, 283, 284 f. und vom 15. Februar 2005 - VI ZR 74/04 - VersR 2005, 568). Der Geschädigte leistet im Reparaturfall dem Gebot zur Wirtschaftlichkeit im Allgemeinen Genüge und bewegt sich in den für die Schadensbehebung nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB gezogenen Grenzen, wenn er der Schadensabrechnung die üblichen Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde legt, die ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat (vgl. Senatsurteil BGHZ 155, 1, 3). Wählt der Geschädigte den vorbeschriebenen Weg der Schadensberechnung und genügt er damit bereits dem Wirtschaftlichkeitsgebot nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB, so begründen besondere Umstände, wie das Alter des Fahrzeuges oder seine Laufleistung keine weitere Darlegungslast des Geschädigten.
- 9
- b) Will der Schädiger bzw. der Haftpflichtversicherer des Schädigers den Geschädigten unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht im Sinne des § 254 Abs. 2 BGB auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne weiteres zugänglichen "freien Fachwerkstatt" verweisen, muss der Schädiger darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass eine Reparatur in dieser Werkstatt vom Qualitätsstandard her der Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt entspricht.
- 10
- Nach den insoweit unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts handelt es sich bei der von der Beklagten aufgezeigten Reparaturmöglichkeit bei der Firma J. um eine im Vergleich zu einer Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt günstigere und gleichwertige Reparaturmöglichkeit. Die Unfallschäden am Fahrzeug des Klägers würden unter Verwendung von Originalersatzteilen in einem zertifizierten Meisterbetrieb für Lackier- und Karosseriearbeiten, der Mitglied des Zentralverbandes Karosserie- und Fahrzeugtechnik ist, instand gesetzt, dessen Qualitätsstandard regelmäßig von unabhängigen Prüforganisationen kontrolliert wird. Den Kunden dieser Fachbetriebe werden drei Jahre Garantie gewährt.
- 11
- 3. Die Revision zeigt keine Gesichtspunkte auf, die es dem Kläger unzumutbar machen könnten, die ihm von der Beklagten aufgezeigte günstigere und gleichwertige Reparaturmöglichkeit wahrzunehmen.
- 12
- a) Soweit die Revision wegen der Entfernung der Firma J. vom Wohnort des Klägers (21 km) Zweifel daran äußert, dass diese Fachwerkstatt dem Kläger ohne weiteres zugänglich sei, hat bereits das Berufungsgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass der Kläger in den Instanzen nicht aufgezeigt hat, dass sich eine markengebundene Fachwerkstatt in einer deutlich geringeren Entfernung zu seinem Wohnort befindet.
- 13
- Weiterhin zeigt die Revision keine konkreten Anhaltspunkte dafür auf, dass es sich bei den Preisen der Firma J. nicht um deren (markt-)übliche Preise (vgl. hierzu Senatsurteil vom 20. Oktober 2009 - VI ZR 53/09 - aaO), sondern um Sonderkonditionen aufgrund vertraglicher Vereinbarungen mit der Beklagten handeln könnte. Die Revisionserwiderung weist insoweit zutreffend darauf hin, dass die Beklagte mit Schriftsatz vom 25. Juli 2008 klargestellt habe, dass die Preise von einem unabhängigen Prüfinstitut ermittelt würden und daher auch jedem anderen frei zugänglich seien. Da sich die (markt-)üblichen Preise eines Fachbetriebes im Allgemeinen ohne weiteres in Erfahrung bringen lassen und der Kläger in diesem Zusammenhang nichts Abweichendes mehr vorgetragen hat, war das Berufungsgericht im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO aus Rechtsgründen nicht mehr gehalten, diesen Gesichtspunkt weiter aufzuklären.
- 14
- c) Soweit die Revision schließlich meint, die Gleichwertigkeit der von der Beklagten aufgezeigten Reparaturmöglichkeit fehle schon deshalb, weil dem Kläger nur von seiner Markenwerkstatt drei Jahre Garantie gewährt würden, auf die er einen Käufer hätte verweisen können, wird übersehen, dass nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts dem Kläger auch bei einer Reparatur durch die Firma J. auf deren Arbeiten eine Garantie von drei Jahren gewährt würde.
- 15
- d) Weitere Umstände, die es dem Kläger gleichwohl unzumutbar machen könnten, sich auf eine technisch gleichwertige Reparaturmöglichkeit außerhalb der markengebundenen Fachwerkstatt verweisen zu lassen (vgl. hierzu Senatsurteil vom 20. Oktober 2009 - VI ZR 53/09 - aaO), zeigt die Revision nicht auf. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts war das Fahrzeug des Klägers zum Zeitpunkt des Unfalls bereits mehr als 8 ½ Jahre alt und hatte eine Laufleistung von 139.442 km. Bei dieser Sachlage spielen Gesichtspunkte wie die Erschwernis einer Inanspruchnahme von Gewährleistungsrechten, einer Herstellergarantie und/oder von Kulanzleistungen regelmäßig keine Rolle mehr.
- 16
- 4. Nach alledem erweist sich die Revision als unbegründet und ist deshalb mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. Galke Zoll Wellner Pauge Stöhr
AG Halle (Saale), Entscheidung vom 15.10.2008 - 97 C 707/08 -
LG Halle, Entscheidung vom 10.03.2009 - 2 S 277/08 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger nimmt die Beklagten auf Ersatz restlichen Sachschadens aus einem Verkehrsunfall vom 3. Juli 2007 in Anspruch, bei dem sein Fahrzeug, ein zum Unfallzeitpunkt mehr als zehn Jahre alter Audi Quattro mit einer Laufleistung von über 190.000 km, beschädigt wurde. Die Haftung des Beklagten zu 1 als Fahrer des anderen unfallbeteiligten Fahrzeugs und der Beklagten zu 2 als Haftpflichtversicherer steht dem Grunde nach außer Streit. Die Parteien streiten nur noch um die Frage, ob sich der Kläger im Rahmen der fiktiven Abrechnung seines Fahrzeugschadens auf niedrigere Stundenverrechnungssätze einer von der Beklagten zu 2 benannten, nicht markengebundenen Reparaturwerkstatt verweisen lassen muss oder ob er auf der Grundlage des von ihm eingeholten Sachverständigengutachtens die Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Vertragswerkstatt erstattet verlangen kann.
- 2
- Die Beklagte zu 2 legte ihrer Schadensberechnung die günstigeren Stundenverrechnungssätze der von ihr benannten Reparaturwerkstatt zugrunde und kürzte deshalb die im Sachverständigengutachten ausgewiesenen Reparaturkosten um insgesamt 669,85 €. Dieser Differenzbetrag nebst Zinsen sowie vorgerichtliche Anwaltskosten sind Gegenstand der vorliegenden Klage.
- 3
- Die Klage hatte in beiden Vorinstanzen keinen Erfolg. Mit der vom Landgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
- 4
- Das Berufungsgericht ist der Auffassung, dass der Kläger seiner fiktiven Schadensabrechnung nicht die Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde legen dürfe. Vielmehr müsse er sich auf die günstigeren Stundenverrechnungssätze der von der Beklagten zu 2 benannten, nicht markengebundenen Reparaturwerkstatt M. verweisen lassen. Bei der von der Beklagten zu 2 insoweit aufgezeigten Reparaturmöglichkeit handle es sich um einen tatsächlich wahrnehmbaren Weg der Beseitigung des aufgetretenen Schadens, der dem Kläger zumutbar sei. Die Firma M. befinde sich in einer Entfernung von nur 5,5 km von seinem Wohnort und liege diesem damit näher als die nächste markengebundene Werkstatt. Eine bei der Firma M. durchgeführte Reparatur sei einer durch eine markengebundene Fachwerkstatt durchgeführten Reparatur auch gleichwertig. Die Firma M. unterhalte eine DEKRA- zertifizierte Werkstatt, die von einem Meister geführt werde. Die Reparaturen würden nach den Empfehlungen und Richtlinien der Hersteller unter Verwendung von Originalersatzteilen durchgeführt. Die Schäden an dem Pkw des Klägers seien nicht so, dass ihre Behebung spezielle Erfahrungen gerade mit Fahrzeugen der Marke Audi erfordere. Die Kammer teile jedenfalls für Fahrzeuge , die ein Alter von mehr als zehn Jahren aufwiesen, nicht die Auffassung, dass der potentielle Käufer auf dem Gebrauchtwagenmarkt mit dem Besuch von Markenwerkstätten eine über den technischen Zustand hinausgehende besondere Werthaltigkeit verbinde und sich die Reparatur eines Schadens durch eine Markenwerkstatt positiv auf die Preisbildung auswirke. Durch die vorgenommene Abrechnungsweise werde der Kläger auch nicht schlechter gestellt, als ein Geschädigter, der sein Fahrzeug reparieren lasse. Denn auch dieser müsse sich auf die zumutbare Möglichkeit einer gleichwertigen Schadensbeseitigung durch eine nicht markengebundene Fachwerkstatt verweisen lassen, wenn ihm diese vor Erteilung des Reparaturauftrags konkret nachgewiesen werde.
II.
- 5
- Diese Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
- 6
- 1. Der erkennende Senat hat in seinen Entscheidungen vom 20. Oktober 2009 (- VI ZR 53/09 - VersR 2010, 225, z.V.b. in BGHZ) und vom 23. Februar 2010 (- VI ZR 91/09 - z.V.b.) grundsätzlich Stellung dazu bezogen, unter welchen Voraussetzungen ein Geschädigter, der den Ersatz fiktiver Reparaturkosten begehrt, gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB die Erstattung der Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt verlangen kann. Da- nach leistet der Geschädigte dem Gebot der Wirtschaftlichkeit im Allgemeinen Genüge und bewegt sich in den für die Schadensbehebung nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB gezogenen Grenzen, wenn er der Schadensabrechnung die üblichen Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde legt, die ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat (Senatsurteil vom 20. Oktober 2009 - VI ZR 53/09 - aaO Rn. 8).
- 7
- Der Schädiger kann den Geschädigten aber unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht gemäß § 254 Abs. 2 BGB auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne Weiteres zugänglichen "freien Fachwerkstatt" verweisen, wenn er darlegt und gegebenenfalls beweist, dass eine Reparatur in dieser Werkstatt vom Qualitätsstandard her der Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt entspricht, und wenn er gegebenenfalls vom Geschädigten aufgezeigte Umstände widerlegt, die diesem eine Reparatur außerhalb der markengebundenen Fachwerkstatt unzumutbar machen würden (Senatsurteile vom 20. Oktober 2009 - VI ZR 53/09 - aaO, Rn. 9; vom 23. Februar 2010 - VI ZR 91/09 - Rn. 9). Unzumutbar ist eine Reparatur in einer "freien Fachwerkstatt" für den Geschädigten im Allgemeinen dann, wenn das beschädigte Fahrzeug im Unfallzeitpunkt nicht älter als drei Jahre war (Senatsurteil vom 20. Oktober 2009 - VI ZR 53/09 - aaO, Rn. 14). Aber auch bei Kraftfahrzeugen , die älter sind als drei Jahre, kann es für den Geschädigten unzumutbar sein, sich auf eine technisch gleichwertige Reparaturmöglichkeit außerhalb der markengebundenen Fachwerkstatt verweisen zu lassen. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn der Geschädigte sein Kraftfahrzeug bisher stets in der markengebundenen Fachwerkstatt hat warten und reparieren lassen (Senatsurteil vom 20. Oktober 2009 - VI ZR 53/09 - aaO, Rn. 15).
- 8
- 2. Mit diesen Grundsätzen steht das Berufungsurteil nicht im Einklang. Zwar entspricht die Reparatur in der von der Beklagten zu 2 benannten, nicht markengebundenen Reparaturwerkstatt M. nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts vom Qualitätsstandard her der Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt. Nach den bisherigen Feststellungen erscheint es aber nicht ausgeschlossen, dass es dem Kläger gleichwohl unzumutbar war, sein Fahrzeug bei der Firma M. reparieren zu lassen. Denn nach der Behauptung des Klägers, die mangels tatsächlicher Feststellungen des Berufungsgerichts revisionsrechtlich zugrunde zu legen war, hatte der Kläger sein Fahrzeug bei der markengebundenen Fachwerkstatt V. gekauft , es dort warten und alle erforderlichen Reparaturen dort durchführen lassen. Das Berufungsurteil war deshalb aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es die insoweit erforderlichen Feststellungen treffen kann. Galke Zoll Diederichsen Pauge von Pentz
AG Schwetzingen, Entscheidung vom 30.05.2008 - 1 C 6/08 -
LG Mannheim, Entscheidung vom 24.10.2008 - 1 S 95/08 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger nimmt die Beklagte zu 1 sowie deren Haftpflichtversicherer, die Beklagte zu 2, auf Ersatz restlichen Sachschadens aus einem Verkehrsunfall vom 4. Mai 2013 in Anspruch, bei dem sein Pkw, ein zum Unfallzeitpunkt rund neuneinhalb Jahre alter Mercedes Kombi 320 T mit einer Laufleistung von rund 123.700 km, hinten rechts an der Heckklappe und am Spoiler durch einen Streifstoß beschädigt wurde. Die Haftung der Beklagten mit einem Anteil von 70 % steht dem Grunde nach außer Streit.
- 2
- Die Parteien streiten nur noch über die Frage, ob sich der Kläger im Rahmen der fiktiven Abrechnung seines Fahrzeugschadens auf die niedrigeren Stundenverrechnungssätze der von der Beklagten zu 2 benannten, nicht markengebundenen Fachwerkstatt S. verweisen lassen muss oder ob er auf der Grundlage des von ihm eingeholten Sachverständigengutachtens die Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt erstattet verlangen kann. Nach dem vom Kläger eingeholten Sachverständigengutachten belaufen sich die erforderlichen Reparaturkosten unter Zugrundelegung der Verrech- nungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt auf 3.546,48 € netto. Die Beklagte zu 2 legt ihrer Schadensberechnung die günstigeren Reparaturkosten der Fachwerkstatt S. in Höhe von 2.872,12 € netto zugrunde; streitgegenständ- lich sind somit noch 472,05 € (70 % des Differenzbetrages). Der Kläger hat den Pkw während seiner seit dem Jahr 2006 andauernden Besitzzeit nur in markengebundenen Fachwerkstätten reparieren lassen.
- 3
- Das Amtsgericht hat seiner Entscheidung die niedrigeren Reparaturkosten der Fachwerkstatt S. zugrunde gelegt und der Klage unter Hinzurechnung geltend gemachter Sachverständigenkosten sowie unter Abzug vorgerichtlich geleisteter Zahlungen in Höhe von 724,36 € stattgegeben. Auf die Berufung des Klägers hat das Landgericht das amtsgerichtliche Urteil dahingehend abgeändert , dass es die Beklagten zur Zahlung weiterer 472,05 € verurteilt hat. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision beantragen die Beklagten die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
I.
- 4
- Das Berufungsgericht hat die höheren Reparaturkosten einer markengebundenen Fachwerkstatt in Ansatz gebracht. Zwar entspreche der Qualitätsstandard der hier erforderlichen Reparatur in der Fachwerkstatt S. demjenigen einer markengebundenen Fachwerkstatt. Die Verweisung des Klägers auf die günstigere Reparaturmöglichkeit in der Fachwerkstatt S. sei für den Kläger aber im konkreten Fall unzumutbar. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung werde die Verweisung "insbesondere" dann als unzumutbar angesehen, wenn der Geschädigte konkret darlege, dass er sein mehr als drei Jahre altes Fahrzeug bisher stets in einer markengebundenen Fachwerkstatt habe warten und reparieren lassen. Damit setze die Annahme der Unzumutbarkeit jedoch nicht zwingend voraus, dass eine lückenlose Wartung gemäß Scheckheft und gelegentliche Wartungsarbeiten ausschließlich in der markengebundenen Fachwerkstatt erfolgt sein müssten. Entscheidend seien die Umstände des Einzelfalls. Da es im vorliegenden Fall um die sach- und fachgerechte Beseitigung eines Unfallschadens gehe, komme es maßgeblich darauf an, wem der Geschädigte in der Vergangenheit sein Fahrzeug für Reparaturarbeiten an die Hand gegeben habe. Darauf, ob er zusätzlich auch die vom Hersteller vorgegebenen Inspektionen bei der markengebundenen Fachwerkstatt habe durchführen lassen, komme es nicht an; dies könne nicht mehr als Indizcharakter für den Rückschluss auf die (subjektive) Unzumutbarkeit der Verweisung haben. Anderenfalls führte schon ein einziger Ölwechsel, ein Radwechsel oder ein Wechsel der Scheibenwischblätter in einer nicht markengebundenen Fachwerkstatt dazu , dass im Schadensfall eine Verweisung auf eine günstigere Referenzwerkstatt möglich wäre. Wenn ein Geschädigter - wie im vorliegenden Fall - durch die Vorlage von Rechnungen plausibel belege, dass er in der Vergangenheit zwar nicht die Inspektionen, dafür aber sämtliche Reparaturarbeiten im eigentlichen Sinne in einer markengebundenen Fachwerkstatt habe durchführen lassen , stelle sich aus seiner für die Schadensberechnung maßgeblichen subjektiven Sicht eine Verweisung auf eine freie Fachwerkstatt als unzumutbar dar.
II.
- 5
- Das angefochtene Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
- 6
- 1. Der erkennende Senat hat in mehreren Entscheidungen Stellung dazu bezogen, unter welchen Voraussetzungen ein Geschädigter, der den Ersatz fiktiver Reparaturkosten begehrt, gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB die Erstattung der Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt verlangen kann.
- 7
- Der Geschädigte darf, sofern die Voraussetzungen für eine fiktive Schadensberechnung vorliegen, dieser grundsätzlich die üblichen Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde legen, die ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats besteht dann in der Regel ein Anspruch des Geschädigten auf Ersatz der in einer markengebundenen Fachwerkstatt anfallenden Reparaturkosten unabhängig davon , ob der Geschädigte das Fahrzeug tatsächlich voll, minderwertig oder überhaupt nicht reparieren lässt. Allerdings kann der Schädiger den Geschädigten unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht gemäß § 254 Abs. 2 BGB auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne Weiteres zugänglichen "freien" Fachwerkstatt verweisen, wenn er darlegt und ggf. beweist, dass eine Reparatur in dieser Werkstatt vom Qualitätsstan- dard her der Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt entspricht, und wenn er gegebenenfalls vom Geschädigten aufgezeigte Umstände widerlegt , die diesem eine Reparatur außerhalb der markengebundenen Fachwerkstatt unzumutbar machen (Senatsurteile vom 28. April 2015 - VI ZR 267/14, VersR 2015, 861 Rn. 9 f.; vom 15. Juli 2014 - VI ZR 313/13, NJW 2014, 3236 Rn. 8; vom 3. Dezember 2013 - VI ZR 24/13, VersR 2014, 214 Rn. 9; vom 14. Mai 2013 - VI ZR 320/12, NJW 2013, 2817 Rn. 8; vom 13. Juli 2010 - VI ZR 259/09, DAR 2010, 577 Rn. 6 f.; vom 22. Juni 2010 - VI ZR 302/08, NJW 2010, 2727 Rn. 6 f.; jeweils mwN).
- 8
- Unzumutbar ist eine Reparatur in einer "freien" Fachwerkstatt für den Geschädigten im Allgemeinen dann, wenn das beschädigte Fahrzeug im Unfallzeitpunkt nicht älter als drei Jahre war. Aber auch bei Fahrzeugen, die älter sind als drei Jahre, kann es für den Geschädigten unzumutbar sein, sich auf eine technisch gleichwertige Reparaturmöglichkeit außerhalb der markengebundenen Fachwerkstatt verweisen zu lassen. Zwar spielen bei diesen Fahrzeugen anders als bei neuen oder neuwertigen Fahrzeugen Gesichtspunkte wie die Erschwernis einer Inanspruchnahme von Gewährleistungsrechten, einer Herstellergarantie oder von Kulanzleistungen regelmäßig keine Rolle mehr. Aber auch bei älteren Fahrzeugen kann die Frage Bedeutung haben, wo das Fahrzeug regelmäßig gewartet, "scheckheftgepflegt" oder ggf. nach einem Unfall repariert worden ist. Es besteht bei einem großen Teil des Publikums die Einschätzung, dass bei einer (regelmäßigen) Wartung und Reparatur eines Fahrzeuges in einer markengebundenen Fachwerkstatt eine höhere Wahrscheinlichkeit besteht, dass diese ordnungsgemäß und fachgerecht erfolgt ist. In diesem Zusammenhang kann es dem Geschädigten unzumutbar sein, sich auf eine günstigere gleichwertige und ohne Weiteres zugängliche Reparaturmöglichkeit in einer freien Fachwerkstatt verweisen zu lassen, wenn er - zum Beispiel unter Vorlage des "Scheckheftes", der Rechnungen oder durch Mittei- lung der Reparatur- bzw. Wartungstermine - konkret darlegt, dass er sein Fahrzeug bisher stets in einer markengebundenen Fachwerkstatt hat warten und reparieren lassen und dies vom Schädiger nicht widerlegt wird (Senatsurteile vom 20. Oktober 2009 - VI ZR 53/09, BGHZ 183, 21 Rn. 14 f.; vom 23. Februar 2010 - VI ZR 91/09, VersR 2010, 923 Rn. 15; vom 22. Juni 2010 - VI ZR 337/09, NJW 2010, 2725 Rn. 10). Wie der Senat in einigen Entscheidungen formuliert hat, kann insbesondere in diesem Fall der Verweis auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit unzumutbar sein (Senatsurteile vom 28. April 2015 - VI ZR 267/14, VersR 2015, 861 Rn. 10; vom 13. Juli 2010 - VI ZR 259/09, DAR 2010, 577 Rn. 8; vom 22. Juni 2010 - VI ZR 302/08, NJW 2010, 2727 Rn. 7 und - VI ZR 337/09, NJW 2010, 2725 Rn. 10).
- 9
- Für die Beurteilung der Unzumutbarkeit kommt es nicht auf die subjektive Sicht des Geschädigten an. § 254 BGB ist eine Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben (Senatsurteile vom 28. April 2015 - VI ZR 206/14, VersR 2015, 767 Rn. 13; vom 22. September 1981 - VI ZR 144/79, VersR 1981, 1178, 1179; vom 14. März 1961 - VI ZR 189/59, BGHZ 34, 355, 363 f.). Im Rahmen des § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB geht es mithin um ein Unterlassen derjenigen Maßnahmen, die ein ordentlicher und verständiger Mensch an der Stelle des Geschädigten zur Schadensabwehr oder -minderung ergreifen würde (Senatsurteile vom 18. März 2014 - VI ZR 10/13, VersR 2014, 849 Rn. 28; vom 11. Februar 2014 - VI ZR 225/13, NJW 2014, 1947 Rn. 11; vom 5. Oktober 1965 - VI ZR 90/64, VersR 1965, 1173, 1174). Auch wenn dabei die Situation des Geschädigten zu berücksichtigen ist, ist es nicht dessen persönliche Sicht, die die Grenzen der Zumutbarkeit und damit den Umfang der Schadensminderungspflicht bestimmt.
- 10
- Der Tatrichter ist bei seiner Überzeugungsbildung im Rahmen des § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB nach § 287 BGB besonders freigestellt (Senatsurteile vom 28. April 2015 - VI ZR 267/14, VersR 2015, 861 Rn. 14; vom 13. Juli 2010 - VI ZR 259/09, DAR 2010, 577 Rn. 13). Denn die Bemessung der Höhe des Schadensersatzanspruchs, auf die sich die Verletzung der Schadensminderungspflicht auswirken kann, ist revisionsrechtlich nur daraufhin überprüfbar, ob der Tatrichter erhebliches Vorbringen der Parteien unberücksichtigt gelassen, Rechtsgrundsätze der Schadensbemessung verkannt, wesentliche Bemessungsfaktoren außer Betracht gelassen oder seiner Schätzung unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt hat (vgl. Senatsurteile vom 26. April 2016 - VI ZR 50/15, NJW 2016, 3092 Rn. 10; vom 5. März 2013 - VI ZR 245/11, VersR 2013, 730 Rn. 14; vom 8. Mai 2012 - VI ZR 37/11, VersR 2012, 917 Rn. 9 mwN).
- 11
- 2. Derartige Rechtsfehler weist das angefochtene Urteil auf.
- 12
- Das Berufungsgericht hat bei der Prüfung der Frage, ob sich die Verweisung des Klägers auf die "freie" Fachwerkstatt S. als unzumutbar darstellt, rechtsfehlerhaft auf dessen subjektive Sicht abgestellt. Ausgehend von seinen für den Senat bindenden Feststellungen hätte es aber darauf abstellen müssen, ob es für einen ordentlichen und verständigen Menschen an der Stelle des Klägers unzumutbar ist, einen rund neuneinhalb Jahre alten Mercedes Kombi 320 T mit einer Laufleistung von rund 123.700 km, der an der Heckklappe und am Spoiler durch einen Streifstoß beschädigt wurde, in die Fachwerkstatt S. zur Vornahme einer Reparatur zu geben, die vom Qualitätsstandard her der Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt entspricht. Dies ist angesichts des vom Berufungsgericht festgestellten konkreten - d.h. durch Rechnungen unterlegten - Vortrags des Klägers, demzufolge er zwar die Reparaturen, nach dem 6. Februar 2008 aber nicht mehr die Inspektionen an seinem Fahrzeug in einer markengebundenen Fachwerkstatt hat vornehmen lassen, nicht der Fall. Dabei kann dahinstehen, ob die Vornahme nicht "scheckheftrelevanter" Arbeiten am Fahrzeug wie eines Reifenwechsels oder eines Austausches der Scheibenwischblätter in einer nicht markengebundenen Fachwerkstatt im Schadensfall eine Verweisung auf eine "freie" Fachwerkstatt ermöglichen würde. Denn vorliegend geht es nicht nur um Arbeiten dieser Art, sondern um Inspektionen über einen Zeitraum von fünf Jahren vor dem Unfall, von denen mangels konkreten Vortrags des Klägers nicht davon ausgegangen werden kann, dass sie in einer markengebundenen Fachwerkstatterfolgt sind. Dann aber hat der Kläger ersichtlich keinen Wert darauf gelegt, dass eine markengebundene Fachwerkstatt sein Fahrzeug regelmäßig wartet, weshalb er damit beispielsweise bei einem Verkauf seines Fahrzeugs nicht werben dürfte. Wenn aber seit Jahren keine Inspektionen mehr in einer markengebundenen Fachwerkstatt vorgenommen wurden, wird dies allein durch den Umstand, dass sämtliche Reparaturen dort ausgeführt wurden, bei einem rund neuneinhalb Jahre alten und verhältnismäßig leicht beschädigten Fahrzeug nicht derart aufgewogen, dass sich vor liegend die Unzumutbarkeit des Verweises auf eine Reparatur in der Fachwerkstatt S. begründen ließe. Galke Wellner v. Pentz Offenloch Müller
AG Hamburg-Bergedorf, Entscheidung vom 16.09.2015 - 410a C 214/13 -
LG Hamburg, Entscheidung vom 15.04.2016 - 306 S 82/15 -
(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.
(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.
(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.
(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger nimmt den Beklagten, das Deutsche Büro "Grüne Karte", auf Ersatz restlichen Sachschadens aus einem Verkehrsunfall in Anspruch, bei dem sein PKW beschädigt wurde. Die volle Haftung des Beklagten steht dem Grunde nach außer Streit. Die Parteien streiten nur noch darum, in welcher Höhe sich der Kläger bei der Ermittlung des Wiederbeschaffungsaufwandes den Restwert seines unfallbeschädigten Kraftfahrzeuges anrechnen lassen muss. Der vom Kläger mit der Schadensermittlung beauftragte Sachverständige ermittelte für das Fahrzeug Reparaturkosten in Höhe von 4.924,97 € brutto, einen Wiederbeschaffungswert von 4.200 € brutto und einen Restwert von 800 €. Mit Schreiben vom 9. April 2008 unterbreitete der Beklagte dem Kläger neun Restwertangebote, an die die Bieter bis 29. April 2008 gebunden waren und die die kostenlose Abholung des Unfallfahrzeugs gegen Barzahlung ("auf Wunsch des Geschädigten") vorsahen. Das höchste Gebot belief sich auf 1.730 €. Der Kläger veräußerte sein Fahrzeug am 10. Mai 2008 für 800 € an einen von ihm ausgewählten Käufer.
- 2
- Der Beklagte legte der Schadensregulierung einen Restwert in Höhe von 1.730 € zugrunde. Mit der Klage begehrt der Kläger, soweit in der Revisionsinstanz noch von Interesse, den Differenzbetrag in Höhe von 930 € zu dem von ihm erzielten Verkaufserlös.
- 3
- Beide Vorinstanzen haben die Klage insoweit abgewiesen. Mit der vom Landgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
- 4
- Das Berufungsgericht hat ausgeführt, dem Kläger stehe kein weitergehender Schadensersatzanspruch zu. Der Kläger habe durch die Nichtannahme des Restwertangebots in Höhe von 1.730 € und den Verkauf seines Fahrzeugs für 800 € gegen die ihm obliegende Schadensminderungspflicht verstoßen, weshalb im Rahmen der Schadensberechnung von einem Restwert in Höhe von 1.730 € auszugehen sei. Entgegen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs , wonach sich der Geschädigte grundsätzlich nicht auf Angebote aus dem Sondermarkt für Restwertaufkäufer verweisen lassen müsse und das Fahrzeug zu dem Wert verkaufen könne, den der Sachverständige als Restwert festgesetzt habe, habe sich der Kläger hier auf das Restwertangebot aus dem Internet verweisen lassen müssen. Aus dem Wirtschaftlichkeitspostulat folge, dass der Kläger sein Fahrzeug so verkaufen müsse, wie er es für sich selber verkauft hätte. Dabei stehe außer Zweifel, dass sich der Kläger in diesem Fall für das höhere Angebot in Höhe von 1.730 € entschieden hätte. Es sei für den Kläger auch nicht unzumutbar, sich auf ein höheres Restwertangebot verweisen zu lassen. Für ihn hätte keinerlei Risiko bestanden, da er nur den Bieter hätte anrufen müssen und dieser dann das Fahrzeug gegen Barzahlung abgeholt hätte. Der Vortrag des Klägers, dass Restwertangebote aus dem Internet unseriös seien, sei unsubstantiiert. Dass der Geschädigte sich auf ein Restwertangebot verweisen lassen müsse, stelle auch weder eine Verletzung des Grundsatzes , dass der Geschädigte Herr des Restitutionsgeschehens sei, noch eine Verletzung seiner Dispositionsfreiheit dar.
II.
- 5
- Diese Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand. Das Berufungsgericht hat der Schadensberechnung zu Recht einen Restwert des Unfallfahrzeugs von 1.730 € brutto zugrunde gelegt.
- 6
- 1. Das Berufungsgericht ist im Ansatz zu Recht davon ausgegangen, dass der Geschädigte, wenn er von der Ersetzungsbefugnis des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB Gebrauch macht und den Schaden wie im Streitfall nicht im Wege der Reparatur, sondern durch Beschaffung eines Ersatzfahrzeugs beheben will, nur Ersatz des Wiederbeschaffungswerts abzüglich des Restwerts verlangen kann (vgl. Senatsurteile BGHZ 115, 364, 372; 143, 189, 193; 163, 362, 365; vom 21. Januar 1992 - VI ZR 142/91 - VersR 1992, 457; vom 6. April 1993 - VI ZR 181/92 - VersR 1993, 769; vom 7. Dezember 2004 - VI ZR 119/04 - VersR 2005, 381 und vom 7. Juni 2005 - VI ZR 192/04 - VersR 2005, 1257, 1258 f.). Das Berufungsgericht hat auch zutreffend angenommen, dass die Ersatzbeschaffung als Variante der Naturalrestitution unter dem Gebot der Wirtschaftlichkeit steht. Dies bedeutet, dass der Geschädigte bei der Schadensbehebung gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB im Rahmen des ihm Zumutbaren und unter Berücksichtigung seiner individuellen Lage den wirtschaftlichsten Weg zu wählen hat (vgl. Senatsurteile BGHZ 132, 373, 376 f.; 143, 189, 193; vom 21. Januar 1992 - VI ZR 142/91 - aaO; vom 6. April 1993 - VI ZR 181/92 - aaO, S. 769 f. und vom 7. Dezember 2004 - VI ZR 119/04 - aaO, S. 381 f.). Das Wirtschaftlichkeitspostulat gilt auch für die Frage, in welcher Höhe der Restwert des Unfallfahrzeuges bei der Schadensabrechnung berücksichtigt werden muss (Senatsurteile BGHZ 143, 189, 193; 163, 362, 365; vom 21. Januar 1992 - VI ZR 142/91 - aaO und vom 6. April 1993 - VI ZR 181/92 - aaO S. 770). Denn auch bei der Verwertung des beschädigten Fahrzeuges muss sich der Geschädigte im Rahmen der wirtschaftlichen Vernunft halten.
- 7
- 2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts leistet der Geschädigte dem Gebot zur Wirtschaftlichkeit indessen im Allgemeinen Genüge und bewegt sich in den für die Schadensbehebung durch § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB gezogenen Grenzen, wenn er die Veräußerung seines beschädigten Kraftfahrzeuges zu demjenigen Preis vornimmt, den ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger in einem Gutachten, das eine korrekte Wertermittlung erkennen lässt, als Wert auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat (vgl. Senatsurteile BGHZ 143, 189, 193; 163, 362, 366; 171, 287, 290 f.; vom 21. Januar 1992 - VI ZR 142/91 - aaO, S. 458; vom 6. April 1993 - VI ZR 181/92 - aaO; vom 7. Dezember 2004 - VI ZR 119/04 - aaO; vom 12. Juli 2005 - VI ZR 132/04 - VersR 2005, 1448, 1449; vom 10. Juli 2007 - VI ZR 217/06 - VersR 2007, 1243 f. und vom 13. Oktober 2009 - VI ZR 318/08 - VersR 2010, 130, 131). Anders als das Berufungsgericht meint, ist der Geschädigte insbesondere grundsätzlich nicht verpflichtet, einen Sondermarkt für Restwertaufkäufer im Internet in Anspruch zu nehmen. Will der Geschädigte das Fahrzeug der ihm vertrauten Vertragswerkstatt oder einem Gebrauchtwagenhändler bei dem Erwerb eines Ersatzwagens in Zahlung geben, so kann der Schädiger gegenüber deren Ankaufsangebot grundsätzlich nicht auf ein höheres Angebot verweisen, das vom Geschädigten nur auf einem Sondermarkt, etwa durch Einschaltung spezialisierter Restwertaufkäufer über das Internet, zu erzielen wäre. Andernfalls würde die dem Geschädigten nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB zustehende Ersetzungsbefugnis unterlaufen und dem Geschädigten die vom Schädiger gewünschte Verwertungsmodalität aufgezwungen (vgl. Senatsurteile BGHZ 163, 362, 367; vom 21. Januar 1992 - VI ZR 142/91 - aaO, S. 457; vom 6. April 1993 - VI ZR 181/92 - aaO S. 770; vom 7. Dezember 2004 - VI ZR 119/04 - aaO und vom 13. Januar 2009 - VI ZR 205/08 - VersR 2009, 413, 414).
- 8
- 3. Auf die unter Ziffer 2 dargestellten Fragen kommt es im Streitfall indes nicht an. Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler angenommen, dass der Kläger durch den Verkauf des Unfallfahrzeugs für 800 € seine Pflicht zur Geringhaltung des Schadens gemäß § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB verletzt hat.
- 9
- a) Nach der gefestigten Rechtsprechung des erkennenden Senats können besondere Umstände dem Geschädigten Veranlassung geben, günstigere Verwertungsmöglichkeiten wahrzunehmen, um seiner sich aus § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB ergebenden Verpflichtung zur Geringhaltung des Schadens zu genügen. Unter diesem Blickpunkt kann er gehalten sein, von einer grundsätzlich zulässigen Verwertung des Unfallfahrzeugs Abstand zu nehmen und im Rahmen des Zumutbaren andere sich ihm darbietende Verwertungsmöglichkeiten zu ergreifen (vgl. Senatsurteile BGHZ 143, 189, 194; 163, 362, 367 und vom 6. März 2007 - VI ZR 120/06 - VersR 2007, 1145, 1146). Derartige Ausnahmen stehen nach allgemeinen Grundsätzen zur Beweislast des Schädigers (vgl. Senatsurteile BGHZ 143, 189, 194 und vom 22. November 1977 - VI ZR 114/76 - VersR 1978, 182, 183). Auch müssen sie in engen Grenzen gehalten werden und dürfen insbesondere nicht dazu führen, dass dem Geschädigten bei der Schadensbehebung die von dem Schädiger bzw. dessen Versicherer gewünschten Verwertungsmodalitäten aufgezwungen werden (vgl. Senatsurteile BGHZ 143, 189, 194 f.; 163, 362, 367 und vom 6. März 2007 - VI ZR 120/06 - aaO).
- 10
- b) Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist die Beurteilung des Berufungsgerichts , der Kläger habe durch den Verkauf des Unfallfahrzeugs zu dem vom Sachverständigen geschätzten Wert gegen die ihm obliegende Schadensminderungspflicht verstoßen, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hatte der Beklagte dem Kläger vor der Veräußerung des Fahrzeugs eine erheblich günstigere Verwertungsmöglichkeit unterbreitet, die dieser ohne weiteres hätte wahrnehmen können und deren Wahrnehmung ihm zumutbar war. Danach hatte der Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 9. April 2008 ein bis 29. April 2008 bindendes Restwertangebot unterbreitet, das eine Abholung des Unfallfahrzeugs gegen Barzahlung von 1.730 € garantierte und das der Kläger lediglich telefonisch hätte annehmen müssen. Die Revision zeigt keinen übergangenen Sachvortrag auf, der ein anerkennenswertes Interesse des Klägers daran begründen könnte, das Unfallfahrzeug nicht an den von der Beklagten benannten Interessenten, sondern zu einem wesentlich geringeren Preis an den von ihm ausgewählten Käufer zu veräußern.
AG Landshut, Entscheidung vom 29.05.2009 - 3 C 154/09 -
LG Landshut, Entscheidung vom 28.10.2009 - 13 S 1761/09 -
BUNDESGERICHTSHOF
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 27. September 2016 durch den Vorsitzenden Richter Galke, den Richter Offenloch und die Richterinnen Dr. Oehler, Dr. Roloff und Müller
für Recht erkannt:
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger nimmt den Beklagten nach einem Verkehrsunfall auf restlichen Schadensersatz in Anspruch.
- 2
- Der Pkw des Klägers wurde am 3. Februar 2014 bei einem Verkehrsunfall beschädigt. Der Beklagte ist als Haftpflichtversicherer des Unfallgegners dem Grunde nach voll einstandspflichtig. In einem vom Kläger eingeholten Schadensgutachten vom 4. Februar 2014 wurde der Restwert seines Fahrzeugs auf der Grundlage von vier auf dem regionalen Markt eingeholten Ange- boten mit 10.750 € beziffert,der - zwischen den Parteien unstreitige - Wiederbeschaffungswert mit netto 27.804,88 €. Mit anwaltlichem Schreiben vom 7. Februar 2014 übersandte der Kläger das Gutachten dem Beklagten, wo es am 8. Februar 2014 einging. Der Beklagte bestätigte den Eingang mit Telefax vom 11. Februar 2014 und teilte zugleich mit, die Schadensunterlagen momentan zu prüfen. Ebenfalls am 11. Februar 2014 verkaufte der Kläger das beschä- digte Fahrzeug für 11.000 € aneinen nicht ortsansässigen Käufer. Mit Schreiben vom 13. Februar 2014 legte der Beklagte dem Kläger mehrere höhere Angebote für das beschädigte Fahrzeug vor, darunter ein verbindliches Angebot eines ebenfalls nicht ortsansässigen Händlers über 20.090 €. Den im Wiederbeschaffungsaufwand liegenden Schaden des Klägers rechnete der Beklagte sodann auf der Grundlage eines Restwerts von 20.090 € ab. Mit seiner Klage verlangt der Kläger vom Beklagten den Differenzbetrag in Höhe von 9.090 € aus dem vom Beklagten angesetzten Restwert (20.090 €) und dem tatsächlich erzielten Verkaufserlös (11.000 €) sowie die Erstattung vorgerichtlicher Rechts- verfolgungskosten in Höhe von 887,03 €, jeweils nebst Zinsen.
- 3
- Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Der Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils stattgegeben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Ziel der Klageabweisung weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
- 4
- Das Berufungsgericht, dessen Urteil unter anderem in r+s 2016, 264 ff. veröffentlicht ist, hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt, dem Kläger stehe gegen den Beklagten in der Hauptsache ein Anspruch aus § 115 VVG i. V. m. § 7 Abs. 1 und § 18 Abs. 1 StVG, § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB auf Zahlung weiterer 9.090 € zu. Entgegen der vom Landgericht vertretenen Auffassung müsse sich der Kläger auf den Wiederbeschaffungswert nur den für das beschädigte Fahrzeug tatsächlich erzielten Verkaufserlös von 11.000 €, nicht aber einen Restwert in Höhe des ihmvom Beklagten nachgewiesenen Angebots über 20.090 € anrechnen lassen.
- 5
- Zunächst falle dem Kläger wegen des vorgenommenen Verkaufs des Fahrzeugs kein Verstoß gegen das bei der Ersatzbeschaffung zu beachtende Gebot der Wirtschaftlichkeit zur Last. Denn der von ihm erzielte Kaufpreis liege sogar geringfügig über dem vom Sachverständigen für den regionalen Markt ermittelten Restwert. Auf die Richtigkeit des Gutachtens habe der Kläger vertrauen dürfen. Denn der Sachverständige habe ausweislich des Gutachtens auf dem regionalen Markt bei vier verschiedenen Unternehmen Restwertangebote eingeholt, womit das Schadensgutachten den vom Bundesgerichtshof gestellten Anforderungen genügt habe; auch sonst habe für den Kläger kein Anlass bestanden, dem Gutachten zu misstrauen.
- 6
- Der Kläger habe nicht deshalb gegen seine Schadensminderungspflicht verstoßen, weil er das Fahrzeug nur sieben Tage nach dem Unfall verkauft habe , ohne zuvor dem Beklagten noch Gelegenheit zu geben, ihm ein höheres Restwertangebot für das Fahrzeug nachzuweisen. Zwar sei es zutreffend, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs besondere Umstände dem Geschädigten Veranlassung geben könnten, von einer grundsätzlich zulässigen Verwertung seines Unfallwagens Abstand zu nehmen und im Rahmen des Zumutbaren andere sich ihm darbietende Verwertungsmöglichkeiten zu ergreifen. Entgegen einer vom Oberlandesgericht Köln (Beschlüsse vom 16. Juli 2012 - 13 U 80/12, NJW-RR 2013, 224 und vom 14. Februar 2005 - 15 U 191/04, BeckRS 2005, 09804) vertretenen Auffassung lasse sich daraus aber keine generelle Verpflichtung des Geschädigten herleiten, ein von ihm eingeholtes Schadensgutachten dem gegnerischen Haftpflichtversicherer vor dem Verkauf des Unfallfahrzeugs zugänglich zu machen und ihm einen gewissen Zeitraum zum Nachweis höherer Restwertangebote einzuräumen.
II.
- 7
- Diese Erwägungen halten der revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Auf der Grundlage der gefestigten Rechtsprechung des erkennenden Senats hat das Berufungsgericht der Schadensberechnung zu Recht einen Restwert des Unfallfahrzeugs von nur 11.000 € zugrunde gelegt. Durchgreifende Gründe, seine Rechtsprechung zu ändern, sieht der Senat nicht.
- 8
- 1. Nach ständiger Senatsrechtsprechung kann der Geschädigte, der von der Ersetzungsbefugnis des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB Gebrauch macht und den Schaden wie im Streitfall nicht im Wege der Reparatur, sondern durch Beschaffung eines Ersatzfahrzeugs beheben will, Ersatz des Wiederbeschaffungswertes abzüglich des Restwertes verlangen. Als Variante der Naturalrestitution steht auch die Ersatzbeschaffung unter dem Gebot der Wirtschaftlichkeit. Das bedeutet, dass der Geschädigte bei der Schadensbehebung gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB im Rahmen des ihm Zumutbaren und unter Berücksichtigung seiner individuellen Lage den wirtschaftlichsten Weg zu wählen hat. Das Wirtschaftlichkeitspostulat gilt daher auch für die Frage, in welcher Höhe der Restwert des Unfallfahrzeugs bei der Schadensabrechnung berücksichtigt werden muss. Denn auch bei der Verwertung des beschädigten Fahrzeugs muss sich der Geschädigte im Rahmen der wirtschaftlichen Vernunft halten (vgl. zum Ganzen: Senatsurteil vom 1. Juni 2010 - VI ZR 316/09, VersR 2010, 963 Rn. 6, mwN).
- 9
- Weiter ist in der bisherigen Rechtsprechung des Senats anerkannt, dass der Geschädigte dem Wirtschaftlichkeitsgebot im Allgemeinen Genüge leistet und sich in den für die Schadensbehebung durch § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB gezogenen Grenzen bewegt, wenn er die Veräußerung seines beschädigten Kraftfahrzeugs zu dem Preis vornimmt, den ein von ihm eingeschalteter Sachver- ständiger in einem Gutachten, das eine korrekte Wertermittlung erkennen lässt, als Wert auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat (Senatsurteil vom 1. Juni 2010 - VI ZR 316/09, VersR 2010, 963 Rn. 7, mwN). Der Geschädigte ist weder verpflichtet, über die Einholung des Sachverständigengutachtens hinaus noch eigene Marktforschung zu betreiben und dabei die Angebote auch räumlich entfernter Interessenten einzuholen (Senatsurteile vom 7. Dezember 2004 - VI ZR 119/04, VersR 2005, 381, 382; vom 6. April 1993 - VI ZR 181/92, VersR 1993, 769, 770) oder einen Sondermarkt für Restwertaufkäufer im Internet in Anspruch zu nehmen (Senatsurteil vom 1. Juni 2010 - VI ZR 316/09, aaO), noch ist er gehalten abzuwarten, um dem Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherer vor der Veräußerung des beschädigten Fahrzeugs Gelegenheit zu geben, zum eingeholten Gutachten Stellung zu nehmen und gegebenenfalls bessere Restwertangebote vorzulegen (vgl. Senatsurteil vom 6. April 1993 - VI ZR 181/92, aaO; aA OLG Köln, NJW-RR 2013, 224, 225 und Beschluss vom 14. Februar 2005 - 15 U 191/04, BeckRS 2005, 09804). Ein vom Geschädigten tatsächlich erzielter, über dem vom Sachverständigen ermittelten Restwert liegender Mehrerlös ist freilich zu berücksichtigen, wenn ihm keine überobligationsmäßigen Anstrengungen des Geschädigten zugrunde liegen (Senatsurteile vom 7. Dezember 2004 - VI ZR 119/04, VersR 2005, 381, 382; vom 21. Januar 1992 - VI ZR 142/91, VersR 1992, 457, 458).
- 10
- 2. Nach diesen Grundsätzen, mit denen die vom Berufungsgericht abgelehnte Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Köln (OLG Köln, Beschlüsse vom 16. Juli 2012 - 13 U 80/12, NJW-RR 2013, 224, 225 und vom 14. Februar 2005 - 15 U 191/04, BeckRS 2005, 09804) - wie das Berufungsgericht zutreffend sieht - nicht in Übereinstimmung zu bringen ist, begegnet die Annahme, der vom Wiederbeschaffungswert abzuziehende Restwert des Unfallfahrzeugs sei im Hinblick auf den vom Kläger tatsächlich erzielten Verkaufserlös mit 11.000 € zu bemessen,keinen rechtlichen Bedenken. Den Feststellungen des Berufungsgerichts zufolge lagen dem vom Kläger eingeholten Schadensgutachten hinsichtlich der Restwertfrage vier bei verschiedenen Unternehmen des regionalen Marktes eingeholte Angebote zugrunde, was nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. Senatsurteile vom 13. Oktober 2009 - VI ZR 318/08, VersR 2010, 130 Rn. 11; vom 13. Januar 2009 - VI ZR 205/08, VersR 2009, 413 Rn. 13) grundsätzlich genügt. Auch sonst begegnet die Auffassung des Berufungsgerichts, für den Kläger habe kein Anlass zu Misstrauen gegenüber den Angaben des Sachverständigen bestanden, auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung des Senats keinen revisionsrechtlichen Bedenken. Zu weiteren Recherchen war der Kläger nach den dargestellten Grundsätzen nicht verpflichtet, ebenso wenig dazu, dem Beklagten Gelegenheit zu geben, ihm andere Verwertungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Der Kläger durfte danach von dem im Gutachten genannten Restwert von 10.750 € ausgehen und muss sich - was er nicht in Abrede stellt - unter Einschluss des erzielten Mehrerlöses von 250 € einen Betrag von 11.000 € als Restwert anrechnen lassen.
- 11
- 3. Durchgreifende Gründe, die dafür sprechen, die dargestellten Grundsätze zu modifizieren und dadurch auch im Streitfall zu einem anderen Ergebnis zu gelangen, sieht der erkennende Senat nicht.
- 12
- a) Entgegen der Auffassung des Landgerichts besteht auch in Anbetracht der technischen und wirtschaftlichen Entwicklung der letzten Jahre kein Anlass, dem Geschädigten unter dem Gesichtspunkt des Wirtschaftlichkeitsgebots des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB oder der Schadensminderungspflicht nach § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB aufzuerlegen, dem Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherer vor dem Verkauf des beschädigten Fahrzeugs die Möglichkeit einzuräumen, ihm höhere Restwertangebote zu übermitteln. Zwar mag es sein, dass der Schädiger bzw. der hinter diesem stehende Haftpflichtversicherer nicht nur ein besonderes Interesse an möglichst hohen Restwertangeboten hat, son- dern auch über besondere Expertise darin verfügt, an entsprechende Angebote zu gelangen. Das ändert aber nichts daran, dass der Gesetzgeber dem Geschädigten in § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB die Möglichkeit eingeräumt hat, die Behebung des Schadens gerade unabhängig vom Schädiger in die eigenen Hände zu nehmen und in eigener Regie durchzuführen (z.B. Senatsurteile vom 18. März 2014 - VI ZR 10/13, VersR 2014, 849 Rn. 29; vom 20. Oktober 2009 - VI ZR 53/09, BGHZ 183, 21 Rn. 13; vom 6. April 1993 - VI ZR 181/92, VersR 181/92, VersR 1993, 769, 770). Diese gesetzgeberische Grundentscheidung würde unterlaufen, sähe man den Geschädigten schadensrechtlich grundsätzlich für verpflichtet an, vor der von ihm beabsichtigten Schadensbehebung Alternativvorschläge des Schädigers einzuholen und diesen dann gegebenenfalls zu folgen. Gründe, die es de lege lata erlaubten, von diesem gesetzlich vorgegebenen allgemeinen Grundsatz in Bezug auf die Verwertung des beschädigten Fahrzeugs abzuweichen, sind nicht erkennbar (vgl. Senatsurteile vom 12. Juli 2005 - VI ZR 132/04, BGHZ 163, 362, 366 f.; vom 30. November 1999 - VI ZR 219/98, BGHZ 143, 189, 194 f.; vom 6. April 1993 - VI ZR 181/92, aaO; vom 21. Januar 1992 - VI ZR 142/91, VersR 1992, 457; zweifelnd dagegen Lemcke, r+s 2016, 267, 268). Der Schädigerseite bleibt es im Übrigen unbenommen, im Rahmen einer möglichst frühzeitigen Kontaktaufnahme etwa durch wirtschaftliche Anreize darauf hinzuwirken, dass der Geschädigte die Verwertung des beschädigten Fahrzeugs freiwillig in die Hände des Haftpflichtversicherers legt, oder zu versuchen, dem Geschädigten auch ohne dessen Mitwirkung rechtzeitig eine günstigere Verwertungsmöglichkeit zu unterbreiten, die dieser ohne weiteres wahrnehmen kann und die ihm zumutbar ist (vgl. Senatsurteil vom 1. Juni 2010 - VI ZR 316/09, VersR 2010, 963 Rn. 9 f.).
- 13
- b) Anders als die Revision meint, ist auch der regionale Markt als Bezugspunkt für die Ermittlung des Restwerts durch die auf dem Gebrauchtwagenmarkt eingetretene Entwicklung und die - unterstellt - allgemeine Zugäng- lichkeit von Online-Gebrauchtwagenbörsen nicht überholt. Vorrangiger Grund für die Annahme, bei der Ermittlung des Restwerts sei grundsätzlich entscheidend auf den regionalen Markt abzustellen, war für den Senat die Überlegung, dass es einem Geschädigten - unabhängig davon, ob er im Einzelfall nach Einholung des Gutachtens dann auch entsprechend verfährt (vgl. Senatsurteile vom 7. Dezember 2004 - VI ZR 119/04, VersR 2005, 381, 382; vom 6. April 1993 - VI ZR 181/92, VersR 1993, 769 f.) - möglich sein muss, das Fahrzeug einer ihm vertrauten Vertragswerkstatt oder einem angesehenen Gebrauchtwagenhändler bei dem Erwerb des Ersatzwagens in Zahlung zu geben (Senatsurteile vom 13. Januar 2009 - VI ZR 205/08, VersR 2009, 413 Rn. 9; vom 21. Januar 1992 - VI ZR 142/91, VersR 1992, 457; Steffen, zfs 2002, 161 f.; ders., DAR 1997, 297, 300). Das für den Kauf eines Ersatzfahrzeugs unter Inzahlunggabe des Unfallwagens notwendige persönliche Vertrauen wird der Geschädigte ohne Nachforschungen, zu denen er nicht verpflichtet ist, aber typischerweise nur ortsansässigen Vertragswerkstätten und Gebrauchtwagenhändlern, die er kennt oder über die er gegebenenfalls unschwer Erkundigungen einholen kann, entgegenbringen, nicht aber erst über das Internet gefundenen, jedenfalls ohne weitere Nachforschungen häufig nicht ausschließbar unseriösen Händlern und Aufkäufern. Dass - wie die Revision behauptet - der Fahrzeughandel über Online-Gebrauchtwagenbörsen üblicher geworden ist, ändert daran nichts. Die Befürchtung der Revision, im Falle einer Inzahlungnahme des beschädigten Fahrzeugs würden in der Praxis eher niedrigere Restwerte angesetzt, greift ebenfalls nicht durch. Denn der im Gutachten zu ermittelnde Restwert ist losgelöst von dem Fall der Inzahlungnahme bei Kauf eines Ersatzfahrzeugs zu ermitteln. Es ist deshalb nach wie vor sachgerecht, bei der Ermittlung des für eine Schadensbeseitigung im Wege der Ersatzbeschaffung erforderlichen Geldbetrags im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB einen Restwert des beschädigten Fahrzeugs grundsätzlich nur in der Höhe des Betrags zu berücksichtigen, der bei einer Veräußerung auf dem vom Geschädigten aus gesehen regionalen Markt erzielt werden kann.
- 14
- 4. Schließlich ergibt sich auch der von der Revision nicht gesondert bekämpfte Anspruch des Klägers auf Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsverfol- gungskosten in Höhe von 887,03 €, wie das Berufungsgericht in revisionsrecht- lich nicht zu beanstandender Weise ausführt, aus § 115 VVG i. V. m. § 7, § 18 StVG, § 249 BGB. Galke Offenloch Oehler Roloff Müller
LG Münster, Entscheidung vom 22.12.2014 - 15 O 30/14 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 11.11.2015 - I-11 U 13/15 -
BUNDESGERICHTSHOF
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 21. Februar 2017 durch den Vorsitzenden Richter Galke, den Richter Offenloch und die Richterinnen Dr. Oehler, Dr. Roloff und Müller
für Recht erkannt:
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin nimmt den Beklagten nach einem Verkehrsunfall aus § 7 Abs. 1 StVG, § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG auf restlichen (Sach-)Schadensersatz in Anspruch.
- 2
- Das Fahrzeug der Klägerin wurde im August 2014 bei einem Verkehrsunfall beschädigt. Ein von der Klägerin eingeholtes Sachverständigengutachten wies einen Wiederbeschaffungswert von 13.990 € und einen Restwert von 4.000 € aus. Die Klägerin veräußerte das beschädigte Fahrzeug, indem sie es beim Kauf eines anderen Fahrzeugs zum im Gutachten ausgewiesenen Restwert in Zahlung gab, ohne dem Beklagten - jedenfalls vor Abschluss der ent- sprechenden Vereinbarung - Gelegenheit gegeben zu haben, das Unfallfahrzeug besser zu verwerten. Am 5. September 2014 legte der Beklagte ein Restwertangebot über 7.770 € vor. Den auf der Grundlage eines Restwerts von 7.770 € errechneten Wiederbeschaffungsaufwand in Höhe von 6.220 € (13.990 € abzüglich 7.770 €) ersetzte er der Klägerin. Diese verlangt in der Hauptsache als weiteren Schadensersatz die Differenz zum - auf die Höhe der fiktiven Reparaturkosten beschränkten - Wiederbeschaffungsaufwand bei Zu- grundelegung eines Restwerts von 4.000 €, insgesamt einen Betrag von 3.740,29 €.
- 3
- Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landgericht hat das Urteil des Amtsgerichts auf die Berufung des Beklagten abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
- 4
- Das Berufungsgericht hat angenommen, zwar sei im Grundsatz davon auszugehen, dass der Geschädigte dem Wirtschaftlichkeitsgebot nachkomme und folglich nicht gegen § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB verstoße, wenn er das Unfallfahrzeug auf der Grundlage eines von ihm eingeholten Sachverständigengutachtens und des darin ausgewiesenen Restwerts verkaufe oder in Zahlung gebe. Der Geschädigte verletze die ihm obliegende Schadensminderungspflicht aber, wenn er das Unfallfahrzeug veräußere, ohne zuvor dem Schädiger oder dessen Kfz-Haftpflichtversicherer Gelegenheit gegeben zu haben, eine günstigere Verwertung als im Gutachten vorgesehen vorzunehmen. Dies gelte jeden- falls, wenn der Geschädigte kein berechtigtes Interesse an einer sofortigen Verwertung habe. Dem Schädiger sei dann nicht zuzumuten, in jedem Falle die Ergebnisse des vom Geschädigten eingeholten Privatgutachtens hinzunehmen. Da die Klägerin im Streitfall keinen vernünftigen Grund vorgetragen habe, das Fahrzeug sofort zu veräußern, sei der Berechnung der Schadensersatzhöhe das vom Beklagten vorgelegte Restwertangebot zugrunde zu legen.
II.
- 5
- Die Revision der Klägerin ist schon deshalb begründet, weil das Berufungsurteil eine der Vorschrift des § 540 ZPO entsprechende Darstellung nicht enthält.
- 6
- 1. In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass aus einem Berufungsurteil, gegen das die Revision stattfindet, zu ersehen sein muss, von welchem Sach- und Streitstand das Gericht ausgegangen ist, welches Rechtsmittelbegehren die Parteien verfolgt haben und welche tatsächlichen Feststellungen der Entscheidung zugrunde liegen. Es ist nicht Aufgabe des Revisionsgerichts , den Sachverhalt selbst zu ermitteln, um abschließend beurteilen zu können, ob die Revision begründet ist (Senatsurteil vom 30. September 2003 - VI ZR 438/02, BGHZ 156, 216, 218; BGH, Urteil vom 5. März 2015 - I ZR 164/13, NJW 2015, 3309 RN. 7; jeweils mwN). Fehlen im Berufungsurteil die entsprechenden Darstellungen, leidet es an einem von Amts wegen zu berücksichtigenden Verfahrensmangel; das Revisionsgericht hat das Urteil in einem solchen Fall grundsätzlich aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (Senatsurteil vom 30. September 2003 - VI ZR 438/02, aaO 220; BGH, Urteile vom 5. März 2015 - I ZR 164/13, aaO Rn. 8; vom 11. Oktober 2012 - VII ZR 10/11, NJW 2012, 3569 Rn. 6 und 8; Ball in Musielak/Voit, ZPO, 13. Aufl., § 540 Rn. 6a; HkZPO /Wöstmann, 7. Aufl., § 540 Rn. 2; jeweils mwN).
- 7
- 2. Das angefochtene Urteil wird den dargestellten Erfordernissen nicht gerecht.
- 8
- a) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht von der Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen des Amtsgerichts und der Darstellung etwaiger Änderungen und Ergänzungen unter Anwendung von § 540 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen. Nachdem das Berufungsgericht die Revision selbst zugelassen hat, lagen die Voraussetzungen für ein Absehen von der von § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO grundsätzlich vorgeschriebenen Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen und Ergänzungen offensichtlich nicht vor.
- 9
- b) Von einer Aufhebung und Zurückverweisung kann im Streitfall auch nicht ausnahmsweise abgesehen werden.
- 10
- Von der Aufhebung und Zurückverweisung bei Fehlen eines Tatbestandes und der in § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO genannten Darstellung kann nach höchstrichterlicher Rechtsprechung zwar ausnahmsweise abgesehen werden, wenn sich die notwendigen tatsächlichen Grundlagen der Entscheidung hinreichend deutlich aus den Gründen des Berufungsurteils ergeben (BGH, Urteil vom 11. Oktober 2012 - VII ZR 10/11, NJW 2012, 3569 Rn. 6). Ein solcher Ausnahmefall liegt im Streitfall aber nicht vor. Aus den Gründen des Berufungsurteils lässt sich kein ausreichendes Bild vom Sach- und Streitstand gewinnen. So fehlen Ausführungen dazu, was die Parteien zum Haftungsgrund vorgetragen haben; dem angefochtenen Urteil lässt sich nicht entnehmen, ob die volle Einstandspflicht des Beklagten auch in der Berufungsinstanz unstreitig war. Zudem wird das Rechtsschutzbegehren der Klägerin nur unvollständig wiederge- geben. So mag sich den Gründen des angefochtenen Urteils noch hinreichend deutlich entnehmen lassen, dass die Klägerin in der Hauptsache Zahlung von 3.740,29 € verlangt. Was sich hinter den im Berufungsurteil erwähnten "geltend gemachten Nebenforderungen" verbirgt, ergibt sich aus dem Berufungsurteil aber nicht. Schließlich bleibt auch unklar, ob das Berufungsgericht davon ausgegangen ist, dass sich die Klägerin im Zeitpunkt des Nachweises der alternativen Verwertungsmöglichkeit durch den Beklagten hinsichtlich der Verwertung bereits anderweitig gebunden hatte oder nicht. Denn einerseits stellt es fest, die Klägerin habe das Fahrzeug am 29. August 2014 für 4.000 € veräußert, ande- rerseits führt es aus, die Klägerin habe durch den "Kauf eines neuen Fahrzeugs und die Inzahlungnahme des Unfallfahrzeugs" einen Kaufvertrag mit Ersetzungsbefugnis abgeschlossen, weshalb es ihr unbenommen gewesen sei, den Unfallwagen anderweitig zu veräußern und die fehlenden 4.000 € als Geldver- bindlichkeit zu erfüllen.
III.
- 11
- Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
- 12
- Soweit der angefochtenen Entscheidung die Rechtsauffassung zugrunde liegt, ein Geschädigter habe vor dem Verkauf des Unfallfahrzeugs zu dem im von ihm eingeholten Gutachten ermittelten Restwert dem Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherer grundsätzlich Gelegenheit zu geben, eine günstigere Verwertung als im Gutachten vorgesehen vorzunehmen, widerspricht dies der gefestigten Rechtsprechung des erkennenden Senats (Senatsurteile vom 27. September 2016 - VI ZR 673/15, DAR 2017, 19 Rn. 9, 12; vom 6. April 1993 - VI ZR 181/92, VersR 1993, 769, 770). Sollte sich die Klägerin, was - wie dargestellt - im Berufungsurteil unklar bleibt, im Zeitpunkt, in dem ihr das vom Be- klagten vorgelegte Restwertangebot über 7.770 € bekannt wurde, hinsichtlich der Verwertung des Unfallfahrzeugs noch nicht anderweitig gebunden haben, wird im Hinblick auf ihre Pflicht zur Geringhaltung des Schadens gemäß § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB allerdings zu prüfen sein, ob es ihr in der konkreten Situation zumutbar war, von dem Restwertangebot Gebrauch zu machen (vgl. Senatsurteil vom 1. Juni 2010 - VI ZR 316/09, NJW 2010, 2722 Rn. 8 ff., mwN). Galke Offenloch Oehler Roloff Müller
AG Westerstede, Entscheidung vom 16.04.2015 - 22 C 894/14 -
LG Oldenburg, Entscheidung vom 13.01.2016 - 5 S 225/15 -
(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.
(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger nimmt den Beklagten, das Deutsche Büro "Grüne Karte", auf Ersatz restlichen Sachschadens aus einem Verkehrsunfall in Anspruch, bei dem sein PKW beschädigt wurde. Die volle Haftung des Beklagten steht dem Grunde nach außer Streit. Die Parteien streiten nur noch darum, in welcher Höhe sich der Kläger bei der Ermittlung des Wiederbeschaffungsaufwandes den Restwert seines unfallbeschädigten Kraftfahrzeuges anrechnen lassen muss. Der vom Kläger mit der Schadensermittlung beauftragte Sachverständige ermittelte für das Fahrzeug Reparaturkosten in Höhe von 4.924,97 € brutto, einen Wiederbeschaffungswert von 4.200 € brutto und einen Restwert von 800 €. Mit Schreiben vom 9. April 2008 unterbreitete der Beklagte dem Kläger neun Restwertangebote, an die die Bieter bis 29. April 2008 gebunden waren und die die kostenlose Abholung des Unfallfahrzeugs gegen Barzahlung ("auf Wunsch des Geschädigten") vorsahen. Das höchste Gebot belief sich auf 1.730 €. Der Kläger veräußerte sein Fahrzeug am 10. Mai 2008 für 800 € an einen von ihm ausgewählten Käufer.
- 2
- Der Beklagte legte der Schadensregulierung einen Restwert in Höhe von 1.730 € zugrunde. Mit der Klage begehrt der Kläger, soweit in der Revisionsinstanz noch von Interesse, den Differenzbetrag in Höhe von 930 € zu dem von ihm erzielten Verkaufserlös.
- 3
- Beide Vorinstanzen haben die Klage insoweit abgewiesen. Mit der vom Landgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
- 4
- Das Berufungsgericht hat ausgeführt, dem Kläger stehe kein weitergehender Schadensersatzanspruch zu. Der Kläger habe durch die Nichtannahme des Restwertangebots in Höhe von 1.730 € und den Verkauf seines Fahrzeugs für 800 € gegen die ihm obliegende Schadensminderungspflicht verstoßen, weshalb im Rahmen der Schadensberechnung von einem Restwert in Höhe von 1.730 € auszugehen sei. Entgegen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs , wonach sich der Geschädigte grundsätzlich nicht auf Angebote aus dem Sondermarkt für Restwertaufkäufer verweisen lassen müsse und das Fahrzeug zu dem Wert verkaufen könne, den der Sachverständige als Restwert festgesetzt habe, habe sich der Kläger hier auf das Restwertangebot aus dem Internet verweisen lassen müssen. Aus dem Wirtschaftlichkeitspostulat folge, dass der Kläger sein Fahrzeug so verkaufen müsse, wie er es für sich selber verkauft hätte. Dabei stehe außer Zweifel, dass sich der Kläger in diesem Fall für das höhere Angebot in Höhe von 1.730 € entschieden hätte. Es sei für den Kläger auch nicht unzumutbar, sich auf ein höheres Restwertangebot verweisen zu lassen. Für ihn hätte keinerlei Risiko bestanden, da er nur den Bieter hätte anrufen müssen und dieser dann das Fahrzeug gegen Barzahlung abgeholt hätte. Der Vortrag des Klägers, dass Restwertangebote aus dem Internet unseriös seien, sei unsubstantiiert. Dass der Geschädigte sich auf ein Restwertangebot verweisen lassen müsse, stelle auch weder eine Verletzung des Grundsatzes , dass der Geschädigte Herr des Restitutionsgeschehens sei, noch eine Verletzung seiner Dispositionsfreiheit dar.
II.
- 5
- Diese Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand. Das Berufungsgericht hat der Schadensberechnung zu Recht einen Restwert des Unfallfahrzeugs von 1.730 € brutto zugrunde gelegt.
- 6
- 1. Das Berufungsgericht ist im Ansatz zu Recht davon ausgegangen, dass der Geschädigte, wenn er von der Ersetzungsbefugnis des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB Gebrauch macht und den Schaden wie im Streitfall nicht im Wege der Reparatur, sondern durch Beschaffung eines Ersatzfahrzeugs beheben will, nur Ersatz des Wiederbeschaffungswerts abzüglich des Restwerts verlangen kann (vgl. Senatsurteile BGHZ 115, 364, 372; 143, 189, 193; 163, 362, 365; vom 21. Januar 1992 - VI ZR 142/91 - VersR 1992, 457; vom 6. April 1993 - VI ZR 181/92 - VersR 1993, 769; vom 7. Dezember 2004 - VI ZR 119/04 - VersR 2005, 381 und vom 7. Juni 2005 - VI ZR 192/04 - VersR 2005, 1257, 1258 f.). Das Berufungsgericht hat auch zutreffend angenommen, dass die Ersatzbeschaffung als Variante der Naturalrestitution unter dem Gebot der Wirtschaftlichkeit steht. Dies bedeutet, dass der Geschädigte bei der Schadensbehebung gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB im Rahmen des ihm Zumutbaren und unter Berücksichtigung seiner individuellen Lage den wirtschaftlichsten Weg zu wählen hat (vgl. Senatsurteile BGHZ 132, 373, 376 f.; 143, 189, 193; vom 21. Januar 1992 - VI ZR 142/91 - aaO; vom 6. April 1993 - VI ZR 181/92 - aaO, S. 769 f. und vom 7. Dezember 2004 - VI ZR 119/04 - aaO, S. 381 f.). Das Wirtschaftlichkeitspostulat gilt auch für die Frage, in welcher Höhe der Restwert des Unfallfahrzeuges bei der Schadensabrechnung berücksichtigt werden muss (Senatsurteile BGHZ 143, 189, 193; 163, 362, 365; vom 21. Januar 1992 - VI ZR 142/91 - aaO und vom 6. April 1993 - VI ZR 181/92 - aaO S. 770). Denn auch bei der Verwertung des beschädigten Fahrzeuges muss sich der Geschädigte im Rahmen der wirtschaftlichen Vernunft halten.
- 7
- 2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts leistet der Geschädigte dem Gebot zur Wirtschaftlichkeit indessen im Allgemeinen Genüge und bewegt sich in den für die Schadensbehebung durch § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB gezogenen Grenzen, wenn er die Veräußerung seines beschädigten Kraftfahrzeuges zu demjenigen Preis vornimmt, den ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger in einem Gutachten, das eine korrekte Wertermittlung erkennen lässt, als Wert auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat (vgl. Senatsurteile BGHZ 143, 189, 193; 163, 362, 366; 171, 287, 290 f.; vom 21. Januar 1992 - VI ZR 142/91 - aaO, S. 458; vom 6. April 1993 - VI ZR 181/92 - aaO; vom 7. Dezember 2004 - VI ZR 119/04 - aaO; vom 12. Juli 2005 - VI ZR 132/04 - VersR 2005, 1448, 1449; vom 10. Juli 2007 - VI ZR 217/06 - VersR 2007, 1243 f. und vom 13. Oktober 2009 - VI ZR 318/08 - VersR 2010, 130, 131). Anders als das Berufungsgericht meint, ist der Geschädigte insbesondere grundsätzlich nicht verpflichtet, einen Sondermarkt für Restwertaufkäufer im Internet in Anspruch zu nehmen. Will der Geschädigte das Fahrzeug der ihm vertrauten Vertragswerkstatt oder einem Gebrauchtwagenhändler bei dem Erwerb eines Ersatzwagens in Zahlung geben, so kann der Schädiger gegenüber deren Ankaufsangebot grundsätzlich nicht auf ein höheres Angebot verweisen, das vom Geschädigten nur auf einem Sondermarkt, etwa durch Einschaltung spezialisierter Restwertaufkäufer über das Internet, zu erzielen wäre. Andernfalls würde die dem Geschädigten nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB zustehende Ersetzungsbefugnis unterlaufen und dem Geschädigten die vom Schädiger gewünschte Verwertungsmodalität aufgezwungen (vgl. Senatsurteile BGHZ 163, 362, 367; vom 21. Januar 1992 - VI ZR 142/91 - aaO, S. 457; vom 6. April 1993 - VI ZR 181/92 - aaO S. 770; vom 7. Dezember 2004 - VI ZR 119/04 - aaO und vom 13. Januar 2009 - VI ZR 205/08 - VersR 2009, 413, 414).
- 8
- 3. Auf die unter Ziffer 2 dargestellten Fragen kommt es im Streitfall indes nicht an. Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler angenommen, dass der Kläger durch den Verkauf des Unfallfahrzeugs für 800 € seine Pflicht zur Geringhaltung des Schadens gemäß § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB verletzt hat.
- 9
- a) Nach der gefestigten Rechtsprechung des erkennenden Senats können besondere Umstände dem Geschädigten Veranlassung geben, günstigere Verwertungsmöglichkeiten wahrzunehmen, um seiner sich aus § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB ergebenden Verpflichtung zur Geringhaltung des Schadens zu genügen. Unter diesem Blickpunkt kann er gehalten sein, von einer grundsätzlich zulässigen Verwertung des Unfallfahrzeugs Abstand zu nehmen und im Rahmen des Zumutbaren andere sich ihm darbietende Verwertungsmöglichkeiten zu ergreifen (vgl. Senatsurteile BGHZ 143, 189, 194; 163, 362, 367 und vom 6. März 2007 - VI ZR 120/06 - VersR 2007, 1145, 1146). Derartige Ausnahmen stehen nach allgemeinen Grundsätzen zur Beweislast des Schädigers (vgl. Senatsurteile BGHZ 143, 189, 194 und vom 22. November 1977 - VI ZR 114/76 - VersR 1978, 182, 183). Auch müssen sie in engen Grenzen gehalten werden und dürfen insbesondere nicht dazu führen, dass dem Geschädigten bei der Schadensbehebung die von dem Schädiger bzw. dessen Versicherer gewünschten Verwertungsmodalitäten aufgezwungen werden (vgl. Senatsurteile BGHZ 143, 189, 194 f.; 163, 362, 367 und vom 6. März 2007 - VI ZR 120/06 - aaO).
- 10
- b) Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist die Beurteilung des Berufungsgerichts , der Kläger habe durch den Verkauf des Unfallfahrzeugs zu dem vom Sachverständigen geschätzten Wert gegen die ihm obliegende Schadensminderungspflicht verstoßen, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hatte der Beklagte dem Kläger vor der Veräußerung des Fahrzeugs eine erheblich günstigere Verwertungsmöglichkeit unterbreitet, die dieser ohne weiteres hätte wahrnehmen können und deren Wahrnehmung ihm zumutbar war. Danach hatte der Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 9. April 2008 ein bis 29. April 2008 bindendes Restwertangebot unterbreitet, das eine Abholung des Unfallfahrzeugs gegen Barzahlung von 1.730 € garantierte und das der Kläger lediglich telefonisch hätte annehmen müssen. Die Revision zeigt keinen übergangenen Sachvortrag auf, der ein anerkennenswertes Interesse des Klägers daran begründen könnte, das Unfallfahrzeug nicht an den von der Beklagten benannten Interessenten, sondern zu einem wesentlich geringeren Preis an den von ihm ausgewählten Käufer zu veräußern.
AG Landshut, Entscheidung vom 29.05.2009 - 3 C 154/09 -
LG Landshut, Entscheidung vom 28.10.2009 - 13 S 1761/09 -
BUNDESGERICHTSHOF
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 21. Februar 2017 durch den Vorsitzenden Richter Galke, den Richter Offenloch und die Richterinnen Dr. Oehler, Dr. Roloff und Müller
für Recht erkannt:
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin nimmt den Beklagten nach einem Verkehrsunfall aus § 7 Abs. 1 StVG, § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG auf restlichen (Sach-)Schadensersatz in Anspruch.
- 2
- Das Fahrzeug der Klägerin wurde im August 2014 bei einem Verkehrsunfall beschädigt. Ein von der Klägerin eingeholtes Sachverständigengutachten wies einen Wiederbeschaffungswert von 13.990 € und einen Restwert von 4.000 € aus. Die Klägerin veräußerte das beschädigte Fahrzeug, indem sie es beim Kauf eines anderen Fahrzeugs zum im Gutachten ausgewiesenen Restwert in Zahlung gab, ohne dem Beklagten - jedenfalls vor Abschluss der ent- sprechenden Vereinbarung - Gelegenheit gegeben zu haben, das Unfallfahrzeug besser zu verwerten. Am 5. September 2014 legte der Beklagte ein Restwertangebot über 7.770 € vor. Den auf der Grundlage eines Restwerts von 7.770 € errechneten Wiederbeschaffungsaufwand in Höhe von 6.220 € (13.990 € abzüglich 7.770 €) ersetzte er der Klägerin. Diese verlangt in der Hauptsache als weiteren Schadensersatz die Differenz zum - auf die Höhe der fiktiven Reparaturkosten beschränkten - Wiederbeschaffungsaufwand bei Zu- grundelegung eines Restwerts von 4.000 €, insgesamt einen Betrag von 3.740,29 €.
- 3
- Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landgericht hat das Urteil des Amtsgerichts auf die Berufung des Beklagten abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
- 4
- Das Berufungsgericht hat angenommen, zwar sei im Grundsatz davon auszugehen, dass der Geschädigte dem Wirtschaftlichkeitsgebot nachkomme und folglich nicht gegen § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB verstoße, wenn er das Unfallfahrzeug auf der Grundlage eines von ihm eingeholten Sachverständigengutachtens und des darin ausgewiesenen Restwerts verkaufe oder in Zahlung gebe. Der Geschädigte verletze die ihm obliegende Schadensminderungspflicht aber, wenn er das Unfallfahrzeug veräußere, ohne zuvor dem Schädiger oder dessen Kfz-Haftpflichtversicherer Gelegenheit gegeben zu haben, eine günstigere Verwertung als im Gutachten vorgesehen vorzunehmen. Dies gelte jeden- falls, wenn der Geschädigte kein berechtigtes Interesse an einer sofortigen Verwertung habe. Dem Schädiger sei dann nicht zuzumuten, in jedem Falle die Ergebnisse des vom Geschädigten eingeholten Privatgutachtens hinzunehmen. Da die Klägerin im Streitfall keinen vernünftigen Grund vorgetragen habe, das Fahrzeug sofort zu veräußern, sei der Berechnung der Schadensersatzhöhe das vom Beklagten vorgelegte Restwertangebot zugrunde zu legen.
II.
- 5
- Die Revision der Klägerin ist schon deshalb begründet, weil das Berufungsurteil eine der Vorschrift des § 540 ZPO entsprechende Darstellung nicht enthält.
- 6
- 1. In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass aus einem Berufungsurteil, gegen das die Revision stattfindet, zu ersehen sein muss, von welchem Sach- und Streitstand das Gericht ausgegangen ist, welches Rechtsmittelbegehren die Parteien verfolgt haben und welche tatsächlichen Feststellungen der Entscheidung zugrunde liegen. Es ist nicht Aufgabe des Revisionsgerichts , den Sachverhalt selbst zu ermitteln, um abschließend beurteilen zu können, ob die Revision begründet ist (Senatsurteil vom 30. September 2003 - VI ZR 438/02, BGHZ 156, 216, 218; BGH, Urteil vom 5. März 2015 - I ZR 164/13, NJW 2015, 3309 RN. 7; jeweils mwN). Fehlen im Berufungsurteil die entsprechenden Darstellungen, leidet es an einem von Amts wegen zu berücksichtigenden Verfahrensmangel; das Revisionsgericht hat das Urteil in einem solchen Fall grundsätzlich aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (Senatsurteil vom 30. September 2003 - VI ZR 438/02, aaO 220; BGH, Urteile vom 5. März 2015 - I ZR 164/13, aaO Rn. 8; vom 11. Oktober 2012 - VII ZR 10/11, NJW 2012, 3569 Rn. 6 und 8; Ball in Musielak/Voit, ZPO, 13. Aufl., § 540 Rn. 6a; HkZPO /Wöstmann, 7. Aufl., § 540 Rn. 2; jeweils mwN).
- 7
- 2. Das angefochtene Urteil wird den dargestellten Erfordernissen nicht gerecht.
- 8
- a) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht von der Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen des Amtsgerichts und der Darstellung etwaiger Änderungen und Ergänzungen unter Anwendung von § 540 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen. Nachdem das Berufungsgericht die Revision selbst zugelassen hat, lagen die Voraussetzungen für ein Absehen von der von § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO grundsätzlich vorgeschriebenen Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen und Ergänzungen offensichtlich nicht vor.
- 9
- b) Von einer Aufhebung und Zurückverweisung kann im Streitfall auch nicht ausnahmsweise abgesehen werden.
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- Von der Aufhebung und Zurückverweisung bei Fehlen eines Tatbestandes und der in § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO genannten Darstellung kann nach höchstrichterlicher Rechtsprechung zwar ausnahmsweise abgesehen werden, wenn sich die notwendigen tatsächlichen Grundlagen der Entscheidung hinreichend deutlich aus den Gründen des Berufungsurteils ergeben (BGH, Urteil vom 11. Oktober 2012 - VII ZR 10/11, NJW 2012, 3569 Rn. 6). Ein solcher Ausnahmefall liegt im Streitfall aber nicht vor. Aus den Gründen des Berufungsurteils lässt sich kein ausreichendes Bild vom Sach- und Streitstand gewinnen. So fehlen Ausführungen dazu, was die Parteien zum Haftungsgrund vorgetragen haben; dem angefochtenen Urteil lässt sich nicht entnehmen, ob die volle Einstandspflicht des Beklagten auch in der Berufungsinstanz unstreitig war. Zudem wird das Rechtsschutzbegehren der Klägerin nur unvollständig wiederge- geben. So mag sich den Gründen des angefochtenen Urteils noch hinreichend deutlich entnehmen lassen, dass die Klägerin in der Hauptsache Zahlung von 3.740,29 € verlangt. Was sich hinter den im Berufungsurteil erwähnten "geltend gemachten Nebenforderungen" verbirgt, ergibt sich aus dem Berufungsurteil aber nicht. Schließlich bleibt auch unklar, ob das Berufungsgericht davon ausgegangen ist, dass sich die Klägerin im Zeitpunkt des Nachweises der alternativen Verwertungsmöglichkeit durch den Beklagten hinsichtlich der Verwertung bereits anderweitig gebunden hatte oder nicht. Denn einerseits stellt es fest, die Klägerin habe das Fahrzeug am 29. August 2014 für 4.000 € veräußert, ande- rerseits führt es aus, die Klägerin habe durch den "Kauf eines neuen Fahrzeugs und die Inzahlungnahme des Unfallfahrzeugs" einen Kaufvertrag mit Ersetzungsbefugnis abgeschlossen, weshalb es ihr unbenommen gewesen sei, den Unfallwagen anderweitig zu veräußern und die fehlenden 4.000 € als Geldver- bindlichkeit zu erfüllen.
III.
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- Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
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- Soweit der angefochtenen Entscheidung die Rechtsauffassung zugrunde liegt, ein Geschädigter habe vor dem Verkauf des Unfallfahrzeugs zu dem im von ihm eingeholten Gutachten ermittelten Restwert dem Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherer grundsätzlich Gelegenheit zu geben, eine günstigere Verwertung als im Gutachten vorgesehen vorzunehmen, widerspricht dies der gefestigten Rechtsprechung des erkennenden Senats (Senatsurteile vom 27. September 2016 - VI ZR 673/15, DAR 2017, 19 Rn. 9, 12; vom 6. April 1993 - VI ZR 181/92, VersR 1993, 769, 770). Sollte sich die Klägerin, was - wie dargestellt - im Berufungsurteil unklar bleibt, im Zeitpunkt, in dem ihr das vom Be- klagten vorgelegte Restwertangebot über 7.770 € bekannt wurde, hinsichtlich der Verwertung des Unfallfahrzeugs noch nicht anderweitig gebunden haben, wird im Hinblick auf ihre Pflicht zur Geringhaltung des Schadens gemäß § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB allerdings zu prüfen sein, ob es ihr in der konkreten Situation zumutbar war, von dem Restwertangebot Gebrauch zu machen (vgl. Senatsurteil vom 1. Juni 2010 - VI ZR 316/09, NJW 2010, 2722 Rn. 8 ff., mwN). Galke Offenloch Oehler Roloff Müller
AG Westerstede, Entscheidung vom 16.04.2015 - 22 C 894/14 -
LG Oldenburg, Entscheidung vom 13.01.2016 - 5 S 225/15 -
(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.
(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.
(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.
(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.