Landgericht Siegen Beschluss, 25. Feb. 2014 - 4 T 13/14
Gericht
Tenor
I. Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
II. Von der Erhebung von Gerichtskosten wird abgesehen. Die außergerichtlichen Kosten des Beteiligten zu 1) werden der Landeskasse auferlegt.
III. Der Verfahrenswert wird auf 8.316,00 € festgesetzt.
1
Gründe:
2A.
3Für den Betroffenen zu 1) wurde im Jahre 2005 eine Betreuung eingerichtet. Er ist gemeinsam mit seiner Schwester zu jeweils ½ Miterbe nach seinem im Februar 2006 verstorbenen Vater. Die Erbengemeinschaft ist noch nicht auseinandergesetzt. Zum ungeteilten Nachlass gehören zwei im Grundbuch des Amtsgerichts A von D Blatt 373 eingetragene landwirtschaftliche Grundstücke. Diese haben ausweislich eines im Jahre 2006 eingeholten Wertgutachtens einen Verkehrswert in Höhe von 21.303,00 €. Am 19.07.2013 wurde in Abteilung II des Grundbuchs eingetragen, dass der Erbanteil des Betroffenen zu 1) gemäß einer Pfändungs- und Einziehungsverfügung des Landkreises A wegen einer Forderung in Höhe von 1.956,40 € gepfändet ist. Darüber hinaus wurde am 08.01.2014 eingetragen, dass der Erbanteil gemäß einer Pfändungsverfügung der Stadt Bad Laasphe vom 11.11.2013 für eine Forderung in Höhe von 14.468,81 € gepfändet ist.
4Seit dem Jahre 2009 wurden Aufwendungen und Vergütungen des Betreuers in Höhe von 8.316,00 € von der Landeskasse befriedigt. Mit dem angefochtenen Beschluss hat der Rechtspfleger festgestellt, dass die entsprechenden Ansprüche des Betreuers gegen den Betroffenen zu 1) auf die Landeskasse übergegangen sind. Hiergegen richtet sich die durch den Beteiligten zu 2) für den Beteiligten zu 1) eingelegte sofortige Beschwerde, mit der er geltend macht, dass er aufgrund der Pfändungen über kein einzusetzendes Vermögen mehr verfüge.
5B.
6Der angefochtene Beschluss ist aufzuheben, weil der Betroffene zu 1) über kein Vermögen mehr verfügt, das er gemäß den §§ 1908 i Abs. 1 S. 1, 1836 c BGB für die Aufwendungen und Vergütungen des Betreuers einzusetzen hat.
7Vergütungsschuldner des Vereinsbetreuers ist bei Mittellosigkeit des Betreuten gemäß den §§ 1908 i Abs. 1, 1836 Abs. 1 S. 3 BGB i.V.m. §§ 7 Abs. 1, 1 Abs. 2 S. 2 VBVG die Staatskasse und bei vorhandenem verwertbaren Vermögen der Betreute. Mit der Übernahme der Betreuungskosten erbringt die Staatskasse eine Sozialleistung, die gem. § 1836 c BGB davon abhängt, dass der Betreute über kein einzusetzendes Vermögen im Sinne des Sozialhilferechts verfügt. Der Betreute soll durch die Kosten der Betreuung nicht in seinen vorhandenen Lebensgrundlagen wesentlich beeinträchtigt werden. Deshalb ist für die Feststellung, ob der Betreute mittellos oder vermögend ist, auf den Zeitpunkt der Entscheidung der letzten Tatsacheninstanz abzustellen (BGH NJW-RR 2013, 513).
8Anerkannt ist, dass bei der Prüfung, ob der Betroffene mittellos ist, hinsichtlich des einzusetzenden Vermögens nur das verfügbare Aktivvermögen zu berücksichtigen ist und Verbindlichkeiten selbst dann außer Betracht bleiben, wenn sie bereits tituliert sind. Dies gilt unabhängig davon, ob die Verbindlichkeit des Betroffenen durch öffentlich-rechtlichen Leistungsbescheid oder durch einen zivilrechtlichen Titel festgelegt und damit durchsetzbar ist. Solange ein dem Betroffenen zustehender Gegenstand nicht aus seinem Vermögen abgeflossen ist, muss er dem Aktivvermögen zugerechnet werden, auch wenn insoweit möglicherweise Vollstreckungsmaßnahmen Dritter drohen könnten (BayOLG NJW-RR 2005, 1513; OLG Stuttgart, NJW-RR 2007, 1593). Leistungsbescheide des Landkreises A und der Stadt B, mit denen Rückzahlungsansprüche gegen den Betroffenen zu 1) geltend gemacht wurden, standen deshalb dem Rückgriffsanspruch aus den §§ 1908 i, 1836 e BGB nicht entgegen.
9Dies hat sich jedoch dadurch geändert, dass die genannten Körperschaften den Erbanteil des Betroffenen zu 1) gepfändet und an sich zur Einziehung überwiesen haben und die Pfändungs- und Einziehungsverfügungen vom 10.07.2013 und 11.11.2013 im Grundbuch eingetragen worden sind. Hiermit ist der Anteil des Betroffenen an den beiden Grundstücken in Höhe der den Pfändungen zu Grunde liegenden Forderungen aus seinem Vermögen abgeflossen. Da der Betrag der den Pfändungen zu Grunde liegenden Forderungen höher ist als der Verkehrswert des hälftigen Anteils des Betroffenen zu 1) an den Grundstücken, steht dem Betroffenen zu 1) nunmehr kein Vermögen mehr zur Verfügung, das er zur Erfüllung des Regressanspruchs einsetzen kann.
10C.
11Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 FamFG.Die Entscheidung über den Verfahrenswert beruht auf den §§ 35, 40 FamFG GKG.
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(1) Ist ein Vereinsbetreuer bestellt, so ist dem Verein eine Vergütung und Aufwendungsersatz nach § 1 Abs. 2 in Verbindung mit den §§ 4 bis 5a zu bewilligen. § 1 Abs. 1 sowie § 1835 Abs. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs finden keine Anwendung.
(2) § 6 gilt entsprechend; der Verein kann im Fall von § 6 Satz 1 Vorschuss und Ersatz der Aufwendungen nach § 1835 Abs. 1, 1a und 4 des Bürgerlichen Gesetzbuchs verlangen. § 1835 Abs. 5 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt entsprechend.
(3) Der Vereinsbetreuer selbst kann keine Vergütung und keinen Aufwendungsersatz nach diesem Gesetz oder nach den §§ 1835 bis 1836 des Bürgerlichen Gesetzbuchs geltend machen.
(1) Die Wohnung des Verpflichteten darf ohne dessen Einwilligung nur auf Grund eines richterlichen Beschlusses durchsucht werden. Dies gilt nicht, wenn der Erlass des Beschlusses den Erfolg der Durchsuchung gefährden würde.
(2) Auf die Vollstreckung eines Haftbefehls nach § 94 in Verbindung mit § 802g der Zivilprozessordnung ist Absatz 1 nicht anzuwenden.
(3) Willigt der Verpflichtete in die Durchsuchung ein oder ist ein Beschluss gegen ihn nach Absatz 1 Satz 1 ergangen oder nach Absatz 1 Satz 2 entbehrlich, haben Personen, die Mitgewahrsam an der Wohnung des Verpflichteten haben, die Durchsuchung zu dulden. Unbillige Härten gegenüber Mitgewahrsamsinhabern sind zu vermeiden.
(4) Der Beschluss nach Absatz 1 ist bei der Vollstreckung vorzulegen.
(1) Ist auf Grund einer gerichtlichen Anordnung die Verpflichtung zur Vornahme oder Unterlassung einer Handlung durchzusetzen, kann das Gericht, sofern ein Gesetz nicht etwas anderes bestimmt, gegen den Verpflichteten durch Beschluss Zwangsgeld festsetzen. Das Gericht kann für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Zwangshaft anordnen. Verspricht die Anordnung eines Zwangsgeldes keinen Erfolg, soll das Gericht Zwangshaft anordnen.
(2) Die gerichtliche Entscheidung, die die Verpflichtung zur Vornahme oder Unterlassung einer Handlung anordnet, hat auf die Folgen einer Zuwiderhandlung gegen die Entscheidung hinzuweisen.
(3) Das einzelne Zwangsgeld darf den Betrag von 25 000 Euro nicht übersteigen. Mit der Festsetzung des Zwangsmittels sind dem Verpflichteten zugleich die Kosten dieses Verfahrens aufzuerlegen. Für den Vollzug der Haft gelten § 802g Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2, die §§ 802h und 802j Abs. 1 der Zivilprozessordnung entsprechend.
(4) Ist die Verpflichtung zur Herausgabe oder Vorlage einer Sache oder zur Vornahme einer vertretbaren Handlung zu vollstrecken, so kann das Gericht, soweit ein Gesetz nicht etwas anderes bestimmt, durch Beschluss neben oder anstelle einer Maßnahme nach den Absätzen 1, 2 die in §§ 883, 886, 887 der Zivilprozessordnung vorgesehenen Maßnahmen anordnen. Die §§ 891 und 892 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.
(5) Der Beschluss, durch den Zwangsmaßnahmen angeordnet werden, ist mit der sofortigen Beschwerde in entsprechender Anwendung der §§ 567 bis 572 der Zivilprozessordnung anfechtbar.
(1) Der Beschluss wird wirksam mit Bekanntgabe an den Beteiligten, für den er seinem wesentlichen Inhalt nach bestimmt ist.
(2) Ein Beschluss, der die Genehmigung eines Rechtsgeschäfts zum Gegenstand hat, wird erst mit Rechtskraft wirksam. Dies ist mit der Entscheidung auszusprechen.
(3) Ein Beschluss, durch den auf Antrag die Ermächtigung oder die Zustimmung eines anderen zu einem Rechtsgeschäft ersetzt oder die Beschränkung oder Ausschließung der Berechtigung des Ehegatten oder Lebenspartners, Geschäfte mit Wirkung für den anderen Ehegatten oder Lebenspartner zu besorgen (§ 1357 Abs. 2 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, auch in Verbindung mit § 8 Abs. 2 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), aufgehoben wird, wird erst mit Rechtskraft wirksam. Bei Gefahr im Verzug kann das Gericht die sofortige Wirksamkeit des Beschlusses anordnen. Der Beschluss wird mit Bekanntgabe an den Antragsteller wirksam.