Landgericht Nürnberg-Fürth Endurteil, 13. Apr. 2016 - 4 HK O 1154/16

bei uns veröffentlicht am13.04.2016

Gericht

Landgericht Nürnberg-Fürth

Tenor

I.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen:

II.

Die Verfügungsklägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

III.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Verfügungsklägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Verfügungsbeklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i. H. v. 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 500.000,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Zulässigkeit der Verhängung einer Vergabesperre.

Die Verfügungsklägerin ist ein überregionales und im gesamten Bundesgebiet tätiges Ingenieurunternehmen, das sich auf Baugrunduntersuchungen und Erstellung geotechnischer Gutachten im Rahmen von Großprojekten mit überwiegend öffentlichen Auftraggebern im Sektorenbereich spezialisiert hat.

Die Verfügungsbeklagte ist ... Übertragungsnetzbetreiber in Deutschland. Sie betreibt einen Teil des Höchstspannungsnetzes, der ... der Fläche Deutschlands abdeckt. Sie vergibt u. a. öffentliche Aufträge im Freileitungsbau und für die Instandhaltung und Erneuerung sowie für den Ausbau von Höchstspannungsleitungen. Dem Leitungsbau vorgelagert sind jeweils die Baugrunduntersuchungen, die je nach Schwellenwert nach den Vorgaben der Sektorenverordnung in EU-weiten Ausschreitungen vergeben werden.

Die Verfügungsbeklagte erteilte der Verfügungsklägerin am ... den Auftrag für Baugrunderkundungen, bodenmechanische Laborversuche und die Erstellung geotechnischer Gutachten für einen Teilabschnitt des Neubaus der ... Freileitung von ...

Mit Schreiben vom 08.10.2015 kündigte die Verfügungsbeklagte diesen Vertrag außerordentlich, hilfsweise ordentlich (Anlage Ast 2) mit der Begründung, dass der Verfügungsbeklagten eine längerfristige Zusammenarbeit mit der Verfügungsklägerin nicht mehr zugemutet werden könne, denn das Vertrauensverhältnis sei erheblich erschüttert. Die Verfügungsklägerin habe mit einem ehemaligen Mitarbeiter der Verfugungsbeklagten kollusiv zusammengewirkt; dies sei durch eine jeglichen Grundsätzen des Vergaberechts zuwiderlaufende systematische Manipulation des Vergabeverfahrens erfolgt. Auch hätten Mitarbeiter der Verfügungsklägerin während der Ausschreibung unmittelbar auf deren Ergebnis hingewirkt, namentlich eine Beauftragung zu für die Verfügungsbeklagte ungünstigen Konditionen.

Mit Schreiben vom 10.09.2015 gab die Verfügungsbeklagte der Verfügungsklägerin Gelegenheit zur Stellungnahme zu dort genannten Sachverhalten und legte dar, es gebe konkrete Anhalts- punkte dafür, dass die Verfügungsklägerin ihr überlegenes Wissen gegenüber den fachlichen so- weit nicht versierten Mitarbeitern der Verfügungsbeklagten und ihre Position bei der Vorbereitung und der fachlichen Begleitung von Vergabeverfahren für die Baugrunduntersuchungsaufträge zum Projekt ... und die erlangten Informationen zum Wettbewerbs verhalten anderer Unternehmen ausgenutzt habe, um sich in rechtswidriger Weise einen Vorteil in den Vergabeverfahren zu verschaffen (Anlage Ast 5).

Mit Schreiben vom 08.10.2015 teilte die Verfügungsbeklagte der Verfügungsklägerin mit, sie beabsichtige aufgrund der gravierenden Zweifel an deren Zuverlässigkeit eine dreijährige Vergabesperre zu verhängen und gab Gelegenheit zur Stellungnahme (Anlage Ast 7).

Die Verfügungsklägerin nahm hierzu Stellung (Anlage Ast 8) und beantragte den Erlass einer einstweiligen Verfügung; in diesem Verfügungsverfahren (Az. 4 HK O 8559/15, Landgericht Nürnberg-Fürth) wurde auf den 18.12.2015 Termin bestimmt.

Nach einer Besprechung/Anhörung am 09.12.2015 nahm die Verfügungsklägerin den Verfügungsantrag zurück. Am 19.01.2016 ließ die Verfügungsbeklagte der Verfügungsklägerin mitteilen, dass keine Einigung möglich sei.

Mit Schreiben vom 20.01.2016 ließ die Verfügungsbeklagte der Verfügungsklägerin die Gründe für deren Zweifel an der Zuverlässigkeit der Verfügungsklägerin mitteilen und kündigte am dass die Verfügungsbeklagte die Verfügungsklägerin für einen Zeitraum von 3 Jahren von allen Vergabeverfahren ausschließen werde, wenn deren Ausführungen keine hinreichende Grundlage für eine anders lautende Entscheidung bieten sollten (Anlage Ast 10).

Der streitgegenständliche Verfügungsantrag vom 15.02.2016 ging am 18.02.2016 bei Gericht ein.

Die Verfügungsklägerin trägt vor, sie habe nicht mit einem ehemaligen Mitarbeiter der Verfügungsbeklagten kollusiv zusammengewirkt. Sie habe auch nicht Vergabeverfahren systematisch manipuliert oder hinter dem Rücken und zulasten der Verfügungsbeklagten agiert. Sie habe zwar auf Verlangen von Mitarbeitern der Verfügungsbeklagten u. a. bei der Ausschreibung des Leitungsbauprojekts W.-M. dadurch mitgewirkt, dass sie das Leistungsverzeichnis entworfen und diesbezügliche und sonstige Fragen der Mitarbeitet der Verfügungsbeklagten, insbesondere zu der sich beim Projekt ... ergebenden Erdfallproblematik und zu Kranstellflächen, beantwortet habe. Sie sei aber nicht von der Verfügungsbeklagten auf die Risiken hingewiesen worden, die sich aus der Erlangung eines Projektantenstatus im Vergabeverfahren ergeben konnten. Es sei allein Sache der Verfügungsbeklagten, gewesen, die Mitbewerber in der gebotenen Weise davon zu unterrichten, dass die Verfügungsklägerin sie im Rahmen der Ausschreibung auf Anforderung beraten habe.

Die geschlossenen Verträge habe sie mangelfrei ausgeführt. Sie habe auch nicht Leistungen in Rechnung gestellt, die nie erbrach! worden seien.

Die Verfügungsklägerin habe die Preise der Firma ... zu deren Preisangebot für das ... nicht gekannt. Auch beim ... und ... habe die Verfügungsklägerin keinen Einfluss auf das Verfahren gehabt noch habe sie die Angebote der Mitbewerber gekannt Sie habe auch nicht Baufirmen, die von der Verfügungsbeklagten zur Durchführung des Leitungsbauprojektes beauftragt worden seien, treuwidrig beraten. Sie habe lediglich auf Wunsch der Verfügungsbeklagten für diese Firmen eine Zuwendungskonzeption erstellt, die allerdings nicht ausgeführt worden sei. Die Unterstützung der Baufirmen sei erst nach Abschluss der Vergaben erfolgt.

Außerdem habe sie durch geeignete Compliance-Regelungen sichergestellt, dass jegliche Verfehlungen der hier behaupteten Art künftig unterblieben. Schon im September 2015 sei ein erstes Mitarbeiter-Audit durchgeführt worden. Es seien Compliance-Richtlinien erarbeitet worden. Die Frage nach personellen Konsequenzen in Form von Mitarbeiter-Entlassungen habe sich nicht gestellt.

Die Verfügungsklägerin trägt vor sie wäre von einer Vergabesperre besonders schwer getroffen, weil sie fast ausschließlich im Bereich Energie und Verkehr tätig sei. Im Energiebereich übe die Verfügungsbeklagte als ... Übertragungsnetzbetreiber ... annähernd eine Monopolstellung aus ... Der gesamte Bereich vor Baugrunduntersuchungen von Übertragungsnetzen von Energie, mit dem die Verfügungsklägerin in der Vergangenheit ca. 90% ihres Umsatzes bestritten habe, wäre für sie fortan nicht mehr zugänglich. Eine Vergabesperre würde sich dementsprechend existenzvernichtend für sie auswirken.

Die Verfügungsklägerin hat in der Antragsschrift folgenden Antrag angekündigt:

1.

Der Antragsgegnerin wird bis zur Entscheidung des Landgerichts Bayreuth Az. 13 HK O 63/15 zur Frage, ob die Antragsgegnerin berechtigt war, den Vertrag vom 02.04.2015 Nr. 4529034613 zur Durchführung von Baugrunderkundungen, Laborversuchen und Gutachterstellung für das ... Leitungsbauprojekt ... wegen Vorliegens eines wichtigen Grundes außerordentlich zu kündigen, untersagt,

hilfsweise, bis zur Entscheidung des Gerichts in der Hauptsache über ein von der Antragstellerin -innerhalb einer vom Verfügungsgericht zu setzenden Frist zu erhebenden Hauptsacheklage über die Zulässigkeit einer Vergabesperre,

gegen die Antragstellerin für die Dauer von bis zu drei Jahren eine Vergabesperre aus den nachfolgenden Gründen zu verhängen:

a)

vermeintliche Übernahme der Preise eines Mitbewerbers aus einem Leistungsverzeichnis für das Projekt ... für ein Preisangebot der Antragstellerin in ein Leistungsverzeichnis für ein späteres Projekt ...

b)

Überarbeitung eines Preisangebots der Antragstellerin für das Projekt ... und ... nach einem Bietergespräch,

c)

Beantwortung von Fragen anderer Bieter auf Anforderung der Antragsgegnerin trotz eigener Beteiligung am Vergabeverfahren und Entwerfen von Fragen für die Teilnahme an der Ausschreibung bzw. im Vergabeverfahren,

d)

vermeintliche Beratertätigkeiten für ausführende Bauunternehmen beim Projekt ... während des Vergabeverfahrens,

e)

Abrechnung nicht erbrachter Leistungen und vermeintlich mangelhafte Erstellung von Gründungsgutachten,

f)

vermeintlich nicht dargelegte ausreichende Selbstreinigungsmaßnahmen,

g)

kollusives Zusammenwirken mit einem früheren Mitarbeiter der Antragsgegnerin,

h)

Mitwirkung an einer vermeintlichen Aufblähung des Leistungsverzeichnisses für das Projekt ...

i)

sonstige Einflussnahmen oder Beantwortung von Fragen/Abgabe nachgefragter Stellungnahmen zum Projekt ...

In der mündlichen Verhandlung haben beide Parteien das Verfahren hinsichtlich dieses Verfügungsantrages übereinstimmend für erledigt erklärt.

Die Verfügungsklägerin beantragt nunmehr:

1.

der Antragsgegnerin aufzugeben, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zur Höhe von bis zu € 250.000,00 und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, wobei die Ordnungshaft an den Mitgliedern der Geschäftsführung der Antragsgegnerin zu vollziehen ist und insgesamt zwei Jahre nicht übersteigen darf, zu untersagen, Vergabestellen, die der Sektoren Verordnung unterliegen, oder sonstigen Vergabesteilen und sonstigen Dritten, insbesondere Tiefbauunternehmen und Ingenieurbüros, die im Bereich von Baugrunduntersuchungen tätig sind, mitzuteilen, das sie unter dem 03.03.2016 eine Vergabesperre gegen die Antragstellerin verhängt habe, hilfsweise deren inhaltliche Bekanntgabe zu unterlassen, bis der Rechtsstreit unter den Parteien über die Aufhebung des Vergabesperre (Landgericht Nürnberg-Fürth, Aktenzeichen: 4 HK O 2043/16) in erster Instanz entschieden ist;

2.

der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Verfügung aufzugeben, die Antragstellerin bei Vergabeverfahren unter- und oberhalb der Schwellenwerte gem. § 1 SektVO bis zur Entscheidung des vorgenannten Rechtsstreits in erste Instanz nicht aufgrund der Verhängung der Vergabesperre auszuschließen, d. h. bis zur Entscheidung des Rechtsstreits in der Hauptsache der Antragsteller^ gegenüber die Vergabesperre in Ausschreibungen und Vergabeverfahren vorläufig nicht anzuwenden.

Die Verfügungsbeklagte beantragt:

1.

Die Anträge zu 1. und 2. auf Erlass einer einstweiligen Verfügung aus dem Schriftsatz vom 31. März 2016 zurückzuweisen.

Die Verfügungsbeklagte trägt vor, die Verfügungsklägerin habe mit einem ehemaligen Mitarbeiter der Verfügungsbeklagten zu deren Nachteil zusammengewirkt. Die Verfügungsklägerin habe alle sieben im Zeitraum von März 2014 - April 2015 von der Verfügungsbeklagten vergebenen Aufträge im Bereich Baugrunduntersuchung (für den Bau von Freileitungsmasten), die in die Zuständigkeit des Standortes ... gefallen seien, erhalten. Im Ergebnis habe sie sich Aufträge mit einem Gesamtwert von ca. ... Euro verschafft. Der Geschäftsführer der Verfügungsklägerin, ... sei mit einem ehemaligen Mitarbeiter der Verfügungsbeklagten, der für die streitgegenständlichen Ausschreibungen im Bereich Baugrunduntersuchungen zuständig gewesen sei, befreundet und mit ihm per du. Dieser Mitarbeiter der Verfügungsbeklagten, ... sei vom Geschäftsführer der Verfügungsklägerin zum Essen eingeladen worden, man habe sich in Restaurants getroffen.

Erhalte stets derselbe Wettbewerbsteilnehmer den Zuschlag, so sei dies ein deutlicher Indikator dafür, dass die entsprechenden Vergabeverfahren nicht nach Maßgabe eines freien Wettbewerbs durchgeführt worden seien, sondern mit großer Wahrscheinlichkeit rechtswidrige Absprachen getroffen worden seien.

Für eine bevorstehende Auftragsvergabe habe die Verfügungsklägerin das Leistungsverzeichnis für Baugrunduntersuchungen erstellt und diese Mitwirkung zu ihren Gunsten ausgenutzt; dies über eine bewusste Manipulation und Aufblähung des Leistungsverzeichnisses durch die Verfügungsklägerin zu ihrem Vorteil. So habe die Verfügungsklägerin das Leistungsverzeichnis mittels Eintragung ihres eigenen Mengengerüstes angepasst, das zum Maßstab für alle Bieter geworden sei.

Bei dem Projekt ... bestehe der dringende Verdacht, dass von der Verfügungsklägerin abgerechnete Leistungen tatsächlich nicht erbracht worden seien (auf den Vortrag unter Ziffer 3 der Schutzschrift wird Bezug genommen).

Außerdem habe die Verfügungsklägerin Kenntnis der Angebote anderer Bieter gehabt und dies bei der eigenen Angebotserstellung ausgenutzt. Bei der Ausschreibung zu dem Projekt ... habe neben der Verfügungsklägerin auch die Firma ... teilgenommen. Bei den nachfolgenden beiden Ausschreibungen habe die Verfügungsklägerin ein Angebot mit Preisen abgegeben, die in 52 von 53 direkt vergleichbaren Positionen mit den Preisen des Angebots der Firma ... bei dem Auftrag ... übereinstimmten (Anlagen Ag 5 und Ag 6).

Bei der Vergabe des ... Vertrages habe die Verfügungsklägerin die Antworten für die Verfügungsbeklagte auf Fragen von Bietern vorbereitet obwohl sie selbst an dem Bieterverfahren teilgenommen habe. Es sei ohne Weiteres erkennbar, dass ein Bieter nicht als Berater zur Beantwortung von Fragen anderer Bieter herangezogen werden dürfe. Auch habe die Verfügungsklägerin unaufgefordert Anmerkungen zu weiteren Fragen gemacht Auf diese Weise sei der Verfügungsklägerin auch die Identität ihrer Mitbewerber bekannt geworden.

Ferner habe die Verfügungsklägerin Fragen an ihre Wettbewerber entworfen, die sie selbst in den anstehenden Verhandlungen habe beantworten können, auf die sich die Wettbewerber aber nicht hätten vorbereiten können (Anlage Ag 8). Weiterhin habe die Verfügungsklägerin nicht oder nicht wie geschuldet erbrachte Leistungen abgerechnet, sowie nicht entstandene Stillstandszeiten berechnet.

Hinsichtlich des Projektes ... sei die Verfügungsklägerin im vorgelagerten Verfahren über Baugrunduntersuchungen als Berater für die Verfügungsbeklagte tätig gewesen, habe dann selbst als Bieter in diesem Verfahren teilgenommen, und sei als Berater für andere Bauunternehmen im darauf folgenden Verfahren über die Bauausführung in Erscheinung getreten.

Die Verfügungsbeklagte rügt das Fehlen eines Verfügungsgrundes. Die Verfügungsklägerin könne sich an die zuständige Vergabekammer wenden, wenn sie in einem künftigen konkreten Vergabeverfahren 'auf Grundlage der Vergabesperre ausgeschlossen werde. Einer einstweiligen Verfügung bedürfe es daher nicht. Auch würde die beantragte einstweilige Verfügung die Verfügungsbeklagte nicht hindern, die Verfügungsklägerin von einem künftigen konkreten Vergabeverfahren auf Grundlage einer individuellen Einschätzung über deren Zuverlässigkeit von einer Teilnahme auszuschließen.

Die Verfügungsbeklagte legt dar, Vergabesperren seien grundsätzlich zulässig. Weiter sei aufgrund der dargelegten zahlreichen gravierenden Rechtsverstöße der Verfügungsklägerin, die zum Teil bewiesen, zum Teil sehr naheliegend seien, klar, dass die Zuverlässigkeit der Verfügungsklägerin als eindeutig widerlegt anzusehen sei. Auch die mangelnde Bereitschaft, sich von den verantwortlichen Mitarbeitern und Gesellschaftern zu trennen, evtl. entstandene Schäden zu ersetzen und umfassende Compliance-Maßnahmen zu ergreifen, zeige, dass auch mittelfristig nicht mit einer Wiederherstellung der Zuverlässigkeit zu rechnen sei. Außerdem lasse der Geschäftsführer der Verfügungsklägerin, ... jegliche Einsicht in das verwirklichte Unrecht vermissen. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sei gewahrt.

Die Verfügungsbeklagte trägt ergänzend vor, es sei nicht abschließend geklärt, ob sie den Vorgaben des GWB-Vergaberechts unterliege, sie unterwerfe sich aber freiwillig diesen Vorgaben.

Hinsichtlich des nunmehr gestellten Verfügungsantrags Ziffer 2 fehle es am Verfügungsgrund. Außerdem fehle eine Rechtsgrundlage für den neuen Verfügungsantrag in Ziffer 1. Vermeintliche negative Folgen für den Geschäftsbetrieb der Verfügungsklägerin seien bereits in der Ermessensentscheidung der Verfügungsbeklagten berücksichtigt worden. Auch könne der Verfügungsbeklagten nicht untersagt werden, wahre Tatsachen zu verbreiten.

Die Verfügungsklägerin trägt ergänzend vor, die Grundsätze der Selbstwiderlegung seien nicht anwendbar, auch wenn die Absicht der Verhängung einer Vergabesperre aufgrund der Mehrzahl der angegebenen Gründe seit längerem bekannt sei. Am 20.01.2016 habe die Verfügungsbeklagte mitgeteilt an der Absicht der Verhängung einer Vergabesperre festzuhalten.

Die Verfügungsklägerin behauptet, gesicherte Erkenntnisse fehlten, die eine Sperre rechtfertigen könnten. Die verhängte Vergabesperre beruhe auf Vermutungen und Verdächtigungen. Sie habe einen Anspruch darauf, dass die Vergabesperre vorläufig ausgesetzt werde und nicht im geschäftlichen Verkehr gegenüber Wettbewerbern, Tiefbauunternehmen und sonstigen Dritten kommuniziert werde, auch nicht gegenüber anderen Vergabesteilen.

Eine Vergabesperre habe Signalwirkung auch für andere Vergabestellen und bewirke einen Dominoeffekt. Sie könne nur bei gesicherten Erkenntnissen über schwere Verfehlungen verhängt werden. An den Nachweis der Unzuverlässigkeit seien höchste Anforderungen zu stellen.

Die Verfügungsklägerin sei weder Täter noch Teilnehmer strafbarer Vergaberechtshandlungen. Säe habe keine Leistungen mangelhaft erbracht oder betrügerisch abgerechnet und es bestünden keine Risiken für Leib, Leben, Eigentum oder Versorgungssicherheit. Sie habe auch nicht gegen Grundsätze des Geheimwettbewerbs verstoßen noch sich rechtswidrig Vorteile oder Kenntnisse verschafft, die sie bevorteilt hätten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

In der mündlichen Verhandlung wurde auch über für die Vergabesperre behauptete Gründe gesprochen.

Beweis ist nicht erhoben worden.

Gründe

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist zurückzuweisen. Es besteht weder ein Verfügungsgrund noch ein Verfügungsanspruch.

1.

Die ausschließliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts ergibt sich aus §§ 87, 89 Abs. 1 GWB;33Abs. 1 GZVJu.

Der Zivilrechtsweg ist unabhängig vom Erreichen der EG-Schwellenwerte gegeben. Eine ausschließliche Zuständigkeit der Vergabekammer besteht nur für Ansprüche auf Vornahme oder Unterlassen einer Handlung in einem Vergabeverfahren, § 104 Abs. 2 GWB.

2.

Ein Rechtschutzbedürfnis ist gegeben (KG, NZBau 2012, 56, 59; NZBau 2012, 383).

Ein Verfügungsgrund liegt jedoch nicht vor.

a.

Es mag dahinstehen, ob ein Verfügungsgrund fehlt wenn kein weiteres Vergabeverfahren läuft und auch nicht konkret in Zukunft zu erwarten ist'(vgl. OLG Köln, NZBau 2013, 600), da diese Voraussetzungen hier nicht vorliegen. Es laufen sowohl weitere Vergabeverfahren und sind nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Verfügungsklägerin noch weitere zu erwarten.

b.

Der Verfügungsgrund fehlt wegen Selbstwiderlegung, wenn der Antragsteller nach Eintritt der Gefährdung mit einem Antrag zuwartet oder das Verfahren nicht zügig betreibt. Selbstwiderlegung kann einen an sich glaubhaften Verfügungsgrund entkräften. Diese Grundsätze enthalten einen verallgemeinerungsfähigen Ausschlussgedanken hinsichtlich des Verfügungsgrundes, der in anderen Rechtsgebieten als dem Wettbewerbsecht ebenfalls Gültigkeit besitzt (Münchener Kommentar ZPO, § 935 ZPO: Rn. 18).

Ein Zuwarten von mehr als einem Monat ist dringlichkeitsschädlich (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.05.2012, Az. Vl-W (Kart) 5/12).

Ist der Verletzte gegen einen früheren Verstoß nicht vorgegangen, so fehlt die Dringlichkeit für einen Antrag auf Untersagung eines neuerlichen Verstoßes, sofern dieser zumindest im Kern vergleichbar ist. Umgekehrt fehlt es dann nicht an der Dringlichkeit, wenn sich Art oder Umfang des Verstoßes wesentlich ändern und die neue Verletzungshandlung für den Antragsteller schwerer wiegt als der frühere Verstoß (OLG Düsseldorf a. a. O.):

c.

Bereits mit Schreiben vom 08.10.2015 hat die Verfügungsbeklagte eine dreijährige Vergabesperre angekündigt und Gelegenheit zur Stellungnahme hierzu gegeben (Anlage AST7). Bereits am 02.11.2015 hat die Verfügungsklägerin einen Verfügungsantrag auf Untersagung bei Gericht eingereicht, eine Vergabesperre gegen sie für die Dauer von bis zu drei Jahren zu verhängen. Diesen Verfügungsantrag hat sie wieder zurückgenommen.

Nach dem eigenen Vortrag der Verfügungsklägerin ist die Absicht der Verhängung einer Vergabesperre aufgrund der Mehrzahl der angegebenen Gründe seit längerem bekannt (Schriftsatz vom 10.03.2016). Diese Kündigungsgründe finden sich bereits in dem Schreiben vom 08.10.2015 (Androhung einer Vergabesperre, Anlage AST7, sowie Kündigung, Anlage AST2) und vom 10.09.2015 (Anlage AST5). Die Verfügungsklägerin hat sich auch mit den jeweiligen Vorwürfen auseinandergesetzt und die angebotenen Gelegenheiten zur Stellungnahme genutzt.

Soweit im Verfügungsantrag Ziffer 1. vom 15.02.2016 noch weitere mögliche Gründe für eine Vergabesperre enthalten sind, die vor dem Schreiben vom 20.01.2016 (Anlage AST10) nicht mitgeteilt worden sein sollten, kommt es hierauf nicht entscheidend an, da die Aufzählung in Ziffer 1 a-i) im Antrag vom 15.02.2016 kumulativ zu verstehen ist - es sich bei Ziffer 1 i) gar um einen Auffangtatbestand handelt - und Streitgegenstand nicht eine Vergabesperre wegen eines einzelnen oder einzelner der in Ziffer 1 des Verfügungsantrages vom 15.02.2016 aufgelisteten Gründe ist.

Überdies richten sich die neuen Verfügungsanträge vom 31.03.2016 gegen die bereits verhängte Vergabesperre an sich und differenzieren nicht nach einzelnen Begründungen für diese.

d.

Für den mit dem Verfügungsantrag vom 15.02.2016 geltend gemachten Verfügungsanspruch, der auf eine Erstbegehungsgefahr (der Verhängung einer Vergabe) gestützt war, fehlte es von Anfang an an der Dringlichkeit, da die maßgeblichen Umstände - wie dargelegt - der Verfügungsklägerin bereits seit Monaten bekannt waren.

e.

Durch die Verhängung der Vergabesperre kam es nicht zu einem Wiederaufleben der Dringlichkeit

Nach wohl noch überwiegender Meinung soll die Verfolgung der Begehungshandlung wieder dringlich sein, wenn der Gläubiger die ihm bekannte vorherige Begehungsgefahr für die gleiche Handlung nicht zum Anlass eines rechtzeitigen Vorgehens genommen hatte. Dies mag für das Verhältnis zwischen Markenanmeldung und Markenbenutzung sowie bei bestimmten Titelschutzanzeigen so gelten. Im Übrigen aber kann die Annahme einer neuen Dringlichkeit allenfalls für solche Fälle gelten, in denen die spätere Verletzungsanhandlung wirklich eine andere Qualität aufweist als diejenige, deren Begehung drohte. Entspricht dagegen die Verletzungsform ihrer Ankündigung, so besteht kein Grund für eine neue Dringlichkeit; denn wer keinen Anlass sieht, eine real drohende (konkrete) Gefahr vorbeugend abzuwehren, kann nicht längere Zeit später glaubhaft geltend machen, sein nunmehriges Vorgehen gegen die Realisierung eben dieser Gefahr sei dringlich (Teplizky, wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 11. Auflage, Kapitel 54, Rn. 37a). Dies muss vorliegend auch für die streitgegenständlichen neuen Verfügungsanträge auf Mitteilung und Anwendung der verhängten Vergabesperre gelten.

Ist wegen zu langem Zuwartens die Dringlichkeit für die Verfolgung eines vorbeugenden Unterlassungsanspruch' entfallen, besteht auch für die Verfolgung eines auf Wiederholungsgefahr gestützten Unterlassungsanspruchs keine (erneute) Dringlichkeit, es sei denn, die begangene Verletzungshandlung weist eine andere Qualität auf als die Handlung, deren Begehung drohte (OLG Stuttgart, Urteil vom 25.02.2009, Az. 4 U 204/08; OLG Hamm, Urteil vom 22.10.2013, Az. 4 U 66/13; OLG Hamburg, GRUR-RR 2008,100).

f.

Soweit sich die Verfügungsklägerin auf das Gespräch vom 09.12-2015 beruft, ergibt sich auch hieraus kein Verfügungsgrund.

Es schlössen sich keine Vergleichsverhandlungen an, sondern eine unbestimmt fange Zeit zur Prüfung durch die Verfügungsbeklagte. Es mag hier dahinstehen, ob sinnvolle/erfolgversprechende Vergleichsbemühungen zu einer Verlängerung der Monatsfrist führen können. Für eine einseitige, unbestimmt lange Überlegungsfrist kann dies jedenfalls nicht gelten.

Soweit die Verfügungsklägerin drei Wochen Vorlaufzeit für den Fall erhalten sollte, dass die Verhängung einer Vergabesperre nicht vom Tisch sei, kann hierdurch kein neuer Verfügungsgrund geschalten werden. Die Eilbedürftigkeit Ist eine von Amts wegen zu prüfende Prozessvoraussetzung.

Erst am 20.01.2016 hat die Verfügungsbeklagte erneut eine Vergabesperre angedroht, mithin 6 Wochen nach dem Gespräch vom 09.12.2015.

Wegen des fehlenden Verfügungsgrundes ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

4.

Es besteht auch kein Verfügungsanspruch.

a.

Zwar ist eine besondere gesetzliche Ermächtigung "für die Verhängung einer Vergabesperre nicht erforderlich, aber Voraussetzung ist, dass der Adressat der Vergabesperre die ihm obliegenden rechtlichen Pflichten in einem solchen Maße verletzt hat, dass die für eine Zusammenarbeit erforderliche Vertrauensbasis zerstört ist und es dem Auftraggeber nicht zuzumuten ist, mit dem Auftragnehmer ein Auftragsverhältnis einzugehen. Für das Vorliegen einer derartigen schweren Verfehlung ist der Auftraggeber darlegungs- und beweispflichtig. Bloße Verdachtsmomente genügen nicht, eindeutige Belege sind notwendig.

Eine schwere Verfehlung kann sich auch aus der Nicht- bzw. Schlechterfüllung vertraglicher Pflichten ergeben (EuGH, NZBau 2013, 116; hierzu Prieß, Friton: Eignung zum Ausschluss, NZBau 2013, 214). Indiztatsachen können ausreichen, wenn sie von einigem Gewicht sind und auf gesicherten Kenntnissen aus seriösen Quellen stammen (Dreher/Motzke Beck'scher Vergaberechtskornmentar, § 16 V.OB/A: Rn. 160).

Die Verfügungsbeklagte durfte und darf erwarten, dass ein zuverlässiger Geschäftspartner bei laufendem Vergabeverfahren besonders sorgfältig zwischen den Interessen seines eigenen Unternehmens und denen der Verfügungsbeklagten trennen würde (Landgericht Frankfurt a. M. NZBau 2004, 630). Dies ist nicht geschehen.

b.

Die Verfügungsklägerin hat nicht nur auf Auftrag der Verfugungsbeklagten ein Leistungsverzeichnis erstellt, sondern ein von ihr erstelltes Mengengerüst vorgegeben, das dann für alle Bieter verbindlich geworden ist. Solches Vorgehen führt offensichtlich zu einem Vorteil für die Verfügungsklägerin.

c.

Die Verfügungsklägerin hat nicht nur auf Wunsch der Verfügungsbeklagten Fragen beantwortet die von anderen Bietern an die Verfügungsbeklagte gestellt wurden, sondern sie hat auf Eigeninitiative hin weitere Fragen der Verfügungsbeklagten mitgeteilt (Anlagen AG7 und Ag8). Damit konnte sich die Verfügungsklägerin einen Vorteil im Verfahren der Auftragsvergabe verschaffen, da sie als einzige die zu erwartenden Fragen kannte und ihre Antworten vorbereiten konnte; die anderen Bieter wurden von den Fragen überrascht.

d.

Es bestehen deutliche Indizien für eine Kenntnis der Verfügungsklägerin vom Angebot der Firma ... vom ... (Anlagen AG5 und AG6). Es ist unstreitig, dass sich eine Vielzahl der von der Verfügungsklägerin angebotenen Preise mit denen im Angebot der Firma ... gleichen. Da nach der Lebenserfahrung eine derartige Identität bei einer Vielzahl von Einzelpreisen mehr als äußerst unwahrscheinlich ist, spricht dies für eine Kenntnis der Verfügungsklägerin von diesen Preisen.

e.

Es bestand eine deutlich über das geschäftsmäßig Veranlasste hinausgehende persönliche Bekanntschaft zwischen leitenden Mitarbeitern der Verfügungsklägerin und dem ehemaligen Mitarbeiter der Verfügungsbeklagten ... Die Tatsache, dass alle sieben in der Zeit von März 2014 bis April 2015 von der Verfügungsbeklagten vergebenen Aufträge im Bereich Baugrunduntersuchung für den Bau von Freileitungsmasten, die in die Zuständigkeit des Standortes ... entfallen, an die Verfügungsklägerin gingen, stellt ein weiteres Indiz für ein unzulässiges Wettbewerbsverhalten dar.

Die Verfügungsbeklagte hat gerügt dass bei dem Projekt ... Leitung ... eine Vielzahl von Leistungsnachweisen nicht vorlägen (Anlage AG10). Soweit der Verfügungsklägervertreter hierzu in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, diese Vorlage von Nachweisen sei geführt worden und hierzu Herrn ... als präsenten Zeugen mitgebracht hatte, konnte diesem Beweisangebot nicht nachgekommen werden. Es handelte sich um einen Ausforschungsbeweis, da nicht vorgetragen war. wer wann wem welche Nachweise wie hatte zukommen lassen.

Auch dies begründet ein Indiz für einen Verdacht für ein vertragswidriges Verhalten der Verfügungsklägerin.

g.

Die Verfügungsklägerin kann sich nicht darauf berufen, dass die Fragen von der Verfügungsbeklagten an sie gestellt worden seien. Zum einen hat sie von sich aus weitere Fragen - unaufgefordert - mitgeteilt und zum anderen musste die Verfügungsklägerin auch bei Beteiligung von Mitarbeitern der Verfügungsbeklagten bzw. wenn von den Letztgenannten Anfragen oder Aufforderungen an sie ergingen., selbstständig prüfen, ob sie diesen Wünschen nachkommen konnte. Keineswegs ist die Verfügungsklägerin von jedem Verdacht frei, wenn sich auch Mitarbeiter der Verfügungsbeklagten falsch verhalten haben, hat doch die Verfügungsklägerin dann die sich ergebenden Gelegenheiten zu Ungunsten ihrer Vertragspartnerin ausgenutzt. Die Verfügungsbeklagte konnte aber erwarten, dass ein zuverlässiger Geschäftspartner bei einem laufenden Vergabeverfahren besonders sorgfältig zwischen den Interessen seines eigenen Unternehmens und denen des Auftraggebers trennen würde. Die Verfügungsklägerin hätte in entsprechenden Fällen auf Leitungsebene an die Verfügungsbeklagte herantreten können und müssen, um sich zu vergewissern, dass die an sie herangetragenen Wünsche und Aufträge in Ordnung gingen. Dies ist nicht geschehen.

h.

In der Gesamtschau bestehen hinreichende Anhaltspunkte - zum Teil unstreitig bzw. durch Schriftstücke nachgewiesen - dafür, dass die Verfügungsklägerin die ihr obliegenden Pflichten in einem derartigen Maße verletzt hat, dass es der Verfügungsbeklagten nicht zuzumuten ist bzw. war, mit der Verfügungsklägerin weiter zusammenzuarbeiten.

Die verhängte Vergabesperre ist daher, auch hinsichtlich der Dauer von drei Jahren, als rechtmäßig anzusehen.

5.

Die dargelegte Würdigung bezieht sich nicht nur auf den ursprünglichen Verfügungsantrag vom 15.02.2016, hinsichtlich dessen das Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist, sondern auch hinsichtlich der neugestellten Verfügungsanträge vom 31.03.2016. Eine rechtmäßig verhängte Vergabesperre darf auch kommuniziert und natürlich angewendet werden.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Landgericht Nürnberg-Fürth Endurteil, 13. Apr. 2016 - 4 HK O 1154/16

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Landgericht Nürnberg-Fürth Endurteil, 13. Apr. 2016 - 4 HK O 1154/16

Referenzen - Gesetze

Landgericht Nürnberg-Fürth Endurteil, 13. Apr. 2016 - 4 HK O 1154/16 zitiert 8 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 935 Einstweilige Verfügung bezüglich Streitgegenstand


Einstweilige Verfügungen in Bezug auf den Streitgegenstand sind zulässig, wenn zu besorgen ist, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts einer Partei vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte.

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 87 Ausschließliche Zuständigkeit der Landgerichte


Für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten, die die Anwendung von Vorschriften des Teils 1, des Artikels 101 oder 102 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union oder des Artikels 53 oder 54 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsrau

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 104 Verteidigungs- oder sicherheitsspezifische öffentliche Aufträge


(1) Verteidigungs- oder sicherheitsspezifische öffentliche Aufträge sind öffentliche Aufträge, deren Auftragsgegenstand mindestens eine der folgenden Leistungen umfasst: 1. die Lieferung von Militärausrüstung, einschließlich dazugehöriger Teile, Baut

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 89 Zuständigkeit eines Landgerichts für mehrere Gerichtsbezirke


(1) Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung bürgerliche Rechtsstreitigkeiten, für die nach § 87 ausschließlich die Landgerichte zuständig sind, einem Landgericht für die Bezirke mehrerer Landgerichte zuzuweisen, wenn eine solc

Sektorenverordnung - SektVO 2016 | § 1 Anwendungsbereich


(1) Diese Verordnung trifft nähere Bestimmungen über das einzuhaltende Verfahren bei der dem Teil 4 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen unterliegenden Vergabe von Aufträgen und die Ausrichtung von Wettbewerben zum Zwecke von Tätigkeiten auf

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Landgericht Nürnberg-Fürth Endurteil, 13. Apr. 2016 - 4 HK O 1154/16 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

Landgericht Nürnberg-Fürth Endurteil, 13. Apr. 2016 - 4 HK O 1154/16 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 25. Feb. 2009 - 4 U 204/08

bei uns veröffentlicht am 25.02.2009

Tenor 1. Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 09. Oktober 2008 - Az.: 17 O 466/08 - wie folgt abgeändert : Der Antrag des Verfügungsklägers vom 11.08.2008 auf Erlass einer ein

Referenzen

(1) Diese Verordnung trifft nähere Bestimmungen über das einzuhaltende Verfahren bei der dem Teil 4 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen unterliegenden Vergabe von Aufträgen und die Ausrichtung von Wettbewerben zum Zwecke von Tätigkeiten auf dem Gebiet der Trinkwasser- oder Energieversorgung oder des Verkehrs (Sektorentätigkeiten) durch Sektorenauftraggeber.

(2) Diese Verordnung ist nicht anzuwenden auf die Vergabe von verteidigungs- oder sicherheitsspezifischen öffentlichen Aufträgen.

(3) Für die Beschaffung im Wege von Konzessionen im Sinne des § 105 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen gilt die Verordnung über die Vergabe von Konzessionen.

Für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten, die die Anwendung von Vorschriften des Teils 1, des Artikels 101 oder 102 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union oder des Artikels 53 oder 54 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum betreffen, sind ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstands die Landgerichte ausschließlich zuständig. Satz 1 gilt auch, wenn die Entscheidung eines Rechtsstreits ganz oder teilweise von einer Entscheidung, die nach diesem Gesetz zu treffen ist, oder von der Anwendbarkeit des Artikels 101 oder 102 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union oder des Artikels 53 oder 54 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum abhängt.

(1) Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung bürgerliche Rechtsstreitigkeiten, für die nach § 87 ausschließlich die Landgerichte zuständig sind, einem Landgericht für die Bezirke mehrerer Landgerichte zuzuweisen, wenn eine solche Zusammenfassung der Rechtspflege in Kartellsachen, insbesondere der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung, dienlich ist. Die Landesregierungen können die Ermächtigung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.

(2) Durch Staatsverträge zwischen Ländern kann die Zuständigkeit eines Landgerichts für einzelne Bezirke oder das gesamte Gebiet mehrerer Länder begründet werden.

(3) Die Parteien können sich vor den nach den Absätzen 1 und 2 bestimmten Gerichten auch anwaltlich durch Personen vertreten lassen, die bei dem Gericht zugelassen sind, vor das der Rechtsstreit ohne die Regelung nach den Absätzen 1 und 2 gehören würde.

(1) Verteidigungs- oder sicherheitsspezifische öffentliche Aufträge sind öffentliche Aufträge, deren Auftragsgegenstand mindestens eine der folgenden Leistungen umfasst:

1.
die Lieferung von Militärausrüstung, einschließlich dazugehöriger Teile, Bauteile oder Bausätze,
2.
die Lieferung von Ausrüstung, die im Rahmen eines Verschlusssachenauftrags vergeben wird, einschließlich der dazugehörigen Teile, Bauteile oder Bausätze,
3.
Liefer-, Bau- und Dienstleistungen in unmittelbarem Zusammenhang mit der in den Nummern 1 und 2 genannten Ausrüstung in allen Phasen des Lebenszyklus der Ausrüstung oder
4.
Bau- und Dienstleistungen speziell für militärische Zwecke oder Bau- und Dienstleistungen, die im Rahmen eines Verschlusssachenauftrags vergeben werden.

(2) Militärausrüstung ist jede Ausrüstung, die eigens zu militärischen Zwecken konzipiert oder für militärische Zwecke angepasst wird und zum Einsatz als Waffe, Munition oder Kriegsmaterial bestimmt ist.

(3) Ein Verschlusssachenauftrag im Sinne dieser Vorschrift ist ein Auftrag im speziellen Bereich der nicht-militärischen Sicherheit, der ähnliche Merkmale aufweist und ebenso schutzbedürftig ist wie ein Auftrag über die Lieferung von Militärausrüstung im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 oder wie Bau- und Dienstleistungen speziell für militärische Zwecke im Sinne des Absatzes 1 Nummer 4, und

1.
bei dessen Erfüllung oder Erbringung Verschlusssachen nach § 4 des Gesetzes über die Voraussetzungen und das Verfahren von Sicherheitsüberprüfungen des Bundes oder nach den entsprechenden Bestimmungen der Länder verwendet werden oder
2.
der Verschlusssachen im Sinne der Nummer 1 erfordert oder beinhaltet.

Einstweilige Verfügungen in Bezug auf den Streitgegenstand sind zulässig, wenn zu besorgen ist, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts einer Partei vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte.

Tenor

1. Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 09. Oktober 2008 - Az.: 17 O 466/08 - wie folgt

abgeändert :

Der Antrag des Verfügungsklägers vom 11.08.2008 auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz trägt der Verfügungskläger. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Verfügungsbeklagten.

Streitwert für beide Instanzen: bis 50.000 EUR

Gründe

 
I.
1. Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen und dem Vorbringen in erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen, § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO.
Zusammenfassend:
Der Verfügungskläger (i. F. kurz: Kläger), der zusammen mit Herrn K. ein 2008 erschienenes Buch „ ... “ herausgibt, begehrt von den Verfügungsbeklagten (i. F. kurz: Beklagte) die Unterlassung von Verwertungshandlungen hinsichtlich Lichtbildern historischer Orden.
Der Beklagte Ziff. 1, Direktor des „X“, ist Autor eines auf sechs Bände angelegten Werkes „ ... “, dessen erster Band (Band 2) im August/September 2008 erschienen ist und von der Beklagten Ziff. 3 im Auftrag der Beklagten Ziff. 2 ausgeliefert wird. In diesem Band sowie einem zur Bewerbung des Buches bereits im Vorfeld von dessen Erscheinen verwandten Werbeflyer sind Lichtbilder von Orden aus der Sammlung des Herrn K. enthalten.
Herr T., Fotograf dieser - später nachbearbeiteten - Lichtbilder, hatte am 26.01.2001 mit Herrn K. eine Vereinbarung geschlossen, worin er bestätigte, dass seine „Urheberrechts-Reflexe oder Urheberberechtigungen / -mitberechtigungen“ an diesen „zu vollem Recht“ übertragen worden seien. Am 10.06.2004 wurde diese Vereinbarung - jedenfalls soweit Rechte an Fotos von Orden der Sammlung K. betroffen sind - wieder aufgehoben.
Die Vereinbarung vom 26.01.2001 war in Bezug auf die damals geplante gemeinsame Herausgabe eines Buches über Orden durch Herrn K. und dem Beklagten Ziff. 1 geschlossen worden, die zu diesem Zweck am 16.01.2001 eine schriftliche Vereinbarung geschlossen hatten (Anl. AG 1, Bl. 20 = Anl. Ast. 3, Bl. 47).
„Präambel
„Die Parteien haben im Jahr 1997 den Entschluss gefasst, ein Buch über ... Orden herauszugeben. Herr K. hat für die Herstellung des Bildmaterials seine umfangreiche Sammlung von Orden zur Verfügung gestellt…
§ 2 Aufgabenverteilung
10 
1. Herr K. ist damit einverstanden, seine Sammlung von Orden für die Produktion des Bildmaterials zur Verfügung zu stellen. Er trägt Sorge für den Erwerb der ausschließlichen Nutzungsrechte an dem Photomaterial…
11 
2. …
12 
§ 4 Photomaterial
13 
Die Parteien sind sich darüber einig, dass das Eigentum an dem Photomaterial nach Erscheinen des Buches an das X übergeht. Herr K. verpflichtet sich, die ausschließlichen Nutzungsrechte an dem Photomaterial nach Publikation des Buches auf das X zu übertragen. Herrn K. bleibt jedoch weiterhin die unentgeltliche Nutzung des Photomaterials vorbehalten.
14 
…“
15 
Diese Vereinbarung ist durch eine weitere Vereinbarung vom 25.02./06.03.2008, in deren Ziff. 2 es u. a. heißt
16 
„Das bisher entstandene Fotomaterial ist in Besitz beider Parteien. Die Parteien sind berechtigt, das Fotomaterial für ihre eigenen Publikationen frei zu verwerten, soweit nicht Rechte Dritter dem entgegenstehen…“,
17 
wieder aufgehoben worden.
18 
Der Kläger hat behauptet, er habe am 10.06.2004 mit dem Fotografen T. einen „Kaufvertrag“ geschlossen, nach dem u. a. in Bezug auf die streitgegenständlichen Lichtbilder „sämtliche Eigentums- und Urheberrechte“ auf den Kläger übergehen sollten. Er ist der Ansicht, ihm stünde aufgrund dessen an den Lichtbildern das ausschließliche Nutzungsrecht zu.
19 
Die Beklagten haben bestritten, dass der Vertrag zwischen dem Kläger und Herrn T. am 10.06.2004 geschlossen worden ist, und sind der Auffassung, im Hinblick auf die Vereinbarungen zwischen Herrn K. und dem Beklagten Ziff. 1 zur Nutzung der Lichtbilder berechtigt zu sein.
20 
2. Das Landgericht hat die einstweilige Verfügung wie zuletzt beantragt nach mündlicher Verhandlung erlassen, da dem Kläger an den Lichtbildern das ausschließliche Nutzungsrecht zustehe und die Angelegenheit angesichts der sogar erst nach Antragstellung erfolgten Veröffentlichung des ersten Bandes des Werkes der Beklagten auch dringlich sei.
21 
Für die Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen (LGU S. 21 - 23).
22 
3. Gegen dieses Urteil wenden sich die Beklagten mit ihrer Berufung, die das Ziel der Zurückweisung des Verfügungsantrags weiter verfolgt.
23 
Sie sind der Ansicht, es fehle bereits der Verfügungsgrund.
24 
Entgegen der offenbar vom Landgericht vertretenen Auffassung komme es nicht auf die Erlangung der Kenntnis vom Erscheinungstermin des veröffentlichten ersten Bandes des Werkes der Beklagten (Band 2) an, sondern auf den des Werbeflyers.
25 
Ungeachtet der im Urheberrecht nicht anwendbaren Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 2 UWG sei allgemein anerkannt, dass ein Verfügungsgrund fehle, wenn der Antragsteller trotz eines ursprünglich bestehenden Regelungsbedürfnisses zu lange mit dem Antrag auf einstweilige Verfügung gewartet habe. Damit fehle hier die Dringlichkeit, denn der Kläger habe den Werbeflyer bereits im Mai 2008 in Händen gehabt; er sei ihm auf Veranlassung des Beklagten Ziff. 3 sogar eigens am 07.05.2008 zugesandt worden. Er habe sich über diesen auch am 17.05.2008 mit dem Beklagten Ziff. 3 unterhalten.
26 
Damit habe für den Kläger bereits seit Mitte Mai 2008 festgestanden, dass der 2. Band der Buchreihe der Beklagten mit den streitgegenständlichen Fotografien veröffentlicht werden würde.
27 
Nachdem der Antrag auf einstweilige Verfügung erst am 12.08.2008 bei Gericht eingegangen sei und eine Abmahnung und diese auch nur gegenüber dem Beklagten Ziff. 3 sogar erst mit Schreiben vom 12.09.2008 erfolgt sei, habe der Kläger durch sein Zuwarten die behauptete Dringlichkeit seiner Angelegenheit selbst widerlegt.
28 
Es fehle aber auch an einem Verfügungsanspruch, denn dem Kläger stünden keine ausschließlichen Nutzungsrechte an den streitgegenständlichen Fotografien zu. Der Beklagte Ziff. 1 und Herr K. hätten nämlich 1997 formlos eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) zur Verfolgung des gemeinsamen Zwecks der Herausgabe eines Buches über D. Orden errichtet und mit der Vereinbarung vom 16.01.2001 den Gesellschaftsvertrag schriftlich fixiert. In diese GbR habe Herr K. die vom Fotografen T. erworbenen ausschließlichen Nutzungsrechte eingebracht, so dass diese von der GbR als Rechtegemeinschaft als Gesamthandsvermögen gehalten worden seien und Herr K. infolgedessen auf diese nicht gegenüber dem Lichtbildner T. wieder habe verzichten und dieser sie dann auch nicht auf den Kläger habe übertragen können.
29 
Die Vereinbarungen zwischen Herrn K. und Herrn T. sowie zwischen Herrn T. und dem Kläger seien jedenfalls nach § 138 BGB sittenwidrig und damit nichtig, weil - wenn so geschlossen wie vom Kläger behauptet - ein kollusives Zusammenwirken beim Vertragsbruch gegeben sei.
30 
Demgegenüber verteidigt der Kläger das landgerichtliche Urteil.
31 
Zurecht habe das Landgericht den Verfügungsgrund bejaht, denn wie sich bereits aus der Antragsschrift unschwer ergebe, habe sich der Unterlassungsanspruch von vornherein nicht gegen den Werbeflyer gerichtet, sondern gegen die drohende und dann auch eingetretene Rechtsverletzung durch Veröffentlichung des Buches der Beklagten. Geltend gemacht worden sei somit ein vorbeugender Unterlassungsanspruch. Aus dem Werbeflyer sei lediglich die Begehungsgefahr für die zu unterlassende Buchveröffentlichung abgeleitet worden.
32 
Den Werbeflyer als solchen habe er zwar erhalten, dieser habe ihn nicht gestört, er habe ihn vielmehr inhaltlich gar nicht zur Kenntnis genommen. Ihm sei es von vornherein allein darum gegangen, die Verwendung der Lichtbilder in der Buchpublikation der Beklagten zu verhindern.
33 
Er habe erhebliche Zweifel daran gehabt, dass der Beklagte Ziff. 1 in der Lage sein würde, ein Werk der angekündigten Art „auf die Beine zu stellen“. Nachdem sich bei ihm aber der Eindruck verfestigt gehabt habe, dass die Beklagten das angekündigte Vorhaben umsetzen würden, habe er sich zur Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe entschlossen. Den Inhalt des Flyers habe er erst als Internet-Ausdruck zur Kenntnis genommen, als dieser bei seinem Prozessbevollmächtigten erster Instanz heruntergeladen worden sei.
34 
Da die erste Verletzungshandlung erst vollendet gewesen sei, als das Verfügungsverfahren bereits anhängig gewesen sei - nämlich durch die Publikation -, könne die Dringlichkeit nicht ernsthaft in Frage gestellt werden.
35 
Überdies habe er nicht davon ausgehen können, dass die Beklagten die Verwendung der vom Lichtbildner T. geschaffenen Fotografien einräumen würden. Es sei für ihn deshalb außerordentlich schwer gewesen, eine entsprechende Glaubhaftmachung beizubringen, da zunächst Herr T. die Ordensdarstellungen im Werbeflyer mit seiner eigenen Dokumentation vergleichen und eine umfängliche Begutachtung habe vornehmen müssen.
36 
Auch der Verfügungsanspruch bestehe. Aus der Vereinbarung zwischen dem Beklagten Ziff. 1 und Herrn K. vom 16.01.2001 ergebe sich nicht, dass diese eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts gegründet hätten.
37 
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die eingereichten Schriftsätze sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 11.02.2009 nebst Anlagen verwiesen.
II.
38 
Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Mangels Verfügungsgrundes ist der Antrag auf einstweilige Verfügung zurückzuweisen. Da der diesbezügliche Vortrag der Beklagten aber bereits in erster Instanz hätte gehalten werden können sind diesen die Kosten des Berufungsverfahrens aufzuerlegen (§ 97 Abs. 2 ZPO).
39 
Im Einzelnen:
40 
1. Die Dringlichkeit (Verfügungsgrund) beurteilt sich vorliegend nach den allgemeinen Vorschriften des Zivilprozessrechts (§§ 935, 940 ZPO), ist also vom Verfügungskläger (Antragsteller) darzulegen und glaubhaft zu machen (§ 936 i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO), da nach zutreffender herrschender Meinung (vgl. nur KG NJW-RR 2001, 1201, 1202; Hefermehl/Bornkamm/Köhler, UWG 26. Aufl., § 12 Rdnr. 3.1.4 m.w.N. aus der Rechtsprechung) die Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 2 UWG im Urheberrecht nicht gilt.
41 
Dabei ist unabhängig von der Anwendbarkeit der Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 2 UWG allgemein für das Verfahren der einstweiligen Verfügung anerkannt, dass ein Verfügungsgrund dann fehlt, wenn der Verfügungskläger zu lange gewartet hat, bevor er die einstweilige Verfügung beantragt (KG NJW-RR 2001, 1201, 1202; OLG Hamburg NJW-RR 2008, 1435 f. - zum Presse- bzw. Rundfunkrecht; OLG München, Beschluss vom 16.01.1996 - 12 UF 1457/95, in Juris Rdnr. 2 m.w.N. - zum Familienrecht; Zöller-Vollkommer, ZPO, 27. Aufl., § 940 Rdnr. 4).
42 
Dies ist vorliegend der Fall, da zwischen dem Zeitpunkt, in dem der Kläger den Werbeflyer für die geplante Publikation der Beklagten erhalten hat, und der Einreichung des Verfügungsantrags ein Zeitraum von ca. drei Monaten liegt.
43 
a) Auch wenn die Meinungen zwischen den Oberlandesgerichten, darüber, welcher Zeitraum im gewerblichen Rechtsschutz jedenfalls in der Regel als dringlichkeitsschädlich angesehen werden kann, auseinandergehen (umfangreiche Nachweise zur Rechtsprechung der Oberlandesgerichte etwa bei Ahrens-Schmukle, Der Wettbewerbsprozess, 5. Aufl., Kap. 45 Rdnr. 40-43; Hefermehl/Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 12 Rdnr. 3.15), so ist nach Auffassung des Senats in der Regel ein Zuwarten ab dem maßgeblichen Zeitpunkt der Kenntniserlangung von mehr als 8 Wochen bzw. 2 Monaten dringlichkeitsschädlich; jedenfalls kann bei einem Zeitraum von 3 Monaten wie vorliegend keine Dringlichkeit mehr angenommen werden (OLG Hamburg GRUR-RR 2000, 100, 101; ebenso Singer, jurisPR-WettbR 11/2007 Anm. 5: Dass die Dringlichkeitsvermutung bei einem Zuwarten von 3 Monaten nach Kenntniserlangung widerlegt sei, stehe außer Frage).
44 
b) Maßgeblicher Zeitpunkt ist hier der Erhalt des Werbeflyers über die geplante Buchpublikation der Beklagten, der unstreitig bereits Mitte Mai 2008 erfolgte.
45 
aa) Dabei nimmt der Senat an, dass der Kläger infolgedessen auch Kenntnis vom Inhalt des Flyers und den in diesen enthaltenen Lichtbildern erlangt hat.
46 
(1) Dies hat der Kläger, nachdem die Beklagten in der Berufungsbegründung erstmals die Zusendung des Flyers und seine Kenntnis von diesem bereits im Mai 2008 vorgetragen hatten, in der Berufungserwiderung zunächst auch nicht bestritten. Er hat in dieser auch nicht bestritten, sich bei einem Gespräch mit dem Beklagten Ziff. 3 auf der Ordens- und Militariabörse in Illingen im Zusammenhang mit dem geplanten Buchprojekt auf den Werbeflyer bezogen zu haben. Vielmehr ist er in der Berufungserwiderung - obwohl dort dieses Gespräch ausdrücklich thematisierend (S. 3, Bl. 173) - der Darstellung dieses Gesprächs durch den Beklagten Ziff. 3 in dessen eidesstattlicher Versicherung nur insoweit entgegengetreten, als in dieser suggeriert worden sei, er habe die angekündigte Publikation der Beklagtenseite gebilligt oder auf die Geltendmachung eigener Rechte verzichtet. Er hat dort weiter ausgeführt, der Werbeflyer habe ihn nicht gestört (S. 2, Bl. 172). Man kann aber nur beurteilen, ob man durch etwas gestört wird, wenn man es auch zur Kenntnis genommen hat.
47 
Der Berufungserwiderung lässt sich insgesamt der Vortrag entnehmen (ebenda S. 1-3. Bl. 171- 173), dass der Kläger gegen den Werbeflyer nichts unternommen habe, weil ihn dieser nicht gestört habe und es ihm nur die Verwendung der Lichtbilder in der Buchpublikation (einschließlich einer auszugsweisen Publikation im Internet) gegangen sei, er an dessen Realisierung aber nicht recht habe glauben wollen und deshalb mit rechtlichen Schritten erst noch abgewartet habe, nicht aber etwa deshalb, weil er den Inhalt des Werbeflyers nicht zur Kenntnis genommen habe.
48 
(2) Die anderslautenden Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat einschließlich der in dieser abgegebenen eidesstattlichen Versicherung sind angesichts des Vortrags in der Berufungserwiderung nicht glaubhaft, zumal sein Prozessbevollmächtigter nach seinen eigenen Angaben (S. 3 des Protokolls vom 11.02.2009, Bl. 186) ihm diese zur Kenntnis gegeben und der Kläger sie gebilligt hat. Diese abweichende Sachverhaltsdarstellung lässt sich nicht dadurch nicht ausreichend erklären, dass der Prozessbevollmächtigte diesen Punkt rechtlich für unerheblich gehalten hat.
49 
Hinzukommt, dass die Behauptung des Klägers, den Werbeflyer inhaltlich nicht zur Kenntnis genommen zu haben, obwohl er ihn - wie durch die eidesstattlichen Versicherungen B 2 und B 4 belegt - sogar mehrfach zugesandt erhalten hat, auch deshalb wenig plausibel ist, weil er selbst betont hat (vgl. S. 2 des Schriftsatzes vom 15.08.2008, Bl. 8), dass der Leserkreis für derartige Werke sehr begrenzt sei und ein Leser werde nur ein derartiges Werk erwerben, weshalb die Ankündigung einer derartigen Konkurrenzveröffentlichung doch für ihn von großem Interesse gewesen sein müsste.
50 
(3) Nachdem die Beklagten schließlich durch die eidesstattliche Versicherung des Beklagten Ziff. 3 glaubhaft gemacht haben, dass der Kläger den Werbeflyer diesem gegenüber am 17.05.2008 thematisiert hat, ist eine Kenntnis des Klägers - der ohnehin die Darlegungs- und Glaubhaftmachungslast für die Dringlichkeit hat - vom Inhalt des Werbeflyers bereits für spätestens Mitte Mai 2008 anzunehmen.
51 
bb) Durch die Erlangung der Kenntnis von dem Werbeflyer hatte der Kläger auch hinreichend Kenntnis von der beabsichtigten Publikation und davon erhalten, dass diese Lichtbilder enthalten würde, hinsichtlich derer er ein ausschließliches Nutzungsrecht in Anspruch nimmt, nachdem unstreitig auch sämtliche Fotografien, welche Gegenstand des Verfügungsantrags sind, in diesem abgebildet worden waren.
52 
Soweit der Kläger dies auf S. 3 der Berufungserwiderung (Bl. 173) mit dem Argument in Frage stellen will, er habe nicht glauben wollen, dass das angekündigte Vorhaben überhaupt zur Realisierung komme, kann er damit keinen Erfolg haben: dem Werbeflyer war bereits ein Bestellformular angefügt, und in ihm wurde für den ersten erscheinenden Band (Band 2) ein wenige Monate später liegender voraussichtlicher Erscheinungstermin (August 2008) angekündigt, so dass er die Tatsachen kannte, aus denen sich die drohende Verletzung in Form der Publikation ergeben würde, zumal er - insoweit unstreitig - sich am 17.05.2008 mit dem Beklagten Ziff. 3 über den Gesundheitszustand des Beklagten Ziff. 1 unterhalten und letzterer erklärt hatte, er halte den Beklagten Ziff. 1 für in der Lage, ein solches Werk „auf die Beine zu stellen“ (vgl. eidesstattliche Versicherung des Beklagten Ziff. 3, Anl. B 5 Bl. 126).
53 
c) Bei einer Überschreitung des Richtwerts für ein dringlichkeitsschädliches Zuwarten hat der Verfügungskläger besondere Umstände darzulegen und gegebenenfalls glaubhaft zu machen, die ihn an der Einhaltung der Frist gehindert haben (Ahrens-Schmukle, a.a.O., Kap. 45 Rdnr. 40 m.w.N.).
54 
Solche Umstände sind hier nicht dargelegt:
55 
Dazu hätte der Kläger zumindest vortragen müssen, dass er bei der notwendigen Beschaffung von Glaubhaftmachungsmitteln zügig und mit dem gebotenen Nachdruck vorgegangen ist (Ahrens-Schmukle, ebenda m.w.N.). Schon daran fehlt es; es ist nicht einmal vorgetragen, wann und in welcher Form er an den Lichtbildner T. herangetreten ist. Die vorgelegte eidesstattliche Versicherung von Herrn T. datiert jedenfalls erst vom 07.08.2008 und enthält dazu keine Angaben. Zudem lässt sich daraus, dass es dem Kläger gelang, in Reaktion auf den ihm am 20.08.2008 (nach Bl. 16) zugegangenen Hinweis des Landgerichts vom 18.08.2008 (Bl. 16) am 10.09.2008 eine zweite eidesstattlichen Versicherung des Lichtbildners T. (Anl. Ast 1, Bl. 45) zu erlangen, aus welcher sich ergibt, dass dieser zuvor geprüft hat, welche Abbildungen des Prospekts im einzelnen auf von ihm gefertigten Fotografien beruhten, schließen, dass eine solche Überprüfung in einem Zeitraum von ca. 3 Wochen möglich war und damit nicht ein Zuwarten von ca. 3 Monaten rechtfertigen kann.
56 
Hinzu kommt, dass der Kläger unstreitig vor Beantragung der einstweiligen Verfügung in keiner Weise an die Beklagten herangetreten ist, geschweige denn diese abgemahnt hätte. Er hätte dadurch ohne weiteres erfahren können, ob diese bestreiten wollen, dass es sich um Lichtbilder von T. handelt.
57 
d) Bei dieser Sachlage kann die Dringlichkeit des erst am 12.08.2008 eingereichten Verfügungsantrags nicht auf einen vorbeugenden Unterlassungsanspruch gestützt werden - auf den der Kläger in der Antragsschrift (S. 3, Bl. 3) und in der Berufungserwiderung abstellt (S. 2, Bl. 172) -, denn es ist anerkannt, dass für einen solchen keine Dringlichkeit (mehr) besteht, wenn der Gläubiger in Kenntnis von Tatsachen, die einen Unterlassungsanspruch wegen Erstbegehungsgefahr (vorbeugender Unterlassungsanspruch) begründen, mit der Rechtsverfolgung längere Zeit (zu lange) zugewartet hat (KG NJW-RR 2001, 1201, 1202; OLG Stuttgart - 2. Senat - NJWE-WettbR 1997, 124; OLG Hamburg WRP 1982, 478, 479; OLG Frankfurt NJW-RR 1986, 975; Ahrens-Schmukle, a.a.O., Kap. 45 Rdnr. 34; Berneke, Die einstweilige Verfügung in Wettbewerbssachen, 2. Aufl. Rdnr. 69).
58 
e) Nichts anderes gilt aber auch für einen auf die Publikation des Buches gestützten Verletzungsunterlassungsanspruch.
59 
Dabei ist allerdings streitig, ob eine wegen zu langen Zuwartens entfallene Dringlichkeit für den vorbeugenden Unterlassungsanspruch der Annahme (erneuter) Dringlichkeit für den auf Wiederholungsgefahr gestützten Verletzungsunterlassungsanspruch entgegensteht, wenn der in Anspruch Genommene das angekündigte Verhalten später tatsächlich umgesetzt hat.
60 
aa) Nach traditioneller und (wohl immer noch) herrschender Meinung (jedenfalls herrschender Lehre) ist dies nicht der Fall (etwa Harte/Henning-Retzer, UWG, § 12 Rdnr. 315; Fezer-Büscher, UWG, § 12 Rn. 68; Ahrens-Schmukle, a.a.O., Kap. 45 Rdnr. 55; Berneke, a.a.O., Rdnr. 81; speziell zum Urheberrecht: Wandtke/Wullinger, UrhR 3. Aufl., vor §§ 97 ff. Rdnr. 90; aus der Rechtsprechung etwa OLG Hamburg WRP 1994, 408, 409 sowie OLG München in NJOZ 2002, 1450, 1452 und in OLGR München 1998, 73, 74).
61 
Für diese Ansicht lässt sich anführen, dass es sich bei dem auf die Erstbegehungsgefahr gestützten vorbeugenden Unterlassungsanspruch und dem auf eine Verletzungshandlung gestützten Unterlassungsanspruch um verschiedene Streitgegenstände handelt (BGH GRUR 2006, 421 - Tz. 25 m.w.N. - Markenparfümverkäufe ) und eine tatsächliche Verletzungshandlung schwerer wiegt als ihre bloße Gefahr (Berneke, a.a.O., Rdnr. 81 und OLG München OLGR 1998, 73, 74).
62 
bb) Diese Ansicht wird aber zunehmend in Frage gestellt und stattdessen die Meinung vertreten, dass dann, wenn die Verletzungsform ihrer Ankündigung entspricht, kein Grund für die Annahme einer neuen Dringlichkeit bestehe (Teplitzky, WRP 2005, 654, 661 und jetzt in auch in „Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren“, 9. Aufl., Kap. 54 Rdnr. 37; aus der Rechtsprechung OLG Hamburg NJW-RR 2008, 100, 101 und AfP 2004, 135 f. - zur Titelschutzanzeige - offenbar unter Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung, ebenso aber bereits früher in WRP 1982, 478, 479 -; ferner KG NJW-RR 2001, 1201, 1202 und OLG Frankfurt NJW-RR 1986, 975). Diskutiert wurde die Frage insbesondere zum Verhältnis von Markenanmeldung und Markenbenutzung, wobei die ganz herrschende Meinung nach wie vor ein „Wiederaufleben“ der Dringlichkeit bejaht, wenn die inzwischen eingetragene Marke benutzt wird, auch wenn gegen die bekannte Anmeldung der Marke nicht vorgegangen worden ist (etwa Ingerl/Rohnke, vor § 14-19 Rdnr. 98; OLG Hamburg NJWE-WettbR 1998, 202 und GRUR-RR 2002, 345, 346; anders aber auch hier etwa OLG Köln, WRP 1997, 872 f. und Fezer, Markenrecht, 3. Aufl., § 15 Rdnr. 548 am Ende).
63 
cc) Mag für das Verhältnis von Markenanmeldung und -benutzung die herrschende Meinung immer noch zu überzeugen, weil dort angenommen werden kann, die durch eine Anmeldung geschaffene Begehungsgefahr sei wenig konkret und realisiere sich häufig nicht (vgl. Teplitzky, a.a.O., Kap. 54 Rdnr. 37 m.w.N.), so ist aber ansonsten im gewerblichen Rechtsschutz für den hier gegebenen Fall, dass die spätere Verletzungsform ihrer Ankündigung entspricht, der von Teplitzky und den genannten Oberlandsgerichten Hamburg, Köln und Frankfurt (a.a.O.) vertretenen Gegenansicht zu folgen.
64 
Maßgebend ist für den Senat dabei, dass derjenige, der keinen Anlass sieht, eine real drohende (konkrete) Gefahr vorbeugend abzuwehren, nicht später glaubhaft geltend machen kann, sein nunmehriges Vorgehen gegen die Realisierung eben dieser Gefahr sei dringlich (Teplitzky, a.a.O., Kap. 54 Rn. 37 und WRP 2005, 654, 661; ebenso Singer, juris PR-WettbR 2007 Anm. 5 - Anmerkung zu OLG Hamburg NJW-RR 2008, 100). Gerechtfertigt werden kann die herrschende Meinung auch nicht damit, dass bei Intensivierung einer bereits bekannten Verletzungshandlung einhellig eine erneute („wieder aufgelebte“) Dringlichkeit angenommen wird (vgl. nur Hefermehl/Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 12 Rdnr. 3.19), denn die schlichte Umsetzung des angekündigten Verhaltens in der angekündigten Form - wie vorliegend - kann dem nicht gleichgesetzt werden. Da es auf die Beurteilung der tatsächlichen Verhältnisse ankommt, trägt auch das Argument, es handle sich um verschiedene Streitgegenstände, nicht (ebenso Singer, a.a.O.). Dies im übrigen auch schon deshalb, weil nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht nur vorbeugender und Verletzungsunterlassungsanspruch verschiedene Streitgegenstände darstellen, sondern jeder zur Rechtfertigung der Unterlassungsklage vorgetragene Verletzungsfall einen neuen Streitgegenstand (und damit eine Klagänderung) begründet (BGH GRUR 2006, 421- Tz. 26 f. - Markenparfümverkäufe ). Dann müsste aber jede neue Verletzungshandlung, auch wenn sie mit den vorangegangenen inhaltlich und vom Gewicht her identisch wäre, ausreichend sein, um ein „Wiederaufleben“ der Dringlichkeit anzunehmen. Dies wird aber von der ganz herrschenden Meinung - zu Recht - abgelehnt (vgl. nur Hefermehl/Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 12 Rdnr. 3.19 m.w.N. und Teplitzky, a.a.O., Kap. 54 Rdnr. 37, jeweils mit zahlreichen weiteren Nachweisen).
65 
2. Ist aufgrund dessen das landgerichtliche Urteil abzuändern und der Verfügungsantrag mangels Verfügungsgrundes abzuweisen, so sind den Beklagten dennoch nach § 97 Abs. 2 ZPO die Kosten des Berufungsverfahrens aufzuerlegen:
66 
a) Der Vortrag zur dringlichkeitsschädlichen Kenntnis des Klägers von dem Werbeflyer schon im Mai 2008 wäre den Beklagten vom Standpunkt einer vernünftigen, gewissenhaften Prozessführung aus bereits in erster Instanz ohne weiteres möglich gewesen. Das genügt für die Anwendung von § 97 Abs. 2 ZPO, der keine grobe Fahrlässigkeit oder Verschleppungsabsicht voraussetzt (vgl. Zöller-Herget, a.a.O., § 97 Rdnr. 11).
67 
b) Es steht auch nicht fest - dies genügt nach Auffassung des Bundesgerichtshofs (NJW-RR 2005, 866, 867 a. E.) - für die Anwendung von § 97 Abs. 2 ZPO -, dass die Berufung auch ohne das neue Vorbringen erfolgreich gewesen wäre, denn das Landgericht hat zu Recht einen Verfügungsanspruch aufgrund eines ausschließlichen Nutzungsrechts des Klägers angenommen:
68 
aa) Soweit sich die Beklagten in erster Instanz auf die (digitale) Nachbearbeitung und insbesondere „Freistellung“ der Fotografien berufen haben, hat das Landgericht zu Recht festgestellt (LGU S. 21 f. unter I. 2.a) der Entscheidungsgründe), dass die Anforderungen an eine freie Bearbeitung i. S. v. § 72 Abs. 1 i. V. m. § 24 UrhG, welche die Veröffentlichung ohne Zustimmung des Lichtbildners erlauben würde, nicht vorliegen (vgl. auch Wandtke/Bullinger, a.a.O., § 72 Rn. 23, 26). Hiergegen enthält die Berufung auch keine Angriffe.
69 
bb) Ebenso wenig angegriffen sind die Ausführungen des Landgerichts dazu, dass der erstinstanzliche Vortrag der Beklagten zu einer angeblichen Miturheberschaft unerheblich sei (LGU S. 22 f. unter I. 3. der Entscheidungsgründe). Diese sind auch zutreffend, insbesondere weil sich die Miturheberschaft allenfalls auf das Gesamtwerk, nicht aber die Lichtbilder beziehen könnte, denn Inhaber des Schutzrechts ist der Hersteller des Lichtbilds, also derjenige, der die technischen Bedingungen für die Aufnahme des konkreten Lichtbilds festlegt, d. h. den Aufnahmeapparat individuell eingerichtet und die Fotos mittels der technischen Hilfsmittel aufgenommen hat (Wandtke/Bullinger, a.a.O., § 72 UrhG Rn. 34 m.w.N.) - vorliegend also Herr T.
70 
cc) Ferner das Landgericht zu Recht (vgl. Wandtke/Bullinger, a.a.O., § 29 UrhG Rn. 8) und wiederum unangegriffen den „Kaufvertrag“ vom 10.06.2004 zwischen dem Kläger und dem Fotografen T. als Einräumung eines ausschließlichen Nutzungsrechts (§ 31 Abs. 1 Satz 1 UrhG) ausgelegt (LGU S. 21 unter I. 1.b) der Entscheidungsgründe). Dessen Abschluss am 10.06.2004 ist nicht nur durch die vorgelegte Kopie ( die taugliches Mittel der Glaubhaftmachung ist, BGH NJW 2003, 3558, 3559 und Zöller-Greger, a.a.O., § 294 Rdnr. 5), sondern auch durch die eidesstattliche Versicherung des Lichtbildners T. vom 07.08.2008 belegt (Bl. 13) und steht überdies in zeitlichem und sachlichem Zusammenhang mit der unstreitig(LGU S. 19) von den Herren T. und K. (Ast 5, Bl. 49) am selben Tage geschlossenen Aufhebungsvereinbarung (Ast 5, Bl. 49).
71 
dd) Es ist auch für das Verfügungsverfahren auch anzunehmen, dass durch die Aufhebung der am 26.01.2001 von den Herren T. und K. geschlossenen Vereinbarung alle Rechte wieder bei Herrn T. lagen oder zumindest bei Herrn K., was jedenfalls deshalb genügen würde, weil dieser am 17.06.2004 der Einräumung von Nutzungsrechten an den Kläger (dem „Kaufvertrag“) zugestimmt hat (als solches unstreitig - LGU S. 19 - und glaubhaft gemacht durch Vorlage einer Kopie der Vereinbarung, Ast 6 Bl. 50).
72 
Dadurch hätte der Kläger allerdings dann nicht die behaupteten Nutzungsrechte erworben, wenn Herr K. am 10.06.2004 nicht mehr allein verfügungsberechtigter Inhaber der (ausschließlichen) Nutzungsrechte gewesen wäre. Dies behaupten die Beklagten unter Berufung darauf, das ausschließliche Nutzungsrecht sei von Herrn K. in eine gemeinsam dem Beklagten Ziff. 1 1997 konkludent gegründete und mit der Vereinbarung vom 16.01.2001 schriftlich fixierte Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) eingebracht worden.
73 
(1) Allerdings haben die Beklagte die Behauptung einer Gesellschaftsgründung erst in zweiter Instanz aufgestellt, so dass sie der Anwendung von § 97 Abs. 2 ZPO ohnehin nicht entgegenstehen dürfte.
74 
(2) Selbst wenn man aber annähme, es handle sich nur um die juristische Bewertung der in erster Instanz von Beklagtenseite vorgetragenen Tatsachen (v. a. Bl. 18: „plante der Antragsgegner zu 1. gemeinsam mit Herrn K. die Herausgabe einer Veröffentlichung…dies ist auf Überlegungen aus dem Jahre 1997 zurückzuführen…“ und Bl. 53: „Im Zusammenhang mit der Vereinbarung haben zwei gleichberechtigte Partner - gemeint: K. und Bekl. Ziff. 1 - ein Mammutwerk zum Thema ... Orden geplant…in einer klaren Aufgabenteilung. Hierbei war wesentlicher Aspekt der Mitarbeit von Herrn K. die Zurverfügungstellung der Bilder seiner eigenen Sammlung sowie die Übernahme der Finanzierung des Objekts…“) und insbesondere der Vereinbarung zwischen dem Beklagten Ziff. 1 und K. vom 16.01.2001 (AG 1 Bl. 20 = Ast 3 Bl. 47), ergäbe sich nichts anderes, denn aus den vorgebrachten Tatsachen kann bislang allenfalls geschlossen werden, dass konkludent eine sog. Innengesellschaft gegründet worden ist, bei der die Gesellschaft nicht nach außen als solche in Erscheinung treten soll und kein Gesellschafts-(Gesamthands-)Vermögen gebildet wird (vgl. allgemein Palandt-Sprau, a.a.O., § 705 Rn. 33; Scholz, NZG 2002, 153, 156 m. w. N. in Fn. 48 und 49; OLG Köln NJW-RR 1996, 27, 28), und selbst wenn man eine Außengesellschaft annähme, ließe § 4 der Vereinbarung - insbesondere § 4 Satz 2 - den Schluss zu, dass die Nutzungsrechte am Fotomaterial nicht zu diesem gehören sollten, denn danach sollte Herr K. diese allein nach der Publikation auf das Institut des Beklagten übertragen, und aus einem Vergleich von § 4 Satz 2 und Satz 1 ließe sich auch der Schluss ziehen, dass die Parteien dabei sogar zwischen dem Nutzungsrecht an den Lichtbildern und dem „Eigentum an dem Photomaterial“ (= den verkörperten Vervielfältigungen) differenzierten.
75 
ee) Zutreffend hat das Landgericht schließlich angenommen (LGU S. 22 unter I. 2. b)bb) der Entscheidungsgründe), dass dann die Vereinbarung vom 25.02./06.03.2008 dem Beklagten Ziff. 1 keine Nutzungsrechte mehr verschaffen konnte.
76 
c) Unerheblich ist auch, dass der Kläger die nun vorgetragenen Tatsachen kannte; ausgeschlossen wäre die Anwendung von § 97 Abs. 2 ZPO vielmehr nur, wenn der Kläger in erster Instanz bewusst wahrheitswidrig vorgetragen hätte (vgl. Zöller-Herget, ebenda). Das lässt sich aber nicht feststellen, auch wenn man seinem Vortrag auf S. 3 der Antragsschrift vom 11.08.2008 (S. 3, Bl. 3) entnehmen könnte, dass er erstmals am 06.08.2008 im Internet von der bevorstehenden Publikation erfahren habe.