Landgericht München I Beschluss, 07. Juni 2018 - 13 T 7015/18

published on 07/06/2018 00:00
Landgericht München I Beschluss, 07. Juni 2018 - 13 T 7015/18
ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Previous court decisions
Amtsgericht München, 132 C 14338/17, 27/04/2018

Gericht

There are no judges assigned to this case currently.
addJudgesHint

Tenor

Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Amtsgerichts München vom 27.04.2018 (Streitwertfestsetzung, Ziff. IV des Endurteils des Amtsgerichts München vom 27.04.2018) dahingehend abgeändert, dass der Streitwert auf 800,00 festgesetzt wird.

Gründe

I.

Die gem. § 68 GKG zulässige Beschwerde ist teilweise begründet.

Die Streitwertfestsetzung hat entsprechend den Ausführungen des Amtsgerichts gemäß § 3 ZPO nach freiem Ermessen nach dem von der Klägerin dargelegten Interesse und daher auf Basis ihres Tatsachenvortrages zu erfolgen (Zöller/Herget ZPO 32. A. § 3 ZPO RN 2).

Der Beschluss des Landgerichts Berlin, Beschluss vom 16.08.2016, Az. 63 S 120/16, mit dem das Gericht den Wert für das Haltendürfen und den täglichen Genuss des Umgangs mit einem Haustier auf 400,00 € ansetzte, ist vom Bundesgerichtshof aufgehoben worden (BGH WuM 2018, 174 ff.) Vorzunehmen sei eine umfassende Betrachtung des auf die begehrte Tierhaltung in der Mietwohnung gerichteten Interesses des Mieters. Diese Gewichtung lasse sich nicht allgemein, sondern nur im Einzelfall vornehmen, weil die zu berücksichtigenden Umstände individuell und vielgestaltig seien, so dass sich jede schematische Lösung verbiete (BGH WuM 2018, 174 ff.)

Die Besonderheit im streitgegenständlichen Fall ist, dass der Kater an Epilepsie leidet. Nach dem Attest der tierärztlichen Gemeinschaftspraxis Dr. Wi.../Dr. H... vom 17.02.2017 muss der Kater B... regelmäßig täglich Tabletten einnehmen, sonst kommt es zu zunehmend gravierenden Anfällen bis hin zum lebensbedrohlichen Status epilepticus.

Bei der Streitwertfestsetzung musste mit in Betracht gezogen werden, dass der Kater kein Lebewesen ist, das Einsicht in die Notwendigkeit der Medikation hat. Wegen dieser Erkrankung ist es wichtig, dass er nicht von dritten Personen außer der Klägerin gefüttert wird, damit er zur Klägerin zurückkehrt und diese ihm die notwendigen Tabletten im Zusammenhang mit der Nahrungsaufnahme geben kann. Wenn dritte Personen den Kater füttern oder über Nacht bei sich aufnehmen, gefährdet das die Gesundheit des Katers und löst demzufolge bei der Klägerin, wie von ihr vorgetragen, Sorgen um den Gesundheitszustand von „B...“ aus. Wäre der Kater gesund, könnte dem Amtsgericht München darin gefolgt werden, nur 250,00 € als Streitwert anzusetzen. Wegen der Gesundheitsbedrohung für den Kater und des damit verbundenen wesentlich massiveren Eingriffs in den Genuss der Haustierhaltung ist nach Auffassung des Beschwerdegerichts der Streitwert aber wesentlich höher zu bemessen.

Im Rahmen der Streitwertfestsetzung, die nach dem von der Klägerin dargelegten Interesse und daher auf Basis ihres Tatsachenvortrages zu erfolgen hat, ist auch zu berücksichtigen, dass ein Verhalten, das den Kater von seinem Zuhause und somit der regelmäßigen Medikamenteneinnahme fern hält und dadurch die Gesundheit und das Leben des Katers gefährdet, weitere Tierarztkosten, die bei regelmäßiger Behandlung nicht angefallen wären, auslösen kann.

Die Klägerin ist Eigentümerin des Katers. Es ist daher ihre Entscheidung, ob sie den Kater wegen der Erkrankung in seinem höheren Alter auf das Leben einer Hauskatze umgewöhnen oder ihm weiterhin die Freude des Aufenthalts im Freien gestatten möchte (§ 903 S. 1 BGB, § 90 a BGB). Als Eigentümerin des Katers hat sie – gerade im Hinblick auf die Erkrankung von „B...“ – auch das Recht, andere Personen von der Epilepsie in Kenntnis zu setzen und ihnen das Füttern und über Nacht Obdach Gewähren des Katers zu untersagen (§ 1004 BGB, § 90 a BGB). Als Eigentümerin trägt sie auch die zusätzlichen Tierarztkosten, die durch eine nicht konsequent durchgeführte Therapie ausgelöst werden können.

Bei der Streitwertfestsetzung ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Erstattung eines Schockschadens (BGH Urteil vom 20.03.2012 VI ZR 114/11) kein Affektionsinteresse der Klägerin einzubeziehen. Insoweit konnte dem Beschwerdevorbringen nicht gefolgt und der Streitwert nicht auf 2.000,00 Euro festgesetzt werden.

Das Gericht hält unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalles einen Streitwert von 800,00 Euro gemäß § 3 ZPO für angemessen.

II.

1. Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet (§ 68 Abs. 3 GKG).

2. Die Voraussetzungen für die Zulassung der weiteren Beschwerde liegen nicht vor.

ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
{{count_recursive}} Urteilsbesprechungen zu {{shorttitle}}

6 Referenzen - Gesetze

moreResultsText

{{title}} zitiert {{count_recursive}} §§.

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Geri

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.
2 Referenzen - Urteile
{{Doctitle}} zitiert oder wird zitiert von {{count_recursive}} Urteil(en).

published on 15/11/2021 12:21

Die Klägerin in diesem Fall begehrte neben dem Vermögensschadensersatz aufgrund des Todes ihrer Hündin auch den Ersatz des immateriellen Schadens aufgrund des Schocks, den sie erlitt, als sie mitansehen musste, wie ihre Hündin von
{{Doctitle}} zitiert {{count_recursive}} Urteil(e) aus unserer Datenbank.
published on 25/01/2019 00:00

Tenor 1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts München vom 27.04.2018, Az. 132 C 14338/17, wird zurückgewiesen. 2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. 3. Das Urteil ist vorläu
{{count_recursive}} Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren {{Doctitle}}.

Annotations

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.

(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

Der Eigentümer einer Sache kann, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen, mit der Sache nach Belieben verfahren und andere von jeder Einwirkung ausschließen. Der Eigentümer eines Tieres hat bei der Ausübung seiner Befugnisse die besonderen Vorschriften zum Schutz der Tiere zu beachten.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.

(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.