Landgericht Mönchengladbach Beschluss, 24. Juni 2016 - 5 T 160/16
Gericht
Tenor
Die Beschwerde des Betroffenen vom 25.05.2016 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Mönchengladbach vom 25.05.2016 wird zurückgewiesen.
1
Gründe:
2I.
3Die Beteiligte zu 1. ist die Betreuerin des Betroffenen. Zu den Aufgabenkreisen gehören gemäß Beschluss des Amtsgerichts Mönchengladbach vom 21.04.2015 unter anderem die Aufenthaltsbestimmung sowie die Gesundheitsfürsorge.
4Der Betroffene wurde seit seinem 16. Lebensjahr mehrfach stationär aufgrund einer hebephrenen Schizophrenie behandelt. Seit dem 26.07.2015 befindet er sich erneut in stationärer Behandlung, zunächst in Krefeld sowie seit August 2015 in der LVR-Klinik in Viersen. Das Amtsgericht Mönchengladbach genehmigte insofern zunächst durch einstweilige Anordnung vom 27.08.2015 (GA Bl. 841) die geschlossene Unterbringung bis zum 08.10.2015. Durch Beschluss vom 11.09.2015 (GA Bl. 884) genehmigte es die geschlossene Unterbringung bis zum 27.11.2015. Sodann genehmigte das Amtsgericht, nach Einholung eines Sachverständigengutachtens (GA Bl. 946 ff.) durch Beschluss vom 27.11.2015 (GA Bl. 966) die geschlossene Unterbringung des Betroffenen für einen Zeitraum von sechs Monaten, d. h. bis zum 27.05.2016. Die gegen diesen Beschluss eingelegte Beschwerde wies das Landgericht Mönchengladbach mit Beschluss vom 23.12.2015 (GA Bl. 980) zurück.
5Mit Beschluss vom 30.12.2015 (GA Bl. 967) genehmigte das Amtsgericht Mönchengladbach -im Wege der einstweiligen Anordnung- die Zwangsbehandlung des Betroffenen längstens bis zum 13.01.2016.
6Mit Beschluss vom 07.01.2016 (GA Bl. 1012) genehmigte das Amtsgericht Mönchengladbach die Zwangsbehandlung des Betroffenen längstens bis zum 10.02.2016.
7Nach Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens sowie nach Durchführung einer persönlichen Anhörung genehmigte das Amtsgericht Mönchengladbach mit Beschluss vom 25.05.2016 (GA Bl. 1097) die geschlossene Unterbringung des Betroffenen längstens bis zum 25.05.2018.
8Hiergegen hat der Betroffene am 25.05.2016 Beschwerde eingelegt. Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache der Kammer zur Entscheidung vorgelegt.
9Die Kammer hat den Betroffenen sowie die ihn behandelnden Ärzte am 22.06.2016 persönlich angehört.
10II.
11Die Beschwerde des Betroffenen ist zulässig, aber unbegründet. Das Amtsgericht hat zu Recht die weitere geschlossene Unterbringung des Betroffenen genehmigt.
12Gemäß § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB ist eine geschlossene Unterbringung des Betroffenen u. a. dann zulässig, wenn sie zum Wohl des Betroffenen erforderlich ist, weil zur Abwendung eines drohenden erheblichen Gesundheitsschadens eine Heilbehandlung notwendig ist, welche ohne die Unterbringung nicht durchgeführt werden kann, und der Betroffene aufgrund einer psychischen Krankheit oder geistigen oder seelischen Behinderung die Notwendigkeit der Unterbringung nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln kann.
13Diese Voraussetzungen liegen vor.
14Nach den Ausführungen des behandelnden Arztes werde die Psychose beim Betroffenen dauerhaft bestehen bleiben. Vor diesem Hintergrund habe er auch keine Krankheitseinsicht. Es sei davon auszugehen, dass er seine Medikamente nach einer Entlassung absetzen würde. Aufgrund der Behandlung sei er nunmehr jedoch nicht mehr fremdaggressiv. Bei einer Entlassung würde sich die Lage des Betroffenen allerdings destabilisieren. Er würde relativ schnell wieder behandlungsbedürftig werden oder gegebenenfalls sogar nach PsychKG eingewiesen werden müssen. In diesem Falle wäre auch die Erforderlichkeit einer Zwangsmedikation nicht auszuschließen. Es sei zudem in der Vergangenheit so gewesen, dass der Betroffene einen Teil der Medikamente weggelassen und so sehr schnell ein erneutes fremdaggressives Verhalten entwickelt habe.
15Die Kammer hat in diesem Zusammenhang berücksichtigt, dass eine geschlossene Unterbringung zum Zwecke der Heilbehandlung dann nicht genehmigt werden kann, wenn nicht damit zu rechnen ist, dass die im Zuge der Unterbringung durchgeführte Behandlung zu einer erheblichen Besserung des Zustands führen wird. Im Hinblick auf diese Einschränkung ist die Unterbringung jedoch gerechtfertigt, wenn nur hierdurch der psychische Zustand des Betroffenen einigermaßen stabil gehalten und eine weitere Chronifizierung verhindert werden kann (BeckOK BGB/Müller, § 1906, Rn. 12-14). Nach den nachvollziehbaren Angaben der behandelnden Ärzte besteht jedoch genau diese Gefahr einer weiteren Chronifizierung, wenn der Betroffene entlassen werden würde. Zur Vermeidung einer erneuten Destabilisierung und erneuten Verschlechterung des Zustandes des Betroffenen ist die kontrollierte Behandlung im Rahmen einer geschlossenen Unterbringung unumgänglich, da nur hierdurch eine regelmäßige Medikamenteneinnahme durch den Betroffenen gewährleistet werden kann.
16Zudem, haben die durchgeführte Anhörung sowie die Gewinnung eines persönlichen Eindrucks vom Betroffenen zur Überzeugung der Kammer ergeben, dass der Betroffene keine Krankheitseinsicht aufweist und er eine Behandlungswilligkeit lediglich vortäuscht. Insofern hat der Betroffene im Rahmen der Anhörung nämlich bekundet, dass er sich nicht als krank ansehe. Seine Medikamente nehme er, weil er seinem behandelnden Arzt vertraue. In eine geschlossene Wohngruppe wolle er allerdings nicht. Viel lieber wolle er zu seiner Mutter ziehen, da er dort besser am Alltag teilhaben könne. Ambulant würde er sich alle 1 bis 2 Wochen behandeln lassen. Demgegenüber wolle er nicht -auch nicht auf ärztlichen Rat- weiter stationär behandelt werden. Er sei nämlich austherapiert.
17Schließlich ist die geschlossene Unterbringung des Betroffenen auch verhältnismäßig, da sie zur Abwendung eines erheblichen gesundheitlichen Schadens erforderlich ist. Denn ohne Durchführung der erforderlichen Behandlung im Rahmen der geschlossenen Unterbringung ist -nach den Ausführungen der vom Amtsgericht beauftragten Sachverständigen sowie der aktuell den Betroffen behandelnden Ärzte- mit einem eigenmächtigen und folgenschweren Behandlungsabbruch durch den Betroffenen zu rechnen. Dies würde angesichts der Schwere der Erkrankung des Betroffenen einen erheblichen gesundheitlichen Schaden im Sinne des § 1906 BGB darstellen.
18Die Kammer hat von der erneuten Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens gemäß § 68 Abs. 3 S. 2 FamFG abgesehen, da hiervon -vor dem Hintergrund der durchgeführten Anhörung und der zahlreichen schon vorliegenden schriftlichen Sachverständigengutachten- keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind.
19Die vorliegende Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei, § 25 Abs. 2 GNotKG. Anlass für eine Kostenerstattung (§ 81 FamFG) besteht nicht.
20Rechtsbehelfsbelehrung:
21Gegen diesen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft.
22Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Bundesgerichtshof Karlsruhe, Herrenstr. 45a, 76133 Karlsruhe in deutscher Sprache einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung (Datum des Beschlusses, Geschäftsnummer und Parteien) sowie die Erklärung enthalten, dass Rechtsbeschwerde gegen diese Entscheidung eingelegt wird.
23Die Rechtsbeschwerde ist, sofern die Rechtsbeschwerdeschrift keine Begründung enthält, binnen einer Frist von einem Monat nach Zustellung der angefochtenen Entscheidung zu begründen. Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss enthalten:
241. die Erklärung, inwieweit die Entscheidung des Beschwerdegerichts oder des Berufungsgerichts angefochten und deren Aufhebung beantragt werde (Rechtsbeschwerdeanträge),
252. in den Fällen, in denen die Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist eine Darlegung, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert,
263. die Angabe der Rechtsbeschwerdegründe, und zwar
27- die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt;
28- soweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.
29Die Parteien müssen sich vor dem Bundesgerichtshof durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Rechtsbeschwerdeschrift und die Begründung der Rechtsbeschwerde von einem solchen unterzeichnet sein. Mit der Rechtsbeschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift der angefochtenen Entscheidung vorgelegt werden.
30Annotations
(1) Hält das Gericht, dessen Beschluss angefochten wird, die Beschwerde für begründet, hat es ihr abzuhelfen; anderenfalls ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Das Gericht ist zur Abhilfe nicht befugt, wenn die Beschwerde sich gegen eine Endentscheidung in einer Familiensache richtet.
(2) Das Beschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Beschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.
(3) Das Beschwerdeverfahren bestimmt sich im Übrigen nach den Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug. Das Beschwerdegericht kann von der Durchführung eines Termins, einer mündlichen Verhandlung oder einzelner Verfahrenshandlungen absehen, wenn diese bereits im ersten Rechtszug vorgenommen wurden und von einer erneuten Vornahme keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind.
(4) Das Beschwerdegericht kann die Beschwerde durch Beschluss einem seiner Mitglieder zur Entscheidung als Einzelrichter übertragen; § 526 der Zivilprozessordnung gilt mit der Maßgabe entsprechend, dass eine Übertragung auf einen Richter auf Probe ausgeschlossen ist. Zudem kann das Beschwerdegericht die persönliche Anhörung des Kindes durch Beschluss einem seiner Mitglieder als beauftragtem Richter übertragen, wenn es dies aus Gründen des Kindeswohls für sachgerecht hält oder das Kind offensichtlich nicht in der Lage ist, seine Neigungen und seinen Willen kundzutun. Gleiches gilt für die Verschaffung eines persönlichen Eindrucks von dem Kind.
(5) Absatz 3 Satz 2 und Absatz 4 Satz 1 finden keine Anwendung, wenn die Beschwerde ein Hauptsacheverfahren betrifft, in dem eine der folgenden Entscheidungen in Betracht kommt:
- 1.
die teilweise oder vollständige Entziehung der Personensorge nach den §§ 1666 und 1666a des Bürgerlichen Gesetzbuchs, - 2.
der Ausschluss des Umgangsrechts nach § 1684 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder - 3.
eine Verbleibensanordnung nach § 1632 Absatz 4 oder § 1682 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.
Gerichts- und Notarkostengesetz - GNotKG | § 25 Kostenschuldner im Rechtsmittelverfahren, Gehörsrüge
(1) Die nach § 22 Absatz 1 begründete Haftung für die Kosten eines Rechtsmittelverfahrens erlischt, wenn das Rechtsmittel ganz oder teilweise mit Erfolg eingelegt worden ist und das Gericht nicht über die Kosten entschieden hat oder die Kosten nicht von einem anderen Beteiligten übernommen worden sind.
(2) Richtet sich eine Beschwerde gegen eine Entscheidung des Betreuungsgerichts und ist sie von dem Betreuten oder dem Pflegling oder im Interesse dieser Personen eingelegt, so schuldet die Kosten nur derjenige, dem das Gericht die Kosten auferlegt hat. Entsprechendes gilt für ein sich anschließendes Rechtsbeschwerdeverfahren und für das Verfahren über die Rüge wegen Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör.
(1) Das Gericht kann die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Es kann auch anordnen, dass von der Erhebung der Kosten abzusehen ist. In Familiensachen ist stets über die Kosten zu entscheiden.
(2) Das Gericht soll die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise einem Beteiligten auferlegen, wenn
- 1.
der Beteiligte durch grobes Verschulden Anlass für das Verfahren gegeben hat; - 2.
der Antrag des Beteiligten von vornherein keine Aussicht auf Erfolg hatte und der Beteiligte dies erkennen musste; - 3.
der Beteiligte zu einer wesentlichen Tatsache schuldhaft unwahre Angaben gemacht hat; - 4.
der Beteiligte durch schuldhaftes Verletzen seiner Mitwirkungspflichten das Verfahren erheblich verzögert hat; - 5.
der Beteiligte einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einem kostenfreien Informationsgespräch über Mediation oder über eine sonstige Möglichkeit der außergerichtlichen Konfliktbeilegung nach § 156 Absatz 1 Satz 3 oder einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einer Beratung nach § 156 Absatz 1 Satz 4 nicht nachgekommen ist, sofern der Beteiligte dies nicht genügend entschuldigt hat.
(3) Einem minderjährigen Beteiligten können Kosten in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, nicht auferlegt werden.
(4) Einem Dritten können Kosten des Verfahrens nur auferlegt werden, soweit die Tätigkeit des Gerichts durch ihn veranlasst wurde und ihn ein grobes Verschulden trifft.
(5) Bundesrechtliche Vorschriften, die die Kostenpflicht abweichend regeln, bleiben unberührt.