Landgericht Mannheim Beschluss, 22. Mai 2013 - 10 T 26/13

bei uns veröffentlicht am22.05.2013

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Gläubigerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Mannheim vom 01.03.2013 wird zurückgewiesen.

2. Die Gläubigerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

 
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht den Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses zurückgewiesen, weil die Gläubigerin - nachdem sie zuvor vom Amtsgericht auf diese Tatsache hingewiesen worden war - nicht das amtlich vorgeschriebene Formular benutzt habe.
Mit ihrer sofortigen Beschwerde macht die Gläubigerin geltend, das von ihr benutzte Formular weiche nur unwesentlich vom amtlichen Formular ab, dessen Funktion nicht darin bestehe, dem Amtsgericht Arbeit zu ersparen, sondern lediglich die später vorgesehene elektronische Bearbeitung technisch vorzubereiten. Eine Änderung des amtlichen Formulars müsse schon deshalb zulässig sein, weil es unvollständig und teilweise sogar falsch sei.
Die zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet.
Das Amtsgericht musste den Antrag der Beschwerdeführerin nicht bearbeiten, da sie nicht den amtlich eingeführten Vordruck benutzt hat (§ 829 Abs. 4 Satz 1, 2 ZPO in Verbindung mit §§ 1, 2 und 3 der Zwangsvollstreckungsformular-Verordnung - ZVFV).
Die Beschwerdeführerin hat im Feld D zusätzlich zu den fünf vorgedruckten Alternativen weitere drei Alternativen als formularmäßigen Text hinzugefügt und im Feld F darüber hinaus den amtlichen Text inhaltlich abgeändert.
Damit hat sie kein amtlich vorgeschriebenes Formular benutzt.
Es bedarf keiner weiteren Vertiefung und abschließenden Entscheidung, ob auch die im amtlichen Formular vorgesehenen Hilfslinien zwingend im Formular enthalten sein müssen. Hier spricht mehr dafür, diese Hilfslinien lediglich als Mittel anzusehen, die dem Bürger das Ausfüllen des Formulars erleichtern sollen, ähnlich wie die farbliche Gestaltung durch teilweise grüne Unterlegung (vgl. hierzu Landgericht Dortmund, Beschluss vom 24.04.2013, 9 T 118 / 13). Gleiches dürfte für geringfügige optische Abweichungen bei Rahmen und Layout gelten, sofern dadurch nicht die Struktur des Formulars wesentlich verändert wird.
Hier sind jedenfalls so schwerwiegende inhaltliche Änderungen vorgenommen, dass es auf die darüber hinaus fehlenden Hilfslinien nicht ankommt.
Dass das Amtsgericht einem nicht auf dem zwingend vorgeschriebenen amtlichen Formular eingereichten Antrag nicht stattgeben muss, ergibt sich aus dem Zweck dieses Formulars. Es wäre widersinnig, ein Formular zwingend einzuführen, um dann selbst erstellten Formularen dieselbe Bedeutung zuzumessen. Zwar ist ausweislich der gesetzlichen Begründung ein Grund für den Formularzwang die Vorbereitung der elektronischen Bearbeitung, die bisher noch nicht umgesetzt ist. Darauf beschränkt sich die Zielsetzung aber erkennbar nicht, sondern folgerichtig soll auch schon vor der elektronischen Bearbeitung durch die Benutzung von Formularen die Arbeit der Amtsgerichte durch Vereinfachung erleichtert werden (vgl. in der amtlichen Begründung BR Drucksache 326/12 unter A III). Dies würde in das Gegenteil verkehrt, wenn eine umständliche Prüfung der inhaltlichen Richtigkeit selbstgemachter Formulare erforderlich wäre.
10 
Dass das vorgeschriebene Formular nicht vollständig ist, weil es nicht jeden denkbaren Fall vorsehen und abbilden kann, hindert nicht die Benutzung dieses Formulars. Es sind dort ausdrücklich Felder zur Ergänzung vorgesehen und es können, soweit diese Felder nicht ausreichen oder weitere Ergänzungen geboten sind, durch Ergänzungsblätter beliebige weitere Ausführungen gemacht werden.
11 
Soweit das Formular mit anwaltsspezifischer Software hergestellt wurde, ist es Sache des Anbieters, dieses Formular mit dem amtlichen Formular identisch anzubieten.
12 
Es bedarf keiner Auseinandersetzung mit dem Argument der Beschwerdeführerin, das amtliche Formular sei in einigen Punkten unzutreffend. Wenn dies der Fall ist, ist es nicht Sache der Beschwerdeführerin, einen etwaigen Fehler des Gesetzgebers durch die Herstellung eigener Formulare zu korrigieren; auch insoweit muss sie sich auf eine erkennbare Abänderung unter Benutzung des amtlichen Formulars verweisen lassen.
13 
Keiner Vertiefung und abschließenden Entscheidung bedarf auch das Argument in der Nichtabhilfeentscheidung des Amtsgerichts, dass der Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses ohne amtliches Formular schon deshalb unter strengsten Maßstäben nicht ergehen dürfe, weil sonst Schadensersatz - bzw. Amtshaftungsansprüche begründet sein könnten. Es spricht viel gegen diese Ansicht, da der Zweck des Formulars, die Anspruchsprüfung zu erleichtern, keinen Bearbeiter hindern kann, sich mehr Mühe als zwingend notwendig zu machen; auch Fehler bei der Überprüfung des Formulars können nicht ausgeschlossen werden. Insbesondere falls eine Abweichung in geringem Ausmaß übersehen worden sein sollte oder eine Abweichung nur einen Teil des Formulars betrifft, der für den konkreten Antrag nicht maßgeblich ist und daher nicht kausal werden kann, dürfte dies nicht zur Rechtswidrigkeit eines materiell-rechtlich zutreffenden Beschluss führen. Eine Pflicht des Amtsgerichts, hier Großzügigkeit walten zu lassen oder gar oberflächlich zu prüfen und über formale Mängel hinwegzusehen, kann jedenfalls nicht angenommen werden.
14 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
15 
Die Rechtsbeschwerde war im Sinne einer einheitlichen Handhabung gem. § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 ZPO zuzulassen.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Landgericht Mannheim Beschluss, 22. Mai 2013 - 10 T 26/13

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Landgericht Mannheim Beschluss, 22. Mai 2013 - 10 T 26/13

Referenzen - Gesetze

Landgericht Mannheim Beschluss, 22. Mai 2013 - 10 T 26/13 zitiert 7 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Zivilprozessordnung - ZPO | § 829 Pfändung einer Geldforderung


(1) Soll eine Geldforderung gepfändet werden, so hat das Gericht dem Drittschuldner zu verbieten, an den Schuldner zu zahlen. Zugleich hat das Gericht an den Schuldner das Gebot zu erlassen, sich jeder Verfügung über die Forderung, insbesondere ihrer

Verordnung über Formulare für die Zwangsvollstreckung


Zwangsvollstreckungsformular-Verordnung - ZVFV

Zwangsvollstreckungsformular-Verordnung - ZVFV | § 3 Zulässige Abweichungen; Einreichung des Antrags


(1) Inhaltliche Abweichungen von den Formularen sind nicht zulässig. Anpassungen, die auf der Änderung von Rechtsvorschriften beruhen, sind zulässig. (2) Eine Abweichung von der formalen Gestaltung der Formulare ist nicht zulässig. Wenn das Papie

Zwangsvollstreckungsformular-Verordnung - ZVFV | § 2 Formulare für den Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses


Für den Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses nach § 829 der Zivilprozessordnung werden folgende Formulare eingeführt: 1. das in der Anlage 3 bestimmte Formular, wenn die Pfändung wegen eines gesetzlichen Unterhaltsanspruchs

Zwangsvollstreckungsformular-Verordnung - ZVFV | § 1 Formular für den Antrag auf Erlass einer richterlichen Durchsuchungsanordnung


Für den Antrag nach § 758a Absatz 1 der Zivilprozessordnung wird das in der Anlage 1 bestimmte Formular eingeführt.

Referenzen

(1) Soll eine Geldforderung gepfändet werden, so hat das Gericht dem Drittschuldner zu verbieten, an den Schuldner zu zahlen. Zugleich hat das Gericht an den Schuldner das Gebot zu erlassen, sich jeder Verfügung über die Forderung, insbesondere ihrer Einziehung, zu enthalten. Die Pfändung mehrerer Geldforderungen gegen verschiedene Drittschuldner soll auf Antrag des Gläubigers durch einheitlichen Beschluss ausgesprochen werden, soweit dies für Zwecke der Vollstreckung geboten erscheint und kein Grund zu der Annahme besteht, dass schutzwürdige Interessen der Drittschuldner entgegenstehen.

(2) Der Gläubiger hat den Beschluss dem Drittschuldner zustellen zu lassen. Der Gerichtsvollzieher hat dem Schuldner den Beschluss mit dem Zustellungsnachweis sofort zuzustellen, sofern nicht eine öffentliche Zustellung erforderlich ist. An Stelle einer an den Schuldner im Ausland zu bewirkenden Zustellung erfolgt die Zustellung durch Aufgabe zur Post, sofern die Zustellung nicht nach unmittelbar anwendbaren Regelungen der Europäischen Union zu bewirken ist.

(3) Mit der Zustellung des Beschlusses an den Drittschuldner ist die Pfändung als bewirkt anzusehen.

(4) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Formulare für den Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses einzuführen. Soweit nach Satz 1 Formulare eingeführt sind, muss sich der Antragsteller ihrer bedienen. Für Verfahren bei Gerichten, die die Verfahren elektronisch bearbeiten, und für Verfahren bei Gerichten, die die Verfahren nicht elektronisch bearbeiten, können unterschiedliche Formulare eingeführt werden.

Für den Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses nach § 829 der Zivilprozessordnung werden folgende Formulare eingeführt:

1.
das in der Anlage 3 bestimmte Formular, wenn die Pfändung wegen eines gesetzlichen Unterhaltsanspruchs nach § 850d der Zivilprozessordnung erfolgen soll,
2.
in allen anderen Fällen das in der Anlage 2 bestimmte Formular.

Soweit die Forderung durch einen Beschluss bereits gepfändet worden ist, ist für den Antrag auf Überweisung dieser Forderung die Nutzung der Formulare nicht verbindlich.

(1) Inhaltliche Abweichungen von den Formularen sind nicht zulässig. Anpassungen, die auf der Änderung von Rechtsvorschriften beruhen, sind zulässig.

(2) Eine Abweichung von der formalen Gestaltung der Formulare ist nicht zulässig. Wenn das Papierformat DIN A4 erhalten bleibt und die Reihenfolge und Anordnung der Formularfelder der einzelnen Seiten und die Seitenumbrüche nicht verändert werden, sind folgende Abweichungen zulässig:

1.
unwesentliche Änderung der Größe der Schrift,
2.
unwesentliche Änderung sonstiger Formularelemente und
3.
Verwendung nur der Farben Schwarz und Weiß sowie von Grautönen, soweit die Lesbarkeit nicht beeinträchtigt wird.

(3) Soweit für den beabsichtigten Antrag keine zweckmäßige Eintragungsmöglichkeit in dem Formular besteht, kann ein geeignetes Freifeld oder eine Anlage genutzt werden. Die Nutzung mehrerer Freifelder und Anlagen ist zulässig.

(4) Es reicht aus, wenn der Antragsteller nur die Seiten des Formulars, auf denen sich Angaben des Antragstellers befinden, bei dem Gericht einreicht. Die nicht eingereichten Formularseiten sind auch in diesem Fall Teil des Antrags.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.